UN - Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule Freiburg - Pädagogische Hochschule Freiburg
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Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule Freiburg 2015/1 UN DIVERSITY An der Pädagogischen Hochschule wird Vielfalt gelebt und konstruktiv genutzt. Forschung – Lehre – Campus
Eltern-Kind-Zimmer I m Pavillon II (neben dem KuCa) steht allen studierenden und beschäftigten Eltern der Pädagogischen Hoch- schule Freiburg ab sofort ein Eltern-Kind-Zimmer zur Verfügung. An Tagen, an denen die reguläre Kinderbe- treuung ausfällt und Eltern ihr Kind mit an die Hochschule bringen müssen, können sie dieses hier wickeln und versorgen oder Mütter ihr Kind stillen. Schwangeren steht der Raum zum Ausruhen zur Verfügung; Studierende können untereinander eine Kinder-Notfallbetreuung organisieren. Gefördert wird der Raum durch die Vereinigung der Freunde der Pädagogischen Hochschule Freiburg e.V. Infos und Belegplan zum Raum unter: www.ph-freiburg.de – „Familienfreundliche Hochschule“
Editorial D iversity bedeutet Vielfalt und beschreibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Menschen. An einer Hoch- schule treten täglich viele Menschen in Kontakt mitein- ander, erleben diese Vielfalt und nutzen sie (hoffentlich) konstruktiv. Die Autorinnen und Autoren beleuchten verschiedene Facetten des Themas: DIVERSITY Doris Schreck und Anja Bechstein gehen in ihrem Artikel auf Diversity an Hochschulen aus genderpolitischer Perspektive ein und In einem Dialog setzen sich Jutta Heppekausen und Marion Degenhardt mit (Anti-)Diskriminierung an der Hochschule ausei- umreißen das Spannungsfeld im Umgang damit. Die Autorinnen nander und geben Einblicke in Gedanken und Fragen zum Thema betonen, dass es nicht um eine Hierarchisierung einzelner Diversi- Rassismus und Ausgrenzung, aber auch, wie und ob es möglich ist, tätsmerkmale gehen kann, denn jede Person bringe ein individuelles vorwurfs- und moralinfrei darüber zu sprechen. Sie suchen nach Spektrum an Vielfalt ein. Handlungsspielräumen und Möglichkeiten für rassismuskritische Praxen an der Hochschule. Christoph Knoblauch plädiert in seinem Aufsatz dafür, religiöse Diversität und Inklusion zusammen zu denken und beschreibt the- In diesem Heft finden Sie – ganz im Sinne der „Diversity“ – eine oretische Betrachtungen und praktische Ausblicke für eine inklusive große Vielfalt von Schreibweisen: Schüler_innen, TheologInnen, interreligiöse Bildung. Auch Sabine Pemsel-Maier schreibt über In- Wissenschaftler/innen, Teilnehmer/-innen, Studierende … Wir ha- klusion, die sie religionspädagogisch und theologisch perspektiviert. ben uns bewusst für diese Vielfalt entschieden, bevor wir im nächs- In einem Forschungsprojekt wurden dazu kritische Fragen gestellt, ten Heft wieder zur Vereinheitlichung schreiten. die im gegenwärtigen Inklusionsdiskurs vielfach nicht offen thema- tisiert werden, um nicht politisch unkorrekt zu erscheinen. Der zweite Teil des Heftes informiert über wichtige Ereignisse an der Hochschule wie z.B. die Unterzeichnung des Hochschulfi- Bernd Steinhoff berichtet über das „Brücke-Projekt“, dessen Ziel- nanzierungsvertrags – dazu ein Interview mit Wissenschaftsmi- setzung es ist, die internationale Vielfalt wahrnehmbar zum Thema nisterin Theresia Bauer. Die Hochschule kann sich einerseits zum zu machen und interkulturelle Zusammenarbeit zu unterstützen. zweiten Mal über das TOTAL E-QUALITY-Prädikat freuen und hatte Zugleich sahen die Teilnehmer/-innen des Projekts eine innovative andererseits viele Gäste im Hause: eine Studienkompass-Gruppe Gelegenheit, intergenerationell zu lernen und zu arbeiten. und Besucher/-innen am Studieninfotag und am Tag der offenen Tür im Schreibzentrum. Heterogenität in den Ausgangskompetenzen der Studienanfänger/- innen des Masterstudiengangs Erziehungswissenschaft beschäftigt In Lehre und Forschung ist u.a. über neue Wege in der außercur- Thomas Fuhr und Ruth Michalek in ihrem Beitrag. Sie beschreiben ricularen Kompetenzförderung im schulischen Setting zu berichten Maßnahmen und Möglichkeiten, um Heterogenität nicht als Problem oder auch über das Zukunftsforum Bildungsforschung. Das Thema erscheinen zu lassen, sondern als Bereicherung des Studiengangs „Gesundheitspädagogik in Forschung und Lehre“ wurde auf einer und Berufsfeldes. Fachtagung beleuchtet, die Projekte „MATHElino“ und „Tandem- Teaching“ vorgestellt sowie über Sprachberatung für externe In- Das Café Europe thematisierte in seiner Vorlesungsreihe die stitutionen informiert. „Gendergerechtigkeit in Europa“. Im Laufe der Veranstaltungen wurde sehr deutlich, so Yvonne Baum und Olivier Mentz in ihrem Artikel, Campus und darüber hinaus, das heißt beispielsweise: die Frei- dass Geschlecht nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern die burger Uraufführung des Oratoriums „Hiskia“ oder Kids Go Texti- wechselseitige Wirkung weiterer Differenzkategorien im gleichstel- le, die textile Kinderwerkstatt. Zu hören und zu sehen waren das lungspolitischen Kontext eine bedeutende Rolle spielt. Live-Hörspiel „Der Laden am Ende der Straße“ und „Tom Sawyer“, eine weitere, erfolgreiche Theateraufführung der PH Playmates. Wie Vielfalt konstruktiv beim Erlernen fremder Sprachen genutzt Studierende gaben einen Kunstkurs in der JVA Freiburg, und Leh- werden kann, das beschreiben Clémentine Abel und Sarah Dietrich. rende gingen auf weite Reise, z.B. nach Almaty in Kasachstan. Eine Tagung des Bundeskongresses des Gesamtverbands Moderner Fremdsprachen zeigte deutlich, dass nicht die Einzelsprachen und Die Redaktion ihre Didaktik, sondern allgemeine Fremdsprachendidaktik und Mehr- sprachigkeitsdidaktik im Mittelpunkt stehen sollten und sprachüber- greifende Formate von Bedeutung sind.
Titelthema: Diversity Diversity __________________________________________________________ 4 Geschlecht ist immer mit gemeint!? Doris Schreck · Anja Bechstein Diversity an Hochschulen aus genderpolitischer Perspektive 7 Religiöse Diversität in Bildungseinrichtungen als Chance für inklusive Christoph Knoblauch Bildungsprozesse Theoretische Betrachtungen und praktische Ausblicke für eine interreligiöse Bildung 9 Inklusion – religionspädagogisch und theologisch perspektiviert Sabine Pemsel-Maier Ein intra- und interdisziplinäres Forschungsprojekt 11 BRücKE – Ein intergenerationelles Projekt Bernd Steinhoff Für eine weltoffene Hochschule 14 Umgang mit Heterogenität Thomas Fuhr · Ruth Michalek Der Masterstudiengang Erziehungswissenschaft 16 Café Europe meets Gender Yvonne Baum · Olivier Mentz Diversitätsaspekte im Europalehramt 18 Neue Vielfalt beim Erlernen fremder Sprachen Clémentine Abel · Sarah Dietrich Eine Retrospektive auf den Bundeskongress des Gesamtverbands Moderne Fremdsprachen (GMF) 20 VOGUEING Anne-Marie Grundmeier · Sabine Karoß Strike a Pose 22 (Anti-)Diskriminierung an der Hochschule Marion Degenhardt · Jutta Heppekausen Dialogische Einblicke in die Planung eines Workshops Forschung · Lehre · Campus Hochschule ________________________________________________________ 28 Vorfahrt für die Bildung Helga Epp Interview Wissenschaftsministerin Theresia Bauer 30 Dies academicus Helga Epp Eröffnung des Akademischen Jahres 2014/2015 33 Musik kreativ+ Georg Brunner Förderung von Kreativität und Entrepreneurship durch Musik, Performance und kulturelle Zusammenarbeit 34 Verleihung des TOTAL E-QUALITY-Prädikats Helga Epp Auszeichnung für eine in der Praxis gelebte Chancengleichheit 34 Hoher Spaßfaktor und trotzdem viel gelernt! Martina von Gehlen Schülerinnen und Schüler der Studienkompass-Gruppe an der Hochschule 36 Informative und motivierende Stunden an der Hochschule Laura Schmidt Studieninfotag im November 2014 37 Come in and write out Laura Schmidt Tag der offenen Tür im Schreibzentrum
Lehre und Forschung_________________________________________________ 38 Lions Quest – Erwachsen handeln Uwe H. Bittlingmayer Neue Wege in der außercurricularen Kompetenzförderung im schulischen Setting 39 Zukunftsforum Bildungsforschung Heike Ehrhardt · Juliane Zeiser Bildung durch Sprache – Sprache durch Bildung 40 Gesundheitspädagogik in Forschung und Praxis Eva-Maria Bitzer Eine Fachtagung 42 Kindergarten- und Grundschulkinder erleben gemeinsam Mathematik Gerald Wittmann Das Projekt „MATHElino“ 43 Tandem-Teaching Senganata Münst Interdisziplinäre Lehrveranstaltungen als Strategie für mehr Kohärenz im Lehramtsstudium 44 Sprachberatung für externe Institutionen Laura Schmidt Unterrichtsgestaltung, Lehrmaterialien, Weiterbildung 45 Aufführung eines Live-Hörspiels Helga Epp Werkstattgespräch mit Monika Löffler und Sieglinde Eberhart Campus und darüber hinaus ___________________________________________ 46 Das Oratorium „Hiskia“ Stefan Weible Eine Freiburger Uraufführung 47 Kids Go Textile! Anne-Marie Grundmeier · Textile Kinderwerkstatt Eve-Marie Zeyher-Plötz 49 Ich höre einen Saal voll Menschen Laura Schmidt Das Seminar „Hörspiel“ inszenierte eine Live-Aufführung 50 PH Playmates bringen Tom Sawyer auf die Bühne Helga Epp Ein Gespräch mit Regisseurin Susanne Franz 52 Kunst im Knast Laura Schmidt Studierende geben Kunstkurs in der JVA Freiburg 53 Steppe oder Berge oder beides? Ulrike Weiss Ein Besuch in Almaty an der Abai-Universität Personalia · Porträts · Würdigungen ______________________________________ 55 Ihr musikpädagogisches Herz schlägt für die Kleinen Georg Brunner Verabschiedung von Mechtild Fuchs 57 Zum Abschied von Gudrun Ringel Gregor Falk Eine Laudatio zur Pensionierung 58 Zum Tod von Kurt Abels Ingelore Oomen-Welke · Rudolf Denk 27.11.1928 – 4.9.2014 Thema des nächsten Heftes: Forschung · Lehre · Campus
ph·fr 2015/1 Diversity Doris Schreck · Anja Bechstein Geschlecht ist immer mit gemeint!? Diversity an Hochschulen aus genderpolitischer Perspektive 4
ph·fr 2015/1 Menschliche Vielfalt wird als ein positiver Aspekt angesehen, der ein hohes Entwicklungspotenzial für gesellschaftliche und wirtschaftliche Ebenen beinhaltet. Frauen- und Gleichstellungsbüro, Leuphana Universität Lüneburg I m Wintersemester 2012/13 wurde gleichstellungspo- das Gleichstellungsbüro in Stabsstel- litischen Akteur_in- le Gleichstellung, akademische Perso- nen an Hochschulen2 nalentwicklung und Familienförderung sind Maßnahmen, die sich umbenannt. Dies kennzeichnet auch die ausschließlich auf Frauen oder enorme Erweiterung der Themen, der Ziel- Männer beziehen, durchaus kritisch gruppen, des Auftrags und nicht zuletzt die zu hinterfragen. Insbesondere seit Einfüh- Entwicklung des gleichstellungspolitischen rung des Allgemeinen Gleichbehandlungs- Geschlecht gilt angesichts der nach wie vor Selbstverständnisses der Hochschule seit gesetzes (AGG 2006) wird unter Gleich- bestehenden geschlechtsspezifischen Dis- der Einrichtung des damaligen Frauenbüros stellungsakteur_innen verstärkt über die kriminierungsmechanismen in der Wissen- Mitte der 1990er Jahre. Chancen und Risiken, die eine Öffnung schaft und an Hochschulen als durchaus der Perspektive für weitere Kriterien so- gerechtfertigt. Nicht zuletzt folgt dies dem So vielfältig wie ihre Aufgaben sind die zialer und kultureller Diskriminierung mit gleichstellungspolitischen Ziel und dem Zielgruppen der Stabsstelle Gleichstellung: sich bringt, debattiert. Dabei werden vor gesetzlichen Auftrag, auf Chancengleich- Studierende und Dozierende aller Studi- allem zwei Aspekte kritisiert: erstens die heit von Frauen und Männern in Wissen- engänge der Hochschule sowie Lehrkräf- im Diversity-Ansatz häufig fehlende Be- schaft und Hochschule hinzuwirken.3 te und Fortbildner_innen sind im Bereich rücksichtigung von herrschaftspolitischen der Implementierung von Gender in die Begriffen wie Macht oder Klasse und zwei- Und dennoch – und darüber besteht Lehre und der Professionalisierung durch tens die zugrundeliegende heteronormati- weitgehend Konsens unter den Gleichstel- Genderkompetenz angesprochen; Jungen- ve Festlegung von Geschlecht, die bereits lungsakteur_innen – kann gleichstellungs- und Mädchen-Zukunftstage richten sich in der Diskussion um die Implementierung politische Praxis nicht eindimensional und an Schüler und Schülerinnen; studieren- des Gender-Mainstreaming-Konzepts be- damit ausgrenzend im Hinblick auf weitere de und beschäftigte Eltern sind Zielgrup- klagt wurde. Zudem werden u.a. das neoli- soziale und strukturelle Diskriminierungs- pe der familienfreundlichen Hochschule; berale, unternehmerische Verständnis von formen vollzogen werden. Und sie wird es das Professorinnenprogramm gibt Anrei- Diversity im Zusammenhang mit der zu- auch nicht: Bereits im Rahmen der gleich- ze, Spitzenpositionen an der Hochschule nehmenden Ökonomisierung von Hoch- stellungspolitischen Frauenförderung wur- mit Frauen zu besetzen, ein Mentoring- schulen kritisch beleuchtet, wie auch die de sehr früh die Notwendigkeit einer er- programm fördert den weiblichen Wissen- allgemeinen Bedenken diskutiert, dass die weiterten Zielgruppendefinition erkannt, schaftsnachwuchs. Einzelne Aktivitäten ohnehin an Bedeutung verlierende Katego- die Kategorien wie soziale Herkunft, Ethnie, sind also nach wie vor an der Geschlech- rie Geschlecht im Schmelztiegel zahlreicher Religion, sexuelle Orientierung, Gesundheit, terkategorie ausgerichtet, vor allem dort, Dimensionen sozialer Diskriminierung ver- Bildung, Alter, Familiensituation u.a.m. mit wo der politische Auftrag der Geschlech- schwindet. Gleichzeitig wird abgewogen, einbezieht. Dies steht in der Tradition der terparität auf einzelnen Ebenen noch nicht inwiefern Diversity als Türöffner genutzt Kritischen (Feministischen) Theorie sowie erreicht ist. werden sollte, um die schwindende Akzep- der internationalen Frauen-, der Black- tanz von Chancengleichheitsmaßnahmen Women- wie auch der Human-Rights-Be- Spannungsfelder im Umgang mit zu erhöhen. wegung. Gender und Diversity Knappe personelle und finanzielle Res- Mehrdimensionale Vor dem Hintergrund des aktuellen wis- sourcen ohne langfristige Absicherung gel- Gleichstellungspolitik an der senschaftstheoretischen Diskurses1 um di- ten andererseits als aktuelles Argument Hochschule versitätsbezogene Konzepte aus Gender- gegen eine mehrdimensionale Erweiterung bzw. Intersektionalitätsperspektive und der des Aufgabenfeldes im Gleichstellungs- Für die tägliche Praxis in der Stabsstelle seit Jahren andauernden Debatte um den bereich. Eine Fokussierung von Chancen- Gleichstellung ist es wichtig, Individuen als „richtigen“ Umgang mit Diversity unter gleichheitsmaßnahmen auf die Kategorie solche zu betrachten, ihnen also nicht vor- 5
ph·fr 2015/1 Diversity Hinweise zum Sprachgebrauch der Autor_innen Ein Blick auf Pluralisierungsformen im deutschen Sprachgebrauch zeigt, inwiefern ein gendersensibler Sprachgebrauch einen wesentlichen Beitrag zur Gleichberech- tigung leisten kann. Die Verwendung des generischen Maskulinums, welches durch die Pluralform männlicher Personen (Studenten) gebildet wird, wich in den letzten Jahrzehnten zugunsten der Gleichstellung von Männern und Frauen einer Plura- lisierung, die Männer und Frauen gleichermaßen sichtbar macht (Student/innen, StudentInnen). Diese Form der Pluralisierung repräsentiert die binäre Codierung von Geschlechterbildern in unserer Gesellschaft. Personen, die sich nicht in ein Muster aus zwei Geschlechtern einfügen lassen wollen oder können, sind hier oftmals weder mitgemeint noch mitgedacht. Um sichtbar zu machen, dass über die binäre Codie- rung hinaus eine Vielfalt von Geschlechterbildern angesprochen wird, verwendet die Stabsstelle Gleichstellung Partizipialkonstruktionen (Studierende) oder in Anlehnung an die Queer-Theory den Gender-Gap Student_innen). Weitere Informationen zum gendersensiblen Sprachgebrauch, Praxisbeispiele und Anregungen finden Sie auf der Seite der Stabsstelle Gleichstellung unter dem Menü- punkt Links – Geschlechtergerechte Sprache. rangig als Mitglied einer der Zielgruppen Diskriminierung und deren Verschränkun- tig soll für Chancenungleichheit sensibi- mit spezifischen Merkmalen zu begegnen. gen.7 Aus der gleichstellungspolitischen lisiert und somit eine Kultur der Offenheit Jede einzelne Person bringt beispielsweise Praxis an Hochschulen wiederum liegen geschaffen werden, um dem Ziel einer dis- in die Beratungsgespräche der Stabsstelle aktuelle Berichte über Implementierungs- kriminierungsfreien Hochschule näherzu- ein individuelles Spektrum an Vielfalt ein, projekte von Diversity-Konzepten wie etwa kommen. das es zu berücksichtigen gilt. Es kann nicht an den Universitäten Frankfurt oder Bre- um eine Hierarchisierung einzelner Diver- men vor.8 Wissenschaftstheoretisch un- sitätsmerkmale gehen, sondern vielmehr terfüttert und selbstkritisch reflektiert, darum, im Sinne eines Intersektionalitäts- können diese Modelle als wertvolle Erfah- ansatzes4 sozialer und struktureller Dis- rungsgrundlage dienen. kriminierung in ihrer Komplexität zu be- gegnen, indem Interdependenzen beachtet Zusammenfassend möchten wir fol- Anmerkungen 1) In Krell (2013) findet sich ein guter Überblick werden. Gender kann dabei eine Kategorie gende Aspekte benennen, die wir als zum ideologiekritischen Diskurs wie auch zu positi- sein, um Komplexität zu strukturieren5. grundlegend für die Verwirklichung ei- ven Handlungsansätzen zu Diversity. In: Bender u.a.; ner kritisch reflektierten hochschulpoli- zur Ambivalenz im Umgang mit Diversity-Ansätzen Chancengleichheitsmaßnahmen sollen tischen Gleichstellungsarbeit betrachten: vgl. auch Riegel (2013).In: Faas u.a. 2) Zu Spannungsfeldern gleichstellungspolitischer Merkmale spezifischer Gruppen oder Per- - ein auf Antidiskriminierung und Chan- Arbeit in Wissenschaft und Hochschulen siehe Blo- sonen nicht (re)produzieren, sondern Diver- cengerechtigkeit ausgerichtetes Selbst- me et. al. (2013). sitäten von Einzelnen zugunsten gleicher verständnis von Diversity mit dem Ziel, 3) Vgl. Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg Arbeits-, Lern- und Beteiligungsmöglich- soziale und strukturelle Ausgrenzungen 2014 (§4), Hochschulrahmengesetz 2005 (§3). 4) Vgl. Budde, J. oder Tuider, E. (2012). In: Kleinau/ keiten, also zugunsten der Gleichstellung von vielfältigen Lebensweisen und deren Rendtorff. aller Hochschulmitglieder berücksichtigen. Mechanismen zu thematisieren und ent- 5) Vgl. Czollek/Perko: http://portal-intersektionalita- Dies ist keine einfache Aufgabe und wir sprechende Maßnahmen zu entwickeln, et.de/theoriebildung/schluesseltexte/perkoczollek/, stimmen hier Gertraude Krell zu, die sich - Reflexion von Gendermaßnahmen und 10.11.2014. 6) Krell (2008), S. 49. In: Andresen u.a. in ihrer umfassenden Analyse von Vor- und Begründung der Fokussierung auf spe- 7) Vgl. dazu auch Scherr (2011), S. 84. In: Leiprecht. Nachteilen verschiedener Verknüpfungs- zifische Zielgruppen sowie Vermeidung 8) Bender/Wolde (2013) und Satilmis/Niehoff/Kauf- konstellationen „für eine Verbindung von von Ausschlüssen und Stigmatisierungen, mann (2013). In: Bender u.a. Gender und Diversity [ausspricht], jedoch - Schaffung von Reflexionsräumen zur Literatur gegen die Vorstellung, dass es dafür einen selbstkritischen Auseinandersetzung mit Bender, S.-F. u.a. (Hg.) (2013): Diversity ent-decken. `one best way` oder `Königsweg` gibt“.6 Diskriminierungsdimensionen und de- Reichweiten und Grenzen von Diversity Policies ren Interdependenzen bei der Konzepti- an Hochschulen. Weinheim/Basel. - Blome, E. u.a. Für die Entwicklung eines hochschulspe- on und Durchführung von Maßnahmen, (2013): Handbuch zur Geschlechterpolitik an Hoch- zifischen Gender- und Diversitykonzeptes - interne und externe Vernetzung und schulen. Wiesbaden. - Kleinau, E./Rendtorff, B. (Hg.) (2012): Differenz, Diversität und Heterogenität in besteht – dies zeigt die bei weitem nicht Bündnispolitik für eine mehrdimensionale erziehungswissenschaftlichen Diskursen. Leverku- vollständige Analyse des oben erwähnten Gleichstellungsarbeit an der Hochschule. sen. - Andresen, S. u.a. (Hg.) (2008): Gender und aktuellen wissenschaftlichen Diskurses – Diversity: Alptraum oder Traumpaar? Wiesbaden. - noch Klärungsbedarf zu Begriffsdefinitio- Mit ihren verschiedenen Angeboten und Faas, Stephan u.a. (Hg.) (2013): Kompetenz, Perfor- manz und soziale Teilhabe. Sozialpädagogische Per- nen sowie zum theoretischen, empirischen Maßnahmen zielt die Stabsstelle auf die spektiven auf ein bildungstheoretisches Konstrukt. wie auch berufspraktischen Umgang mit Förderung der Chancengleichheit aller Wiesbaden. - Leiprecht, R. (Hg.) (2011): Diversitäts- 6 den Dimensionen struktureller und sozialer Angehörigen der Hochschule. Gleichzei- bewusste Soziale Arbeit. Schwalbach/Ts.
ph·fr 2015/1 Christoph Knoblauch Religiöse Diversität in Bildungseinrichtungen als Chance für inklusive Bildungsprozesse Theoretische Betrachtungen und praktische Ausblicke für eine interreligiöse Bildung Die Vielfalt religiöser und D ie kulturellen und religiösen So- und nachhaltig fördern zu können, weltanschaulicher Überzeugungen zialisationsherausforderungen müssen die weltanschaulich-plu- soll als wichtige und wertvolle und -chancen einer pluralen ralen Grundlagen der Pädagogik Bedingung des gemeinsamen Gesellschaft können Kindern erneut reflektiert werden: Pä- Zusammenlebens erkennbar und und Jugendlichen Raum bieten, sich selbst dagogik sollte als „pluralisier- wahrzunehmen, die Einzigartigkeit des an- te säkulare Pädagogik mit nicht erlebbar werden. deren zu entdecken und gemeinsam Vorur- ausschmelzbaren weltanschau- Christoph Knoblauch teile abzubauen. Lernen entwickelt sich im lich-religiösen Denkvoraussetzun- Miteinander und kann besonders intensiv gen“ (Nipkow 1998, S. 108) verstanden sein, wenn Gemeinsamkeiten und Unter- werden. Ein bedeutendes Ziel ist dabei schiede erkannt und reflektiert werden. eine inklusive Erziehungs- und Bildungsat- mosphäre, die von Akzeptanz und Respekt Die Entwicklung interreligiöser Kompe- geprägt ist und wechselseitiges Verständ- tenz zeigt sich dabei als ein dynamischer nis entwickelt. Die Herausforderung ei- und Sport Baden-Württemberg 2011, S. 7). Prozess, der sich zwischen Bekanntem und ner reflektierten, vorurteilsbewussten und In diesem Horizont ist inklusive Pädagogik Unbekanntem bewegt und in so genann- sensiblen Begleitung interreligiöser Kon als Bildung zu verstehen, die Diversität be- ten kulturellen und religiösen Überschnei- struktionsprozesse benötigt aufmerksame wusst annimmt und gezielt fördert. Da- dungssituationen auftritt: Unbekanntes und konstruktive Wahrnehmung, funkti- bei ist die religiöse bzw. weltanschauliche und Unverständliches motiviert zur Refle- onale und angepasste inklusive Konzepte Überzeugung als Dimension von Diversität xion des Eigenen, andere religiöse Über- und ganz besonders kompetente und kon zu besprechen, die im Kontext einer inklu- zeugungen helfen, andere Religionen ken- struktive pädagogische Fachkräfte. siven Pädagogik konstruktiv angenommen nenzulernen und über die eigene religiöse werden sollte. Das Nachdenken über In- Überzeugung nachzudenken. Vor diesem Vor diesem Hintergrund benötigt eine klusion ist vor diesem Hintergrund auch Hintergrund ist es wichtig, Pädagogen von Diversität geprägte Lern- und Lebens- immer ein Nachdenken über religiöses und und Bildungseinrichtungen zielgerichtet in welt die Diskussion inklusiver und interre- interreligiöses Lernen: Interreligiöses Ler- praktischen und konzeptionellen Fragen zu ligiöser Lernprozesse aus pädagogischer, nen ist Teil inklusiver Pädagogik. religiöser und weltanschaulicher Diversi- theologischer, fachdidaktischer und prak- tät zu unterstützen: Interreligiöse Bildung tischer Perspektive. Dies berücksichtigend lassen sich erste stellt eine elementare Herausforderung Ziele einer inklusiven interreligiösen Päda dar, ist in allen Kulturen und Religionen Religiöse Diversität und Inklusion gogik benennen: grundlegender Diskussionsgegenstand und zusammen denken - Kinder sollen in allen Bildungszusam- beschäftigt die aktuelle pädagogische Dis- menhängen erfahren dürfen, dass sie mit kussion intensiv. Inklusion wird dabei als „die wertschät- ihren religiösen Vorstellungen und weltan- zende Anerkennung von Unterschiedlich- schaulichen Überzeugungen angenommen Um den Dialog zwischen Kindern und keit und die konsequente Orientierung an und ernstgenommen werden. Dabei sollen Jugendlichen verschiedener religiöser und den Bedürfnissen eines jeden Kindes“ be- sie sich als Individuen und auch als Mit- weltanschaulicher Überzeugungen gezielt sprochen (Ministerium für Kultus, Jugend glieder einer Gruppe fühlen können. 7
ph·fr 2015/1 Diversity - Kinder sollen durch Begegnung erfahren, - die Akzeptanz des Andersseins - errei- Vielfalt als Reichtum versteht und im Sinne dass es andere Überzeugungen gibt und chen möchten, müssen wir den Kindern einer inklusiven vorurteilsbewussten Bil- lernen, dass diese ebenso wertzuschätzen rechtzeitig mehr Erfahrungen anbieten. dung aktiv erlebbar macht. Die dialogisch- sind wie ihre eigenen. Erfahrungen von verschiedenen Kultu- kommunikative und reflexive Begegnung - Kinder sollen die Möglichkeit bekommen, ren und Religionen. Es ist für uns häufig unterschiedlicher Überzeugungen von Kin- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu er- überraschend, wie aufnahmefähig die Kin- dern, Eltern und Pädagogen ist gleichzeitig leben. Vorurteile gilt es, in diesem Prozess der sind.“ Dabei ist es besonders wichtig, als Grundlage und Ziel inklusiver interreli- aktiv zu identifizieren und abzubauen. „dass das Kind zuerst offen über Religion giöser Bildung zu betrachten. - Kinder und Jugendliche sollen für Diskri- lernt und Religion kennenlernen kann, um minierung aufgrund religiöser oder welt- dann auch Wert auf seine Religion legen anschaulicher Überzeugung sensibilisiert zu können und zu lernen, den anderen zu werden – dabei gilt es, Diskriminierung respektieren“.1 aktiv und gemeinschaftlich zu begegnen. Vor diesem Hintergrund untersucht das Die Vielfalt religiöser und weltanschauli- Forschungsprojekt „Religiöse und interreli- cher Überzeugungen soll als wichtige und giöse Kompetenzentwicklung in der frühen wertvolle Bedingung des gemeinsamen Bildung“ an der Pädagogischen Hochschule Zusammenlebens erkennbar und erlebbar Freiburg inklusive Bildungspotenziale in re- werden. ligiös- und weltanschaulich-heterogenen Bildungszusammenhängen. Folgende Qua- Überzeugungen sensibel wahrnehmen litätsmerkmale einer inklusiven interreligi- ösen Pädagogik lassen sich aus der bishe- Für die Praxis bedeutet dies konkret, dass rigen Forschung ableiten: die verschiedenen religiösen und weltan- - Kinder, Jugendliche und pädagogische schaulichen Überzeugungen von Kindern Fachkräfte verschiedener religiöser und und Jugendlichen in Bildungseinrichtun- weltanschaulicher Überzeugungen kön- gen sensibel wahrzunehmen und aktiv nen gemeinsam religiöse Feste wahr- zu thematisieren sind. Der gemeinsamen nehmen und bis zu einem gewissen Grad Reflexion von Überzeugungen und Erfah- auch miteinander an religiösen Traditionen rungen und der damit verbundenen Idee teilhaben. Bezugspersonen verschiedener des Erfahrungslernens kommt hier beson- Religionen und Überzeugungen werden dere Bedeutung zu: Wenn Kinder andere in die Bildungseinrichtung eingebunden, Religionen und Überzeugungen in ihrer das Umfeld der Einrichtung wird durch Ko- Lebenswelt kennenlernen und erfahren operationen aktiv genutzt und die Eltern dürfen, bietet sich ihnen die Möglichkeit, werden in ihrer Religion und Überzeugung Vielfalt als positive und konstruktive Rea- konsequent in die pädagogische Arbeit ein- lität wahrzunehmen. Die Leitung einer Bil- bezogen. dungseinrichtung in Jerusalem, die ganz - Kinder und Jugendliche benötigen bei der besonders stark von religiöser Diversität Konstruktion ihrer religiösen und weltan- geprägt ist, fasst es bei einem Gespräch schaulichen Überzeugungen ein Bildungs- wie folgt zusammen: „Wenn wir unser Ziel umfeld, das religiöse und weltanschauliche Anmerkung 1) Das Interview wurde im Rahmen einer For- schungsreise (2012) in Jerusalem aufgenommen. Die Aufnahmen und Transkripte können beim Autor eingesehen werden. Literatur Nipkow, Karl Ernst (1998): Bildung in einer pluralen Welt. Religionsunterricht im Pluralismus. 2 Bde. Gütersloh. - Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Hg.) (2011): Orientie- rungsplan für Bildung und Erziehung in baden- württembergischen Kindergärten und weiteren 8 Kindertageseinrichtungen. Stuttgart.
ph·fr 2015/1 Inklusion Sabine Pemsel-Maier – religionspädagogisch und theologisch perspektiviert Ein intra- und interdisziplinäres Forschungsprojekt „A ls Christ/in und erst recht als Theolog/in muss man Inklu- sion sowieso gut finden – al- les andere geht ja gar nicht.“ Diese These, von Hochschulkolleg/innen, Religionslehrkräften und Studierenden teils mit großer Überzeugung und Begeisterung, teils aber auch mit unüberhörbarem Stoß- seufzer angesichts erfahrener Schwierig- keiten bei der Umsetzung vorgebracht, war Anlass für die Initiierung eines Forschungs- projekts. Es hatte zum Ziel, Inklusion unter theologischer, religionspädagogischer und auch religionsdidaktischer Perspektive zu beleuchten und damit eine Forschungslü- cke zu bearbeiten, die vor allem innerhalb der katholischen Religionspädagogik Bei aller Vielfalt der spürbar war. Voraussetzungen geht es darum, dem Individuum die Zwar ist Inklusion weder ein Akt bestmögliche Bildung mitzugeben christlicher Nächstenliebe noch und Modelle des Zusammenlebens zu primär religiös begründet. Aber in- entwickeln, wie sie für eine vielfältige, nnDie Jahrestagung der Sektion „Didaktik“ sofern sie eine Wertentscheidung demokratische Gesellschaft nötig sind. der Arbeitsgemeinschaft Katholische darstellt, kann sie nicht nur von all- Religionspädagogik und Katechetik (AKRK) in gemein humanen, sondern auch von Prof. em. Dr. Annedore Prengel, Würzburg im Januar 2014 christlichen Überlegungen motiviert Universität Potsdam und auf eine theologische Fundierung hin offen sein. Dabei macht sie nicht nur Arbeitswel- Optionen eröffnet und gelungene Reali- Ernst mit der Idee der Diversität als Aus- ten eintritt, lag sierungsformen von Inklusion vorgestellt gangs- und Zielpunkt von Gesellschaft, der Fokus des Projekts im Zuge des 2006 werden. sondern auch mit der Wertschätzung von von der UN verabschiedeten Übereinkom- Individualität und Heterogenität, die dem mens über die Rechte von Menschen mit Dabei waren kritische Fragen nicht Evangelium zu eigen ist. Behinderung auf deren gleichberechtigter nur zugelassen, sondern ausdrücklich er- Teilhabe im Kontext Schule. Nicht das „Für wünscht, weil diese im gegenwärtigen In- Im Fokus: Schüler/innen mit und Wider“ der Inklusion von Schüler/innen klusionsdiskurs vielfach nicht offen thema- Behinderung mit Behinderung sollte Thema sein, da sie tisiert werden, um nicht politisch unkorrekt mit der Ratifizierung der UN-Behinderten- zu erscheinen. Gerade weil christlicher Im Wissen um die weite Semantik des rechtskonvention ein nicht verhandelbares Glaube als Weltanschauung bzw. Theologie Terminus „Inklusion“, der auf die gleichbe- politisches Grundrecht darstellt. Vielmehr und Religionspädagogik als Wissenschafts- rechtigte Teilnahme aller am sozialen Le- sollten die theologischen Wurzeln des In- disziplinen zur Durchsetzung von Inklusion ben abzielt, sich grundsätzlich gegen den klusionsgedankens aufgedeckt, theologi- prädestiniert erscheinen, sind sie auch zu Ausschluss von Menschen aus bestehen- sche Begründungen identifiziert, aus der kritischer Differenzierung legitimiert, wenn den Systemen wendet und für den Einbe- Perspektive des Glaubens über Gleichheit nicht gar verpflichtet – ganz im Sinne des zug unterschiedlichster Individuen in ge- und Andersheit, Gleichwertigkeit und Dif- altgriechischen krínein, das „scheiden“ und meinsam geteilte Lebens-, Bildungs- und ferenz reflektiert, religionspädagogische „unterscheiden“ impliziert. 9
ph·fr 2015/1 Diversity nnDie Ergebnisse des Forschungspro- Sabine Pemsel-Maier / Mirjam Schambeck (Hg.) jekts sind im Einzelnen zusammenge- stellt im Band „Inklusion!? Religions- Inklusion!? pädagogische Einwürfe“. Freiburg 2014. An seinem Ende stehen zehn Thesen der beiden Herausgeberinnen, die zu weite- rer Diskussion anstiften wollen. Religionspädagogische Einwürfe Unterschiedliche Vertreter/innen und te Heil nicht nur jenseitig oder unsicht- kontroverse Positionen vernetzt bar ist; weil der christliche Glaube auf eine Gemeinschaft hinzielt, die auf niemanden Entsprechend suchte das Forschungs- verzichten kann. Es lieferte auch zahlreiche vorhaben die Vernetzung unterschiedlicher Denkanstöße zum Umgang mit Diversität Fachvertreter/innen. Als theologisch intra- als Ausgangs- und Zielpunkt einer inklu- disziplinär angelegtes Projekt war es durch siven Schule, die aus theologischer Per den Dialog mit Bildungswissenschaftlern spektive der Orientierung und der Kontu- zugleich interdisziplinär angelegt. Die rierung bedarf. Leitung hatten Sabine Pemsel-Maier, PH erstellenden Praktiker/innen, radikale und Freiburg (zuvor PH Karlsruhe) und Mirjam vorsichtig-abwägende Inklusionsvertreter/ So erschien Diversität nicht einfach per Schambeck, Religionspädagogin an der innen, strikte Gegner/innen und klare Be- se als „gut“, sondern es wurde auch ihr Universität Freiburg. Aus diesen beiden In- fürworter/innen von Förderschulen. Der mögliches destruktives Potenzial aufge- stitutionen wirkten zudem Christian Höger Vernetzung diente neben anderem im Ja- deckt, wenn etwa die unterschiedlichen (PH Freiburg) und Johannes Heger (Univer- nuar 2014 die Jahrestagung der Sektion Lernausgangslagen in einer Lerngruppe sität Freiburg) mit eigenen Beiträgen mit. „Didaktik“ der Arbeitsgemeinschaft Katho- so groß sind, dass Differenzen Kommuni- Als religionspädagogisch für Inklusion aus- lische Religionspädagogik und Katechetik kation und Aktivierung hemmen und da- gewiesene Fachvertreter/innen waren Tho- (AKRK) in Würzburg, der Mirjam Scham- mit Bildungsprozesse nicht mehr in Gang mas Müller (Universität Würzburg), Anita beck und Sabine Pemsel-Maier vorstehen. setzen. Je nach Umständen kann dann die Müller-Friese (Institut für Religionspäda- gemeinsame Beschulung weniger inklusiv gogik der evangelischen Landeskirche Ba- Denkanstöße und weniger förderlich sein als eine För- den) und Bert Roebben (TU Dortmund), als derschule oder -klasse. sonder- und inklusionspädagogisch arbei- Das Forschungsprojekt führte nicht nur tende und forschende Lehrkräfte Barbara vor Augen, dass und wie christlicher Glau- Strumann und Elisabeth Hotze, als Vertreter be, Theologie und Religionspädagogik als der allgemeinen (Inklusions-)Pädagogik Jo- Rezipienten und Impulsgeber wie auch als achim Kahlert (Universität München) und kritische Wächter von Inklusion fungieren Georg Feuser (Universität Zürich) beteiligt. können, weil sie jeden Menschen mit sei- nen Fähigkeiten, aber auch Begrenzungen Auf diese Weise kamen unterschiedliche und Behinderungen nicht als Zufall oder Perspektiven und durchaus kontroverse Po- „Unfall“, sondern als von Gott gewolltes sitionen in einen Dialog: Theolog/innen und Geschöpf verstehen; weil sie jeder und je- Bildungswissenschaftler/innen, konzeptio- dem unbedingte Würde zusprechen; weil nell an Grundfragen arbeitende Religions- das von Christen erwartete Reich Gottes pädagog/innen mit Unterrichtsmaterialien niemanden ausschließt; weil das zugesag- nnTheologie und Religionspädagogik verstehen jeden Menschen mit seinen Fähigkeiten, aber auch Begrenzungen und Behinderungen, nicht als Zufall oder „Unfall“, sondern als von Gott gewolltes Geschöpf. 10
ph·fr 2015/1 üc BR KE Bernd Steinhoff – Ein intergenerationelles Projekt Für eine weltoffene Hochschule „Nicht die Anwesenheit der ausländischen Studierenden führt zur Internationalisierung, sondern erst der lebhafte Austausch zwischen den Studierenden.“ (DAAD-Studie 2007) D ie Hochschulen in Deutschland ständigung über unterschiedlich geprägte tung, dass die ausländischen Studierenden internationalisieren sich zuneh- Studien- und Lebensvorstellungen führen häufiger unter sich bleiben und mit den mend. Fremdsprachige Lehrver- und wird als „entscheidendes Mittel zur In- Einheimischen auf dem Campus oft nur anstaltungen und Fachlektüre tegration der ausländischen Studierenden“ wenig Austausch pflegen. Als Zielsetzung bilden keine großen Ausnahmen mehr, angesehen (DAAD-Studie 2007, S. 27). wurde im Projekt formuliert, die interna- internationale Studienprogramme wie tionale Vielfalt wahrnehmbar zum Thema Erasmus werden lebhaft genutzt, und die Damit erscheint eine lebhafte Kommu- zu machen und interkulturelle Zusam- Mehrzahl der deutschen Studierenden stu- nikation zwischen den Studierenden als menarbeit und Begegnung an der Päda- diert gemeinsam mit ausländischen Kom- Schlüssel für den Erfolg der Internatio- gogischen Hochschule konkret zu unter- militonen. Zudem treffen die Studieren- nalisierung. Der postulierte Austausch ist stützen. Zugleich wurde eine innovative den zunehmend auf Dozenten/innen, die jedoch keineswegs selbstverständlich und Gelegenheit zu einem intergenerationellen internationale Lehr- und Arbeitserfahrung ergibt sich auch nicht von selbst. Hier er- Lernen und Arbeiten gesehen. Dazu wurde mitbringen. öffnet sich eine Handlungsperspektive, an ein übergreifendes Seminarangebot im- die das Brücke-Projekt des Seniorenstudi- plementiert, mit Studierenden Schritt für Die Hochschulen verfügen dadurch über ums anknüpft. Schritt praktisch umgesetzt und weiter- ein großes Potenzial, ihren Studierenden entwickelt. Leitfragen waren: Wie kann vor Ort internationale Erfahrungen zu er- Projektansatz im Seminar internationale Diversität zur öffnen und erscheinen als interkulturelle Sprache kommen, wie können symme Lernorte von Interesse. Wenn ein intensiver Unser Projekt wurde im Sommerse- trische Teilhabechancen für alle realisiert Austausch im Studium und darüber hinaus mester 2008 begonnen. Den Seniorstu- werden, wie kann überdies an der Hoch- stattfindet, können sich Studierende ein dierenden erschien es als spannende und schule informelle Begegnung unterstützt unmittelbares Bild vom Leben und Arbeiten sinnvolle Aufgabe, junge ausländische werden? Die Pädagogische Werkstatt bot in anderen Ländern machen. Der Kontakt Studierende zu unterstützen. Durchge- und bietet für die Arbeit den geeigneten unter den Studierenden kann zu einer Ver- führte Interviews bestärkten die Vermu- „ErmöglichungsRaum“. 11
ph·fr 2015/1 Diversity Grundzüge und Aktionen te, gemeinsame Sache. Grundidee ist: tur innerhalb der Hochschule beizutragen. Studierende engagieren sich miteinander Da die Neuankömmlinge bereits zum je- An dem zweistündigen Projektseminar füreinander. Die Messlatte für das Enga- weiligen Monatsanfang anreisen, werden nehmen drei verschiedene Gruppen teil: gement ist der Grad an aktiver Beteiligung spezielle kleine Exkursionen in Stadt und ausländische Studierende, Studierende des aller Studierenden im Seminar. Dazu muss Umland organisiert, um lange Wochenen- Europalehramtes (EULA) und Seniorstudie- nicht nur ein gewisses Maß an Selbstbe- den oder Feiertage vor dem Semesterbe- rende. Es gliedert sich in vier Phasen. Den stimmung bei der Themenwahl und bei den ginn zu überbrücken. Im Seminar leisten Start bildet eine offene und relativ ausgie- Arbeitsweisen realisiert werden. Wichtig die Älteren insbesondere infrastrukturelle bige Phase des sich Kennenlernens. Diese erscheint ein Setting, das die Übernahme Unterstützung bei der Durchführung der umfasst auch Bezüge zur Heimat-Univer- von Mitverantwortung für konkrete Semi- Projekte. Im Übrigen besteht ihre Aufga- sität und endet mit dem Generieren von naraufgaben unterstützt und zwar in jeder be darin, sich auf die Vorstellungen und Ideen und Vorschlägen, was im Semester der genannten Phasen. Vorschläge der „Mentees“ einzulassen und getan und wie gearbeitet werden könnte. „Mentorschaft“ zu reflektieren: eine pro- Daran anknüpfend bilden die Studierenden Statt hier auf mikrodidaktische Einzelhei- zessorientierte, eher fragende als antwor- gemischte Arbeitsgruppen und planen klei- ten einzugehen, sei die Rollen- bzw. Aufga- tende Haltung einzuüben und zur Selbst- ne, auf Integration zielende Projekte, die benverteilung skizziert, in der die verschie- hilfe anzuregen. in aktiv beworbene, hochschulöffentliche denen Gruppen zusammenarbeiten. Die Veranstaltungen münden und die Besucher EULA-Studierenden haben zumeist schon Die Verteilung der Verantwortungsrollen nach Möglichkeit mit einbeziehen. Erfahrungen mit dem Auslandsstudium. Sie wird nicht starr gehandhabt, sondern sie können Beiträge in drei Aufgabenfeldern erfolgt je nach Interesse und Fähigkeiten. Konkret wurden ein so genanntes „Kul- leisten. Entweder sie recherchieren zu Be- So etwa übernehmen auch ausländische turgespräch am Nachmittag“ und ein griffen oder Fragen und arbeiten dazu im Studierende oder Seniorstudierende Semi- „Runder Tisch international“ ins Leben ge- Sinne einer interkulturellen Didaktik (nach nareinheiten oder Moderationsaufgaben, rufen und mehrfach veranstaltet, ebenso Alfred Holzbrecher) mit dem Seminar, oder wenn sie sich dies zutrauen. Die Federfüh- Weihnachtsfeiern mit storytelling, Impro- sie übernehmen die Federführung in den rung in den Arbeitsgruppen ist allerdings Theater oder Workshops, etwa zu paper fol- Arbeitsgruppen, initiieren und begleiten den jungen Studierenden vorbehalten, um ding (Origami), Trommeln oder kreativem den Prozess. Schließlich können Aktivitä- herkömmliche Rollen- und Kommunikati- Backen. Im Sommersemester 2011 erarbei- ten bei der hochschulöffentlichen Veran- onsmuster zwischen den Generationen von tete eine Gruppe ein Papier „Didaktische staltung übernommen werden, sei es bei vornherein zu vermeiden. Hinweise für interkulturelles Studieren“, Präsentationen der Arbeitsgruppen oder stellte es an der Hochschule vor und ver- bei der Vorbereitung und Moderation der Resultate teilte es unter Studierenden. Im Sommer Gesamtveranstaltung. 2014 wurde ein internationales Kochbuch Die geschilderte Projektarbeit ist vor- mit einfachen Gerichten zusammengestellt Die ausländischen Kommilitonen kom- nehmlich prozessorientiert und bemisst und anschließend Kostproben am „Brücke- men aus verschiedenen Ländern und Erd- sich nicht primär an einem erreichten End- Stand“ auf dem Sommerfest angeboten. teilen. Sie sind vor allem als Experten in produkt. Im Vordergrund stehen die Wege eigener Sache gefragt: Zum einen erleben und vor allem auch die Umwege, die in der Im letzten Wintersemester bereiteten sie die Herausforderungen des Auslands- Verständigung und Zusammenarbeit mit- zwei Projekte „Redewendungen im inter- studiums am eigenen Leibe und können einander gegangen werden. Hier eröffnet kulturellen Vergleich“ und eine „Aktion über ihre aktuellen Eindrücke, Bedürfnisse sich ein weites Feld für gemeinsame (Lern-) Sprachenmusik“ vor. Parallel zur Projekt- und Wünsche Auskunft geben. Zum an- Erfahrungen. Zu beobachten sind Offen- arbeit wurden ein oder zwei begriffliche deren kennen sie die akademischen Ge- heit und Neugierde in Bezug auf kultu- Konzepte von Studierenden recherchiert wohnheiten und Wertmaßstäbe an ihren relle Gemeinsamkeiten und Unterschiede. und in kleinen Einheiten thematisiert. Bei- Heimat-Universitäten und können aus die- Die Studierenden berichten gern aus ihren spielsweise sind Definitionen von „Kultur“ sen Kontexten heraus zu einer multikultu- Kontexten und haben erkennbar Freude verglichen worden oder es wurde gearbei- rell geprägten Verständigung und Arbeit daran, wenn ihre Vorschläge Berücksich- tet zu Themen wie „Inklusion“ vs. „Integ- beitragen. tigung finden. ration“, „Interkulturelle Kompetenz“, „Ste- reotype“, ,,Storytelling“ oder „Projektarbeit“. Die Seniorstudierenden schließlich sind Ein zentraler Aspekt ist die sprachliche Den Abschluss bildete ein Evaluationsge- die einzige Gruppe, die kontinuierlich über Unterstützung. Als Regelsprache wird im spräch, in dem v.a. der Seminarverlauf und mehrere Semester mitarbeitet und weit- Seminar stets Deutsch bevorzugt, schon die persönliche Bilanz thematisiert sowie gehend konstant bleibt. Die meisten Teil- um hier dazulernen zu können. Sprachliche Vorschläge für kommende Vorhaben (in der nehmer/innen haben selber einen Mig- Barrieren sind dabei nicht zu unterschät- Brücke oder nach Rückkehr an den Heimat- rationshintergrund oder waren beruflich zen. Von allen Projektteilnehmenden wird Universitäten) besprochen wurden. im Ausland tätig. Als Ältere sehen sie sich es geschätzt, wenn klare Regeln für Fälle gegenüber den Jungen oftmals in einer von Nichtverstehen vereinbart und dann Spielräume für Mitverantwortung Mentorenrolle. Da und dort sind sie dem auch angewendet werden. Indirekt hilf- Akademischen Auslandsamt behilflich, die reich erscheint die Praxis, da und dort um Im Mittelpunkt der Seminararbeit steht „Incomings“ willkommen zu heißen und so muttersprachliche Beiträge zu bitten, wo- 12 das praktische Tun für eine selbst gewähl- zu einer internationalen Willkommenskul- mit die vorhandene Sprachenvielfalt und
ph·fr 2015/1 Sprachkompetenz anklingt. Die sprachliche Sondersituation führt nicht selten zu krea- Der soziologische Begriff tiven Überbrückungen und Sprachspielen, die besondere Aufmerksamkeit verdienen. „Diversity“ beschreibt ein Konzept Da die Verständigung mitunter assoziati- zur Förderung von Vielfalt und zur ve Kapriolen schlägt, wird im Seminar viel gelacht. Im Übrigen kommen viele Studie- Herstellung von Chancengleichheit. rende nach eigenem Bekunden gern in die Diversity kann sich dabei auf die Förderung Brücke und entwickeln ein Zusammen- von u.a. kultureller, altersbezogener gehörigkeitsgefühl; persönliche, zum Teil dauerhafte Beziehungen entstehen. oder geschlechtsspezifischer Vielfalt beziehen. Zum Engagement der Studierenden ge- hört der Wunsch nach handfesten Ergeb- Beuth Hochschule für Technik Berlin nissen, selbst wenn die Projekte nicht den Anspruch haben (können), Bleibendes zu hinterlassen. Eine erfreuliche Sondersituation ergab sich im Wintersemester und Sommerse- mester 2011/2012, als unerwartet eine gro- ße Gruppe EULA-Studierender im Projekt auftauchte. Mit ihnen gelang es, den sog. „IT“ (Internationaler Treff) einzurichten und damit einen strukturellen Beitrag zur Kom- munikationssituation an der Hochschule zu leisten. Das erstellte Konzept wurde mit der Hochschulleitung und Raumplanung abgesprochen und von Studierenden in In- Int stitutssitzungen kommuniziert. Im Folge- er semester ging es um Ausgestaltung und nat Inbetriebnahme mit Tutoren aus dem Kreis der EULA- und (ehrenamtlich) der Senior- i o n a ler studierenden. Die Leitung wurde semester- weise auf Seniorenstudium, International Office und EULA-Leitung verteilt. Pädagogische Hochschule Freiburg Inzwischen ist der IT voll in die Verant- wortung des International Office überge- ef r T gangen. Er ist zu einem gut frequentierten f internationalen Arbeits-, Begegnungs- und Veranstaltungsort der Studierenden ge- worden. nnEiner Gruppe EULA-Studierender gelang es, den „Internationalen Treff“ einzurichten und damit einen strukturellen Beitrag zur Kom- munikationssituation an der Hochschule zu leisten. Literatur Heublein, Ulrich/Özkilic, Murat/Sommer, Dieter (2007): Aspekte der Internationalität deutscher Hochschulen. Internationale Erfahrungen deutscher Studierender an ihren heimischen Hochschulen. Hg. v. Deutscher Akademischer Austauschdienst. Bonn (Dokumentationen u. Materialien, Bd. 63) URL: http://www.dzhw.eu/pdf/21/daad_band63.pdf. 13
ph·fr 2015/1 Diversity Umgang mit Thomas Fuhr · Ruth Michalek Heterogenität Der Masterstudiengang Erziehungswissenschaft D er forschungsorientierte Master- in entsprechenden Fachbereichen der Er- Alle pädagogischen Studiengänge wollen studiengang „Erziehungswis- wachsenenbildung/Weiterbildung bzw. nicht nur die Aneignung fachspezifischer senschaft“ hat zwei Studienrich- der Jugendbildung zu arbeiten. In der Inhalte fördern, sondern auch die Refle- tungen: Erwachsenenbildung/ Studienrichtung studieren Absolvent_in- xion über den Stand der Forschung und Weiterbildung und Sozialpädagogik. Beide nen der Germanistik, Betriebswirtschaft, über komplexe Herausforderungen der Studienrichtungen wenden sich an Ab- Sportwissenschaft, Geschichte und vieler Berufspraxis. Die Erziehungswissenschaft solvent_innen verschiedener Studiengän- anderer Disziplinen. versteht sich zudem als reflexive Wissen- ge: Bachelorstudiengänge in Erziehungs- schaft, welche ihre eigene soziale Standort- wissenschaft, die auf außerschulische Der Heterogenität in den Ausgangskom- gebundenheit kritisch reflektiert (Frieberts- Berufsfelder vorbereiten, sozialwissen- petenzen der Studienanfänger_innen be- häuser u.a. 2006). Auch die Studierenden schaftliche und sozialpädagogische Stu- gegnen wir mit mehreren Maßnahmen. In verfügen schon über Deutungen zu Lernen diengänge, Lehramtsstudiengänge sowie der Summe führen sie dazu, dass die He- und Lehren, zur Bedeutung von Bildung für andere pädagogische Studiengänge wie terogenität insgesamt nicht als Problem das Individuum und für die Gesellschaft Gesundheitspädagogik, Medienpädagogik erscheint, sondern den Studiengang und sowie zu vielen anderen pädagogischen oder Pädagogik der frühen Kindheit. Schon das Berufsfeld bereichert. Erstens legen Fragen mehr. Studierende (wie auch Leh- diese Zielgruppe bringt unterschiedliche wir dem Zulassungsbescheid ein Informa- rende) müssen deshalb reflektieren, inwie- Kompetenzen mit. Dies betrifft zum Bei- tionspapier bei, das Lernmaterialien defi- fern sie in gesellschaftliche Diskurse über spiel, aber nicht nur, die Forschungsmetho- niert, die den nachholenden Kompetenz Erziehung eingebunden sind, die ihr eige- den. Lehramtsstudierende haben sie kaum erwerb unterstützen. Wir schreiben den nes Denken prägen. Es ist erforderlich, dass studiert, andere hatten Schwerpunkte in Studierenden, dass wir erwarten, dass sie sie nicht nur wissenschaftliches Wissen er- quantitativen Verfahren und haben quali- manche basalen Kompetenzen im Rahmen werben, sondern dieses Wissen mit ihrem tative, hermeneutisch-rekonstruktive oder des Selbststudiums nachholen. Zweitens vorhandenen Denkschemata konfrontieren, phänomenologische Methodologien kaum gibt es im ersten Semester ein „Wahlstu- um dieses zu reorganisieren und zur Wei- kennen gelernt. dium“. Die Modulbeschreibung definiert terentwicklung der Gesellschaft beitragen die Erwartungen an Studierende, deren zu können. In der Studienrichtung Erwachsenenbil- Ausgangskompetenzen noch nicht ganz dung/Weiterbildung verschärft sich die- den Erwartungen entsprechen. In einer Transformatives Lernen se Lage noch. In der Erwachsenenbildung Zielvereinbarung mit den Studierenden und der Weiterbildung sind Absolvent_ legen wir fest, welche der verschiedenen Um die Reorganisation von Wissen zu innen aus unterschiedlichen Fächern ge- Wahlpflichtveranstaltungen besucht wer- unterstützen, beziehen wir uns auf die The- fragt. Die meisten Einrichtungen erwarten den. Für die Gruppe derjenigen, die for- orie des transformativen Lernens (Mezirow sozialwissenschaftliche und pädagogische schungsmethodologische Kompetenzen 1991, 2009; Taylor, Cranton 2012). Sie gilt Kompetenzen. Aber es kommen oft an- nachholen müssen, bieten wir ein speziel- im Bereich des Lernens Erwachsener vor dere hinzu. Die kirchliche Erwachsenen- les Seminar an. Drittens haben wir ein be- allem im amerikanischen und internatio- bildung fragt nach Absolvent_innen mit sonderes didaktisches Konzept entwickelt. nalen Diskurs als die bedeutendste Theorie theologischen Kenntnissen, die Wirtschaft Wir setzen in der Regel studierendenfo- zur Erklärung von Lernprozessen, die nicht nach solchen mit betriebswirtschaftlichen kussierte und kompetenzorientierte Lern- nur eine Erweiterung, sondern auch eine Hintergründen, andere begrüßen poli- verfahren ein, welche die Studierenden im Reorganisation von Wissen beinhalten. In tikwissenschaftliche Kompetenzen. Aus Prozess des Lernens beratend begleiten. vielen Untersuchungen wurde dieses Mo- diesem Grund ist die Studienrichtung Er- Nach dem jetzigen Stand sind sie besser dell spezifiziert, erweitert und korrigiert. wachsenenbildung/Weiterbildung für Ab- als vermittlungs- und lehrendenfokussier- solvent_innen nicht-pädagogischer und te Verfahren dazu geeignet, individuelle Es hat sich gezeigt, dass transformati- nicht-sozialwissenschaftlicher Studien- Kompetenzentwicklungen zu unterstützen ves Lernen dann erfolgreich ist, wenn die 14 gänge offen, die daran interessiert sind, (Metz-Göckel u.a. 2012). Lernenden konkrete Erfahrungen machen
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