Visualisierung von Gewässern - Status quo der wissenschaftlichen Behandlung - Deutsche Hydrographische ...
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Kartographie und Hydrographie Visualisierung von Gewässern Status quo der wissenschaftlichen Behandlung Ein Beitrag von Jochen Schiewe Eine wesentliche Aufgabe der Hydrographie besteht darin, die Gewässer darzustel len. Doch welchen Stellenwert hat diese kartographische Aufgabe? Wie die Gewässer visualisierung zurzeit wissenschaftlich behandelt wird, wurde durch eine systematische Auswertung der Fachliteratur und durch eine Umfrage unter Hydrographie-Experten ermittelt. Aus den Er gebnissen lassen sich Hydrographie | Kartographie | Gewässervisualisierung | Marine Charting | Marine Cartography Rückschlüsse auf künf tige Forschungsauf 1 Einleitung work« vorgestellt und Empfehlungen für künftige gaben und auf den Der Definition von Schiller (2015, S. 62) folgend, be- Aktivitäten in diesem Themenfeld gegeben (Ab- anstehenden Entwick steht das Ziel der Hydrographie in der Erweiterung schnitt 5). lungsbedarf ableiten. des Wissens über Gewässer, um diese verantwort- lich und sicher nutzen und die Lebenswelt schüt- 2 Thematische Eingrenzung zen zu können. Eines der zugehörigen Aufgaben- felder – neben der Datenaufnahme (Vermessung) 2.1 Beteiligte Disziplinen und Datenprozessierung – ist demnach die Visuali- Die Aufnahme, Verarbeitung und Präsentation sierung der Gewässer in Karten und Informations- von hydrographischen Daten sind Gegenstand systemen zum Zweck des Informierens. einer Reihe von Disziplinen. Eine vereinfachte Angeregt durch Gespräche mit Kollegen aus Darstellung dieser Interdisziplinarität führt zu den Hydrographie und Kartographie, in denen immer Kernfächern Geodäsie, Geoinformatik und Karto- wieder eine geringe Beachtung der Visualisie- graphie (Abb. 1). Damit wird auch deutlich, dass rungsthematik in der Hydrographie angemerkt eine isolierte Betrachtung – wie bei dem im Fol- wurde, ist es Ziel dieses Beitrages, den Status quo genden betrachteten Zusammenspiel zwischen der wissenschaftlichen Behandlung des Themas Hydrographie und Kartographie – nur schwer der Gewässervisualisierung detaillierter aufzuar- möglich ist. Gleichwohl soll nun aus Gründen der Autor Jochen Schiewe ist Professor beiten und Rückschlüsse für künftige Forschun- Vereinfachung bzw. Pointierung versucht werden, für Geoinformatik und gen und Entwicklungen (F&E) sowie organisatori- Aspekte wie die Abhängigkeit von aktuellen tech- Geovisualisierung an der sche Maßnahmen aufzuzeigen. nischen Entwicklungen, Modellen, Datenquellen, HCU in Hamburg, wo er das Hierzu erfolgt nach einer thematischen Eingren- Formaten etc. zu vermeiden. Stattdessen erfolgt Labor für Geoinformatik und Geovisualisierung (g2lab) lei- zung (Abschnitt 2) eine kritische Betrachtung aus der Fokus auf die Visualisierung im engeren Sinne, tet. Er ist ferner Vizepräsident den beiden disziplinären Richtungen – aus der das heißt, die vorverarbeitenden Schritte werden der Deutschen Gesellschaft für Kartographie (Abschnitt 3) sowie der Hydrogra- so weit wie möglich außer Acht gelassen. Kartographie (DGfK), in der er phie (Abschnitt 4). Es werden dazu die Ergebnisse die Kommission »Kartographie und Forschung« leitet. einer Recherche von ausgewählten, hauptsäch- 2.2 Arten der Gewässervisualisierung lich deutschsprachigen Fachzeitschriftenartikeln In der kartographischen Literatur gibt es keine jochen.schiewe@ der letzten zehn (oder mehr) Jahre präsentiert. umfassenden bzw. eindeutigen Definitionen der hcu-hamburg.de Ferner wird die Auswertung einer Umfrage unter verschiedenen Kartenarten, die Gewässerinforma- Experten der Hydrographie beschrieben, die die tionen zum Inhalt haben. Auch eine klare Kompa- Alleinstellungsmerkmale sowie die offenen For- tibilität zu den Definitionen im Hydrographic Dic- schungs- und Entwicklungsfragen im Kontext der tionary (IHO 1994) ist nicht gegeben. Gewässervisualisierung zum Thema hatte. Die ge- Generell erfolgt der heutige Daten- und Arbeits- sammelten Ergebnisse werden abschließend zu- ablauf hin zur Visualisierung von Geoinformationen sammengefasst, ein entsprechendes »F&E-Frame- in einem zweistufigen Prozess (Abb. 2): Die Be- schreibung von Topographie und Thematik ge- Abb. 1: Interdisziplinäres Zusammenspiel der schieht durch ein Datenbankmodell, die Speiche- Hydrographie rung in Datenbanken. Aus diesen heraus können dann basierend auf kartographischen Modellen (vereinfacht: »Zeichenvorschriften«) verschiede- ne Arten und Typen der Visualisierung – digital oder analog bzw. innerhalb oder außerhalb des (Informations-)Systems – abgeleitet werden. Ein Beispiel für diese Strukturierung im hydrographi- schen Kontext ist das Konzept von ENC und ECDIS: Die Electronic Navigational Chart (ENC) beinhaltet 6 Hydrographische Nachrichten
Kartographie und Hydrographie »nur« die reinen Daten, deren Inhalt, Struktur und Format durch den Standard S-57 der IHO spezifi- ziert werden (Dugge 2016a). Die eigentliche karto- graphische Darstellung für den konkreten Fall des Electronic Chart Display and Information System (ECDIS) ihrerseits wird durch den Standard S-52 festgelegt (Jonas 2007). Beschränkt man sich auf die Beschreibung der Gewässertopographie (das heißt der 3D-Geome- trie) im engeren Sinne, werden aus den zugrunde liegenden bathymetrischen Daten bathymetrische Abb. 2: Vereinfachtes Karten abgeleitet, in denen generell Tiefenlinien technischen Publikationsorgan der DGfK, so findet Schema zu den Arten der oder -stufen verwendet werden. Weitere räumli- man seit 2000 ganze zwei Beiträge (eines Hydro- Gewässervisualisierung che Sachdaten erlauben (in der Regel in Kombi- graphen) zum Thema Gewässervisualisierung: Jo- nation mit bathymetrischen Daten) die Ableitung nas (2007) beschrieb die »Zukunft der Seekarten – von thematischen Karten. Eine besondere Rolle Seekarten der Zukunft«, derselbe Autor erläuterte nehmen dabei nautische Karten (auch: Seekarten, dann auch den Standard S-100 (Jonas 2010). Die hydrographische oder marine Karten) als eine Aus- Beiträge von Meinel u. Lange (2002) sowie Márton prägung der Verkehrs- bzw. Navigationskarten ein. (2006) können noch am Rande in die Thematik der Sonstige thematische Karten können viele weitere Gewässervisualisierung einsortiert werden. Informationen im Zusammenhang mit Gewässern Nur unwesentlich umfangreicher ist die Be- darstellen (für mögliche Themen siehe z. B. Schiller handlung in internationalen Zeitschriften. Betrach- Literatur 2015, S. 62). tet man stellvertretend hierfür The Cartographic Altić, Mirela Slukan (2015): The British Mit der dargestellten Bandbreite von topogra- Journal (ebenfalls seit 2000), findet man auch dort Contribution to the Charting of the phischen und/oder thematischen Inhalten wird nur fünf Beiträge, die sich hauptsächlich mit nau- Adriatic Sea; The Cartographic Journal, auch deutlich, dass die folgende Betrachtung des tischen Karten (Lovrinčević 2017; Yan et al. 2015), Vol. 52, No. 4, S. 305–317 Bärlocher, Markus (2012): OpenSeaMap Forschungs- und Entwicklungsstandes bzw. des historischen Aspekten (Morato-Moreno 2017; Altić – die freie Seekarte; Hydrographische Bedarfes nicht pauschal, sondern immer wieder 2015) sowie Datumsfragen (Burke 2003) befassen. Nachrichten, Nr. 91 (2/2012), S. 10–13 auch in Abhängigkeit einzelner Kartenarten erfol- Die durchgeführte Literaturrecherche erhebt Burke, Michael (2003): Transfer of gen muss. natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Admiralty Charts of the British Isles to a WGS84 Compatible Datum; The Gleichwohl lässt sich der qualitative Trend recht Cartographic Journal, Vol. 40, No. 1, 3 F&E-Aktivitäten in der Kartographie zuverlässig belegen, nach dem das Thema der S. 89–93 Gewässervisualisierung seitens der (wissenschaftli- Dodt, Jürgen (2011): Sechzig Jahre 3.1 Institutionelle Berücksichtigung chen) Kartographie fast vollständig vernachlässigt Deutsche Gesellschaft für Kartographie – ein Rückblick; Kartographische Innerhalb der International Cartographic Associa- wurde. Nachrichten, Vol. 61, Nr. 5, S- 231–240 tion (ICA) wurden Themen der Gewässervisualisie- Dufek, Tanja; Johannes Kröger; Brendon rung zwischen 1980 und 1984 in der Kommission 4 F&E-Aktivitäten in der Hydrographie Duncan; Jochen Schiewe (2016): A »Marine Charting« sowie zwischen 1995 und 2011 new view on the Elbe – Dynamic and interactive 3D views for public unter der Bezeichnung »Marine Cartography« be- 4.1 Literaturrecherche participation purposes in news media; handelt. Danach wurde die Kommission geschlos- Stellvertretend für die Behandlung in der hydro- Hydrographische Nachrichten, Nr. 105 sen. Im Jahr 2015 hat sie immerhin wieder den graphischen Fachliteratur wurden die Ausgaben (11/2016); S. 56–58 Status einer Arbeitsgruppe erhalten. Neben dem (seit 2008) der Hydrographischen Nachrichten nach Dugge, Peter (2016a): Kartographie für Marine-Führungssysteme; strategischen Ziel, ab 2019 wieder den Status einer Beiträgen mit einem klaren Fokus auf die Visuali- Hydrographische Nachrichten, Nr. 103 Kommission zu haben, und der wissenschaftlich- sierung durchsucht. Auch wenn eine klare Tren- (3/2016), S. 6–10 technischen Behandlung relevanter Themen, sieht nung zu den Bereichen der Datenerfassung und Dugge, Peter (2016b): ENC and ECDIS; die Gruppe ihre Aufgabe in der Kooperation mit -prozessierung nicht immer einfach zu ziehen ist, Hydrographische Nachrichten, Nr. 105 (11/2016), S. 30–33 diversen Fachgesellschaften wie der IHO, der Fé- lassen sich doch zwei Aussagen ableiten: Freytag, Anette; Friedhelm Moggert- dération Internationale des Géomètres (FIG), dem Im Hinblick auf die thematische Ausrichtung lag Kägeler (2008): Herstellung CoastGIS Scientific Committee oder der IGU Com- der Schwerpunkt der Beiträge in den Bereichen maßgeschneiderter elektronischer mission on Coastal Systems. ENC/ECDIS (Dugge 2016b; Hecht 2009), Produk- Seekarten für die hochpräzise Navigation; Hydrographische In Deutschland gab es seit Gründung der Deut- tionsverfahren (Moggert-Kägeler 2014; Freytag u. Nachrichten, Nr. 82 (10/2008), S. 21–25 schen Gesellschaft für Kartographie (DGfK) keine Moggert-Kägeler 2008), neue Produkte bzw. Pro- Hecht, Horst (2009): Die Entwicklung Kommissionen zu Themen der Gewässervisuali- duktlinien (Dugge 2016b; Tauber 2013; Bärlocher der Elektronischen Seekarte; sierung (Dodt 2011). Diese Tatsache lässt sich auch 2012) oder Technik (Schenke u. Lemenkova 2008). Hydrographische Nachrichten, Nr. 84 (6/2009), S. 17–19 bei anderen bedeutenden nationalen kartogra- Methodische oder algorithmische Aspekte sowie IHO (1994): Hydrographic Dictionary – Part phischen Fachgesellschaften feststellen – wie z. B. Fragen der kartographischen Gestaltung wie bei I, Volume I, Special Publication No. 32, der British Cartographic Society (BCS) oder der Ca- Dufek et al. (2016) wurden dagegen so gut wie gar 5th edition; Monaco 1994 nadian Cartographic Association (CCA). nicht angerissen. … Grundsätzlich gilt wie im Fall der kartographi- 3.2 Literaturrecherche schen Literatur, dass die absolute Anzahl an Ver- Betrachtet man Veröffentlichungen in den Karto- öffentlichungen im Kontext der Gewässervisuali- graphischen Nachrichten, dem wissenschaftlich- sierung insgesamt als sehr niedrig einzustufen ist. HN 108 — 10/2017 7
Kartographie und Hydrographie 4.2 Umfrage (2) Software-Einsatz für Um die tatsächliche Rolle von Visualisierun- Visualisierungszwecke gen sowie die Bedarfe hinsichtlich künftiger Es zeigte sich eine große Heterogenität an einge- … Jonas, Mathias (2007): Zukunft der Forschungs- und Entwicklungsthemen näher setzten Software-Produkten, die sich sowohl der Seekarten – Seekarten der Zukunft; beschreiben zu können, wurde im Juni 2017 Spezial-Hydrographie- als auch der GIS- oder rei- Kartographische Nachrichten, Vol. 57, eine Umfrage unter Hydrographie-Experten im nen Grafik-Software zuordnen lassen. Man kann Nr. 1, S. 30–35; auch: Hydrographische deutschsprachigen Raum durchgeführt. Per E- aus den Mehrfachnennungen einzelner Teilneh- Nachrichten, Nr. 81 (6/2008), S. 22–26 Jonas, Mathias (2010): S-100 – das Mail wurde ein Fragebogen an 27 Experten ver- mer sowie der Breite insgesamt ablesen, dass spe- universelle hydrographische sendet. Acht Fragebögen wurden retourniert zifische Aufgaben oder Kartenarten auch spezifi- Datenmodell der IHO und seine – gut verteilt auf Personen von amtlichen Insti- sche Hilfsmittel bedingen. Gleichzeitig erahnt man Bedeutung für die digitale tutionen (3 von 11), privaten Unternehmen (2 von aus dieser Vielfalt auch Schnittstellenprobleme. Seekartographie; Kartographische Nachrichten, Vol. 60, Nr. 3, S. 123–129 11), Hochschulen (2 von 4) sowie mit sonstigem Kember, I.D. (1971): Some Distinctive Hintergrund (1 von 1). (3) Rolle der Papierkarten Feature of Marine Cartography; The Der absolute und relative Rücklauf mag auf den Jonas (2007) diskutierte bereits Vor- und Nachtei- Cartographic Journal, Vol. 8, Nr. 1, ersten Blick sehr gering erscheinen – es war aber le von Papierkarten und stellte den rückläufigen S. 13–20 Lovrinčević, Dejan (2017): Quality von Anfang an nicht die Absicht, repräsentative Gebrauch bzw. Verkauf fest. Einige Teilnehmer der Assessment of an Automatic Sounding Aussagen mit statistischer Signifikanz zu erzielen. aktuellen Umfrage unterstrichen den Fortgang Selection Process for Navigational Auch Rankings sollten aufgrund der oben erwähn- dieses Trends mit expliziten Äußerungen. Insge- Charts; The Cartographic Journal, ten Vielfalt von Kartenarten vermieden werden. samt wurde die Bedeutung der Papierkarten aber Vol. 54, Nr. 2, S. 139–146 Márton, Mátyás (2006): Die Vielmehr sollte eine Kollektion qualitativer Aussa- immerhin noch als »durchschnittlich« bezeichnet. kartographische Darstellung der gen (mit eventuell auffälligen Häufungen) heraus- Ozeane in der geänderten Projektion gearbeitet werden. (4) Rolle von Open Data bzw. von IV. von Baranyi; Kartographische Der Fragebogen enthielt diverse Fragen mit Open-Source-Software Nachrichten, Vol. 56, Nr. 3; S. 145–148 Meinel, Gotthard; Anja Lange (2002): Single-Choice-Antwortmöglichkeiten sowie Frei- Je nach Herkunft bzw. Aufgabenbereich variierten GIS-basierte Visualisierung eines textfeldern. Bei den Ankreuzfragen wurden einige die Antworten zur Nutzung von offenen Daten Gewässerentwicklungsplanes; Aspekte vorgegeben und es wurde eine Einord- bzw. Open-Source-Software im Tagesgeschäft. Kartographische Nachrichten, Vol. 52, nung in eine fünfstufige Skala von »sehr wichtig« Der Modalwert der Antworten lag jeweils bei ei- Nr. 2, S. 55–59 Moggert-Kägeler, Friedhelm (2014): über »wichtig«, »durchschnittlich«, »unwichtig« bis ner »durchschnittlichen« Bedeutung. Gegenüber Produktion von maßgeschneiderten »sehr unwichtig« erbeten. topographischen Anwendungen ist der Einsatz elektronischen Seekarten für die Im Folgenden werden die Ergebnisse der fünf damit noch als eher zurückhaltend einzustufen, deutschen Lotsen; Hydrographische thematischen Blöcke der Umfrage summarisch aus einigen Äußerungen lässt sich aber je nach Nachrichten, Nr. 98 (6/2014); S. 24–25 Morato-Moreno, Manuel (2017): Map of dargestellt. Anwendungsszenario auch durchaus ein künftiger Tlacotapa by Francisco Gali, 1580: An Bedeutungszuwachs antizipieren. Early Example of Local Coastal Chart (1) Alleinstellungsmerkmale von in Spanish America; The Cartographic Gewässervisualisierung (5) Künftige und wichtige Forschungs- Journal, Online publication: http:// dx.doi.org/10.1080/00087041.2017. Bezüglich der Alleinstellungsmerkmale gegenüber und Entwicklungsthemen 1323152 anderen kartographischen Darstellungen (siehe In die Kategorie »sehr wichtig« bis »wichtig« wur- Schenke, Hans Werner; Polina Lemenkova hierzu auch Kember 1971) wurde die Bedeutung den mehrheitlich folgende, vorgegebene Themen (2008): Zur Frage der Meeresboden- der folgenden, vorgegebenen Aspekte durchge- eingeordnet: Kartographie; Hydrographische Nachrichten, Nr. 81 (6/2008), S. 16–21 hend zwischen »sehr wichtig« und »wichtig« an- • gemeinsame Darstellung hydrographischer Schiewe, Jochen (2013): Geovisualization gesehen (wie im Folgenden ohne Ranking): und topographischer Daten, and Geovisual Analytics – The • die darzustellenden Objekte (Meeres-, Fluss- • Anpassung des Kartenausschnittes an das Interdisciplinary Perspective on topographie etc.), aktuelle (Um-)Blickfeld des Nutzers. Cartography; Kartographische Nachrichten, Special Issue 2013, • hoher Anspruch an thematischer Genauig- In die Kategorie »wichtig« fielen die folgenden As- S. 122–126 keit (Korrektheit der Attribute), pekte: Schiller, Lars (2015): What exactly is • hoher Anspruch an geometrischer Genauig- • empirische Untersuchung der Gebrauchs- hydrography?; Hydrographische keit (Lage, Tiefe), tauglichkeit von Karten unter Einsatzbedin- Nachrichten, Nr. 100 (2/2015), S. 59–62 Tauber, Franz (2013): Neue Reliefkarten der • hoher Grad der Standardisierung zur Ge- gungen, deutschen Ostsee; Hydrographische währleistung des internationalen Gebrauchs. • empirische Untersuchungen zur Gebrauchs- Nachrichten, Nr. 95 (6/2013), S. 6–9 Vorwiegend in die Kategorie »wichtig« wurden tauglichkeit von Farben und Symbolen, Yan, Jingya; Eric Guilbert; Eric Saux (2015): eingeordnet: • Visualisierung von Unsicherheiten (Lagefeh- An Ontology of the Submarine Relief for Analysis and Representation on • Gebrauchstauglichkeit unter schwierigen ler etc.), Nautical Charts; The Cartographic Einsatzbedingungen, • Weiterentwicklung kartographischer Stan- Journal, Vol. 52, Nr. 1, S. 58–66 • Notwendigkeit der Einbindung in Systeme dards, und Hardware an Bord. • Entwicklung von Software-Tools zur Karten- Neben den vorgegebenen Merkmalen konnten gestaltung. auch eigene Nennungen erfolgen. Hierzu gehör- Die Bedeutung »durchschnittlich« wurde folgen- ten unter anderem: den Themen zugewiesen: • Aktualität (unter Umständen in Echtzeit) und • Untersuchung des Mehrwertes von perspek- Zuverlässigkeit, tivischen (3D-)Darstellungen, • Skalierbarkeit der Daten und Informationen, • Berücksichtigung von Farbsehschwächen • Generalisierung »zur sicheren Seite«. bei der Farbgestaltung, 8 Hydrographische Nachrichten
Kartographie und Hydrographie • Entwicklung von Software -Tools für Karten- • Neben den üblichen Aufgaben zur Präsen- projektionen. tation von Informationen (z. B. zu nautischen Darüber hinaus erfolgten auch eigene Nennun- Zwecken) sind aber in der Zukunft explizit gen. Hierzu gehörten unter anderem: und mit größerem Gewicht auch solche • Zusammenführung aller bekannten Gewäs- Visualisierungen zu beachten, die quasi als sereigenschaften in einer Karte, Werkzeug zur Exploration in großen und he- • Printing-on-Demand, terogenen Datensätzen (z. B. zur Analyse von • sachgerechte Darstellung bei sich verän- Lebensräumen) dienen können (Schiewe dernden Maßstäben, 2013). Dieser Aspekt geht über die Aufgabe • Überdenken der grundsätzlichen Notwen- der reinen Informationsübermittlung – und digkeit visueller Darstellungen in bestimm- damit über die Definition von Schiller (2015, ten Anwendungsfällen, S. 62) – hinaus. • Kartenproduktion und -aktualisierung in • Unabdingbar – gerade für die reinen Präsen- Echtzeit, tations- bzw. Informationszwecke – ist eine • Erzeugung eines klaren Kartenbildes (z. B. obligatorische und systematische Evaluation kein Cluttering etc. beim Herauszoomen), der Visualisierungen, um die tatsächliche • Systemschnittstelle zu standardisierten und Aufgabenerfüllung auch nachweisen zu qualitätskontrollierten topographischen können. Solche Usability-Studien sind im Informationen. Themenfeld Gewässervisualisierung bisher so gut wie gar nicht anzutreffen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl genügend Alleinstellungsmerkmale Zur Bearbeitung der zahlreichen Forschungs- und (vgl. Abschnitt 4.1) als auch zahlreiche Forschungs- Entwicklungsthemen ist sicherlich auch die Ini- und Entwicklungsbedarfe aufgezeigt wurden, die tiierung einer Reihe von organisatorischen Maß- eine vertiefte und eigenständige Behandlung in nahmen sinnvoll, um stärkere interdisziplinäre der Zukunft begründen. Kooperationen – speziell zwischen Hydrographie und Kartographie – zu ermöglichen. Ein Start- 5 Zusammenfassung und punkt könnte ein »Round Table« mit Experten aus Empfehlungen beiden Disziplinen sein, der auch die Einrichtung Ziel dieses Beitrags war es, den Status quo der einer gesellschaftsübergreifenden Arbeitsgruppe wissenschaftlichen Behandlung des Themas der bestehend aus Mitgliedern von DHyG und DGfK Gewässervisualisierung aufzuarbeiten und Rück- nach sich ziehen könnte. Vergleichbare Aktivitäten schlüsse für künftige Arbeiten aufzuzeigen. So- sind in den Bereichen Recht, Standards oder 3D- wohl die Literaturrecherchen in den Disziplinen Stadtmodelle schon erfolgreich praktiziert wor- Kartographie und Hydrographie und die Betrach- den. Auch die stärkere Propagierung des Themen- tung der institutionellen Einbindung des Themas feldes in den internationalen Organisationen (IHO Abb. 3: F&E-Framework in Fachgesellschaften, als auch eine Umfrage unter bzw. ICA) sollte in diesem Zusammenhang auf der zum Themengebiet der Hydrographie-Experten haben hierzu ein klares Agenda stehen. “ Visualisierung von Gewässern Bild erzeugt: • Das Thema der Gewässervisualisierung besitzt einige Alleinstellungsmerkmale gegenüber anderen Anwendungsgebieten und rechtfertigt damit auch eine teilweise gesonderte Behandlung – speziell im Um- feld der Kartographie. • Es gibt eine Reihe von Forschungs- und Ent- wicklungsbedarfen, die der bisherigen, kaum vorhandenen Behandlung in der (kartogra- phischen) Literatur diametral gegenüberste- hen. Fasst man die relevanten Themen in einer grup- pierten und strukturierten Weise zusammen, erhält man ein Framework für Forschungs- und Entwicklungsthemen im Themenbereich Visua- lisierung von Gewässern (Abb. 3). Dieses Modell zeigt nicht nur die gegenseitigen Abhängigkeiten der Schwerpunkte, sondern auch weitere Aspekte: • Ausgangspunkt jeder Visualisierung ist im- mer der Nutzer – besser noch: die konkrete Aufgabe, die mit einer Visualisierung erfüllt werden soll (Aufgabenorientierung). HN 108 — 10/2017 9
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