Vom Exanthem bis zum TEN - die neuen Tabletten sind schuld
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Referat M. B. Brüggen, Zürich und Davos ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN W. J. Pichler, Bern Medikamentenintoleranzen Vom Exanthem bis zum TEN – die neuen Tabletten sind schuld Was tun, wenn der Patient angibt, allergisch auf ein Medikament zu sein, oder wenn er Symptome einer Medikamentenallergie entwickelt? Was ist harmlos und wann droht ein schwerer Verlauf? Erfahren Sie, wann abgewartet werden kann und bei welchen Warnzeichen Sie umgehend den dermatologischen Dienst/Notfall des Zentrumsspitals kontaktieren sollten. Medikamenten- «Frau Doktor, ich bin allergisch ist die Gefahr einer schweren Reaktion Hypersensitivitäten auf …»: minim. Allergien auf Antiepileptika bzw Sulfonamide etc. sind potenziell Allergien, also Immunreaktionen auf Viele Patienten glauben, allergisch auf schwererwiegend und sollten abgeklärt Medikamente, machen ungefähr 20 % aller ein Medikament zu sein. Häufig gehen die werden. Reaktionen auf Medikamente insgesamt Angaben auf einen Ausschlag im Kindesal- • Welche Symptome sind aufgetreten? aus. Die Mechanismen sind komplex. Bei ter zurück, der im Zusammenhang mit ei- Nur kutane oder auch andere? Bei aus- den restlichen 80 % handelt es sich um Re- ner viralen Erkrankung und Behandlung geprägtem Exanthem kann es zu einer aktionen, die durch den Wirkmechanismus mit Betalaktam-Antibiotika zurückgeführt Leberbeteiligung kommen. Die Patien- des jeweiligen Medikamentes ausserhalb wurde. Die meisten Kinder, die im Zusam- ten haben dann auch ein allgemeines vom Immunsystem bedingt sind (Typ A). menhang mit (meistens) einer Penicillin/ Krankheitsgefühl. Bei den Medikamentenallergien unter- Amoxicillin-Behandlung ein Exan them • Wurde ein Arzt/eine Notfallambulanz scheidet man zwischen Sofort- und Spät- entwickeln, tolerieren Penicilline später konsultiert, fand eine Hospitalisation typreaktion. Die Soforttypreaktion tritt wieder. Nur die wenigen Kinder mit Sofort- statt? Notfallkonsultationen/Hospitali- rasch (< 1 h) auf, ist IgE-/Mastzell mediiert typreaktion (bei denen dann auch oft Hos- sationen sind meist Zeichen einer und imponiert klinisch als Urtikaria/ pitalisation/Notfallbehandlung notwendig schweren Allergie; T-Zell-vermittelte Angioödem, Bronchospasmus oder Ana- wird) sind weiterhin gefährdet für eine Allergien nehmen mit der Zeit ab (> 5 phylaxie. Die Anaphylaxie stellt einen aku- erneute Reaktion. Es wird immer noch dis- Jahre), aber gerade bei schweren Reak- ten Notfall dar: Sie entwickelt sich sehr kutiert, ob bei der Angabe «Penicillin-All- tionen (DRESS-Syndrom, Stevens-John- rasch, meist innerhalb von Minuten nach ergie seit Kindheit» weiter abgeklärt wer- son-Syndrom) wurden (in Einzelfällen) der Einnahme bzw. Verabreichung des Me- den oder gleich ein Provokationstest auch nach 12–20 Jahren noch eine star- dikaments und erfordert eine sofortige, durchgeführt werden soll. ke Reaktivität festgestellt. notfallmässige Behandlung. • Ist eine Abklärung erfolgt? Ist ein Aller- Wie kann man eine relevante Medika- giepass vorhanden? Im Folgenden werden die vorwiegend mentenallergie-Anamnese von eher T-Zell-mediierten Spättypreaktionen be- weniger relevanten Angaben unter- Anhand der Antworten auf diese Fra- handelt. Diese treten nach Tagen (> 4–20 scheiden? gen und basierend auf der Erfahrung Tage Behandlung) auf, sind meist mit ei- • Wann ist die Allergie aufgetreten? Ex- kann man abschätzen, ob eine Medika- nem Exanthem («rash», Ausschlag) ver- antheme im Kindesalter sind meist mentenallergie wahrscheinlich ist oder bunden und meistens wenig gefährlich. Bei harmlos und transient. Allergien im Er- nicht. Bei wenig wahrscheinlicher Medi- 2–5 % der Fälle ist die Symptomatik aller- wachsenalter treten meist ohne virale kamentenallergie und Bereitschaft des dings schwer und potenziell letal. Koinfektion auf, und die medikamen- Patienten kann eine Provokation z. B. mit Im klinischen Alltag sind wir primär mit tenspezifische Immunantwort könnte Amoxicillin ambulant durchgeführt wer- zwei Situationen und den dazugehören länger persistieren. den (zwei Stunden Überwachung), um Fragen konfrontiert: • Worauf ist der Patient allergisch? Peni- den Patienten vom Makel «Penicillin-all- 1. Der Patient gibt an, allergisch auf ein cillinpräparate sind die häufigsten Aus- ergisch» zu befreien. Medikament zu sein: Was tun? löser, die Reaktionen sind meist nicht Falls weiterhin Unklarheit besteht, kann 2. Der Patient entwickelt Symptome einer schwerwiegend. Wenn der Ausschlag man Abklärungen bei einem Allergologen Medikamentenallergie: Was tun? Wie nicht weiter abgeklärt wurde und keine veranlassen und nach negativem Resultat schwer/gefährlich ist die Allergie? Allgemeinsymptome bestanden haben, eine Provokation durchführen. 6 Innere Medizin 2 / 2022
Referat ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN «Frau Doktor, ich habe so seltsame Warnzeichen für einen weisend bzgl. des Typs der Reaktion. Hautveränderungen und es juckt» gefährlichen Verlauf • Laborchemisch ist ein Differenzialblut- bild hilfreich, je nach Situation auch die Die zweite, relativ häufige Situation ist, Das Erkennen der schweren Reaktionen Bestimmung von Nieren-, Leber- und dass der Patient auf eine Behandlung mit unter den Medikamentenhypersensitivitä- weiteren Organparameter sowie des einem Exanthem reagiert. Exantheme sind ten vom Spättyp ist von bedeutender klini- CRP. Eine Eosinophilie kann hinweisend häufig, und eine Medikamentenallergie ist scher Tragweite: Eine frühe Erkennung für ein DRESS-Syndrom sein, aber auch eine häufige Ursache. Was sollte der Inter- und folglich adäquate Behandlung sind bei milden Reaktionen oder seltener nist machen? prognostisch relevant. Organschädigung auch bei der akuten generalisierten Auffällig ist, dass sich viele Patienten und Mortalität, aber auch Folgeschäden exanthematischen Pustulose (AGEP) mit mildem Exanthem relativ wohlfühlen. können so reduziert werden. bzw. beim Stevens-Johnson-Syndrom Ihnen kann man ein Antihistaminikum Die Abgrenzung zwischen ungefährli- (SJS)/der toxische epidermale Nekroly- geben und nach Stopp des Medikaments chen und schweren Medikamentenhyper- se (TEN) auftreten. Eine Neutrophilie ist abwarten. sensitivitäten vom Spättyp kann auch für eher bei der AGEP anzutreffen. Hinsicht- Ein kleiner Teil der Patienten entwickelt ein geschultes Auge schwierig sein. Hilf- lich potenzieller Organschädigung (v. a. allerdings recht massive und ausgedehnte reich ist es, sich an einige klinische und beim DRESS-Synrom) sollten in einem Hautveränderungen und ist für 2–3 Wochen anamnestische Wegweiser für einen ersten Schritt Leber- (AST, ALT, Biliru- krank. In einem Drittel dieser Fälle findet schweren Verlauf zu halten (Tab. 1): bin) und Nierenwerte (Kreatinin, eGFR) man auch eine mehr oder weniger starke • In der klinischen Untersuchung der bestimmt werden. Leberbeteiligung. Oft bleibt es dabei (ALT Haut und der Schleimhäute (Brennen < 500 IU), und die Medikamentenallergie der Haut, der Augen sowie der Mund- Die 3 gefährlichen T-Zell-ver entwickelt sich nicht in ein voll ausgepräg- und Genitalschleimhaut und Dyspha- mittelten Medikamentenallergien tes DRESS-Syndrom. Allerdings ist die Ab- gie) sind Blasen und Pusteln Gefahren- grenzung zwischen DRESS-Syndrom und zeichen. Liegt eine Konjunktivitis vor? • Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und schwerem Exanthem wohl nicht so strikt. Kann das Nikolski-Zeichen ausgelöst seine Maximalvariante, die toxische Weitere, «nicht schwere» Reaktionen, werden (lässt sich die Haut durch Fin- epidermale Nekrolyse (TEN) sind das SDRIFE («symmetric drug-related gerdruck ablösen?)? • DRESS-Syndrom («drug reaction with intertriginous and flexural exanthema») • Ebenso sollte ein internistischer Status eosinophilia and systemic symptoms») sowie das fixe Arzneimittelexanthem, auf (u. a. Fieber? Vaskulitis? Petechien?) • AGEP («acute generalized exanthema die hier nicht eingegangen werden soll. durchgeführt werden. Dieser ist weg- tous pustulosis») SJS, SJS/TEN-Overlap und TEN DRESS-Syndrom AGEP Klinik Schiessscheiben-artige Hautveränderungen Gesichtsschwellung Multiple nicht follikuläre (sterile) Livides oder gräuliches makulöses/makulo- Lymphadenopathie Pusteln auf erythematösem Grund papulöses Exanthem Grosse Teile der Körperoberfläche von Anormale Vitalparameter Blasen, Erosionen, positives Nikolski-Zeichen Hautveränderungen betroffen Schleimhautbeteiligung: Erosionen, Anormale Vitalparameter Ulzerationen, hämorrhagische Verkrustung Anormale Vitalparameter Anamnese Abgeschlagenheit, reduzierter AZ Krankheitsgefühl, Fieber Rasches Auftreten (< 10 Tage nach Brennende Augen Beginn der Anwendung des Dysphagie Medikaments) Dysurie, genitales Brennen Brennen und Schmerzen der Haut Rasche Progredienz der Symptomatik Labor* Lymphopenie Ausgeprägte Eosinophilie (> 12 %) Leukozytose, Neutrophilie* Atypische Lymphozyten (im mikroskopi- schen Differenzialblutbild) Anstieg von AST/ALT, alk. Phosphatase, Gamma-GT (Hepatitis) Kreatinin-Anstieg, Verminderung der eGFR (hinweisend auf Nephropathie) * Es kann zu zahlreichen weiteren Laborabnormalitäten und klinischen Symptomen kommen; es sind jeweils nur die wichtigsten aufgeführt AGEP: akute generalisierte exanthematöse Pustulose; DRESS: «drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms»; SJS: Stevens-Johnson-Syndrom; TEN: toxische epidermale Nekrolyse Tab. 1: Die wichtigsten Warnzeichen/Hinweise bei schweren Arzneimittelhypersensitivitäten vom Spättyp Innere Medizin 2 / 2022 7
Referat ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN Stevens-Johnson-Syndrom (SJS)/ toxische epidermale Nekrolyse (TEN) a) b) Beim SJS und der TEN handelt es sich um zwei der wenigen dermatologischen Notfälle. Im Zentrum von SJS und TEN steht die epidermale Nekrose bzw. die Ablösung der Haut. In der Mehrheit der Fälle sind auch Schleimhäute, am häufigsten die Konjunk- tiven, gefolgt von Mund und Genitalien, betroffen (Abb. 1). Der Schweregrad der c) d) Erkrankung richtet sich nach dem Anteil der Körperoberfläche mit «ablösbarer Haut» (< 10 % beim SJS, > 30 % beim TEN). Die Reaktion beginnt häufig mit einem flä- chigen, makulösen, erythematös-lividen Exanthem. Die Patienten können über Schmerzen in der Haut berichten. Es bilden sich innert Stunden pralle Blasen und es kommt zur Ablösung der Haut, die fulmi- Abb. 1: Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und toxische epidermale Nekrolyse (TEN). a): konfluieren- nant, innerhalb von Stunden bis Tagen, de, livide erythematöse Makulae; b): schlaffe Blasen; c): TEN mit flächiger epidermaler Nekrose; voranschreiten kann. SJS/TEN-Patienten d): purulente Stomatitis und Cheilitis sind meist in einem reduzierten Allgemein- zustand, leiden unter diffusem Brennen/ Schmerzen der Haut und generellem Un- sind sehr heterogen und reichen vom ma- lung, Fieber), Laborwerten (Eosinophilie wohlsein. kulösen Exanthem über Pusteln bis zur Ery- > 12 %, atypische Lymphozyten) sowie dem Zu den gefährlichsten Komplikationen throdermie (Abb. 2). Bei 2–3 % der DRESS- Vorliegen einer Organbeteiligung (z. B. der Akutphase zählen die durch Superin- Patienten besteht eine Blasenbildung (SJS- AST/ALT-Erhöhung, Kreatinin-Anstieg/ fektionen verursachte Sepsis, die hämody- DRESS-Overlap). Klinisch charakteristisch reduzierte eGFR). namische Destabilisierung sowie Organ- sind die mit dem DRESS-Syndrom einher- Tritt bei einem Patienten nach einer schädigung. Beim TEN kommt es bei bis zu gehende Gesichtsschwellung, Lymphade (meist hoch dosierten) > 7-tägigen Behand- 30 % der Patienten zu einem letalen Ver- nopathie und Fieber. Gefährlich ist das lung mit einem DRESS auslösenden Medi- lauf. Die Diagnosestellung beruht auf Kli- DRESS-Syndrom aufgrund der Organbetei- kament ein Krankheitsbild mit Lymphozy- nik, Anamnese und Histologie. ligung, die vor allem zytotoxischen T-Zellen tose, Eosinophilie, Multiorganbeteiligung Sulfonamide, Allopurinol, Tetracycline, zugeschrieben wird. Am häufig betroffen ist (Hepatitis, Nephritis, Karditis, Pankreati- Antikonvulsiva, Proteinkinase-Inhibitoren die Leber, gefolgt von Niere, Herz und Lun- tis) auf, ist die Diagnose recht eindeutig – und nichtsteroidale Antirheumatika gehö- ge, dem zentralen Nervensystem und dem und die übliche Suche nach Infektionser- ren zu den wichtigsten Auslösern von SJS/ Gastrointestinaltrakt. regern (samt eventuellen experimentellen TEN. Da der Reaktion eine T-Zell-Antwort Die Diagnosestellung beruht auf einer Antibiotikatherapien) ist nur zeitraubend, zugrunde liegt, bedarf es einer Sensibili- Kombination von klinischen Kriterien (Ex- nicht hilfreich und potenziell schädlich sierungsphase, d. h., die Symptome können anthem > 50 % der Körperoberfläche, Ge- (Entwicklung eines «multiple drug hyper- sich bei Erstexposition innerhalb von 7–21 sichtsschwellung, Lymphknotenschwel- sensitivity syndrome»). Tagen, bei Reexposition schon früher ent- wickeln. DRESS-Syndrom a) b) c) Im Gegensatz zu SJS/TEN entwickelt sich das DRESS-Syndrom häufig erst nach Wochen bis gar Monaten nach Beginn der Therapie mit dem/den auslösenden Medi- kament/en. Die häufigsten beschriebenen Auslöser für das DRESS-Syndrom sind An- tikonvulsiva (insbesondere Carbamazepin und Phenytoin), Dapson, Trimethoprim/ Sulfamethoxazol und Sulfasalazin (Sulfona- mide), Minocyclin, Vancomycin, Piperacil- lin/Tazobactam und Amoxicillin. Die kuta- nen Manifestationen des DRESS-Syndroms Abb. 2: DRESS-Syndrom. a) flächiges, makulopapulöses Exanthem; b) und c): Gesichtsschwellung 8 Innere Medizin 2 / 2022
Referat ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN AGEP wird mit systemischen Glukokorti- a) b) koiden und/oder topischen Kortikosteroi- den behandelt. Die allergologische Aufarbeitung bei allen Patienten mit St. n. schweren Arznei- mittelallergien ist ausserordentlich wich- tig, um die auslösenden Medikamente und verträgliche Alternativen zu determinie- ren. Sie erfolgt wenige Wochen bis zu sechs Monate nach Abklingen der Reaktion und beinhaltet je nach Reaktionstyp serologi- sche Tests (Lymphozyten-Transformations- test) und/oder Hauttestungen (Intrakutan- und Epikutantestungen mit Spätablesung nach 24–48 h). Die Nachbetreuung von Patienten mit schweren Medikamentenallergien ist eben- Abb. 3 Akute generalisierte exanthematöse Pustulose (AGEP). a) multiple nicht follikulär gebundene falls wichtig: Bei Patienten mit DRESS-Syn- sterile Pusteln auf erythematösem Grund; b) flächige Desquamation (während der Abheilung) drom ist Erfahrung mit diesem Krankheits- bild wichtig. Der behandelnde Arzt sollte das «Auf und Ab» bei dieser Erkrankung Akute generalisierte exanthematöse Warnsignalen sollte der oder die potenziel- kennen und sich davon nicht beirren las- Pustulose (AGEP) le/n Auslöser (sofern keine vitale Indikati- sen: Virusreaktivierung, Reaktionen auf Das klinische Erscheinungsbild der on dafür besteht) abgesetzt/ersetzt werden neue Medikamente und Autoimmunphäno- AGEP ist sehr charakteristisch. Sie entwi- und es sollte eine direkte Rücksprache mit mene treten trotz des Absetzens der auslö- ckelt sich sehr rasch, in der Regel inner- einem Dermatologen erfolgen. senden Medikamente weiterhin auf und halb von weniger als 10 Tagen nach Beginn Bei Warnzeichen (Tab. 1), insbesondere verwirren. Vor allem ist vor der Gabe wei- der Medikamentenexposition. Auf der bei bullösen Erkrankungen (SJS/TEN), terer (hoch dosierter) Medikamente zu Haut zeigen sich multiple nicht follikulär sollte umgehend Kontakt mit dem der- warnen, da dadurch ein «multiple drug gebundene sterile Pusteln auf erythematö- matologischen Dienst/Notfall eines Zent- hypersensitivity syndrome» droht. sem Grund, die sich häufig zuerst in den rumspitals aufgenommen werden, um das Patienten mit SJS oder TEN leiden häu- Hautfalten und im Gesichtsbereich zeigen weitere Vorgehen abzustimmen. Die Über- fig unter den teils schweren und oft sehr (Abb. 3). Es kann begleitend Fieber auftre- nahme des Patienten sollte möglichst um- einschränkenden Spätfolgen, wie z. B. Hy- ten und im Labor kann sich eine Neutro- gehend in die Wege geleitet werden, zur per- und Hypopigmentierungen, Vernar- philie/Leukozytose zeigen. Ebenso schnell weiteren Diagnostik (Schnellschnitt, Blut- bungen der Skleren oder im Genitalbe- wie die Progredienz ist auch die Regredi- kulturen, Abstriche, etc) und Behandlung. reich, und häufig auch psychiatrischen enz der Symptome: Innerhalb von Tagen Folgeerscheinungen, wie posttraumati- kommt es nach dem Absetzen des verursa- Schwere Arzneimittelallergien: schen Stress-Störungen. ◼ chenden Agens zu einer flächigen Desqua- Akut- und Nachbehandlung mation und anschliessend zur Abheilung Autoren: (< 15 Tage). Die Diagnose beruht vor allem Die Akutbehandlung von Patienten mit Prof. Dr. med. et Dr. phil. auf der typischen Klinik. Auch wenn die TEN und, je nach Ausprägung, DRESS-Syn- Marie-Charlotte Brüggen1, 2, 3 Mortalität der AGEP mit 2–5 % beschrieben drom erfolgt auf der (Verbrennungs-)In- Prof. Dr. med. Werner J. Pichler4 wird, sind schwere Verläufe sehr selten tensivstation durch ein interdisziplinäres 1 Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich (und eventuell mit DRESS assoziiert) und Team. Beim SJS/bei TEN besteht diese in 2 Medizinische Fakultät, Universität Zürich durch Infektionen oder Organschädigun- erster Linie aus «best supportive care», was 3 Christine Kühne Centre for Allergy Research gen bedingt. unter anderem Wundbehandlung, Präven- and Education CK-CARE, Davos tion von Superinfektionen und die hämo- 4ADR-AC GmbH, Bern Verdacht auf einen schwere Medi dynamische Stabilisierung umfasst. Zudem kamenten-Allergie: Wie weiter? wird meist eine adjuvante immunmodu Korrespondenz: latorische Behandlung (z. B. mit intrave E-Mail: Marie-Charlotte.Brueggen@usz.ch Bei Verdacht auf eine schwere Medika- nösen Immunoglobulinen, TNF-α-Inhibito- ◾0920 mentenallergie vom Spättyp ist es am ren oder Ciclosporin) verabreicht. Beim wichtigsten, wahrscheinliche Auslöser DRESS- Syndrom kommen systemische Literatur: (und kreuzreagierende Substanzen) umge- Glukokortikoide zum Einsatz, in therapie- bei den Verfassern hend zu stoppen/zu ersetzen, wobei die refraktären Fällen weitere immunmodula- Primärindikation berücksichtigt bzw. ab- torische Medikamente oder Antikörper gedeckt werden muss. Auch bei fehlenden gegen IL5 resp. den IL5-Rezeptor. Auch die Innere Medizin 2 / 2022 9
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