Von der Schrankleiche zum Lieblingsteil - Ein Upcycling-Projekt mit der Stiftung Naturschutz Berlin 2019
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Von der Schrankleiche zum Lieblingsteil Ein Upcycling-Projekt mit der Stiftung Naturschutz Berlin 2019
Einleitung “Entdecke die Freude am eigenen Tun und gestalte deine Umwelt aktiv um.” Über das ganze Jahr 2019 und darüber hinaus haben die Up- cycler*innen von Bis es mir vom Leibe fällt e.V. in Kooperation mit acht Institutionen – Schulen, einem Nachbarschaftszentrum, einem Seniorenwohnhaus, einem Jugendzentrum und den Umwelt- detektiven – das Upcycling Pro- jekt »Von der Schrankleiche zum Lieblingsteil« durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden aufgefordert, ihre aus der Zeit gefallenen oder ungeliebten Kleidungsstücke mitzubringen, um sie umzugestalten und sich anzueignen. Nebenbei wurde so das Bewusstsein für den eigenen ökologischen Fußabdruck ge- schärft und das Interesse an der Reparatur und Handarbeit ge- weckt. Durch die mit viel Lust be- triebene Veränderung der eige- nen Kleidungsstücke haben die Teilnehmenden diesen nicht nur neues Leben eingehaucht, son- dern auch gelernt, dieses Wissen auf die eigene Lebensführung zu übertragen. 2 3
Die Kiez Oase ist ein sehr aktives Nach- barschaftszentrum im Bezirk Schöne- berg. Unser Upcy- cling Workshop findet seit Anfang Februar 2019 einmal pro Wo- che statt und erf- reut sich bis heute großer Beliebtheit. Die Altersgruppe der Teilnemer*innen ist sehr gemischt, man- che haben bereits ihren gesamten Klei- derschrank aufge- peppt, andere üben das Einnähen eines Reißverschlusses oder das Kürzen eines 6 Rocks. 7
Design à la Motte Jeder kennt das Problem. Leider schmeckt den Motten nur der edelste Zwirn: Kaschmirwolle Alpakawolle Merinowolle Mohairwolle Angorawolle Guanakowolle Qiviutwolle Vikunjawolle Yakwolle Aber warum nicht mit dem Geschmack der Tierchen arbei- ten? 10 11
Tutorial 1 Nadelfilzen 1 2 3 4 Was brauche ich zum Nadelfilzen? • Filznadel oder Filzmaschine • Filzwolle, Schaumgummi, Schere Wie befilze ich meinen Wollpullover? 1 Ziehe die Löcher mit einer Stopfnadel zusammen und überlege dir dann ein Muster. 2+3 Schneide das Muster aus der Filzwolle. 4 Arrangiere das Muster auf den beschä- digten Stellen. 5 F ixiere die Filzwolle mit der Filzmaschine bis sich die Wollhaare verhaken. 6 Oder fixiere die Filzwolle per Filzna- del: Stich solange mit einer Filznadel bis 5 6 7 sich die Wollhaare verhaken (lege ein dickes Stück Schaumgummi unter dein Werkstück) 12 13
Mit den Schüler*innen des 12. Jahrgangs der Sophie- Scholl Schule haben wir im 2. Halbjahr 2019 unser Up- cycling Projekt im Rahmen des Kunstunterrichts verwirk- licht. Alle Teilnehmer*innen waren sehr engagiert, so- wohl im Nähen als auch bei anderen Handarbeitstech- niken. Viele ungewöhnli- che Ideen sind entstanden, wie eine Kopfbedeckung aus zwei Unterhosen, eine Outdoorjacke aus zwei Ar- beitshosen usw. Am Ende des Projekts wurden Werbe- plakate für das jeweils up- gecycelte Stück gestaltet und am Benefizabend der Sophie-Scholl Schule mit 16 großem Erfolg ausgestellt. 17
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Tutorial 2 2-Hosen-Hoody 1 2 3 4 Was brauche ich für den Hoody? Ärmel • 2 gebrauchte Hosen deiner Wahl • Ärmel+Kapuzenschnitt, Schere, Garn, Stecknadeln, Nähmaschine Wie entsteht mein Hoody? 2 Schneide die Hose, die den Rumpf bil- den soll, in Kniehöhe ab, trenne die Nähte an der Innenseite der Rohre auf 3 Nähe die losen Enden vorne und hinten zusammen und zeichne die Armlöcher ein. 4 Schneide die Armlöcher aus. Kapuze 5 Stecke die Schulterteile zusammen und- schräge sie passend ab und schneide den Rumpf vorne v-förmig aus. 5 6 7 6 Schneide aus der zweiten Hose zwei Är- mel und eine Kapuze aus. 7 Nähe alle Teile zusammen. 24 25
Cafe Pink 26 27
Das Cafe Pink ist ein interkultureller Treff- punkt für Mädchen von 10 bis 27 Jah- ren. Jeden zwei- ten Freitag hatten und haben die Mäd- chen* die Gelegen- heit, ihre übervol- len Kleiderschränke auszumisten, die Lieblingsteile aufzufri- schen oder passend zu machen, neue De- signideen zu entwic- keln und umzusetzen. Großmutters Ballkleid wurde erweitert, der zu langweilige Mantel bedruckt, das T-Shirt in eine Tasche ver- wandelt. 28 29
Ein T-Shirt mit neuem Gesicht 31
Tutorial 3 Schablonendruck 1 2 3 4 Wie geht ein Schablonendruck? 1 Schütze dich mit einer Schürze. 2 Zeichne deinen Entwurf auf ein Stück Papier und schneide ihn mit einem Cutermesser/einer Nagelschere aus. 3 Klebe das Blatt mit dem ausgeschnitte- nen Motiv seitenverkehrt auf die Vordersei- te eines Drucksiebs und drehe dieses um. 4 Lege das umgedrehte Sieb auf die ge- wünschte Stelle deines Werkstücks, ver- teile die Textilfarbe auf dem Motiv und drücke die Farbe mit einer Rakel durch. 5 Entferne das Sieb, reinige es und föhne 5 6 7 den Druck. 6 Retouschiere oder ergänze Details mit dem Pinsel. 32 33
Umwelt detektive 34 35
Die Umweltdetektive haben auf ihren Umweltreisen zwei Mal bei uns Halt ge- macht. Die Eltern und deren Kinder wa- ren sehr engagiert bei der Sache, beim Besprühen und Bedrucken der T-Shirts ging es hoch her und manch selbstge- staltetes Kuschelmonster fand den Weg ins Kinderzimmer. 36 37
Monster bannen 38 39
Tutorial 4 Knoten & Sprayen Was brauche ich, um ein Kuschel- monster zu machen? • altes T-Shirt • Schere • ökologisches Füllmaterial Wie geht das? 1 Schneide zwei Kreise aus dem Shirt und besprühe sie, wenn du willst, mit einem Motiv; lege sie übereinander und schneide sie vom Rand rundherum 10 cm tief ein. 2 Lege zwischen die beiden Schichten Füllmaterialien wie Hanf, Dinkelkörner oder 1 2 3 das Innenleben eines alten Kissens. 3 Verknote die unteren mit den oberen Streifen und das Kissen ist fertig. Was brauche ich, um ein Motiv auf ein T-Shirt zu sprayen? • ein Stück Papier mit deinem Entwurf • Nagelschere oder Cutermesser • Textilspray Wie mache ich das? 1 Schneide mit deinem Schneidewerk- zeug dein Motiv aus dem Papier, lege das Papier auf dein T- Shirt und spraye Farbe auf die ausgeschnittenen Stellen 2 Wenn du es wünscht, kannst du auch mehrere Farben mixen. 1 2 3 3 Entferne das Papier, und dein Motiv er- scheint auf dem T-Shirt. Fixiere es, indem du das Shirt auf der verkehrten Seite bügelst. 40 41
Exkurs Die Reise eines wird es auf dessen Filialen verteilt oder landet im Versandzentrum eines Online-Riesen, von wo es (europäischen) wiederum über Hunderte oder gar Tausende Ki- lometer an den/die EndverbraucherIn geschickt wird. Kleidungsstücks Damit nicht genug: Zu 50% gefällt das Stück dem/ der BestellerIn nicht und wird wieder zurückge- Nehmen wir ein Kleidungsstück, das, sagen wir, im schickt. Solche Retouren landen wieder zu 50% Designbüro eines Modelabels in Stockholm ent- im Müll und werden verbrannt, die restlichen 50% worfen wird. aber kommen in den Altkleiderhandel, wovon der Großteil (98%) erneut auf Reisen geschickt wird: Bis es zum Beispiel in einer Nähfabrik in China Ge- nach Ruanda oder Kamerun zum Beispiel, wo es stalt annimmt, hat der Stoff, aus dem es ist, fast dann die lokale Textilproduktion zerstört. einmal die Welt umrundet: er ist vom Baumwoll- bauern in Indien oder Afrika, den USA oder Süda- Kurzum: Bis das Kleidungsstück am Ladentisch in merika zur Baumwollspinnerei, sagen wir in die Berlin oder als Paket zu Hause einlangt, hat es mehr Türkei, dann zum Weben nach Taiwan, zum Färben als 60.000 km zurückgelegt. Wird es retourniert und und Ausrüsten nach Bangladesch und vielleicht tritt die Reise nach Afrika an, kommen weitere 6000 noch zur Veredelung nach Bulgarien gebracht km dazu. Die Pakete, die im Online-Handel allein worden, ehe er sich in China mit dem schwedi- in Deutschland versandt werden, reichen fast zum schen Entwurf verbinden konnte. Wobei die Fut- Mond und wieder zurück. terstoffe, Knöpfe und Reißverschlüsse vermutlich in der Schweiz entworfen wurden und ähnlich lange Die Ironie: Ein Kleidungsstück, das im Lauf seiner Produktionswege hinter sich haben. Produktion und des Wegs zu seinem ersten Träger oder seiner Trägerin fast 1 ½ mal den Erdball um- Anschließend macht das gute Stück vielleicht rundet hat, ist immer noch bei weitem billiger als noch einmal Station im Süden oder Osten Europas, eines, das vor Ort erzeugt wurde. wo es den letzten Schliff erhält und mit den Insig- nien des Modelabels ausgerüstet wird. Erst dann 42 43
Leibniz- Gym- nasium 44 45
Der 11. Jahrgang (Leistungskurs Bilden- de Kunst) des Leibniz Gymnasiums hatte die Aufgabe, eine Persona in Upcycling Klamotten zu erschaffen. Die sehr ungewöhnlichen Ergeb- nisse wurden in einer bombastischen Moden- schau im Rahmen des Sommerfests vorgeführt und erläutert. 46 47
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Tutorial 5 Stoffcollage 1 2 3 44 Was brauche ich für eine Stoffcollage? • Reststoffe • Näh- und Overlock-Maschine • Lineal, Kreide, Stecknadeln, Garn, Schere Wie erzeuge ich eine Stoffcollage? 1 Suche dir Stoffe, die gut zusammenpassen 2 Schneide sie in gleich breite Streifen, über- lege dir eine spannende Komposition und was du aus dem neuen Stoff machen willst. 3 Verbinde die Streifen mit Stecknadeln und nähe sie zusammen. 4 Kettle die Ränder der verbundenen Strei- fen mit der Overlock-Maschine. 5 6 7 5 Lege die gekettelten Streifen ca 1 cm übe- reinander und fixiere sie mit Stecknadeln. 6 Nähe so viel davon zusammen wie Du für dein Werkstück brauchst. 52 53
Stern- berg Grund- schule 54
Die Sternberg Grundschule ist ein Lern- und Lebensraum für den ganzen Tag. In der Pro- jektwoche wurden aus Stoff- und Kleiderres- ten Schlüsselanhänger und Täschchen ge- zaubert. Die Schüler*innen machten erste Erfahrungen mit Zwirn und Nadel, die ferti- gen Täschchen wurden anschließend mit Borten und Stoffarben vereinzigartigt. 56 57
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1Modell vielfach personalisiert 60 61
Tutorial 6 Hose zur Tasche 1 2 3 4 Was brauche ich? • nicht mehr getragene Hose • nicht mehr passender Gürtel Wie mache ich das? 1 Wähle einen schönen Gürtel aus deiner Sammlung und entferne die Schalle. 2+3 Schneide deiner Hose halbkreisförmig die Hosenrohre ab. 4 Stülpe die Hose um, nähe die Hosenrohre in- nen zu und drehe die Hose wieder nach außen. 5 Stecke den Gürtel in die Vordertaschen und führe ihn über beide Seitennähte, damit die Tasche gut auf der Schulter liegt. 6 Nähe den Gürtel mit der Nähmaschine 5 6 7 beidseitig fest. 7 Befestige die Schnalle auf dem hinteren Teil der Hose. 62 63
Senioren- wohnhaus 64
Die Bewohner*innen des Seniorenwohnhau- ses Kardinal von Galen verpassten im Dreiwo- chentakt ihrer Garderobe einen neuen Schliff: Es wurde repariert, umgenäht, gestopft und an- gepasst. Jahrzehntelang vergessene und in der Erinnerung verschüttete Handwerkstechniken wurden von den Teilnehmer*innen ausgegra- ben und mit den Upcycler*innen ausgetauscht. 66 67
Verfilzt & zugenäht 68 69
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Tutorial 7 Eine Spitze erzeugen 1 2 3 4 Wie erzeuge ich eine Spitze? 1 Zeichne mit Kreide den gewünschten Aus- schnitt auf dein Kleidungsstück, schneide markierte Fläche aus und gib sie zu den Stoff- resten, die dir für deine Spitze ausgewählt hast. 2 Nimm ein Stück Vlieseline-Soluvlies, ent- ferne die Schutzschicht und lege es unter die ausgeschnittene Fläche. 3 Schneide deine Stoffreste in kleine Stücke und arrangiere sie knapp nebeneinander auf der Klebefolie (Abstand zum Ausschnittrand höchstens 2 mm). 4 Ist das Muster fertig, lege eine neue Klebe- folie darüber, um es zu fixieren. 5 Nähe mit der Nähmaschine ein Raster über 5 6 7 die Folien (Ausschnittrand immer mitnähen!). 6 Wasche das Soluvlies mit lauwarmem Was- ser gründlich aus dem Kleid. 72 73
Gustav- Langen- scheidt- Schule 74 75
Die 30 Schüler*innen der Gustav- Langenscheidt- Schule haben uns während der Projektwoche ziemlich herausgefordert. Wie man den Fotos entnehmen kann, hat jede/r Schüler*in einen selbst gestalteten Einkaufsbeutel genäht und dabei gelernt, dass dieser den umweltschädlichen Plastikbeutel ersetzen kann. Wir haben gelernt, dass er sich auch als Kopfbedeckung eignet. 76 77
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“The expert in anything was once a beginner.” 80 81
Gestaltung: Carmen Matamoros & Bis es mir vom Leibe fällt Workshopleiter*innen: Kathi Clauß Maria Giousmis Saskia Tritto Lisa Maria Walter Lisa Prantner Astrid Freitag Dank an: Anne-Kathrin Kahrs Stiftung Naturschutz Berlin die engagierten Lehrer*innen, besonders Andrea Busse und Eckart Müller sowie die Schüler*innen der Sophie-Scholl-Schule für die Überlassung ihrer Plakatentwürfe 82 83
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