Vertikale Netze zur Abdriftminderung im Obstbau - LTZ Augustenberg
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H I NW E I S E Z UR P F L A NZ E NGE S UNDHEIT
Obstbau
Vertikale Netze zur Abdriftminderung im Obstbau
Versuchsanlage mit vertikalen Netzen Foto: Michael Glaser/LTZ
Eintrag von Pflanzenschutzmittel in Abstände zum Gewässer reduziert werden. Dafür muss bei
den eingesetzten Sprühgeräten im Randbereich in der Regel
Gewässer vermeiden die Luftunterstützung angepasst und je nach Düsentyp auch
der Spritzdruck reduziert werden. Die sogenannte Verwen-
Untersuchungen zeigen, dass bei Raumkulturen eine erhöhte dungsbestimmung im Verzeichnis „Verlustmindernde Geräte“
Gefahr der Abdrift besteht. Trotz Maßnahmen zur Abdriftreduk- (veröffentlicht vom JKI) beschreibt im Detail, durch welche
tion kann es im Einzelfall zu Einträgen in Oberflächengewässern Einstellungen die gewünschte Abdriftminderung erreicht und
kommen. Mit der Anbringung eines vertikalen Netzes an der die Abstandsauflagen umzusetzen sind.
Außenseite der Obstanlage steht ab dem Jahr 2021 eine zusätzli-
che, vom Julius Kühn-Institut (JKI) anerkannte Maßnahme zur Die Eintragungen im genannten Verzeichnis gliedern
weiteren Reduktion des Risikos für Menschen, Tiere und den sich in drei derzeit für den Obstbau relevante Abdriftmin-
Naturhaushalt bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln derungsklassen – 90 %, 75 % und 50 %. Einzelne PSM dürfen
(PSM) zur Verfügung. auf Flächen, die an Gewässer angrenzen, nur mit 90 %-Tech-
nik angewendet werden. So zum Beispiel das Handelspro-
Einsatz abdriftmindernder Technik dukt Delan WG in Kernobst, ein wichtiges Fungizid in der
Schorfbekämpfung. Betriebe, in denen diese geforderte
zur erfolgreichen und umwelt Abdriftminderung technisch nicht umgesetzt werden kann,
gerechten Pflanzenschutzstrategie müssen auf andere Mittel ausweichen. Dies trifft in Baden-
Württemberg auf den größten Teil der ca. 15.000 eingesetzten
Bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Nähe Sprühgeräte zu. Mehr als die Hälfte der Geräte sind älter als
von Gewässern oder Saumbiotopen müssen in Abhängigkeit 20 Jahre. Eine Nachrüstung ist entweder bauartbedingt nicht
von Toxizität und Expositionsmenge Abstände von bis zu möglich oder nicht rentabel. Vor allem für kleinere Betriebe
20 m eingehalten werden. Durch Verwendung abdriftmin- ist auch die Investition in ein neues Sprühgerät wirtschaftlich
dernder Technik, insbesonderer grobtropfiger Düsen, können nicht darstellbar (Investitionsaufwand zwischen 15.000 und
das Abdriftrisiko und damit häufig auch die einzuhaltenden 25.000 Euro).
HINW EI S E ZU R PFLA N Z E N G E SU N DHE IT Obstbau
Abbildung 1: Sprühgeräte mit abdriftmindernden Düsen erreichen Abbildung 2: Abdriftmessungen in der Obstanlage des LTZ Augus-
unter einem geschlossenen Hagelschutznetz 75 % tenberg mit horizontalem Hagelschutznetz und vertikalen Netzen.
Abdriftminderung. Foto: Michael Glaser/LTZ Foto: Michael Glaser/LTZ
Mit Hagelschutznetzen 75 % Die Ergebnisse der durchgeführten Messungen münden nun
in eine Eintragung in das Verzeichnis „Verlustmindernde Geräte“,
Abdrift-reduzierung beim Einsatz dessen aktualisierte Fassung im Frühjahr 2021 im Bundesanzeiger
abdriftmindernder Düsen veröffentlicht wird. So können zukünftig Sprühgeräte, die mit
50, 75 oder 90 % Abdriftminderung eingetragen sind, jeweils
In Baden-Württemberg ist ein Großteil der Obstanlagen um eine Klasse höher verwendet werden. So kann also mit
mit Hagelschutznetzen versehen (Abbildung 1). Allein im jedem Sprühgerät durch Verwendung abdriftmindernder Düsen
Bodenseeraum findet etwa 60 % der Kernobstproduktion unter unter geschlossenem Hagelschutznetz und in Verbindung mit
Hagelschutznetz statt. einem vertikalen Netz zur Schutzzone hin, die 90 %-Abdrift-
minderungsklasse erreicht werden.
Die horizontalen Netze sind aktuell bei der Verwendung
von Standard-Sprühgeräte-Technik (V-Nr. 92-01) als 50 % ab- Anbringung und Einsatz vertikaler
driftmindernd im Verzeichnis „Verlustmindernde Geräte“ des
JKI eingetragen. Werden zusätzlich Injektordüsen (V-Nr. 92-02) Netze als Abdriftbarriere
eingesetzt, werden damit sogar 75 % Abdriftminderung erzielt.
Diese Eintragungen bestehen seit 2003. Mit der Eintragung vertikaler Netze als abdriftmindernde
„Technik“ werden Merkmale (Verwendungsbestimmungen)
Vertikale Netze – effiziente formuliert, die bei der Errichtung und während der Anwendung
berücksichtigt werden müssen, damit beim Einsatz entspre-
Maßnahme zur Reduzierung des chender PSM diese abdriftmindernde Maßnahme auch einer
Abdriftrisikos offiziellen Kontrolle standhält.
In mehrjährigen Versuchen (2018–2020) wurden am LTZ Folgende Punkte sind zu beachten:
Augustenberg vertikale Netze als Abdriftbarriere in Verbindung • Die Obstanlage muss mit einem über dem Bestand ge-
mit einem Hageleschutznetz untersucht. Die Untersuchungen schlossenen Hagelschutznetz versehen sein.
wurden mit Sprühgeräten unterschiedlicher Bauart durchgeführt • Zwischen der Obstanlage und dem zu schützenden Bereich
(Abbildung 1 und 2). (Oberflächengewässer, Saumbiotop) wird ein geschlossenes,
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Obstbau H I N W EI S E ZU R PFLA N ZEN G E S U N D H E I T
bis zum Boden reichendes, vertikales Netz installiert. Das
vertikale Netz kann fest installiert oder aufrollbar angebracht
sein. Bei fester Installation jedoch ist aufgrund des hohen
Luftwiderstands auf eine ausreichende Statik zu achten.
• Hagelschutznetz und vertikales Netz müssen durchgängig
miteinander verbunden sein, z. B. durch eine gemeinsame
Anbringung an horizontalem Draht.
• Die Maschenweite des vertikalen Netzes darf max. 0,27 mm
x 0,77 mm betragen.
Für die zusätzliche Anbringung von vertikalen Netzen an
die bestehenden Tragesysteme ist mit zusätzlichen Kosten von Abbildung 3: Vertikales Netz: aufrollbar, bis zum Boden reichend
ca. 5 bis 8 Euro pro laufendem Meter zu rechnen. und unten fixiert. Foto: Michael Glaser/LTZ
Geschlossenes Hagelschutznetz
Vertikales Netz
(Maschenweite max. 0,27 x 0,77 mm)
Hinweis: Das Netz muss während
der Applikation durchgehend mit dem
Hagelschutznetz verbunden sein und
bis zum Boden reichen.
Schutzzone
(z. B. Gewässer oder Saumbiotop)
Abbildung 4: Skizzierter Aufbau einer Obstanlage unter Hagelschutznetz mit vertikalem Netz zur Abdriftminderung.
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HINWE I SE Z U R P FLA N Z E N G E S U N D H E I T Obstbau IMPRESSUM Herausgeber: Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), Neßlerstr. 25, 76227 Karlsruhe Tel.: 0721/9468-0, Fax: 0721/9468-209, E-Mail: poststelle@ltz.bwl.de, www.ltz-bw.de Bearbeitung und Redaktion: Michael Glaser, Referat 31 (Pflanzenschutz – Obstbau, Hopfen, Technik) Layout: Brigitte Fasler Januar 2021
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