Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden
 Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie
              in Schleswig-Holstein 2012

                                Ziegenmelker
                                 Heidelerche
                                Brachpieper
                                   Ortolan

                                                           Foto: R. Martin

Auftraggeber:
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche
Räume (MELUR)
des Landes Schleswig-Holstein
Mercatorstr. 1 - 3, 24106 Kiel

Auftragnehmer:
Ornithologische Arbeitsgemeinschaft für
Schleswig-Holstein und Hamburg (OAG)
Lütt Dörp 22, 25887 Winnert

Bearbeiter:
Dr. Knut Jeromin, Dörpstroot 21 b, 24861 Bergenhusen
Bernd Koop, Waldwinkel 12, 24306 Plön
                                                                  Oktober 2012
Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Inhalt

Einleitung ............................................................................................................ 3

Material und Methoden....................................................................................... 3

Ziegenmelker – Caprimulgus europaeus.......................................................... 7

Heidelerche – Lullula arborea............................................................................ 11

Brachpieper – Anthus campestris .................................................................... 20

Ortolan – Emberiza hortulana............................................................................ 23

Zitiervorschlag:
KOOP, B. & K. JEROMIN (2012): Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des
Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012 – Ziegenmelker, Heidelerche,
Brachpieper, Ortolan. Unveröff. Gutachten, Ornithologische Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-
Holstein und Hamburg (OAG) im Auftrag des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt
und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Kiel.

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Einleitung
Die Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) (VSchRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten zur
Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Art. 1 und 2). Gem. Art. 3 und Art. 4 (1) sind
für die im Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich
ihrer Lebensräume anzuwenden. Dazu erklären die Mitgliedstaaten die zahlen- und
flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten (Special Protection Areas =
SPAs), stellen in und außerhalb von Schutzgebieten die Erhaltung und
Wiederherstellung der Lebensräume in ausreichender Vielfalt und ausreichender
Flächengröße sicher und berichten der EU-Kommission über die Anwendung der
Vorschriften (Art. 12). Grundlage dafür ist neben dem Monitoring in den SPAs die
Kenntnis der landesweiten Verbreitung und Bestandsentwicklung dieser Arten.
In Schleswig-Holstein werden einige seltenere bzw. regional begrenzt vorkommende
Arten wie z.B. die Küstenvögel, Seeadler, Schwarzstorch oder Weißstorch jährlich
bzw. in kurzen mehrjährigen Abständen vom Landesbetrieb für Küstenschutz,
Nationalpark und Meeresschutz (trilaterales Monitoring- und Bewertungsprogramm),
vom Landesamt für Natur und Umwelt/Staatliche Vogelschutzwarte sowie von
Naturschutzverbänden oder Arbeitsgemeinschaften erfasst. Bei den weit verbreiteten
Anhang I-Arten ist es dagegen schwierig, landesweite Kartierungen durchzuführen.
Als einzig praktikable und kostengünstige Möglichkeit bietet sich hier die
Einbeziehung der zahlreichen ehrenamtlichen Beobachter der Ornithologischen
Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-Holstein und Hamburg (OAG) an, verbunden mit
der Förderung einer Koordination der Aktivitäten und der gezielten Auswertung des
vorhandenen Datenmaterials. Im Rahmen eines Projektvertrages mit dem
Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
(MELUR) erstellt die OAG deshalb seit 2001 alljährlich einen Bericht über den
aktuellen Bestand und die Verbreitung ausgewählter Arten und im 6-jährigen
Rhythmus ab 2006 einen zusammenfassenden Bericht über die relevanten der
verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie in
Schleswig-Holstein.
Nachfolgend werden weitere Ergebnisse der zweiten Berichtsperiode vorgestellt.

Material und Methoden
Die Daten für die Gutachten stammen zu einem Großteil aus den Archiven und
Datenbanken der OAG sowie des Arbeitskreises an der Staatlichen
Vogelschutzwarte Hamburg, in die regelmäßig die Beobachtungen der
ehrenamtlichen Ornithologen aus Schleswig-Holstein und Hamburg einfließen. Um
die Datengrundlage weiter zu verbessern, wurde die Aufmerksamkeit der OAG-
Mitglieder verstärkt auf die zu bearbeitenden Vogelarten gelenkt. Bei vielen Arten
fanden daraufhin gezielte Suchexkursionen und Probeflächenunter-suchungen statt.
Ferner wurden bei einigen Arten großräumige Erfassungen durchgeführt oder
landesweite Synchronzählungen organisiert. Wichtige Informationen lieferten auch
mehrere von der OAG koordinierte Erfassungsprogramme wie die Internationale
Wasservogelzählung sowie die Kartierungen zum Atlas deutscher Brutvogelarten
„ADEBAR“ und das „Monitoring in der Normallandschaft“.
Je nach Ausgangsmaterial und Vollständigkeit wird die Qualität der Daten im
Nachfolgenden drei Kategorien zugeordnet:
      „hervorragend“: Arten, bei denen die Daten auf gezielten landesweiten oder
      zumindest großflächigen Erfassungen beruhen.

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

      „gut“: Arten, die regelmäßig und in großem Umfang von den Mitgliedern der
      OAG gemeldet werden. Nach Aufrufen kam es zudem zu
      Probeflächenkartierungen.
      „unbefriedigend“: Heimliche Arten, die selten gemeldet werden und bei denen
      gezielte Suchexkursionen nur in geringem Umfang erfolgten.
Grundlage für die Bewertung des Erhaltungszustandes ist das Schema von
KIECKBUSCH & ROMAHN (2007), das wiederum auf Vorschlägen der
Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) beruht und die
Definition des Erhaltungszustandes einer Art nach Artikel 1(i) FFH-Richtlinie sowie
die Vorgaben für die Standarddatenbögen berücksichtigt:

        A    Hervorragender Erhaltungszustand

        Definition:
        Die Lebensbedingungen im Gebiet sind geeignet, um ein langfristiges
        Überleben der Art zu sichern und eine erfolgreiche Ausweitung der
        Population zu gewährleisten.

        Kriterien:
        Brutbestand
        In Normaljahren eine hohe Dichte.

        Bestandsentwicklung
        Auf hohem Niveau stabile oder anwachsende Population mit
        ausreichender Reproduktion auch zur Auffrischung anderer Gebiete
        („Quellen-Population“).

        Habitatqualität
        Ein genügend großer Lebensraum mit allen von der Art benötigten Teil-
        habitaten ist aktuell vorhanden und wird aller Voraussicht nach auch
        zukünftig vorhanden sein. Die Habitatqualität ist sehr gut.

        Gefährdungen und Beeinträchtigungen
        Gefährdungen und nennenswerte Beeinträchtigungen sind nicht
        erkennbar.

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B    Guter Erhaltungszustand

Definition:
Das Überleben der Population ist aktuell gesichert. Durch geeignete
Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen kann die Bedeutung des
Gebietes für die Art aber noch erhöht werden.

Kriterien:
Brutbestand
In Normaljahren eine mittlere Dichte.

Bestandsentwicklung
Bestand stabil. Die Gefahr des Erlöschens durch kurzfristig wirksame
Faktoren ist auf Grund der Populationsgröße oder durch Austausch mit
anderen Populationen gering.

Habitatqualität
Ein genügend großer Lebensraum mit allen von der Art benötigten
Teilhabitaten ist aktuell vorhanden und wird aller Voraussicht nach auch
zukünftig vorhanden sein. Die Habitatqualität ist gut, könnte aber durch
geeignete Maßnahmen noch verbessert werden.

Gefährdungen und Beeinträchtigungen
Gefährdungen und Beeinträchtigungen sind zwar vorhanden, bleiben
aber auf einem vertretbaren Niveau.

C    Ungünstiger Erhaltungszustand

Definition:
Zur Erhaltung des Bestandes sind Schutz- und
Entwicklungsmaßnahmen dringend erforderlich.

Kriterien:
Brutbestand
Der Bestand ist auf einem sehr geringen Niveau.

Bestandsentwicklung
Der Bestand ist nicht stetig und vermutlich nur durch Zuwanderung zu
erhalten („Senken-Population“); Bestand nimmt kontinuierlich ab.

Habitatqualität
Ein genügend großer Lebensraum ist nicht vorhanden, nur geringe
Teile des Gebietes sind für die Art geeignet. Die Habitatqualität ist nicht
ausreichend; wichtige Teilhabitate fehlen.

Gefährdungen und Beeinträchtigungen
Gefährdungen und Beeinträchtigungen (z. B. regelmäßige Störungen)
sind vorhanden.

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
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Für eine Einstufung müssen nicht unbedingt alle der im Kriterienkatalog aufgeführten
Einzelkriterien zutreffen, sondern es ist einzelfallbezogen zu entscheiden, welche der
Kriterien entscheidungserheblich sind.

Literatur
KIECKBUSCH, J. J. & K. S. ROMAHN (2007): Brutvogelmonitoring in den schleswig-
holsteinischen EU-Vogelschutzgebieten in den Jahren 2000-2006. Bericht im Auftrag des
Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume.

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Ziegenmelker - Caprimulgus europaeus           Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN
Allgemeines
Nachtschwalben wie der Europäische Ziegenmelker sind nachaktive Insektenjäger
warm-trockener, halboffener Habitate. In Mittel- und Nordeuropa ist die Art selten,
nach Osten und Süden hin häufiger. Der europäische Bestand wird auf 470.000-
1.000.000 Paare geschätzt          (BURFIELD &        VAN   BOMMEL 2004).       Die
Verbreitungsschwerpunkte liegen in Russland (100.000-300.000 Paare), in der
Türkei (100.000-200.000 Paare), Spanien (82.000-112.000 Paare) und Frankreich
(40.000-160.000 Paare). In Deutschland wird von 5.600-6.400 Paaren ausgegangen
(SÜDBECK et al. 2007). Von Schleswig-Holsteins Nachbarländern weist vor allem
Niedersachsen mit 1.800 Paaren einen größeren Bestand auf (KRÜGER & OLTMANNS
2007). Mecklenburg-Vorpommern (150-200 Paare, EICHSTÄDT et al. 2003) und
Hamburg (5 Paare, MITSCHKE 2007) sind deutlich geringer besiedelt. In Mecklenburg-
Vorpommern besteht direkt angrenzend an Schleswig-Holstein ein größeres
Vorkommen auf dem Truppenübungsplatz Lübtheener Heide/LWL, das im Jahr 2007
142 Reviere umfasste (FUCHS et al. 2011). Auch in Jütland ist der Ziegenmelker
weiterhin mit einem stabilen Bestand von 490-530 Brutpaaren/schnurrenden
Männchen vertreten (NYEGAARD 2011, J. TOFT mdl.), von denen die südlichsten
unmittelbar nördlich der Landesgrenze in der Frøslev-Plantage brüten (J. TOFT, mdl.).
In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wird der Ziegenmelker in der Kategorie 1
„vom Aussterben bedroht“ geführt, während er in Niedersachsen und im gesamten
Bundesgebiet bislang lediglich als „gefährdet“ (Kategorie 3) gilt. Der kurzfristige
Trend wird gegenwärtig vielerorts mit gleichbleibend angegeben.

Methodik und Datenqualität
Der Kenntnisstand war im ersten Berichtszeitraum durch eine gezielte landesweite
Erfassung im Jahr 1999 von KIECKBUSCH & ROMAHN (2000) „hervorragend“. Im
südöstlichen Lauenburg sind im Rahmen des SPA-Monitorings auch im Zeitraum
2007-2012      gezielte    Nachtexkursionen       durchgeführt     worden.    Weitere
Dämmerungsexkursionen fanden im Segeberger Forst (SPA „Barker und
Wittenborner Heide“ und weitere Flächen) und im Raum Süderlügum/NF statt. Die
letzten bekannt gewordenen Brutgebiete sind gezielt aufgesucht worden, ebenso
einige weitere potenziell geeignete Flächen. Da die Art aber auch in Gebieten brüten
könnte, wo sie nicht unbedingt zu erwarten ist und die nicht kontrolliert worden sind,
z.B. Kiesgruben, wird die aktuelle Datenqualität als „gut“ eingestuft.

Verbreitung und Habitatnutzung
Als Brutgebiete werden in Mitteleuropa heute vor allem lockere Koniferenwälder und
–forste mit niedrigen Schonungen, Kahlschlägen und Windbrüchen sowie militärische
Übungsplätze besiedelt (u. a. KLAFS & STÜBS 1987, BAUER & BERTHOLD 1996).
Warme, trockene und lichte Gehölzbestände, aufgrund des bevorzugten sandigen
Bodens zumeist Kiefern, bilden dabei den typischen Lebensraum. Offene Stellen
entstehen hier natürlicherweise durch Sturmwurf, Feuer oder Insektenkalamitäten.
Als Ersatzlebensräume werden Schneisen in Wäldern, junge Schonungen oder
Truppenübungsplätze besiedelt, wo durch den Übungsbetrieb offene Stellen
verbleiben. Trockene Hochmoore, Binnendünen und Heideflächen mit einzelnen
Baumgruppen werden ebenfalls angenommen. Wildäcker mit Einsaat von
Futterpflanzen werden dagegen gemieden, ebenso Kiefernbestände mit einem

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
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Unterwuchs aus Spätblühender Traubenkirsche (Prunus serotina; B. KOOP im Kreis
Celle).
Vermutlich ist der Ziegenmelker kein regelmäßiger Brutvogel im Lande mehr. Die
letzten Meldungen singender Vögel stammen vorwiegend aus Nadelwäldern der
Geest (Abb. 1). Sie reichen vom ehemaligen Verbreitungsschwerpunkt im Kreis
Herzogtum Lauenburg ganz im Südosten des Landes über die Kreise Segeberg und
Ostholstein sowie die kreisfreie Stadt Neumünster bis in den Kreis Nordfriesland im
Nordwesten.

Abb. 1: Brutzeitvorkommen (Brutstatus häufig unsicher) des Ziegenmelkers in Schleswig-
      Holstein im Zeitraum 2003-2012 (dargestellt ist jeweils die höchste Anzahl an
      Brutzeitvorkommen aus diesem Zeitraum, Datenquelle: vorwiegend OAG-Archive).

Bestand und Bestandsentwicklung
Noch in den 1960-er Jahren gab es zum Bestand des Ziegenmelkers aufgrund seiner
Häufigkeit anstatt exakter Zahlenangaben in günstigen Gebieten lediglich Angaben
wie „zahlreich“ oder „häufig“. Der Bestand könnte demzufolge um 1960 etwa 150-200
Paare umfasst haben (DAUNICHT 1985). Danach muss er innerhalb kurzer Zeit
eingebrochen sein, denn 1981 wurden lediglich 18, 1984 nur noch vier Reviere
erfasst (DAUNICHT 1985). Eine gezielte Nachsuche 1999 in den alten
Schwerpunktgebieten und anderen strukturell geeigneten Gebieten ergab
ausschließlich Fehlanzeigen (KIECKBUSCH & ROMAHN 2000), so dass der landesweite
Bestand im Berichtszeitraum 1999-2006 auf null bis drei Reviere geschätzt wurde.
Seitdem haben selbst gezielte Nachsuchen in den EU-Vogelschutzgebieten, die für
die Art potenziell geeignet sein könnten, wie die SPAs „Binnendünen und
Moorlandschaft im Sorgetal“, „Barker und Wittenborner Heide“, „Langenlehsten“ und
„Besenhorster Sandberge“, keine Positivnachweise erbracht (ROMAHN et al. 2008),

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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
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obwohl es vor allem in Langenlehsten immer wieder vereinzelte Hinweise auf
Vorkommen gegeben hat.
Seit 2003 sind nachfolgende, zumeist einmalige Brutzeitmeldungen bekannt
geworden, die nicht unbedingt Durchzügler betreffen müssen und eventuell noch ein
unregelmäßiges Vorkommen dokumentieren:
2003 zwei singende Männchen an zwei Stellen im Segeberger Forst/SE (A.
ORTMANN, H.D. MARTENS);
19.05.2004 ein Männchen Süderlügum/NF (K.-H. REISER), ein singendes Männchen
Langenlehstener Heide/RZ (SPA; T. ALBAT);
11.06. 2005 ein Individuum Bröthen/RZ (SPA; I. & A. FAHNE); 25.05. und 13.06.2005
ein singendes Männchen bei Wittorferfeld/NMS (D. HAMMERICH);
2006 keine Beobachtungen;
16.05.2007 ein Individuum Forst Süderlügum/NF (I. & A. FAHNE);
28.05.2008 ein Individuum Langenhorner Heide/NF (W. STRIBERNY) und ein
Individuum Löwenstedter Sandberge/NF (K. ROMAHN); 16.06.2008 ein Individuum
Kiesgrube Woltersdorf/RZ (lt. A. FRÄDRICH);
11.05.2009 ein Individuum Schmilau/RZ an der Draisinenbahn (C. HERDEN);
2010 keine Beobachtungen;
07.08.2011 ein Individuum Struvenhüttener Moor/SE (D. BRÜCHMANN über W. KNIEF),
vermutlich Durchzügler;
2012 ein Individuum Kiesgrube Ratekau/OH (K. VOSS); 29.04.2012 zwei Individuen
Kiebitzholmer Moor/SE (I. & A. FAHNE).
Zumindest der Forst Süderlügum war früher regelmäßig besetzt. Zuletzt gab es hier
Fehlanzeigen (S. LORENZEN). Der aktuelle landesweite Bestand dürfte weiterhin null
bis drei Reviere umfassen.

Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand
Von den SPAs wies im Berichtszeitraum einzig das SPA „Langenlehsten“
unregelmäßig einzelne Ziegenmelkervorkommen auf. Laut gebietsspezifischer
Erhaltungsziele (gEHZ) gehört dieses SPA zusammen mit dem SPA „Grönauer
Heide“ zu den EU-Vogelschutzgebieten, die für die Art von besonderer Bedeutung
sind. Aufgrund des insgesamt nur sporadischen Auftretens wird auf eine Berechnung
des Anteils in den SPAs verzichtet. Der Erhaltungszustand für den Ziegenmelker
wird bei einem geschätzten landesweiten Brutbestand von lediglich null bis drei
Revieren mit „ungünstig“ ( C) bewertet.

Gefährdungen und Empfehlungen
Die Rückgangsursachen des Ziegenmelkerbestandes in Schleswig-Holstein dürften
vielschichtig sein. Klimatische Gründe wie Zunahme der Sommerniederschläge und
Rückgang der Sonnenscheindauer im Juni reichen alleine als Erklärung nicht aus,
sie verschärfen bestenfalls die Entwicklung, denn die angrenzenden süddänischen
Vorkommen sind für die Art klimatisch nicht wesentlich günstiger als Südholstein.
Entscheidend könnten Veränderungen in den Lebensräumen sein: Eutrophierung der
natürlicherweise mageren Standorte, Verdrängung der heimischen Gehölze durch
Neophyten, z.B. durch die Späte Traubenkirsche (Prunus serotina) in

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Langenlehsten/RZ und der Rückgang von Großschmetterlingen im Wald als
Nahrungsgrundlage. Die Offenhaltung geeigneter Habitate sollte dennoch fortgesetzt
werden, da durchaus die Möglichkeit einer Wiederausbreitung besteht.

Literatur
BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung.
   Aula, Wiesbaden.
BURFIELD, I. & F. VAN BOMMEL (2004): Birds in Europe. Population estimates, trends and
   conservation status. BirdLife International, BirdLife Conservation Series No. 12,
   Cambridge.
DAUNICHT, W. D. (1985): Zum Vorkommen des Ziegenmelkers (Caprimulgus europaeus) in
   Schleswig-Holstein und auf der „Fahlen Heide“ in Niedersachsen. Corax 11: 97-120.
EICHSTÄDT, W., D. SELLIN & H. ZIMMERMANN (2003): Rote Liste der Brutvögel Mecklenburg-
   Vorpommerns. Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin.
FUCHS, T, B. HÖNISCH, J. MELTER und H. EGGERS (2011): Brutvogelerfassung auf dem TÜP
   Lübtheen. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. 47: 49-64.
KIECKBUSCH, J.J. & K.S. ROMAHN (2000): Brutbestand, Bestandsentwicklung und
   Bruthabitate von Heidelerche (Lullula arborea) und Ziegenmelker (Caprimulgus
   europaeus) in Schleswig-Holstein. Corax 18: 142-159.
KIECKBUSCH, J. & K. ROMAHN (2008): Monitoring in schleswig-holsteinischen EU-
   Vogelschutzgebieten. SPA „Langenlehsten“. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für
   Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek.
KLAFS, G. & J. STÜBS (1987): Die Vogelwelt Mecklenburgs. Fischer, Jena.
KRÜGER, T. & B. OLTMANNS (2007): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen
   gefährdeten Brutvögel, 7. Fassung, Stand 2007. Informat. d. Naturschutz Niedersachs. 3:
   131-175.
MITSCHKE, A. (2007): Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg, 3. Fassung 2006.
   Hamburger avifaun. Beitr. 34: 183-227.
NYEGAARD, T. (2011): Truede og sjældne ynglefugle i Danmark 2011. Monitoring dänischer
   seltener Brutvögel, 14. Bericht. www.dof.dk.
ROMAHN, K., K. JEROMIN, J. KIECKBUSCH, B. KOOP & B. STRUWE-JUHL (2008): Europäischer
  Vogelschutz in Schleswig-Holstein. Arten und Schutzgebiete. Landesamt für Natur und
  Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek.
SÜDBECK, P., H.-G. BAUER, M. BOSCHERT, P. BOYE & W. KNIEF (2007): Rote Liste der
   Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

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Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Heidelerche - Lullula arborea                      Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN
Allgemeines
Die Heidelerche ist eine Charakterart sandiger, offener Böden. Mit ihrem Gesang
prägt sie diese Lebensräume nachhaltig. Der europäische Bestand umfasst
1.300.000-3.300.000 Revierpaare (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004). Die
Verbreitungsschwerpunkte liegen überwiegend in Südeuropa. Spanien weist
560.000-1.300.000 Revierpaare auf, Portugal 50.000-500.000 und die Türkei
150.000-350.000. In Deutschland wird der Bestand auf 44.000-60.000 Revierpaare
geschätzt (SÜDBECK et al. 2007). Auf Niedersachsen entfallen davon 6.250
Revierpaare (KRÜGER & OLTMANNS 2007), auf Mecklenburg-Vorpommern 4.000-
5.000 (EICHSTÄDT et al. 2003) und auf Hamburg 18 (MITSCHKE 2007). In
Mecklenburg-Vorpommern siedelten 2007 alleine auf dem direkt an Schleswig-
Holstein angrenzenden Truppenübungsplatz Lübtheener Heide/LWL 167
Revierpaare (FUCHS et al. 2011), und im nördlich anschließenden Jütland/DK umfasst
der Bestand aktuell ca. 350-450 Reviere (NYEGAARD 2011). In Mecklenburg-
Vorpommern, Hamburg und Deutschland wurde zuletzt von ansteigenden, in
Niedersachsen von stabilen Beständen ausgegangen.

Methodik, Datenqualität
Die Heidelerche gehört zu den verbreiteten Arten im Lande, deren vollständige
Erfassung nur durch Brutvogelatlasprojekte oder sehr ausgedehnte, gezielte
Nachsuchen möglich ist. 2005-2009 erfolgte die Erfassung der Brutvögel im
ADEBAR-Projekt. In diesem Projekt sind die Schwerpunktbereiche erneut erfasst
worden. Lücken verblieben auf der Geest in den Kreisen Nordfriesland und
Schleswig-Flensburg sowie in den Kreisen Dithmarschen und Steinburg. Aus diesen
Gebieten lagen nur punktuelle Daten vor, z.B. aus Naturschutzgebieten oder gezielt
aufgesuchten Bereichen.
Die Aussagen zur Bestandsentwicklung in diesem Bericht basieren daher im
Wesentlichen auf dem Vergleich des Zustandes von 1999 (KIECKBUSCH & ROMAHN
2000), Grundlage für die Darstellung in BERNDT et al. (2003) und dem Zustand im
Zeitraum der ADEBAR-Kartierung. Sämtliche EU-Vogelschutzgebiete sind bis 2012
zweimal erfasst worden, so dass für diese Gebiete eine gute Vergleichsmöglichkeit
besteht.
Die Datenqualität wird damit als „gut“ bewertet.

Habitatnutzung und Verbreitung
Die Verbreitungsschwerpunkte der Heidelerche in Schleswig-Holstein liegen auf der
Sandergeest (nördlich von Rendsburg/RD, Bereich des Segeberger Forstes/SE)
sowie auf der Altmoräne (Lecker, Itzehoer und Pinneberger Geest sowie Büchener
Sandplatte; Abb. 1). Daneben werden auch isoliert liegende Binnendünen- und
Binnensanderflächen besiedelt, wie die Binnendünen am Treßsee/SL, die
Münsterdorfer Geestinsel/IZ, die Holmer Sandberge/PI sowie Sanderflächen südlich
von Lübeck/HL und die Kiesgrubengebiete im Raum Stocksee-Tensfeld/SE.
Die Heidelerche benötigt ein kleinräumiges Nebeneinander sandiger,
vegetationsarmer, sich rasch erwärmender Flächen mit angrenzenden
Baumbeständen als Windschutz und Singwarte. Solche Mosaike entstehen
vorübergehend durch Windwurf, Waldbrand oder Insektenkalamitäten in
Nadelholzbeständen auf sandigen Böden, z.B. im Segeberger Forst/SE. Die

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Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Habitatansprüche werden auch auf einigen militärischen Übungsplätzen erfüllt, da
diese meist auf armen Böden liegen, oft einen parkartigen Wechsel von Wald und
Offenland aufweisen und dort durch den Übungsbetrieb immer wieder offene
Bodenstellen     entstehen  (z.B.  Krummenorter      Heide/RD,    Wittenborn/SE,
Kaltenkirchen/SE). In der übrigen Landschaft gibt es dieses Nebeneinander von
Waldrändern und sandigen, unbefestigten Fahrwegen zwischen Wald und
angrenzenden Flächen nur noch selten. Während der ADEBAR-Erfassung wurden
recht regelmäßig Reviere an sandigen Waldrändern angrenzend an Maisäcker
gefunden, insbesondere im Raum Halloh/Segeberger Forst, in der Umgebung von
Mölln/RZ und im Bereich Gudow/RZ sowie 2012 im Schaalsee-Gebiet (KOOP 2012).
Im Raum Stocksee-Tensfeld-Damsdorf/SE brüten Heidelerchen an breiten sandigen
Säumen von Kiesgruben und in jungen Sukzessionsstadien aufgelassener
Kiesgruben. Im südöstlichen Herzogtum Lauenburg sind auch Ackerbrachen und
„Naturschutzäcker“     auf  sandigen     Böden    besiedelt    (Bröthen-Fortkrug-
Langenlehsten/RZ, KIECKBUSCH & ROMAHN 2000). In den letzten Jahren sind einige
Sänger zudem in Weihnachtsbaumkulturen im ansonsten unbesiedelten Hügelland
festgestellt worden.

Abb. 1: Brutverbreitung der Heidelerche in Schleswig-Holstein und auf dem Grenzstreifen zu
       Mecklenburg im Zeitraum 2005-2012 (Anzahl der Reviere pro TK 25-Quadrant,
       Datenquelle: vorwiegend „ADEBAR“-Kartierung).

Bestand und Bestandsentwicklung
Bis in die 1960-er Jahre war die Heidelerche erheblich weiter verbreitet und brütete
nicht nur auf dem Mittelrücken, sondern auch in vielen kleinräumigen
Sandbodenarealen der Jungmoräne (LUNAU 1935, BECKMANN 1951). DAUNICHT
(1985) schätzte für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Bestand von
„mehreren hundert (eventuell über 1.000) Paaren“, für 1983 und 1984 anhand einer

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Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

landesweiten Erfassung aber nur noch 140 bis 200 Paare. Im Vergleich mit der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die Jungmoräne und der Geestabhang zur
Marsch vollständig geräumt. Die Heidelerche war nicht mehr flächig verbreitet,
sondern konzentrierte sich auf die auch heute noch besiedelten
Schwerpunktbereiche. Nachfolgend ging der Bestand noch etwas weiter zurück, so
dass 1990 nur noch von 50-100 bzw. 1995 von 90 Revierpaaren ausgegangen
wurde (KNIEF et al 1990 bzw. KNIEF et al. 1995), bevor er sich anschließend wieder
leicht erholte. Bei einer weiteren landesweiten Erfassung 1999 ergaben sich etwa
170 bis 180 Paare bei einer ähnlichen Verbreitung wie in den 1980-er Jahren
(KIECKBUSCH & ROMAHN 2000). Hinzu kamen 20 Paare auf dem Grenzstreifen zu
Mecklenburg im Bereich von Langenlehsten/RZ und Bröthen/RZ.
Die zweite Atlaskartierung von 2005 bis 2009 erbrachte einen Bestand von ca. 250
Paaren/Revieren, dazu wiederum 20-25 Reviere auf dem alten, innerdeutschen
Grenzstreifen (Lübeck/HL, Langenlehsten-Bröthen/RZ). Der aktuell etwas höhere
Bestand dürfte auf einigen günstigen, z.T. allerdings nur zeitlich begrenzten
Entwicklungen beruhen: Bis vor wenigen Jahren gab es vermehrt Ackerbrachen auf
sandigen Böden, zudem wurden lokal offene Dünen- und Heidehabitate
wiederhergestellt (z. B. Loher Gehege/RD, Ochsenweg Sorgbrück/RD, Treßsee/SL,
Barker und Wittenborner Heide/SE, Nordoer Heide/IZ) und Naturschutzäcker sowie -
brachen angelegt (Langenlehsten-Fortkrug/RZ).
Gebiete mit mehr fünf oder mehr Sängern sind weiterhin selten (s. Tab. Anhang):
   -   2005 acht bis zehn Sänger Holmer Sandberge/PI (HARTMANN et al. 2007),
       2009 hier erneut acht (J. MOHRDIECK);
   -   2008 fünf Sänger in der Wittenborner Heide/SE (J. KIECKBUSCH, K. ROMAHN);
   -   2009 acht Sänger Grambeker Heide/RZ (R.K. BERNDT);
   -   2010 sechs Sänger im Raum Kaltenkirchen-Heidkaten/SE (K. SIMON, W.
       DAUNICHT);
   -   2011 sieben Sänger im Möllner Forst/RZ (B. KOOP, B. STRUWE-JUHL);
   -   2012 sieben Sänger im Bereich Damsdorfer Kiesgruben/SE und Tarbek-
       Tensfelder Moor/SE (I. & A. FAHNE, H. LEMKE, B. KOOP, B. STRUWE-JUHL);
   -   sowie nahezu alljährlich der Raum um Langenlehsten-Bröthen/RZ. Hier ergab
       das SPA-Monitoring 2006 30 und 2010 29 Reviere (KIECKBUSCH & ROMAHN
       2011). 2007 stellten I. & A. FAHNE hier 22 Sänger fest, und in der Brutzeit 2011
       wurden im Raum Langenlehsten-Büchener Sander von Besenthal bis Bröthen
       und Büchen-Dorf/RZ 23 Reviere nachgewiesen (U. DIERKING, A. FRÄDRICH, R.
       FRANKE, H. NEUMANN, B. STRUWE-JUHL).

Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand
Im Zeitraum 2000-2006 waren in den SPAs des Landes 57 Heidelerchenreviere
festgestellt worden (Tab. 1). Bis 2012 hat sich dieser Bestand nur geringfügig
geändert. Das mit Abstand bedeutendste SPA mit weitgehend stabilen Beständen ist
„Langenlehsten“. Es zählt wie die EU-Vogelschutzgebiete „Binnendünen und
Moorlandschaft im Sorgetal“, „Barker und Wittenborner Heide“ und „Grönauer Heide“
zu den SPAs, die laut der gebietsspezifischen Erhaltungsziele (gEHZ) für die Art von
besonderer Bedeutung sind. Sie alle weisen nennenswerte Heidelerchenbestände
auf. Die auffällige Bestandsabnahme im SPA „Barker und Wittenborner Heide“
beruht in erster Linie auf dem Aufwachsen von Aufforstungen, die bei der zweiten

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Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Kartierung für die Art nicht mehr geeignet waren (KIECKBUSCH & Romahn 2009). Die
EU-Vogelschutzgebiete „Wälder im Aukrug“, „Schaalseegebiet“ und „NSG
Besenhorster Sandberge“ sind nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen
(gEHZ) für die Heidelerche von Bedeutung. Sie weisen deutlich geringere Bestände
als die zuvor genannten SPAs auf und sind nur sporadisch besiedelt.
Insgesamt beherbergen die SPAs einen Anteil von knapp 20 % des
Landesbestandes. Aufgrund des gestiegenen Landesbestandes bei gleichzeitig
unzureichendem     Pflegezustand      vieler ungeschützter Gebiete ist der
Erhaltungszustand „gut“ (B) mit Einschränkungen.

Tab. 1: Vorkommen der Heidelerche in den EU-Vogelschutzgebieten des Landes Schleswig-
       Holstein.
          SPA                                       2000-2006    2007-2012
          Binnendünen und Moorlandschaft Sorgetal       4            5
          Wälder im Aukrug                              0            0
          Barker und Wittenborner Heide                17            7
          Grönauer Heide                                5            6
          NSG Oldenburger See und Umgebung              0            1
          Schaalseegebiet                               0            4
          NSG Besenhorster Sandberge                    1            0
          Langenlehsten                                30           29
          Summe                                        57           52

Gefährdungen und Empfehlungen
Der starke Bestandsrückgang in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war vor
allem Folge der Vernichtung geeigneter Lebensräume. Noch bis in die 1980-er Jahre
wurden „Ödländereien“ aufgeforstet oder in landwirtschaftliche Nutzung genommen,
darunter auch alle kleinräumig geeigneten Flächen im Östlichen Hügelland. Hinzu
kam die allgemeine Eutrophierung der Landschaft durch die intensive Landwirtschaft,
die zum weitgehenden Verschwinden von nährstoffarmen und damit
niedrigwüchsigen Wald- und Wegrändern führte.
Die leichte Bestandszunahme in den letzten Jahren liegt wahrscheinlich an den
zeitweise etwas günstigeren Habitatbedingungen infolge der Flächenstilllegung auf
ärmeren Böden. Der in jüngster Zeit erneut zu beobachtende Wandel der
Landnutzung mit großflächigem Maisanbau zu Ungunsten von Brachen dürfte sich
jedoch in Zukunft negativ auf die Bestandsentwicklung der Heidelerche auswirken.
Maisfelder werden zwar zumindest in Trockenjahren besiedelt, da die dann schlecht
auflaufenden Maispflanzen nur lückig stehen und größere vegetationsarme Flächen
an Waldrändern einen günstigen Lebensraum vortäuschen. Heidelerchen, die auf
Maisfeldern Reviere besetzen, bleiben aber oft unverpaart, da das Nahrungsangebot
auf den intensiv bearbeiteten Flächen nicht ausreicht.
Vorkommen auf militärischen Übungsplätzen leiden in den letzten Jahren darunter,
dass zur Verminderung der Staubentwicklung sandige Wege geschottert worden
sind. Des Weiteren hat die Bundeswehr im Rahmen ihrer Umstrukturierung einige
Übungsplätze    aufgegeben.   Nur    bei einer     nach    naturschutzfachlichen
Gesichtspunkten    geregelten   Folgenutzung    bleiben    die    Flächen     als
Heidelerchenlebensräume erhalten, ansonsten wachsen sie bei fortschreitender

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Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Sukzession zu. Ein positives Beispiel ist die Pflegebeweidung auf dem ehemaligen
Standortübungsplatz Nordoer Heide/IZ.
Geeignete Naturschutzmaßnahmen wie die Öffnung von Binnendünenkomplexen
führen schnell zur Wiederansiedlung (Loher Gehege/RD, Dünen am Treßsee/SL). In
durch Sturmbruch oder Insektenbefall aufgelichteten Nadelforsten sollten eine
natürliche Sukzession anstelle umgehender Neuaufforstungen zugelassen und
Teilflächen gezielt freigehalten werden. Dies gilt insbesondere in dem als EU-
Vogelschutzgebiet ausgewiesenen Teil des Segeberger Forstes.

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                                                                                         15
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

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Anhang

    Tab. Anhang: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein 2007-2012.
                 Ort          TK      2007   2008   2009   2010    2011   2012              Beobachter
Westre                       1119-2           2                                  H. Christensen
Langenberg                   1219-2                  2              1      0     I. & A. Fahne, H. Christensen
Engerheide                   1219-3                  1                     0     I. & A. Fahne
Langenberger Forst           1219-4                                 1            H. Christensen
Enge-Sande                   1219-4                  1                           I. & A. Fahne
Bargum                       1219-4                                        0     I. & A. Fahne
Langenberger Forst           1220-3                                 3            I. & A. Fahne
Wallsbüll                    1221-1    1                                   1     I. & A. Fahne, H. Christensen
Treene-Treßsee               1222-4    1                                         I. & A. Fahne
Treene-Juleweihe             1222-4    1                                         K. Fiehl
                                                                                 J. Kieckbusch, K. Romahn, K.
Sorgwohlder Dünen            1623-1    1      1      1
                                                                                 Bütje
Owschlager Moor              1623-2                  1      1       2            K. Bütje, B. Struwe-Juhl
                                                                                 J. Kieckbusch, K. Romahn, S.
Loher Gehege                 1623-2           2      3      2
                                                                                 Rathgeber
Fockbek, Kieskuhle           1623-4                                 1            S. Rathgeber
                                                                                 J. Kieckbusch, K. Romahn, I.
Krummenorter Heide           1623-4                  3      4       4
                                                                                 & A. Fahne
Hamdorfer Gehege             1723-1                  1                           B. Koop
Jevenstedt, Pollhorn         1723-4                  1                           R. Wittenberg
Stadtmoor                    1724-1    1                                         K. Bütje
Bokeler Moor                 1724-3                  1                     1     R. Wittenberg, I. & A. Fahne
Nienkattbek/Katzheide        1724-3           3                                  R.K. Berndt
Bokelholmer Teiche           1724-4                         2                    K. Bütje
Rümlandteich                 1725-1                  1                           N. Gaedecke
Kleinvollstedt               1725-3                                 1            K. Bütje
Langwedel                    1725-3                                        1     I. & A. Fahne
Langwedel                    1825-1                                        1     R.K. Berndt
Gnutz                        1825-3                                        1     H. Lemke
Wacken                       1922-3                  3                           R. Wittenberg
Silzen                       1923-4                  1                           R. Wittenberg

                                                                                                     16
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Tab. Anhang/Fortsetzung: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein
                        2007-2012.
                 Ort           TK      2007   2008   2009   2010    2011   2012               Beobachter
Sünderbek                     1926-1                                        1     H. Nickel
Neumünster, Grellenkamp       1926-1                                 1            H. Nickel
Schwienhagen                  1926-3                                        1     H. Augst
Damsdorfer Kiesgruben Ost     1927-2                                        2     B. Koop
                                                                                  B. Struwe-Juhl, B. Koop, I. &
Damsdorfer Kiesgruben Nord    1927-2                                        2
                                                                                  A. Fahne
Wardel                        1927-4                                        1     B. Struwe-Juhl, B. Koop
Tarbeker Moor                 1927-4                                        2     B. Koop
Pettluis                      1927-4                  1                           B. Koop
Hornsmühlen                   1928-1                                        1     B. Koop
Moorkate, Stocksee            1928-1                                        1     B. Struwe-Juhl
Schlotfeld                    2023-1                                        1     L. Peters
Störkathen                    2024-1                  2              2            K. Simon
Wiemersdorf                   2025-4    1                                         D. Buschmann
Bimöhlen                      2026-1    1                                         T. Hansen
Halloh, Rieshorn              2026-1                  1                           B. Koop
Halloh, Rodenbek              2026-1                  1                           B. Koop
Halloh, Parkplatz             2026-1                  2                           B. Koop
Stellbrookmoor                2026-1                  1                           B. Koop
Littloh                       2026-2                  4                           B. Koop
Radesforde                    2026-2                  1                           B. Struwe-Juhl
Schönmoor                     2026-2                  1                           B. Struwe-Juhl
Segeberger Forst,
                              2026-2                         2                    H. Thies
Hegebuchenbusch
                                                                                  T. Hansen, J. Kieckbusch, K.
Barker Heide                  2026-4    2      2      3              2            Romahn, S. Grell
Bark, Ortsrand                2026-4                                 1            H. Hansen
Bockhorn, Klärteich           2026-4    1      1                                  H. Thies
Segeberger Forst, Schafhaus   2026-4           1                                  H. Thies
Wittenborner Heide            2026-4           5                     3            J. Kieckbusch, K. Romahn
Kiebitzholm                   2027-1           1                            1     I. & A. Fahne, B. Struwe-Juhl
Negernbötel                   2027-1           1                                  T. Hansen
Nordoe                        2123-3                                 3            R.K. Berndt
Lutzhorn, Golfplatz           2124-1                         1              1     P. Schleef
Lutzhorn, Morgenländerhof     2124-1                                 1            K. Simon
Lutzhorn, Wendlohe            2124-1                                 1            K. Simon
Heidmoor                      2124-4    1                                         K. Simon
Krückau Langeln               2125-3                         1              1     K. Simon
Kaltenkirchen-Heidkaten       2125-3    2                    6                    K. Simon, W. Daunicht
Grönauer Heide                2130-3           3             4              2     B. Moreth, T. Herfurth
Kummerfeld                    2224-4                                        1     G. Werhahn
Borstel-Hohenraden            2224-4                         2                    P. Schleef
Krummesse, Heidteich          2229-2                                        1     B. Moreth

                                                                                                       17
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Tab. Anhang/Fortsetzung: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein
                        2007-2012.
                  Ort             TK      2007   2008   2009   2010    2011   2012             Beobachter
Brömbsenmühle                    2229-2                  1                           B. Koop
Uetersen                         2324-1                                        1     H. Ewers, U. Dilchert

Holmer Sandberge, Baumschule     2324-3                                 2            J. Mohrdiek

Holmer Sandberge                 2324-3    4      5      8      5       5            J. Mohrdiek
Holm, Happelbach                 2324-3    1                                         H.-H. Dürnberg
Holm, Gewerbegebiet              2324-3                                 1            J. Mohrdiek
Buttermoor                       2324-4                                        1     P. Schleef
Halstenbek, Baumschule           2324-4                                        1     P. Schleef
Klövensteen                      2324-4                                 1            A. Dwenger
Ellerbek                         2325-1                         1                    D. Bentzien
Tangstedt                        2325-1                                 1            D. Bentzien

Rellingen, Baumschule Heidkamp   2325-3                                 1            P. Schleef

Rellingen, Baumschule Egenbüttel 2325-3                                 1            P. Schleef

Drüsen, Brache                   2330-3                                 1            B. Koop
Möllner Forst                    2330-3           2                     7            B. Struwe-Juhl, B. Koop
Althorst                         2330-4    1                                         B. Koop
Oldenburger See                  2330-4                                 1            B. Koop
Brunsmarker Tannen               2330-4    1                                         B. Koop
Salemer-Dargower Heide           2331-3                                        3     B. Koop
Sterleyer Heide                  2331-3                                        1     B. Koop
Wedel, Baumschulen               2424-1                                 2      1     J. Mohrdiek
Wedel, Kiesgruben                2424-1                                 1            J. Mohrdiek
Bille Reinbek                    2427-4                                        2     M. Fleischer
Sachsenwald, Koopshorst          2428-3                                 1            M. Fleischer
Elmenhorst                       2429-1                                        1     A. Dwenger
Roseburg                         2429-4                                        4     A. Dwenger
Fitzen                           2429-4                         1                    A. Frädrich
                                                                                     R.K. Berndt, B. Koop, U.
Grambeker Heide                  2430-1           2      8
                                                                                     Dierking
Göttin                           2430-1           1                     2            B. Koop
Segrahner Berg                   2430-2           1                     3      1     B. Koop
Segrahner See                    2430-2           1                            1     B. Koop
Hellbachtal                      2430-3                                 1            A. Frädrich
                                                                                     B. Koop, H. Neumann, U.
Besenthal, Ortsrand              2430-3                                 2      1
                                                                                     Dierking
Lehstener Moor                   2430-3                        (3)      2      1     B. Struwe-Juhl, B. Koop
Segrahner Berg, Südteil          2430-4           2                            1     B. Koop
Langenlehsten                    2430-4           4            (6)      3      5     B. Koop, A. Frädrich
                                                                                     J. Kieckbusch, K. Romahn, B.
Langenlehsten, Grenzstreifen     2430-4           4
                                                                                     Koop
                                                                                     I. & A. Fahne, J. Kieckbusch,
Langenlehsten-Bröthen gesamt     2430-4                  22     29
                                                                                     K. Romahn
Geesthacht                       2528-3    0                                   1     A. Dwenger

                                                                                                             18
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Tab. Anhang/Fortsetzung: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein
                        2007-2012.

              Ort          TK     2007   2008   2009   2010    2011   2012             Beobachter
Bartelsdorf              2529-1                         1                    A. Frädrich
Müssen                   2529-1                                        1     A. Dwenger
Büchen-Witzeeze          2529-2    1                    1                    R. Franke
Stecknitz                2529-2           1                                  B. Koop
Basedow                  2529-4                                        1     B. Koop
Dalldorf                 2529-4                                        1     A. Dwenger
Fortkrug                 2530-1                        (5)      7      8     B. Moreth, A. Frädrich
Bröthen                  2530-1                  3     (4)      4      3     A. Frädrich, H. Neumann
                                                                             R.K. Berndt, A. Frädrich, R.
Büchen-Dorf              2530-1    1                            2
                                                                             Franke
Bergholzer Tannen        2530-1                                 1            H. Neumann, U. Dierking
Summe                              22     45     79     63      79     64

                                                                                                  19
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Brachpieper - Anthus campestris              Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN
Allgemeines
Der Brachpieper ist eine Wärme liebende Art sandiger Pionierstandorte. In Europa
stellen Spanien (400.000-640.000 Revierpaare), die Türkei (200.000-400.000
Revierpaare), Russland (130.000-250.000 Revierpaare) und Rumänien (150.000-
220.000 Revierpaare) Verbreitungsschwerpunkte dar. Der gesamte europäische
Bestand beträgt 1.000.000-1.900.000 Revierpaare (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004).
Der deutsche Bestand wird auf 900-1.300 Reviere geschätzt (SÜDBECK et al. 2007).
In Norddeutschland und im Ostseeraum wird die Nordwestgrenze der Verbreitung
erreicht. Die Nachbarländer Schleswig-Holsteins beherbergen daher nur relativ
geringe Brachpieper-Bestände: Mecklenburg-Vorpommern 20-60 Reviere (EICHSTÄDT
et al. 2003), Niedersachsen sieben (KRÜGER & OLTMANNS 2007) und Hamburg null
(MITSCHKE 2007). In Mecklenburg-Vorpommern wurden 2007 auf dem an Schleswig-
Holstein angrenzenden Truppenübungsplatz Lübtheener Heide im Kreis Ludwigslust
insgesamt sechs Reviere gefunden (FUCHS et al. 2011). R. FRANKE bemerkte zudem
einzelne Sänger in den ausgedehnten Kiesgruben bei Zweedorf/LWL, ebenfalls
unmittelbar östlich der Landesgrenze. Der kurzfristige Trend ist überall deutlich
rückläufig. In Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und auch bundesweit zählt
der Brachpieper zu den „vom Aussterben bedrohten“ Vogelarten, in Hamburg gilt er
bereits als „ausgestorben“. In Dänemark droht das Vorkommen ebenfalls zu
erlöschen, 2011 wurden nur noch ein Gesangsrevier im Traditionsgebiet Skagen und
eines auf Anholt nachgewiesen (NYEGAARD 2011).

Methodik und Datenqualität
Wie die Bestände des Ziegenmelkers und der Heidelerche ist die Population des
Brachpiepers ebenfalls 1999 landesweit in seinen letzten bekannten
Vorkommensgebieten und weiteren potenziell geeigneten Gebieten durch
KIECKBUSCH & ROMAHN (1999) gezielt untersucht worden. Seitdem sind die
bekannten und viele potenzielle Plätze alljährlich von verschiedenen Beobachtern
aufgesucht worden. Zwei dieser Gebiete sind EU-Vogelschutzgebiete. Die Qualität
der vorliegenden Daten kann daher bei dieser Art als „hervorragend“ angesehen
werden. Die wenigen verbliebenen Brutzeitplätze können auch zukünftig gezielt
erfasst werden.

Verbreitung und Habitatnutzung
Der Brachpieper hatte in Schleswig- Holstein vermutlich zuletzt Ende des 19.
Jahrhunderts eine weitere Verbreitung auf den Heiden der Geest, während sich
schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, von jahrweisen Einzelvorkommen
abgesehen, die Nachweise auf den Bereich östlich Hamburgs und das südöstliche
Lauenburg konzentrierten.

Bestand und Bestandsentwicklung
1999 gelangen bei der landesweiten Erfassung von KIECKBUSCH & ROMAHN (1999)
nur zwei Brutzeitbeobachtungen singender Männchen ohne konkrete Bruthinweise
im südöstlichen Lauenburg (Langenlehsten/RZ, Witzeeze-Dalldorf/RZ). Auch aus
den letzten Jahren gab es neben alljährlich auftretenden, vereinzelten Durchzüglern
nur    sporadisch    Brutzeitnachweise     (Abb.     1):  02.08.2004     Bergholzer
Forst/Langenlehsten/RZ (J. HILDENBRAND, Ornitho.de), 2005 zwei potenzielle Reviere

                                                                                    20
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

im Himmelmoor/PI (G. ODEN-BEHREND). Seitdem sind keine Bruthinweise mehr
gemeldet worden, so dass der schleswig-holsteinische Brutbestand weiterhin auf null
bis drei Reviere geschätzt wird.

Abb. 1: Brutzeitvorkommen (Brutstatus häufig unsicher) des Brachpiepers in Schleswig-
        Holstein im Zeitraum 2000-2012 (dargestellt ist jeweils die höchste Anzahl an
        Brutzeitvorkommen aus diesem Zeitraum, Datenquelle: vorwiegend OAG-Archive
        und SPA-Monitoring).

Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand
Laut gebietsspezifischer Erhaltungsziele (gEHZ) sind die SPAs „Langenlehsten“ und
„Grönauer Heide“ für den Brachpieper von besonderer Bedeutung. Seit den
1970er-Jahren sind allerdings lediglich noch Einzelvorkommen bekannt geworden.
Das letzte EU-Vogelschutzgebiet mit einem Brutzeitvorkommen ist das SPA
„Langenlehsten“. Das SPA „Grönauer Heide“ beherbergte zuletzt 1998 ein Revier
des Brachpiepers. Im Rahmen des Monitorings in den schleswig-holsteinischen EU-
Vogelschutzgebieten wurden in beiden Gebieten zuletzt keine Reviere mehr ermittelt
(AG Avifaunistik). Der Erhaltungszustand wird deshalb als „ungünstig“ (C) bewertet.

Gefährdungen und Empfehlungen
Ursache für den großräumigen Bestandsrückgang bei dieser an offene
Dünengelände und größere Trockenrasen- und Heidegebiete in warm-trockenen
Klimaten gebundenen Art ist vor allem der Verlust geeigneter Habitate. Es gibt sie
noch u.a. im südöstlichen Teil des Kreises Herzogtum Lauenburg und im Raum
Damsdorf-Tensfeld/SE (Abb. 2).

                                                                                     21
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Abb. 2: Offene, vegetationsarme Flächen in der Kiesgrube Damsdorf/SE im Jahr 2012 (B.
      KOOP).

Literatur
BURFIELD, I. & F. VAN BOMMEL (2004): Birds in Europe. Population estimates, trends and
   conservation status. BirdLife International, BirdLife Conservation Series No. 12,
   Cambridge.
EICHSTÄDT, W., D. SELLIN & H. ZIMMERMANN (2003): Rote Liste der Brutvögel Mecklenburg-
   Vorpommerns. Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin.
FUCHS, T, B. HÖNISCH, J. MELTER & H. EGGERS (2011): Brutvogelerfassung auf dem TÜP
   Lübtheen. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. 47: 49-64.
KIECKBUSCH, J.J. & K.S. ROMAHN (1999): Brutbestandserfassung der im Anhang I der
   Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) aufgeführten Arten Heidelerche (Lullula arborea),
   Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), Brachpieper (Anthus campestris) und Ortolan
   (Emberiza hortulana) in Schleswig-Holstein 1999. Gutachten im Auftrag des
   Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek.
KRÜGER, T. & B. OLTMANNS (2007): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen
   gefährdeten Brutvögel, 7. Fassung, Stand 2007. Informat. d. Naturschutz Niedersachs. 3:
   131-175.
MITSCHKE, A. (2007): Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg, 3. Fassung 2006.
   Hamburger avifaun. Beitr. 34: 183-227.
NYEGAARD, T. (2011): Truede og sjældne ynglefugle i Danmark 2011. Monitoring dänischer
   seltener Brutvögel, 14. Bericht. www.dof.dk.
SÜDBECK, P., H.-G. BAUER, M. BOSCHERT, P. BOYE & W. KNIEF (2007): Rote Liste der
   Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

                                                                                          22
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Ortolan - Emberiza hortulana                 Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN
Allgemeines
Der Ortolan ist in Europa weit verbreitet. Sein Bestand umfasst 5.200.000-
16.000.000 Revierpaare (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004). Die Verbreitungszentren
liegen vor allem im Südosten und Osten des Kontinents. So wird alleine in der Türkei
und Russland von 3.000.000-10.000.000 bzw. 1.500.000-5.000.000 Revierpaaren
ausgegangen. Polen beherbergt 150.000-300.000 Revierpaare, Rumänien 125.000-
255.000 und Spanien 200.000-225.000. In Deutschland wird der Bestand auf 10.000-
14.000 Revierpaare geschätzt (SÜDBECK et al. 2007). KRÜGER & OLTMANNS (2007)
geben für Niedersachsen 1.400 Revierpaare an, EICHSTÄDT et al. (2003) für
Mecklenburg-Vorpommern 1.000-1.200 Revierpaare und MITSCHKE (2007) für
Hamburg keine.

Methodik und Datenqualität
1999 erfolgte eine landesweite Erfassung des Bestandes durch KIECKBUSCH &
ROMAHN (1999). Die dabei festgestellte begrenzte Verbreitung verbunden mit einer
hohen Meldebereitschaft der OAG-Mitglieder bei dieser Art lässt es wahrscheinlich
erscheinen, dass der Landesbestand seit 1999 sehr gut dokumentiert ist. Die
Brutbestandserfassung im Projekt ADEBAR ergab neben dem Brutgebiet um
Langenlehsten-Fortkrug/RZ einige weitere Vorkommen, die 2012 erneut kontrolliert
worden sind. Die Datenqualität ist daher „hervorragend“.

Verbreitung und Habitatnutzung
Der Ortolan besiedelt die offene, mit einzelnen Überhältereichen strukturierte,
vielfältig genutzte Agrarlandschaft mit Kartoffelfeldern, ersatzweise Rüben oder
Erbsen sowie Getreide. Günstig sind sandige Wege mit krautigen Säumen. Die Art
gilt als Wärme liebend, so dass vorzugsweise sandige, eher trockene Bereiche
besiedelt werden.
Literaturangaben und Beobachtungsmeldungen belegen, dass der Ortolan auch in
der ersten Hälfte des 20. Jh. in Schleswig- Holstein nur lokal in den südlichen
Landesteilen gebrütet hat, allerdings wesentlich häufiger als danach. Zahlreiche
Nachweise betreffen das Hamburger Umland (bis in die 1960-er Jahre) sowie ein
kleines Gebiet zwischen Lentföhrden und Kaltenkirchen/SE (bis 1980).
Seither stammen nahezu alle brutverdächtigen Nachweise aus dem südlichen
Lauenburg, schwerpunktmäßig vom Büchener Sander zwischen Segrahn/RZ und
Lanze/RZ (teilweise SPA; Abb. 1).
Unmittelbar östlich schließt sich ein Dichtezentrum des Ortolans in Westmecklenburg
an (Hagenow-Boizenburg/LWL, ZIMMERMANN 2006).

                                                                                    23
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Abb. 1: Brutzeitvorkommen des Ortolans in Schleswig-Holstein in den Jahren 2007-2012
       (dargestellt ist jeweils die höchste Anzahl an Brutzeitvorkommen aus diesem
       Zeitraum, Datenquelle: vorwiegend OAG-Archive und SPA-Monitoring).

Bestand und Bestandsentwicklung
Aufgrund der Lage Schleswig-Holsteins am nordwestlichen Rand des
Verbreitungsgebietes des kontinental-mediterran ausgerichteten Ortolans (Abb. 2)
war die Art in Schleswig-Holstein wahrscheinlich nie sehr häufig. In den 1950er- und
1960er-Jahren setzte jedoch ein spürbarer Bestandsrückgang ein, der bis in die
1990er-Jahre anhielt. In der Roten Liste 1995 wurde der Brutbestand in Schleswig-
Holstein daher nur noch auf null bis fünf Paare geschätzt (KNIEF et al. 1995).
KIECKBUSCH & ROMAHN (1999) haben nachfolgend bei ihrer landesweiten
Untersuchung im Jahr 1999 acht singende Ortolane nachgewiesen, von denen
mindestens drei verpaart waren und sehr wahrscheinlich auch gebrütet haben. Den
landesweiten Brutbestand schätzten sie daraufhin auf drei bis fünf Paare. Weitere
Erfassungen ließen um 2006 einen Bestand von 10-15 Paaren möglich erscheinen
(ROMAHN et al. 2008).
Im Zeitraum 2007-2012 wurden zwischen fünf und zwölf Vorkommen pro Jahr
nachgewiesen (Tab. 1). Der landesweite Bestand dürfte demnach weiterhin 10-15
Paare umfassen. Die aktuell etwas höheren Bestandszahlen sind möglicherweise
auch Ausdruck von Schwankungen des mecklenburgischen Vorkommens. Dort hat
der Bestand vermutlich zugenommen, wie auch das Vorkommen im
niedersächsischen Wendland (DEUTSCH 2007).

                                                                                       24
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Abb. 2: Verteilung der Meldungen des Ortolans in Deutschland im Portal Ornitho.de
         zwischen dem 15.05. und 31.07.2012. Gut erkennbar ist das Verbreitungszentrum
         entlang der Elbe von Niedersachsen/Mecklenburg bis nach Sachsen-Anhalt. Der
         Südosten Schleswig-Holstein liegt am nordwestlichen Rand.

                                                                                      25
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012

Tab. 1: Brutzeitvorkommen des Ortolans in Schleswig-Holstein 2007-2012. Jahrweise
       können zudem einzelne unverpaarte, unstete Sänger hinzukommen.
            Ort                         2007 2008 2009 2010 2011 2012
            Bönebüttel/PLÖ                                         1
            Schönberg/RZ                  1                        0
            Labenz, Klärwerk/RZ                     1              1
            Boize-Segrahner Berg/RZ            2                   0
            Langenlehstener Heide/RZ      2    3    3    2    3    4
            Fortkrug/RZ                   2                   4    1
            Bröthen/RZ                    1         1         1    1
            Lehstener Moor/RZ             1         1         1    1
            Büchen-Dorf/RZ                1         1         1    1
            Grabau-Müssen/RZ                             1
            Pötrau/RZ                               1
            Buchhorst-Basedow/RZ                    1    1         1
            Lanze/RZ                      1              1    1    1
            Summe                         9    5    9    5   11   12

2012 sind auf Flächen, auf denen durch den Deutschen Verein für Landschaftspflege
(DVL, H. NEUMANN, U. DIERKING) Naturschutzmaßnahmen durchgeführt oder geplant
werden, bei Ist-Zustandskontrollen einzelne neue Ortolan-Vorkommen ermittelt
worden: Basedow/RZ und Bönebüttel/PLÖ (M. ALBRECHT lt. H. NEUMANN). Das
Vorkommen bei Basedow/RZ liegt in geringer Entfernung zu den Vorkommen um
Büchen/RZ, das im westlichen Kreis Plön auf leichten Böden überrascht hingegen
und sollte in den nächsten Jahren verstärkt kontrolliert werden.

Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand
In dem einzigen SPA mit Ortolan-Vorkommen, dem SPA „Langenlehsten“, das nach
den gebietsspezifischen Erhaltungszielen (gEHZ) eine besondere Bedeutung für
die Art besitzt, siedeln etwa 40-70% des Landesbestandes. Trotz der leichten
Erholung des Bestandes in den letzten Jahren ist der Erhaltungszustand für die Art
aufgrund des immer noch geringen und auf wenige Gebiete konzentrierten
Vorkommens in Schleswig-Holstein insgesamt als „ungünstig“ (C) einzuschätzen.

Gefährdungen und Empfehlungen
Der Ortolan ist in mehrfacher Hinsicht gefährdet:
   -   Intensivierung und Monotonisierung der Ackernutzung, z.B. in Folge des in
       den letzten Jahren verstärkten Maisanbaus, schränken Bruthabitat und
       Nahrungsangebot ein.
   -   Beregnungsanlagen       mit  kaltem   Grundwasser    können            erhebliche
       Nestlingsverluste verursachen (KIECKBUSCH & ROMAHN 1999).
   -   Die Asphaltierung landwirtschaftlicher Wege mit nachfolgend höherem
       Verkehrsaufkommen bedingt Verluste, die bei kleinen Vorkommen
       bestandsbedrohend wirken können (ZIMMERMANN 2006).

                                                                                       26
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