Volatil ohne Grenzen Die Evolution der AnaConDa auf der Intensivstation - Symposien 2007-2018 für Sie zusammengefasst! - Sedana Medical

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Volatil ohne Grenzen Die Evolution der AnaConDa auf der Intensivstation - Symposien 2007-2018 für Sie zusammengefasst! - Sedana Medical
Volatil ohne Grenzen
Die Evolution der AnaConDa auf
der Intensivstation

Symposien 2007-2018 für Sie zusammengefasst!

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Volatil ohne Grenzen Die Evolution der AnaConDa auf der Intensivstation - Symposien 2007-2018 für Sie zusammengefasst! - Sedana Medical
Inhalt
    1. Entwicklung der inhalativen Sedierung.............................3

    2. Respiratorische Problempatienten.............................................. 6

    3. Neuroprotektion in der Praxis.............................................................. 10

    4. Kardioprotektion......................................................................................................................14

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1. Entwicklung der inhalativen Sedierung

Vielseitiger Einsatz der
AnaConDa im Intensivalltag
Was in kreativen Köpfen in den 90er Jahren ent-      verkürzten Aufwach- und Extubationszeiten (10
stand, ist heute mit AnaConDa auf mehr als 550       vs. 150 min) mit Isofluran. Unter inhalativer Sedie-
Intensivstationen in Deutschland Standard gewor-     rung sind die Aufwachzeiten planbar geworden! In
den, erklärte Priv.-Doz. Dr. Kerstin D. Röhm, vom    einer Untersuchung von Mesnil et al. (2) wurden
St. Marien- und Annastiftskrankenhaus Ludwigs-       Patienten mit Sevofluran nach durchschnittlich
hafen auf dem 28. Symposium für Intensivmedizin      33 min, mit Propofol nach 326 min und mit Mi-
+ Intensivpflege in Bremen. Im Jahr 2007 orga-       dazolam nach 599 min extubiert, erklärte Dr. R.
nisierte sie das erste Symposium zur inhalativen     Bogdanski vom Klinikum rechts der Isar/München.
Sedierung und sprach von einem „Paradigmen-          Er teilt auch die Beobachtung, dass unter Sevoflu-
wechsel“. Obwohl volatile Anästhetika bereits lan-   ran der Morphinbedarf nach Extubation deutlich
ge fester Bestandteil einer Allgemeinanästhesie      verringert war. Jerath et al. (3) in Toronto/Kanada
waren, zeigte erstmals eine Studie im Jahr 1989      untersuchten kürzlich eine inhalative Sedierung
die Überlegenheit einer Sedierung mit Isofluran      mit Iso- oder Sevofluran gegenüber Propofol nach
gegenüber Midazolam in Bezug auf Aufwach- und        kardiochirurgischen Eingriffen. Auch hier zeigten
Extubationszeiten. Limitierend für den Routine-      sich signifikant frühere Aufwach- und Extuba-
einsatz blieb die fehlende Technik zur Applikation   tionszeiten mit volatilen Anästhetika gegenüber
der Narkosegase im intensivmedizinischen Alltag.     Propofol.

Kombination von
Medizinprodukt und                                   Verkürzte Krankenhausverweildauer

idealem Sedativum                                    Die Studiengruppe von Frau PD Dr. Röhm ver-
                                                     glich Sevofluran zur postoperativen Sedierung
Nach der Jahrtausendwende wurde der hoch-            mit AnaConDa gegenüber Propofol bei herzchi-
potente Reflektor AnaConDa (Anaesthetic Con-         rurgischen Patienten. Interessanterweise, sagte
serving Device) mit mehr als 90%iger Einsparung      Frau Dr. Röhm bereits auf dem „AnaConDaY“ in
von Narkosegas vorgestellt und im Jahr 2004 in       Heidelberg im Jahr 2010, ergab sich bei gleicher
Deutschland zur Applikation von volatilen An-        Sedierungsdauer ein signifikant schnelleres
ästhetika zugelassen.                                Aufwachverhalten in Form von Augenöffnen,
                                                     Händedrücken und Befehle befolgen, sowie eine
                                                     signifikant frühere Extubation (22 vs. 151 min) mit
Planbares Aufwachverhalten                           Sevofluran. Daneben zeigte sich eine signifikant
und Extubation                                       verkürzte Krankenhausverweildauer (10.6 vs. 14 d)
                                                     in der Sevoflurangruppe (4).
Dr. Peter Sackey vom Karolinska Institut in Stock-
holm/Schweden (1) untersuchte als Erster den         Nach Empfehlung der deutschen S3-Leitlinien
Einsatz der AnaConDa mit Isofluran gegenüber         (DAS-Guidelines 2015) werden nicht nur indivi-
Midazolam bei Patienten, die bis 96 Stunden be-      dualisierte und patientenorientierte Konzepte
atmet wurden. Beeindruckend waren die deutlich       angestrebt, sondern auch die Wahl eines kurz-

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wirksamen, gut steuerbaren Sedativums mit ge-                                 Mortalitätsreduktion durch
                        ringer, organunabhängiger Metabolisierungsrate
                        favorisiert (5). Volatile Anästhetika im Intensiv-
                                                                                                      inhalative Sedierung
                        setting sind aufgrund dieser Charakteristika als                              In der derzeit größten Outcome-Beobachtung von
                        fast "ideale Sedativa" sehr attraktiv. Die veröf-                             inhalativ-sedierten Patienten über mehr als 96
                        fentlichten Metaanalysen (6-8) zur inhalativen                                Stunden wurde als primärer Endpunkt die Rate
                        Sedierung konnten die Überlegenheit des Auf-                                  der Krankenhausentlassung und sekundär die
                        wach- und Extubationsverhaltens mit volatilen                                 1-Jahresüberlebensrate evaluiert (9). Dr. Bell-
                        Anästhetika herausarbeiten. Selbst bei längerer                               gardt, Klinik für Anästhesiologie am Klinikum
                        Anwendung entwickelt sich keine Abhängigkeit,                                 Bergmannsheil Bochum, konnte von 2005-2010
                        Organfunktionen werden kaum beeinträchtigt und                                369 beatmete Patienten im Alter von 40-79 Jahre
                        prolongiertes Koma vermieden.                                                 in die retrospektive Analyse einschließen.
                                                                                                      Die Applikation von volatilen Anästhetika via Ana-
                        Auf verschiedenen Kongressen und Symposien                                    ConDa gegenüber i.v.-Sedierung zeigte folgende
                        der letzten 10 Jahre nannten Referenten überein-                              Ergebnisse (Abb. 1):
                        stimmend folgende Indikationen für den Einsatz                                ►► 23% höhere Krankenhaus-Entlassrate mit
                        der inhalativen Sedierung:                                                       Isofluran (60% vs. 37%)
                                                                                                      ►► 20% Reduktion der Einjahres-Überlebensrate
                         ►► Komplexe und schwierige Sedierungen                                          bei Isofluran-sedierten Patienten
                            (Adipositas, C2-Abusus, Polytoxikomanie)                                     (50% vs. 30%)
                         ►► COPD und Asthma                                                           ►► Risikofaktoren für Mortalität sind koronare
                         ►► Patienten nach kardio-pulmonaler                                             Herzkrankheit, COPD, Nierenversagen,
                            Reanimation                                                                  Alter und SAPS II >40 Punkte
                         ►► Neurologische Erkrankungen
                            (Status epilepticus, intrakranielle Blutung
                            und Apoplex)                                                              Keine Gesundheitsgefährdung!
                         ►► Sepsis
                         ►► Nieren- und Leberinsuffizienz                                             Die Arbeitsplatzbelastung durch volatile Anäs-
                         ►► Polytrauma und Schädel-Hirn-Trauma                                        thetika war zu Beginn ein großes Thema bei den
                         ►► ARDS und ECMO-Therapie                                                    Mitarbeitern, berichtet Carsten Hermes von der
                         ►► HNO- und Kieferchirurgische Eingriffe

    Abb. 1: Über-                                  100
    lebensrate nach
    Langzeitsedierung                              90                             Survival analysis
    mit Isofluran vs.
    Propofol (9).                                  80

                                                   70

                                                   60
                           Probality of survival

                                                   50

                                                   40
                                                                                        P< 0.001 by log-ranktest
                                                   30
                                                                                        Propofol/Midazolam (n = 237)
                                                   20

                                                   10

                                                    0
                                                         0   30   60   90   120   150   180   210     240    270   300   330   360
                                                                              Days since need for sedation

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ppm
                                                                                                     2
                                                                                                                              1,9

                                                                                                     1

                                                                                                                                                      0,7

                                                                                                                                                                   0,5
                                                                                                              0,4                           0,4

                                                                                                     0
                                                                                                          Suctioning      Suctioning       Oral      Body     Postitioning
                                                                                                          (sed. suff.)   (sed. insuff.)   hygiene   hygiene

Abb. 2: Isofluran-Messung (25 cm über dem Tubus) während pflegerischer Maßnahmen. †1/2: Umlagerung des Patienten;
*:Tracheale Absaugung; Pfeil nach unten: Husten des Patienten; Pfeil nach links: Aufziehen der Spritzenpumpe (10).

Uniklinik Bonn auf dem 25. Symposium Intensiv-                      AnaConDa-S = HME
medizin + Intensivpflege in Bremen. Durch das
National Institute of Occupational Safety and                       Das Team von Dr. Bellgardt, Uniklinik Bochum,
Health (NIOSH) wurden bereits 1977 Richtwerte                       und Dr. Meiser, Uniklinik Homburg/Saar zeigte am
für einzelne Narkosegase empfohlen. Für die neu-                    Lungenmodell eine effektive und klinisch bedeut-
eren Narkosegase Sevo- und Desfluran wurden auf                     same Einsparung des Totraums von 50% mit der
europäischer Ebene keine Grenzwerte festgelegt,                     AnaConDa-S, vergleichbar dem Totraum eines
so dass sich heute klinische Anwender an den ma-                    HME-Filter. Auch der Verbrauch von Narkosegas
ximal empfohlenen Arbeitsplatzkonzentrationen                       blieb im Bereich von 0,1-1 Vol% für Iso-/Sevofluran
der USA mit 2 ppm orientieren.                                      bei der 50 und 100 ml AnaConDa konstant gleich,
                                                                    nur Konzentrationen >1 Vol% Sevofluran bedurften
In Bochum hat sich die Arbeitsgruppe um Dr. Bell-                   bei Verwendung der 50 ml-AnaConDa einer gerin-
gardt und Dr. Herzog-Niescery intensiv mit der                      gen, höheren Anpassung der Spritzenpumpenrate
Messung von Narkosegaskonzentrationen bei der                       (1-2 ml/h). Dies deckt sich, so Dr. Bellgardt, mit
Anwendung der AnaConDa beschäftigt (10). Dabei                      seinen klinischen Beobachtungen der AnaConDa-S
fiel auf, dass im Tagesablauf wiederholte Konzen-                   bei hohen Sevoflurankonzentrationen (>0.5 MAC)
trationsspitzen, insbesondere beim Absaugen, bei                    und hohen Atemminutenvolumina (11).
der Lagerung und der Körperpflege der Patienten
auftraten. Die gemessenen Spitzenwerte lagen                        Es ergeben sich mit der AnaConDa-S auch neue
aber durchgehend unter einem Maximalwert von                        Einsatzgebiete bei Patienten mit geringen Atem-
2 ppm und bestätigen den gefahrlosen Einsatz bei                    zugvolumina unter 350 ml, z.B. im ARDS, aber
adäquatem Handling der inhalativen Sedierung                        auch in der pädiatrischen Intensivmedizin. Die An-
mittels dem AnaConDa-System (Abb. 2).                               wendung der AnaConDa bei Kindern wurde bereits
                                                                    2005 von Dr. Peter Sackey beschrieben (12). Der-
Technische Weiter-                                                  zeit arbeiten Pädiater der Universitätsklinik Köln
entwicklung der AnaConDa                                            mit der inhalativer Sedierung bei kritisch kranken
                                                                    Früh- und Neugeborenen und wählen gerade bei
Dr. P. Sackey, Intensivmediziner am Karolinska                      komplexen und schwierigen Sedierungssituationen
Institut Stockholm/Schweden, beschrieb auf dem                      diese alternative Option (13).
ESICEM Vienna 2017 sehr prägnant die Weiter-
entwicklungen der AnaConDa: Der Luer-Lock
wurde aufgrund der Gefahr der Verwechslung
mit einen i.v. Einsatz frühzeitig durch einen neu-
en einzigartigen Konnektor beseitigt, außerdem
wurde dem Totraum der AnaConDa mit 100 ml
Rechnung getragen und die neue AnaConDa-S
mit 50 ml zugelassen.

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Protektive Eigenschaften bei
    Hochrisikopatienten

    Die Lunge
    2. Respiratorische Problempatienten

                Bereits in den 80er Jahren wurden volatile         „Die Diagnose ARDS ist über 50 Jahre alt“, sagte
                Anästhetika erfolgreich zur Therapie des Sta-      Prof. Dr. Jean-Michel Constantin, Klinik für Anäs-
                tus asthmaticus eingesetzt – heute bietet die      thesiologie und Intensivmedizin am Universitäts-
                inhalative Sedierung mit AnaConDa auf einer        klinikum Clermont-Ferrand/Frankreich, auf dem
                internistisch-pulmonologischen Intensivstation     ESICEM in Wien 2017. Es sind verschiedenste The-
                zahlreiche Vorteile, kommentierte PD Dr. Philipp   rapien, wie die Gabe von Surfactant, Ketoconazol,
                M. Lepper, Klinik für Innere Medizin V des Uni-    Lisofylline, Almitrine, aktiviertes Protein C oder
                versitätsklinikums Homburg/Saar auf dem            auch die Immunnutrition ausprobiert worden, um
                25. Symposium Intensivmedizin + Intensivpflege     die schlechte Prognose des ARDS zu modulieren.
                2015 in Bremen. Volatile Sedierung ist nicht       Zurzeit gibt es aber nur wenige Empfehlungen
                nur gut steuerbar, sondern lässt von Anfang an     zum ARDS-Management:
                Spontanatmung zu und kann mit extrakorpora-
                len Verfahren wie ECMO kombiniert werden. Sie      ►► Lungenprotektive Beatmung mit
                reduziert bei pneumologischen Patienten mit           Tidalvolumina von 6-8 ml/kg KG
                obstruktiven Ventilationsstörungen (COPD oder      ►► Plateaudrücke unter 30 cmH₂0
                Asthma) die Atemwegswiderstände, optimiert die     ►► Hoher PEEP (unklar wie hoch)
                pulmonal-arterielle Hämodynamik und vermin-        ►► Recruitment-Manöver (teilweise von Vorteil)
                dert die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion.
                Für beatmete Transplantations-Patienten, deren     Gerade in der Frühphase eine ARDS ist eine mit
                Intensivaufenthalt wegen der Wartezeit auf ein     dem Patienten synchronisierte lungenprotek-
                Spenderorgan ungewiss ist, stellt die AnaConDa     tive Beatmung sehr wichtig. Prof. Constantin
                zusätzlich wegen der raschen neurologischen Be-    arbeitet seit mehr als 10 Jahren mit AnaConDa
                urteilbarkeit neben der pulmonalen Komponente      und ARDS-Patienten. Das ARDS lässt sich patho-
                eine wichtige Option dar.                          morphologisch in den diffusen und den Lobär-Typ

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einteilen. Beide Subtypen gehen mit einer sehr         unter Isofluran spontan (vs. 16% mit i.v.Sedierung).
schlechten Oxygenierung einher, aber das inflam-       Der Spitzendruck und PEEP konnten unter Isoflu-
matorische Profil ist verschieden, und somit auch      ran gegenüber Midazolam und Propofol innerhalb
die Mortalität. Anhand des CT-Scan lassen sich         von 24 h signifikant reduziert werden (15).
beide Typen voneinander unterscheiden, v.a. der
diffuse Typ geht mit einer schlechteren Lungen-
mechanik und Compliance sowie einer vermin-            Inflammation und ARDS
derten alveolären Fluid Clearance (AFC) einher.
Die Untersuchungen des Referenten konnten zei-         „Auf der Intensivstation behandeln wir täglich
gen, dass der sensitive Marker sRAGE für einen         kritisch kranke Patienten, die häufig einer Inflam-
Alveolareptithelschaden (soluable receptor for         mationsreaktion auf dem Boden einer Sepsis oder
advanced glycation end-products) im diffusen           eines ARDS ausgesetzt sind“, eröffnete Dr. Patrick
ARDS deutlich höher ist und durch den Einsatz          Kellner vom Universitätsklinikum Lübeck seinen
von volatilen Anästhetika moduliert wird: sRAGE        Vortrag auf dem 28 Symposium Intensivmedizin
war erniedrigt bei gleichzeitig besserer AFC und       + Intensivpflege 2018 in Bremen. GABA-Rezep-
geringerem Alveolarödem. In einer Pilotstudie bei      toren sind der Dreh- und Angelpunkt nicht nur
ARDS-Patienten untersuchte Prof. Constantin die        der Inflammation, sondern sie besitzen mit ihrer
Effekte von Sevofluran gegenüber Midazolam über        alpha-Untereinheit auch die neuronale Andock-
48 h (14). Hier zeigten sich signifikant höhere Oxy-   stelle für die sedierende Komponente von volatilen
genierungsindices bei erniedrigten Werten von          Anästhetika. Midazolam und Propofol treten mit
inflammatorischen Zytokinen und dem sensiblen          anderen Untereinheiten des GABA-Rezeptors in
alveolären Marker sRAGE sowohl in der broncho-         Interaktion und lösen daher in der Inflammations-
alveolären Lavage (BAL) als auch im Plasma             kaskade andere Reaktionen aus. In der Lunge führt
(Abb.3).                                               der Einsatz von Isofluran in Alveolarzellen Typ II
                                                       über eine COX2-Hemmung und Reduktion der
Auch die Arbeitsgruppe um Dr. Andreas Meiser,          Prostaglandinsynthese zu einer Downregulation
Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklini-      der Inflammationsantwort (16). Ein Chloridkanal
kum Homburg/Saar, sieht einen großen Vorteil in        am GABA-Rezeptor transportiert passiv zum
inhalativer Sedierung bei ARDS und Lagerungs-          Ladungsausgleich Wasser und kann deshalb den
therapie (Rotorest™). Insgesamt 38 Patienten mit       Ödemgehalt in der Lunge positiv modulieren.
v.a. Pneumonie oder Sepsis wurden retrospektiv
in Bezug auf Sedierungstiefe (RASS), Spontanat-        Volatile Anästhetika treten über die Lunge in direk-
mung und Oxygenierung untersucht. Die Sedierung        ten Kontakt mit dem alveolären Epithel und sind
im Rotorest-Bett war mit Isofluran problemlos          im ARDS genau am idealen Ort, um antiinflam-
anwendbar. Der RASS war niedriger während der          matorisch zu wirken, erklärte Dr. Kellner. Unter-
Isofluransedierung im Vergleich zu Propofol oder       suchungen seiner Studiengruppe in einem Rat-
Midazolam, allerdings atmeten 90% Patienten            ten-Modell für akute Lungeninsuffizienz zeigten

                                                                                                              Abb. 3:
                                                                                                              Oxygenierungsindex und
                                                                                                              sRAGE-Werte unter Sedierung
                                                                                                              mit Sevofluran oder Midazolam.
                                                                                                              sRAGE (soluble form of
                                                                                                              receptor for advanced glyation
                                                                                                              end-products): sensibler
                                                                                                              Marker der Alveolarzell-Typ I-
                                                                                                              Schädigung (14).

                                                                                                                                        7
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Abb. 4: Oxygenierungsindices und Gesamtzellzahl der Bronchoalveolären Lavage (BALF). LPS: intratracheale
    Lipopolysaccharid-Lösung; PBS: Phosphat-gepufferte Kochsalzlösung (Kontrollgruppe); S: Sevoflurane; P: Propofol; † p
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ECMO-Therapie erhalten. Die Überlebensrate be-                      es kam innerhalb von 24 Stunden zu einer deut-
trug 50% ohne Unterschiede zwischen den Sedie-                      lichen Verbesserung des Atemzugvolumens (Abb.
rungsgruppen, auch für sekundäre Endpunkte wie                      5). Insbesondere die Spontanatmung blieb auch
Dauer des Intensiv- und Krankenhausaufenthalts,                     unter tiefer Sedierung erhalten und das Weaning
der ECMO-Therapie sowie die Inzidenz des Delirs                     konnte früher beginnen. Daneben konnte die Va-
konnten keine Unterschiede gesehen werden.                          sopressor-Therapie als auch die Opiatdosierung
                                                                    deutlich reduziert werden (20).
In einer kürzlich veröffentlichten Fallserie stellten
die Kollegen aus Homburg/Saar 6 Patienten im                        „Die AnaConDa-S mit 50 ml ist heute sicher der
ARDS mit ECMO-Therapie vor, die innerhalb von                       neue klinische Standard für die Erwachsenen-
24 h nach ECMO-Start Isofluran zur Sedierung                        sedierung geworden und stellt eine Verbesserung
erhielten. Für die tiefe Sedierung von RASS -4                      in der Versorgung von kritisch kranken, intubier-
bis -5 waren nur 1-3 ml/h Isofluran notwendig.                      ten Patienten dar“, beendete Dr. Bellgardt seinen
Das Konzept der Lungenprotektion konnte pro-                        Vortrag zum 28. Symposium Intensivmedizin +
blemlos mit AnaConDa umgesetzt werden und                           Intensivpflege 2018 in Bremen.

    Abb. 5: ARDS unter ECMO-Therapie mit Isofluran-AnaConDa (20).

                                                                                                                        9
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Das Gehirn
     3. Neuroprotektion in der Praxis

                 Jedes Jahr erleiden in Europa bis zu 700.000          seiner Intensivstation in den Jahren 2011-2012
                 Menschen außerhalb des Krankenhauses einen            applizierte er Isofluran endtidal von 0,2-0,6 Vol%
                 Herzstillstand - nur 10% davon überleben den          (und Sufenta) während therapeutischer Hypo-
                 Krankenhausaufenthalt! Die inhalative Sedierung       thermie (33°C). Ein Aufwachversuch und neuro-
                 könnte zukünftig einiges verändern, da zahlrei-       logische Beurteilung erfolgte bei Normothermie.
                 chen Daten daraufhinweisen, dass Inhalations-         Von insgesamt 31 prospektiv eingeschlossenen
                 anästhetika nicht nur sedierend wirken, sondern       Patienten überlebten 22 (71%), wobei 18 der Über-
                 durch Präkonditionierung auch einen zusätzlichen      lebenden (82%) ein gutes neurologisches Outcome
                 positiven Outcome-Effekt für den Patienten haben.     (Glasgow-Pittsburgh CPC 1 oder 2) hatten. Die
                                                                       Neuronen-spezifische Enolase (NSE) erwies sich
                                                                       als guter prognostischer Parameter bei CPC 1-2
                 Kontrollierte Hypothermie                             Patienten. Diese Daten verglich Dr. Kersten mit
                                                                       historischen Kontrollen der Jahre 2009-2010: Bei
                 Bereits auf dem „AnaConDaY“ am Universitäts-          97 Patienten war eine i.v.-Sedierung erfolgt, die
                 klinikum Heidelberg im Jahr 2010 stellte Dr.          Mortalität betrug darunter 40% (im Vergleich zu
                 Schmid vom Klinikum St. Marien Amberg erste           29% mit Isofluran) und lediglich 67% der Überle-
                 Daten zum Einsatz von Sevofluran via AnaConDa         benden hatten ein gutes neurologisches Outcome.
                 nach Reanimation und Hypothermie-Behandlung
                 vor. Nach Umstellung auf ein inhalatives Regime       Die Hoffnung auf neuroprotektive Effekte stei-
                 mit Sevofluran stieg der Anteil der Entlassungen      gerte in den letzten Jahren den Stellenwert der
                 mit einem zufriedenstellenden Zustand (Cognitive      Isofluran-Sedierung erheblich. Hirnblutungen füh-
                 performance category, CPC 1-2) von vormals 35%        ren nicht nur zu irreversiblen primären Schäden,
                 auf 62% im Jahr 2007, auf 88% in 2008 und 86%         sondern durch ein perihämorrhagisches Ödem
                 in 2009 an. Diese Patienten gingen ohne neuro-        zu einer Störung der Blut-Hirn-Schranke mit Ver-
                 logisches Defizit nach Hause und kehrten teilweise    minderung der zerebralen Perfusion und damit
                 ins Berufsleben zurück, außerdem sank der Anteil      sekundären Zellschäden. Im Tierversuch konnte
                 der Patienten mit apallischem Syndrom von 50%         gezeigt werden, dass Isofluran nach Okklusion bei-
                 (2004) auf 7% (2009).                                 der Karotiden zu einer Verringerung der zerebralen
                                                                       Ischämie, des Ödems und der Neuroinflammation
                 Dr. Alexander Kersten, Klinik für Kardiologie, Pul-   führt. Neuroprotektive Eigenschaften der Inhala-
                 mologie, Angiologie und internistische Intensivme-    tionsanästhetika können durch eine Erniedrigung
                 dizin am Universitätsklinikum Aachen präsentierte     der zerebralen Metabolisierungsrate, Reduktion
                 auf dem 23. Symposium Intensivmedizin + Inten-        von reaktiven Sauerstoff-Spezies (ROS) und In-
                 sivpflege in Bremen 2013 ähnliche Ergebnisse.         duktion von Stickstoffmonoxid-Synthese (iNOS)
                 Nach Aufnahme der reanimierten Patienten auf          erklärt werden.

10
Nach Herz-Kreislaufstillstand kommt es zu einem       dies der erste Hinweis auf eine hypoxische Hirn-
ausgeprägten Reperfusionssyndrom mit starker          schädigung. Ein Blick auf den Narkosegasmonitor
Schädigung des Gehirns. Die aktuellen Leitlinien      reicht, um zu sehen, ob die Sedierung suffizient
empfehlen, so berichtete PD Dr. Storm, Leiter         oder das Gas abgeflutet ist.
des Cardiac Arrest Center of Excellence der
Charité-Universitätsmedizin Berlin, beim Sym-         Eine weitere aktuelle Untersuchung zeigte die
posium für Intensivmedizin + Intensivpflege in        Outcome-Relevanz der Sedierungswahl nach
Bremen 2016, bei komatösen Reanimationspa-            Reanimation. Bei 432 Patienten nach Herzstill-
tienten mind. 24 h eine Hypothermie (32-36°C)         stand wurde der Einsatz von Isofluran gegenüber
durchzuführen. Damit die sehr invasive Kältebe-       Midazolam verglichen, es zeigten sich eine Ver-
handlung toleriert wird, ist zumindest initial eine   kürzung der Beatmungsdauer von über 4 Tagen,
tiefe Sedierung (RASS -4 bis -5) erforderlich, um     sowie eine signifikant frühere Verlegbarkeit von
v.a. auch Shivering proaktiv zu vermeiden. Ob über-   der Intensivstation von 4.5 Tagen mit Isofluran
haupt und mit welchem Ausmaß eine hypoxische          (21). Diese Ergebnisse sind auch ökonomisch von
Schädigung vorliegt, ist meist unbekannt. Eine        besonderer Bedeutung (Abb. 6).
sichere Einschätzung der Prognose ist nur mög-
lich, wenn ein wie bei i.v.-Sedativa häufig auftre-
tender Sedierungsüberhang sicher ausgeschlos-         Intrazerebrales Monitoring
sen werden kann. Die Hypoxie post reanimationem
betrifft nicht nur das Gehirn, sondern den ganzen     Bei neurologischen Patienten kommt der Kontrolle
Körper. Die Kühlung verlangsamt den Metabolis-        von Hirndruck (ICP) und zerebralem Perfusions-
mus und somit Pharmakokinetik und -dynamik            druck (CPP) eine große Bedeutung zu. Volatila
aller Narkosemedikamente. Die Aktivität der           galten lange wegen der Gefäßdilatation als kon-
CYP450-Enzyme in der Leber kann bis zu 50%            traindiziert, ein optimales Sedierungsregime für
reduziert sein, ohne dass eine Leberschädigung        z.B. Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma gab es
messbar wäre. Propofol hat zwar günstige Eigen-       nicht und wurde meist mit Midazolam durchge-
schaften, bei Körpertemperaturen unter 34°C           führt.
kommt es aber zu einer Wirkverlängerung durch
den gebremsten Metabolismus. Der große Vorteil        PD Dr. Bösel, Neurologische Klinik an der Univer-
der inhalativen Sedierung nach Reanimation ist        sität Heidelberg, sah bereits im Jahr 2010 einen
die gute Steuerbarkeit der Sedierungstiefe und        deutlichen Vorteil der inhalativen Sedierung und
schnelle neurologische Beurteilbarkeit nach Be-       integrierte AnaConDa fest in das Sedierungssche-
endigung. Sinkt die Gaskonzentration auf Null und     ma seiner Intensivstation. Eine seiner ersten Pa-
der Patient wacht nicht auf, so PD Dr. Storm, ist     tienten war eine junge Frau mit NMDA-Rezeptor-

    Abb.6: Beatmungsdauer und ICU LOS (21).

                                                                                                          11
Enzephalitis. Bei dieser entzündlichen Auto-                                       und Perfusionsdruck aufrechterhalten, sekundäre
     immunerkrankung bildete ein ovarieller Tumor                                       neurologische Schäden reduzieren, den erhöhten
     Antikörper gegen den NMDA-Rezeptor, was zu                                         ICP senken, antikonvulsiv und im Idealfall neuro-
     schweren Psychosen, Anfällen und kaum be-                                          protektiv wirken. Bei Hirnschäden tritt regelhaft
     herrschbaren dyskinetischen Übererregungszu-                                       eine gestörte Autoregulation mit konsekutivem
     ständen führt. Die Patientin erhielt 5 verschiedene                                Abfall des CPP bei Hypotonie und Abnahme des
     i.v.-Sedativa plus Analgetika in Höchstdosis und                                   zerebralen Blutfluss (CBF) auf, das zerebrale Vo-
     war immer noch so erregt, dass sie sich fast die                                   lumen nimmt zu und der ICP steigt. Hier ist ein
     Zunge abbiss und nicht kontrolliert zu beatmen                                     Mitteldruck (MAP) von 60-70 mmHg notwendig,
     war. Nachdem der Kollege auf niedrigdosiert Iso-                                   sonst droht ein Teufelskreis und Nervenzellen
     fluran via AnaConDa umgestellt hatte, ließ sich                                    sterben ab.
     die Patientin leicht führen. Die immunsuppressive
     Therapie war jetzt möglich und schlug an, nach                                     In einer prospektiven Beobachtungsstudie (Vola-
     3-monatiger Isofluran-Sedierung steht die Frau                                     tile Anesthetics for Neuro-Intensive Stroke and
     heute wieder voll im Leben und arbeitet.                                           Hemorrhage, VANISH) untersuchte Dr. Bösel an
                                                                                        der Uniklinik Heidelberg bei 19 Patienten mit Apo-
     Die Prognose bei beatmeten neurologischen                                          plex, Hirnblutung oder Subarachnoidalblutung
     Patienten ist insgesamt schlecht. Das ideale „Neu-                                 die neurologischen Parameter beim Switch von
     ro“-Sedativum sollte zerebrale Autoregulation                                      einer konventionellen i.v. Sedierung auf Isofluran
                                                                                        (22). Es traten keine kritischen Anstiege des ICP
                                                                                        auf, der mittlere arterielle Druck und der Arteria
                                                                                        cerebri media-Blutfluss blieben weitgehend stabil.
                                   0.3
                                                                                        Lediglich die zur Aufrechterhaltung des arteriellen
       Noradrenaline (µg/kg/min)

                                                   NA
                                                                                        Mitteldrucks benötigte Noradrenalin-Dosierung
                                   0.2                                                  stieg an, ohne primäre Folgen für den Patienten.
                                                                                        Außerdem wurde mittels Nah-Infrarotspektro-
                                   0.1                                                  skopie (NIRS) eine reduzierte Sauerstoffextraktion
                                                                                        des Hirngewebes nachgewiesen (Abb.7). Diese Be-
                                   0.0
                                         -6   -4    -2   0    2   4   6   8   10 12     obachtungen decken sich mit den Erfahrungen bei
                                   110                                                  inhalativ sedierten, neurochirurgischen Patienten
                                   100                                                  in anderen Zentren. Hirndruckanstiege sind aus
       ICP / CPP/ MAP (mmHg)

                                    90
                                                                                        der Erfahrung bei einzelnen Patienten möglich,
                                    80
                                    70                                                  auch Störungen der Pupillomotorik wurden verein-
                                    60                                                  zelt beschrieben - für die Referenten ist deshalb
                                    50                                         MAP
                                    40                                         CPP      ein Neuromonitoring obligat.
                                    30                                         ICP
                                    20
                                    10
                                                                                        In einer ähnlichen Studie wurden 13 Patienten mit
                                     0                                                  neurologischer oder neurochirurgischer Schädi-
                                         -6   -4    -2   0    2   4   6   8   10 12
                                                                                        gung von einer Sedierung mit Propofol auf Isoflu-
                                                             Wechsel von intravenösem
                                                             Sedativum auf Isofluran
                                                                                        ran über 3 Stunden umgestellt (23). Mit Isofluran
                                                                                        zeigten sich ein stabiler ICP, eine reduzierte Sauer-
                                                                                        stoffextraktion und ein stabiler CPP. Außerdem
                                                                                        wurde ein erhöhter peripherer PBF registriert
     Abb. 7 Verhalten von intrakraniellem, mittlerem arteriellen und ze-                (Abb.8). Diese Kombination, keine Erweiterung
     rebralem Perfusionsdruck unter Isofluran-Sedierung bei schweren
     ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfällen (22).                              der zentralen Gehirnarterien aber mehr Blut in

12
rCBF variation                                                                        CVR variation
                      60                                                                                     8
                                       p0.05                                                           p>0.05               p>0.05

                     100                                                                                    12                        7.5 ± 3.1
                                                                                                                   6.6 ± 2.3
                      90                                                                                    10
    CPP nmHg

                                                                                 ICP nmHg

                      80                                                                                     8                                         6.6 ± 3.9

                      70                                                                                     6

                            80.1 ± 10.8     79.7 ± 10.7          79.3 ± 10.3                                 4
                      60
                                                p>0.05
                      50                                                                                     2
                                                                                                                                      p>0.05

                              Step I             Step II             Step III                                       Step I            Step II          Step III

Abb. 8 Zerebrale Parameter vor, während und nach Isofluran-Sedierung im Vergleich zu Propofol; rCBF:: regionaler Zerebraler Blutfluß; CVR:
zentralvenöser Widerstand; CPP: zerebraler Perfusionsdruck; ICP: intrazerebraler Druck (23).

der Peripherie könnte für einige Patienten genau                                Leukämie entwickelte nach Infektion einen ge-
das Richtige sein, so PD Dr. Bösel auf dem DIVI                                 neralisierten Status, der auswärtig nicht unter-
2013 in Leipzig.                                                                brochen werden konnte. Nach Umstellung auf
                                                                                Isofluran via AnaConDa konnte eine Suppression
Der Einsatz volatiler Sedativa wird seit Jahrzehn-                              der Hirnaktivität erfolgreich herbeigeführt werden.
ten in der Behandlung des Status epilepticus ein-                               Bei Gassedierung lassen sich Phenobarbital und
gesetzt. Dr. Felix Lehmann, Klinik für Anästhesio-                              Benzodiazepine problemlos eintitrieren.
logie der Universitätsklinik Bonn, präsentierte auf
dem 24. Symposium für Intensivmedizin + Intensiv-
pflege in Bremen einen Fall im Status epilepticus:
Ein 24-jähriger Patient mit akuter lymphatischer

                                                                                                                                                                    13
Das Herz
     4. Kardioprotektion

                 Die demographische Entwicklung führt zu einer                      Volatile Anästhetika wirken im Gegensatz zu
                 Zunahme der älteren Bevölkerung, insbesondere                      intravenöser Anästhesie sowohl bei Applikation
                 die Prävalenz der koronaren Herzerkrankungen                       vor der Ischämie als auch danach, zum Zeitpunkt
                 und damit das Risiko einer Myokardischämie neh-                    der Reperfusion (Postkonditionierung) protektiv.
                 men mit zunehmendem Lebensalter zu. Volatile                       Im Gegensatz zu Opioiden, die äußerlich am
                 Anästhetika sind das Herzstück der Anästhesie!                     Sarkolemm angreifen, passieren die Volatila die
                 Sie besitzen auch ohne Ischämieinduktion positive,                 Zellmembran und wirken über ATP-abhängige
                 organprotektive Eigenschaften und sollten bei                      Kaliumkanäle von Mitochondrien. Die Öffnung der
                 allen Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil                  Kaliumkanäle verhindert den Zelltod, weil die Zelle
                 großzügig eingesetzt werden, empfiehlt Prof. Kehl,                 trotz Ischämie und Reperfusion ihren ATP-Gehalt
                 Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin vom                 aufrechterhalten kann und keine Apoptose-Signa-
                 Klinikum Karlsruhe. In seinen früheren Untersu-                    le aussendet. Adenosin- und ATP-abhängige Ka-
                 chungen an Tieren (24) konnte er demonstrieren,                    liumkanäle in den Mitochondrien des Sarkolemms
                 dass der kardioprotektive Effekt der Präkonditio-                  spielen eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit
                 nierung mit Isofluran bereits in subanästhetischen                 Untersuchungen zur Prä- und Postkonditionierung
                 Konzentrationen von 0.25 MAC die Infarktgröße                      am Herzen. De Hert et al. (25) konnten in ihren Stu-
                 nach 60-minütiger Koronararterienokklusion deut-                   dien zeigen, dass die Proteinkinase C als zentraler
                 lich vermindert (Abb.9).                                           Bestandteil und Sauerstoffradikale entscheidend
                                                                                    dafür sorgen, dass reaktive Sauerstoffspezies als
                                                                                    auch Calcium in der Zelle erniedrigt werden und
                                                                                    zu einer erhöhten zellulären ATP-Synthese führen.
                                                                                    Klinisch zeigen sich eine geringere Infarktgröße
                                                                                    und eine bessere myokardiale Funktion.

                                                                                    Wäre daraus zu folgern, dass eine alleinige post-
                                                                                    operative Gabe von Inhalationsanästhetika via
                                                                                    AnaConDa zu einem Postkonditionierungsef-
                                                                                    fekt führt? Durch Prä- und Postkonditionierung
                                                                                    mit volatilen Anästhetika lassen sich auch am
                                                                                    menschlichen Herzen ischämische Organschäden

                 Abb. 9 Anästhetika-induzierte Präkonditionierung am Mäuseherz im
                 Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (links).

14
begrenzen, berichtete Frau Prof. B. Beck-Schim-                      gere NT-proBNP-Werte (Herzinsuffizienz-Marker)
mer, Institut für Anästhesie am Universitäts-                        messbar, daneben wurden kürzere Aufenthalte
spital Zürich bereits 2010. Die Schweizer Studie                     auf der Intensivstation und im Krankenhaus im
untersuchte 100 herzchirurgische Patienten, die                      Vergleich zur i.v.-Sedierung beobachtet (4).
nach intravenöser Narkose im Weaning entweder                        Ein weiterer Bezug zur Klinik findet sich auch bei
Sevofluran via AnaConDa oder Propofol auf der                        Patienten mit Myokardischämie, die operativ oder
Intensivstation erhielten. Diese späte Postkondi-                    interventionell revaskuliert werden, als auch nach
tionierung lange nach der Reoxygenierung führte                      stattgehabter Reanimation. PD Dr. Kellner stellte
bei mit Sevofluran-sedierten Patienten zu signi-                     2018 in Bremen die herzchirurgische Studie von
fikant niedrigeren CK-MB- und Troponin T-Werte,                      Guerrero Orriach et al. (28) heraus, da hier unter-
einen Trend zu besserer Oxygenierung und weniger                     schiedliche Konditionierungzeiträume untersucht
pulmonale Komplikationen (26).                                       wurden: 60 Patienten, die sich einer aortokorona-
                                                                     ren Bypassoperation im Off-Pump-Verfahren (OP-
                                                                     CAP) unterzogen, wurden eingeschlossen. Zwei
Outcome-Verbesserung nach Herzoperation                              Studienarme mit je 20 Patienten erhielten über
                                                                     den Gesamtbeobachtungszeitraum entweder nur
In einer italienischen Studie waren volatile An-                     Propofol oder nur Sevofluran, ein dritter Studien-
ästhetika bei Bypass-Patienten mit signifikant                       arm erhielt Sevofluran zur Präkonditionierung und
niedrigeren Troponin-Spiegeln assoziiert als                         postoperativ Propofol. Die Herzinsuffizienz- und
eine intravenöse Sedierung. Außerdem war die                         Ischämiemarker wurden über 48 h gemessen. Es
hämodynamische Stabilität besser (geringerer                         zeigten sich in Abhängigkeit der Dauer der Sevof-
Inotropika-Bedarf) und weniger Patienten wurden                      luran-Applikation signifikant niedrigere Ischämie-
mehr als 7 Tage stationär behandelt (27).                            (Troponin I) und NT-proBNP-Werte (Abb.10).
Die Studiengruppe von Frau PD Dr. Röhm, Klinik für
Anästhesiologie am Klinikum Ludwigshafen, stell-                     Auf der Basis dieser Studien, so berichtet Prof.
te im Jahr 2010 bei einem AnaConDa-Symposium                         Kehl, gibt es inzwischen Empfehlungen: „Die Ver-
ebenfalls interessante Ergebnisse bei Patienten                      wendung volatiler Anästhetika kann vorteilhaft
nach Bypasschirurgie vor: In der mit Sevoflu-                        sein bei hämodynamisch stabilen und kardial ge-
ran-sedierten Gruppe waren signifikant niedri-                       fährdeten Patienten“ (Evidenzgrad B, Klasse IIa).

Abb. 10: Troponin I- und NT-proBNP-Spiegel über verschiedene Konditionierungszeiträume mit Sevofluran vs.
Propofol; *p
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