Untersuchung der Leistungsfähigkeit zweier Systeme zur kontinuierlichen Glucosemessung

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Universität Ulm
                Medizinische Fakultät

Untersuchung der Leistungsfähigkeit zweier
       Systeme zur kontinuierlichen
            Glucosemessung

   Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der
    Humanbiologie der Medizinischen Fakultät der
                    Universität Ulm

            Stefan Ansgar Benedikt Pleus
                   geboren in Ulm

               Vorgelegt im Jahr 2021
Amtierender Dekan:   Prof. Dr. Thomas Wirth
Erstgutachter:       Prof. Dr. Cornelia Haug
Zweitgutachter:      PD Dr. Christian Denzer
Tag der Promotion:   12. Mai 2022

                                               II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... V
Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... VI
Tabellenverzeichnis ........................................................................................................ VII
Hinweis auf bereits publizierte Daten ............................................................................. VIII
1. Einleitung ................................................................................................................... 1
  1.1. Diabetes allgemein ................................................................................................ 1
  1.2. Glucosekonzentrationsbestimmung ....................................................................... 1
  1.3. Anwendung des kontinuierlichen Glucosemonitorings in der Diabetestherapie...... 2
  1.4. Fragestellungen..................................................................................................... 4
2. Material und Methoden .............................................................................................. 5
  2.1. Ethische und regulatorische Vorgaben .................................................................. 5
  2.2. Prüfprodukte .......................................................................................................... 6
  2.3. Weitere (Medizin-)Produkte ................................................................................... 6
  2.4. Ein- und Ausschlusskriterien ................................................................................. 6
    2.4.1. Einschlusskriterien .......................................................................................... 6
    2.4.2. Ausschlusskriterien ......................................................................................... 7
  2.5. Studienabläufe ...................................................................................................... 8
  2.6. Endpunkte ............................................................................................................10
    2.6.1. Endpunkt 1: Unterschiede in CGM-Schlüsselparametern abhängig vom
             eingesetzten CGM-System ............................................................................10
    2.6.2. Endpunkt 2: Güte manueller Kalibrationen bei Menschen mit Diabetes mellitus
             Typ 1 .............................................................................................................10
    2.6.3. Endpunkt 3: Vorhersagequalität von CGM-Trendanzeigen ............................11
    2.6.4. Endpunkt 4: Übereinstimmung von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und
             niedrigen bzw. hohen CGM-Messwerten .......................................................11
  2.7. Datenanalyse .......................................................................................................11
    2.7.1. Endpunkt 1: Unterschiede in CGM-Schlüsselparametern abhängig vom
             eingesetzten CGM-System ............................................................................11
    2.7.2. Endpunkt 2: Güte manueller Kalibrationen bei Menschen mit Diabetes mellitus
             Typ 1 .............................................................................................................13
    2.7.3. Endpunkt 3: Vorhersagequalität von Trendanzeigen......................................14
    2.7.4. Endpunkt 4: Übereinstimmung von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und
             niedrigen bzw. hohen CGM-Messwerten .......................................................16
3. Ergebnisse................................................................................................................18
  3.1. Demographische Daten der Probanden................................................................18
  3.2. Endpunkt 1: Unterschiede in CGM-Schlüsselparametern abhängig vom
       eingesetzten CGM-System ...................................................................................18
    3.2.1. Vergleich der CGM-Schlüsselparameter getrennt nach CGM-System ...........18
    3.2.2. Paarweise Differenzen der CGM-Schlüsselparameter innerhalb desselben
             CGM-System-Modells....................................................................................18
    3.2.3. Paarweise Differenzen in CGM-Schlüsselparametern zwischen verschiedenen
             CGM-System-Modellen .................................................................................20
  3.3. Endpunkt 2: Güte manueller Kalibrationen bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ
       1 ...........................................................................................................................24
    3.3.1. Gesamter Studienzeitraum ............................................................................24
    3.3.2. Auswertung getrennt nach Studienphase ......................................................27
  3.4. Endpunkt 3: Vorhersagequalität von CGM-Trendanzeigen ...................................28

                                                                                                                                   III
3.5. Endpunkt 4: Übereinstimmung von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und
       niedrigen bzw. hohen CGM-Messwerten ..............................................................31
    3.5.1. Niedrige BG- und CGM-Messwerte ...............................................................32
    3.5.2. Hohe BG- und CGM-Messwerte ....................................................................33
4. Diskussion ................................................................................................................36
5. Zusammenfassung ...................................................................................................41
6. Literaturverzeichnis ...................................................................................................43
Lebenslauf .......................................................................................................................47

                                                                                                                                IV
Abkürzungsverzeichnis
BfArM              Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
BG                 Blutglucosekonzentration
BGMS               Blutglucosemesssystem
CGM                Kontinuierliches Glucosemonitoring
CLSI               Clinical and Laboratory Standards Institute
DRKS               Deutsches Register Klinischer Studien
FL                 FreeStyle Libre
G5                 Dexcom G5
GMI                Glucose Management Indicator
HbA1c              Anteil glykierten Hämoglobins
MW                 Mittelwert
n. a.              Nicht anwendbar
SD                 Standardabweichung
TaR                Zeit, die oberhalb des Zielbereichs verbracht wurde
TbR                Zeit, die unterhalb des Zielbereichs verbracht wurde
TiR                Zeit, die innerhalb des Zielbereichs verbracht wurde
VK                 Variationskoeffizient
WHO                Weltgesundheitsorganisation

                                                                          V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Schematische Darstellung der Studienabläufe (übersetzt aus Freckmann et al.
      [24],             Seite             543,              lizenziert              unter             CC              BY             4.0
      (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)) .......................................................... 9
Abbildung 2:Bestimmung                        der            Vorhersagequalität                    von            Trendanzeigen.
       ...............................................................................................................................16
Abbildung 3:Beispiel für Glucoseverläufe in einem Probanden, bei denen die ermittelte
      TbR
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Definition der Trendanzeigen für G5 und FL laut Herstellerinformationen.
      ...............................................................................................................................15
Tabelle 2:Zusammenfassung der CGM-Schlüsselparameter für jedes CGM-System-
     Modell, nach [29], Seite 4. ......................................................................................21
Tabelle 3:Zusammenfassung                       der        paarweisen              Differenzen             in       den         CGM-
     Schlüsselparametern zwischen den beiden CGM-System-Modellen, nach [29], Seite
     4. ............................................................................................................................22
Tabelle 4:Zusammenfassung                       der        paarweisen              Differenzen             in       den         CGM-
     Schlüsselparametern zwischen allen möglichen Kombinationen aus G5- und FL-
     Sensorexperimenten im selben Probanden, nach [29], Seite 5. ..............................23
Tabelle 5:           Kontingenztabelle für den Vergleich der Trendanzeige von CGM-Systemen
     mit nachträglich anhand von CGM-Messwerten berechneten Änderungsraten der
     Glucosekonzentration bei einem zeitlichen Horizont von 30 min (modifiziert nach
     Freckmann et al. [30], Supplement, lizenziert unter CC BY 4.0
     (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)). ........................................................29
Tabelle 6:Erkennungsraten von niedrigen BG-Messwerten für verschiedene Kombinationen
     aus BG-Schwellwerten („Hypoglykämie-Grenzen“) und CGM-Schwellwerten
     („Hypoglykämie-Alarmen“) ......................................................................................33
Tabelle 7:           „Fehlalarm“-Raten für verschiedene Kombinationen aus BG-Schwellwerten
     („Hypoglykämie-Grenzen“) und CGM-Schwellwerten („Hypoglykämie-Alarmen“)....33
Tabelle 8:Erkennungsraten von BG-Messwerten für verschiedene Kombinationen aus BG-
     Schwellwerten                    („Hyperglykämie-Grenzen“)                           und            CGM-Schwellwerten
     („Hyperglykämie-Alarmen“) .....................................................................................34
Tabelle 9:           „Fehlalarm“-Raten für verschiedene Kombinationen aus BG-Schwellwerten
     („Hyperglykämie-Grenzen“) und CGM-Schwellwerten („Hyperglykämie-Alarmen“) .35

                                                                                                                                  VII
Hinweis auf bereits publizierte Daten
Teile der in dieser Arbeit vorgestellten Daten wurden bereits in Volltextpublikationen bzw.
auf wissenschaftlichen Kongressen vorgestellt.

Volltextpublikationen:
Freckmann G, Link M, Westhoff A, Kamecke U, Pleus S, Haug C. Prediction Quality of
Glucose Trend Indicators in Two Continuous Tissue Glucose Monitoring Systems. Diabetes
Technol Ther. 2018;20(8):550-6. DOI: 10.1089/dia.2018.0112.
Pleus S, Kamecke U, Waldenmaier D, Link M, Zschornack E, Jendrike N, Haug C,
Freckmann G. Time in Specific Glucose Ranges, Glucose Management Indicator, and
Glycemic Variability: Impact of Continuous Glucose Monitoring (CGM) System Model and
Sensor on CGM Metrics. J Diabetes Sci Technol. 2020. DOI: 10.1177/1932296820931825.

Kongressbeiträge:
Pleus S, Link M, Jendrike N, Haug C, Freckmann G. Assessment of Potential Errors in
Manual Calibration of A Continuous Glucose Monitoring System. 12th International
Conference on Advanced Technologies & Treatments for Diabetes, 20. - 23. Februar 2019,
Berlin. Abstract publiziert in: Diabetes Technol Ther. 2019;21(S1):A100-1

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Einleitung

1. Einleitung
1.1.   Diabetes allgemein
Diabetes mellitus umfasst eine Gruppe verschiedener Stoffwechselstörungen mit weltweit
über 400 Mio. Erkrankten.[1] Die Ursachen für Diabetes mellitus sind vielseitig, und die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt in ihrer aktuellen Leitlinie zur Klassifikation
des Diabetes mellitus mehr als zehn verschiedene Diabetestypen.[1] Zu den verbreitetsten
Typen gehören der Diabetes mellitus Typ 2 mit ca. 7 Mio. Erkrankten in Deutschland und
der Diabetes mellitus Typ 1 mit ca. 372.000 Erkrankten.[2] Typ-2-Diabetes ist der mit
Abstand häufigste Diabetes-Typ,[1] der sich durch unterschiedliche Grade einer -Zell-
Funktionsstörung und Insulinresistenz äußert. Typ-1-Diabetes dagegen zeichnet sich durch
eine meist immunvermittelte Zerstörung der -Zellen und dadurch verursachten absoluten
Insulinmangel aus. Die Diabetestherapie, deren Ziel das Erreichen normnaher
Glucosekonzentrationen ist, unterscheidet sich dementsprechend. Während Menschen mit
Typ-1-Diabetes immer auf die Zufuhr von Insulin angewiesen sind, können bei Menschen
mit Typ-2-Diabetes auch andere Therapieformen, z. B. Anpassungen der Ernährung oder
körperlichen Aktivität oder Einnahme oraler Antidiabetika, erfolgversprechend sein.
Aufgrund der vielfältigen Therapieoptionen wird hier nicht näher darauf eingegangen.
Nationale und internationale Diabetesgesellschaften aktualisieren regelmäßig ihre Leitlinien
und Praxisempfehlungen, um den aktuellen Stand der Wissenschaft in Hinblick auf eine
optimale Diabetestherapie abzubilden.
1.2.   Glucosekonzentrationsbestimmung
Insbesondere bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ist die ausreichend häufige Messung der
Glucosekonzentration von erheblicher Bedeutung, da aus ihr der aktuelle Insulinbedarf
ermittelt wird. Traditionell erfolgt die Bestimmung der Blutglucosekonzentration (BG) im
Kapillarblut mithilfe eines Blutglucosemesssystems (BGMS). Die Gewinnung von
Kapillarblut erfolgt in der Regel durch Punktion der Fingerbeere. Das BGMS zeigt dann den
aktuellen BG-Messwert an. Menschen mit Typ-1-Diabetes sollen dabei, je nach
Empfehlung, bis zu 10-mal täglich BG-Bestimmungen durchführen.[3] Die häufige BG-
Bestimmung wird dabei oftmals als Belastung empfunden, was auch zur Nichteinhaltung
der Empfehlungen führen kann.[4]
Seit einigen Jahren nimmt die Verbreitung von Systemen zum kontinuierlichen
Glucosemonitoring (CGM) zu. Bei den derzeit verbreiteten CGM-Systemen für den
Laiengebrauch erfolgt die Bestimmung der Glucosekonzentration in der interstitiellen
Flüssigkeit des subkutanen Fettgewebes. Im Gegensatz zu BGMS bieten CGM-Systeme
neben der Anzeige von aktuellen Glucosekonzentrationen in der Regel auch eine
Darstellung des Glucosekonzentrationsverlaufs der letzten Stunden und eine sogenannte
Trendanzeige, die eine Abschätzung der zu erwartenden Glucosekonzentrationsänderung
in den nächsten 15 bis 30 Minuten darstellt. CGM findet zunehmend Verbreitung in der
Therapie des Diabetes mellitus, vor allem der des Diabetes mellitus Typ 1.[3,5] Während
die traditionelle BG-Bestimmung mehrere Hautpunktionen am Tag nach sich zieht, müssen
CGM-Sensoren abhängig vom verwendeten Modell seltener ausgetauscht werden. Im
Wesentlichen werden zwei Arten von Systemen unterschieden, minimal-invasive
Nadelsensoren und implantierte Sensoren. Nadelsensoren können, je nach Modell,
zwischen sechs und 14 Tage getragen werden, wohingegen implantierte Sensoren bis zu
180 Tage lang getragen werden können.

                                                                                          1
Einleitung

CGM kann durch verschiedene technologische Ansätze realisiert werden. Allen aktuell im
Handel verfügbaren CGM-Systemen mit Nadelsensoren ist gemein, dass die
Glucosekonzentration elektrochemisch im subkutanen Fettgewebe ermittelt wird. Durch die
chemische Reaktion von Glucose mit einem geeigneten Enzym, in der Regel
Glucoseoxidase, entsteht ein Stromfluss, der gemessen wird.[6] Bei dem derzeit einzigen
subkutan implantierten CGM-Sensor erfolgt die Glucosekonzentrationmessung auf einem
fluoreszenten, Boronsäure-basierten Polymer.[7]
Der Sensorfaden von Nadelsensoren wird durch Hautpunktion so platziert, dass sein
Enzym-beschichtetes Ende im subkutanen Fettgewebe liegt, während das andere Ende
oberhalb der Haut mit einem Gerät verbunden wird, das den gemessenen Stromfluss bzw.
die daraus errechnete Glucosekonzentration speichert oder über drahtlose Kommunikation
an ein passendes Endgerät übermittelt. Implantierte Sensoren werden, wie der Name
vermuten lässt, während eines ambulanten, chirurgischen Eingriffs im subkutanen
Fettgewebe implantiert. Die Übertragung der Messwerte erfolgt hier drahtlos an ein auf der
Haut aufgeklebtes Gerät, das wiederum die Werte speichert oder drahtlos an ein Endgerät
übermittelt.
In der Regel unterscheidet sich die von solchen CGM-Systemen ermittelte
Glucosekonzentration von derjenigen, die der Anwender bei Verwendung eines BGMS
erhalten würde. Einerseits kann sich je nach Stoffwechsellage die Glucosekonzentration in
der interstitiellen Flüssigkeit von der im Kapillarblut unterscheiden.[8,9] Andererseits
benötigt die Glucose in der interstitiellen Flüssigkeit Zeit, um durch die aus Gründen der
Biokompatibilität eingesetzten Sensormembranen zur Enzym-beschichteten Elektrode zu
diffundieren. Zu guter Letzt erfolgt typischerweise eine elektronische Signalentrauschung
und ggf. eine weitere Signalbearbeitung, bevor dem Anwender ein Messwert angezeigt
wird.[6]
Die „Übersetzung“ des an der Enzym-beschichteten Elektrode entstehenden Stromflusses
in eine Glucosekonzentration, „Kalibration“ genannt, erfolgt bei den meisten CGM-
Systemen durch den Anwender während der CGM-Nutzung. Allerdings gibt es auch
Modelle, deren Glucosesensoren während der Produktion kalibriert („werkskalibriert“)
werden. Derzeit gibt es nur ein CGM-System, das werkskalibriert ist, aber zusätzlich die
Option der Anwender-Kalibration bietet. Die Anwender-Kalibration erfolgt meist anhand von
Glucosekonzentrationsbestimmungen aus Kapillarblut, die mithilfe eines BGMS zur
Eigenanwendung durchgeführt wird.
1.3.   Anwendung des kontinuierlichen Glucosemonitorings in der Diabetestherapie
Die Zuverlässigkeit von CGM-Systemen und ihr Nutzen in der Diabetestherapie hängen
wesentlich von der analytischen Leistungsfähigkeit der Systeme ab. Sinnvolle
therapeutische Entscheidungen können nur auf Basis möglichst zutreffender Informationen
über die aktuelle Glucosekonzentration getroffen werden. Die analytische
Leistungsfähigkeit der CGM-Systeme wird seit kurzem als ausreichend für die Führung der
Diabetestherapie angesehen, sodass manche CGM-Systeme mit nur wenigen
Einschränkungen als Ersatz für die BG-Messung eingesetzt werden können. Dennoch ist
zu berücksichtigen, dass es qualitative Unterschiede zwischen verschiedenen CGM-
Systemen gibt, und dass sich auch verschiedene Sensoren desselben Systems in ihrer
Leistungsfähigkeit voneinander unterscheiden können.
Da in verschiedenen Expertenleitlinien jedoch feste Grenzen zwischen ausreichender bzw.
nicht-ausreichender Therapiequalität gezogen werden, ist die Kenntnis dieser qualitativen

                                                                                        2
Einleitung

Unterschiede bei der Beurteilung der Güte der Diabetestherapie individueller
Diabetespatienten von Bedeutung. Zuletzt wurde im Jahr 2017 von Danne et al. ein
internationaler Konsens über die Nutzung von CGM in der Diabetestherapie
veröffentlicht,[10] der auch einen Abschnitt über Schlüsselparameter in der Analyse von
Daten, die von einem CGM-System geliefert werden, enthält. Eine Folgepublikation aus
dem Jahr 2019 empfiehlt klinisch relevante Ziele, die bei diesen Schlüsselparametern
erzielt werden sollen.[11] Beide Konsenspublikationen enthalten allerdings keine
spezifischen Angaben darüber, welche analytische Leistungsfähigkeit das eingesetzte
CGM-System haben muss. Dennoch liegt ein möglicher Einfluss der analytischen
Leistungsfähigkeit auf die Verwertbarkeit der aus den CGM-Daten ermittelten Parameter
nahe.
Für den Einsatz in der Diabetestherapie wird zudem die Nutzung der Trendanzeige von
CGM-Systemen empfohlen.[12-15] Trendanzeigen basieren auf den Änderungsraten der
zuletzt aufgezeichneten Glucosekonzentrationen und werden von manchen Herstellern
damit beworben, dass sie anzeigen, wie stark und in welche Richtung sich die
Glucosekonzentration ändern wird.[16,17] Die Trendanzeigen können anhand der
Bedienungsanleitungen der CGM-Systeme in Änderungsraten der Glucosekonzentration
bzw. Änderungen in der Glucosekonzentration über bestimmte Zeithorizonte umgerechnet
werden. Da die Trendanzeigen allerdings nur zuvor aufgezeichnete Werte berücksichtigen
können, stellt sich die Frage nach der Übereinstimmung der durch die Trendanzeige
erwarteten Änderung der Glucosekonzentration und der im weiteren Verlauf tatsächlich
durch das CGM-System ermittelten.
Ein weiterer, wesentlicher Punkt in der Nutzung von CGM-Systemen bzw. deren Akzeptanz
durch die Anwender sind Echtzeitalarme. Echtzeitalarme weisen beispielsweise durch
Tonsignale und/oder Vibration des Anzeigegeräts auf akut zu hohe oder zu niedrige
Glucosekonzentrationen hin. Durch die Nutzung solcher Alarme kann die Qualität der
Diabetestherapie verbessert werden.[18] Wenn solche Alarme allerdings zu häufig falsch
sind, kann eine „Alarmermüdung“ einsetzen, wodurch Alarme oder sogar CGM-Systeme an
sich seltener genutzt werden.[19-21]
Neben der analytischen Leistungsfähigkeit spielen auch die Interpretation der
Messergebnisse und eine angemessene Handhabung der Systeme eine wesentliche Rolle
für den Nutzen von CGM-Systemen in der Diabetestherapie. Beide Punkte werden, sofern
das CGM-System ärztlich verordnet ist, üblicherweise durch Fachkräfte, wie
Diabetesberater, geschult. CGM-Systeme sind allerdings frei im Handel verfügbar, sodass
Anwender nicht zwingend im Umgang geschult werden. Die Interpretation der
Messergebnisse befasst sich u. a. mit dem deutlich größeren Umfang an Daten als bei der
traditionellen BG-Messung und dem Umgang mit diesen Daten, oder auch mit der
Beurteilung von möglichen Mustern im Glucosekonzentrationsverlauf. Die Handhabung der
CGM-Systeme dagegen deckt u. a. die Sicherstellung der drahtlosen Kommunikation
zwischen Anzeigegerät und CGM-Sensor oder die Kalibration ab.
Bei manuell kalibrierten Systemen ist die Kalibration eine wesentliche potentielle
Fehlerquelle bei der Handhabung des Systems. Zum Erhalt eines Kalibrationsmesswerts
muss bei den meisten CGM-Systemen nach Herstellervorgaben eine BG-Bestimmung im
Kapillarblut durchgeführt werden. Die Güte des dabei verwendeten BGMS hat eine
Auswirkung auf die Zuverlässigkeit der Messergebnisse des CGM-Systems.[22] Auch
Verschmutzung der Finger, Umgebungstemperatur und endogene wie exogene
Substanzen können die BG-Bestimmung beeinflussen.[23] Eine weitere potentielle

                                                                                     3
Einleitung

Fehlerquelle ist der manuelle Eintrag des BG-Messwerts im CGM-System. Da sich die
Glucosekonzentration im Blut bzw. in der Gewebsflüssigkeit physiologisch bedingt ändert,
und aufgrund physiologischer Prozesse Änderungen nicht gleich schnell ablaufen, sind die
momentane Änderungsrate der Glucosekonzentration und die Dauer zwischen der BG-
Bestimmung und der Kalibration weitere Einflussgrößen. Bei werkskalibrierten Systemen
ohne optionale Kalibration durch Anwender sind diese Fehlerquellen nicht relevant, da ein
entsprechender Eingriff in das System nicht möglich ist. Die Häufigkeit dieser Fehler ist in
der Literatur nicht ausreichend beschrieben.
1.4.   Fragestellungen
Die internationalen Empfehlungen zur Anwendung der kontinuierlichen Glucosemessung
deuten auf ein augenscheinlich großes Vertrauen in CGM-Systeme oder ein mangelndes
Bewusstsein für ihre technologischen Limitationen hin. Daher wurde in der dargestellten
Studie die analytische Leistungsfähigkeit zweier CGM-Systeme untersucht. Des Weiteren
wurde der Einfluss der Leistungsfähigkeit auf die CGM-Schlüsselparameter mittlere
Glucosekonzentration,      glykämische      Variabilität, Zeit   in     verschiedenen
Glucosekonzentrationsbereichen und Glucose Management Indicator (als Ersatz für den
geschätzten HbA1c), auf die Vorhersagequalität von Trendanzeigen und die
Zuverlässigkeit von Echtzeitalarmen beurteilt. Zudem wurde die Güte der manuellen
Kalibration eines der beiden CGM-Systeme bewertet, da diese einen Einfluss auf die
Leistungsfähigkeit des CGM-Systems haben kann.

                                                                                          4
Material und Methoden

2. Material und Methoden
2.1.   Ethische und regulatorische Vorgaben
Die für diese Untersuchung der analytischen Leistungsfähigkeit zweier CGM-Systeme
durchgeführte klinische Studie trug den Titel „Vergleich eines Systems zur kontinuierlichen
Glukosemessung (CGM) mit einem Flash Gewebe Glukose Monitoring System“. Der Begriff
„Flash Gewebe Glukose Monitoring“ wurde von einem Medizinproduktehersteller für sein
Produkt eingeführt. Das „Flash Gewebe Glukose Monitoring“ wird inzwischen aber als eine
der verschiedenen Formen des CGM angesehen. Im Folgenden ist der allgemeine Begriff
„CGM“ daher so aufzufassen, dass er auch diese Art von System einschließt.
Es handelte sich um eine monozentrische, offene, einarmige Studie, die unter
Berücksichtigung der Deklaration von Helsinki zu „Ethischen Grundsätzen für die
medizinische Forschung am Menschen“ in der Revision von Fortaleza, Brasilien (2013)
durchgeführt wurde. Die Studie wurde in Übereinstimmung mit dem Studienprotokoll,
internen Standardarbeitsanweisungen, ISO 14155 und der nationalen Gesetzgebung am
Institut für Diabetes-Technologie, Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH an der
Universität Ulm durchgeführt. Diese Prüfer-initiierte Studie wurde finanziell durch Roche
Diabetes Care Deutschland GmbH, Mannheim, unterstützt. Die Roche Diabetes Care
Deutschland GmbH hatte weder auf das Design und die Auswertung der ursprünglichen
Studie noch auf die weiteren, hier beschriebenen Analysen einen Einfluss.
Das Studienprotokoll wurde dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) und der zuständigen Ethikkommission bei der Landesärztekammer Baden-
Württemberg, Stuttgart, über das Einreichungsportal des Deutschen Instituts für
Medizinische Dokumentation und Information bereitgestellt, Antragsnummern 00010118
(BfArM) und 00010120 (Ethikkommission).
Die Ethikkommission genehmigte das Studienprotokoll vor der Studiendurchführung
(Votum vom 23. Februar 2016, Az. MP-2015-014). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte befreite die Studie von der Genehmigungspflicht (Bescheid vom 18.
Januar 2016, Geschäftszeichen 94.1.11 – 5660 – 10118).
Es gab zwei Änderungsanzeigen, die jedoch auch genehmigt wurden (Voten vom 23. März
2016 und 26. April 2017) bzw. durch die die Befreiung von der Genehmigungspflicht nicht
berührt wurde (Bescheide vom 05. April 2016 und 19. April 2017).
Die Studie wurde im Deutschen Register Klinischer Studien (DRKS), einem von der WHO
anerkannten Primärregister klinischer Studien, registriert (Registrierungsnummer:
DRKS00011920). Die im Studienprotokoll definierten Studienziele wurden bereits
publiziert.[24]
Potentielle Studienteilnehmer1 wurden anhand der Probandendatenbank des
Studienzentrums identifiziert. Alle potentiellen Studienteilnehmer, die zur Voruntersuchung
eingeladen wurden, wurden über die Ziele der Studie sowie mögliche Nutzen und Risiken
aufgeklärt. Die Voruntersuchung wurde erst nach Erhalt der vom jeweiligen Teilnehmer
unterschriebenen schriftlichen Einwilligungserklärung begonnen.

1In dieser Arbeit wird über eine Studie berichtet, an der Männer und Frauen teilnahmen. Unabhängig
vom Geschlecht der teilnehmenden Personen wird dabei die männliche Form, z. B. „Teilnehmer“
verwendet.
                                                                                                5
Material und Methoden

2.2.    Prüfprodukte
Die Studie befasste sich mit der Messgenauigkeit zweier CGM-Systeme, die für den Ersatz
von BGMS vorgesehen sind: Dexcom G5 („G5“), hergestellt durch Dexcom Inc., San Diego,
USA, und FreeStyle Libre („FL“), hergestellt durch Abbott Diabetes Care, Alameda, USA.
Die Prüfprodukte waren CE-gekennzeichnet und wurden innerhalb ihrer Zweckbestimmung
eingesetzt. Die Studienteilnehmer wurden aufgefordert, auf die Einnahme von möglichen
Störsubstanzen (Paracetamol, Ascorbinsäure und Salicylsäure) zu verzichten.
Nach der Applikation der Systeme an den Studienteilnehmern und dem damit verbundenen
Einführen der Sensornadeln in das subkutane Fettgewebe erhielten die Studienteilnehmer
Zugang zu kontinuierlich gemessenen Glucosekonzentrationen. Das FL-System zeigte
aktuelle Gewebeglucosewerte nur an, wenn das Lesegerät nah genug an den Sensor
herangeführt wurde („Scan“). Zudem speicherte es kontinuierlich alle 15 Minuten einen
Gewebeglucosewert ab. Das G5-System zeigte dagegen automatisch alle 5 Minuten einen
neuen Wert am Anzeigegerät an. Diese Werte wurden auch im Speicher abgelegt.
Zusätzlich zeigten beide Systeme Glucosekonzentrationsverläufe der letzten Stunden und
eine Trendanzeige für die momentane Änderungsrate der Glucosekonzentration an.
2.3.    Weitere (Medizin-)Produkte
Ein BGMS (FreeStyle Freedom Lite, Abbott Diabetes Care) diente als primäres
Vergleichssystem,   da   der   Einsatz    der  untersuchten    CGM-Systeme        die
Blutzuckerselbstmessung ersetzen soll. Die Messgenauigkeit der in der Studie
eingesetzten Reagenzchargen dieses BGMS wurden im Vorfeld in Anlehnung an DIN EN
ISO 15197:2015 untersucht und zeigten eine hohe analytische Messqualität.[24] Die mit
dem BGMS erhaltenen Messergebnisse dienten auch als Grundlage für therapeutische
Entscheidungen.
2.4.    Ein- und Ausschlusskriterien
2.4.1. Einschlusskriterien
▪ Menschen mit Typ-1-Diabetes gemäß Definition der Weltgesundheitsorganisation bzw.
    der American Diabetes Association, die zum Zeitpunkt der Studiendurchführung eine
    intensivierte Insulintherapie oder Insulinpumpentherapie führten
▪   Alter ≥ 18 Jahre
▪   Falls Alter > 45 Jahre: tiefgreifende Anamnese, insbesondere mit Betrachtung von
    Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen (s. u.)
▪   Unterschriebene und datierte Einverständniserklärung
▪   Klinisch-chemische Parameter (AST/GOT, ALT/GPT, GGT, Kreatinin, Harnstoff,
    Harnsäure, Natrium, Kalium, Kalzium), Hämatologie-Parameter (Hämatokrit,
    Hämoglobin, Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten) und Gerinnungsparameter (INR,
    PTT) im Referenzbereich oder nach Einschätzung des Prüfarztes nicht signifikant
    abweichend in Bezug auf die Sicherheit des Studienteilnehmers, das Studienziel oder
    die Studienprozeduren

                                                                                     6
Material und Methoden

2.4.2. Ausschlusskriterien
▪ Alter >65 Jahre
▪ Falls Alter > 45 Jahre: Menschen mit mehr als drei Risikofaktoren für kardiovaskuläre
    Erkrankungen (s. u.)
▪   Schwere akute oder chronische Erkrankung außer Diabetes mellitus oder Anamnese,
    die nach Einschätzung des Prüfarztes die Studienergebnisse beeinflussen oder ein
    zusätzliches Risiko des Studienteilnehmers bei der Nutzung der Medizinprodukte hätte
    bedeuten können:
    ▪ Onkologische Erkrankung in den letzten 6 Monaten, die chirurgisch, radiologisch oder
       mittels Chemotherapie behandelt wurde.
    ▪ Akuter Myokardinfarkt oder apoplektischer Insult während der letzten 6 Monate
    ▪ Gefäßchirurgischer Eingriff in den letzten 6 Monaten
    ▪ Schwere Leberfunktionsstörung (GGT oder AST/GOT > fünffacher Wert des oberen
       Endes des Referenzbereichs)
    ▪ Schwere Nierenfunktionsstörung (eGFR gemäß CKD-EPI-Formel
Material und Methoden

Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen, die bei Menschen mit einem Alter von
über 45 Jahren zum Ausschluss aus der Studie führten, wenn mehr als drei von ihnen
vorlagen:
▪ Alter > 45 Jahre
▪ Diabetes mellitus
▪ Weitere Risikofaktoren wie Rauchen, behandelte arterielle Hypertonie oder systolischer
   Blutdruck > 140 mmHg oder diastolischer Blutdruck > 90 mmHg, Hyperlipidämie
   (erhöhtes Gesamtcholesterin, erhöhtes LDL-Cholesterin), HbA1c > 8,5 %
Potentielle Studienteilnehmer, die zur Voruntersuchung nicht nüchtern erschienen, und
deren Blutfettwerte in der Voruntersuchung erhöht waren, konnten trotzdem in die Studie
eingeschlossen werden, sofern sie einen nicht mehr als 6 Monate alten Laborbefund von
ihrem Hausarzt oder Diabetologen vorlegten, in dem die Blutfettwerte im Referenzbereich
lagen.
2.5.   Studienabläufe
An dieser Untersuchung nahmen zwischen März 2016 und Oktober 2016 insgesamt 20
Erwachsene mit Diabetes mellitus Typ 1 teil. Um in die Studie eingeschlossen werden zu
können, musste sowohl eine vom Teilnehmer unterschriebene schriftliche
Einwilligungserklärung vorliegen, als auch alle Einschlusskriterien und keines der
Ausschlusskriterien erfüllt werden. Nach dem Einschluss in die Studie trug jeder Teilnehmer
14 Tage lang jeweils zwei Sensoren der beiden CGM-Systeme parallel, wodurch sich je
Proband 4 Sensorexperimente ergaben. Die Anlage der Sensoren an den
Studienteilnehmern erfolgte durch Studienpersonal. Zu Beginn ihrer jeweiligen
Studienteilnahme wurden die Studienteilnehmer im Umgang mit den CGM-Systemen und
dem studienspezifischen BGMS geschult.
Die Studienteilnehmer verbrachten während der Untersuchung dreimal ungefähr 48
Stunden im Studienzentrum (Institut für Diabetes-Technologie Forschungs- und
Entwicklungsgesellschaft mbH an der Universität Ulm, Ulm, Deutschland). Diese Besuche
im Studienzentrum waren in Anlehnung an die Leitlinie POCT05-A[25] des US-
amerikanischen Clinical and Laboratory Standards Institute an den Beginn, etwa in die Mitte
und an das Ende der 14-tägigen Studiendauer gelegt worden. Zwischen diesen drei
Besuchen im Studienzentrum verbrachten die Studienteilnehmer ungefähr 72 bzw.
ungefähr 120 Stunden außerhalb des Studienzentrums („Zuhausephasen“). Eine
schematische Darstellung der Studienabläufe ist in Abbildung 1 dargestellt.
Die Sensoranlage erfolgte während des ersten Besuchs im Studienzentrum (Tag 0,
nachmittags). Am darauffolgenden Tag (Tag 1) wurden Auslenkungen der
Glucosekonzentration induziert, indem die Studienteilnehmer um 8:00 Uhr ein Frühstück,
das reich an schnell resorbierten Kohlenhydraten war, verzehrten, für das ein verzögerter
(bis zu 30 min) und erhöhter (bis zu 30 %) Insulinbolus abgegeben wurde. Die
Auslenkungen erfolgten unter Aufsicht eines Prüfarztes. Die Beobachtungsphase für diese
Auslenkungen begann um 7:45 Uhr und endete mit dem Mittagessen um 13:00 Uhr. An
Tag 2 verließen die Studienteilnehmer das Studienzentrum. Der zweite Besuch im
Studienzentrum fand an Tag 5 bis Tag 7 statt, und beinhaltete an Tag 6 wiederum eine
Auslenkungsphase. Zudem wurden an Tag 7 die G5-Sensoren ausgetauscht, da dieses
CGM-System nur für eine Tragedauer von 7 Tagen vorgesehen war. Der dritte Besuch im
Studienzentrum fand von Tag 12 bis Tag 14 statt. Während der Besuche im
Studienzentrum wurden tagsüber zwischen 6:00 Uhr und 24:00 Uhr mindestens stündlich

                                                                                         8
Material und Methoden

BG-Bestimmungen durchgeführt, dazu einmal um 3:00 Uhr nachts. Während der
Auslenkungsphasen erfolgten BG-Bestimmungen alle 15 Minuten, um die
Glucoseauslenkungen besser nachverfolgen zu können.[25] An Tag 14 wurden die
Sensoren der CGM-Systeme durch ärztliches Personal entfernt und die Applikationsstellen
visuell untersucht. Spätestens 14 Tage später erfolgte ein Telefonanruf zur
Nachbeobachtung, bei dem unerwünschte Ereignisse nachverfolgt bzw. aufgenommen
wurden.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Studienabläufe (übersetzt aus Freckmann et al. [24], Seite
             543, lizenziert unter CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0))

Außerhalb der Besuche im Studienzentrum folgten die Studienteilnehmer ihrem üblichen
Tagesablauf. Es gab keine Einschränkungen bezüglich ihres Essverhaltens oder
körperlicher Aktivitäten. Die Studienteilnehmer wurden aufgefordert, außerhalb der
Besuche im Studienzentrum im Rahmen ihrer üblichen Diabetestherapie mindestens
fünfmal täglich BG-Bestimmungen durchzuführen.
Das G5-System musste spätestens alle 12 Stunden manuell durch den Anwender kalibriert
werden, dabei wurde ein Messwert mit dem studienspezifischen BGMS erhoben. Das FL-
System war werkskalibriert und konnte daher nicht manuell kalibriert werden. Die
Kalibration des G5-Systems wurde während der Aufenthalte im Studienzentrum durch
Studienpersonal überwacht.
Für die Therapieführung wurden in der Studie Messergebnisse des studienspezifischen
BGMS verwendet. Um die Zuverlässigkeit der erhaltenen BG-Messergebnisse weiter zu
erhöhen, wurden Doppelbestimmungen durchgeführt. Der jeweils zweite Wert durfte vom
jeweils ersten Wert höchstens 10 mg/dl oder 10 % (bei BG
Material und Methoden

Tagebuchdaten plausibilisiert und dienten als Basis für die im weiteren Verlauf
beschriebenen Datenanalysen.
2.6.   Endpunkte
2.6.1. Endpunkt 1: Unterschiede in CGM-Schlüsselparametern abhängig vom
       eingesetzten CGM-System
In einer internationalen Konsenspublikation von Danne et al. über die Nutzung von CGM in
der Diabetestherapie wurde eine Reihe von Schlüsselparametern beschrieben,[10] die sich
aus CGM-Daten ermitteln lassen, und die zur Bewertung der Therapiegüte verwendet
werden sollen. Wie bereits beschrieben, wurde in dieser Konsenspublikation, ebenso wie
in der Folgepublikation über klinische Ziele bei diesen Parametern,[11] die analytische
Messqualität der eingesetzten CGM-System außer Acht gelassen.
Da die Studienteilnehmer jeweils zwei Sensoren zweier CGM-Systeme parallel trugen, die
für den Ersatz der Blutzuckerkontrolle vorgesehen sind, wurden diese Parameter für jedes
einzelne Sensorexperiment jedes Studienteilnehmers separat berechnet und bewertet. Bei
idealen CGM-Systemen wäre davon auszugehen, dass sich für die Parameter aller
Sensorexperimente eines bestimmten Studienteilnehmers identische Ergebnisse ergeben,
da dieser Studienteilnehmer nur einen (unbekannten) „wahren“ Glucosekonzentrations-
verlauf hatte. Abweichungen innerhalb eines Studienteilnehmers sind daher in erster Linie
auf die analytische Leistungsfähigkeit der CGM-Systeme zurückzuführen, auch wenn
physiologische Einflüsse aufgrund unterschiedlicher Applikationsstellen nicht
ausgeschlossen werden können. Je nach Ausmaß dieser Abweichungen könnte die
Bewertung der Güte der Diabetestherapie nach internationalem Konsens demnach zu
unterschiedlichen Ergebnissen führen, obwohl die vier Sensoren eines Studienteilnehmers
denselben Glucosekonzentrationsverlauf hätten abbilden sollen.
Durch Berechnung der CGM-Schlüsselparameter für jedes einzelne Sensorexperiment und
den Vergleich der Ergebnisse zwischen verschiedenen Sensoren, die die
Studienteilnehmer trugen, soll die Auswirkung des verwendeten CGM-Systems auf die
Schlüsselparameter untersucht werden.
2.6.2. Endpunkt 2: Güte manueller Kalibrationen bei Menschen mit Diabetes mellitus
       Typ 1
Die manuelle Kalibration von CGM-Systemen birgt mehrere potentielle Fehlerquellen:
Laut Herstellerinformation[16] des verwendeten G5-Systems musste das System
spätestens alle 12 Stunden kalibriert werden, um zuverlässige Messwerte anzeigen zu
können.
Zudem musste laut Herstellerinformation der zur Kalibration verwendete BG-Messwert
innerhalb von höchstens fünf Minuten nach der Bestimmung als Kalibrationswert in das
CGM-System eingetragen werden.
Um das CGM-System zu kalibrieren, musste ein BG-Messwert von Hand eingetragen
werden. Dabei konnte der Anwender allerdings keine Ziffern direkt eingeben. Stattdessen
mussten zwei Tasten zur Änderung des angezeigten Kalibrationsglucosewerts in Schritten
von ±1 mg/dl verwendet werden (eine Taste zur Erhöhung, eine zur Verringerung des
angezeigten Werts).

                                                                                      10
Material und Methoden

Zuletzt durfte sich die Glucosekonzentration zum Kalibrationszeitpunkt nicht zu stark
ändern. Laut Hersteller sollten Kalibrationen nicht durchgeführt werden, wenn sich die vom
System angezeigte Glucosekonzentration schneller als ±2 mg/(dl · min) änderte.
Anhand der mit dem G5-System gewonnen Daten soll beurteilt werden, wie fehleranfällig
die manuelle Kalibration dieses CGM-Systems bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ist, die im
Umgang mit diesem CGM-System geschult sind.
2.6.3. Endpunkt 3: Vorhersagequalität von CGM-Trendanzeigen
CGM-System können die dargestellten Trendanzeigen nur anhand zuvor aufgezeichneter
Messwerte bestimmen. Dennoch werden diesen Trendanzeigen durch die Hersteller auch
Vorhersagequalitäten zugeschrieben. Beispielsweise warben die Hersteller der beiden
eingesetzten CGM-Systeme zum Zeitpunkt der Untersuchung damit, dass ihre CGM-
Systeme auch aussagen können, wohin sich die Gewebeglucosekonzentration bewegen
werde.[16,17]
Durch einen Vergleich der manuell erfassten Trendanzeigeinformationen mit den
tatsächlich vom jeweiligen System aufgezeichneten CGM-Messwerten soll die
Vorhersagequalität von CGM-Trendanzeigen beurteilt werden.
2.6.4. Endpunkt 4: Übereinstimmung von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und
       niedrigen bzw. hohen CGM-Messwerten
Die Akzeptanz von CGM-Systemen wird, wie bereits beschrieben, auch durch die
Zuverlässigkeit von Echtzeitalarmen beeinflusst. Aufgrund der parallelen Nutzung mehrerer
CGM-Sensoren und des damit verbundenen erhöhten Risikos von störenden Fehlalarmen
wurde die Alarmfunktion des G5-Systems in der Studie soweit wie möglich ausgeschaltet;
lediglich ein nicht-abschaltbarer Alarm bei CGM-Messwerten von ≤55 mg/dl wurde genutzt.
Das FL-System besaß keine Alarmfunktion.
Die Zuverlässigkeit der G5-Alarme kann dennoch abgeschätzt werden, indem die
Übereinstimmung von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und niedrigen bzw. hohen
CGM-Messwerten ermittelt wird.
2.7.   Datenanalyse
Die Datenanalysen erfolgten primär anhand deskriptiver Statistiken, d. h. Mittelwert,
Standardabweichung, Minimum, Maximum, Quantile, Häufigkeiten und Häufigkeitsraten.
Sofern nicht explizit abweichend beschrieben, handelt es sich bei Ergebnissen, die in der
Form x ± y angegeben werden, um Mittelwerte ± Standardabweichungen.
Alle Glucosekonzentrationen werden in mg/dl angegeben, da dies die Maßeinheit war, in
der die CGM-Systeme und das BGMS Werte anzeigten.
Fehlende Werte wurden in dieser Studie nicht ersetzt.
2.7.1. Endpunkt 1: Unterschiede in CGM-Schlüsselparametern abhängig vom
       eingesetzten CGM-System
Anhand der Konsenspublikation von Danne et al.[10] wurden die folgenden CGM-
Schlüsselparameter für jedes Sensorexperiment separat berechnet. Ein Sensorexperiment
wurde dabei definiert als Daten jeweils zweier nacheinander an derselben Körperhälfte
(links bzw. rechts) getragener Dexcom-G5-Sensoren, bzw. eines FreeStyle-Libre-Sensors.

                                                                                       11
Material und Methoden

Mittlere Glucosekonzentration: Mittelwert aus allen gespeicherten Messwerten (in mg/dl)
Glykämische Variabilität: Standardabweichung (in mg/dl) und Variationskoeffizient (VK,
     in %; Standardabweichung geteilt durch Mittelwert multipliziert mit 100) aus allen
     gespeicherten Messwerten
Zeit   innerhalb verschiedener Glucosekonzentrationsbereiche: Prozentualer Anteil,
       berechnet als Anzahl der gespeicherten Messwerte innerhalb des jeweiligen
       Glucosekonzentrationsbereichs geteilt durch die Gesamtzahl der gespeicherten
       Messwerte, sowie Dauer in Minuten pro Tag, errechnet durch Multiplikation des
       prozentualen Anteils mit 1440 (60 min/h × 24 h). Die folgenden Bereiche wurden
       anhand einer Konsenspublikation von Battelino et al.[11] für nichtschwangere
       Menschen mit Diabetes festgelegt: Zeit bei 250).

Glucose Management Indicator: Die Konsenspublikation von Danne et al.[10] schlägt die
     Berechnung des geschätzten Anteils glykierten Hämoglobins (HbA1c) anhand
     veröffentlichter Umrechnungsformeln vor. Diese Berechnung wurde nicht
     durchgeführt, stattdessen wurde der sogenannte „Glucose Management Indicator“
     (GMI) berechnet, der von derselben Arbeitsgruppe entwickelt wurde wie der
     geschätzte HbA1c. Laut seinen Entwicklern stellt der GMI eine Weiterentwicklung des
     geschätzten HbA1c dar,[26] da beispielsweise aktuellere Studiendaten für die
     Umrechnung der mittleren Glucosekonzentration in den GMI herangezogen werden.
     Der Begriff „geschätzter HbA1c“ wird von den Entwicklern aufgrund von
     Verwechslungsgefahr mit dem im Blut gemessenen HbA1c nicht weiterverwendet.
Die internationale Konsenspublikation sieht dabei vor, dass über einen mindestens 14-
tägigen Zeitraum mindestens 70 % bis 80 % der möglichen CGM-Daten erhoben werden
sollen.[11] Aufgrund der Dauer der Sensorexperimente von bis zu 14 Tagen wurden
Sensorexperimente, bei denen weniger als 80 % der möglichen Daten gespeichert wurden,
aus dieser Auswertung ausgeschlossen.
Die für die einzelnen Sensorexperimente erhaltenen Ergebnisse für die CGM-Parameter
wurden nach Sensormodell und Körperhälfte getrennt zusammengefasst. Zudem wurden
paarweise Differenzen zwischen den Ergebnissen der beiden Sensoren des gleichen CGM-
Systems im gleichen Studienteilnehmer sowie paarweise Differenzen zwischen den
Ergebnissen je zweier Sensoren unterschiedlicher CGM-Systeme berechnet.
Die Bewertung der Auswirkung des verwendeten CGM-Systems auf CGM-
Schlüsselparameter erfolgt primär über deskriptive Statistiken (Median, Quartile, Minimum
und Maximum). Die glykämische Variabilität wurde anhand der internationalen
Konsenspublikation in „stabile“ (VK
Material und Methoden

auf die TbR
Material und Methoden

Um den potentiell fehlerhaften Übertrag des BG-Messwerts in das CGM-System zu
untersuchen, wurden die heruntergeladenen BG-Messwerte mit den zur Kalibration
eingetragenen Werten verglichen. Jede Abweichung wurde dabei als fehlerhafte Kalibration
kategorisiert. Zudem wurde die Häufigkeitsverteilung der Differenz zwischen BG-Messwert
und Kalibrationswert berechnet.
Da die vom CGM-System angezeigte Änderungsrate der Glucosekonzentration retrospektiv
nicht mehr ermittelbar war, wurde anhand der vom System gespeicherten Messwerte
abgeschätzt, ob die wahrscheinlich vom System angezeigte Änderungsrate zu hoch war.
Dabei wurde die Änderungsrate innerhalb der letzten 15 Minuten und innerhalb der letzten
5 Minuten errechnet. Nur wenn beide berechneten Änderungsraten größer als die nach
Herstellerinformationen zulässige Änderungsrate (±2 mg/(dl · min)) waren, wurde die
wahrscheinlich vom System angezeigte Änderungsrate als ungeeignet und die Kalibration
damit als fehlerhaft kategorisiert. Wenn vor der Kalibration keine Messwerte angezeigt
wurden, war die Überprüfung der Änderungsrate der Glucosekonzentration nicht möglich.
Jede dieser potentiellen Fehlerquellen wurde einzeln untersucht. Da mehrere
Anwenderfehler gleichzeitig auftreten könnten, wurde zudem bestimmt, wie viele
Kalibrationen insgesamt fehlerhaft durchgeführt wurden.
2.7.3. Endpunkt 3: Vorhersagequalität von Trendanzeigen
Die für die CGM-Systeme erfassten Trendanzeigen können anhand von Informationen in
der Bedienungsanleitung in Änderungsraten der Glucosekonzentration umgerechnet
werden (vgl. Tabelle 1). Die Übereinstimmung der durch Trendanzeige suggerierten
Änderungsrate der Glucosekonzentration und der rechnerisch aus den CGM-Messwerten
ermittelten Änderungsrate der Glucosekonzentration wurde bestimmt.
Eine Schwierigkeit bei der Beantwortung dieser Fragestellung war, dass die von den CGM-
Systemen gespeicherten Messwerte nicht immer zur selben Zeit im System gespeichert
wurden, zu der auch die Trendanzeige manuell erfasst wurde. Aus diesem Grund wurden
die kontinuierlich gespeicherten CGM-Messwerte linear interpoliert, um minütliche CGM-
Messwerte zu erhalten.

                                                                                     14
Material und Methoden
Tabelle 1: Definition der Trendanzeigen für G5 und FL laut Herstellerinformationen.
           Die Angaben wurden zitiert aus den Gebrauchsanweisungen, die mit den in der Studie eingesetzten
           CGM-Systemen geliefert wurden: LBL013328 Rev 001 MT23418 für G5 bzw. ART28687-102 Rev.
           A 04/14 für FL. G5: Dexcom G5, FL: FreeStyle Libre, n. a.: nicht anwendbar, da FL keine
           Doppelpfeile anzeigt.

                                     Zugehörige Änderungsrate der Glucosekonzentration

    Trend-
                                      G5                                               FL
   anzeige

                Der Gewebeglucosewert steigt schnell um mehr
                   als 3 mg/dl pro Minute (oder um mehr als                           n. a.
                           45 mg/dl in 15 Minuten)

                  Der Gewebeglucosewert steigt langsam um
                                                                            Glucosewert steigt rasch
                  2-3 mg/dl pro Minute bzw. bis zu 45 mg/dl in
                                                                          (mehr als 2 mg/dL pro Minute)
                                  15 Minuten.

                  Der Gewebeglucosewert steigt langsam um
                                                                               Glucosewert steigt
                  1-2 mg/dl pro Minute oder bis zu 30 mg/dl in
                                                                       (zwischen 1 und 2 mg/dL pro Minute)
                                  15 Minuten.

                      Der Gewebeglucosewert ist stabil.
                                                                        Glucosewert ändert sich langsam
                  Er steigt/fällt nicht um mehr als 1 mg/dl pro
                                                                        (weniger als 1 mg/dL pro Minute)
                  Minute bzw. bis zu 15 mg/dl in 15 Minuten.

                  Der Gewebeglucosewert sinkt langsam um
                                                                                Glucosewert fällt
                  1-2 mg/dl pro Minute oder bis zu 30 mg/dl in
                                                                       (zwischen 1 und 2 mg/dL pro Minute)
                                  15 Minuten.

                   Der Gewebeglucosewert sinkt langsam um
                                                                             Glucosewert fällt rasch
                  2-3 mg/dl pro Minute bzw. bis zu 45 mg/dl in
                                                                          (mehr als 2 mg/dL pro Minute)
                                  15 Minuten.

                Der Gewebeglucosewert sinkt schnell um mehr
                  als 3 mg/dl pro Minute (oder um mehr als                            n. a.
                          45 mg/dl in 15 Minuten)

Anhand der interpolierten CGM-Messwerte zum Zeitpunkt der Trendanzeigenaufzeichnung
und 30 Minuten danach wurde die von CGM-System gemessene Änderungsrate der
Glucosekonzentration berechnet. Anschließend wurde ermittelt, welche Trendanzeige
notwendig gewesen wäre, um die rechnerisch ermittelte Änderungsrate abzubilden. Diese
nachträglich rechnerisch ermittelte Trendanzeige wurde mit der tatsächlich dargestellten
Trendanzeige verglichen (vgl. Abbildung 2). Der zeitliche Horizont von 30 Minuten wurde
gewählt, da manche CGM-Systeme eine sogenannte „Vorhersage-Alarmfunktion“
aufweisen, die einen Echtzeitalarm bis zu 30 Minuten vor einem voraussichtlich niedrigen
oder hohen CGM-Messwert ausgeben.
Die Häufigkeit jeder möglichen Kombination aus tatsächlich dargestellter und rechnerisch
ermittelter Trendanzeige wurde berechnet und in Form von Häufigkeitsverteilungen und
Kontingenztabellen dargestellt.

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Material und Methoden

Abbildung 2: Bestimmung der Vorhersagequalität von Trendanzeigen.
             Aus den CGM-Messwerten wurde eine Änderungsrate der Glucosekonzentration berechnet, die
             anhand Tabelle 1 in eine Trendanzeige umgerechnet wurde. CGM: Kontinuierliches
             Glucosemonitoring.

Diese Auswertung wurde einerseits für alle verfügbaren Trendanzeigen durchgeführt, und
zusätzlich getrennt nach Zeitpunkt der Trendanzeige. Da der Glucosekonzentrationsverlauf
bei therapeutischen Entscheidungen wie Kohlenhydratzufuhr und Insulingabe aktiv
beeinflusst wird, kann nicht mehr zwingend von einer Übereinstimmung der Trendanzeige
mit den im weiteren Verlauf aufgezeichneten Glucosekonzentrationen ausgegangen
werden. Dieser Umstand wird teilweise auch in Empfehlungen zur Nutzung von
Trendanzeigen berücksichtigt.[12-14] Aus diesem Grund wurden in einer weiteren
Auswertung die Trendanzeigen, die zwischen 30 Minuten vor und zwei Stunden nach
Kohlenhydratzufuhr aufgezeichnet wurden, separat von den anderen Trendanzeigen
untersucht, da der zugehörige Glucosekonzentrationsverlauf im 30-min-Zeithorizont von
der therapeutischen Entscheidung beeinflusst wurde.
Teile dieser Datenanalyse wurden bereits veröffentlicht.[29]
2.7.4. Endpunkt 4: Übereinstimmung von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und
       niedrigen bzw. hohen CGM-Messwerten
Auf Basis der heruntergeladenen BG- und CGM-Datensätze wurde die Übereinstimmung
von niedrigen bzw. hohen BG-Messwerten und niedrigen bzw. hohen CGM-Messwerten
wie folgt bestimmt.
Für jeden BG-Messwert, der unterhalb der Schwelle für niedrige BG-Messwerte lag, wurde
geprüft, ob innerhalb von ±15 min auch ein CGM-Messwert unterhalb der Schwelle für
niedrige CGM-Messwerte lag. War mindestens ein solcher CGM-Messwert vorhanden,
handelte es sich um einen „erkannten niedrigen BG-Messwert“. Der Quotient aus den

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Material und Methoden

erkannten niedrigen BG-Messwerten und allen BG-Messwerten unterhalb der Schwelle für
niedrige BG-Messwerte ergibt den „Anteil erkannter niedriger BG-Messwerte“.
Für jeden CGM-Messwert, der unterhalb der Schwelle für niedrige CGM-Messwerte lag,
wurde geprüft, ob innerhalb von ±15 min auch ein BG-Messwert unterhalb der Schwelle für
niedrige BG-Messwerte lag. War mindestens ein solcher BG-Messwert vorhanden,
handelte es sich um einen „bestätigten niedrigen CGM-Messwert“. Wären Echtzeitalarme
genutzt worden, würde es sich hierbei um einen bestätigten Echtzeitalarm für niedrige
Glucosekonzentrationen handeln. Der Quotient aus den bestätigten niedrigen CGM-
Messwerten und allen CGM-Messwerten unterhalb der Schwelle für niedrige BG-
Messwerte ergibt den „Anteil bestätigter niedriger CGM-Messwerte“.
Analog wurden „erkannte hohe BG-Messwerte“ und „bestätigte hohe CGM-Messwerte“ und
ihre Raten bestimmt.
Da die Schwellen für BG-Messwerte nicht zwingend mit den Schwellen für CGM-Messwerte
übereinstimmen müssen,[21] wurden verschiedene Kombinationen aus Schwellwerten
untersucht.
Als „Standardwerte“ für niedrige bzw. hohe CGM-Messwerte wurden aus der Erfahrung in
klinischen Studien am Studienzentrum 70 mg/dl bzw. 250 mg/dl gewählt. Diese Werte
entsprechen den Grenzen für Hypoglykämie Stufe 1 bzw. Hyperglykämie Stufe 2 in der
Konsenspublikation von Battelino et al. für nichtschwangere Menschen mit Diabetes.[11]

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Ergebnisse

3. Ergebnisse
3.1.   Demographische Daten der Probanden
Insgesamt wurden 23 Personen als potentielle Teilnehmer voruntersucht. Dabei kam es zu
drei Ausschlüssen: Ein potentieller Teilnehmer hatte einen zu hohen HbA1c und zugleich
erhöhte Blutfettwerte; bei einem weiteren potentiellen Teilnehmer lagen mehrere
Laborparameter außerhalb des Referenzbereichs und diese Person wurde gebeten,
Kontakt zum behandelnden Hausarzt aufzunehmen; der dritte ausgeschlossene potentielle
Teilnehmer hatte erhöhten Blutdruck und erhöhte Blutfettwerte.
Unter den 20 Studienteilnehmern waren acht Frauen (40 %) und zwölf Männer (60 %). Die
Studienteilnehmer folgten entweder der intensivierten Insulintherapie (n = 6; 30 %) oder
nutzten eine Insulinpumpe (n = 14, 70 %).
Die Studienteilnehmer waren zwischen 21 und 64 Jahre alt (Mittelwert ±
Standardabweichung: 39,0 ± 13,2 Jahre), und ihre Diabetesdiagnose lag zwischen 1 und
45 Jahre zurück (21,2 ± 10,8 Jahre). Der Body-Mass-Index der Studienteilnehmer lag bei
26,3 ± 3,9 kg/m² und reichte von 20,5 kg/m² bis 37,5 kg/m². Zum Zeitpunkt der
Voruntersuchung lag der HbA1c zwischen 5,7 % (38,8 mmol/mol) und 9,6 %
(81,4 mmol/mol) (7,2 % ± 1,1 % (55,6 ± 11,6 mmol/mol)).
3.2.   Endpunkt 1: Unterschiede in CGM-Schlüsselparametern abhängig vom
       eingesetzten CGM-System
3.2.1. Vergleich der CGM-Schlüsselparameter getrennt nach CGM-System
Insgesamt konnten 39 von 40 G5-Experimenten und 34 von 40 FL-Experimenten
untersucht werden, weil sie ausreichend viele Daten lieferten. Die Ergebnisse sind in
Tabelle 2 dargestellt.
Obwohl die mediane TbR
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