Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub

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Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub
Originalarbeit

Österr Wasser- und Abfallw 2020 · 72:77–84
https://doi.org/10.1007/s00506-019-00631-1

Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen
belasteten Bodenaushub
Martin Wellacher · Markus Brechlmacher · Franz Poschacher · Roland Pomberger

Online publiziert: 11. November 2019
© Der/die Autor(en) 2019

Zusammenfassung Geogene Belas-              zur Unterscheidung geogener von an-         1 Einleitung
tungen von Metallen gibt es in vie-         thropogenen Metallbelastungen, einem
len Böden, auch in der Steiermark.          Kleingefäßtest und einem Großgefäß-         Die Verwertung von Aushubmateriali-
Bodenaushub, der verwertet werden           test.                                       en in Österreich ist eine wichtige, aber
soll, muss gesetzlich festgelegte Grenz-                                                noch zu wenig entwickelte abfallwirt-
werte, u. a. für Metalle, unterschreiten.   Schlüsselwörter Boden · Metall ·            schaftliche Maßnahme für diesen größ-
Über solche Grenzwerte geogen belas-        Geogen · Bodenaushub                        ten aller Abfallströme. Sie wird durch
teter Bodenaushub ist in Österreich zur                                                 fachliche, wirtschaftliche und gesetzli-
Deponierung bestimmt. Es ist jedoch         Proposal for a quality assurance            che Rahmenbedingungen ermöglicht.
Stand der Wissenschaft und Forschung,       method for excavated soil with                  Das Aufkommen an Aushubmate-
dass auch in grenzwertüberschreiten-        geogenic metal contamination                rialien und Böden in Österreich im
den Gehalten vorkommende Metalle                                                        Jahr 2017 betrug 32,3 Mio. t, wovon nur
nicht mobil sein müssen und so auch         Abstract Geogenic contaminations of         23 % verwertet, der Rest aber deponiert
keine toxische Wirkung hätten.              metals in soils exist in many regions       wurde (BMNT 2019). Die Verwertungs-
    Die vorgestellte Entwicklung be-        such as in the Austrian province of         quote in Österreich sinkt in den letzten
trifft Böden aus geogen mit Metallen        Styria. Excavated soil dedicated for        Jahren (Brechlmacher und Wellacher
belasteten Regionen, wie sie in der Stei-   recycling must under-run legal limit        2018). Das Aufkommen an Aushub-
ermark häufig vorkommen. Für von            values for metals as well. Material         materialien im Bundesland Steiermark
dort stammenden Bodenaushub wur-            above those limits must be landfilled.      betrug 2015 2,4 Mio. t, die Verwertungs-
de eine Qualitätssicherungsmethode          It is state of the art of science and       quote ist nicht bekannt. Für die Stei-
entwickelt, mit der festgestellt werden     technology that even exceeding metal        ermark sind zahlreiche Standorte mit
kann, ob dieser unbedenklich zur Ver-       concentrations do not need to be mo-        geogenen Belastungen mit Metallen be-
wertung geeignet ist oder bedenklich ist    bile thus are not toxic.                    schrieben (z. B. Reinhofer et al. 2004).
und daher nur deponiert werden darf.           The proposed development con-            Beispielsweise ist die natürliche geoge-
    Im Zuge der vorgeschlagenen Me-         cerns soils from with metals geogenicly     ne Ni-Belastung im Bereich der Mur-
thode wurden drei Fragen behandelt          contaminated regions, as they are typ-      Mürz-Furche langjährig bekannt (Amt
und beantwortet: 1) Ist die Belastung       ical for Styria. A quality assurance        der Steiermärkischen Landesregierung
eines Bodens geogenen oder anthropo-        method was developed for excavated          2004). Ni-Gehalte in biogenen Abfällen
genen Ursprungs? 2) Wie mobil sind die      soil from these areas, by which it can      von 100 mg/kg TM sind nicht unge-
betrachteten Metalle im Bodenaushub         be determined whether the recycling         wöhnlich. Es wird angenommen, dass
hinsichtlich ihres Transfers vom Bo-        is unobjectionable and can be recom-        die derzeitigen Marktgegebenheiten
den in Pflanzen? 3) Wie mobil sind die      mended for recycling or worrying thus       das Deponieren von Aushubmaterialien
betrachteten Metalle hinsichtlich ihres     should be landfilled only.                  gegenüber der Verwertung bevorzugen
Transfers vom Boden ins Grundwas-              In the course of the proposed method     (Wellacher et al. 2018).
ser? Die Methode besteht dementspre-        three questions are discussed and an-           Bei einer Verwertung werden die
chend aus drei Teilen, einer Methode        swered: 1) Is the origin of the con-        Funktionen des ursprünglichen Bodens
                                            tamination geogenic or anthropogenic?       größtenteils erhalten, während sie bei
                                            2) How is the degree of mobility of the     der Deponierung in überwiegendem
Mag. Dr. M. Wellacher () ·                 concerned metals with regard to the         Maß dauerhaft verloren sind. Diese
M. Brechlmacher ·                           transfer from soil to plants? 3) How is     Bodenfunktionen haben mittel- und
Univ.-Prof. DI Dr. R. Pomberger             the degree of mobility of the concerned     langfristig lebenserhaltende Wirkun-
Lehrstuhl für
                                            metals with regard to the transfer from     gen auf Mensch und Umwelt und sind
Abfallverwertungstechnik
                                            soil to groundwater? Thus the method        daher von besonderer Bedeutung. Es
und Abfallwirtschaft,
                                            consists of three parts, a method to dis-   sind dies Lebensraumfunktionen, Rege-
Montanuniversität Leoben,
                                            tinguish geogenic from anthropogenic        lungsfunktionen (Böden sind Speicher-,
Franz-Josef-Straße 18, 8700 Leoben,
Österreich
                                            metal contaminations, a small vessel        Filter-, Puffer- und Transformationssys-
martin.wellacher@unileoben.ac.at            test and a big vessel test.                 teme) und Nutzungsfunktionen (u. a.
                                                                                        die Eignung für land- und forstwirt-
F. Poschacher                               Keywords Soil · Metal · Geogenic ·          schaftliche Nutzung, Wald- und Wald-
Poschacher Kompost,                         Excavated soil                              funktionsstandorte in urbanen Berei-
Hubertusgasse 8, 8714 Kraubath/M,                                                       chen, Parks, Gärten, Spiel- und Sport-
Österreich                                                                              plätze) (Drobnik et al. 2018).

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Originalarbeit

    In Österreich betrug die auf Aushub-       Bei entsprechender technischer Eig-        Die untersuchten Metalle waren As,
tätigkeiten folgende Bodenversiegelung      nung und bei Einhaltung der jeweiligen     Cd, Cr, Cu, Hg, Ni und Pb. Die Metalle
2016 2200 km2. Dies ist ein Umweltpro-      Qualitätskriterien darf Aushubmaterial     wurden als Gesamtgehalte mit Königs-
blem, für das eine Lösung zu finden         als Rohstoff für die Bodenrekultivie-      wasser-Aufschluss (Aqua regia, A.r.) und
ist. Im Zuge von Nutzungsänderungen         rung, die Untergrundverfüllung, zur        als Eluatgehalte bestimmt (Bundesge-
wurden weitere 3347 km2 in Anspruch         Herstellung von Komposterden oder          setz 2008).
genommen (Umweltbundesamt 2017).            sonstiger Erden, als Recycling-Baustoff,
Nach Abschluss der Bautätigkeiten stel-     zur Kompostierung oder für industri-       2.1 Methode zur Unterscheidung von
len sie den Markt für Rekultivierungs-      elle Anwendungen verwendet werden              geogenen und anthropogenen
maßnahmen dar. Die negativen Auswir-        (BMLFUW 2017).                                 Metallbelastungen in Böden
kungen der Bodenzerstörung können              Bestimmte Aushubmaterialien kön-
durch die Verwertung von Bodenaus-          nen durch Sieben alleine zu einem ver-     Für die Probenahme mittels Pürckhau-
hub z. B. für eben diese Rekultivierungs-   kaufsfähigen Rekultivierungssubstrat       er-Methode wurde der Hohlmeißelboh-
maßnahmen gemildert werden.                 oder einem anderen Produkt aufberei-       rer an den ausgewählten Grundstücken
    Die für Bodenaushub zur Verwer-         tet werden. Auch eine direkte Verwer-      an 25 Stellen mit 5 m Reihenabstand
tung und Deponierung gültigen Grenz-        tung von nicht aufbereitetem Boden-        1 m tief in den Boden eingeschlagen.
werte finden sich im regelmäßig ver-        aushub ist denkbar. Für die Herstellung    Für die Probenahme wurden die un-
öffentlichten Bundesabfallwirtschafts-      einer Komposterde werden Bodenaus-         tersten 25 cm des Pürckhauers (ca. 50
plan (BAWP), zuletzt 2017 (BMLFUW           hub mit Kompost und gegebenenfalls         bis 100 cm Tiefe) jeweils zu einer Sam-
2017). Der BAWP gilt als ein objekti-       anderen Komponenten, z. B. Sand oder       melprobe je Lokalität vereint und als
viertes standardisiertes Gutachten zum      Ziegelsplitt, gemischt (ÖWAV 2014).        „Untere Bodenschicht“ benannt. Die
Stand der Technik, und ist kein Ge-            Ziel dieses Beitrages ist es, die im    daran anschließenden 25 cm (ca. 5 bis
setz. Diese Grenzwerte wurden auch in       Projekt ReSoil entwickelte Qualitäts-      50 cm Tiefe) wurden ebenfalls zur Sam-
andere Regelungen übernommen, z. B.         sicherungsmethode für Bodenaushub          melprobe „Obere Bodenschicht“ verei-
in die Richtlinie „Gewässerschutz an        mit grenzwertüberschreitenden geo-         nigt. Die obere Pflanzenschicht 0 bis
Straßen“ des Bundesministeriums für         genen Metallbelastungen darzustellen       5 cm wurde entfernt. Die Probennah-
Verkehr, Innovation und Technologie         und zu begründen.                          me entsprach der ÖNORM L1056 (ASI
(BMVIT 2011) und haben eine weit ver-                                                  2004).
breitete Gültigkeit. Es ist möglich, vom    2 Material und Methoden                        Eine unbedenkliche Verwertung von
BAWP abweichend mittels spezifizier-                                                   Aushubmaterialien im ersten Teil wurde
tem Gutachten und in Absprache mit          Für die Auswahl geeigneter Böden wur-      festgelegt, wenn der Metallgehalt geo-
der Behörde unbedenkliche Materialien       den 11 Grundstücke in der Steiermark       gener und nicht anthropogener Natur
in die Verwertung zu führen.                mit bekannt hohen Metallgehalten           ist. Geogen ist ein Metallgehalt wenn
    In einigen geogen belasteten Böden      herangezogen. Die Festlegung dieser        1. die Gehalte der unteren Bodenschicht
gibt es z. B. nur ein Metall, welches       Grundstücke erfolgte auf Basis des Lan-        mindestens 20 % höher oder gleich
den Grenzwert des BAWP 2017 über-           desumweltinformationssystems Steier-           hoch wie jene der oberen Boden-
schreitet. Das Material kann dann zwar      mark (LUIS) (Amt der Steiermärkischen          schicht sind und
bei allen anderen grenzwertrelevanten       Landesregierung 2017a). Dieses Sys-        2. die Gehalte der Fraktion >2 mm min-
Parametern die Vorgaben des BAWP            tem erlaubt in Kombination mit dem             destens 20 % höher oder gleich hoch
2017 erfüllen, muss aber trotzdem de-       Geographischen Informationssystem              wie jene der Fraktion
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Originalarbeit

Abb. 1 Versuchsansätze bei der Entwicklung des Kleingefäßtests mit vier Pflanzen-
spezies in je drei Wiederholungen für jedes Testmaterial                                Abb. 2 Schichtung im Großgefäß an ei-
                                                                                        nem Sichtfenster eines IBC

zurückgegriffen (Kabata-Pendias und             Die Kultivierung erfolgte unter frei-   ten 2-fach gewaschenem Kies, zuerst
Pendias 2001).                               em Himmel am Standort Kraubath/M.          16 bis 32 mm Korngröße und darüber
   Für die Klein- bzw. Großgefäßversu-       (Abb. 1).                                  8 bis 16 mm. Als dritte Schicht wur-
che wurden 20 bis 25 Einzelproben je                                                    de Unterboden L3 < 10 mm Korngröße
untersuchtem Grundstück in einem de-         2.3 Großgefäßversuch                       (–25 bis –50 cm Bodentiefe) ca. 25 cm
finierten Raster mit 5 m Reihenabstand                                                  hoch aufgetragen. Als oberste Schicht
durch Öffnen bzw. Abheben der Gras-          Die Grundüberlegung des Großgefäß-         wurden 30 cm des zu untersuchenden
oberfläche entnommen. Hierzu wurden          tests ist, dass ein Material dann unbe-    Bodensubstraes eingefüllt (Abb. 2).
je Probenahmestelle (ca. 0,5 m × 0,5 m)      denklich ist, wenn von ihm keine toxi-        Der Versuchsstand wurde am Stand-
Bodenmaterial von –10 cm bis zu einer        schen Wirkungen durch einen Transfer       ort Kraubath/Mur aufgebaut (Abb. 3).
Tiefe von –30 cm entnommen. Die Ein-         in Grund- und damit Trinkwasser aus-          Für die Versuche wurden fünf unter-
zelproben wurden zu je einer Sammel-         gehen. Dazu wurden die gültigen Werte      schiedliche Bodensubstrate herangezo-
probe pro Lokalität (200 bis 800 l) ver-     der österreichischen Trinkwasserver-       gen. Zusätzlich wurde eine Vergleichs-
einigt. Die Probennahme entsprach der        ordnung herangezogen (Bundesgesetz         probe mit dem Standardboden L3 be-
ÖNORM L1056 (ASI 2004).                      2001).                                     füllt (–5 bis 25 cm Bodentiefe). Eine
   Die Metallgehalte der Pflanzen im            Von einem Intermediate Bulk Con-        Grasmischung („Quickplay“ der Aust-
Kleingefäßtest wurden nach Austrian          tainer (IBC, 1000 l, verschließbarer Ab-   rosaat, Österreichische Samenzucht-
Standards Institute (2002, 2006) be-         lauf ) wurde der Oberteil abgeschnitten,   u. Handels-Aktiengesellschaft) wurde
stimmt.                                      sodass eine freie Fläche von etwa 1,2 m2   ausgesät und gewartet, bis ein boden-
   Als Kriterien für die Validierung des     entstand. Der IBC wurde in vier Schich-    deckender Bewuchs vorhanden war. Zu
Tests sollten die besten Zeigerpflanzen      ten befüllt, zuunterst mit zwei Schich-    diesem Zeitpunkt wurden die Boden-
gefunden und ihr Pflanzenwuchs (Blatt-
länge und Erntegewicht) bestimmt wer-
den. Die getesteten Pflanzenspezies wa-
ren Hafer (Avena sativa), Kopfsalat (Lac-
tuca sativa), Italienisches Raygras (Loli-
um multiflorum) und Große Brennessel
(Urtica dioica).
   Die verwendeten Gefäße waren
Kunststofffässer mit Ablauf, die mit
ca. 10 l Substrat befüllt wurden. Die
Kulturdauer bis zur Ernte betrug 70 bis
120 d.
   Es wurden fünf Bodenmaterialien
getestet, davon ein Standardboden oh-
ne Belastung (L3). Der Boden L5N1
wurde mit einer NiSO4-Lösung durch-
mischt, die im Boden einen Ni-Gehalt
von 514 mg/kg TM ergab.

                                             Abb. 3 Versuchsansätze zur Entwicklung des Großgefäßtests

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ventile der Gefäße dicht verschlossen.     Tab. 1 Übersicht zur Beurteilung der 12 untersuchten Böden auf anthropogen (a)
Nach drei Wochen und regelmäßigem          oder geogen (g) für sieben Metalle
sowie abschließenden Bewässern wur-        Metalle/Boden   L1   L2    L3   L4    L5   L7    L8   L9    L11    L12   L13   L14
de das entstandene Sickerwasser in         As oben/unten   g    a     –    –     –    a     g    g     g      a     –     –
seinem Volumen erfasst sowie beprobt
                                           As 2 mm      –    g     –    –     –    g     –    g     a      a     –     –
und auf seinen Metallgehalt analysiert.
                                           Cd oben/unten   g    a     –    –     g    –     –    –     –      –     –     –
   Die Analysen der Metalle in den
Sickerwässern erfolgten gemäß ÖNORM        Cd 2 mm      g    a     –    –     g    –     –    –     –      –     –     –
EN ISO 17294-2 (ASI 2016).                 Cr oben/unten   –    –     –    –     –    –     –    g     –      –     –     g
                                           Cr 2 mm      –    –     –    –     –    –     –    –     –      –     –     –
3 Ergebnisse                               Cu oben/unten   g    a     –    –     –    g     –    a     a      g     –     –
                                           Cu 2 mm      –    –     –    –     –    a     –    g     a      a     –     –
Die Qualitätssicherungsmethode konn-       Hg oben/unten   g    –     –    –     a    –     –    –     g      g     –     –
te in allen drei Teilen entwickelt wer-
                                           Hg 2 mm      g    a     –    –     g    –     –    –     a      a     –     –
den. Mit dieser Methode ist eine Prü-
                                           Ni oben/unten   –    –     –    –     –    –     –    g     –      –     a     g
fung auf Unbedenklichkeit von geoge-
nen grenzwertüberschreitenden Belas-       Ni 2 mm      –    –     –    –     –    –     –    –     –      –     g     g
tungen mit Metallen möglich.               Pb oben/unten   g    a     –    –     a    g     –    –     –      a     –     –
   Eine unbedenkliche Verwertung von       Pb 2 mm      a    g     –    –     g    a     –    –     –      a     –     –
Aushubmaterialien mit geogener Belas-
tung liegt vor, wenn
1. die Gehalte der unteren Bodenschicht    Bodenaushub und den daraus herge-             Beispielhaft seien die Ergebnisse
   mindestens 20 % höher oder gleich       stellten Produkten stattfinden.            für Hg ausgeführt. Drei der untersuch-
   hoch wie jene der oberen Boden-                                                    ten Bodensubstrate waren über dem
   schicht sind und                        3.1 Unterscheidung geogener und            niedrigsten BAWP 2017 Grenzwert von
2. die Gehalte der Fraktion >2 mm (der         anthropogener Metallbelastung          0,5 mg/kg TM. Davon konnten ein Bo-
   oberen Bodenschicht) mindestens                                                    den (L5) als anthropogen und zwei
   20 % höher oder gleich hoch wie jene    Die 12 untersuchten Böden konnten          Böden (L11, L12) als geogen eingestuft
   der Fraktion
Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub
Originalarbeit

                                                                                       zeigt sich, dass nur der anthropogen Ni-
                                                                                       belastete Boden (L5N1) zu einer Über-
                                                                                       schreitung dieser Literaturwerte führt
                                                                                       (Abb. 7).

                                                                                       3.3 Großgefäßversuch

                                                                                       Der Versuchsaufbau des Großgefäßtests
                                                                                       war geeignet, um einen bedenklichen
                                                                                       Transfer von Metallen in Bodenaushub
                                                                                       bzw. daraus hergestellten Produkten,
                                                                                       z. B. Komposterden, in das Sickerwasser
                                                                                       von einem unbedenklichen zu unter-
                                                                                       scheiden.
                                                                                           Von den untersuchten Metallen zeig-
                                                                                       ten sich bei sechs Substraten nur As bei
                                                                                       einer Komposterde und Ni bei drei
                                                                                       Komposterden als mobil und im Sicker-
                                                                                       wasser die Grenzwerte für Trinkwasser
                                                                                       überschreitend. Bei Cu kam es im Ver-
                                                                                       gleich zur Nullprobe zu erhöhten Wer-
Abb. 5 Verlauf der Pflanzenhöhe von Lactuca sativa für L22, L3 und L5 (n = 3)          ten im Sickerwasser, jedoch nicht zu
                                                                                       Grenzwertüberschreitungen. Geogene
                                                                                       Gehalte von Cr, Cu und Pb führten zu
                                                                                       keiner signifikanten Erhöhung der ent-
                                                                                       sprechenden Metalle im Sickerwasser
                                                                                       (Tab. 2).
                                                                                           Vergleicht man die Überschreitun-
                                                                                       gen von Trinkwassergrenzwerten der
                                                                                       Sickerwassergehalte der Komposter-
                                                                                       de L30 (zu 28 % aus Bodenaushub L5
                                                                                       bestehend) mit den Überschreitun-
                                                                                       gen von BAWP-2017-Eluatgrenzwerten,
                                                                                       Klasse A1, der Eluatgehalte der Kom-
                                                                                       posterde und die Überschreitungen der
                                                                                       BAWP-2017-Gesamtgehalte, Klasse A1,
                                                                                       so zeigt sich, dass der Großgefäßtest
                                                                                       von drei Grenzwertüberschreitungen
                                                                                       der Gesamtgehalte, Cd, Ni und Pb nur
                                                                                       für Ni einen bedenklichen Transfer in
                                                                                       das Sickerwasser nachweist, während
                                                                                       beim Eluat keine BAWP-2017-Über-
                                                                                       schreitungen stattfanden (Tab. 3).

Abb. 6 Wachstumsunterschiede zwischen der Referenzprobe L3 und L5 bei Lactuca          4 Diskussion
sativa nach 68 d
                                                                                       Die Praxis des stark reglementierten
und Ansätzen mit hohen Metallgehal-         die Pflanzen festgestellt werden. Für Ni   Bodenaushubmanagements in Öster-
ten und teilweise keine messbaren Un-       beispielsweise unterschied sich der Me-    reich führt zu einer Bevorzugung der
terschiede. Lactuca sativa erwies sich      tallgehalt der Pflanzenarten auf demsel-   Deponierung vor der Verwertung, was
als die ganzheitlich aussagekräftigs-       ben Substrat. Lactuca sativa und Lolium    sich bei hohem Aufkommen in einer
te Zeigerpflanze. Beispielsweise zeigte     multiflorium waren die Pflanzenarten       Zunahme der Deponierungsrate nie-
sich für den Boden L5 mit den erhöhten      mit der höchsten Konzentration auf         derschlägt. Zusätzlich sind die öster-
Gehalten an Cd, Hg und Pb ein eindeu-       dem Boden L5N1, dessen Ni-Gehalt an-       reichischen Böden mit der sehr pro-
tiger Unterschied in Erntegewicht und       thropogen verursacht war. Dahingegen       blematischen und auch zunehmenden
Verlauf der Pflanzenhöhe (Abb. 5). Der      führten hohe geogene Konzentrationen       Versiegelung konfrontiert. Die Abfall-
Unterschied war auch mit bloßem Auge        von zwei Komposterden (L21 und L22)        wirtschaft kann diesen beiden Entwick-
sichtbar (Abb. 6).                          nicht zu einer auffälligen Erhöhung der    lungen auf der Seite der entstehen-
   Es konnte bei allen untersuchten         Ni-Konzentration in den Testpflanzen       den Aushubmaterialien gegensteuern.
Metallen und Pflanzen zumindest bei         verglichen mit der Nullprobe (L3). Ver-    Für landwirtschaftliche Böden wur-
einzelnen     Bodenaushubmaterialien        gleicht man die gemessenen Werte mit       den bereits fachliche, umweltgerechte
oder den daraus hergestellten Pro-          Literaturwerten der entsprechenden         und sinnvolle Rekultivierungsmaßnah-
dukten ein Transfer vom Material in         Pflanzen auf Böden ohne Ni-Belastung,      men mit Komposterden vorgeschlagen

Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub                                                81
Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub
Originalarbeit

Abb. 7 Ni-Transfer von fünf Proben in vier Pflanzen im Kleingefäßtest (L3 Standardboden, L5 mit Ni wenig belasteter Boden,
L5N1 L5-Boden, der mit einer NiSO4-Lösung versetzt wurde, L22 und L21 Komposterden mit geogener Ni-Belastung; blaue waag-
rechte Linie Literaturwerte von Ni-Gehalten in Pflanzen, die auf Ni-unbelasteten Böden gemessen wurden)

(BMLFUW 2012). Mit der vorliegen-            schaftlich von irgendeinem anderen       an der Praxis des Bodenaushubma-
den Methode wird versucht, auch mit          Material in nur annähernd vergleichba-   nagements liegen sollen.
Metallen geogen belasteten, aber unbe-       rem Umfang wahrgenommen werden               Eine Beurteilung von Materialien,
denklichen Bodenaushub zu verwerten.         könnten.                                 die bereits ausgehoben vorliegen oder
Die hier vorgeschlagene Methodik ist                                                  den daraus hergestellten Produkten,
ein alternativer Ansatz zum BAWP zur         4.1 Die Qualitätssicherungsmethode       ist hinsichtlich einer Bestimmung auf
Beurteilung der Schadwirkung, der al-                                                 geogen oder anthropogen naturgemäß
lerdings mit einem höheren Aufwand           Eine Unterscheidung in anthropoge-       nicht mehr durchführbar.
verbunden ist.                               ne und geogene Belastungen liegt mit         Auch geogene Belastungen können
   Würden geogen belastete, aber un-         der vorgeschlagenen Methode vor. Die     toxisch und bedenklich sein, weshalb
bedenkliche Materialien nicht verwer-        Grundlage dafür ist die Annahme, dass    bei der vorliegenden Methode zusätz-
tet werden, müssten sie auf entspre-         anthropogene Belastungen kleinkörni-     lich zur Feststellung der geogenen Ent-
chenden Deponien abgelagert werden.          ger und oberflächlicher auftreten als    stehung auch die Schadwirkung auf
Damit würden die Funktionen des ur-          geogene. Als Grenzen wurden aus me-      zweifache Weise beurteilt werden muss.
sprünglichen Bodens in überwiegen-           thodischen Gründen die Korngröße von         Die Schadwirkung von Metallen in
dem Maß dauerhaft verloren gehen.            2 mm und die Bodentiefe von 50 cm an-    Böden kann verschiedenartig bestimmt
Diese Funktionen sind das Ergebnis           genommen. Es handelt sich hierbei um     werden. Toxizitätstests für aquatische
von oft hunderten Jahren Bodenbil-           Vereinfachungen, die möglichst nahe      und terrestrische Systeme sind verfüg-
dung, die weder technisch noch wirt-                                                  bar, haben aber Nachteile. Sie zeigen

Tab. 2 Vergleich von Grenzwerten der TVO 2001 mit jenen im Sickerwasser eines Standardbodenaushubs (L3) ohne Belastun-
gen und fünf Komposterden mit Metallbelastungen
Metalle [µg/l]                                  L3           L21          L24          L29          L30          L31
                   Grenzwerte   Gießwasser      Nullprobe    Kompost-     Kompost-     Kompost-     Kompost-     Kompost-
                   TVO 2001                                  erde A       erde B       erde L12     erde L5      erde C
As                 10           5,5             5,8          7,7          7,7          8,8          9,2          15
Cd                 5
Originalarbeit

Tab. 3 Vergleich der Ergebnisse der Untersuchungen der Komposterde L30, Gesamtgehalte, Eluat und Großgefäßtest, jeweils
mit Grenzwerten
Metalle    Gesamtgehalte                          Eluat                                 Großgefäßetest
           BAWP 2017 A1       L30                 BAWP 2017 A1       L30                TVO 2001           L30
           Grenzwerte         Komposterde L5      Grenzwerte         Komposterde L5     Grenzwerte         Komposterde L5
           Gesamtgehalt       Gesamtgehalt        Eluat              Eluat              [µg/l]             Sickerwasser [µg/L]
           [mg/kg TM]         [mg/kg TM]          [mg/kg TM]         [mg/kg TM]
As         20                 7,45                0,3                0,11               10                 9,2
Cd         0,5                0,72                0,03               0,0029             5
Originalarbeit

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lichem Medium und Format erlaubt,                      nennen, einen Link zur Creative Com-

     Literatur

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                                                                                                              Hinweis des Verlags Der Verlag bleibt
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84                                                           Vorschlag einer Qualitätssicherungsmethode für geogen belasteten Bodenaushub
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