Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich

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Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
Volksbank
UnternehmerInnen-
Studie 2020
Ein persönlicher Blick auf das Leben der
Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
Persönlichkeiten: Was unterscheidet   Unternehmensführung: Welche   Visionen: Spielt das
junge Unternehmergenerationen         Werte werden in Österreichs   Alter für den Erfolg
von Erfahrenen?                       Unternehmen gelebt?           eine Rolle?
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
„Jede Generation hat ihre eigene Art, mit
 © Robert Polster
                                       Herausforderungen umzugehen.“
Liebe Leserinnen und Leser,

auch in diesem Jahr gibt die Volks-   Jede Generation hat im berufli-           gemeinsam mit dem Gallup Institut
bank UnternehmerInnen-Studie          chen Alltag ihre eigenen Heraus-          mehr als 1.000 Unternehme-
spannende Einblicke in die Un-        forderungen. Um zu zeigen, welche         rinnen und Unternehmern gestellt.
ternehmen Österreichs und zeigt       das sind und wie die verschiedenen        Die Antworten und Ergebnisse sind
unter anderem,                        Altersgruppen damit umgehen,              auf den folgenden Seiten für Sie
                                      haben wir acht Unternehmerinnen           zusammengefasst.
… welche Probleme verschiedene        und Unternehmer interviewt.
Generationen lösen müssen,            Sie liefern detaillierte Einsicht in      Für uns als Hausbank ist es
                                      das eigene Unternehmen und teilen         wichtig, die Bedürfnisse aller Un-
… wo die Jungunternehmerinnen         uns mit, was sie vielleicht anders        ternehmerinnen und Unternehmer
und Jungunternehmer anders            machen als noch ihre Eltern zuvor.        sowie der unternehmerisch den-
ticken als die Erfahrenen             Einen zusätzlichen Blickwinkel er-        kenden Privaten in Österreich zu
                                      halten wir von Dr.in Anita Zehrer, Pro-   erfüllen. Unsere Unternehme-
… oder warum Tradition und            fessorin am Management Center             rInnen-Studie 2020 hilft uns nicht
Fortschritt einander nicht aus-       Innsbruck und Leiterin des Zen-           nur, all jene zu verstehen, sondern
schließen.                            trums für Familienunternehmen.            bietet gleichzeitig einzigartige
                                                                                Einblicke in unterschiedlichste
                                      Es gilt in dieser dritten Ausgabe         Betriebe unseres Landes. So schaf-
                                      der Volksbank UnternehmerIn-              fen wir eine besondere Diskus-
                                      nen-Studie also, viele Fragen zu          sionsgrundlage und ein besseres
                                      beantworten. Welche Kompromisse           Verständnis. Denn aus Verständnis
                                      gehen Selbstständige ein? Was sind        entsteht Nähe und aus Nähe ent-
                                      ihre Ziele? Wie wichtig ist Unab-         steht Vertrauen – ein unverzicht-
                                      hängigkeit? Und welche Rolle spielt       barer Wert für ein lebenswertes
                                      etwa Nachhaltigkeit für Öster-            Österreich. Ich wünsche Ihnen viel
                                      reichs Unternehmen? Diese und             Freude beim Lesen unserer dies-
                                      noch viele weitere Fragen haben wir       jährigen Ausgabe.

                                                                                Herzlichst, Ihr

                                                                                Gerald Fleischmann
                                                                                Generaldirektor
                                                                                VOLKSBANK WIEN AG

                                                                                                                      3
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
Inhalt

                                                                       Über die Volksbank
                     Merkmale &
                     Gemeinsamkeiten                                   UnternehmerInnen-
                                                                       Studie 2020
                     08 | Zahlen & Fakten
                     10 | Interview mit Gexi Tostmann &      S.10
                          Anna Tostmann-Grosser

                     Leben &                                   S. 18   Die jährliche Volksbank UnternehmerInnen-Studie gibt einen Einblick in die per-
                     Verpflichtungen                                   sönliche Lebenswelt von Selbstständigen in Österreich. In dieser Ausgabe werden
                                                                       vor allem Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zwischen jüngeren und älte-
                     16 | Zahlen & Fakten
                                                                       ren Unternehmergenerationen beleuchtet. Dabei drehen sich die Fragestellungen
                     18 | Interview mit Susana
                                                                       um die vier Themenbereiche Merkmale & Gemeinsamkeiten, Leben & Verpflich-
                         Niedan-Feichtinger &
                         Klaus Schwarz
                                                                       tungen, Antrieb & Ausgleich sowie Bilanz & Pläne. Denn Ziel der Studie ist es, zu
                                                                       verstehen, wie Unternehmerinnen und Unternehmer hierzulande denken, handeln
                                                                       und leben.

                     Antrieb & Ausgleich                               Wie bereits in den vergangenen zwei Jahren hat das Österreichische Gallup Institut
                     26 | Zahlen & Fakten                              im Auftrag der Volksbank zwischen Februar und Juli 2020 dazu weitere 1.000
             S. 28   28 | Interview mit Martin Wetscher &
                          Constantin Kuchler
                                                                       Unternehmerinnen und Unternehmer befragt. Die repräsentative Stichprobe bildet
                                                                       die Unternehmensstruktur nach Branchen und Unternehmensgröße ab.

             S. 38   Bilanz & Pläne
                     36 | Zahlen & Fakten
                     38 | Interview mit Christof
                          Branner & Roman Fuchs

                     Expertin im Gespräch                      S. 44
                     44 | Interview mit Dr.in Anita Zehrer

4                                                                                                                                                           5
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
„Es gibt immer                                  Merkmale &
    Schwierigkeiten,                                Gemeinsamkeiten
    wenn Menschen
                                                    Jede Generation wird von anderen        der Bereich Nachhaltigkeit an
                                                    Erfahrungen und Erlebnissen             Bedeutung. 61 % der Traditionalisten
                                                    geprägt. Wie äußern sich diese          sehen dies als absoluten Kernwert
                                                    Generationenunterschiede in den         ihres Unternehmens. Bei den

    zusammenarbeiten.
                                                    Betrieben? Welche Werte leben die       Jüngeren zeichnet sich hier ein
                                                    jeweiligen Unternehmerge-               anderes Bild ab: Für sie ist Nach-
                                                    nerationen und haben sie vielleicht     haltigkeit zunehmend selbstver-
                                                    auch Gemeinsamkeiten? Die Volks-        ständlicher.

    Diese Spannungen
                                                    bank UnternehmerInnen-Studie            Das Unternehmerhandwerk erler-
                                                    zeigt: Die drei wichtigsten Werte für   nen übrigens über zwei Drittel der
                                                    Selbstständige sind Teamwork            Unternehmerinnen und Unterneh-
                                                    (55 %), Innovation (54 %) und           mer im Rahmen einer entspre-

    erzeugen aber auch
                                                    Nachhaltigkeit (52 %). Zwar             chenden Ausbildung. Interessant ist,
                                                    gehören Weiterbildung, Gleichstel-      dass die Generation Y im Vergleich
                                                    lung und Tradition mehrheitlich zur     deutlich häufiger ihr Wissen von
                                                    Unternehmenskultur dazu, treten         den Eltern oder anderen Angehöri-

    Energien.“
                                                    jedoch als Kernwert etwas in den        gen erhält. Liegt es daran, dass sie
                                                    Hintergrund.                            mehrheitlich die Familienbetriebe
                                                    Wie hängen diese Werte mit dem          übernehmen? Für ein Drittel trifft
                                                    Alter zusammen? Teamwork hat            das zu. Lediglich die Unabhängig-
                                                    vor allem für die Generation Y eine     keit war für die meisten Unter-
                                                    höhere Wertigkeit. Während das          nehmerinnen und Unternehmer
                                                    Thema Innovation mit dem Alter          ein noch größerer Ansporn, um
                                                    etwas an Relevanz verliert, gewinnt     zu gründen.

    Gexi Tostmann,
    ehemalige Geschäftsführerin Tostmann Trachten

6                                                                                                                                  7
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
Merkmale & Gemeinsamkeiten
                                                                                                                       Welche Motive haben die unterschiedlichen Unternehmergenerationen,
                                                                                                                       um zu gründen? Inwiefern unterscheiden sich ihre Unternehmenswerte?

                                                                                                                           Generation Y        Generation X      Babyboomer                    Traditionalisten                Alle Generationen
                                                                                                                           bis 40 Jahre        41 – 55 Jahre     56 – 65 Jahre                 über 65 Jahre

Teamwork, Innovation und                                                                                               Unabhängigkeit lässt Unternehmen gründen
Nachhaltigkeit sind die wichtigsten
Kernwerte für UnternehmerInnen
                                                                                     48 %                              Unabhängigkeit ist das wichtigste Motiv, um ein Unternehmen zu gründen,
                                                                                                                       vor allem für die jüngeren UnternehmerInnen. Bei den über 65-Jährigen

                                                                                                   50 %
                                                                                                                       ist der Anteil deutlich kleiner.

Besonders signifikant sind die Unterschiede
zwischen den Traditionalisten und der Generation Y.

                                                                                 57 %
                                                                                                                                                                                                                               28 %
                                                                                                                                                                                                                                         32 %
                                                                                                                               Unabhängigkeit                                                                                     29 %

                                                                                                       61 %
                                                                                                                                                                                        16 %

                                                                                                                                                                                                                                            33 %
                                                                                                                               Familienbetrieb                                                                   24 %
                                                                                                                               übernommen/                                                                                 27 %
                                                                                                                               eingestiegen
                                                                                                                                                                                                                                                           39 %
   61 %
                                                                                            Nachhaltigkeit als                                                                                                          26 %
                                                                                 €          absoluter Kernwert eines           Selbstverwirklichung/                                                             24 %
                                                                                            Unternehmens steigt                Freude am Tun                                                              21 %
                                                                                                                                                                                                   18 %
                                                                                            mit dem Alter.

                                                                            4%       58 %                              Generation Y: Ausbildung durch Eltern oder andere Angehörige
                                                      21 %                 6%        52 %
                                                                                                                       36 % der Generation Y lernen ihr Unternehmerhandwerk durch Eltern oder andere Angehörige.
                                                                                                                       Geht es um eine entsprechende Ausbildung, liegen die anderen Generationen vorne.

                                                                    11 %             55 %
                                                             17 %                    52 %
       Absoluter Kernwert        Kein Kernwert                      Kein Kernwert Absoluter Kernwert

                       Die Generation Y setzt am                                            Innovation ist für die
                       stärksten auf Teamwork.                                              meisten Unternehme-
                       Traditionalisten sehen                                               rInnen ein absoluter                   65 %   Ich habe eine                          20 %    Durch meine                                            35 %   Durch Learning
                       Teamwork am häufigsten                                               Kernwert, dies nimmt                   71 %   entsprechende                          20 %    Eltern bzw.                                            28 %   by Doing
                       als keinen Kernwert.                                                 jedoch mit dem Alter ab.               68 %   Ausbildung genossen                    23 %    andere Angehörige                                      28 %
                                                                                                                                   61 %                                          36 %                                                           32 %

   8                                                                                                                                                                                                                                                          9
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
„Tradition ist etwas
                             ganz Wichtiges.
                             Auch um etwas
                             Neues zu schaffen.“
                             Das Unternehmen Tostmann Trachten aus Oberösterreich blickt
                             auf eine lange Tradition zurück. In der Nachkriegszeit gegründet,
     INTERVIEW
                                                                                                         © Tostmann Trachten

                             wird es heute bereits in dritter Generation geführt. Anna Tost-
     mit Gexi Tostmann &     mann-Grosser nahm Ende der 90er Jahre das Ruder in die Hand
     Anna Tostmann-Grosser   und ist heute die Geschäftsführerin des Trachtenherstellers. Das
                             heißt aber nicht, dass ihre Mutter Gexi Tostmann nicht auch noch
                                                                                                                                Warum das zweite Standbein?           Mensch (lacht). Das ist, glaube ich,
                             regelmäßig in den zwei Geschäften anzutreffen ist. Im Interview
                                                                                                                                                                      positiv für die Nachfolge.
                             erzählen die beiden Frauen von ihrer Zusammenarbeit, ihren
                             Werten und vom Muttersein.                                                   „Meine Mutter hat       Ich wollte auf keinen Fall oh-
                                                                                                                                ne jegliche Ausbildung dastehen.      Und worin besteht die

                                                                                                         mich in erster Linie   Nicht, dass mir die Leute nachsa-
                                                                                                                                gen, etwas anderes hat sie als Ein-
                                                                                                                                                                      größte Schwierigkeit, wenn
                                                                                                                                                                      verschiedene Generationen
                             Frau Tostmann, warum sind Sie
                             Unternehmerin geworden?
                                                                  unterschiedliche Philosophien
                                                                  vertreten haben: Meine Mutter
                                                                                                          machen lassen –       zelkind nicht geschafft.              zusammenarbeiten?

                               G.T. Weil ich damit aufgewach-
                                                                  wollte klein bleiben, mein Vater
                                                                  groß werden.
                                                                                                           inklusive Fehler.“   Sie waren dann gemeinsam im
                                                                                                                                Unternehmen. Wie lief die Zusam-
                                                                                                                                                                        Ich denke, es gibt immer
                                                                                                                                                                      Schwierigkeiten, wenn Menschen
                             sen bin, war es für mich selbst-                                                                   menarbeit?                            zusammenarbeiten. Genau diese
                             verständlich, dass ich einmal        Frau Tostmann-Grosser, Ihre                                                                         Spannungen erzeugen aber auch
                             einsteige. Nur ursprünglich gar      Mutter hat die Firmen später                                    Das funktionierte sehr gut, auch    Energien. Immer nur Befehle aus-
                             nicht als Unternehmerin, wie         wieder vereint und letztlich an                               dank unserer zwei Standorte. So       geben, finde ich nicht gut.
                             es mein Vater wollte, sondern        Sie übergeben. War Ihnen diese                                konnten wir uns immer wieder
                             einfach, um eine schöne Sache        Laufbahn ebenfalls klar?                                      einmal räumlich aufteilen.            Sehen Sie das auch so?
                             weiterzumachen und davon leben                                                                     Meine Mutter hat dann auch recht
                             zu können.                              A.T. Als ich mit dem Studium                               schnell Verantwortung an mich            Auf jeden Fall. Das hat eigentlich
                                                                  begonnen habe, war mir das al-                                übergeben und mich in erster Linie    nichts mit Generationen zu tun,
                             Was hat Ihr Vater dazu gesagt?       les noch nicht so klar. Ich wollte                            machen lassen – inklusive Fehler      sondern mit dem Charakter. Meine
                                                                  unbedingt ein zweites Standbein                               und Erfolgserlebnisse. Das war,       Mutter ist zum Glück sehr aus-
                                G.T. Ich habe zunächst nur den    haben – für alle Fälle. Da mir die                            glaub ich, mein Glück.                geglichen und kann sich mit vielen
                             Betrieb meiner Mutter übernom-       Arbeit bei meiner Mutter aber so                                                                    Dingen abfinden. Geschwister der
                             men. Meine Eltern haben sich 1967    viel Spaß gemacht hat, stand schnell                            Wir sind aber auch wirklich aty-    gleichen Generation können sich ja
                             firmentechnisch getrennt, weil sie   fest, dass ich in der Firma bleibe.                           pisch und dazu bin ich ein fauler     trotzdem in die Haare kriegen.

10                             Gexi Tostmann      Anna Tostmann-Grosser                                                                                                                                       11
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
© Tostmann Trachten

                                     Wie erleben Sie das bei Ihren         das Muttersein erleichtert haben.
                                     Mitarbeitenden?
                                                                           Laut unserer Umfrage zählt Un-
                                       Wir haben wirklich Glück mit den    abhängigkeit zu den wichtigsten
                                     Jungen, die nachkommen. Der Um-       Zielen im Unternehmerleben. Was
                                     gang ist sehr respektvoll und die     sind Ihre?
                                     Lehrlinge haben bei der Arbeit viel
                                     Spaß mit den älteren Kolleginnen         Unabhängigkeit klingt natür-
                                     und Kollegen.                         lich schön, mir ist aber tatsächlich
                                                                           der Spaß am wichtigsten. Denn ich
                                     Welche Ansprüche haben Sie an         finde, man macht immer nur das
                                     sich als Unternehmerin?               gut, was einem auch Spaß macht.
                                                                           Wenn ich einen Schlachtbetrieb
                                       Es ist für mich eigentlich fast     geerbt hätte, weiß ich nicht, ob ich
                                     selbstverständlich, sich als gute     Unternehmerin geworden wäre.
                                     Unternehmerin für die Gemein-         Und es sollte natürlich das Aus-                                  Ich denke, Tradition ist etwas     Wie stehen Sie zum Thema
                                     schaft zu engagieren. So wie          kommen funktionieren, damit die                                ganz Wichtiges. Auch, um etwas        Übergabe?
                                     es meine Eltern auch schon            Lebensqualität gegeben ist.                                    Neues zu schaffen. Denn das
                                     getan haben.                                                                                         sind die Wurzeln, die einem             Es ist schon eine ziemliche
                                                                           Trifft das auf Sie ebenfalls zu?                               Sicherheit geben.                     Glückssache, wenn ein Nach-
                                       Mitarbeitende sind für uns daher                                                                                                         komme das Unternehmen über-
                                     auch keine Zahlen auf dem Gehalts-
                                     konto, sondern Menschen, mit de-
                                                                              Nein, ich hatte in dem Sinn
                                                                           eigentlich keine konkreten Ziele.       „Ich verstehe auch        Bei uns ist Tradition natürlich
                                                                                                                                          schon durch das Produkt
                                                                                                                                                                                nehmen möchte und auch kann.
                                                                                                                                                                                Man sollte aber niemanden dazu

© Tostmann Trachten
                                     nen wir teilweise schon über Gene-
                                     rationen verbunden sind. Für mich
                                                                           Ein Betrieb muss natürlich posi-
                                                                           tiv agieren und bilanzieren, damit
                                                                                                                  generationenüber-       gegeben, denn das Dirndl vermit-
                                                                                                                                          telt Tradition. Aber auch gene-
                                                                                                                                                                                zwingen, wenn er oder sie ganz
                                                                                                                                                                                andere Qualitäten hat.
                                     zählen also besonders das Mitei-
                                     nander und der Zusammenhalt.
                                                                           man sich sozial, kulturell und ge-
                                                                           sellschaftlich engagieren kann.
                                                                                                                  greifendes Handeln      rationenübergreifendes Handeln
                                                                                                                                          verstehe ich als eine Form            Was, glauben Sie, hat Ihre Genera-

                                     Inwiefern lassen sich da Beruf        Welche Unternehmenswerte sind
                                                                                                                    als eine Form von     von Tradition.                        tion der Ihrer Tochter voraus?

                                     und Familie unter einen Hut           Ihnen beiden denn besonders                      Tradition.“   Machen Sie denn heute auch man-         Wir haben durch den Krieg
                                     kriegen?                              wichtig?                                                       che Dinge anders als Ihre Mutter?     und die Aufbauarbeiten eine
                                                                                                                                                                                gewisse Enthaltsamkeit mitbe-

            „Man kann eben nicht        Ich habe tatsächlich immer
                                     gesagt, dass ich das nicht schaffe.
                                                                             Was das angeht, waren sich
                                                                           meine Eltern einig: Zuverlässig-
                                                                                                                                             Ich habe schon vieles von ihr
                                                                                                                                          übernommen. Wenn man ein ma-
                                                                                                                                                                                kommen. Umgekehrt auch einen
                                                                                                                                                                                Schub an Zukunftsglauben und

             alles haben, deshalb    Darum habe ich aufs Heiraten ver-
                                     zichtet. Man kann eben nicht alles
                                                                           keit und Respekt – das wurde uns
                                                                           eingeimpft und das habe ich auch
                                                                                                                                          rodes Unternehmen übernimmt, ist
                                                                                                                                          das natürlich anders. Aber das war
                                                                                                                                                                                Hoffnung. Das ist leider etwas
                                                                                                                                                                                verloren gegangen.
                 stand die Familie   haben, und deshalb stand die Fa-
                                     milie etwas hintenan. Trotzdem hat-
                                                                           über die Jahre weitergeführt.                                  ja ein solides Unternehmen. Wenn
                                                                                                                                          man dann glaubt, alles anders         Und andersherum?
                 etwas hintenan.”    ten wir immer einen guten Kontakt.       Zudem wurde das Unternehmen
                                                                           in der Nachkriegszeit gegründet,
                                                                                                                                          machen zu müssen, wäre das doch
                                                                                                                                          unklug. Trotzdem kann man immer          Ich denke, wir haben eine we-
                                     Sie sind ebenfalls Mutter. Wie ist    daher gehen wir schon immer sehr                               etwas optimieren.                     sentlich leichtere Startposition, da
                                     das bei Ihnen?                        sparsam und nachhaltig mit Res-                                                                      wir in einer wirtschaftlich solide-
                                                                           sourcen um. Regionalität ist bei uns                           Hatten Sie Vorteile, weil Sie nicht   ren Zeit aufgewachsen sind. In der
                                       Beim ersten Kind habe ich bis       ebenfalls nicht nur ein Image. Denn                            neu gründen mussten?                  Nachkriegszeit wurde man zwar
                                     zum letzten Tag vor der Geburt        wir verkaufen ein regionales Pro-                                                                    abgehärtet, aber in gewisser Hin-
                                     gearbeitet und bin auch sehr          dukt, das regional gefertigt wird.                               Wenn man ein gut geführtes          sicht auch traumatisiert. Das ist
                                     schnell wieder zurückgekommen.                                                                       Unternehmen übernimmt, sind           uns zum Glück erspart geblieben.
                                     Als Chefin hatte ich aber einige      Und welche Rolle spielt Tradition                              einem Dinge gegeben, für die
                                     Privilegien und Freiheiten, die mir   bei Ihnen?                                                     andere hart arbeiten müssen.

       12                               Gexi Tostmann       Anna Tostmann-Grosser                                                                                                                                       13
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
„Im Laufe der                            Leben &
     Zeit hat sich                            Verpflichtungen
     herauskristallisiert,
                                              Das Leben besteht aus Kompro-          vor glücklich mit ihrer Entschei-
                                              missen – davon können die meisten      dung für die Selbstständigkeit.
                                              Selbstständigen ein Lied singen.       Aber: Je seltener Kompromisse
                                              Denn laut Volksbank Unternehme-        eingegangen wurden, desto

     dass die Familie
                                              rInnen-Studie sind acht von zehn       zufriedener ist man heute.
                                              Unternehmerinnen und Unterneh-         Obwohl die Familie bei vielen
                                              mern zumindest hin und wieder          Unternehmerinnen und Unterneh-
                                              Kompromisse eingegangen, um            mern tendenziell etwas zu kurz

     manchmal ein wenig
                                              ihre Ziele zu erreichen. Dabei zeigt   kommt, hat sie einen sehr hohen
                                              sich, dass die Generationen Y und X    Stellenwert. Neben der Unabhän-
                                              etwas häufiger einen Kompromiss        gigkeit (63 %) sowie dem unter-
                                              eingehen mussten als die Babyboo-      nehmerischen Erfolg (58 %) zählt

     zu kurz kommt.“
                                              mer und Traditionalisten. Gerade       die Familie für 61 % der Befragten
                                              wenn es um das Privatleben geht,       zu den wichtigsten Zielen im Leben.
                                              stecken die Unternehmerinnen und       Darum können sich wohl auch rund
                                              Unternehmer am meisten zurück          ein Drittel gut vorstellen, dass ihre
                                              (57 %). Wirkt sich das auch auf die    Nachkommen einmal in ihre
                                              Zufriedenheit mit dem Unter-           Fußstapfen treten. Bei 50 % der
                                              nehmer-Dasein aus? Schließlich         befragten Unternehmen sind
                                              sind 89 % der Befragten nach wie       bereits Familienmitglieder tätig.

     Klaus Schwarz,
     Geschäftsführer HoizZeit OG Tischlerei

14                                                                                                                           15
Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
Leben & Verpflichtungen
                                                                                                                    Welche Lebensziele verfolgen UnternehmerInnen?
                                                                                                                    Mussten sie dafür Kompromisse eingehen?

                                                                                                                           Generation Y                  Generation X       Babyboomer                     Traditionalisten   Alle Generationen
                                                                                                                           bis 40 Jahre                  41 – 55 Jahre      56 – 65 Jahre                  über 65 Jahre

Kompromisse sind notwendig                                                                                          Familienmitglieder:
Acht von zehn UnternehmerInnen sind zumindest                                                                       Arbeiten im selben Unternehmen?
hin und wieder Kompromisse eingegangen, die
Generation Y und Generation X im Gesamten                                                                           Unabhängig von der Generation arbeiten bei knapp
etwas öfter als die Babyboomer                                                                                      50 % der Betriebe Familienmitglieder.
und Traditionalisten.
                                                                                                                    Familienmitglieder
                                                                                                                    nicht im selben                                                                 51 %

                                                  80 %
                                                                                                                    Unternehmen                                                                                                              Familienmitglieder
                                                                                                                                                                                      49 %                                                   im selben
                                                                                                                                                                                                                                             Unternehmen

                                                                                                                    Lebensziele: Unabhängigkeit & Familie
                                                                                                                     Unabhängigkeit und Familie zählen zu den am meisten genannten Lebenszielen der
                                                                                                                     UnternehmerInnen, dicht gefolgt von unternehmerischem Erfolg.

                      59 %                                        Weniger Kompromisse,
 Zufriedenheit

                                      47 %            44 %        größere Zufriedenheit
                                                                  Ganze 89 % sind mit ihrem Dasein als
                                                                  UnternehmerIn zufrieden. Je weniger
                                                Kompromisse       Kompromisse, desto größer die Zufriedenheit.
                                                                                                                                         52 %                                                51 %                                     43 %
                                                                                                                                         63 %                                                64 %                                     59 %     Unternehmerischer
                                                                                                                                                  Unabhängigkeit                                      Familie                                  Erfolg
                                                                                                                                         63 %                                                61 %                                     59 %
                                                                                                                                         69 %                                                61 %                                     64 %

                 Am meisten Kompromisse
                 im Privatleben                                                                                                                 Ja, das kann
                                                                                                                                                                         Unternehmensübernahme durch
                 Die UnternehmerInnen gingen im Durchschnitt
                 mit 57 % die meisten Kompromisse im
                                                                                                                                                ich mir gut
                                                                                                                                                vorstellen.              Nachkommen - warum nicht?
                 Privatleben ein, am öftesten die Generation Y.                                                                                                          Fast ein Drittel könnte sich gut vorstellen, dass die Nachkom-
                                                                                 65 %      58 %     53 %     51 %                                                        men in die eigenen Fußstapfen treten werden. Die Generationen
                                                                                                                                                                         gegenüberstellend führen die Babyboomer die Statistik an.

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Volksbank UnternehmerInnen-Studie 2020 - Ein persönlicher Blick auf das Leben der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich
„Ich habe mein Hobby
                                                                                                                                                        zum Beruf gemacht.“
                                                                                                                                                   Klaus Schwarz (rechts im Bild) liebt sein Handwerk und das
                                                                                                                 INTERVIEW                         Unternehmer-Dasein. 2016 wagten er und sein Cousin Thomas
                                                                                                                 mit Klaus Schwarz                 Schwarz den Schritt in die Selbstständigkeit und gründeten
                                                                                                                 Geschäftsführer HoizZeit
                                                                                                                                                   ihren eigenen Tischlereibetrieb HoizZeit in der Steiermark. Trotz
                                                                                                                 OG Tischlerei
                                                                                                                                                   der Liebe zum Beruf erkannte er aber schnell, dass die Familie
                                                                                                                                                   oftmals zu kurz kommt. Dabei hat die Vereinbarkeit von Unter-
                                                                                                                                                   nehmen und Familie für den zweifachen Vater einen sehr hohen
                                                                                                                                                   Stellenwert. Ob er alles unter einen Hut bekommt und was er
                                                                                                                                                   über das Thema Nachfolge denkt, verrät er im Interview.

© EXPAJFK

                                             „Wenn man zur
                                             richtigen Zeit am
                                             richtigen Ort ist, dann
                                             geht alles ganz leicht.“
                                             Susana Niedan-Feichtinger hatte im Jahr 2000 eine Idee, auf die
            INTERVIEW                        sonst niemand kam: die Produktion und Vermarktung von Schüßler
            mit Susana Niedan-               Salzen in Österreich. Damit erkannte die damals 47-Jährige eine
            Feichtinger                      Marktlücke, was ihrer Firma enormen Aufschwung verlieh. Zwei
            Geschäftsführerin Adler Pharma
                                             ihrer Kinder sind inzwischen in ihre Fußstapfen getreten – die
            Produktion & Vertrieb GmbH
                                             ältere Tochter übernahm die Apotheke ihrer Mutter, der Sohn ist
                                             als Molekularbiologe bei Adler Pharma in Zell am See, Salzburg,
                                             tätig. Im Interview spricht Frau Niedan-Feichtinger über private
                                                                                                                © Christoph Huber, Klaus Zettler
                                             Kompromisse und die Zusammenarbeit mit der Familie.

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© EXPAJFK
                                   Herr Schwarz, warum sind Sie             pharmazeutischen Hersteller
                                   Unternehmer geworden?                    bei der Bezirkshauptmannschaft
                                                                            anzumelden. Ich habe monate-
                                     K.S. In der alten Firma hat es         lang nichts gehört, als es um
                                   nicht mehr ganz so gepasst. Bei          die Betriebsbewilligung ging.
                                   einem Familientreffen haben              Sie wussten einfach nicht, was
                                   Thomas und ich dann darüber              sie tun sollten, da es im Bezirk
                                   gesprochen, wie es wäre, uns             noch keinen pharmazeutischen
                                   selbstständig zu machen. Und der         Hersteller gab.
                                   Gedanke hat uns einfach nicht mehr
                                   losgelassen. Letztendlich hat also       Herr Schwarz, wie war das bei
                                   die Unzufriedenheit in meiner alten      Ihnen zu Beginn? Gab es besondere
                                   Firma die Idee fixiert.                  Herausforderungen?
                                                                                                                                                © Christoph Huber, Klaus Zettler

                                   Sie haben dann 2016 Ihren                  K.S. Die Suche nach den pas-
                                   eigenen Tischlereibetrieb                senden Räumlichkeiten hat bei uns
                                   gegründet. Wie ist es als Jung-          recht lange gedauert. Mit einer ganz
                                   unternehmer in dieser Branche?           neuen Tischlerei wäre die finanzielle                          Und auf privater Ebene –                  Anfangs dachte ich, die Familie
                                                                            Belastung sehr hoch gewesen.                                   inwiefern ließen sich Beruf und         und der eigene Betrieb lassen sich
                                     K.S. Für uns war es immer relativ      Also haben wir weiter gesucht, bis                             Familie vereinen?                       gut miteinander vereinen. Im Laufe
                                   einfach, weil wir hier so fest ver-      wir letztlich 2016 in eine ehemalige                                                                   der Zeit hat sich aber herauskris-
                                   wurzelt sind und uns alle kennen.
                                   Wir arbeiten mit den alten Firmen
                                                                            Tischlerei einziehen konnten.
                                                                                                                     „Wenn andere ihre        Das war tatsächlich am
                                                                                                                                           schwierigsten. Bei der Gründung
                                                                                                                                                                                   tallisiert, dass die Familie manch-
                                                                                                                                                                                   mal ein wenig zu kurz kommt.
                                   gut zusammen, statt sie als Konkur-
                                   renz zu sehen. Dadurch entstehen
                                                                            Mussten Sie auch Kompromisse
                                                                            eingehen, um Ihr eigener Chef
                                                                                                                       Freizeit am Berg    war meine jüngste Tochter erst
                                                                                                                                           acht Jahre alt, aber ich musste
                                                                                                                                                                                   Mir ist es aber wichtig, beides
                                                                                                                                                                                   unter einen Hut zu bekommen,
                                   häufig sogar neue Aufträge.              zu sein?                                verbrachten, waren     mich ja komplett auf die Firma
                                                                                                                                           konzentrieren. Daher unterstützte
                                                                                                                                                                                   und das funktioniert inzwischen
                                                                                                                                                                                   auch sehr gut.
                                   Frau Niedan-Feichtinger, dank              K.S. Naja wir haben anfangs           wir im Büro oder in    mich anfangs meine 18-Jährige.
                                   Ihnen haben Schüßler Salze heute                                                                                                                Würden Sie sich wünschen, dass
                                                                                                                         der Werkstatt.“
                                                                            schon bei privaten Ausgaben zu-                                Doch als sie nach Wien zum
                                   einen festen Platz in der                rückgesteckt. Oder wenn andere                                 Studieren ging, brauchte ich            Ihre Kinder einmal den Betrieb
                                   österreichischen Gesundheits-            ihre Freizeit am Berg verbrach-                                für die Nachmittage eine Kinder-        übernehmen?
                                   beratung. Wie kam es dazu?               ten, waren wir im Büro oder in der                             frau. Damals hatte ich sehr oft
                                                                            Werkstatt. Aber ich habe mein Hob-                             ein schlechtes Gewissen.                   Es wäre natürlich schön, wenn es

              „Ich habe einfach       S.N. Ich bin über meinen zweiten
                                   Ehemann zu den Schüßler Salzen
                                                                            by zum Beruf gemacht und das ist
                                                                            schön. Darum musste ich eigentlich                             Würden Sie sagen, dass das Ihrer
                                                                                                                                                                                   irgendwer weitermacht, aber zwin-
                                                                                                                                                                                   gen möchte ich keinen dazu. Falls

            all mein Geld in die   gekommen. Wenn man zur rich-
                                   tigen Zeit am richtigen Ort ist, hat
                                                                            kaum Kompromisse eingehen.                                     Familie geschadet hat?                  das Interesse besteht, gebe ich
                                                                                                                                                                                   ihnen gerne das Bestmögliche mit
                Firma gesteckt.“   man plötzlich Elan, dann geht alles
                                   ganz leicht. Mit der Gründung von
                                                                            Frau Niedan-Feichtinger, wie
                                                                            sah das bei Ihnen aus?
                                                                                                                                              Die Zeit war definitiv nicht ein-
                                                                                                                                           fach. Meine Tochter verstand noch
                                                                                                                                                                                   auf den Weg. Und wenn nicht, dann
                                                                                                                                                                                   sperren wir einfach wieder zu.
                                   Adler Pharma im Jahr 2000 erlebten                                                                      nicht, worum es geht, und hat sich
                                   wir eine Zeit von Aufschwung und           S.N. Auf geschäftlicher Ebene                                oft allein gefühlt. Ich habe dennoch    Frau Niedan-Feichtinger, bei Ihnen
                                   Zuwachs, weil wir in eine Sparte gin-    musste ich keine Kompromisse                                   getan, was möglich war, und viel        stellt sich die Frage gar nicht
                                   gen, die damals noch nicht existierte.   eingehen. Ich habe einfach all                                 mit ihr gesprochen. Heute hat sie       mehr. Zwei Ihrer Kinder sind
                                                                            mein Geld in die Firma gesteckt –                              dafür Verständnis und wir sind die      bereits mit eingestiegen. Wie
                                   Was waren anfangs die größten            klar, da hatte ich anfangs etwas                               besten Freundinnen geworden.            klappt die Zusammenarbeit?
                                   Schwierigkeiten?                         Bauchschmerzen, aber ich
                                                                            wusste, ich habe notfalls immer                                Herr Schwarz, Sie haben eben-             In der Firma bin ich meinem
                                     S.N. Wir hatten vor allem Prob-        noch die Apotheke. Das war                                     falls zwei kleine Kinder. Welche        Sohn am nächsten – das klappt
                                   leme, die Firma Adler Pharma als         mein Sicherheitsnetz.                                          Erfahrungen haben Sie gemacht?          sehr gut. Wenn wir einmal nicht

      20                              Susana Niedan-Feichtinger       Klaus Schwarz                                                                                                                                      21
einer Meinung sind, wird das auch        schen, darum ist mir Engagement                                                                                             © Christoph Huber, Klaus Zettler

                                   ausgesprochen. Als Chefin habe ich       sehr wichtig.
                                   dennoch das letzte Wort. Ich weiß,
                                   dass meine Kinder die Zukunft               Wir halten unsere Ansprüche, wie
                                   sind. Darum helfe ich, wo es geht,       etwa die Größe, die das Team einmal
                                   versuche mich aber sonst nicht           haben soll, in einem Fünfjahres-
                                   viel einzumischen.                       plan fest. Diese Ziele haben wir
                                                                            schon fast erreicht. Gleichzei-
                                   Wie ist das bei Ihnen und Ihrem          tig möchten wir uns gerne für die
                                   Cousin? Sie sind ja beide gleich-        Familie, Sport oder andere Hobbys
                                   berechtigt.                              noch mehr Zeit einräumen.

                                     Reibereien gibt es immer und           Finden Sie denn eher Erfüllung im

            „Reibereien gibt es    überall, aber wir sprechen viel
                                   miteinander. Ich finde es sogar
                                                                            Tischlern oder in Ihrer Position als
                                                                            Unternehmer?
            immer und überall,     besser, mit einem Familienmitglied
                                   zusammenzuarbeiten, weil ich mei-          Es ist eine Mischung aus beidem.
             aber wir sprechen     nen Partner schon immer kenne
                                   und das Gefühl habe, dass ich
                                                                            Ich bin schon froh, wenn ich einmal
                                                                            aus dem Büro rauskomme und
              viel miteinander.“   Probleme eher ansprechen kann.           wieder Werkstattluft schnuppern
                                                                            kann. Genauso geht es mir aber
                                   Welche Ansprüche haben Sie an            auch, wenn ich nach monate-
                                   sich als Unternehmerin bzw. als          langer Arbeit draußen wieder
                                   Unternehmer?                             ins Büro komme.

                                     Ich habe immer sehr großen Wert        Und wie ist das bei Ihnen, Frau
                                   auf Teamarbeit und flache Hie-           Niedan-Feichtinger?
                                   rarchien gelegt. Meine Mitarbei-
                                   tenden wissen, dass ich die Chefin         Solange ich in den Apotheken
                                   bin. Trotzdem höre ich auch auf sie.     gearbeitet habe, war ich sehr
                                   Ich verlasse mich auf andere Men-        gerne Pharmazeutin. Nun leite ich
                                                                                                                                             seit 20 Jahren meine Firma,           Unabhängigkeit trifft schon zu.
                                                                                                                                             ich bin heute also sicherlich       Dazu muss es aber finanziell noch
                                                                                                                                             eher Unternehmerin.                 besser laufen. In unserer Branche
                                                                                                                                                                                 werden die Preise total gedrückt.
                                                                                                                                             Gab es rückblickend auch einmal     Es wäre schön, wenn wir da nicht
                                                                                                                                             Zeiten, in denen Sie keine Un-
                                                                                                                   „Ziel war es also, mein
                                                                                                                                                                                 mitmachen müssten. Außerdem
                                                                                                                                             ternehmerin mehr sein wollten?      träumen wir von einer größeren

                                                                                                                        Bestes zu geben.“      Nein, die hat es trotz allem
                                                                                                                                                                                 Tischlerei.

                                                                                                                                             nie gegeben.                           Unabhängigkeit finde ich gut, da
                                                                                                                                                                                 bin ich mit Ihnen d’accord. Ich hatte
                                                                                                                                               Da schließe ich mich an.          schließlich nie das Ziel, eine große
                                                                                                                                                                                 Firma aufzubauen. Ich habe mich
                                                                                                                                             Laut der Umfrage zählt Unabhän-     immer nur der Tätigkeit gewidmet,
                                                                                                                                             gigkeit zu den wichtigsten Zielen   in der ich gerade bin. Ziel war es
                                                                                                                                             im Leben der UnternehmerInnen.      also, mein Bestes zu geben.
                                                                                                                                             Was sind Ihre wichtigsten Ziele?

© EXPAJFK

      22                              Susana Niedan-Feichtinger        Klaus Schwarz                                                                                                                                       23
„Die Familie spielt die         Antrieb & Ausgleich
     größte Rolle – sie ist
                                     Gründen stellt jede Unternehmerin      kaum Freizeit haben. Lediglich 39 %
                                     und jeden Unternehmer vor neue         sehen ihre Work-Life-Balance aus-
                                     Herausforderungen – Stress             geglichen.

     der Background und
                                     ist also vorprogrammiert. Doch         Nehmen Selbstständige dann über-
                                     eines machen Selbstständige mit        haupt Urlaub? Es heißt schließlich
                                     der Volksbank UnternehmerIn-           nicht ohne Grund selbst und
                                     nen-Studie klar: Sie nehmen heute      ständig. Die Studie zeigt: Ja – im
                                     weniger Stress in Kauf als noch bei    Durchschnitt nehmen Unterneh-

     das Fundament, dank
                                     der Gründung ihres Unternehmens.       merinnen und Unternehmer
                                     Zudem muss die Work-Life-Balance       20 Tage Urlaub im Jahr. Die Tradi-
                                     stimmen. Familie (62 %) ist für        tionalisten polarisieren in diesem
                                     viele dabei eindeutig der wichtigste   Zusammenhang: 11 % geben an,

     ihr kann ich überhaupt
                                     Ausgleich zur Arbeit, gefolgt von      gar keinen Urlaub zu nehmen,
                                     Sport (53 %) und Zeit für sich         während sich 21 % sogar 42 Tage
                                     (46 %). Doch unabhängig davon,         abseits der Arbeit gönnen. Doch
                                     welcher Ausgleich vorgezogen           unabhängig von der Dauer des Ur-

     Unternehmer sein.“
                                     wird, es braucht immer den einen       laubs, eines ist für über ein Drittel
                                     entscheidenden Faktor: Zeit oder       der Unternehmerinnen und Un-
                                     besser gesagt freie Zeit. Mehr als     ternehmer sicher: Wenn der Spaß
                                     die Hälfte der befragten Unterneh-     an der Tätigkeit bleibt, dann geht
                                     merinnen und Unternehmer geben         der Antrieb für ihre Vision vom
                                     jedoch an, dass sie eher wenig bis     eigenen Unternehmen nie verloren.

     Martin Wetscher,
     Geschäftsführer Wetscher GmbH

24                                                                                                                  25
Antrieb & Ausgleich
                                                                                                                                      Gehört Stress zum UnternehmerInnen-Alltag?
                                                                                                                                      Was hilft beim Ausgleich?

                                                                                                                                            Generation Y        Generation X           Babyboomer           Traditionalisten          Alle Generationen
                                                                                                                                            bis 40 Jahre        41 – 55 Jahre          56 – 65 Jahre        über 65 Jahre

Antrieb: Selbstverwirklichung auf Platz 1                                                                                              Stress: Im Laufe des Unternehmerlebens
Freude und Spaß an der Tätigkeit, Abwechslung, Leidenschaft
und Zufriedenheit sind für durchschnittlich rund 34 % der
UnternehmerInnen der wichtigste Antrieb, ansteigend mit dem
Alter. Auf Platz zwei stehen bei einem Fünftel die KundInnen.
                                                                                                     34 %                              sinkt die Akzeptanz
                                                                                                                                       UnternehmerInnen nahmen bei der Betriebsgründung deutlich
                                                                                                                                       mehr Stress in Kauf, als sie heute akzeptieren würden.

                                                                              Zufriedene, glückliche und
                             18 %       19 %       18 %         21 %          treue KundInnen bzw. Mitarbeitende
                                                                                                                                              35 %                                                                                                                    26 %

        27 %                 35 %                    36 %                     37 %
                                                                                                Selbstverwirklichung/ Freude                  36 %                                               37 %                                                          22 %
                                                                                                und Spaß an der Tätigkeit

                                                                                                                                              36 %
                                                                                                                                                                                                        sehr viel Stress
                                                                                                                                                                                                                               21 %                     19 %
                                                                                                                                     44 %
                                                                                                                                                                                                 13 %   gar keinen Stress
                                                                                                                                                                                                                               9%                15 %
                                                                                                                                                                      Akzeptanz bei der Gründung                            Akzeptanz heute
                                20 Tage                                   42+ Tage
                                                                          geben 21 % an
                                                                                                   0 Tage
                                                                                                   geben 11 % an

        Durchschnittlich 20 Tage Urlaub
        Zum dritten Mal in Folge zeigt die Studie das gleiche   Die Traditionalisten polarisieren: Die Werte bei null Tagen
        Ergebnis: UnternehmerInnen nehmen sich durch-           und mehr als 42 Tagen sind deutlich höher als bei den
        schnittlich 20 Tage Urlaub im Jahr, das sind rund       anderen Altersgruppen.
                                                                                                                                                                                44 %
        drei Wochen.                                                                                                                                                            62 %
                                                                                                                                                                                62 %
                                                                                                                                                                                       Familie
                                                                                                                                                                                68 %

                                                                                                                                                 53 %

        Mehr als die Hälfte hat eher                                                                                          39 %               51 %
                                                                                                                                                        Sport
                                                                                                                                                                                                          Familie als Ausgleich
                                                                                                                                                 55 %
                                                                                                                                                 48 %

        wenig bis kaum Freizeit                                        57 %                                                                                                                               Die Familie ist im Unternehmerleben ein wichtiger
                                                                                          Work-Life-Balance                                                                                               Ausgleich, vor allem für die Generation Y mit 68 %.
        57 % der UnternehmerInnen geben
                                                                                                                                                                                                          Den Traditionalisten ist mit 53 % hingegen Sport am
        unabhängig vom Alter an, eher wenig                                                                                                                                     44 %
                                                                                                                                                                                                          bedeutendsten. Auch Zeit für sich zu nehmen und
        bis kaum Freizeit zu haben. Für 39 %                                                                                                                                    51 %
                                                                                                                       63 %
                                                                                                                                                                                44 %
                                                                                                                                                                                       Zeit für mich      Hobbys dienen als Ausgleich, am meisten bei den
        ist ihre Work-Life-Balance ausgeglichen.                                                                    56 %
                                                                        Wenig Freizeit                                                                                          40 %                      Babyboomern mit 51 %.
                                                                                                                     58 %
                                                                                                                   54 %

   26                                                                                                                                                                                                                                                                 27
„Wenn man die Leiden-
                            schaft verliert, ist man
                            kein Unternehmer mehr,
                            sondern Verwalter.“
      INTERVIEW
      mit Martin Wetscher   Wetscher GmbH Einrichtungs- und Planungshaus wird von Martin
      Geschäftsführer
                            Wetscher in vierter Generation geführt und die fünfte Genera-
      Wetscher GmbH
                            tion durch Sohn Maximilian ist bereits seit einigen Jahren in dem
                            Tiroler Unternehmen tätig. Für den erfahrenen Unternehmer steht
                            die Firma an erster Stelle, ohne den Blick für das Wesentliche zu
                            verlieren: die Familie, den Background und das Fundament, die
                            das Leben als Unternehmer erst möglich machen.
                                                                                                © Johann Herman

                                                                                                                              „Hinter jedem
                                                                                                                              Unternehmen müssen
                                                                                                                              kreative Kräfte stehen.“
                                                                                                 INTERVIEW                    Constantin Kuchler führt gemeinsam mit seiner Schwester
                                                                                                 mit Constantin Kuchler       Valentina das Kärntner Familienunternehmen S.A.M. KUCHLER
                                                                                                 Geschäftsführer
                                                                                                                              Electronics GmbH fort. Bereits in zweiter Generation entwickeln sie
                                                                                                 S.A.M. KUCHLER Electronics
                                                                                                                              Aufschnittmaschinen und Verpackungsgeräte. Große Ziele, die Ver-
                                                                                                 GmbH
                                                                                                                              bindung zwischen Tradition und Innovation und ein gelegentlicher
                                                                                                                              Sprung in den See bilden für den Jungunternehmer Antrieb und
                                                                                                                              Ausgleich zugleich. Dabei spielen die Geschwister eine große Rolle,
                                                                                                                              denn sie sind die besten Freunde, Ideengeber und Kritiker.

     © WK Tirol

28                                                                                                                                                                                                  29
© Wetscher GmbH

                                                                                                                                               alles geschafft hat – auch wenn die    Hause und in der Firma. Wir
                                                                                                                                               To-do-Liste am Ende länger ist als     haben zwei Türen, die eine geht
                                                                                                                                               am Anfang des Tages.                   in das Wohnhaus, die andere
                                                                                                                                                                                      direkt ins Geschäft.

                                                                                                                         „Ein Unternehmen         Die interessanten Kunden, Lie-
                                                                                                                                               feranten, die fantastischen Leistun-   Wie stressig ist Ihr Alltag als

                                                                                                                      ist wie die Natur, die   gen meiner Mitarbeitenden sowie
                                                                                                                                               ihre Entwicklungen und am Ende
                                                                                                                                                                                      Unternehmer? Gibt es Zeiten, in
                                                                                                                                                                                      denen Sie durchatmen können?
                                                                                                                          niemals schläft.”    auch ein schönes Produkt zu
                                                                                                                                               haben – das alles gehört für mich         Ich habe sehr viel positiven
                                                                                                                                               zu einem gelungenen Arbeitstag.        Stress und einigen negativen –
© Johann Herman                                                                                                                                Aber genauso gute Gespräche            da braucht man Durchhaltevermö-
                                                                                                                                               mit interessanten Menschen,            gen und Biss. Das Spannende ist
                                                                                                                                               intern und extern.                     ja die Mischung aus Anspannen
                                                                                                                                                                                      und Entspannen, und nicht nur
                                      Herr Wetscher, was treibt Sie als       Und Herr Kuchler, was treibt                                     Herr Kuchler, wo verrichten Sie        das Entspannen.
                                      Unternehmer an, Ihren Verpflich-        Sie täglich an?                                                  Ihre Arbeiten hauptsächlich?
                                      tungen nachzugehen? Woher                                                                                                                          Mich stresst ein termindurch-
                                      nehmen Sie Ihre Motivation?               C.K. Das Erkennen von Proble-                                     Ich arbeite gerne vom Konferenz-    wachsener Kalender nicht, jedoch
                                                                              men und das daraus entstehende                                   tisch aus, der mitten in unserem       ist ein Unternehmen wie die Na-

             „Man kann die Firma        M.W. Ich weiß eigentlich gar
                                      nicht, wo die tagtäglich herkommt,
                                                                              Entwickeln einer Lösung, um am
                                                                              Ende erfolgreiche und glückliche
                                                                                                                                               Showroom steht. Das ist ein
                                                                                                                                               zentraler Punkt, von dem man
                                                                                                                                                                                      tur, die niemals schläft. Das ergibt
                                                                                                                                                                                      innerlichen Stress, mit dem man

               gestalten, wie man     aber die Arbeit macht mir einen
                                      wahnsinnigen Spaß und es ist
                                                                              Kunden zu haben.                                                 sehr schnell überall ist. Homeoffice
                                                                                                                                               mache ich nur im seltensten Fall
                                                                                                                                                                                      umgehen muss. Natürlich gibt es
                                                                                                                                                                                      genügend Situationen, die ich mir
                  will, und ist als   eine sehr vielfältige Tätigkeit – das
                                      macht auch den Reiz für mich aus.
                                                                              Was gehört für Sie zu einem
                                                                              erfolgreichen Arbeitsalltag?
                                                                                                                                               oder eher dann gegen Abend.            zum Durchatmen schaffe.

             Unternehmer in allen     Man kann im Prinzip die Firma
                                      gestalten, wie man will, und ist als      C.K. Da wir heute sehr viel digital
                                                                                                                                               Wie sieht das bei Ihnen aus,
                                                                                                                                               Herr Wetscher?
                                                                                                                                                                                      Herr Wetscher, würden Sie sagen,
                                                                                                                                                                                      man hat als Jungunternehmer
                 Bereichen tätig.”    Unternehmer auch in allen Berei-        arbeiten, sind die täglichen Leis-                                                                      mehr Stress oder als erfahrener
                                      chen tätig. So habe ich beispiels-      tungen oft nicht so offensichtlich                                  Meistens arbeite ich im Einrich-    Unternehmer?
                                      weise nicht nur mit tollen Produk-      wie beispielsweise in einem                                      tungshaus – wobei das gar nicht so
                                      ten zu tun, sondern vor allem mit       handwerklichen Beruf.                                            klar zu sagen ist. Dadurch, dass ich     Das verschiebt sich mit der Zeit
                                      den Menschen dahinter, wie              Daher ist es wichtig, sich vor Augen                             direkt im oder neben dem Unterneh-     sicherlich. Wenn man davon aus-
                                      Designern oder Architekten.             zu halten, was man an einem Tag                                  men wohne, bin ich gleichzeitig zu     geht, dass man gerade zu Beginn

      30                                 Martin Wetscher            Constantin Kuchler                                                                                                                                       31
viel dazulernt, dann hat es der        Firma einbringen und ausleben.
                  Jungunternehmer sicher stressi-
                  ger. Das hängt aber klarerweise        Herr Kuchler, wie wichtig ist
                  immer auch vom Unternehmertyp          Ihnen eine gesunde Work-
                  und der Aufgabenstellung ab.           Life-Balance?

                  Herr Kuchler, was sagen                   Das ist natürlich sehr wichtig
                  Sie dazu?                              und ich genieße jede Minute, die ich
                                                         zu Hause verbringen kann. Meine
                     Das kann ich jetzt als Jungun-      Schwester sagt immer: „Wenn
                  ternehmer nicht beurteilen, aber       deine Arbeit dein Leben ist, dann
                  ich gehe davon aus, dass es einen      hast du eine Life-Life-Balance.“
                  gewissen innerlichen Stress in         Wenn ich aber nach Hause komme,
                  manchen Unternehmenssitua-             ist es für mich nicht nur rein Privat-
                  tionen immer geben wird. Wie man       leben, man geht immer mit offenen
                  schlussendlich damit umgeht und        Augen durch die Welt.
                  klarkommt, ist vielleicht durch das
                  Alter unterschiedlich.                 Und wie steht es um Ihre Work-
                                                         Life-Balance?
                  Mussten oder müssen Sie Kom-
                  promisse eingehen, um als Un-             Die gibt es bei mir nicht so
                  ternehmer tätig sein zu können?        richtig. Wenn man das Glück hat,
                                                         seinen Job gerne zu machen, dann
                     Ich gehe als Unternehmer täglich    ist es völlig egal, wie viel man ar-                                       © Johann Herman

                  Kompromisse ein. Wichtig ist, dass     beitet. Und das Unternehmen wird
                  diese nicht gegen die eigenen Prin-    ohnehin immer da sein. Abschalten

                                                                                                  „Wenn man das Glück
                  zipien verstoßen. Ich darf unser       ist ganz wichtig, aber als Unterneh-                                meine Mitarbeitenden, auf die ich      gerne wandern, lese sehr viel und
                  Familienunternehmen weiter auf-        mer gehe ich mit einem anderen                                      mich immer verlassen kann. Sie         wenn es mal wirklich stressig war,
                  bauen, für meine eigene Filmpro-
                  duktion hingegen bleibt nicht mehr
                                                         Blick durch die Welt.
                                                                                                  hat, seinen Job gerne      denken für das Unternehmen und
                                                                                                                             das bestärkt mich wiederum selbst
                                                                                                                                                                    höre ich eine halbe Stunde Musik.

                  so viel Zeit. Aber damit kann ich
                  wunderbar leben, weil mein Herz-
                                                         Gibt es denn auch Tage, an
                                                         denen Sie kein Unternehmer
                                                                                                    zu machen, dann ist      in meinem Tun.                         Welche Rolle spielt Ihre Familie
                                                                                                                                                                    beim Thema Antrieb?
                  blut in S.A.M. steckt.                 mehr sein möchten?                       es völlig egal, wie viel   Wie sieht Ihr Ausgleich zum Job
                                                                                                                             aus? Was machen Sie, um den               Die Familie spielt die größte Rolle
                    Also, Priorität hat immer das
                  Unternehmen und da tritt alles
                                                            Nein – Unternehmer ist man
                                                         oder ist man nicht. Das Einzige,
                                                                                                           man arbeitet.”    Kopf freizubekommen?                   – sie ist der Background und das
                                                                                                                                                                    Fundament, dass ich überhaupt
                  hinten an. Daher ist da sicherlich     was mir hoffentlich nie passiert,                                     Ich begeistere mich für sehr viele   Unternehmer sein kann. Meine
                  der Kompromiss mit der Familie,        ist, dass ich die Leidenschaft für                                  Dinge. Kochen, Wassersport, Ar-        Frau unterstützt mich und hält mir
                  dass man viel weniger Zeit für sie     das Tun verliere. Denn in dem                                       beiten rund um das Haus, Malen         in vielen Belangen den Rücken frei
                  hat. Ausgedehnte Hobbys zu haben,      Moment, wo man das verliert, ist                                    oder Basteln sind Tätigkeiten, die     – das ist der wichtigste Rückhalt.
                  könnte ich mir gar nicht               man kein Unternehmer mehr,                                          ich irrsinnig gerne mache. Auch
                  vorstellen, was aber auch kein         sondern Verwalter.                                                  ein abendlicher Sprung in den See        Meine Familie nimmt die wichtigs-
                  Problem ist. Meine Leidenschaft für                                                                        macht den Kopf richtig frei.           te Rolle ein. Meine Geschwister
                  Architektur, Fotografie oder auch        Ich bin gerne Unternehmer.                                                                               sind mein Rückhalt, meine besten
                  das Schreiben in Form von Einrich-     Natürlich ist es manchmal                                              Die größte Entspannung für mich     Freunde, aber auch Ideengeber und
© Wetscher GmbH
                  tungstipps kann ich dafür in der       schwieriger, aber dann sehe ich                                     ist die Familie. Aber ich gehe auch    die besten Kritiker.

         32          Martin Wetscher           Constantin Kuchler                                                                                                                                            33
„Was man in jungen                     Bilanz & Pläne
     Jahren mit Ehrgeiz
                                            „Anerkennung – ja, bitte“ lautet das    spielt das Alter für den Erfolg eine
                                            Fazit für drei Viertel der befragten    Rolle, 62 % verneinen dies. Ganze
                                            Unternehmerinnen und Unterneh-          75 % der Befragten sind sich aber

     macht, macht man im
                                            mer. Ein Blick auf die Generationen     einig: Am erfolgreichsten sind
                                            verrät, dass die Bedeutung von          Unternehmerinnen und Unterneh-
                                            Anerkennung mit zunehmendem             mer im mittleren Alter. Des Weiteren
                                            Alter steigt. Zwar macht die Digita-    ist für acht von zehn die Selbststän-
                                            lisierung vor Österreichs Unterneh-     digkeit nach wie vor die richtige Wahl

     Alter mit Erfahrung.“
                                            men nicht Halt, jedoch sehen bereits    des Berufsweges. Doch welche Ziele
                                            knapp ein Drittel der Unternehme-       sind für die unternehmerische
                                            rinnen und Unternehmer darin keine      Zukunft am wichtigsten? Den ersten
                                            besonders große Herausforderung         Platz belegt mit 56 % die Stabilisie-
                                            mehr. Auch die eigene Weiterbildung     rung des Betriebs. Auf den nächs-
                                            ist ein wichtiges Thema im Unter-       ten beiden Stockerlplätzen stehen
                                            nehmerleben, denn 32 % bilden sich      Wachstum, besser werden und
                                            regelmäßig fort. Die Generation X       Übergabe in gleich großen Anteilen
                                            legt am meisten Wert auf Fortbildung,   sowie eine bessere Work-Life-
                                            die Traditionalisten hingegen am        Balance. Die Pension antreten
                                            wenigsten.                              möchten Unternehmerinnen
                                            Zudem zeigt die Volksbank Unter-        und Unternehmer laut der dies-
                                            nehmerInnen-Studie das Verhältnis       jährigen Studie durchschnitt-
                                            zwischen Alter und Erfolg. Für 38 %     lich mit 64 Jahren.

     Christof Branner,
     Geschäftsführer Firmengruppe Branner

34                                                                                                                           35
Bilanz & Pläne
                                                                                                                      Sehen UnternehmerInnen die Digitalisierung als Herausforderung?
                                                                                                                      Was ist das wichtigste Ziel für die UnternehmerInnen?

                                                                                                                           Generation Y       Generation X       Babyboomer          Traditionalisten       Alle Generationen
                                                                                                                           bis 40 Jahre       41 – 55 Jahre      56 – 65 Jahre       über 65 Jahre

Anerkennung ist wichtig                                   Digitalisierung ist keine große                                                                                                     Für viele war die
Drei Viertel der UnternehmerInnen legen
Wert auf Anerkennung. Mit steigendem
                                                          Herausforderung mehr                                                                                                                Selbstständigkeit
Alter wird dies immer wichtiger.                          Für beinahe ein Drittel der UnternehmerInnen
                                                          stellt die Digitalisierung immer weniger eine
                                                                                                                                                                                              der richtige Weg
                                                          Herausforderung dar. Etwas stärker ist dies                                                                                         8 von 10 UnternehmerInnen finden
                                                          noch für die Generation X der Fall.                                                                                                 ihre Entscheidung, sich selbstständig
                                                                                                                                                                                              gemacht zu haben, nach wie vor richtig.

                                             24 %
                                          legen keinen
                                            Wert auf
                                          Anerkennung.
                                                                                                   Keine
                                                              30 %     28 %      36 %      39 %    Herausforderung
                                                                                                                     Das wichtigste Ziel für die
                                                                                                                     Zukunft: Stabilisierung
                                                                                                                                                                                                 Stabilisierung
                                                          Weiterbildung hat                                          Auf Platz 1 der Zukunftsvisionen von
                                                                                                                     UnternehmerInnen steht die Stabilisierung                Wachstum

                                                          hohen Stellenwert                                          mit 56 %. Danach folgen in gleich großen
                                                                                                                     Anteilen Wachstum, Modernisierung,
                                                                                                                                                                            Modernisierung
                                                                                                                                                                            Besser werden
                                                                                                                                                                                                                        Bessere
                                                                                                                                                                                                                    Work-Life-Balance
                                                                                                                                                                              Übergabe
             29 %                                         32 % der UnternehmerInnen bilden sich                      besser werden und Übergabe.
   36 %                                                   regelmäßig fort. Im Vergleich der Generationen,
           30 %                                           bildet sich die Generation X am meisten fort,
                    24 %                                  die Traditionalisten am wenigsten.

            Ruhestand mit                                63                   74                                              75 %                                                              Spielt das Alter für
                                                                                                                                                                                                den Erfolg eine Rolle?
            64 Jahren                                                                                                    sagen, dass der größte

                                                61                                                                      Erfolg als UnternehmerIn                                                38 % der UnternehmerInnen

                                                               65
                                                                                                                            im mittleren Alter                                                  sagen ja, 62 % sagen hingegen
             64 Jahre - das ist das
                                                                                                                                stattfindet.                                                    nein, das Alter spielt keine Rolle
             Durchschnittsalter, in dem
                                                                                                                                                                                                für den Erfolg.
             sich UnternehmerInnen
             zur Ruhe setzen möchten.

  36                                                                                                                                                                                                                                    37
„Für die Zukunft ist
                                            es wichtig, dass
                                            man auf mehreren
                                            Standbeinen steht.“
                  INTERVIEW                 Christoph Branner ist Unternehmer, seitdem er ein kleiner Bub
                  mit Christof Branner      war. Den Vater schon früh verloren, hieß es für ihn bereits im
                  Geschäftsführer Firmen-
                                            jüngsten Alter zu Hause anzupacken und in das Familiengeschäft
                  gruppe Branner            hineinzuwachsen. Heute führt er zusammen mit den Töchtern,
                                            Söhnen, Brüdern, Schwestern und Neffen ein wahres Familien-
                                            unternehmen mit gleich mehreren Standbeinen in Vorarlberg:
                                            einen Entsorgungsbetrieb mit Kompostieranlage, ein Autohaus
                                            und ein Fitnessstudio mit Physiotherapie.
                                                                                                             © Fuchs KG

                                                                                                                                         „Ich habe damals
                                                                                                                                         einen Strich gemacht
                                                                                                                                         und komplett bei null
                                                                                                                                         angefangen.“
                                                                                                              INTERVIEW                  Fuchs Rauchfangkehrer wurde bereits in den späten 60er Jahren
                                                                                                              mit Roman Fuchs            in Niederösterreich gegründet und wird heute vom Jungunterneh-
                                                                                                              Geschäftsführer Fuchs KG
                                                                                                                                         mer Roman Fuchs geleitet. Für ihn war klar: Wenn er den Betrieb
                                                                                                                                         übernimmt, dann gibt er die neue Richtung vor. Flache Hierarchien
                                                                                                                                         sind dabei die Basis, damit sich sein Team bestmöglich entwickeln
                                                                                                                                         und ihn auch entlasten kann. Denn für den dreifachen Familien-
                                                                                                                                         vater ist es wichtig, Familien- und Unternehmerleben das ganze
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                                                                                                                                         Jahr miteinander zu vereinen.

           38                                                                                                                                                                                                39
„Für mich spielt Anerkennung keine Rolle.
             Ich möchte gute Arbeit abliefern.“

                        Herr Branner, welchen Heraus-           Herr Fuchs, wie stehen Sie dazu?
                        forderungen mussten Sie sich als
                        Unternehmer bisher stellen?                R.F. Ich stelle mir vor, dass das
                                                                im Alter zwischen 35 und 50 Jahren
                          C.B. Im Prinzip war die größte        ist, weil man durch seine Erfahrung
                        Herausforderung, dass es immer          ein gewisses Vertrauen ausstrahlt.
                        wieder neue Bereiche in unserer         Die Firma ist dann nicht erst
                        Branche gibt, die es schwieriger        gestern gegründet worden
                        machen, Dinge langfristig zu planen.    und man hat bereits einen
                        Wir waren als Müllsammler sehr          Ruf im Kundenkreis.
                        gefordert. Dann kamen öffentliche
                        Ausschreibungen und ein großer Teil     Gibt es denn heute Momente, in
                        unseres Gebietes war damit weg.         denen Sie lieber kein Unterneh-
                        Das hat uns gezeigt, dass es für die    mer wären?
                        Zukunft wichtig ist, auf mehreren
                        Standbeinen zu stehen, statt von          R.F. Sicher – wenn das Urlaubs-
                        einem Zweig abhängig zu sein.           geld zu zahlen ist und Finanzzah-
                                                                lungen kommen. (lacht)
                        Was, glauben Sie, wird in Zukunft
                                                                                                                                   © Fuchs KG
                        noch auf Sie zukommen?                  Herr Branner, wie sehen Sie das?
                                                                                                                                   Foto: Privat

                           C.B. Die Vorschriften und              C.B. Für mich gibt es keine
                        Forderungen werden alles kompli-
                        zierter und strenger machen. Das
                                                                Alternative. Ich weiß, dass An-
                                                                gestellte auch Probleme haben.
                                                                                                             „Erfolg ist eine      Dass ich den Kunden die Dienst-
                                                                                                                                leistungen anbiete, die sie
                                                                                                                                                                     sich aber nicht. Es ist jetzt einfach
                                                                                                                                                                     eine andere Zeit. Früher hat man
                        wird sicher eine Herausforderung
                        sein. Nicht nur im Entsorgungs-
                                                                Als Unternehmer kannst du
                                                                aber vieles selbstständig
                                                                                                        Mischung aus Glück      brauchen, und es gleichzeitig
                                                                                                                                nachhaltig ist. Im Entsorgungs-
                                                                                                                                                                     viel mit Hausverstand gemacht,
                                                                                                                                                                     heute muss man alles rechtlich
                        bereich, sondern in allen Branchen.
                        In Summe sehen wir uns aber gut
                                                                machen, das ist für mich sehr
                                                                wichtig. Darum sind mir die
                                                                                                          und Gelegenheit."     und Gesundheitsbereich ist Nach-
                                                                                                                                haltigkeit das Hauptthema. Wir
                                                                                                                                                                     abklären. Man muss auf andere
                                                                                                                                                                     Sachen schauen als früher.
                        gerüstet für die Zukunft.               Probleme als Unternehmer lieber.                                schauen, dass wir technisch
                                                                                                                                immer auf dem modernsten             Herr Fuchs, Sie haben den
                        Herr Branner, denken Sie, es gibt       Welchen Anspruch haben Sie                                      Stand sind, und versuchen, die       Familienbetrieb von Ihrer
                        ein Alter, in dem man als Un-           beide an sich als Unternehmer?                                  Wünsche und Probleme der             Großmutter übernommen,
                        ternehmer am erfolgreichsten                                                                            Kunden zu verstehen und dem-         haben Sie an ihre Unterneh-
                        ist, und wenn ja, wann?                    R.F. Mir ist wichtig, dass wir ein                           entsprechende Leistungen anbie-      mensführung angeknüpft?
                                                                super Arbeitsklima haben und der                                ten zu können.
                           C.B. Nein, ich denke, da wird viel   Teamgedanke erhalten bleibt. Die                                                                        Nein. Ich habe damals einen
                        vom Umfeld gesteuert, welche            Meinung meiner Mitarbeiter liegt                                Wenn Sie an Ihre Anfangszeiten       Strich gemacht und komplett bei
                        Chancen man bekommt. Was man            mir auch sehr am Herzen. Hin-                                   zurückdenken: Was machen Sie         null angefangen. Mir war wichtig,
                        in jungen Jahren mit Ehrgeiz macht,     sichtlich der Kunden achte ich vor                              heute anders?                        wenn ich mich selbständig mache,
                        macht man im Alter mit Erfahrung.       allem auf Pünktlichkeit, sauberes                                                                    dass ich meinen eigenen Weg
                        Es ist daher eine Mischung aus          Arbeiten und immer eine Lösung zu                                 Ich sehe viele Dinge gelassener    finde und alles so läuft, wie ich
                        Glück und Gelegenheit.                  finden, falls Probleme auftreten.                               und sachlicher. Viel geändert hat    es mir vorstelle.

40                         Christof Branner       Roman Fuchs                                                                                                                                                41
Erfahren Sie Anerkennung von              merkmal in der Region. Ich mag          Herr Fuchs, ist Digitalisierung für
     Ihrem Umfeld und welche Rolle             immer das machen, was ich mir           Ihr Unternehmen ein Thema?
     spielt das für Sie?                       vornehme, und mich nicht an
                                               anderen orientieren.                      Natürlich, da muss man laufend
       Für mich spielt Anerkennung                                                     dranbleiben. Bei uns sind zum
     keine Rolle. Ich weiß, wie ich es         Das hört sich nach viel Arbeit an.      Beispiel die Mitarbeiterkalender
     machen will, und möchte gute              Wie vereinen Sie das mit dem            digitalisiert oder die Kehrbücher in
     Arbeit abliefern.                         Familienleben?                          elektronischer anstatt in Papier-
                                                                                       form. Dafür sind wir auch bereits
        Im Prinzip ist es nicht wichtig. Ich      Damit ich von der Baustelle et-      zertifiziert.
     kenne viele Unternehmer, die erst         was wegkomme, um mehr Zeit für
     richtig erfolgreich waren und dann        die Familie zu haben, würde ich         Herr Branner, wie sieht das in
     auf einmal nicht mehr. Ich denke          schon gerne mein Team erweitern.        Ihrem Unternehmen aus, weil sie
     daher, dass so etwas nicht im Vor-        Familien- und Unternehmerleben          es vorhin angesprochen haben?
     dergrund stehen sollte.                   müssen für mich sieben Tage die
                                               Woche harmonieren. Auch wenn              Das ist auch bei uns im Betrieb
     Welche Zukunftsvisionen haben             mir meine Frau den Rücken frei-         ein großes Thema. Ich tue mich
     Sie für Ihr Unternehmen? Wo soll          hält, möchte ich langsam alles          damit etwas schwer und bin froh,
     die Reise hingehen?                       stärker strukturieren, unsere           dass die Jugend da ist. Die haben
                                               Mitarbeiter noch besser ausbilden,      das ziemlich gut im Griff. Allein,
        Die Ziele, die wir in den              um mich rausziehen zu können.           wenn man ein Müllfahrzeug an-
     letzten Jahren gesetzt haben,             Wir sind aber auch schon gut            sieht. Die wurden in den letzten
     sollen sich festigen. Beispiels-          aufgestellt. Es geht also in die        Jahren komplett digitalisiert. Da
     weise im Fitnessbereich, dass wir         richtige Richtung.                      wird jeder Behälter erfasst und ge-
     mit neuen Geräten und Trainings-                                                  wogen. Die Zahlen gehen direkt in
     plänen die Leute dazu bringen, sich       Stichwort Ausbildung, wie               die Buchhaltung und die Dispo.
     gesund und wohl zu fühlen. Wenn           handhaben Sie das in Ihrem
     sie bei uns ein Auto kaufen, dass         Unternehmen?                            In welchem Alter würden Sie sich
     sie eine Freude damit haben. Wenn                                                 gerne zur Ruhe setzen?
     sie einen Apfel entsorgen, dass              Das ist mir sehr wichtig. Bei
     sie keine Altlasten für die nächste       uns hat jeder zwischen zwei und           Gute Frage! 65 wäre ein nor-
     Generation hinterlassen. Da gibt es       vier Ausbildungstage im Jahr,           males Alter, aber da lege ich mich
     viele Beispiele.                          wo sich jeder aussuchen darf,           nicht fest. Mein Ziel ist, dass ich
                                               was er machen möchte. Es gibt           immer mehr Zeit für mich be-
     Und welche Pläne haben Sie,               auch noch eine fixe Schulung, die       komme und unsere Unternehmen
     Herr Fuchs?                               ich spezifisch für meine Mitarbei-      nur mehr begleite. Und wenn ich
                                               ter auswähle.                           einmal keinen Spaß mehr habe,
        Ich habe schon ein paar Überle-                                                setze ich mich zur Ruhe.
     gungen. Zum Beispiel einen Grund             Bei uns ist das ähnlich. Schulun-
     dazukaufen, um ein neues Lager            gen werden in vollen Zügen unter-          Das sehe ich genauso. Ich mache
     zu bauen oder einen großen Kun-           stützt. Es findet in unseren            das Geschäft noch, solange es mich
     denschauraum einzurichten. Da             Branchen zudem vieles gesetzlich        freut. Ob meine Kinder danach
     tut man sich dann im Verkauf auch         statt, ist also vorgeschrieben. Was     übernehmen, liegt in ihrem Ermes-
     leichter, wenn man dem Kunden             freiwillig darüber hinausgeht,          sen. Aber wenn sie das in der Zukunft
     vorführen kann, wie alles funktio-        fördern wir gerne. Ich bilde mich       wollen, dann kann man sie auf jeden
     niert – es soll eine Art Erlebnis-        ebenfalls in vielen Bereichen weiter.   Fall dabei unterstützen. Freut einen
     schauraum werden. Damit hätten            Die Digitalisierung überlasse ich       ja selbst, wenn das weitergeführt
     wir auch ein Alleinstellungs-             aber den Jungen.                        wird, was man aufgebaut hat.

                                                                                                                               © Branner Entsorgung

42                                                Christof Branner       Roman Fuchs                                                                  43
© MCI Die unternehmerische Hochschule

                                                                                                                          „Früher hat man    Frau Dr.in Zehrer, sind die
                                                                                                                                             Gründerinnen und Gründer heute
                                                                                                                                                                                         sicherlich noch hinzu, dass man
                                                                                                                                                                                         sich früher eher zur Übernahme
                                                                                                                      viel aus dem Bauch     eher jünger oder älter und gibt es          verpflichtet fühlte.

                                                                                                                     heraus gemacht und
                                                                                                                                             dafür eine Erklärung?
                                                                                                                                                                                         Gibt es weitere Unterschiede

                                                                                                                        einfach probiert.“   Meiner Meinung nach sind sie
                                                                                                                                             eher älter und es sind vor allem
                                                                                                                                                                                         bezüglich ihres Werdegangs vor
                                                                                                                                                                                         der Gründung?
                                                                                                                                             zunehmend Akademiker. Das Alter
© Christian Doppler Senat                                                                                                                    liegt daher zwischen 25 und 35              Unsere Studierenden machen
                                                                                                                                             Jahren. Unternehmen, die mit 20             meist den Bachelor und den Mas-
                                                                                                                                             gegründet werden, sind eher die             ter, gehen danach erst einmal ins
                                                                                                                                             Ausnahme. Früher hat man viel               Ausland und machen ihre eigenen
                                                                                                                                             aus dem Bauch heraus gemacht                Erfahrungen. Es wird dadurch

                                                „Tradition und Innovation
                                                                                                                                             und einfach probiert. Die Jungen            mehr reflektiert, was es heißt,
                                                                                                                                             eignen sich erst gewisse Kompe-             einen Betrieb zu leiten oder zu
                                                                                                                                             tenzen oder Tools an und überle-            übernehmen, und ob das über-

                                                sind meiner Meinung
                                                                                                                                             gen etwas gewissenhafter, ob sie            haupt zu der gewünschten Work-
                                                                                                                                             den Schritt wagen oder nicht.               Life-Balance passt.

                                                                                                                                             Hat sich die Bereitschaft zu                Mit welchen Herausforderungen

                                                nach kein Widerspruch.“
                                                                                                                                             gründen also verändert?                     sind Unternehmerinnen und
                                                                                                                                                                                         Unternehmer heute konfrontiert
                                                                                                                                             Ich denke, dass die GründerInnen            und wie unterscheiden sich diese
                                                                                                                                             einfach vorsichtiger geworden               mit denen früherer Generationen?
                                                                                                                                             sind und ihre Herangehensweise
                                                                                                                                             geändert haben. In Österreich               Gründen birgt immer bestimmte
                                                Dr.in Anita Zehrer ist seit 15 Jahren am Management Center                                   liegt der Schnitt der Gründe-               Herausforderungen, egal zu wel-
                                                Innsbruck (MCI) tätig und leitet heute den Forschungsbereich                                 rInnen ohnehin unter dem EU-                cher Zeit. Die passenden Mitarbei-
                    INTERVIEW                   „Wirtschaft & Gesellschaft“ sowie das Zentrum Familienunter-                                 Schnitt. Natürlich ist für viele das        tenden finden, einen Kunden-
                                                nehmen (ZFU). Während ihrer akademischen Laufbahn hat sie                                    Thema Unabhängigkeit enorm                  stamm aufbauen, Finanzierungen
                    mit Dr.in Anita Zehrer
                                                bereits mit zahlreichen Unternehmerinnen und Unternehmern                                    wichtig und wenn sie eine tolle             – das ist heute genauso heraus-
                    Professorin am Management
                                                zusammengearbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei                                   Idee mit Wachstumspotenzial                 fordernd wie früher. Die „Genera-
                    Center Innsbruck
                                                stets auf dem Thema Nachfolge bzw. der Betriebsübergabe an                                   haben – warum nicht gründen?                tion Global“, wie wir sie nennen,
                                                die nächste Generation. Im Interview spricht Dr.in Zehrer über die                           Aber ich beobachte, dass dieser             hat jedoch aufgrund von Digitali-
                                                Gründerinnen und Gründer von heute und verrät, ob die Chancen                                Schritt heute viel überlegter ist.          sierung, der Schnelllebigkeit und
                                                für Selbstständige früher tatsächlich besser standen.                                        Bei den Familienbetrieben kommt             ihrem Netzwerkdenken andere

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