VERSORGUNG VON MENSCHEN MIT KORONARER HERZERKRANKUNG UND PSYCHISCHER BEGLEITERKRANKUNG - Das Kölner Kompetenznetzwerk aus Praxis und Forschung
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Das Kölner Kompetenznetzwerk aus Praxis und Forschung VERSORGUNG VON MENSCHEN MIT KORONARER HERZERKRANKUNG UND PSYCHISCHER BEGLEITERKRANKUNG Ein CoRe-Net Versorgungsbericht
IMPRESSUM Versorgungsbericht: Versorgung von Menschen mit koronarer Herzerkrankung und psy- chischer Begleiterkrankung in Köln Herausgeber: CoRe-Net: Kölner Kompetenznetzwerk aus Praxis und Forschung Universität zu Köln www.core-net.uni-koeln.de Stand: April 2022 Autor:innen: Katja Blaschke, Adriana Poppe, Ingo Meyer, Ingrid Schubert, Frank Jessen, Christian Albus Beirat der Versorgungsberichte: Vertreter:innen der Caritas, der Uniklinik Köln, des gesundheitsladen köln e.V., der Stadt Köln, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä- rung und der Gesundheitsregion KölnBonn e.V. Gestaltung Deckblatt: Franziska Weber Bildnachweis Deckblatt: Simon/Köln Panorama; Quelle: Adobe Stock (ehem. Fotolia) Redaktion Executive Summary: TAKEPART Media + Science GmbH Kontakt: E-Mail: CoRe-Net-reports@uk-koeln.de 2
Inhalt Executive Summary ................................................................................................................................................. 4 1. Einleitung.......................................................................................................................................................... 6 2. Methodik und Studienpopulation ...................................................................................................................... 7 2.1. Methodische Beschreibung .................................................................................................................... 7 2.2. Grundlegende Daten zur Studienpopulation ........................................................................................ 10 3. Koronare Herzerkrankung und psychische Störungen in der Kölner Bevölkerung ......................................... 12 3.1. Häufigkeit der koronaren Herzerkrankung und psychischen Störungen .............................................. 12 3.2. Aufdeckung und Kommunikation über psychische Begleiterkrankungen bei KHK ............................... 13 3.3. Versorgung von Kölner:innen mit KHK und psychischen Begleiterkrankungen ................................... 16 4. Handlungsempfehlungen................................................................................................................................ 23 Literatur ................................................................................................................................................................. 27 3
Executive Summary Herz und Psyche hängen eng zusammen: So kann fig nutzten sie psychotherapeutische Angebote. Ins- eine Herzerkrankung eine psychische Störung be- gesamt zeigten sich die befragten Kölner:innen zu- günstigen und eine psychische Störung wiederum frieden mit der Versorgung ihrer Herzkrankheit. Ver- das Risiko für eine Herzerkrankung erhöhen. Uner- besserungsbedarf sahen sie jedoch bei psychologi- kannt und unbehandelt können sich die Erkrankun- schen und nicht-medikamentösen Angeboten, die gen gegenseitig verstärken. Umso wichtiger ist es, zum Beispiel beim Umgang mit der Erkrankung im dass Versorger:innen für diesen Zusammenhang Alltag helfen. Auch mit der ärztlichen Kommunikation sensibilisiert sind und begleitende Erkrankungen waren die Kölner:innen weniger zufrieden. möglichst frühzeitig erkennen. Daher beleuchtet der Ausgehend von einer vermuteten Unterdiagnostik CoRe-Net-Versorgungsbericht die aktuelle Situation von psychischen Erkrankungen bei Menschen mit ei- von Herzpatient:innen in Köln: Wie viele Menschen ner koronaren Herzkrankheit unterstützen diese For- haben neben einer Herzerkrankung auch eine psy- schungsergebnisse den Bedarf nach einem Scree- chische Erkrankung? Wie sieht die vermutete Dun- ning, einer besseren Kommunikation zwischen kelziffer aus? Und wie adäquat und zufriedenstellend Ärzt:innen und Patient:innen sowie einem stärkeren ist die medizinische Versorgung? Austausch zwischen den Fachbereichen Allgemein- Um diese Fragen zu beantworten, hat das Kölner medizin, Kardiologie und Psychiatrie. Ein solches Kompetenznetzwerk CoRe-Net die Versorgung die- Screening auf psychische Erkrankungen bei Herzpa- ser Menschen unter die Lupe genommen und dafür tient:innen könnte dazu beitragen, dass mehr Men- Patient:innen befragt sowie Krankenkassendaten schen frühzeitig die passende Behandlung erhalten ausgewertet. Dies fand im Rahmen der MenDis- – und damit eventuell einer Verschlimmerung vor- CHD-Studie zwischen 2017 und 2020 statt. Das For- beugen. Geeignete Screening-Instrumente gibt es scherteam interviewte Herzpatient:innen in mehreren bereits, die sich großflächig einsetzen ließen: Ge- Kliniken, Praxen und Reha-Einrichtungen in Köln. Ei- schulte Hausärzt:innen und Kardiolog:innen könnten nerseits untersuchten sie mit Hilfe klinischer Tests, Hinweise auf eine begleitende psychische Erkran- bei wie vielen der befragten herzkranken Kölner:in- kung bei ihren Patient:innen rechtzeitiger erkennen nen eine begleitende psychische Erkrankung vorlag. und sie an die entsprechenden Fachbereiche über- Zum anderen wurde erfasst, wie zufrieden die Köl- weisen. Zusätzlich könnten sie ihre Patient:innen auf ner:innen mit ihrer medizinischen Versorgung waren Selbsthilfeangebote aufmerksam machen und sie und welche Rolle psychosoziale Inhalte in der ärztli- adäquater beraten. Fachgesellschaften bieten be- chen Behandlung spielten. Außerdem wertete das reits erste Fortbildungen rund um Psychodiagnostik, Forscherteam Daten von vier großen Krankenkassen psychokardiologische Therapien und Gesprächsfüh- aus. rung an. Auch Leitlinien enthalten Anregungen für das Patient:innengespräch. Hilfreich könnte zudem Die Befragung zeigt, dass nur bei der Hälfte der Köl- die stärkere Einbindung von Patient:innen in ihre Be- ner:innen mit einer begleitenden psychischen Er- handlung durch eine gemeinsame Entscheidungsfin- krankung diese auch durch Ärzt:innen diagnostiziert dung sein. worden war. Bei der anderen Hälfte war die Erkran- kung bisher nicht entdeckt worden. Dies ist beson- Das Kompetenznetzwerk CoRe-Net initiierte bereits ders relevant, da die Auswertung der Krankenkas- eine nachfolgende Studie, die sich mit der Verbesse- sendaten signalisiert, dass die Patient:innen nach rung der Diagnostik und Versorgung psychischer Be- der Diagnose entsprechende Behandlungsangebote gleiterkrankungen beschäftigt. Ein Aspekt dabei ist verstärkt wahrnehmen. Dabei erhielten viele Pati- die Sensibilisierung von Ärzt:innen für dieses Thema ent:innen Psychopharmaka verordnet, weniger häu- durch sogenannte Trigger-Fragen. Zusätzlich sollen Informationsmaterialien Patient:innen ermutigen, 4
sich aktiv ins Gespräch einzubringen und ihre Anlie- behandelnden Ärzt:innen unterstützen und entlasten gen anzusprechen. sowie dabei helfen, dass Patient:innen niederschwel- lig und zeitnah die benötigte Behandlung erhalten. Ein weiterer Ansatz sind sogenannte Care Mana- Da Herz und Psyche so eng zusammenhängen, ge- ger:innen – Fachkräfte, die Menschen mit Herzer- hören stets beide zu einer effektiven Behandlung und krankungen dabei unterstützen, Selbsthilfeangebote Prävention. und Psychotherapien zu finden und wahrzunehmen. Hier weisen die Studienergebnisse auf einen Verbes- serungsbedarf hin. Care Manager:innen könnten die 5
1. Einleitung Die koronare Herzerkrankung (KHK) ist eine Volks- auf psychische Störungen empfohlen (2, 4). Je nach krankheit. Fast jeder zehnte Mensch in Deutschland Bedarf soll sich eine angemessene Behandlung der zwischen 40 und 79 Jahren erkrankt im Laufe des psychischen Begleiterkrankung anschließen. Wenig Lebens an einer KHK (1). Trotz zunehmender Prä- erforscht ist jedoch, ob diese Maßnahmen in der Pra- ventionsangebote und Weiterentwicklungen in der xis umgesetzt werden. Wir wissen wenig über die medizinischen Versorgung in den letzten Jahrzehn- medizinische Versorgungssituation von Patient:in- ten zählt die KHK in Deutschland weiterhin zu den nen mit KHK und psychischer Störung (4, 5). häufigsten Erkrankungen und Todesursachen. Nicht Mit diesen Themen befasst sich der vorliegende Ver- nur Alltagsredewendungen wie „sich das Herz aus- sorgungsbericht des Kompetenznetzwerks aus For- schütten“ oder „es bricht mir das Herz“ weisen auf schung und Praxis (CoRe-Net)1. Ein Teil der Studien- eine enge Verknüpfung von Psyche und Herz hin. ergebnisse und Hinweise zu der Methodik wurden Beispielsweise können Angststörungen, Depression bereits in wissenschaftlichen Fachzeitschriften unter oder andere psychische Störungen zu der Entste- Peltzer et al. (6, 7) und Vennedey et al. (8) veröffent- hung einer KHK beitragen (2, 3). Psychische Störun- licht. Dieser Bericht bildet die aktuelle Versorgungs- gen können z. B. die Einhaltung der vorgegebenen situation von Kölner:innen mit KHK und psychischer Therapie und die Motivation zu Lebensstilverände- Begleiterkrankung aus wissenschaftlicher Perspek- rungen erschweren und sich damit ungünstig auf den tive ab und gibt Handlungsempfehlungen. Somit rich- Verlauf einer Herzerkrankung auswirken (2, 3). Die tet sich dieser Bericht in erster Linie an diejenigen, wechselseitige Beziehung zwischen Psyche und die für die Versorgung von Menschen mit KHK ver- Herz führt auch dazu, dass psychische Störungen antwortlich sind: an Mitwirkende aus Krankenhäu- durch eine Herzerkrankung entstehen können (2, 3). sern, (fach-)ärztlichen Praxen und Praxisnetzen, so- Ein akuter Herzinfarkt ist ein traumatisches Ereignis wie therapeutischen und Rehabilitationseinrichtun- und kann – vielleicht zum ersten Mal im Leben – To- gen. Wir möchten aber auch Krankenkassen, Ver- desangst auslösen. bände und kommunale Mitwirkende mit diesem Be- Aufgrund dieser durch umfangreiche Forschung be- richt erreichen. Patient:innen und ihre Angehörigen legten Erkenntnis wird in nationalen und internationa- finden hier ebenfalls relevante Informationen. len Leitlinien für Patient:innen mit KHK ein Screening Hinweis an die Leser:innen Dies ist der zweite Versorgungsbericht im Rahmen des Kompetenznetzwerks aus Praxis und Forschung in Köln (CoRe-Net). Der erste Versorgungsbericht wurde im Jahr 2021 zum Thema „Versorgung von Menschen im letzten Lebensjahr in Köln“ veröffentlicht. Entsprechend interessieren sich die Autor:innen aus dem CoRe-Net Netzwerk und die Mitglieder aus dem Beirat für Rückmeldungen aus der Leserschaft. Bei Fragen, Anregungen und Kommen- taren zu dem Bericht schreiben Sie uns gerne an folgende E-Mail-Adresse: CoRe-Net-reports@uk-koeln.de. 1 CoRe-Net wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Weitere Informationen unter: www.core-net.uni-koeln.de 6
2. Methodik und Studienpopulation Dieser Bericht beruht auf den Ergebnissen der Men- Störungen bei Kölner:innen mit KHK zu untersuchen. Dis-CHD2-Studie, die neben zwei weiteren Studien Des Weiteren wurde untersucht, wie sich psychische im Rahmen der ersten Phase von CoRe-Net (2017- Begleiterkrankung auf die Lebensqualität auswirken 3 2020) durchgeführt wurde . Die Ziele der MenDis- und wie häufig die KHK allein sowie in Kombination CHD-Studie waren den aktuellen Stand der Diagnos- mit psychischen Störungen in Köln auftritt. tik und den Behandlungsverlauf von psychischen 2.1. Methodische Beschreibung Die genannten Ziele von MenDis-CHD wurden mit Anhand einer Skala zur Messung von Angst und De- verschiedenen Methoden in unterschiedlichen Teil- pression (Hospital Anxiety and Depression Scale studien untersucht, die im Folgenden kurz näher be- [HADS]) wurden mögliche psychische Begleiterkran- schrieben werden. Die Teilstudien sind im Bericht je- kungen eingeschätzt. Falls diese Untersuchung ei- weils durch das vorangestellte Symbol gekennzeich- nen Hinweis auf eine psychische Begleiterkrankung net. ergeben hat, wurde ein strukturiertes klinisches Inter- view nach dem Klassifikationssystem der Psychiatrie Befragung von Patient:innen mit koronarer Herz- DSM-IV [SKID4] durchgeführt. Das Interview hatte erkrankung das Ziel, die Patient:innen genauer auf begleitende psychische Störungen zu untersuchen. Anhand die- Für eine Befragung von Kölner:in- ser Untersuchung erfolgte die Aufteilung in die Grup- nen mit KHK wurden zwischen Ja- pen KHK-Patient:innen mit psychischer Störung und nuar 2018 und März 2019 Patient:in- ohne psychische Störung. nen in zwei Krankenhäusern, zwei Rehabilitationseinrichtungen und drei kardiologi- Sowohl die gesamte Studienpopulation als auch die schen Praxen in Köln angesprochen (6, 7). Die Aus- zwei Gruppen wurden in der Studie hinsichtlich fol- wahlkriterien für die Einrichtungen waren der räumli- gender Aspekte betrachtet: che Bezug zu Köln und die Bereitschaft, an der Stu- • Erfahrungen und Zufriedenheit mit der medizini- die teilzunehmen. Es wurden Kliniken und Praxen so- schen Versorgung5 wohl links- als auch rechtsrheinisch ausgewählt. Pa- • Psychosoziale Unterstützung tient:innen ab 18 Jahre wurden in die Studie einge- • Vorliegen einer ärztlich diagnostizierten psychi- schlossen, wenn sie sich wegen einer KHK (Box 1) schen Störung, erhoben mit Hilfe von Kranken- in Behandlung befanden. Die Patient:innen mussten blättern außerdem in der Lage sein, ihre aktive Zustimmung zu der Studienteilnahme zu geben und ausreichend Es wurden Häufigkeiten und Mittelwerte (MW) be- Deutsch zu sprechen. Ausgeschlossen wurden Köl- rechnet. ner:innen mit schweren oder instabilen körperlichen oder psychischen Störungen (z. B. Krebserkrankung, suizidales Verhalten, mittlere bis schwere Demenz). 2 MenDis-CHD steht für „Mental disorders in patients with 4 SKID steht für das „Strukturierte Klinische Interview für coronary heart disease” DSM-IV“ 3 5 Mehr Informationen zur MenDis-CHD Studie: www.core- Erhebungsinstrument: Patient Assessment of Chronic Ill- net.uni-koeln.de/mendis-chd-i ness Care (PACIC) 7
Box 1: Koronare Herzerkrankung Eine koronare Herzerkrankung (KHK) umfasst Beschwerden, die durch eine Verengung oder einen Verschluss der Herzkranzgefäße verursacht werden. Es wird zwischen einer chronischen Form und dem akuten Ereignis unter- schieden. Beim Akutereignis, wie dem Herzinfarkt, verschließt ein Blutgerinnsel eine oder mehrere Herzkranzge- fäße. In der Folge wird ein Teil des Herzmuskels nicht mit Sauerstoff versorgt und kann absterben. Eine chronische („stabile“) KHK ist eine dauerhafte Verengung eines oder mehrerer Herzkranzgefäße. Der Herzmuskel wird dadurch mit Sauerstoff unterversorgt. Bei körperlicher Belastung kann es zu Luftnot oder einem Engegefühl in der Brust (stabile Angina Pectoris) kommen.(9, 10) Die in MenDis-CHD I befragten Kölner:innen hatten alle eine diagnostisch nachgewiesene KHK, wie z. B. eine stabile Angina Pectoris oder sie hatten bereits einen Herzinfarkt (7). In Krankenkassendaten sind die Diagnosen nach dem weltweit anerkannten Klassifizierungssystem dokumentiert, zum Zeitpunkt der MenDis-CHD-Studie nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, (ICD-10). Koronare Herzerkrankungen stehen unter den ICD-10- Codes I20-I25. Darunter fallen unter anderem die Angina Pectoris, ein akuter, wiederkehrender oder alter Herzin- farkt, sowie ein oder mehrere Verengungen der Herzkranzgefäße. Die ICD-10-Codes I20-I25 werden in diesem Bericht zur Identifikation von Versicherten mit KHK herangezogen. Auswertung von Krankenkassendaten von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017). Die dargestellten Zahlen stellen somit Schät- Für diese Teilstudie wurde auf die zungen für alle gesetzlich krankenversicherten Köl- Krankenkassendaten der CoRe- ner:innen dar. Dat6 Datenbank zurückgegriffen. CoRe-Dat enthält Angaben von ge- Bei der Auswertung der Krankenkassendaten wur- setzlich versicherten Kölner:innen der vier großen den zwei Gruppen betrachtet. In beiden Fällen wur- Krankenkassen DAK-Gesundheit, BARMER, pro- den Versicherte ab 18 Jahre eingeschlossen. Im ers- nova BKK und AOK Rheinland/Hamburg. Zum Zeit- ten Schritt wurde die Verbreitung der KHK (Box 1) al- punkt der Studiendurchführung standen pseudony- lein und in Kombination mit einer psychischen Stö- misierte7 Daten der Jahre 2013 bis 2017 zur Verfü- rung (Box 2) für Köln untersucht8. Dafür wurden alle gung. CoRe-Dat umfasst Angaben von 500.000 ge- im Jahr 2016 durchgängig oder bis zu ihrem Verster- setzlich versicherten Kölner:innen – fast der Hälfte ben im Jahr 2016 durchgängig versicherten Köl- der Stadtbevölkerung. In diesem Bericht werden je- ner:innen einbezogen (Gruppe 1). Dies umfasst eine doch nicht die reinen Fallzahlen der Versicherten aus Gruppe von 785.140 Versicherten (hochgerechnet der CoRe-Dat Datenbank dargestellt. Vielmehr wur- auf alle gesetzlich Krankenversicherten in der Stadt). den die Ergebnisse auf alle gesetzlich versicherten Kölner:innen hochgerechnet (unter Berücksichtigung 6 8 Mehr Informationen zur Datenbank CoRe-Dat: www.core- Definition KHK: Eine dokumentierte stationäre Hauptdiag- net.uni-koeln.de/datenbank nose oder zwei ambulante gesicherte Diagnosen oder eine 7 Pseudonymisierung bedeutet, dass personenbezogenen ambulant gesicherte Diagnose und eine Herzkatheterunter- Daten (z. B. Name und Vorname, Versicherungsnummer) suchung; Definition psych. Störung: Eine dokumentierte durch mehrstellige Buchstaben- und Zahlenkombinationen stationäre Hauptdiagnose oder eine ambulante gesicherte ersetzt werden. Diagnose. 8
Box 2: Psychische Störungen Unter psychische Störungen werden hier alle Erkrankungen gefasst, die nach ICD-10 in die Gruppe der „Psychi- schen und Verhaltensstörungen“ (ICD-10: F00-F99) fallen. Folgende Untergruppen werden dabei differenziert: 1. Die affektiven Störungen (ICD-10: F30-F39) umfassen Krankheitsbilder, die durch eine Veränderung der Stim- mung gekennzeichnet sind. In der Hochphase sind die Patient:innen übermäßig gut gelaunt und extrem aktiv, aber auch sprunghaft und schnell reizbar (Manie) (11). In der extremen Tiefphase fühlen sich die Patienten niederge- schlagen, antriebslos und wertlos. Negative Gedanken bestimmen den Alltag (Depression) (12, 13). Es wird zwi- schen unipolaren und bipolaren Störungen unterschieden. Bei unipolaren Störungen schwankt die Stimmung in nur eine Richtung. Da die Manie selten alleine auftritt, werden als unipolare Störung alle depressiven Störungen ge- fasst. Bei bipolaren Störungen wechseln sich manische und depressive Phasen ab. 2. Unter die neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (ICD-10: F40-F48) fallen Angst- und Zwangs- störungen, körperliche Beschwerden ohne organische Ursache (somatoforme Störungen) und Anpassungsstörung wie beispielsweise posttraumatische Belastungsstörungen. Ebenfalls werden Beeinträchtigungen der Identität, der Erinnerung, des Empfindens oder der Bewegung (dissoziative Störungen) als Reaktion auf traumatische Ereignisse darunter gefasst. 3. Zu den organischen/symptomatischen psychischen Störungen (ICD-10: F00-F09) werden Krankheiten gezählt, die mit einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns einhergehen. Darunter fällt beispielsweise die De- menz. 4. Die Gruppe der psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (ICD-10: F10-F19) hat gemein, dass die psychischen Störungen durch den Konsum von abhängigkeitserzeugenden Substanzen wie Al- kohol, Opioiden oder Beruhigungsmitteln verursacht werden. 5. Unter die Kategorie Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen (F50-F59) fallen alle krankhaft auffälli- gen Verhaltensmuster, die eine körperliche Störung verursachen wie z. B. jegliche Essstörungen. 6. In die Gruppe der anderen psychischen Störungen werden in diesem Bericht alle psychischen Störungen zu- sammengefasst, die in der Population der Versicherten mit koronarer Herzerkrankung selten auftreten. Darunter fallen: Schizophrenie (ICD-10: F20-F29), Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (ICD-10: F60-F69), Intelligenz- störungen (ICD-10: F70-F79), Entwicklungsstörungen (ICD-10: F80-F89), Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (ICD-10: F90-F98) sowie nicht näher bezeichnete psychische Störungen (ICD-10: F99). In Gruppe 2 wurden alle Kölner:innen untersucht, die während des Aufenthalts und in den 6 Monaten da- 1.) zwischen 2013 und 2014 durchgängig bei einer nach. Außerdem wurden die psychologischen Unter- der Krankenkassen versichert waren, 2.) zwischen suchungen und Behandlungen während des Kran- 2015 und 2017 durchgängig oder durchgängig bis kenhausaufenthaltes im Jahr 2015 betrachtet. zum Tod versichert waren und 3.) im Jahr 2015 we- Ein besonderer Fokus lag auf den affektiven Störun- gen einer KHK im Krankenhaus behandelt wurden. gen und den neurotischen, Belastungs- und somato- Erfasst wurden psychische Erkrankungen im Jahr vor formen Störungen (Box 2). Alle Kölner:innen mit ei- dem Krankenhausaufenthalt sowie Erstdiagnosen 9
nem Krankenhausaufenthalt wegen einer KHK wur- haben. In den zwei Jahren vor dem Krankenhausauf- den anhand des Auftretens der genannten psychi- enthalt lag bei diesen Versicherten keine dokumen- 9 schen Störungen einer von drei Untergruppen zuge- tierte psychische Störung vor. Die dritte Untergruppe ordnet (Abbildung 1). Die erste Untergruppe um- schließt alle Versicherten ein, bei denen sowohl wäh- fasste alle Versicherten, bei denen bereits ein Jahr rend des Krankenhausaufenthalts als auch in den vor dem Krankenhausaufenthalt eine entsprechende zwei Jahren zuvor keine entsprechende Diagnose ei- psychische Störung diagnostiziert wurde. In die ner psychischen Störung dokumentiert wurde. Aus- zweite Untergruppe wurden alle Versicherten einge- gehend von einem Krankenhausaufenthalt wegen ei- schlossen, die während des Krankenhausaufenthal- ner KHK wurde die medizinische Versorgung zwei tes oder in den sechs Folgemonaten die Diagnose Jahre zuvor und zwei Jahre danach betrachtet. einer psychischen Störung neu gestellt bekommen Kölner:innen ab 18 Jahre - Durchgängig versichert 2013-2014 - (Bis zum Tod) durchgängig versichert 2015-2017 - Mit Krankenhausaufenthalt wegen KHK in 2015 Anzahl=4.435 neurotische, Belastungs-/ somatoforme Störung Studienpopulation affektive Störung Studienpopulation neurotische, Belastungs-/ somatoforme Störung Anzahl=4.310 Anzahl=4.197 27 % 4% 69 % 27 % 5% 68 % Affektive Störung Erkrankung Neuerkrankung Ohne Erkrankung Erkrankung Neuerkrankung Ohne Erkrankung bereits 1 Jahr während KH- zwei Jahre vor bereits 1 Jahr während KH- zwei Jahre vor vor KH- Aufenthalt bzw. 6 und während KH- vor KH- Aufenthalt bzw. 6 und während KH- Aufenthalt Monate danach Aufenthalt Aufenthalt Monate danach Aufenthalt Anzahl=1.178 Anzahl=166 Anzahl=2.966 Anzahl=1.144 Anzahl=189 Anzahl=2.864 Bestehende Neu Ohne Bestehende Neu Ohne Erkrankung diagnostizierte Erkrankung Erkrankung diagnostizierte Erkrankung Erkrankung Erkrankung Abbildung 1: Kölner Versicherte mit Krankenhausaufenthalt (KH-Aufenthalt) wegen einer KHK im Jahr 2015. Differenzierung in verschiedene Gruppen hinsichtlich einer affektiven Störung oder neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störung. Die Er- gebnisse wurden (unter Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf alle gesetzlich Versicherten in Köln hochgerechnet. 2.2. Grundlegende Daten zur Studienpopulation Neben der Beschreibung der Verbreitung koronarer In die Befragung wurden 364 erwachsene Kölner:in- Herzerkrankungen allein und in Kombination mit ei- nen mit einer KHK eingeschlossen (Tabelle 1) (7). ner psychischen Begleiterkrankung, beziehen sich Mehr als zwei Drittel der Befragten waren männlich die Hauptergebnisse dieses Berichts auf die befrag- (70,9 %). Auch unter den Kölner Krankenversicher- ten Kölner:innen sowie die Versicherten mit einem ten, die wegen einer KHK im Jahr 2015 im Kranken- KHK-bedingten Krankenhausaufenthalt im Jahr 2015 haus waren, war der größere Anteil männlich (62,2 (Gruppe 2 Auswertung Krankenkassendaten). Die %). Die Hälfte dieser Versicherten war 70 Jahre oder Alters- und Geschlechtsstruktur der beiden Stichpro- älter. Im Gegensatz dazu waren die befragten Köl- ben wird im Folgenden kurz beschrieben. ner:innen mit einer KHK etwas jünger, 38 % waren 70 Jahre und älter. 9 Definiert als eine dokumentierte stationäre Haupt- oder Nebendiagnose oder ambulant gesicherte Diagnose. 10
Tabelle 1: Eigenschaften der untersuchten Studienpopulationen. A: Befragung von Kölner:innen mit KHK (Primärerhebung) (7), B: Kölner Krankenversicherte mit Krankenhausaufenthalt wegen einer KHK im Jahr 2015 (Krankenkassendaten). A. Befragung von Kölner:innen B. Kölner Versicherte mit mit KHK Krankenhausaufenthalt wegen KHK* Population: 364 Personen (100 %) 4.435 Personen (100 %) Geschlecht: Männer 258 Personen (70,9 %) 2.759 Personen (62,2 %) Frauen 106 Personen (29,1 %) 1.675 Personen (37,8 %) Altersgruppen: 18-34 Jahre 0 Personen 18 Personen (0,4 %) 35-49 Jahre 24 Personen (6,6 %) 308 Personen (6,9 %) 50-59 Jahre 89 Personen (24,5 %) 813 Personen (18,3 %) 60-69 Jahre 111 Personen (30,5 %) 1.060 Personen (23,9 %) 70-79 Jahre 90 Personen (24,7 %) 1.293 Personen (29,1 %) 80-95 Jahre 50 Personen (13,7 %) 943 Personen (21,3 %) *Die Ergebnisse wurden (unter Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf aller Kölner gesetz- lich Versicherten hochgerechnet. Sowohl die untersuchten Krankenversichertendaten der Altersstruktur wurden nur zwischen den befrag- als auch die befragten Kölner:innen mit KHK wurden ten Kölner:innen der Gruppen mit und ohne psychi- anhand einer vorliegenden psychischen Störung un- scher Störung erkennbar. Die Befragten mit KHK und terschieden. Bei der Befragung zeigte sich, dass psychischer Störung sind deutlich jünger als die Be- mehr Frauen mit KHK eine psychische Störung auf- fragten ohne psychische Störungen: Von den befrag- wiesen als Männer (Frauen 40 % vs. Männer 23 %) ten Kölner:innen mit KHK und psychischer Störung (7). Auch die Krankenkassendaten zeigten bei waren zum Zeitpunkt der Befragung 68 % zwischen Frauen häufiger eine bereits bestehende psychische 50 und 69 Jahre alt und 24 % waren 70 Jahre und Störung (Abbildung 2). Dahingegen wurden psychi- älter. Im Vergleich dazu waren von den Befragten sche Störungen bei beiden Geschlechtern fast gleich ohne psychische Störung 50 % zwischen 50 und 69 häufig neu diagnostiziert. Größere Unterschiede in Jahre alt und 44 % waren 70 Jahre und älter (7). 100 Männer Frauen 90 80 77 75 74 70 60 59 58 60 50 % 40 37 40 36 30 23 21 22 20 10 4 4 4 6 0 Mit psychischer Ohne Neu Bestehende Ohne Neu Bestehende Ohne Störung psychische diagnostizierte Erkrankung Erkrankung diagnostizierte Erkrankung Erkrankung Störung Erkrankung Erkrankung Affektive Störung Neurotische, Belastungs-/ somatoforme Störung Befragung von Kölner:innen mit Kölner Versicherte mit Krankenhausaufenthalt wegen KHK KHK Abbildung 2: Geschlechtsstruktur der befragten Kölner:innen mit KHK (7) und von Kölner Versicherten, deren Krankenkassenda- ten ausgewertet wurden, gruppiert nach psychischer Störung. Pro Population (z. B. „Befragung von Kölner:innen mit KHK“) sum- miert sich der Anteil an Frauen bzw. der Anteil an Männern jeweils zu 100 % auf. Die Ergebnisse der Krankenkassendaten wurden (unter Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf aller Kölner gesetzlich Versicherten hochge- rechnet. 11
3. Koronare Herzerkrankung und psychische Störungen in der Kölner Bevölkerung Dieses Kapitel beginnt mit der Beschreibung der Ver- und dritten Unterkapitel wird näher auf die Aufde- breitung koronarer Herzerkrankungen in Köln. Ein ckung und die medizinische Versorgung bei psychi- besonderer Fokus liegt im Anschluss auf der Be- schen Begleiterkrankungen eingegangen. trachtung der Häufigkeit psychischer Begleiterkran- kungen bei Patient:innen mit einer KHK. Im zweiten 3.1. Häufigkeit der koronaren Herzerkrankung und psychischen Störungen Im Jahr 2016 hatten in Köln 7 % der volljährigen ge- Psychische Störungen unter Patient:innen mit KHK setzlich Krankenversicherten eine KHK. Männer wa- sind keine Seltenheit. Etwas mehr als die Hälfte der ren dabei häufiger betroffen als Frauen (9 % der Kölner Versicherten (58 %) war im Jahr 2016 neben Männer vs. 6 % der Frauen). Mit dem Alter stieg da- der KHK an mindestens einer psychischen Störung bei die Erkrankungshäufigkeit (Abbildung 3). erkrankt (ICD-10: F00-F99, Box 2 unter Methodik). Am häufigsten traten dabei affektive Störungen oder 100 neurotische, Belastungs- und somatoforme Störun- 90 im Jahr 2016 in Köln (%) 80 gen auf (Abbildung 4). Hinter der Diagnose affektive Häufigkeit der KHK 70 Störung verbarg sich bei fast allen Kölner Versicher- 60 50 ten eine depressive Störung (99 %). Von allen Versi- 40 31 cherten mit KHK und der Diagnose einer neuroti- 30 23 20 14 schen, Belastungs- und somatoformen Störung litt 10 6 der größte Anteil (57 %) an körperlichen Beschwer- 0,05 0,3 2 0 den ohne organische Ursache. Erkrankungen wie Angststörungen (37 %) und Anpassungsstörungen (28 %) traten am zweit- bzw. dritthäufigsten in dieser Gruppe auf. Dabei war die Hälfte aller diagnostizier- Abbildung 3. Häufigkeit der koronaren Herzerkrankung un- ten Anpassungsstörungen auf eine posttraumatische ter allen gesetzlich krankenversicherten Kölner:innen, dif- ferenziert nach Altersgruppen. Ergebnisse der Auswertung Belastungsstörung zurückzuführen (2.111 Perso- der Krankenkassendaten. Die Ergebnisse wurden (unter nen). Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf alle gesetzlich Krankenversicherten in Köln hochgerechnet. Gesamt Mindestens eine psychische Störung 58 Affektive Störungen 28 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 27 Untergruppen Psychische/ Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen 18 Organische/ symptomatische psychische Störungen 11 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen 7 Andere psychische Störungen 6 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Häufigkeit von psychischen Störungen im Jahr 2016 in Köln (%) Abbildung 4. Häufigkeit von psychischen Störungen (gesamt und differenziert nach Untergruppen) bei Kölner Versicherten mit einer koronaren Herzerkrankung im Jahr 2016. Mehrfachnennungen möglich. Ergebnisse der Auswertung der Krankenkassen- daten. Die Ergebnisse wurden (unter Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf alle gesetzlich Krankenversicherten in Köln hochgerechnet. 12
3.2. Aufdeckung und Kommunikation über psychische Begleiterkrankungen bei KHK Um die Behandlung einer psychischen Störung im 53,9 % Hinweise auf eine Depression und bei 66,7 % Zusammenhang mit einer KHK gewährleisten zu Hinweise auf eine Angststörung (Abbildung 5). Bei können, muss diese zunächst von den behandelnden 8 % der Kölner:innen, die auf Basis des klinischen In- Ärzt:innen als solche erkannt und diagnostiziert wer- terviews (SKID) final in die Gruppe ohne psychische den. Ein wichtiger Faktor für das Erkennen von psy- Störung eingeteilt wurden, zeigte der HADS-Frage- chischen Begleiterkrankungen ist die Kommunikation bogen auffällige Ergebnisse. Bei 6,9 % der Pati- zwischen Ärzt:innen und Patient:innen. Die vorlie- ent:innen mit KHK und ohne psychische Störung gab genden Studiendaten bieten Informationen über psy- es Hinweise auf eine Angststörung und bei 2,7 % ein chische Störungen bei Kölner:innen mit einer KHK Verdacht auf eine Depression, die sich in der weite- und ob diese bereits von Ärzt:innen entdeckt und be- ren Untersuchung nicht bestätigten (Abbildung 5) (7). handelt wurden. Dies wird zusammen mit der Kom- Jedoch wies nur knapp die Hälfte (49 %, 50 Perso- munikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen im nen) der befragten Kölner:innen mit psychischer Stö- folgenden Kapitel beschrieben. rung eine entsprechende ärztliche Diagnose auf (7). Somit scheinen bei etwas mehr als der Hälfte der Köl- Erkennen psychischer Störungen ner:innen mit einer KHK die psychischen Begleiter- Bei 28 % der Kölner:innen (102 Per- krankungen im Versorgungsalltag unentdeckt und sonen), die sich wegen einer KHK in unbehandelt zu bleiben. Eine falsch diagnostizierte Behandlung befanden, wurde auf- psychische Störung ist deutlich seltener. Unter allen grund der im MenDis-CHD Projekt Befragten ohne einen Hinweis auf eine psychische durchgeführten Befragung inkl. Untersuchung (s. Ka- Störung (262 Personen) aufgrund der hier durchge- pitel 2.1) eine psychische Störung festgestellt. Dabei führten Untersuchung lag bei 3 % (7 Personen) eine gab der HADS-Fragebogen (Box 3) bei den Köl- ärztlich diagnostizierte psychische Störung vor (7). ner:innen mit KHK und psychischer Störung bei 8 Kölner:innen mit KHK und ohne psychische Störung 2,7 6,9 100 Kölner:innen mit KHK und psychischer Störung 53,9 66,7 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Häufigkeit eines auffälligen HADS-Scores (%) HADS positiv gesamt HADS Depression ≥ 8 Punkte HADS Angst ≥ 8 Punkte Abbildung 5. HADS-Ergebnisse der befragten Kölner:innen mit KHK, gesamt und differenziert nach Subskalen, sowie differenziert nach Gruppenzuordnung (mit/ohne psychische Störung). Ergebnisse der Patient:innenbefragung (7). 13
Box 3: Hospital Anxiety and Depression Scale Bei der „Hospital Anxiety and Depression Scale“ (HADS) handelt es sich um ein schnelles Verfahren, um Angst- und depressive Störungen bei Patient:innen mit einer körperlichen Erkrankung zu ermitteln. Entwickelt wurde das Instrument für den nicht-psychiatrischen Bereich, wie z. B. für Allgemeinmediziner:innen und Internist:innen. Das Instrument kann bei Personen ab 15 Jahren sowohl zum Screening als auch zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs eingesetzt werden. Der Fragebogen umfasst insgesamt 14 Fragen und wird von den Patient:innen ausgefüllt. Je- weils sieben Fragen thematisieren den Bereich Angst und den Bereich Depression. Die Antwortmöglichkeiten sind vierstufig (Skala von 0 bis 3). Es erfolgt eine separate Auswertung für die Bereiche Angst und Depression. Aufsum- miert können die Subskalen (Angst oder Depression) Werte von 0 bis 21 annehmen, wobei maximal eine Frage pro Subskala unbeantwortet bleiben darf. Punktwerte von 0 bis 7 werden als negativ (unauffällig) gewertet, Werte von 8 bis 10 als grenzwertig eingestuft. Ab Punktwerten von 11 wird von einer schweren und ab 15 Punkten von einer sehr schweren Symptomatik ausgegangen (14, 15). Im MenDis-CHD I Projekt wurden alle Patient:innen mit einer Subskala von ≥ 8 als psychisch auffällig eingestuft und mittels klinischem Interview (SKID) weiter untersucht (6). Unter den Kölner Krankenversicher- versicherten erstmalig eine psychische Störung diag- ten, die im Jahr 2015 wegen einer nostiziert. Im Krankenhaus wurden am häufigsten or- KHK im Krankenhaus behandelt ganische und symptomatische psychische Störun- wurden, wies bereits etwas mehr als gen festgestellt (Abbildung 6). Insgesamt steht unter die Hälfte (56 %) ein Jahr vor dem Krankenhausauf- den neu diagnostizierten psychischen Störungen je- enthalt eine psychische Störung auf. Dabei lag am doch die Diagnose psychische oder Verhaltensstö- häufigsten eine affektive Störung (47 % aller psychi- rung durch psychotrope Substanzen an erster Stelle. schen Störungen) oder eine neurotische Belastungs- Diese Diagnose wurde jedoch häufiger in den 6 Mo- oder somatoforme Störung vor (46 % aller psychi- naten nach Krankenhausaufenthalt erstmalig diag- schen Störungen). Während des Krankenhausauf- nostiziert als während des Krankenhausaufenthalts. enthalts oder in den 6 Monaten nach dem Kranken- Dies trifft auch auf die restlichen psychischen Störun- hausaufenthalt wurde bei 7 % der Kölner Kranken- gen zu (Abbildung 6). Andere psychische Störungen 1,1 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen 1,1 Neurotische, Belastungs- und somatoformen Störungen 4,3 Affektive Störungen 3,7 Psychische/ Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen 5,4 Organische/ symptomatische psychische Störungen 4,4 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Häufikeit einer neu diagnostizierten psychischen Störung (%) bei gesetzlich versicherten Kölner:innen Neudiagnose im Krankenhaus Neudiagnose 6 Monate nach Krankenhausaufenthalt Abbildung 6: Anteil an Kölner Krankenversicherten mit KHK bedingtem Krankenhausaufenthalt im Jahr 2015 und Erstdiagnose einer psychischen Störung im Krankenhaus oder den 6 Monaten nach dem Krankenhausaufenthalt. Mehrfachnennung möglich. Ergebnisse der Auswertung der Krankenkassendaten. Die Ergebnisse wurden (unter Berücksichtigung von Alters- und Ge- schlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf alle Kölner gesetzlich Versicherten hochgerechnet. 14
Im Einklang mit der geringen Anzahl ohne ärztliche Diagnose. Auch hier zeigten sich Un- an neu diagnostizierten psychischen terschiede im Kommunikationsverhalten. Die Befrag- Störungen während des Kranken- ten mit ärztlich dokumentierter psychischer Störung hausaufenthaltes steht die geringe sprachen etwas häufiger mit ihren Ärzt:innen über Anzahl an entsprechenden Untersuchungen. Bildge- psychosoziale Aspekte als diejenigen, deren psychi- bende Verfahren wie Computertomographie (CT) o- sche Störung zum Zeitpunkt der Befragung ärztlich der Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes nicht diagnostiziert war (Abbildung 7) (7). können im Rahmen der Untersuchung auf psychi- sche Störungen herangezogen werden. Insgesamt 100 Kommunikation über psychosoziale Aspekte wurde bei gut 3 % der Kölner Krankenversicherten, 90 die wegen einer KHK im Krankenhaus waren, ein 80 im ärztlichen Gespräch (%) 70 Kopf-CT durchgeführt. Ein Kopf-MRT erhielten unter 60 1 %. Ebenso fanden weitere psychologische Unter- 50 22,6 suchungen10 im Krankenhaus kaum statt (0,04 %). 40 Psychotherapeutische Leistungen11 erhielten wäh- 30 rend des Krankenhausaufenthalts hingegen knapp 20 38,2 37,8 5 %. 10 0 Mit Ohne Kommunikation über psychische Begleiterkran- psychischer Störung psychische Störung kungen Kölner:innen mit KHK Die Ergebnisse der Befragung von Ohne ärztliche Diagnose Mit ärztlicher Diagnose Kölner:innen mit KHK zeigen, dass etwas weniger als die Hälfte Abbildung 7. Kommunikation über psychosoziale Aspekte (44,2 %) ihre Fragen zu psychi- im ärztlichen Gespräch. Differenzierung der befragten Köl- schen Problemen an ihre behandelnden Ärzt:innen, ner:innen mit KHK nach Gruppenzuordnung - mit bzw. ohne psychische Störung. Ergebnisse der Patient:innenbefra- wie z. B. Hausärzt:innen oder Kardiolog:innen, rich- gung (7). teten. Dabei redeten fast zwei Drittel (60,8 %) der Be- fragten mit psychischer Störung mit ihren Ärzt:innen In Bezug auf die Häufigkeit von ärztlichen Gesprä- über psychosoziale Probleme. Dies taten 37,8 % un- chen über psychosoziale Probleme gaben sowohl ter den Personen ohne psychische Störungen (7). Kölner:innen mit als auch ohne psychische Störun- Die Gruppe der Kölner:innen mit in der Befragung gen an, dass sie am ehesten „manchmal“ mit ihren aufgedeckten psychischen Störungen kann noch- Ärzt:innen über diese Themen sprechen (Abbildung mals unterschieden werden in eine Gruppe mit be- 8) (7). reits ärztlich dokumentierter psychischer Störung und 10 11 Nach Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 1-90: Nach OPS: 9-40, 9-41, 9-60 bis 9-64, 9-70 „Psychosomatische, psychotherapeutische, (neuro-)psy- chologische, psychosoziale und testpsychologische Unter- suchung“ 15
2 Niemals 0,9 0,8 Nur einmal 4 8 Selten 7 16 Manchmal 25 6 Oft (jeder zweite Termin) 11 5 Immer (jeder Termin) 13 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Häufigkeit von ärztlichen Gesprächen über psychosoziale Probleme (%) Kölner:innen mit KHK und ohne psychische Störungen Kölner:innen mit KHK und psychischer Störungen Abbildung 8. Häufigkeit, mit der die befragten Kölner:innen mit Ärzt:innen über psychosoziale Probleme sprechen. Ergebnisse der Patient:innenbefragung (7). Dass sie aktiv von ihren Ärzt:innen angemessen (42,2 %) als diejenigen ohne psychi- auf Themen der psychosozialen Ge- sche Störung (27,5 %). Über ihre psychische Störung sundheit angesprochen wurden, Bescheid wussten 40 % der Befragten mit psychi- wurde von 42,2 % der Kölner:innen scher Störung (41 Personen). Jedoch erhielten nur mit psychischen Störungen und 26,3 % der Kölner:in- 28 % eine Erklärung, was die psyschische Störung nen ohne psychische Störungen berichtet. Insgesamt für ihre weitere Behandlung bedeutet (28 Personen) werden somit fast ein Drittel (31,3 %) der Befragten (7). Somit decken sich die Zahlen nicht mit der An- von ihren Ärzt:innen hinsichtlich psychosozialer zahl an Befragten mit psychischer Störung, bei de- Probleme angesprochen. Als angemessen wurde nen die psychische Störung durch Ärzt:innen bereits dies von knapp einem Drittel (30,5 %) bewertet. Köl- erkannt wurde (50 Personen). ner:innen mit psychischer Störung hielten die An- sprache durch Ärzt:innen jedoch etwas häufiger für 3.3. Versorgung von Kölner:innen mit KHK und psychischen Begleiterkrankungen Auf Basis der Studienergebnisse können Aussagen 9). Des Weiteren wurde den meisten eine Kopie ihres über die Versorgung von Patient:innen mit KHK und Behandlungsplans ausgehändigt und sie wurden psychischen Begleiterkrankungen gemacht werden. nach ihren gesundheitsrelevanten Gewohnheiten ge- Im Folgenden wird zunächst auf die Erfahrung und fragt. Trotz der allgemeinen Zufriedenheit mit der me- Zufriedenheit von Patient:innen mit der Versorgung dizinischen Versorgung haben sich einige Punkte als eingegangen. Die Qualität und Patient:innenzent- verbesserungswürdig herausgestellt. Am niedrigsten riertheit der Versorgung wurde mit dem Fragebogen wurden Aspekte der psychologischen oder auch „Patient Assessment of Chronic Illness Care“ (PA- nicht-medizinischen Unterstützung im Rahmen der CIC) erhoben (Box 4). Im nächsten Schritt wird die ärztlichen Versorgung bewertet. Dazu gehört bei- Behandlung von Kölner:innen mit KHK und (neu) di- spielsweise die Ermutigung der Patient:innen Selbst- agnostizierten psychischen Störungen beschrieben. hilfegruppen zu finden, um mit der chronischen Er- krankung besser umzugehen. Zudem fühlten sich die Erfahrungen und Zufriedenheit aus der Perspek- Patient:innen nicht ausreichend darüber aufgeklärt, tive der Patient:innen mit der Versorgung wie sie in schwierigen Situationen mit ihrer Erkran- kung umgehen können. Ebenso wenig wurden die Die befragten Kölner:innen mit KHK Patient:innen von Ärzt:innen unterstützt einen Be- sind generell mit der medizinischen handlungsplan für ihren Alltag zu entwerfen (7). Versorgung und der Organisation ih- rer Behandlung zufrieden (Abbildung 16
Innerhalb der letzten 6 Monate, in der die chronische Krankheit behandelt wurde,... wurde ich ermutigt, Selbsthilfegruppen aufzusuchen 2,3 wurde sich über meinen Gesundheitszustand nach Praxisbesuch erkundigt 2,5 wurde ich unterstützt, in schwierigen Phasen einen Plan zum Umgang mit der 2,8 Erkrankung zu haben wurde ich unterstützt, einen Behandlungsplan für den Alltag zu erstellen 3,0 wurde ich gefragt, wie die Erkrankung mein Leben beeinflusst 3,0 wurden mir verschiedene Behandlungsmöglichkeiten angeboten 3,3 wurde mir der Zusammenhang der Behandlung und die Konsultation 3,5 verschiedener Arztgruppen erklärt wurde ich unterstützt, Ziele für gesündere Lebensweise festzulegen 3,8 wurde ein Behandlungsplan ausgehändigt 4,1 wurden gesundheitsrelevante Gewohnheiten abgefragt 4,1 war ich zufrieden mit der Organisation der Versorgung 4,3 Gesamtzufriedenheit mit der Versorgung 4,2 0 1 2 3 4 5 Mittelwert des PACIC-Scores der befragten Kölner:innen Abbildung 9. Bewertung der medizinischen Versorgung der befragten Kölner:innen mit KHK. PACIC: Patient Assessment of Chronic Illness Care (Box 4). Ergebnisse der Patient:innenbefragung (7). Die Kölner:innen mit KHK und psy- PACIC-Score: 2,9 vs. 3,5). Sie erfuhren weniger ärzt- chischer Störung (102 Personen) liche Unterstützung bei der Festlegung spezifischer bewerteten ihre Versorgungssitua- Ziel zur Verbesserung des Ess- und Bewegungsver- tion in vier Punkten (geringfügig) haltens (Mittelwertvergleich: 3,6 vs. 3,9) und eine Ko- schlechter im Vergleich zu den Befragten ohne psy- pie des Behandlungsplans wurde ihnen seltener aus- chische Störung (262 Personen). Die Befragten mit gehändigt (Mittelwertvergleich 3,9 vs. 4,2). Hinsicht- aufgedeckter psychischer Störung gaben an, dass lich der Organisation ihrer Behandlung waren die sie im Durchschnitt seltener mehr als eine Behand- Kölner:innen mit psychischer Störung auch etwas lungsoption zur Auswahl hatten (Mittelwertvergleich weniger zufrieden (Mittelwertvergleich 4,1 vs. 4,4). Box 4: Bewertung der Versorgung bei chronischer Erkrankung (PACIC) Um die Qualität und Patient:innenzentriertheit der Versorgung chronisch Kranker zu messen, kann der Fragebogen „Patient Assessment of Chronic Illness Care“ (PACIC) herangezogen werden (16). Im MenDis-CHD Projekt kam eine modifizierte Kurzform des PACIC zum Einsatz. Die PACIC-Kurzform umfasst 11 Fragen. Es wurden Aspekte zur erhaltenen ärztlichen Hilfe und Unterstützung abgefragt. Im MenDis-CHD Projekt kam eine 5-stufige Antwort- skala von „fast nie“ (Wert 1) bis „fast immer“ (Wert 5) zum Einsatz. Je höher der Wert, umso besser wurde die ärztliche Unterstützung bewertet. Zusätzlich wurde die Gesamtzufriedenheit abgefragt (7, 8). 17
Behandlung von Kölner:innen mit KHK und (neu) weise eine ambulante oder stationäre psychothera- diagnostizierter psychischer Störung peutische Behandlung (z. B. Verhaltenstherapie, tie- fenpsychologische oder analytische Psychotherapie) Nach der Diagnose einer psychischen Störung folgt oder die Verordnung von Psychopharmaka (Box 5). meist eine entsprechende Versorgung, wie beispiels- Box 5: Psychopharmaka Psychopharmaka sind Arzneimittel, die die Psyche bzw. den Stoffwechsel im Gehirn beeinflussen. Sie werden zur Behandlung von psychischen Störungen eingesetzt. Die Verordnung von Arzneimitteln durch niedergelassene Haus- oder Fachärzt:innen kann über Krankenkassendaten analysiert werden. Dabei lassen sich die Psychophar- maka in folgende Gruppen einteilen: • Antipsychotika: Medikamente, die Halluzinationen und Wahnzustände reduzieren. Sie werden vor allem zur Behandlung der Schizophrenie eingesetzt. • Anxiolytika: Angst lösende Medikamente. • Hypnotika (Schlafmittel) und Sedativa (Beruhigungsmittel). • Antidepressiva: Medikamente zur Stimmungsaufhellung. • Psychostimulanzien: Medikamente, die eine anregende Wirkung haben. Dadurch werden u. a. die Konzentra- tionsfähigkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit gefördert. • Antidementiva: Arzneimittel zur Behandlung der Demenz. Bei den Kölner:innen, die im Jahr zweiten Jahr (366 bis 730 Tage) nach dem Kranken- 2015 wegen einer KHK im Kranken- hausaufenthalt stieg der Anteil leicht auf 13 %. Kaum haus behandelt wurden, wurde bei eine Veränderung bei der Inanspruchnahme von am- 4 % eine affektive Störung neu diag- bulanter Psychotherapie zeigte sich bei den Köl- nostiziert und bei 5 % eine neurotische, Belastungs- ner:innen, die bereits vor dem Krankenhausaufent- und somatoforme Störung erstmalig festgestellt. In halt die Diagnose einer affektiven Störung hatten den zwei Jahren (1 bis 730 Tage) nach der Entlas- (Abbildung 10). sung aus dem Krankenhaus zeigte sich bei dieser Ein ähnliches Muster wird in der Gruppe der Köl- Gruppe eine Veränderung der psychotherapeuti- ner:innen mit neu diagnostizierter neurotischer, Be- schen Versorgung. Im Vergleich zu den zwei Jahren lastungs- und somatoformer Störung deutlich. Auch vor dem Krankenhausaufenthalt stieg die Inan- in dieser Gruppe nahm die Inanspruchnahme einer spruchnahme der ambulanten Psychotherapie in den ambulanten Psychotherapie im ersten und zweiten zwei Jahren danach (Abbildung 10). Dies kann als Jahr nach dem Krankenhausaufenthalt zu. Im zwei- Reaktion auf die neu diagnostizierte psychische Stö- ten Jahr nach dem Krankenhausaufenthalt erhielten rung gewertet werden. Im ersten Jahr (1 bis 365 bereits 18 % eine ambulante Psychotherapie (Abbil- Tage) nach dem Krankenhausaufenthalt begannen dung 11). 10 % der Kölner:innen mit neu diagnostizierter affek- tiver Störung eine ambulante Psychotherapie. Im 18
Inanspruchnahme ambulanter Psychotherapie 70 ambulante Psychotherapie (%) 60 Inanspruchnahme 50 40 30 20 13 10 11 9 8 9 10 2 0,7 0,6 2 2 0 0 730-366 Tage 365-1 Tage 1-365 Tage 366-730 Tage Zeitraum vor Zeitraum nach Krankenhausaufenthalt wegen KHK Krankenhausaufenthalt wegen KHK Neu diagnostizierte affektive Störung Bereits diagnostizierte affektive Störung Ohne affektive Störung Abbildung 10: Inanspruchnahme von ambulanter Psychotherapie in den zwei Jahren vor und nach dem Krankenhausaufenthalt wegen einer KHK im Jahr 2015. Differenzierung nach versicherten Kölner:innen 1) mit neu diagnostizierter affektiver Störung während oder in den 6 Monaten nach dem Krankenhausaufenthalt (rot), 2) mit bereits bestehender affektiver Störung (blau) und 3) ohne affektive Störung (grau). Ergebnisse der Auswertung der Krankenkassendaten. Die Ergebnisse wurden (unter Berück- sichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf aller Kölner gesetzlich Versicherten hochgerechnet. 70 ambulante Psychotherapie (%) 60 50 Inanspruchnahme 40 30 20 18 13 11 8 8 9 10 3 2 1 2 0,5 0,4 0 730-366 Tage 365-1 Tage 1-365 Tage 366-730 Tage Zeitraum vor Zeitraum nach Krankenhausaufenthalt wegen KHK Krankenhausaufenthalt wegen KHK Neu diagnostizierte neur., Belastungs- und som. Störung Breits diagnostizierte neur., Belastungs- und som. Störung Ohne neur., Belastungs- und som. Störung Abbildung 11: Inanspruchnahme von ambulanter Psychotherapie in den zwei Jahren vor und nach dem Krankenhausaufenthalt wegen einer KHK im Jahr 2015. Differenzierung nach versicherten Kölner:innen 1) mit neu diagnostizierter neur., Belastungs- und som. Störung während oder in den 6 Monaten nach dem Krankenhausaufenthalt (rot), 2) mit bereits bestehender neur., Belastungs- und som. Störung (blau) und 3) ohne neur., Belastungs- und som. Störung (grau). Ergebnisse der Auswertung der Krankenkassendaten. Die Ergebnisse wurden (unter Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtsstruktur, für das Jahr 2017) auf aller Kölner gesetzlich Versicherten hochgerechnet 19
Psychopharmaka wurden Kölner:in- leicht, blieb jedoch auch hier im Vergleich zum ge- nen mit KHK deutlich häufiger ver- samten Vor-Krankenhaus-Zeitraum erhöht (54 % vs. ordnet als eine ambulante Psycho- 26-30 %). therapie in Anspruch genommen Bei den Kölner Krankenversicherten, die bereits vor wurde. Die Auswirkungen einer neu diagnostizierten dem Krankenhausaufenthalt die Diagnose einer af- psychischen Störung auf die Arzneimittelverordnun- fektiven Störung aufwiesen, wurden bereits ein Jahr gen zeigen sich wieder im Vorher-Nachher-Ver- vor dem Krankenhausaufenthalt mehr Psychophar- gleich. Gut zwei Drittel (67 %) der Kölner:innen mit maka verordnet als im zweiten Jahr davor (Abbildung KHK und neu diagnostizierter affektiver Störung be- 12). In den zwei Jahren nach dem Krankenhausauf- kamen ein Jahr nach dem Krankenhausaufenthalt enthalt sank der Anteil der Arzneimittelverordnungen mindestens ein Psychopharmakon (Abbildung 12). wieder. Im zweiten Jahr nach dem Krankenhausauf- Im Jahr vor dem Krankenhausaufenthalt waren es enthalt bekamen wieder gleich viele Kölner:innen mit mit 44 % deutlich weniger12. Im zweiten Jahr nach affektiver Störung ein Psychopharmakon verordnet, dem Krankenhausaufenthalt sank die Anzahl leicht wie im zweiten Jahr vor dem Krankenhausaufenthalt. (von 67 % auf 58 %). Im Vergleich zum Ausgangs- Ein ähnliches Muster mit geringerem Ausmaß ist punkt (ein Jahr vor dem Krankenhausaufenthalt) auch bei Versicherten mit bereits diagnostizierter blieb der Anteil an verordneten Arzneimitteln somit neurotischer, Belastungs- und somatoformer Stö- erhöht (58 % vs. 44 %). Ein ähnliches Bild zeigt sich rung zu erkennen (Abbildung 13). Ein Jahr vor dem auch bei den Kölner:innen mit neu diagnostizierter Krankenhausaufenthalt bekamen mehr als die Hälfte neurotischer, Belastungs- und somatoformer Stö- (53 %) ein Psychopharmakon verordnet. Somit zeigt rung (Abbildung 13). Der Anteil mit mindestens ei- sich ein leichter Anstieg zum Vorjahr (45 % vs. 53 %). nem verordneten Psychopharmakon verdoppelte In den zwei Jahren nach dem Krankenhausaufenthalt sich im ersten Jahr nach dem Krankenhausaufenthalt sank der Anteil an Verordnungen fast wieder aufs im Vergleich zum Jahr vor dem Krankenhausaufent- Ausgangsniveau (2 Jahre danach: 47 % vs. 2 Jahre halt (64 % vs. 30 %). Im zweiten Jahr nach dem Kran- zuvor: 45 %). kenhausaufenthalt sank die Anzahl an Verordnungen 12 Zur Erinnerung: Bei den Kölner Versicherten mit KHK und Krankenhausaufenthalt ausgeschlossen. Andere psychi- neu diagnostizierter affektiver Störung wurde nur eine Diag- sche Störungen, die eine medikamentöse Behandlung er- nose der affektiven Störung in den zwei Jahren vor dem forderten, konnten vorliegen. 20
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