Smart Factory im Werkzeugbau bei KAMAX - Reduzierung der Durchlaufzeit um 90 % - Industrie 4.0 ...
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Industrie 4.0 Smart Factory im Werkzeugbau bei KAMAX Reduzierung der Durchlaufzeit um 90 % Christian Ludwig, Thomas Farrenkopf, Thomas Panske und Hilmar Gensert, KAMAX Tools & Equipment GmbH & Co. KG, Homberg (Ohm) Unter „Smart Factory“ wird die Vision einer Produktionsumgebung verstanden, in der sich Fertigungsanlagen und Logistiksysteme ohne menschliche Eingriffe Smart Factory – Reduction of Lead Time in weitestgehend selbst organisieren [1]. Im Beitrag wird ein Projekt beschrieben, Toolmaking by 90 % zu dessen Start keiner der Beteiligten das Thema „Smart Factory“ oder „Indust- Smart Factory is the vision of a production en- rie 4.0“ auch nur ansatzweise mit dem Projekt in Verbindung brachte. Vielmehr vironment in which manufacturing plants and wurde die Zielsetzung verfolgt, die heutige Lieferzeit von 6-8 Wochen drastisch logistics systems organize themselves as far as zu reduzieren. Das Ergebnis ist ein vollständig digitalisierter Geschäftsprozess possible without human intervention. The ar- ticle describes a project, at the start of which von der Auftragserstellung, der Produktentwicklung, der Konstruktion, der Fer- none of the participants created a relation to tigung sowie der Abwicklung für „Losgröße 1“ mit einer Reduzierung der Durch- “Smart Factory” or “Industry 4.0”. Rather, the laufzeit auf weniger als 10 %. objective was to drastically reduce the current delivery time of 6-8 weeks. The result is a com- pletely digitized business process from order creation, product development, design, man- Kundenindividuelle Produkte in „Losgröße 1“ Geschäftsprozesses und des ufacturing as well as processing for “batch size und „just-in-Time“ liefern zu können, sind zwei Produktes. Zunächst wurde das 1” with a reduction in lead time to less than entscheidende Faktoren, um in Zukunft erfolg- Produkt auf seine Standardi- 10 %. reich am Markt zu bestehen. Ein Schlüssel hier- sierbarkeit betrachtet. Ausge- Keywords: zu liegt insbesondere in der Umformtechnik hend von einem einheitlichen smart factory, smart supply chain, industry 4.0, bei den Werkzeugen. Deren Lieferzeit entschei- Werkzeugstandard wurde der automation, knowledge management, auton- det oftmals über den Erfolg eines Produkts, modulare Werkzeugaufbau omous production control, batch size 1 insbesondere bei Neuanläufen. Erschwerend umgesetzt. Aufbauend darauf kommt hinzu, dass die Lösungsfindung, also konnten die Produktionsprozes- die werkzeugseitige Realisierung einer mög- se automatisiert sowie die durchgängige Digi- lichst optimalen Umformstrategie, häufig itera- talisierung der Geschäftsprozesse umgesetzt tiv verläuft. Die Lieferzeit von Werkzeugen ist werden. Trotz der hier chronologisch beschrie- dann umso bedeutender. Neben einer ohnehin benen Abfolge sind alle Stufen von Beginn an geforderten hohen Qualität des Produktes und zu berücksichtigen, da sie in Abhängigkeit ste- der kosteneffizienten Produktion, steht eine hen und sich wechselseitig beeinflussen. Das Reduzierung der Lieferzeiten von Werkzeugen „zeitweise“ Festlegen von Randbedingungen Dr.-Ing. Christian Ludwig ist Direktor der Abteilung Global Equipment damit bei der Herstellung des Kernproduktes ist notwendig, bedarf aber der mehrfachen Development bei KAMAX Tools & Equipment und verantwortlich für besonders im Fokus. Im Fall von KAMAX sind iterativen Anpassung mit steigendem Detail- die Entwicklung von Maschinen & das Verbindungselemente und Bolzen für die lierungsgrad und Wissenszuwachs. Verfahren. Automobilindustrie. Dr. Thomas Farrenkopf ist Direktor der Abteilung Software Engineering Standardisieren − Modularisieren − bei KAMAX Tools & Equipment und verantwortlich für das Systemkon- Am Markt sind heute Lieferzeiten von 6-8 Wo- Automatisieren zept des vollständig automatisierten End-to-End-Prozesses. Neben seiner chen für Umformwerkzeuge üblich. Durch Tätigkeit bei KAMAX ist er Lehrbeauf- die Individualität der Werkzeuge sind meist Eine Grundbedingung für eine Automatisie- tragter an der Technischen Hochschu- le Mittelhessen (THM). handbediente Universalmaschinen im Einsatz. rung ist die Standardisierung und Modulari- Thomas Panske ist Entwicklungsleiter Die aufwändige Logistik lässt keine größeren sierung. Im Projekt wurde das Ziel verfolgt, der Steuerungstechnik bei KAMAX Tools & Equipment und verantwort- Strukturen zu, Unternehmen sind meist kleiner mindestens 80 % der Warengruppe damit ab- lich für die LMS Systeme sowie deren als 50 Mitarbeiter, die durchaus mehrere hun- decken zu können. Schnittstellen zu Bearbeitungs- und Handlingssystemen. dert Kunden bedienen. Hilmar Gensert ist CEO von KAMAX Im vorliegenden Beispiel sind das Einzelwerk- Tools & Equipment. Die Reduzierung der Lieferzeit um 90% ver- zeuge und Matrizen eines Werkzeugsatzes Hilmar.Gensert@kamax.com langt eine ganzheitliche Betrachtung des (Bild 1). Für den Fall, dass es sich um gewach- www.kamax.com https://doi.org/10.30844/I40M_21-4_S29-33 29
Industrie 4.0 Alt Neu Der Schnitt in Bild 1 zeigt einen prinzipiel- len Aufbau einer Matrize. Die hohe Anzahl an Einzelkomponenten ist einerseits die modu- larisierte Lösung, aber andererseits auch eine Herausforderung. Die Schnittstelle zwischen Armierung und Kern ist funktionsbedingt mit toleriert. Das ist bei nur einem Pressverband mit üblicher Fertigungstechnik grundsätzlich herstellbar und ausreichend. Werden beispiels- weise acht Ringe ineinandergefügt, entsteht durch die Toleranzkette eine weitere Heraus- forderung. Eine Erweiterung der Toleranzen ist nicht möglich. Um dieser Problemstellung zu begegnen, sind iterative Prozesse erforderlich. Die Maschine oder das System hat das erzeugte Bearbei- tungsergebnis zu erfassen und die Konse- Bild 1: Werkzeugsatz. quenzen für die Fertigung der nächsten zur Baugruppe gehörenden Teile abzuleiten. Das heißt, entstehende Fertigungsabweichungen sene Strukturen handelt, ist zudem zu beach- werden jeweils durch nachfolgend gefertigte ten, dass bestehende Schnittstellen zunächst Baugruppenelemente kompensiert. Ähnlich beizubehalten sind. Dies gewährleistet einen ist mit der Verschleißkompensation von Werk- stufenweisen Übergang zum neuen Werkzeug- zeugen zu verfahren. Das Prinzip ist zielfüh- konzept, schränkt aber gleichzeitig die Gestal- rend, geht aber in Abhängigkeit der benötig- tungsmöglichkeiten ein. ten Messvorgänge und Iterationsschleifen zu Lasten der benötigten Bearbeitungsdauer. Zur In Bild 1 wird ein Werkzeugsatz dargestellt, der Optimierung der Iterationsschleifen wird ein aus ca. 100 Einzelteilen besteht. Die rot-umran- Predictive Quality Analytics System in Echtzeit deten Einzelwerkzeuge, die Matrizen, wurden genutzt. für das Projekt ausgewählt. Systemlandschaft Bei den Matrizen war ein zielführender Ansatz, ein Modulsystem zu entwickeln, aus dem sich Verfolgt man den Produktentstehungspro- alle Fassungsdurchmesser (Außendurchmes- zess von der Definition des Produkts über die ser der Matrizen) sowie alle Kerndurchmesser Fertigung bis zur Anlieferung beim Kunden, (Hartmetallkerne der Matrizen) abbilden las- ist dieser gekennzeichnet durch eine Vielzahl sen, um mit dem bestehenden System kom- von Schnittstellen zwischen unterschiedlichen patibel zu bleiben. Die Konzeption ist patent- Softwaresystemen. Bilden üblicherweise ERP- rechtlich geschützt. als auch MES-Systeme seit geraumer Zeit das „IT-Rückgrat“ vieler Unternehmen, mangelt es Aufgebaut aus dem Modulsystem werden oft an der Durchgängigkeit des Informations- die Matrizen jetzt im Durchschnitt fünffach flusses durch alle involvierten Systemen. armiert, woraus sich neben der Modularisie- rung der Matrizenkomponenten auch ein Eine wesentliche Komponente in der moder- technologischer Vorteil ergibt. So führt die nen Systemlandschaft bilden hierbei sowohl Mehrfacharmierung bis zu einer Verdopplung die vertikale als auch die horizontale Integra- der Vorspannung des Kerns und somit bei den tion aller beteiligten IT-Systeme und damit de- meisten Einsatzfällen zu einer Vervielfachung ren hierüber abgebildeten Prozesse. Letztere der Standmenge. umfassen vor allem auch Maschinen und An- lagen. Neben der kaufmännischen Abwicklung Um nur mit einer Bearbeitungstechnologie müssen auch sämtliche Engineering-Informati- bei der Innenbearbeitung auszukommen, die onen automatisiert Richtung Produktion trans- im Wesentlichen durch das Verhältnis Länge feriert werden. zu Durchmesser der Bohrung bestimmt wird, wurden zudem die Kerne in Abhängigkeit vom Nicht selten werden die meisten Schnittstel- Innendurchmesser axial geteilt, d. h. die Modu- len manuell bedient. Im einfachsten Fall wer- larisierung wurde konsequent radial und axial den an den Schnittstellen Daten von einem umgesetzt. System zum anderen übertragen und ggf. 30 Industrie 4.0 Management 37 (2021) 4
Industrie 4.0 ergänzt. Durch eine geschickte Produkt- Kunde / Individual Wahl der Systeme mit standardi- datenbank Werkzeug- WWW Kunde/ PDM CAQ sierten Schnittstellen, kann dies datenbank CAD KAMAX VC Kunde/ CAD überwunden werden. Um bei- spielsweise den durchgängigen Datenaustausch und höchsten KAMAX Wissensmanagement Automatisierungsgrad für CAD, CAM CRM Entwicklung Experten Vertrieb CAM und PDM zu erhalten, kann es nicht nur hilfreich, sondern teil- VC: Varianten-Konfigurator weise auch notwendig werden, CAD: Computer unterstützte Konstruktion CAM: Computer unterstützte Fertigung VC neue Systeme in Betracht zu zie- ERP CAQ: Computer unterstützte Qualitätskontr. Production Stammdaten MES Feinplanung MES: Produktionsplanungssystem hen. Dies spart den Umweg, mit CRM: Kundenmanagement PDM: Produktdatenmanagement Arbeitsplan verschiedenen Compilern arbei- ERP: Ressourcenplanung ten zu müssen. In der Regel ist dies nicht nur aufwendiger, sondern schränkt auch die Funktionalität stark ein. Ziel Wissen in explizites zu verwandeln, stellt sich Bild 2: Systemlandschaft. muss es sein, direkt mit nativen Daten zu arbei- auch die Frage, wie dieses Wissen und die Er- ten. fahrungen maschinell lesbar und verwertbar aufbereitet werden können. Eine weitere Herausforderung stellen Prozesse dar, in denen menschliches Know-how not- Im vorliegenden Projekt war die Überführung wendig ist, d. h. es werden Entscheidungen tausender Matrizen in das neue Modul-System z. B. nach Verfahrensanweisungen gefällt. So- erforderlich. Aus diesem Grund wurde ein au- lange es dafür „artikulierbare“ Regeln gibt, also tomatischer Entwurf zwingend erforderlich. externalisierbares Wissen vorliegt, lassen sich Aber entscheidender ist die standardisierte diese stark regelbasierten Abläufe meist auch Vorgehensweise, die definitiv nur maschinell in Algorithmen überführen. Die besondere sichergestellt werden kann. Dies war die Ge- Herausforderung liegt im impliziten Wissen; burtsstunde für ein „Wissensmanagement-Sys- Wissen, das auf Erfahrungen, Einstellungen tem“, welches im Zuge der Entwicklung schnell oder Erinnerungen basiert. Neben der ohnehin zum zentralen System aller beteiligten Syste- schon enormen Herausforderung implizites me (Bild 2) wurde. Bild 3: Informationsfluss. Web-Auftrag Produktentwicklung Abwicklung Fertigung Lieferung Tedica Werkzeug- Werkzeug- Lager management Parameter aus Kunden Konfiguration Einlagerung Bereitstellung Parameter Kern/ Standmenge Ringteilung Rücklagerung Kernverengung Kunde/Individuell Parameter Kunde/KAMAX Kunde/CAD aus Kunden Konfiguration KXBrain WIKI Auftragsfreigabe Aufträge MES Terminplanung Davinci Arbeitspläne PQA Varianten-Konfigurator Lernergebnis Davinci Aufträge Stückliste Arbeitspläne Lieferpapiere Trennen Drehen HM Davinci Davinci Aufträge Auflösung NC Sheets Aufträge Variantenconfigurator Stückliste Polieren Variantenconfigurator Stückliste Shop Leitrechner Arbeitspläne Stückliste CAX ERP Stammdaten Zeichnungen Zeichnung ERP Stammdaten Arbeitsplan Lagerposition Produktionsplanung Prüfpläne Arbeitsplan Prüfplan Drehen St ERP Nummer Lieferpapiere Lieferpapiere Pressen Lager /Transport Davinci Davinci Maschinenanbindung NC Sheets NC Sheets Zeichnungen PDM Werkzeugdatenbank Produktdatenbank Zeichnungen Prüfplan Prüfplan https://doi.org/10.30844/I40M_21-4_S29-33 31
Industrie 4.0 Parameter aus Kunden- gungsschritt selbst ein. Es werden keinerlei konfiguration Shop TEDICA Parameter Kern/ Ringteilung Produktdaten auf den Kernvereng ung Lastenheft WIKI KXBrain Parameter aus Kunden- konfiguration Kunde/Individuell Kunde/KAM AX Kunde/CAD Lastenheft Maschinen abgelegt, … da die Fertigung für … Varian ten - konfigurator „Losgröße 1“ ausgelegt Hilfsmaterial (Zerspanungswerkzeuge) Davinci Aufträge Stückliste Arbeitspläne Lieferpapiere ist. Das setzt voraus, dass die Maschinen die Teleskopmatrizen Davinci Maschinenanbindung Davinci CAX NC Sheets PDM Werkzeugdatenbank NC Sheets erforderliche Schnitt- Zeichnungen Produktdatenbank Zeichnungen Prüfplan Prüfplan Aufträge Auflösung Stückliste Davinci stelle zur Verfügung Stückliste Varianten-Konfigurator Leitrechner stellen. Produktions- NC Sheets Trennen ERP Stammdaten planung Arbeitspläne Zeichnungen ERP- Nummer Arbeitsplan Lagerposition Prüfplan Lieferpapier Drehen HM e Polieren Drehen St Auftrags- MES Davinci Pressen Komplexer wurde es bei der automatischen freigabe Arbeitspläne Aufträge Termin- planung Lager Montagezelle. Es wird W erkzeug- Einlagerung Bereitstellung Lern- Transport die Regel sein, dass sich Prüf- PQA die aufeinander folgen- Lager ergebnis Variantenkonfigurator ERP Stammdaten protokolle Standmenge Arbeitsplan Davinci Rücklagerung Variantenknfigurator … Aufträge ERP Stam m daten den Werkstücke in den Stückliste Zeichnung Arbeitsplan Prüfpläne Lieferpapier e Werkzeug- management Variantenkonfigurator ERP Stammdaten Arbeitsplan Abmessungen und der Anzahl der zu montie- renden Bauteile völlig Prüf- Lastenheft … Material (Stahlringe / Hartmetallrohre) protokolle … unterscheiden. Hieraus ergibt sich die Frage- stellung, welche Infor- mation die Zelle erhal- Bild 4: Systemgrenzen des Relevantes Wissen wird zentral und digitalisiert ten muss, d. h. wie wird codiert und decodiert? Werkzeugbaus. für alle Systeme maschinenlesbar abgelegt. Um diese Herausforderung zu lösen, wurde ein Ontologien [2] spielen hierbei eine zentrale Code entwickelt, der das Modell und die Ei- Rolle für die formalisierte Repräsentation von genschaften beschreibt, der „Digitale Zwilling“. Wissen und Informationen. Mithilfe semantisch Dieser Code wird praktisch mit dem Produkt angereicherter Beschreibungen, ist zudem mitgeführt und steuert alle Bearbeitungs- und eine Interpretation der Daten mit Logik und Transportfunktionen. Schlussfolgerungen (sog. Inferenz) möglich. Die Automation birgt aber noch ganz andere Das System ist in der Lage, ausgehend von der Herausforderungen im Informations- und Da- Eingabe der funktionsrelevanten Daten in ein tenaustausch mit sich. Besonders resistent für Web-Frontend, eine komplette Auslegung und derartige Prozesse war das PDM- als auch das Konstruktion der Matrize durchzuführen. ERP-System, da sie statisch arbeiten, aber jetzt echtzeitfähige Bedingungs-Ereignis-Systeme Durchschnittlich sind ca. 10 Eingabevariablen erforderlich sind. ausreichend, um daraus ca. 800 Variablen zu steuern. Beispielsweise sind im automatischen Prozess Rohlinge zu entnehmen, Halbfertig- oder Fer- Die Daten werden dann an die weiteren Soft- tigprodukte einzulagern. Reaktionszeiten der waresysteme wie ERP, PDM, CAD-CAM, MES bis Systeme müssen in Echtzeit ablaufen. Eine an die Steuerung der Maschinen verteilt. Rück- SPS-Funktion hat aber das ERP-System nicht. meldungen zum Auftragsstatus können über Auch stellt die Art der Programmierung des Ge- das Web-Frontend abgerufen werden. Durch samtsystems eine besondere Anforderung dar. den gewählten Ansatz der Integration von Sys- Das Bedingungs-Ereignis-System, das die Steue- temen in einer dynamisch serviceorientierten rung übernimmt, ist so zu gestalten, dass es für Umgebung (Enterprise Service Bus) ist es mit alle Beteiligten und nicht nur für die SPS-Pro- dem Wissensmanagement möglich, sowohl grammierer verständlich wird. So liegen die die kaufmännischen Prozesse im ERP als auch Stärken der Softwaresprachen der SPS-Welt si- die technologischen Systeme mit den relevan- gnifikant in ihrer hohen Performance und Echt- ten Daten zu versorgen, anzutriggern und wie- zeitverarbeitung, hinsichtlich Integrationsfähig- derum erzeugte Daten weiterzuleiten. keit, Datenvolumen und Versionsverwaltung bestehen jedoch noch deutliche Schwächen Alle Maschinen erhalten demnach bei jedem gegenüber IT-Hochsprachen, wie sie in moder- Teil neue Daten und leiten den nächsten Ferti- nen IT-Systemen zum Einsatz kommen. 32 Industrie 4.0 Management 37 (2021) 4
Industrie 4.0 Fazit Im Zuge der Entwicklungstä- (Zerspanungswerkzeuge) (Zerspanungswerkzeug) (Umformwerkzeuge) Produkt (Schraube) (Umformwerkzeuge) tigkeiten wurde die Zielset- Hilswerkzeuge Hilfsmaterial Zerspanungswerkzeug-Fertigung Umformwerkzeug-Fertigung Schrauben-Fertigung Produkt Produkt zung erreicht, die Durchlaufzeit von sechs Wochen auf wenige Stunden zu reduzieren. Zu- dem haben die modularisierten Werkzeuge ein Vielfaches an Ge- Material Material Material brauchswert. Die Fertigung der „Losgröße 1“ nach Kundenvorgabe ist möglich, die Maschinen arbei- ten iterativ und das System ist selbstoptimierend. Es wurde eine Produktionsumgebung ge- schaffen, in der sich Fertigungs- anlagen und Logistiksysteme weitgehend selbst organisieren. Alles Eigenschaften, die sich mit dem Thema „Industrie 4.0“ oder „Smart Facto- zeugbaus, sondern der gesamten Lieferkette Bild 5: Smart Supply Chain. ry“ verbinden lassen. abbildet. Der finale Prozessablauf des Gesamtsystems Bild 4 zeigt die gesamte Lieferkette, wobei das wird in Bild 3 gezeigt. bestehende System nun als Blaupause zur Ver- fügung steht und durch Modularität sukzessive Der Kunde definiert im Shop sein Produkt, übertragen wird (Bild 5). erhält sofort einen Preis und kann bestellen (Auftrag). Danach wird, gesteuert durch das Die Herausforderung besteht darin, das kom- Wissensmanagement, das Produkt entwickelt plexe System servicefreundlich zu machen. (Produktentwicklung), gefertigt (Fertigung) und geliefert (Abwicklung). Der Kunde erhält Auch wenn das System robust funktioniert, nach Auftragserteilung eine Auftragsbestäti- bleibt es nicht aus, das Störungen auftreten Literatur gung sowie den finalen Liefertermin. Vom Auf- können. In diesem Fall ist ein Experte für das trag bis zur Lieferung ist in dem Prozess keine betroffene System notwendig. Auch hier sol- [1] Bracht, U.; Geckler, D.; Wenzel, Entscheidung von Mitarbeitern mehr erforder- len Automatismen realisiert werden, die re- S.: Digitale Fabrik. VDI-Buch. Berlin Heidelberg 2011. lich. gelungstechnische Antworten auf Störungen [2] Grimm, S..; Hitzler, P.; Abecker, generieren. Die Notwendigkeit der Unterstüt- A.: Knowledge Representation and Ontologies. In: Studer, R.; Das System wurde 2018 durch die Fachzeit- zung durch Experten soll so sukzessive redu- Grimm, S.; Abecker, A. (Hrsg): schrift Produktion und ROI Management ziert werden. Hierfür ist ein selbstlernendes Semantic Web Services. Berlin Heidelberg 2007. Consulting bewertet und mit dem Industrie 4.0 Fehlermanagementsystem in Entwicklung. [3] ROI: BMW, SIEMENS UND KA- Award ausgezeichnet [3, 4]. MAX TOOLS & EQUIPMENT sind Deutschlands Industrie Es ist das Ziel, dass bei erstmaligen Auftreten 4.0-Champions. URL: www. Ausblick der Störung zunächst weiterhin der Experte roi.de/news/artikel/news/ bmw-siemens-und-kamax- diese behebt und der Prozess im Wissensma- to o l s -equipment- s i n d In Bild 3 wurde der Informationsfluss von der nagement gespeichert wird. Tritt die Störung -deutschlands-industrie-40- champions, Abrufdatum Anfrage bis zur Lieferung von Werkzeugen ein weiteres Mal auf, wird dem Experten der 01.01.2021. gezeigt. Stellt man das Bild so um, dass die Ablauf vorgeschlagen, bis der Prozess letztlich [4] Industrie 4.0 Award: Die Besten der Besten. URL: Schnittstellen zu Unterlieferanten und Kunden vom Wissensmanagement übernommen wird www. industrie40award.de/ besser zu erkennen sind, ergibt sich Bild 4. Der und der Anlagenführer nur noch den Anwei- smart-scm-2018, Abrufdatum 01.01.2021. Informationsfluss wird durch blaue Linien, der sungen zu folgen hat. [5] Gensert, H.; Ludwig, C.: Smart Warenfluss durch orangefarbene Linien sym- factory. Tagungsband 33. VDI Jahrestreffen der Kaltmas- bolisiert. Der vorliegende Beitrag wurde in abgewandelter sivumformer 2018. Form bereits in [5-7] veröffentlicht. [6] Gensert, H.; Ludwig, C.: Smart factory. Tagungsband Um- Aus der Sicht des Kunden (Schraubenfertigung) formtechnisches Kolloquium. erscheint der Werkzeugbau als Unterlieferant Schlüsselwörter: Darmstadt 2018. [7] Gensert, H.; Ludwig, C.; Farren- von Verbrauchsmaterial (Umformwerkzeuge). Smart Factory, Smart Supply Chain, Industrie kopf, T.; Panske, T.: Smart Facto- Damit ergibt sich eine gewisse Modularität, 4.0, Automatisierung, Wissensmanagement, ry im Werkzeugbau, Umform- technik Massiv+Leichtbau. die nicht nur den Geschäftsprozess des Werk- Autonome Produktionssteuerung, Losgröße 1 Bamberg 2021. https://doi.org/10.30844/I40M_21-4_S29-33 33
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