Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Originalarbeit Österr Wasser- und Abfallw 2020 · 72:77–84 https://doi.org/10.1007/s00506-019-00631-1 Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub Martin Wellacher · Markus Brechlmacher · Franz Poschacher · Roland Pomberger Online publiziert: 11. November 2019 © Der/die Autor(en) 2019 Zusammenfassung Geogene Belas- zur Unterscheidung geogener von an- 1 Einleitung tungen von Metallen gibt es in vie- thropogenen Metallbelastungen, einem len Böden, auch in der Steiermark. Kleingefäßtest und einem Großgefäß- Die Verwertung von Aushubmateriali- Bodenaushub, der verwertet werden test. en in Österreich ist eine wichtige, aber soll, muss gesetzlich festgelegte Grenz- noch zu wenig entwickelte abfallwirt- werte, u. a. für Metalle, unterschreiten. Schlüsselwörter Boden · Metall · schaftliche Maßnahme für diesen größ- Über solche Grenzwerte geogen belas- Geogen · Bodenaushub ten aller Abfallströme. Sie wird durch teter Bodenaushub ist in Österreich zur fachliche, wirtschaftliche und gesetzli- Deponierung bestimmt. Es ist jedoch Proposal for a quality assurance che Rahmenbedingungen ermöglicht. Stand der Wissenschaft und Forschung, method for excavated soil with Das Aufkommen an Aushubmate- dass auch in grenzwertüberschreiten- geogenic metal contamination rialien und Böden in Österreich im den Gehalten vorkommende Metalle Jahr 2017 betrug 32,3 Mio. t, wovon nur nicht mobil sein müssen und so auch Abstract Geogenic contaminations of 23 % verwertet, der Rest aber deponiert keine toxische Wirkung hätten. metals in soils exist in many regions wurde (BMNT 2019). Die Verwertungs- Die vorgestellte Entwicklung be- such as in the Austrian province of quote in Österreich sinkt in den letzten trifft Böden aus geogen mit Metallen Styria. Excavated soil dedicated for Jahren (Brechlmacher und Wellacher belasteten Regionen, wie sie in der Stei- recycling must under-run legal limit 2018). Das Aufkommen an Aushub- ermark häufig vorkommen. Für von values for metals as well. Material materialien im Bundesland Steiermark dort stammenden Bodenaushub wur- above those limits must be landfilled. betrug 2015 2,4 Mio. t, die Verwertungs- de eine Qualitätssicherungsmethode It is state of the art of science and quote ist nicht bekannt. Für die Stei- entwickelt, mit der festgestellt werden technology that even exceeding metal ermark sind zahlreiche Standorte mit kann, ob dieser unbedenklich zur Ver- concentrations do not need to be mo- geogenen Belastungen mit Metallen be- wertung geeignet ist oder bedenklich ist bile thus are not toxic. schrieben (z. B. Reinhofer et al. 2004). und daher nur deponiert werden darf. The proposed development con- Beispielsweise ist die natürliche geoge- Im Zuge der vorgeschlagenen Me- cerns soils from with metals geogenicly ne Ni-Belastung im Bereich der Mur- thode wurden drei Fragen behandelt contaminated regions, as they are typ- Mürz-Furche langjährig bekannt (Amt und beantwortet: 1) Ist die Belastung ical for Styria. A quality assurance der Steiermärkischen Landesregierung eines Bodens geogenen oder anthropo- method was developed for excavated 2004). Ni-Gehalte in biogenen Abfällen genen Ursprungs? 2) Wie mobil sind die soil from these areas, by which it can von 100 mg/kg TM sind nicht unge- betrachteten Metalle im Bodenaushub be determined whether the recycling wöhnlich. Es wird angenommen, dass hinsichtlich ihres Transfers vom Bo- is unobjectionable and can be recom- die derzeitigen Marktgegebenheiten den in Pflanzen? 3) Wie mobil sind die mended for recycling or worrying thus das Deponieren von Aushubmaterialien betrachteten Metalle hinsichtlich ihres should be landfilled only. gegenüber der Verwertung bevorzugen Transfers vom Boden ins Grundwas- In the course of the proposed method (Wellacher et al. 2018). ser? Die Methode besteht dementspre- three questions are discussed and an- Bei einer Verwertung werden die chend aus drei Teilen, einer Methode swered: 1) Is the origin of the con- Funktionen des ursprünglichen Bodens tamination geogenic or anthropogenic? größtenteils erhalten, während sie bei 2) How is the degree of mobility of the der Deponierung in überwiegendem Mag. Dr. M. Wellacher () · concerned metals with regard to the Maß dauerhaft verloren sind. Diese M. Brechlmacher · transfer from soil to plants? 3) How is Bodenfunktionen haben mittel- und Univ.-Prof. DI Dr. R. Pomberger the degree of mobility of the concerned langfristig lebenserhaltende Wirkun- Lehrstuhl für metals with regard to the transfer from gen auf Mensch und Umwelt und sind Abfallverwertungstechnik soil to groundwater? Thus the method daher von besonderer Bedeutung. Es und Abfallwirtschaft, consists of three parts, a method to dis- sind dies Lebensraumfunktionen, Rege- Montanuniversität Leoben, tinguish geogenic from anthropogenic lungsfunktionen (Böden sind Speicher-, Franz-Josef-Straße 18, 8700 Leoben, Österreich metal contaminations, a small vessel Filter-, Puffer- und Transformationssys- martin.wellacher@unileoben.ac.at test and a big vessel test. teme) und Nutzungsfunktionen (u. a. die Eignung für land- und forstwirt- F. Poschacher Keywords Soil · Metal · Geogenic · schaftliche Nutzung, Wald- und Wald- Poschacher Kompost, Excavated soil funktionsstandorte in urbanen Berei- Hubertusgasse 8, 8714 Kraubath/M, chen, Parks, Gärten, Spiel- und Sport- Österreich plätze) (Drobnik et al. 2018). Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub 77
Originalarbeit In Österreich betrug die auf Aushub- Bei entsprechender technischer Eig- Die untersuchten Metalle waren As, tätigkeiten folgende Bodenversiegelung nung und bei Einhaltung der jeweiligen Cd, Cr, Cu, Hg, Ni und Pb. Die Metalle 2016 2200 km2. Dies ist ein Umweltpro- Qualitätskriterien darf Aushubmaterial wurden als Gesamtgehalte mit Königs- blem, für das eine Lösung zu finden als Rohstoff für die Bodenrekultivie- wasser-Aufschluss (Aqua regia, A.r.) und ist. Im Zuge von Nutzungsänderungen rung, die Untergrundverfüllung, zur als Eluatgehalte bestimmt (Bundesge- wurden weitere 3347 km2 in Anspruch Herstellung von Komposterden oder setz 2008). genommen (Umweltbundesamt 2017). sonstiger Erden, als Recycling-Baustoff, Nach Abschluss der Bautätigkeiten stel- zur Kompostierung oder für industri- 2.1 Methode zur Unterscheidung von len sie den Markt für Rekultivierungs- elle Anwendungen verwendet werden geogenen und anthropogenen maßnahmen dar. Die negativen Auswir- (BMLFUW 2017). Metallbelastungen in Böden kungen der Bodenzerstörung können Bestimmte Aushubmaterialien kön- durch die Verwertung von Bodenaus- nen durch Sieben alleine zu einem ver- Für die Probenahme mittels Pürckhau- hub z. B. für eben diese Rekultivierungs- kaufsfähigen Rekultivierungssubstrat er-Methode wurde der Hohlmeißelboh- maßnahmen gemildert werden. oder einem anderen Produkt aufberei- rer an den ausgewählten Grundstücken Die für Bodenaushub zur Verwer- tet werden. Auch eine direkte Verwer- an 25 Stellen mit 5 m Reihenabstand tung und Deponierung gültigen Grenz- tung von nicht aufbereitetem Boden- 1 m tief in den Boden eingeschlagen. werte finden sich im regelmäßig ver- aushub ist denkbar. Für die Herstellung Für die Probenahme wurden die un- öffentlichten Bundesabfallwirtschafts- einer Komposterde werden Bodenaus- tersten 25 cm des Pürckhauers (ca. 50 plan (BAWP), zuletzt 2017 (BMLFUW hub mit Kompost und gegebenenfalls bis 100 cm Tiefe) jeweils zu einer Sam- 2017). Der BAWP gilt als ein objekti- anderen Komponenten, z. B. Sand oder melprobe je Lokalität vereint und als viertes standardisiertes Gutachten zum Ziegelsplitt, gemischt (ÖWAV 2014). „Untere Bodenschicht“ benannt. Die Stand der Technik, und ist kein Ge- Ziel dieses Beitrages ist es, die im daran anschließenden 25 cm (ca. 5 bis setz. Diese Grenzwerte wurden auch in Projekt ReSoil entwickelte Qualitäts- 50 cm Tiefe) wurden ebenfalls zur Sam- andere Regelungen übernommen, z. B. sicherungsmethode für Bodenaushub melprobe „Obere Bodenschicht“ verei- in die Richtlinie „Gewässerschutz an mit grenzwertüberschreitenden geo- nigt. Die obere Pflanzenschicht 0 bis Straßen“ des Bundesministeriums für genen Metallbelastungen darzustellen 5 cm wurde entfernt. Die Probennah- Verkehr, Innovation und Technologie und zu begründen. me entsprach der ÖNORM L1056 (ASI (BMVIT 2011) und haben eine weit ver- 2004). breitete Gültigkeit. Es ist möglich, vom 2 Material und Methoden Eine unbedenkliche Verwertung von BAWP abweichend mittels spezifizier- Aushubmaterialien im ersten Teil wurde tem Gutachten und in Absprache mit Für die Auswahl geeigneter Böden wur- festgelegt, wenn der Metallgehalt geo- der Behörde unbedenkliche Materialien den 11 Grundstücke in der Steiermark gener und nicht anthropogener Natur in die Verwertung zu führen. mit bekannt hohen Metallgehalten ist. Geogen ist ein Metallgehalt wenn In einigen geogen belasteten Böden herangezogen. Die Festlegung dieser 1. die Gehalte der unteren Bodenschicht gibt es z. B. nur ein Metall, welches Grundstücke erfolgte auf Basis des Lan- mindestens 20 % höher oder gleich den Grenzwert des BAWP 2017 über- desumweltinformationssystems Steier- hoch wie jene der oberen Boden- schreitet. Das Material kann dann zwar mark (LUIS) (Amt der Steiermärkischen schicht sind und bei allen anderen grenzwertrelevanten Landesregierung 2017a). Dieses Sys- 2. die Gehalte der Fraktion >2 mm min- Parametern die Vorgaben des BAWP tem erlaubt in Kombination mit dem destens 20 % höher oder gleich hoch 2017 erfüllen, muss aber trotzdem de- Geographischen Informationssystem wie jene der Fraktion
Originalarbeit Abb. 1 Versuchsansätze bei der Entwicklung des Kleingefäßtests mit vier Pflanzen- spezies in je drei Wiederholungen für jedes Testmaterial Abb. 2 Schichtung im Großgefäß an ei- nem Sichtfenster eines IBC zurückgegriffen (Kabata-Pendias und Die Kultivierung erfolgte unter frei- ten 2-fach gewaschenem Kies, zuerst Pendias 2001). em Himmel am Standort Kraubath/M. 16 bis 32 mm Korngröße und darüber Für die Klein- bzw. Großgefäßversu- (Abb. 1). 8 bis 16 mm. Als dritte Schicht wur- che wurden 20 bis 25 Einzelproben je de Unterboden L3 < 10 mm Korngröße untersuchtem Grundstück in einem de- 2.3 Großgefäßversuch (–25 bis –50 cm Bodentiefe) ca. 25 cm finierten Raster mit 5 m Reihenabstand hoch aufgetragen. Als oberste Schicht durch Öffnen bzw. Abheben der Gras- Die Grundüberlegung des Großgefäß- wurden 30 cm des zu untersuchenden oberfläche entnommen. Hierzu wurden tests ist, dass ein Material dann unbe- Bodensubstraes eingefüllt (Abb. 2). je Probenahmestelle (ca. 0,5 m × 0,5 m) denklich ist, wenn von ihm keine toxi- Der Versuchsstand wurde am Stand- Bodenmaterial von –10 cm bis zu einer schen Wirkungen durch einen Transfer ort Kraubath/Mur aufgebaut (Abb. 3). Tiefe von –30 cm entnommen. Die Ein- in Grund- und damit Trinkwasser aus- Für die Versuche wurden fünf unter- zelproben wurden zu je einer Sammel- gehen. Dazu wurden die gültigen Werte schiedliche Bodensubstrate herangezo- probe pro Lokalität (200 bis 800 l) ver- der österreichischen Trinkwasserver- gen. Zusätzlich wurde eine Vergleichs- einigt. Die Probennahme entsprach der ordnung herangezogen (Bundesgesetz probe mit dem Standardboden L3 be- ÖNORM L1056 (ASI 2004). 2001). füllt (–5 bis 25 cm Bodentiefe). Eine Die Metallgehalte der Pflanzen im Von einem Intermediate Bulk Con- Grasmischung („Quickplay“ der Aust- Kleingefäßtest wurden nach Austrian tainer (IBC, 1000 l, verschließbarer Ab- rosaat, Österreichische Samenzucht- Standards Institute (2002, 2006) be- lauf ) wurde der Oberteil abgeschnitten, u. Handels-Aktiengesellschaft) wurde stimmt. sodass eine freie Fläche von etwa 1,2 m2 ausgesät und gewartet, bis ein boden- Als Kriterien für die Validierung des entstand. Der IBC wurde in vier Schich- deckender Bewuchs vorhanden war. Zu Tests sollten die besten Zeigerpflanzen ten befüllt, zuunterst mit zwei Schich- diesem Zeitpunkt wurden die Boden- gefunden und ihr Pflanzenwuchs (Blatt- länge und Erntegewicht) bestimmt wer- den. Die getesteten Pflanzenspezies wa- ren Hafer (Avena sativa), Kopfsalat (Lac- tuca sativa), Italienisches Raygras (Loli- um multiflorum) und Große Brennessel (Urtica dioica). Die verwendeten Gefäße waren Kunststofffässer mit Ablauf, die mit ca. 10 l Substrat befüllt wurden. Die Kulturdauer bis zur Ernte betrug 70 bis 120 d. Es wurden fünf Bodenmaterialien getestet, davon ein Standardboden oh- ne Belastung (L3). Der Boden L5N1 wurde mit einer NiSO4-Lösung durch- mischt, die im Boden einen Ni-Gehalt von 514 mg/kg TM ergab. Abb. 3 Versuchsansätze zur Entwicklung des Großgefäßtests Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub 79
Originalarbeit ventile der Gefäße dicht verschlossen. Tab. 1 Übersicht zur Beurteilung der 12 untersuchten Böden auf anthropogen (a) Nach drei Wochen und regelmäßigem oder geogen (g) für sieben Metalle sowie abschließenden Bewässern wur- Metalle/Boden L1 L2 L3 L4 L5 L7 L8 L9 L11 L12 L13 L14 de das entstandene Sickerwasser in As oben/unten g a – – – a g g g a – – seinem Volumen erfasst sowie beprobt As 2 mm – g – – – g – g a a – – und auf seinen Metallgehalt analysiert. Cd oben/unten g a – – g – – – – – – – Die Analysen der Metalle in den Sickerwässern erfolgten gemäß ÖNORM Cd 2 mm g a – – g – – – – – – – EN ISO 17294-2 (ASI 2016). Cr oben/unten – – – – – – – g – – – g Cr 2 mm – – – – – – – – – – – – 3 Ergebnisse Cu oben/unten g a – – – g – a a g – – Cu 2 mm – – – – – a – g a a – – Die Qualitätssicherungsmethode konn- Hg oben/unten g – – – a – – – g g – – te in allen drei Teilen entwickelt wer- Hg 2 mm g a – – g – – – a a – – den. Mit dieser Methode ist eine Prü- Ni oben/unten – – – – – – – g – – a g fung auf Unbedenklichkeit von geoge- nen grenzwertüberschreitenden Belas- Ni 2 mm – – – – – – – – – – g g tungen mit Metallen möglich. Pb oben/unten g a – – a g – – – a – – Eine unbedenkliche Verwertung von Pb 2 mm a g – – g a – – – a – – Aushubmaterialien mit geogener Belas- tung liegt vor, wenn 1. die Gehalte der unteren Bodenschicht Bodenaushub und den daraus herge- Beispielhaft seien die Ergebnisse mindestens 20 % höher oder gleich stellten Produkten stattfinden. für Hg ausgeführt. Drei der untersuch- hoch wie jene der oberen Boden- ten Bodensubstrate waren über dem schicht sind und 3.1 Unterscheidung geogener und niedrigsten BAWP 2017 Grenzwert von 2. die Gehalte der Fraktion >2 mm (der anthropogener Metallbelastung 0,5 mg/kg TM. Davon konnten ein Bo- oberen Bodenschicht) mindestens den (L5) als anthropogen und zwei 20 % höher oder gleich hoch wie jene Die 12 untersuchten Böden konnten Böden (L11, L12) als geogen eingestuft der Fraktion
Originalarbeit zeigt sich, dass nur der anthropogen Ni- belastete Boden (L5N1) zu einer Über- schreitung dieser Literaturwerte führt (Abb. 7). 3.3 Großgefäßversuch Der Versuchsaufbau des Großgefäßtests war geeignet, um einen bedenklichen Transfer von Metallen in Bodenaushub bzw. daraus hergestellten Produkten, z. B. Komposterden, in das Sickerwasser von einem unbedenklichen zu unter- scheiden. Von den untersuchten Metallen zeig- ten sich bei sechs Substraten nur As bei einer Komposterde und Ni bei drei Komposterden als mobil und im Sicker- wasser die Grenzwerte für Trinkwasser überschreitend. Bei Cu kam es im Ver- gleich zur Nullprobe zu erhöhten Wer- Abb. 5 Verlauf der Pflanzenhöhe von Lactuca sativa für L22, L3 und L5 (n = 3) ten im Sickerwasser, jedoch nicht zu Grenzwertüberschreitungen. Geogene Gehalte von Cr, Cu und Pb führten zu keiner signifikanten Erhöhung der ent- sprechenden Metalle im Sickerwasser (Tab. 2). Vergleicht man die Überschreitun- gen von Trinkwassergrenzwerten der Sickerwassergehalte der Komposter- de L30 (zu 28 % aus Bodenaushub L5 bestehend) mit den Überschreitun- gen von BAWP-2017-Eluatgrenzwerten, Klasse A1, der Eluatgehalte der Kom- posterde und die Überschreitungen der BAWP-2017-Gesamtgehalte, Klasse A1, so zeigt sich, dass der Großgefäßtest von drei Grenzwertüberschreitungen der Gesamtgehalte, Cd, Ni und Pb nur für Ni einen bedenklichen Transfer in das Sickerwasser nachweist, während beim Eluat keine BAWP-2017-Über- schreitungen stattfanden (Tab. 3). Abb. 6 Wachstumsunterschiede zwischen der Referenzprobe L3 und L5 bei Lactuca 4 Diskussion sativa nach 68 d Die Praxis des stark reglementierten und Ansätzen mit hohen Metallgehal- die Pflanzen festgestellt werden. Für Ni Bodenaushubmanagements in Öster- ten und teilweise keine messbaren Un- beispielsweise unterschied sich der Me- reich führt zu einer Bevorzugung der terschiede. Lactuca sativa erwies sich tallgehalt der Pflanzenarten auf demsel- Deponierung vor der Verwertung, was als die ganzheitlich aussagekräftigs- ben Substrat. Lactuca sativa und Lolium sich bei hohem Aufkommen in einer te Zeigerpflanze. Beispielsweise zeigte multiflorium waren die Pflanzenarten Zunahme der Deponierungsrate nie- sich für den Boden L5 mit den erhöhten mit der höchsten Konzentration auf derschlägt. Zusätzlich sind die öster- Gehalten an Cd, Hg und Pb ein eindeu- dem Boden L5N1, dessen Ni-Gehalt an- reichischen Böden mit der sehr pro- tiger Unterschied in Erntegewicht und thropogen verursacht war. Dahingegen blematischen und auch zunehmenden Verlauf der Pflanzenhöhe (Abb. 5). Der führten hohe geogene Konzentrationen Versiegelung konfrontiert. Die Abfall- Unterschied war auch mit bloßem Auge von zwei Komposterden (L21 und L22) wirtschaft kann diesen beiden Entwick- sichtbar (Abb. 6). nicht zu einer auffälligen Erhöhung der lungen auf der Seite der entstehen- Es konnte bei allen untersuchten Ni-Konzentration in den Testpflanzen den Aushubmaterialien gegensteuern. Metallen und Pflanzen zumindest bei verglichen mit der Nullprobe (L3). Ver- Für landwirtschaftliche Böden wur- einzelnen Bodenaushubmaterialien gleicht man die gemessenen Werte mit den bereits fachliche, umweltgerechte oder den daraus hergestellten Pro- Literaturwerten der entsprechenden und sinnvolle Rekultivierungsmaßnah- dukten ein Transfer vom Material in Pflanzen auf Böden ohne Ni-Belastung, men mit Komposterden vorgeschlagen Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub 81
Originalarbeit Abb. 7 Ni-Transfer von fünf Proben in vier Pflanzen im Kleingefäßtest (L3 Standardboden, L5 mit Ni wenig belasteter Boden, L5N1 L5-Boden, der mit einer NiSO4-Lösung versetzt wurde, L22 und L21 Komposterden mit geogener Ni-Belastung; blaue waag- rechte Linie Literaturwerte von Ni-Gehalten in Pflanzen, die auf Ni-unbelasteten Böden gemessen wurden) (BMLFUW 2012). Mit der vorliegen- schaftlich von irgendeinem anderen an der Praxis des Bodenaushubma- den Methode wird versucht, auch mit Material in nur annähernd vergleichba- nagements liegen sollen. Metallen geogen belasteten, aber unbe- rem Umfang wahrgenommen werden Eine Beurteilung von Materialien, denklichen Bodenaushub zu verwerten. könnten. die bereits ausgehoben vorliegen oder Die hier vorgeschlagene Methodik ist den daraus hergestellten Produkten, ein alternativer Ansatz zum BAWP zur 4.1 Die Qualitätssicherungsmethode ist hinsichtlich einer Bestimmung auf Beurteilung der Schadwirkung, der al- geogen oder anthropogen naturgemäß lerdings mit einem höheren Aufwand Eine Unterscheidung in anthropoge- nicht mehr durchführbar. verbunden ist. ne und geogene Belastungen liegt mit Auch geogene Belastungen können Würden geogen belastete, aber un- der vorgeschlagenen Methode vor. Die toxisch und bedenklich sein, weshalb bedenkliche Materialien nicht verwer- Grundlage dafür ist die Annahme, dass bei der vorliegenden Methode zusätz- tet werden, müssten sie auf entspre- anthropogene Belastungen kleinkörni- lich zur Feststellung der geogenen Ent- chenden Deponien abgelagert werden. ger und oberflächlicher auftreten als stehung auch die Schadwirkung auf Damit würden die Funktionen des ur- geogene. Als Grenzen wurden aus me- zweifache Weise beurteilt werden muss. sprünglichen Bodens in überwiegen- thodischen Gründen die Korngröße von Die Schadwirkung von Metallen in dem Maß dauerhaft verloren gehen. 2 mm und die Bodentiefe von 50 cm an- Böden kann verschiedenartig bestimmt Diese Funktionen sind das Ergebnis genommen. Es handelt sich hierbei um werden. Toxizitätstests für aquatische von oft hunderten Jahren Bodenbil- Vereinfachungen, die möglichst nahe und terrestrische Systeme sind verfüg- dung, die weder technisch noch wirt- bar, haben aber Nachteile. Sie zeigen Tab. 2 Vergleich von Grenzwerten der TVO 2001 mit jenen im Sickerwasser eines Standardbodenaushubs (L3) ohne Belastun- gen und fünf Komposterden mit Metallbelastungen Metalle [µg/l] L3 L21 L24 L29 L30 L31 Grenzwerte Gießwasser Nullprobe Kompost- Kompost- Kompost- Kompost- Kompost- TVO 2001 erde A erde B erde L12 erde L5 erde C As 10 5,5 5,8 7,7 7,7 8,8 9,2 15 Cd 5
Originalarbeit Tab. 3 Vergleich der Ergebnisse der Untersuchungen der Komposterde L30, Gesamtgehalte, Eluat und Großgefäßtest, jeweils mit Grenzwerten Metalle Gesamtgehalte Eluat Großgefäßetest BAWP 2017 A1 L30 BAWP 2017 A1 L30 TVO 2001 L30 Grenzwerte Komposterde L5 Grenzwerte Komposterde L5 Grenzwerte Komposterde L5 Gesamtgehalt Gesamtgehalt Eluat Eluat [µg/l] Sickerwasser [µg/L] [mg/kg TM] [mg/kg TM] [mg/kg TM] [mg/kg TM] As 20 7,45 0,3 0,11 10 9,2 Cd 0,5 0,72 0,03 0,0029 5
Originalarbeit Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, sofern Sie den/die ursprünglichen Au- mons Lizenz beifügen und angeben, ob Verbreitung und Wiedergabe in jeg- tor(en) und die Quelle ordnungsgemäß Änderungen vorgenommen wurden. lichem Medium und Format erlaubt, nennen, einen Link zur Creative Com- Literatur Amt der Steiermärkischen Landesregierung Bundesgesetz (2008): Verordnung des Bundes- 1999 – Potentielle Kontaminationsflächen in der (2017a): Landesumweltinformationssystem ministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt Steiermark. Land Steiermark, Rechtsabteilung 8, Steiermark (LUIS). www.umwelt.steiermark. und Wasserwirtschaft über Deponien – Depo- Graz at. Gesehen 29. September 2019 nieverordnung. BGBl II 39/2008 Moser, H., Römbke, J. (2009): Ecotoxicological Amt der Steiermärkischen Landesregierung Bundesministerium für Land- und Forstwirt- Characterization of Waste – Results and Expe- (2017b): Geoinformationssystem des Landes schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BML- riences of an International Ring Test. Springer Steiermark (GIS). http://gis2.stmk.gv.at. Gese- FUW) (2012): Richtlinien für die sachgerechte Science+Business Media, New York hen 29. September 2019 Bodenrekultivierung land- und forstwirtschaft- Österreichischer Wasser- und Abfallwirtschafts- Amt der Steiermärkischen Landesregierung lich genutzter Flächen. Wien verband (ÖWAV) (2014): ÖWAV-Arbeitsbehelf (2003): Messung der Staub- und Schwermetall- Bundesministerium für Land- und Forstwirt- 44 – Herstellung von Komposterden (Mischun- deposition in Kapfenberg 1997 bis 2002. Fachab- schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BM- gen aus Kompost und Bodenaushubmaterial). teilung 17C – Technische Umweltkontrolle und LFUW) (2017): Bundes-Abfallwirtschaftsplan ÖWAV, Wien Sicherheitswesen, Graz 2017 – Teil 1. Wien Referat Boden- und Pflanzenanalytik (2015): Amt der Steiermärkischen Landesregierung Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Bodenschutzbericht 2015 – Bodenzustandsin- (2004): Regionale Hintergrundbelastung – Aus- Tourismus (BMNT) (2019): Die Bestandsauf- ventur Bezirk Liezen. Amt der Steiermärkischen wirkung auf Erzeugung und Verwertung von nahme der Abfallwirtschaft in Österreich – Sta- Landesregierung Abteilung 10 Land- und Forst- Komposten. Studie von Joanneum Research im tusbericht 2019. Wien wirtschaft, Graz Auftrag der FA 19D, Graz Bundesministerium für Verkehr, Innovation Reinhofer M., Proske H., Pirkl, U., Kellerer- Austrian Standards Institute (ASI) (2004): und Technologie (BMVIT) (2011): Gewässer- Pirklbauer, A. (2004): Geogene Hintergrundbe- ÖNORM L1056: 2004 07 01 Probenahme von schutz an Straßen – RVS 04.04.11. Österreichi- lastungen – Auswirkungen auf abfallwirtschaft- Dauergrünland (inklusive Parkanlagen, sowie sche Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – liche Maßnahmen. Land Steiermark, Fachabtei- Zier- und Sportrasen). Wien Verkehr (FSV), Wien lung 19D, Graz, Eigenverlag des Landes Steier- Austrian Standards Institute (ASI) (2011): Conder, J.M., Lanno, R.P. (2003): Lethal critical mark, Fachabteilung 19D ÖNORM S2127:2011 11 01 Grundlegende Cha- body residues as measures of Cd, Pb and Zn bio- Tessier, A., Campbell, P., Bisson, M. (1979): Se- rakterisierung von Abfallhaufen oder von festen availability and toxicity in the earthworm Eisenia quential Extraction Procedure for the Speciation Abfällen aus Behältnissen und Transportfahr- fetida. J Soils & Sediments 3, 13–20 of Particulate Trace Metals. Analytical Chemistry, zeugen. Wien Drobnik, T., Greiner, L., Keller, A., Grêt-Rega- 51(7), 844–851. Austrian Standards Institute (ASI) (2016): my, A. (2018): Soil quality indicators – From Umweltbundesamt (2017): Flächeninanspruch- ÖNORM EN ISO 17294-2: Wasserbeschaffen- soil functions to ecosystem services. Ecological nahme in Österreich 2016. www.umweltbundes heit – Anwendung der induktiv gekoppelten Indicators, 94, 151–169 amt.at, Gesehen 29. September 2019 Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS). Wien Europäische Union (2002): Richtlinie 2002/32/ Wellacher, M., Pomberger, R., Vollprecht, D., Austrian Standards Institute (2002): ÖNORM EG des Europäischen Parlaments und des Rates Poschacher, F., Liebhard, P. & Jelecevic, A. EN 13656: Charakterisierung von Abfällen – vom 7. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der (2018): Verwertung von Aushubmaterialien. Ta- Aufschluss mittels Mikrowellengerät mit einem Tierernährung gungsbeitrag für Recy&DepoTech 2018, 7.–9.11. Gemisch aus Fluorwasserstoffsäure (HF), Sal- Europäische Union (2006): Verordnung Nr. 1881/ 2018, Leoben petersäure (HNO3) und Salzsäure (HCl) für die 2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 Wruss, K.W. (2011): Toxikologische Tests zur Ri- anschließende Bestimmung der Elemente im zur Festsetzung der Höchstgehalte für be- sikominimierung bei Altlastensanierungsverfah- Abfall. Wien stimmte Kontaminanten in Lebensmitteln. ren. Dissertation am Institut für nachhaltige Ab- Austrian Standards Institute (2006): ÖNORM 2006/1881/EG fallwirtschaft und Entsorgungstechnik, Montan- EN ISO 17294-2: Wasserbeschaffenheit – An- European Food Safety Authority (2015): Scien- universität Leoben wendung der induktiv gekoppelten Plasma- tific Opinion on the risks to public health relat- Massenspektroskopie (ICP-MS). Wien ed to the presence of nickel in food and drinking Hinweis des Verlags Der Verlag bleibt Brechlmacher, M. & Wellacher, M. (2018): Ka- water. ESFA, Italy, EFSA Journal 2015;13(2):4002 talog zu Bodenproben aus der Steiermark mit Fang, W., Yonghong, W., Liu, J. (2016): Compara- in Hinblick auf geografische Zuordnun- geogener Metallbelastung. In: Recy & DepoTech tive characterization of sewage sludge compost gen und Gebietsbezeichnungen in ver- 2018. Tagungsband zur 14. Recy & DepoTech- and soil: Heavy metal leaching characteristics. öffentlichten Karten und Institutsadres- Konferenz 6.–9.11.2016. Leoben J.hazmat. 310, 1–10 Bundesgesetz (2001): Verordnung des Bundes- Kabata-Pendias, A., Pendias, H. (2001): Trace sen neutral. ministers für soziale Sicherheit und Genera- elements in soils and plants. CRC Press, New tionen über die Qualität von Wasser für den York menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverord- Landwirtschaftliches Versuchszentrum Stei- nung – TWV). BGBl. II Nr. 304/2001 ermark (LwVzSt) (1999): Bodenschutzbericht 84 Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub
Sie können auch lesen