Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012
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Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012 Ziegenmelker Heidelerche Brachpieper Ortolan Foto: R. Martin Auftraggeber: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) des Landes Schleswig-Holstein Mercatorstr. 1 - 3, 24106 Kiel Auftragnehmer: Ornithologische Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-Holstein und Hamburg (OAG) Lütt Dörp 22, 25887 Winnert Bearbeiter: Dr. Knut Jeromin, Dörpstroot 21 b, 24861 Bergenhusen Bernd Koop, Waldwinkel 12, 24306 Plön Oktober 2012
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Inhalt Einleitung ............................................................................................................ 3 Material und Methoden....................................................................................... 3 Ziegenmelker – Caprimulgus europaeus.......................................................... 7 Heidelerche – Lullula arborea............................................................................ 11 Brachpieper – Anthus campestris .................................................................... 20 Ortolan – Emberiza hortulana............................................................................ 23 Zitiervorschlag: KOOP, B. & K. JEROMIN (2012): Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2012 – Ziegenmelker, Heidelerche, Brachpieper, Ortolan. Unveröff. Gutachten, Ornithologische Arbeitsgemeinschaft für Schleswig- Holstein und Hamburg (OAG) im Auftrag des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Kiel. 2
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Einleitung Die Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) (VSchRL) verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Art. 1 und 2). Gem. Art. 3 und Art. 4 (1) sind für die im Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden. Dazu erklären die Mitgliedstaaten die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten (Special Protection Areas = SPAs), stellen in und außerhalb von Schutzgebieten die Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensräume in ausreichender Vielfalt und ausreichender Flächengröße sicher und berichten der EU-Kommission über die Anwendung der Vorschriften (Art. 12). Grundlage dafür ist neben dem Monitoring in den SPAs die Kenntnis der landesweiten Verbreitung und Bestandsentwicklung dieser Arten. In Schleswig-Holstein werden einige seltenere bzw. regional begrenzt vorkommende Arten wie z.B. die Küstenvögel, Seeadler, Schwarzstorch oder Weißstorch jährlich bzw. in kurzen mehrjährigen Abständen vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (trilaterales Monitoring- und Bewertungsprogramm), vom Landesamt für Natur und Umwelt/Staatliche Vogelschutzwarte sowie von Naturschutzverbänden oder Arbeitsgemeinschaften erfasst. Bei den weit verbreiteten Anhang I-Arten ist es dagegen schwierig, landesweite Kartierungen durchzuführen. Als einzig praktikable und kostengünstige Möglichkeit bietet sich hier die Einbeziehung der zahlreichen ehrenamtlichen Beobachter der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-Holstein und Hamburg (OAG) an, verbunden mit der Förderung einer Koordination der Aktivitäten und der gezielten Auswertung des vorhandenen Datenmaterials. Im Rahmen eines Projektvertrages mit dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) erstellt die OAG deshalb seit 2001 alljährlich einen Bericht über den aktuellen Bestand und die Verbreitung ausgewählter Arten und im 6-jährigen Rhythmus ab 2006 einen zusammenfassenden Bericht über die relevanten der verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein. Nachfolgend werden weitere Ergebnisse der zweiten Berichtsperiode vorgestellt. Material und Methoden Die Daten für die Gutachten stammen zu einem Großteil aus den Archiven und Datenbanken der OAG sowie des Arbeitskreises an der Staatlichen Vogelschutzwarte Hamburg, in die regelmäßig die Beobachtungen der ehrenamtlichen Ornithologen aus Schleswig-Holstein und Hamburg einfließen. Um die Datengrundlage weiter zu verbessern, wurde die Aufmerksamkeit der OAG- Mitglieder verstärkt auf die zu bearbeitenden Vogelarten gelenkt. Bei vielen Arten fanden daraufhin gezielte Suchexkursionen und Probeflächenunter-suchungen statt. Ferner wurden bei einigen Arten großräumige Erfassungen durchgeführt oder landesweite Synchronzählungen organisiert. Wichtige Informationen lieferten auch mehrere von der OAG koordinierte Erfassungsprogramme wie die Internationale Wasservogelzählung sowie die Kartierungen zum Atlas deutscher Brutvogelarten „ADEBAR“ und das „Monitoring in der Normallandschaft“. Je nach Ausgangsmaterial und Vollständigkeit wird die Qualität der Daten im Nachfolgenden drei Kategorien zugeordnet: „hervorragend“: Arten, bei denen die Daten auf gezielten landesweiten oder zumindest großflächigen Erfassungen beruhen. 3
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 „gut“: Arten, die regelmäßig und in großem Umfang von den Mitgliedern der OAG gemeldet werden. Nach Aufrufen kam es zudem zu Probeflächenkartierungen. „unbefriedigend“: Heimliche Arten, die selten gemeldet werden und bei denen gezielte Suchexkursionen nur in geringem Umfang erfolgten. Grundlage für die Bewertung des Erhaltungszustandes ist das Schema von KIECKBUSCH & ROMAHN (2007), das wiederum auf Vorschlägen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) beruht und die Definition des Erhaltungszustandes einer Art nach Artikel 1(i) FFH-Richtlinie sowie die Vorgaben für die Standarddatenbögen berücksichtigt: A Hervorragender Erhaltungszustand Definition: Die Lebensbedingungen im Gebiet sind geeignet, um ein langfristiges Überleben der Art zu sichern und eine erfolgreiche Ausweitung der Population zu gewährleisten. Kriterien: Brutbestand In Normaljahren eine hohe Dichte. Bestandsentwicklung Auf hohem Niveau stabile oder anwachsende Population mit ausreichender Reproduktion auch zur Auffrischung anderer Gebiete („Quellen-Population“). Habitatqualität Ein genügend großer Lebensraum mit allen von der Art benötigten Teil- habitaten ist aktuell vorhanden und wird aller Voraussicht nach auch zukünftig vorhanden sein. Die Habitatqualität ist sehr gut. Gefährdungen und Beeinträchtigungen Gefährdungen und nennenswerte Beeinträchtigungen sind nicht erkennbar. 4
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 B Guter Erhaltungszustand Definition: Das Überleben der Population ist aktuell gesichert. Durch geeignete Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen kann die Bedeutung des Gebietes für die Art aber noch erhöht werden. Kriterien: Brutbestand In Normaljahren eine mittlere Dichte. Bestandsentwicklung Bestand stabil. Die Gefahr des Erlöschens durch kurzfristig wirksame Faktoren ist auf Grund der Populationsgröße oder durch Austausch mit anderen Populationen gering. Habitatqualität Ein genügend großer Lebensraum mit allen von der Art benötigten Teilhabitaten ist aktuell vorhanden und wird aller Voraussicht nach auch zukünftig vorhanden sein. Die Habitatqualität ist gut, könnte aber durch geeignete Maßnahmen noch verbessert werden. Gefährdungen und Beeinträchtigungen Gefährdungen und Beeinträchtigungen sind zwar vorhanden, bleiben aber auf einem vertretbaren Niveau. C Ungünstiger Erhaltungszustand Definition: Zur Erhaltung des Bestandes sind Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen dringend erforderlich. Kriterien: Brutbestand Der Bestand ist auf einem sehr geringen Niveau. Bestandsentwicklung Der Bestand ist nicht stetig und vermutlich nur durch Zuwanderung zu erhalten („Senken-Population“); Bestand nimmt kontinuierlich ab. Habitatqualität Ein genügend großer Lebensraum ist nicht vorhanden, nur geringe Teile des Gebietes sind für die Art geeignet. Die Habitatqualität ist nicht ausreichend; wichtige Teilhabitate fehlen. Gefährdungen und Beeinträchtigungen Gefährdungen und Beeinträchtigungen (z. B. regelmäßige Störungen) sind vorhanden. 5
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Für eine Einstufung müssen nicht unbedingt alle der im Kriterienkatalog aufgeführten Einzelkriterien zutreffen, sondern es ist einzelfallbezogen zu entscheiden, welche der Kriterien entscheidungserheblich sind. Literatur KIECKBUSCH, J. J. & K. S. ROMAHN (2007): Brutvogelmonitoring in den schleswig- holsteinischen EU-Vogelschutzgebieten in den Jahren 2000-2006. Bericht im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. 6
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Ziegenmelker - Caprimulgus europaeus Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN Allgemeines Nachtschwalben wie der Europäische Ziegenmelker sind nachaktive Insektenjäger warm-trockener, halboffener Habitate. In Mittel- und Nordeuropa ist die Art selten, nach Osten und Süden hin häufiger. Der europäische Bestand wird auf 470.000- 1.000.000 Paare geschätzt (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004). Die Verbreitungsschwerpunkte liegen in Russland (100.000-300.000 Paare), in der Türkei (100.000-200.000 Paare), Spanien (82.000-112.000 Paare) und Frankreich (40.000-160.000 Paare). In Deutschland wird von 5.600-6.400 Paaren ausgegangen (SÜDBECK et al. 2007). Von Schleswig-Holsteins Nachbarländern weist vor allem Niedersachsen mit 1.800 Paaren einen größeren Bestand auf (KRÜGER & OLTMANNS 2007). Mecklenburg-Vorpommern (150-200 Paare, EICHSTÄDT et al. 2003) und Hamburg (5 Paare, MITSCHKE 2007) sind deutlich geringer besiedelt. In Mecklenburg- Vorpommern besteht direkt angrenzend an Schleswig-Holstein ein größeres Vorkommen auf dem Truppenübungsplatz Lübtheener Heide/LWL, das im Jahr 2007 142 Reviere umfasste (FUCHS et al. 2011). Auch in Jütland ist der Ziegenmelker weiterhin mit einem stabilen Bestand von 490-530 Brutpaaren/schnurrenden Männchen vertreten (NYEGAARD 2011, J. TOFT mdl.), von denen die südlichsten unmittelbar nördlich der Landesgrenze in der Frøslev-Plantage brüten (J. TOFT, mdl.). In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wird der Ziegenmelker in der Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht“ geführt, während er in Niedersachsen und im gesamten Bundesgebiet bislang lediglich als „gefährdet“ (Kategorie 3) gilt. Der kurzfristige Trend wird gegenwärtig vielerorts mit gleichbleibend angegeben. Methodik und Datenqualität Der Kenntnisstand war im ersten Berichtszeitraum durch eine gezielte landesweite Erfassung im Jahr 1999 von KIECKBUSCH & ROMAHN (2000) „hervorragend“. Im südöstlichen Lauenburg sind im Rahmen des SPA-Monitorings auch im Zeitraum 2007-2012 gezielte Nachtexkursionen durchgeführt worden. Weitere Dämmerungsexkursionen fanden im Segeberger Forst (SPA „Barker und Wittenborner Heide“ und weitere Flächen) und im Raum Süderlügum/NF statt. Die letzten bekannt gewordenen Brutgebiete sind gezielt aufgesucht worden, ebenso einige weitere potenziell geeignete Flächen. Da die Art aber auch in Gebieten brüten könnte, wo sie nicht unbedingt zu erwarten ist und die nicht kontrolliert worden sind, z.B. Kiesgruben, wird die aktuelle Datenqualität als „gut“ eingestuft. Verbreitung und Habitatnutzung Als Brutgebiete werden in Mitteleuropa heute vor allem lockere Koniferenwälder und –forste mit niedrigen Schonungen, Kahlschlägen und Windbrüchen sowie militärische Übungsplätze besiedelt (u. a. KLAFS & STÜBS 1987, BAUER & BERTHOLD 1996). Warme, trockene und lichte Gehölzbestände, aufgrund des bevorzugten sandigen Bodens zumeist Kiefern, bilden dabei den typischen Lebensraum. Offene Stellen entstehen hier natürlicherweise durch Sturmwurf, Feuer oder Insektenkalamitäten. Als Ersatzlebensräume werden Schneisen in Wäldern, junge Schonungen oder Truppenübungsplätze besiedelt, wo durch den Übungsbetrieb offene Stellen verbleiben. Trockene Hochmoore, Binnendünen und Heideflächen mit einzelnen Baumgruppen werden ebenfalls angenommen. Wildäcker mit Einsaat von Futterpflanzen werden dagegen gemieden, ebenso Kiefernbestände mit einem 7
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Unterwuchs aus Spätblühender Traubenkirsche (Prunus serotina; B. KOOP im Kreis Celle). Vermutlich ist der Ziegenmelker kein regelmäßiger Brutvogel im Lande mehr. Die letzten Meldungen singender Vögel stammen vorwiegend aus Nadelwäldern der Geest (Abb. 1). Sie reichen vom ehemaligen Verbreitungsschwerpunkt im Kreis Herzogtum Lauenburg ganz im Südosten des Landes über die Kreise Segeberg und Ostholstein sowie die kreisfreie Stadt Neumünster bis in den Kreis Nordfriesland im Nordwesten. Abb. 1: Brutzeitvorkommen (Brutstatus häufig unsicher) des Ziegenmelkers in Schleswig- Holstein im Zeitraum 2003-2012 (dargestellt ist jeweils die höchste Anzahl an Brutzeitvorkommen aus diesem Zeitraum, Datenquelle: vorwiegend OAG-Archive). Bestand und Bestandsentwicklung Noch in den 1960-er Jahren gab es zum Bestand des Ziegenmelkers aufgrund seiner Häufigkeit anstatt exakter Zahlenangaben in günstigen Gebieten lediglich Angaben wie „zahlreich“ oder „häufig“. Der Bestand könnte demzufolge um 1960 etwa 150-200 Paare umfasst haben (DAUNICHT 1985). Danach muss er innerhalb kurzer Zeit eingebrochen sein, denn 1981 wurden lediglich 18, 1984 nur noch vier Reviere erfasst (DAUNICHT 1985). Eine gezielte Nachsuche 1999 in den alten Schwerpunktgebieten und anderen strukturell geeigneten Gebieten ergab ausschließlich Fehlanzeigen (KIECKBUSCH & ROMAHN 2000), so dass der landesweite Bestand im Berichtszeitraum 1999-2006 auf null bis drei Reviere geschätzt wurde. Seitdem haben selbst gezielte Nachsuchen in den EU-Vogelschutzgebieten, die für die Art potenziell geeignet sein könnten, wie die SPAs „Binnendünen und Moorlandschaft im Sorgetal“, „Barker und Wittenborner Heide“, „Langenlehsten“ und „Besenhorster Sandberge“, keine Positivnachweise erbracht (ROMAHN et al. 2008), 8
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 obwohl es vor allem in Langenlehsten immer wieder vereinzelte Hinweise auf Vorkommen gegeben hat. Seit 2003 sind nachfolgende, zumeist einmalige Brutzeitmeldungen bekannt geworden, die nicht unbedingt Durchzügler betreffen müssen und eventuell noch ein unregelmäßiges Vorkommen dokumentieren: 2003 zwei singende Männchen an zwei Stellen im Segeberger Forst/SE (A. ORTMANN, H.D. MARTENS); 19.05.2004 ein Männchen Süderlügum/NF (K.-H. REISER), ein singendes Männchen Langenlehstener Heide/RZ (SPA; T. ALBAT); 11.06. 2005 ein Individuum Bröthen/RZ (SPA; I. & A. FAHNE); 25.05. und 13.06.2005 ein singendes Männchen bei Wittorferfeld/NMS (D. HAMMERICH); 2006 keine Beobachtungen; 16.05.2007 ein Individuum Forst Süderlügum/NF (I. & A. FAHNE); 28.05.2008 ein Individuum Langenhorner Heide/NF (W. STRIBERNY) und ein Individuum Löwenstedter Sandberge/NF (K. ROMAHN); 16.06.2008 ein Individuum Kiesgrube Woltersdorf/RZ (lt. A. FRÄDRICH); 11.05.2009 ein Individuum Schmilau/RZ an der Draisinenbahn (C. HERDEN); 2010 keine Beobachtungen; 07.08.2011 ein Individuum Struvenhüttener Moor/SE (D. BRÜCHMANN über W. KNIEF), vermutlich Durchzügler; 2012 ein Individuum Kiesgrube Ratekau/OH (K. VOSS); 29.04.2012 zwei Individuen Kiebitzholmer Moor/SE (I. & A. FAHNE). Zumindest der Forst Süderlügum war früher regelmäßig besetzt. Zuletzt gab es hier Fehlanzeigen (S. LORENZEN). Der aktuelle landesweite Bestand dürfte weiterhin null bis drei Reviere umfassen. Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand Von den SPAs wies im Berichtszeitraum einzig das SPA „Langenlehsten“ unregelmäßig einzelne Ziegenmelkervorkommen auf. Laut gebietsspezifischer Erhaltungsziele (gEHZ) gehört dieses SPA zusammen mit dem SPA „Grönauer Heide“ zu den EU-Vogelschutzgebieten, die für die Art von besonderer Bedeutung sind. Aufgrund des insgesamt nur sporadischen Auftretens wird auf eine Berechnung des Anteils in den SPAs verzichtet. Der Erhaltungszustand für den Ziegenmelker wird bei einem geschätzten landesweiten Brutbestand von lediglich null bis drei Revieren mit „ungünstig“ ( C) bewertet. Gefährdungen und Empfehlungen Die Rückgangsursachen des Ziegenmelkerbestandes in Schleswig-Holstein dürften vielschichtig sein. Klimatische Gründe wie Zunahme der Sommerniederschläge und Rückgang der Sonnenscheindauer im Juni reichen alleine als Erklärung nicht aus, sie verschärfen bestenfalls die Entwicklung, denn die angrenzenden süddänischen Vorkommen sind für die Art klimatisch nicht wesentlich günstiger als Südholstein. Entscheidend könnten Veränderungen in den Lebensräumen sein: Eutrophierung der natürlicherweise mageren Standorte, Verdrängung der heimischen Gehölze durch Neophyten, z.B. durch die Späte Traubenkirsche (Prunus serotina) in 9
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Langenlehsten/RZ und der Rückgang von Großschmetterlingen im Wald als Nahrungsgrundlage. Die Offenhaltung geeigneter Habitate sollte dennoch fortgesetzt werden, da durchaus die Möglichkeit einer Wiederausbreitung besteht. Literatur BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. Aula, Wiesbaden. BURFIELD, I. & F. VAN BOMMEL (2004): Birds in Europe. Population estimates, trends and conservation status. BirdLife International, BirdLife Conservation Series No. 12, Cambridge. DAUNICHT, W. D. (1985): Zum Vorkommen des Ziegenmelkers (Caprimulgus europaeus) in Schleswig-Holstein und auf der „Fahlen Heide“ in Niedersachsen. Corax 11: 97-120. EICHSTÄDT, W., D. SELLIN & H. ZIMMERMANN (2003): Rote Liste der Brutvögel Mecklenburg- Vorpommerns. Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin. FUCHS, T, B. HÖNISCH, J. MELTER und H. EGGERS (2011): Brutvogelerfassung auf dem TÜP Lübtheen. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. 47: 49-64. KIECKBUSCH, J.J. & K.S. ROMAHN (2000): Brutbestand, Bestandsentwicklung und Bruthabitate von Heidelerche (Lullula arborea) und Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) in Schleswig-Holstein. Corax 18: 142-159. KIECKBUSCH, J. & K. ROMAHN (2008): Monitoring in schleswig-holsteinischen EU- Vogelschutzgebieten. SPA „Langenlehsten“. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek. KLAFS, G. & J. STÜBS (1987): Die Vogelwelt Mecklenburgs. Fischer, Jena. KRÜGER, T. & B. OLTMANNS (2007): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel, 7. Fassung, Stand 2007. Informat. d. Naturschutz Niedersachs. 3: 131-175. MITSCHKE, A. (2007): Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg, 3. Fassung 2006. Hamburger avifaun. Beitr. 34: 183-227. NYEGAARD, T. (2011): Truede og sjældne ynglefugle i Danmark 2011. Monitoring dänischer seltener Brutvögel, 14. Bericht. www.dof.dk. ROMAHN, K., K. JEROMIN, J. KIECKBUSCH, B. KOOP & B. STRUWE-JUHL (2008): Europäischer Vogelschutz in Schleswig-Holstein. Arten und Schutzgebiete. Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek. SÜDBECK, P., H.-G. BAUER, M. BOSCHERT, P. BOYE & W. KNIEF (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81. 10
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Heidelerche - Lullula arborea Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN Allgemeines Die Heidelerche ist eine Charakterart sandiger, offener Böden. Mit ihrem Gesang prägt sie diese Lebensräume nachhaltig. Der europäische Bestand umfasst 1.300.000-3.300.000 Revierpaare (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004). Die Verbreitungsschwerpunkte liegen überwiegend in Südeuropa. Spanien weist 560.000-1.300.000 Revierpaare auf, Portugal 50.000-500.000 und die Türkei 150.000-350.000. In Deutschland wird der Bestand auf 44.000-60.000 Revierpaare geschätzt (SÜDBECK et al. 2007). Auf Niedersachsen entfallen davon 6.250 Revierpaare (KRÜGER & OLTMANNS 2007), auf Mecklenburg-Vorpommern 4.000- 5.000 (EICHSTÄDT et al. 2003) und auf Hamburg 18 (MITSCHKE 2007). In Mecklenburg-Vorpommern siedelten 2007 alleine auf dem direkt an Schleswig- Holstein angrenzenden Truppenübungsplatz Lübtheener Heide/LWL 167 Revierpaare (FUCHS et al. 2011), und im nördlich anschließenden Jütland/DK umfasst der Bestand aktuell ca. 350-450 Reviere (NYEGAARD 2011). In Mecklenburg- Vorpommern, Hamburg und Deutschland wurde zuletzt von ansteigenden, in Niedersachsen von stabilen Beständen ausgegangen. Methodik, Datenqualität Die Heidelerche gehört zu den verbreiteten Arten im Lande, deren vollständige Erfassung nur durch Brutvogelatlasprojekte oder sehr ausgedehnte, gezielte Nachsuchen möglich ist. 2005-2009 erfolgte die Erfassung der Brutvögel im ADEBAR-Projekt. In diesem Projekt sind die Schwerpunktbereiche erneut erfasst worden. Lücken verblieben auf der Geest in den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg sowie in den Kreisen Dithmarschen und Steinburg. Aus diesen Gebieten lagen nur punktuelle Daten vor, z.B. aus Naturschutzgebieten oder gezielt aufgesuchten Bereichen. Die Aussagen zur Bestandsentwicklung in diesem Bericht basieren daher im Wesentlichen auf dem Vergleich des Zustandes von 1999 (KIECKBUSCH & ROMAHN 2000), Grundlage für die Darstellung in BERNDT et al. (2003) und dem Zustand im Zeitraum der ADEBAR-Kartierung. Sämtliche EU-Vogelschutzgebiete sind bis 2012 zweimal erfasst worden, so dass für diese Gebiete eine gute Vergleichsmöglichkeit besteht. Die Datenqualität wird damit als „gut“ bewertet. Habitatnutzung und Verbreitung Die Verbreitungsschwerpunkte der Heidelerche in Schleswig-Holstein liegen auf der Sandergeest (nördlich von Rendsburg/RD, Bereich des Segeberger Forstes/SE) sowie auf der Altmoräne (Lecker, Itzehoer und Pinneberger Geest sowie Büchener Sandplatte; Abb. 1). Daneben werden auch isoliert liegende Binnendünen- und Binnensanderflächen besiedelt, wie die Binnendünen am Treßsee/SL, die Münsterdorfer Geestinsel/IZ, die Holmer Sandberge/PI sowie Sanderflächen südlich von Lübeck/HL und die Kiesgrubengebiete im Raum Stocksee-Tensfeld/SE. Die Heidelerche benötigt ein kleinräumiges Nebeneinander sandiger, vegetationsarmer, sich rasch erwärmender Flächen mit angrenzenden Baumbeständen als Windschutz und Singwarte. Solche Mosaike entstehen vorübergehend durch Windwurf, Waldbrand oder Insektenkalamitäten in Nadelholzbeständen auf sandigen Böden, z.B. im Segeberger Forst/SE. Die 11
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Habitatansprüche werden auch auf einigen militärischen Übungsplätzen erfüllt, da diese meist auf armen Böden liegen, oft einen parkartigen Wechsel von Wald und Offenland aufweisen und dort durch den Übungsbetrieb immer wieder offene Bodenstellen entstehen (z.B. Krummenorter Heide/RD, Wittenborn/SE, Kaltenkirchen/SE). In der übrigen Landschaft gibt es dieses Nebeneinander von Waldrändern und sandigen, unbefestigten Fahrwegen zwischen Wald und angrenzenden Flächen nur noch selten. Während der ADEBAR-Erfassung wurden recht regelmäßig Reviere an sandigen Waldrändern angrenzend an Maisäcker gefunden, insbesondere im Raum Halloh/Segeberger Forst, in der Umgebung von Mölln/RZ und im Bereich Gudow/RZ sowie 2012 im Schaalsee-Gebiet (KOOP 2012). Im Raum Stocksee-Tensfeld-Damsdorf/SE brüten Heidelerchen an breiten sandigen Säumen von Kiesgruben und in jungen Sukzessionsstadien aufgelassener Kiesgruben. Im südöstlichen Herzogtum Lauenburg sind auch Ackerbrachen und „Naturschutzäcker“ auf sandigen Böden besiedelt (Bröthen-Fortkrug- Langenlehsten/RZ, KIECKBUSCH & ROMAHN 2000). In den letzten Jahren sind einige Sänger zudem in Weihnachtsbaumkulturen im ansonsten unbesiedelten Hügelland festgestellt worden. Abb. 1: Brutverbreitung der Heidelerche in Schleswig-Holstein und auf dem Grenzstreifen zu Mecklenburg im Zeitraum 2005-2012 (Anzahl der Reviere pro TK 25-Quadrant, Datenquelle: vorwiegend „ADEBAR“-Kartierung). Bestand und Bestandsentwicklung Bis in die 1960-er Jahre war die Heidelerche erheblich weiter verbreitet und brütete nicht nur auf dem Mittelrücken, sondern auch in vielen kleinräumigen Sandbodenarealen der Jungmoräne (LUNAU 1935, BECKMANN 1951). DAUNICHT (1985) schätzte für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Bestand von „mehreren hundert (eventuell über 1.000) Paaren“, für 1983 und 1984 anhand einer 12
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 landesweiten Erfassung aber nur noch 140 bis 200 Paare. Im Vergleich mit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die Jungmoräne und der Geestabhang zur Marsch vollständig geräumt. Die Heidelerche war nicht mehr flächig verbreitet, sondern konzentrierte sich auf die auch heute noch besiedelten Schwerpunktbereiche. Nachfolgend ging der Bestand noch etwas weiter zurück, so dass 1990 nur noch von 50-100 bzw. 1995 von 90 Revierpaaren ausgegangen wurde (KNIEF et al 1990 bzw. KNIEF et al. 1995), bevor er sich anschließend wieder leicht erholte. Bei einer weiteren landesweiten Erfassung 1999 ergaben sich etwa 170 bis 180 Paare bei einer ähnlichen Verbreitung wie in den 1980-er Jahren (KIECKBUSCH & ROMAHN 2000). Hinzu kamen 20 Paare auf dem Grenzstreifen zu Mecklenburg im Bereich von Langenlehsten/RZ und Bröthen/RZ. Die zweite Atlaskartierung von 2005 bis 2009 erbrachte einen Bestand von ca. 250 Paaren/Revieren, dazu wiederum 20-25 Reviere auf dem alten, innerdeutschen Grenzstreifen (Lübeck/HL, Langenlehsten-Bröthen/RZ). Der aktuell etwas höhere Bestand dürfte auf einigen günstigen, z.T. allerdings nur zeitlich begrenzten Entwicklungen beruhen: Bis vor wenigen Jahren gab es vermehrt Ackerbrachen auf sandigen Böden, zudem wurden lokal offene Dünen- und Heidehabitate wiederhergestellt (z. B. Loher Gehege/RD, Ochsenweg Sorgbrück/RD, Treßsee/SL, Barker und Wittenborner Heide/SE, Nordoer Heide/IZ) und Naturschutzäcker sowie - brachen angelegt (Langenlehsten-Fortkrug/RZ). Gebiete mit mehr fünf oder mehr Sängern sind weiterhin selten (s. Tab. Anhang): - 2005 acht bis zehn Sänger Holmer Sandberge/PI (HARTMANN et al. 2007), 2009 hier erneut acht (J. MOHRDIECK); - 2008 fünf Sänger in der Wittenborner Heide/SE (J. KIECKBUSCH, K. ROMAHN); - 2009 acht Sänger Grambeker Heide/RZ (R.K. BERNDT); - 2010 sechs Sänger im Raum Kaltenkirchen-Heidkaten/SE (K. SIMON, W. DAUNICHT); - 2011 sieben Sänger im Möllner Forst/RZ (B. KOOP, B. STRUWE-JUHL); - 2012 sieben Sänger im Bereich Damsdorfer Kiesgruben/SE und Tarbek- Tensfelder Moor/SE (I. & A. FAHNE, H. LEMKE, B. KOOP, B. STRUWE-JUHL); - sowie nahezu alljährlich der Raum um Langenlehsten-Bröthen/RZ. Hier ergab das SPA-Monitoring 2006 30 und 2010 29 Reviere (KIECKBUSCH & ROMAHN 2011). 2007 stellten I. & A. FAHNE hier 22 Sänger fest, und in der Brutzeit 2011 wurden im Raum Langenlehsten-Büchener Sander von Besenthal bis Bröthen und Büchen-Dorf/RZ 23 Reviere nachgewiesen (U. DIERKING, A. FRÄDRICH, R. FRANKE, H. NEUMANN, B. STRUWE-JUHL). Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand Im Zeitraum 2000-2006 waren in den SPAs des Landes 57 Heidelerchenreviere festgestellt worden (Tab. 1). Bis 2012 hat sich dieser Bestand nur geringfügig geändert. Das mit Abstand bedeutendste SPA mit weitgehend stabilen Beständen ist „Langenlehsten“. Es zählt wie die EU-Vogelschutzgebiete „Binnendünen und Moorlandschaft im Sorgetal“, „Barker und Wittenborner Heide“ und „Grönauer Heide“ zu den SPAs, die laut der gebietsspezifischen Erhaltungsziele (gEHZ) für die Art von besonderer Bedeutung sind. Sie alle weisen nennenswerte Heidelerchenbestände auf. Die auffällige Bestandsabnahme im SPA „Barker und Wittenborner Heide“ beruht in erster Linie auf dem Aufwachsen von Aufforstungen, die bei der zweiten 13
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Kartierung für die Art nicht mehr geeignet waren (KIECKBUSCH & Romahn 2009). Die EU-Vogelschutzgebiete „Wälder im Aukrug“, „Schaalseegebiet“ und „NSG Besenhorster Sandberge“ sind nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen (gEHZ) für die Heidelerche von Bedeutung. Sie weisen deutlich geringere Bestände als die zuvor genannten SPAs auf und sind nur sporadisch besiedelt. Insgesamt beherbergen die SPAs einen Anteil von knapp 20 % des Landesbestandes. Aufgrund des gestiegenen Landesbestandes bei gleichzeitig unzureichendem Pflegezustand vieler ungeschützter Gebiete ist der Erhaltungszustand „gut“ (B) mit Einschränkungen. Tab. 1: Vorkommen der Heidelerche in den EU-Vogelschutzgebieten des Landes Schleswig- Holstein. SPA 2000-2006 2007-2012 Binnendünen und Moorlandschaft Sorgetal 4 5 Wälder im Aukrug 0 0 Barker und Wittenborner Heide 17 7 Grönauer Heide 5 6 NSG Oldenburger See und Umgebung 0 1 Schaalseegebiet 0 4 NSG Besenhorster Sandberge 1 0 Langenlehsten 30 29 Summe 57 52 Gefährdungen und Empfehlungen Der starke Bestandsrückgang in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war vor allem Folge der Vernichtung geeigneter Lebensräume. Noch bis in die 1980-er Jahre wurden „Ödländereien“ aufgeforstet oder in landwirtschaftliche Nutzung genommen, darunter auch alle kleinräumig geeigneten Flächen im Östlichen Hügelland. Hinzu kam die allgemeine Eutrophierung der Landschaft durch die intensive Landwirtschaft, die zum weitgehenden Verschwinden von nährstoffarmen und damit niedrigwüchsigen Wald- und Wegrändern führte. Die leichte Bestandszunahme in den letzten Jahren liegt wahrscheinlich an den zeitweise etwas günstigeren Habitatbedingungen infolge der Flächenstilllegung auf ärmeren Böden. Der in jüngster Zeit erneut zu beobachtende Wandel der Landnutzung mit großflächigem Maisanbau zu Ungunsten von Brachen dürfte sich jedoch in Zukunft negativ auf die Bestandsentwicklung der Heidelerche auswirken. Maisfelder werden zwar zumindest in Trockenjahren besiedelt, da die dann schlecht auflaufenden Maispflanzen nur lückig stehen und größere vegetationsarme Flächen an Waldrändern einen günstigen Lebensraum vortäuschen. Heidelerchen, die auf Maisfeldern Reviere besetzen, bleiben aber oft unverpaart, da das Nahrungsangebot auf den intensiv bearbeiteten Flächen nicht ausreicht. Vorkommen auf militärischen Übungsplätzen leiden in den letzten Jahren darunter, dass zur Verminderung der Staubentwicklung sandige Wege geschottert worden sind. Des Weiteren hat die Bundeswehr im Rahmen ihrer Umstrukturierung einige Übungsplätze aufgegeben. Nur bei einer nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten geregelten Folgenutzung bleiben die Flächen als Heidelerchenlebensräume erhalten, ansonsten wachsen sie bei fortschreitender 14
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Sukzession zu. Ein positives Beispiel ist die Pflegebeweidung auf dem ehemaligen Standortübungsplatz Nordoer Heide/IZ. Geeignete Naturschutzmaßnahmen wie die Öffnung von Binnendünenkomplexen führen schnell zur Wiederansiedlung (Loher Gehege/RD, Dünen am Treßsee/SL). In durch Sturmbruch oder Insektenbefall aufgelichteten Nadelforsten sollten eine natürliche Sukzession anstelle umgehender Neuaufforstungen zugelassen und Teilflächen gezielt freigehalten werden. Dies gilt insbesondere in dem als EU- Vogelschutzgebiet ausgewiesenen Teil des Segeberger Forstes. Literatur BECKMANN, K. O. (1951): Die Vogelwelt Schleswig-Holsteins. 1. Auflage, Wachholtz, Neumünster. BERNDT, R.K., B. KOOP & B. STTRUWE-JUHL (2003): Vogelwelt Schleswig-Holsteins, Band 5: Brutvogelatlas. Wachholtz, Neumünster. BURFIELD, I. & F. VAN BOMMEL (2004): Birds in Europe. Population estimates, trends and conservation status. BirdLife International, BirdLife Conservation Series No. 12, Cambridge. DAUNICHT, W.D. (1985): Das Vorkommen der Heidelerche (Lullula arborea) in Schleswig- Holstein. Corax 11: 1-44. EICHSTÄDT, W., D. SELLIN & H. ZIMMERMANN (2003): Rote Liste der Brutvögel Mecklenburg- Vorpommerns. Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin. FUCHS, T, B. HÖNISCH, J. MELTER und H. EGGERS (2011): Brutvogelerfassung auf dem TÜP Lübtheen. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. 47: 49-64. HARTMANN, J., S. BAUMUNG, B. KONDZIELLA, B. KREBS, A. MITSCHKE & F. SCHAWALLER (2007): Ornithologischer Jahresbericht 2001-2005 für das Hamburger Berichtsgebiet. Hamb. Avifaun. Beiträge 34: 49-177. KIECKBUSCH, J.J. & K.S. ROMAHN (2000): Brutbestand, Bestandsentwicklung und Bruthabitate von Heidelerche (Lullula arborea) und Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) in Schleswig-Holstein. Corax 18: 142-159. KIECKBUSCH, J. & K. ROMAHN (2009): Monitoring in schleswig-holsteinischen EU- Vogelschutzgebieten. SPA „Barker und Wittenborner Heide“. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig- Holstein, Flintbek. KIECKBUSCH, J. & K. ROMAHN (2011): Monitoring in schleswig-holsteinischen EU- Vogelschutzgebieten. SPA „Langenlehsten“. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek. KNIEF, W., R.K. BERNDT, G. BUSCHE & B. STRUWE (1990): Die Brutvögel Schleswig-Holsteins – Rote Liste. Landesamt für Naturschutz und Landschaftspflege Schleswig-Holstein, Kiel. KNIEF, W., R.K. BERNDT, T. GALL, B. HÄLTERLEIN, B. KOOP & B. STRUWE-JUHL (1995): Die Brutvögel Schleswig-Holsteins- Rote Liste. Landesamt für Natur und Umwelt , Flintbek. KOOP, B. (2012): Monitoring in schleswig-holsteinischen EU-Vogelschutzgebieten. SPA „Schaalsee-Gebiet“. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek. KRÜGER, T. & B. OLTMANNS (2007): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel, 7. Fassung, Stand 2007. Informat. d. Naturschutz Niedersachs. 3: 131-175. LUNAU, C. (1935): Die Heidelerche im östlichen Holstein. Heimat (Kiel) 45: 167-168. 15
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 MITSCHKE, A. (2007): Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg, 3. Fassung 2006. Hamburger avifaun. Beitr. 34: 183-227. NYEGAARD, T. (2011): Truede og sjældne ynglefugle i Danmark 2011. Monitoring dänischer seltener Brutvögel, 14. Bericht. www.dof.dk. SÜDBECK, P., H.-G. BAUER, M. BOSCHERT, P. BOYE & W. KNIEF (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81. Anhang Tab. Anhang: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein 2007-2012. Ort TK 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Beobachter Westre 1119-2 2 H. Christensen Langenberg 1219-2 2 1 0 I. & A. Fahne, H. Christensen Engerheide 1219-3 1 0 I. & A. Fahne Langenberger Forst 1219-4 1 H. Christensen Enge-Sande 1219-4 1 I. & A. Fahne Bargum 1219-4 0 I. & A. Fahne Langenberger Forst 1220-3 3 I. & A. Fahne Wallsbüll 1221-1 1 1 I. & A. Fahne, H. Christensen Treene-Treßsee 1222-4 1 I. & A. Fahne Treene-Juleweihe 1222-4 1 K. Fiehl J. Kieckbusch, K. Romahn, K. Sorgwohlder Dünen 1623-1 1 1 1 Bütje Owschlager Moor 1623-2 1 1 2 K. Bütje, B. Struwe-Juhl J. Kieckbusch, K. Romahn, S. Loher Gehege 1623-2 2 3 2 Rathgeber Fockbek, Kieskuhle 1623-4 1 S. Rathgeber J. Kieckbusch, K. Romahn, I. Krummenorter Heide 1623-4 3 4 4 & A. Fahne Hamdorfer Gehege 1723-1 1 B. Koop Jevenstedt, Pollhorn 1723-4 1 R. Wittenberg Stadtmoor 1724-1 1 K. Bütje Bokeler Moor 1724-3 1 1 R. Wittenberg, I. & A. Fahne Nienkattbek/Katzheide 1724-3 3 R.K. Berndt Bokelholmer Teiche 1724-4 2 K. Bütje Rümlandteich 1725-1 1 N. Gaedecke Kleinvollstedt 1725-3 1 K. Bütje Langwedel 1725-3 1 I. & A. Fahne Langwedel 1825-1 1 R.K. Berndt Gnutz 1825-3 1 H. Lemke Wacken 1922-3 3 R. Wittenberg Silzen 1923-4 1 R. Wittenberg 16
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Tab. Anhang/Fortsetzung: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein 2007-2012. Ort TK 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Beobachter Sünderbek 1926-1 1 H. Nickel Neumünster, Grellenkamp 1926-1 1 H. Nickel Schwienhagen 1926-3 1 H. Augst Damsdorfer Kiesgruben Ost 1927-2 2 B. Koop B. Struwe-Juhl, B. Koop, I. & Damsdorfer Kiesgruben Nord 1927-2 2 A. Fahne Wardel 1927-4 1 B. Struwe-Juhl, B. Koop Tarbeker Moor 1927-4 2 B. Koop Pettluis 1927-4 1 B. Koop Hornsmühlen 1928-1 1 B. Koop Moorkate, Stocksee 1928-1 1 B. Struwe-Juhl Schlotfeld 2023-1 1 L. Peters Störkathen 2024-1 2 2 K. Simon Wiemersdorf 2025-4 1 D. Buschmann Bimöhlen 2026-1 1 T. Hansen Halloh, Rieshorn 2026-1 1 B. Koop Halloh, Rodenbek 2026-1 1 B. Koop Halloh, Parkplatz 2026-1 2 B. Koop Stellbrookmoor 2026-1 1 B. Koop Littloh 2026-2 4 B. Koop Radesforde 2026-2 1 B. Struwe-Juhl Schönmoor 2026-2 1 B. Struwe-Juhl Segeberger Forst, 2026-2 2 H. Thies Hegebuchenbusch T. Hansen, J. Kieckbusch, K. Barker Heide 2026-4 2 2 3 2 Romahn, S. Grell Bark, Ortsrand 2026-4 1 H. Hansen Bockhorn, Klärteich 2026-4 1 1 H. Thies Segeberger Forst, Schafhaus 2026-4 1 H. Thies Wittenborner Heide 2026-4 5 3 J. Kieckbusch, K. Romahn Kiebitzholm 2027-1 1 1 I. & A. Fahne, B. Struwe-Juhl Negernbötel 2027-1 1 T. Hansen Nordoe 2123-3 3 R.K. Berndt Lutzhorn, Golfplatz 2124-1 1 1 P. Schleef Lutzhorn, Morgenländerhof 2124-1 1 K. Simon Lutzhorn, Wendlohe 2124-1 1 K. Simon Heidmoor 2124-4 1 K. Simon Krückau Langeln 2125-3 1 1 K. Simon Kaltenkirchen-Heidkaten 2125-3 2 6 K. Simon, W. Daunicht Grönauer Heide 2130-3 3 4 2 B. Moreth, T. Herfurth Kummerfeld 2224-4 1 G. Werhahn Borstel-Hohenraden 2224-4 2 P. Schleef Krummesse, Heidteich 2229-2 1 B. Moreth 17
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Tab. Anhang/Fortsetzung: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein 2007-2012. Ort TK 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Beobachter Brömbsenmühle 2229-2 1 B. Koop Uetersen 2324-1 1 H. Ewers, U. Dilchert Holmer Sandberge, Baumschule 2324-3 2 J. Mohrdiek Holmer Sandberge 2324-3 4 5 8 5 5 J. Mohrdiek Holm, Happelbach 2324-3 1 H.-H. Dürnberg Holm, Gewerbegebiet 2324-3 1 J. Mohrdiek Buttermoor 2324-4 1 P. Schleef Halstenbek, Baumschule 2324-4 1 P. Schleef Klövensteen 2324-4 1 A. Dwenger Ellerbek 2325-1 1 D. Bentzien Tangstedt 2325-1 1 D. Bentzien Rellingen, Baumschule Heidkamp 2325-3 1 P. Schleef Rellingen, Baumschule Egenbüttel 2325-3 1 P. Schleef Drüsen, Brache 2330-3 1 B. Koop Möllner Forst 2330-3 2 7 B. Struwe-Juhl, B. Koop Althorst 2330-4 1 B. Koop Oldenburger See 2330-4 1 B. Koop Brunsmarker Tannen 2330-4 1 B. Koop Salemer-Dargower Heide 2331-3 3 B. Koop Sterleyer Heide 2331-3 1 B. Koop Wedel, Baumschulen 2424-1 2 1 J. Mohrdiek Wedel, Kiesgruben 2424-1 1 J. Mohrdiek Bille Reinbek 2427-4 2 M. Fleischer Sachsenwald, Koopshorst 2428-3 1 M. Fleischer Elmenhorst 2429-1 1 A. Dwenger Roseburg 2429-4 4 A. Dwenger Fitzen 2429-4 1 A. Frädrich R.K. Berndt, B. Koop, U. Grambeker Heide 2430-1 2 8 Dierking Göttin 2430-1 1 2 B. Koop Segrahner Berg 2430-2 1 3 1 B. Koop Segrahner See 2430-2 1 1 B. Koop Hellbachtal 2430-3 1 A. Frädrich B. Koop, H. Neumann, U. Besenthal, Ortsrand 2430-3 2 1 Dierking Lehstener Moor 2430-3 (3) 2 1 B. Struwe-Juhl, B. Koop Segrahner Berg, Südteil 2430-4 2 1 B. Koop Langenlehsten 2430-4 4 (6) 3 5 B. Koop, A. Frädrich J. Kieckbusch, K. Romahn, B. Langenlehsten, Grenzstreifen 2430-4 4 Koop I. & A. Fahne, J. Kieckbusch, Langenlehsten-Bröthen gesamt 2430-4 22 29 K. Romahn Geesthacht 2528-3 0 1 A. Dwenger 18
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Tab. Anhang/Fortsetzung: Brutzeitvorkommen der Heidelerche in Schleswig-Holstein 2007-2012. Ort TK 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Beobachter Bartelsdorf 2529-1 1 A. Frädrich Müssen 2529-1 1 A. Dwenger Büchen-Witzeeze 2529-2 1 1 R. Franke Stecknitz 2529-2 1 B. Koop Basedow 2529-4 1 B. Koop Dalldorf 2529-4 1 A. Dwenger Fortkrug 2530-1 (5) 7 8 B. Moreth, A. Frädrich Bröthen 2530-1 3 (4) 4 3 A. Frädrich, H. Neumann R.K. Berndt, A. Frädrich, R. Büchen-Dorf 2530-1 1 2 Franke Bergholzer Tannen 2530-1 1 H. Neumann, U. Dierking Summe 22 45 79 63 79 64 19
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Brachpieper - Anthus campestris Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN Allgemeines Der Brachpieper ist eine Wärme liebende Art sandiger Pionierstandorte. In Europa stellen Spanien (400.000-640.000 Revierpaare), die Türkei (200.000-400.000 Revierpaare), Russland (130.000-250.000 Revierpaare) und Rumänien (150.000- 220.000 Revierpaare) Verbreitungsschwerpunkte dar. Der gesamte europäische Bestand beträgt 1.000.000-1.900.000 Revierpaare (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004). Der deutsche Bestand wird auf 900-1.300 Reviere geschätzt (SÜDBECK et al. 2007). In Norddeutschland und im Ostseeraum wird die Nordwestgrenze der Verbreitung erreicht. Die Nachbarländer Schleswig-Holsteins beherbergen daher nur relativ geringe Brachpieper-Bestände: Mecklenburg-Vorpommern 20-60 Reviere (EICHSTÄDT et al. 2003), Niedersachsen sieben (KRÜGER & OLTMANNS 2007) und Hamburg null (MITSCHKE 2007). In Mecklenburg-Vorpommern wurden 2007 auf dem an Schleswig- Holstein angrenzenden Truppenübungsplatz Lübtheener Heide im Kreis Ludwigslust insgesamt sechs Reviere gefunden (FUCHS et al. 2011). R. FRANKE bemerkte zudem einzelne Sänger in den ausgedehnten Kiesgruben bei Zweedorf/LWL, ebenfalls unmittelbar östlich der Landesgrenze. Der kurzfristige Trend ist überall deutlich rückläufig. In Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und auch bundesweit zählt der Brachpieper zu den „vom Aussterben bedrohten“ Vogelarten, in Hamburg gilt er bereits als „ausgestorben“. In Dänemark droht das Vorkommen ebenfalls zu erlöschen, 2011 wurden nur noch ein Gesangsrevier im Traditionsgebiet Skagen und eines auf Anholt nachgewiesen (NYEGAARD 2011). Methodik und Datenqualität Wie die Bestände des Ziegenmelkers und der Heidelerche ist die Population des Brachpiepers ebenfalls 1999 landesweit in seinen letzten bekannten Vorkommensgebieten und weiteren potenziell geeigneten Gebieten durch KIECKBUSCH & ROMAHN (1999) gezielt untersucht worden. Seitdem sind die bekannten und viele potenzielle Plätze alljährlich von verschiedenen Beobachtern aufgesucht worden. Zwei dieser Gebiete sind EU-Vogelschutzgebiete. Die Qualität der vorliegenden Daten kann daher bei dieser Art als „hervorragend“ angesehen werden. Die wenigen verbliebenen Brutzeitplätze können auch zukünftig gezielt erfasst werden. Verbreitung und Habitatnutzung Der Brachpieper hatte in Schleswig- Holstein vermutlich zuletzt Ende des 19. Jahrhunderts eine weitere Verbreitung auf den Heiden der Geest, während sich schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, von jahrweisen Einzelvorkommen abgesehen, die Nachweise auf den Bereich östlich Hamburgs und das südöstliche Lauenburg konzentrierten. Bestand und Bestandsentwicklung 1999 gelangen bei der landesweiten Erfassung von KIECKBUSCH & ROMAHN (1999) nur zwei Brutzeitbeobachtungen singender Männchen ohne konkrete Bruthinweise im südöstlichen Lauenburg (Langenlehsten/RZ, Witzeeze-Dalldorf/RZ). Auch aus den letzten Jahren gab es neben alljährlich auftretenden, vereinzelten Durchzüglern nur sporadisch Brutzeitnachweise (Abb. 1): 02.08.2004 Bergholzer Forst/Langenlehsten/RZ (J. HILDENBRAND, Ornitho.de), 2005 zwei potenzielle Reviere 20
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 im Himmelmoor/PI (G. ODEN-BEHREND). Seitdem sind keine Bruthinweise mehr gemeldet worden, so dass der schleswig-holsteinische Brutbestand weiterhin auf null bis drei Reviere geschätzt wird. Abb. 1: Brutzeitvorkommen (Brutstatus häufig unsicher) des Brachpiepers in Schleswig- Holstein im Zeitraum 2000-2012 (dargestellt ist jeweils die höchste Anzahl an Brutzeitvorkommen aus diesem Zeitraum, Datenquelle: vorwiegend OAG-Archive und SPA-Monitoring). Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand Laut gebietsspezifischer Erhaltungsziele (gEHZ) sind die SPAs „Langenlehsten“ und „Grönauer Heide“ für den Brachpieper von besonderer Bedeutung. Seit den 1970er-Jahren sind allerdings lediglich noch Einzelvorkommen bekannt geworden. Das letzte EU-Vogelschutzgebiet mit einem Brutzeitvorkommen ist das SPA „Langenlehsten“. Das SPA „Grönauer Heide“ beherbergte zuletzt 1998 ein Revier des Brachpiepers. Im Rahmen des Monitorings in den schleswig-holsteinischen EU- Vogelschutzgebieten wurden in beiden Gebieten zuletzt keine Reviere mehr ermittelt (AG Avifaunistik). Der Erhaltungszustand wird deshalb als „ungünstig“ (C) bewertet. Gefährdungen und Empfehlungen Ursache für den großräumigen Bestandsrückgang bei dieser an offene Dünengelände und größere Trockenrasen- und Heidegebiete in warm-trockenen Klimaten gebundenen Art ist vor allem der Verlust geeigneter Habitate. Es gibt sie noch u.a. im südöstlichen Teil des Kreises Herzogtum Lauenburg und im Raum Damsdorf-Tensfeld/SE (Abb. 2). 21
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Abb. 2: Offene, vegetationsarme Flächen in der Kiesgrube Damsdorf/SE im Jahr 2012 (B. KOOP). Literatur BURFIELD, I. & F. VAN BOMMEL (2004): Birds in Europe. Population estimates, trends and conservation status. BirdLife International, BirdLife Conservation Series No. 12, Cambridge. EICHSTÄDT, W., D. SELLIN & H. ZIMMERMANN (2003): Rote Liste der Brutvögel Mecklenburg- Vorpommerns. Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin. FUCHS, T, B. HÖNISCH, J. MELTER & H. EGGERS (2011): Brutvogelerfassung auf dem TÜP Lübtheen. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. 47: 49-64. KIECKBUSCH, J.J. & K.S. ROMAHN (1999): Brutbestandserfassung der im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) aufgeführten Arten Heidelerche (Lullula arborea), Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), Brachpieper (Anthus campestris) und Ortolan (Emberiza hortulana) in Schleswig-Holstein 1999. Gutachten im Auftrag des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, Flintbek. KRÜGER, T. & B. OLTMANNS (2007): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel, 7. Fassung, Stand 2007. Informat. d. Naturschutz Niedersachs. 3: 131-175. MITSCHKE, A. (2007): Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg, 3. Fassung 2006. Hamburger avifaun. Beitr. 34: 183-227. NYEGAARD, T. (2011): Truede og sjældne ynglefugle i Danmark 2011. Monitoring dänischer seltener Brutvögel, 14. Bericht. www.dof.dk. SÜDBECK, P., H.-G. BAUER, M. BOSCHERT, P. BOYE & W. KNIEF (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81. 22
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Ortolan - Emberiza hortulana Bearbeiter: Bernd KOOP & K. JEROMIN Allgemeines Der Ortolan ist in Europa weit verbreitet. Sein Bestand umfasst 5.200.000- 16.000.000 Revierpaare (BURFIELD & VAN BOMMEL 2004). Die Verbreitungszentren liegen vor allem im Südosten und Osten des Kontinents. So wird alleine in der Türkei und Russland von 3.000.000-10.000.000 bzw. 1.500.000-5.000.000 Revierpaaren ausgegangen. Polen beherbergt 150.000-300.000 Revierpaare, Rumänien 125.000- 255.000 und Spanien 200.000-225.000. In Deutschland wird der Bestand auf 10.000- 14.000 Revierpaare geschätzt (SÜDBECK et al. 2007). KRÜGER & OLTMANNS (2007) geben für Niedersachsen 1.400 Revierpaare an, EICHSTÄDT et al. (2003) für Mecklenburg-Vorpommern 1.000-1.200 Revierpaare und MITSCHKE (2007) für Hamburg keine. Methodik und Datenqualität 1999 erfolgte eine landesweite Erfassung des Bestandes durch KIECKBUSCH & ROMAHN (1999). Die dabei festgestellte begrenzte Verbreitung verbunden mit einer hohen Meldebereitschaft der OAG-Mitglieder bei dieser Art lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass der Landesbestand seit 1999 sehr gut dokumentiert ist. Die Brutbestandserfassung im Projekt ADEBAR ergab neben dem Brutgebiet um Langenlehsten-Fortkrug/RZ einige weitere Vorkommen, die 2012 erneut kontrolliert worden sind. Die Datenqualität ist daher „hervorragend“. Verbreitung und Habitatnutzung Der Ortolan besiedelt die offene, mit einzelnen Überhältereichen strukturierte, vielfältig genutzte Agrarlandschaft mit Kartoffelfeldern, ersatzweise Rüben oder Erbsen sowie Getreide. Günstig sind sandige Wege mit krautigen Säumen. Die Art gilt als Wärme liebend, so dass vorzugsweise sandige, eher trockene Bereiche besiedelt werden. Literaturangaben und Beobachtungsmeldungen belegen, dass der Ortolan auch in der ersten Hälfte des 20. Jh. in Schleswig- Holstein nur lokal in den südlichen Landesteilen gebrütet hat, allerdings wesentlich häufiger als danach. Zahlreiche Nachweise betreffen das Hamburger Umland (bis in die 1960-er Jahre) sowie ein kleines Gebiet zwischen Lentföhrden und Kaltenkirchen/SE (bis 1980). Seither stammen nahezu alle brutverdächtigen Nachweise aus dem südlichen Lauenburg, schwerpunktmäßig vom Büchener Sander zwischen Segrahn/RZ und Lanze/RZ (teilweise SPA; Abb. 1). Unmittelbar östlich schließt sich ein Dichtezentrum des Ortolans in Westmecklenburg an (Hagenow-Boizenburg/LWL, ZIMMERMANN 2006). 23
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Abb. 1: Brutzeitvorkommen des Ortolans in Schleswig-Holstein in den Jahren 2007-2012 (dargestellt ist jeweils die höchste Anzahl an Brutzeitvorkommen aus diesem Zeitraum, Datenquelle: vorwiegend OAG-Archive und SPA-Monitoring). Bestand und Bestandsentwicklung Aufgrund der Lage Schleswig-Holsteins am nordwestlichen Rand des Verbreitungsgebietes des kontinental-mediterran ausgerichteten Ortolans (Abb. 2) war die Art in Schleswig-Holstein wahrscheinlich nie sehr häufig. In den 1950er- und 1960er-Jahren setzte jedoch ein spürbarer Bestandsrückgang ein, der bis in die 1990er-Jahre anhielt. In der Roten Liste 1995 wurde der Brutbestand in Schleswig- Holstein daher nur noch auf null bis fünf Paare geschätzt (KNIEF et al. 1995). KIECKBUSCH & ROMAHN (1999) haben nachfolgend bei ihrer landesweiten Untersuchung im Jahr 1999 acht singende Ortolane nachgewiesen, von denen mindestens drei verpaart waren und sehr wahrscheinlich auch gebrütet haben. Den landesweiten Brutbestand schätzten sie daraufhin auf drei bis fünf Paare. Weitere Erfassungen ließen um 2006 einen Bestand von 10-15 Paaren möglich erscheinen (ROMAHN et al. 2008). Im Zeitraum 2007-2012 wurden zwischen fünf und zwölf Vorkommen pro Jahr nachgewiesen (Tab. 1). Der landesweite Bestand dürfte demnach weiterhin 10-15 Paare umfassen. Die aktuell etwas höheren Bestandszahlen sind möglicherweise auch Ausdruck von Schwankungen des mecklenburgischen Vorkommens. Dort hat der Bestand vermutlich zugenommen, wie auch das Vorkommen im niedersächsischen Wendland (DEUTSCH 2007). 24
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Abb. 2: Verteilung der Meldungen des Ortolans in Deutschland im Portal Ornitho.de zwischen dem 15.05. und 31.07.2012. Gut erkennbar ist das Verbreitungszentrum entlang der Elbe von Niedersachsen/Mecklenburg bis nach Sachsen-Anhalt. Der Südosten Schleswig-Holstein liegt am nordwestlichen Rand. 25
Anhang I Arten-Bericht der OAG 2012 Tab. 1: Brutzeitvorkommen des Ortolans in Schleswig-Holstein 2007-2012. Jahrweise können zudem einzelne unverpaarte, unstete Sänger hinzukommen. Ort 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Bönebüttel/PLÖ 1 Schönberg/RZ 1 0 Labenz, Klärwerk/RZ 1 1 Boize-Segrahner Berg/RZ 2 0 Langenlehstener Heide/RZ 2 3 3 2 3 4 Fortkrug/RZ 2 4 1 Bröthen/RZ 1 1 1 1 Lehstener Moor/RZ 1 1 1 1 Büchen-Dorf/RZ 1 1 1 1 Grabau-Müssen/RZ 1 Pötrau/RZ 1 Buchhorst-Basedow/RZ 1 1 1 Lanze/RZ 1 1 1 1 Summe 9 5 9 5 11 12 2012 sind auf Flächen, auf denen durch den Deutschen Verein für Landschaftspflege (DVL, H. NEUMANN, U. DIERKING) Naturschutzmaßnahmen durchgeführt oder geplant werden, bei Ist-Zustandskontrollen einzelne neue Ortolan-Vorkommen ermittelt worden: Basedow/RZ und Bönebüttel/PLÖ (M. ALBRECHT lt. H. NEUMANN). Das Vorkommen bei Basedow/RZ liegt in geringer Entfernung zu den Vorkommen um Büchen/RZ, das im westlichen Kreis Plön auf leichten Böden überrascht hingegen und sollte in den nächsten Jahren verstärkt kontrolliert werden. Vorkommen in den SPAs und Erhaltungszustand In dem einzigen SPA mit Ortolan-Vorkommen, dem SPA „Langenlehsten“, das nach den gebietsspezifischen Erhaltungszielen (gEHZ) eine besondere Bedeutung für die Art besitzt, siedeln etwa 40-70% des Landesbestandes. Trotz der leichten Erholung des Bestandes in den letzten Jahren ist der Erhaltungszustand für die Art aufgrund des immer noch geringen und auf wenige Gebiete konzentrierten Vorkommens in Schleswig-Holstein insgesamt als „ungünstig“ (C) einzuschätzen. Gefährdungen und Empfehlungen Der Ortolan ist in mehrfacher Hinsicht gefährdet: - Intensivierung und Monotonisierung der Ackernutzung, z.B. in Folge des in den letzten Jahren verstärkten Maisanbaus, schränken Bruthabitat und Nahrungsangebot ein. - Beregnungsanlagen mit kaltem Grundwasser können erhebliche Nestlingsverluste verursachen (KIECKBUSCH & ROMAHN 1999). - Die Asphaltierung landwirtschaftlicher Wege mit nachfolgend höherem Verkehrsaufkommen bedingt Verluste, die bei kleinen Vorkommen bestandsbedrohend wirken können (ZIMMERMANN 2006). 26
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