Wanderung ins Zellerfelder Revier, Schalke, Oberer Schalker Graben.

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Wanderung ins Zellerfelder Revier,
Schalke, Oberer Schalker Graben.

am Sonntag, den 18. Januar 2015 mit Dr. Welke vom Clausthaler
Verein, so stand es in der GZ.
Wer schon einmal bei seinen Wanderungen dabei war, ist immer
wieder mit dabei. Interessant, mit vielem Detail-Wissen stellt er immer
wieder Teile unseres Weltkulturerbe "Oberharzer Wasserregal" vor. Ich
freue mich richtig darauf.
Schon vor der Zeit stehe ich auf dem Parkplatz am geschlossenen
Gasthaus Auerhahn. Vertreibe mir die Minuten mit dem Suchen nach
winterlichen Harzbildern von Moosen, Flechten und Pilzen.
Sonnenschein, bei Windstille, nur ein kleines Gesäusel in den Fichten
bestimmen die Mittagsstunden. Dort wo die Sonne die Straße trifft
schmilzt die leichte Schneedecke, der graue Asphalt der Straße zeigt
sich wieder. Schmelzwasser rinnt darüber, gleich wieder zu blankem
Eis im Schatten der Fichten, gefrierend. Unter den Fichten auf
nachgebendem Waldboden, geht sich's leichter, sicherer als auf den
vereisten Flächen der Straße. Gehe in den Wald. Ein Fichtenstumpf
mit der "Rotfrüchtigen Säulenflechte / Cladonia floerkeana "
überwachsen wird ausgiebig betrachtet, fotografiert. Auch leicht
überfrorene Moose landen im Fotokasten.
Es wird Zeit zum Treff zurück zu kehren. Dr. Welke ist angekommen,
steht inmitten des Kreises seiner Wandergäste. Gute 30 Personen, ein
paar junge Leute, sonst meist Damen und Herren im höherem Alter,
eingemummelt wie zu echten Winterzeiten, lauschen seiner
Begrüßungsansprache, seinen Ausführungen. Nur die zwei
angeleinten Hunde, die mit dabei sein sollen, haben anderes im Kopf.
Einer kläfft, steht kampfbereit breitbeinig dem Anderen gegenüber. Der
jault, zerrt an der Leine will sich auf den Widersacher stürzen, reißt
bald die Leine haltende Dame mit sich. "Hat der noch nie gemacht"
sagt sie zu uns. "Sei ruhig, ist doch alles gut, beruhige dich, sei still"
zum aufgeregten, an der Leine zerrenden, Hund. "Wenn die sich gut
benehmen dürfen die mit" entscheidet Dr. Welke. Etwas abseits der
Truppe werden sie abgeleint. Im Nu sind sie ein springendes,
spielendes, in sich verbeißendes Knäuel. Keiner tut dem Anderen was.
Sie dürfen mit.
Zu den jüngeren Interessierten gehört auch Robert. Den kenne ich
schon seit fast 50 Jahren. Seit längerem auch dem Erhalt und der
Fürsorge unseres Oberharzer Wasserregal verfallen. Intensiv spricht
er mit einem mir unbekannten Pärchen aus Braunschweig. Sie mit
einem hübschen schwarzen "Pagenkopf" die Welt betrachtend, ihr
Begleiter einen wilden, zerzausten Schnauzbart unter der Nase, der
einem halben Bataillon als Kleiderbürste gedient hat. Nette, freundlich
unkomplizierte Menschen so mein Eindruck. Ich trete grüßend dazu.
Dr. Welke lobt das gute Wetter, den Sonnenschein des 18. Januars
und wenn wir damit einverstanden sind möchte er erst hoch zum
"Kahler Berg" (727m), zur "Schalke" (762m) mit seinem eisernen
Aussichtsturm. "Wer ist damit nicht einverstanden" seine Frage. Keiner
meldet sich. So setzt sich die Korona sachte in Trab, das heißt es wird
auf der asphaltierten Straße hoch zum Schalke Turm gewandert.
Robert noch immer mit dem "Pagenkopf" im Gespräch. Es dreht sich
um Garmin oder Handy. Ob man unbedingt das doch teure Garmin
Gerät braucht, oder ob ein einfaches Smartphone mit gutem Karten-
App ausreichend ist. Robert favorisiert die billigere Smartphone-
Variante. Der "Schnurrbart" und ich dahinter oder daneben laufend,
möchten Roberts Worten folgen. Ich werde nicht klug aus der
Geschichte. Glaube, erst wenn man so'n Ding selbst in den Händen
trägt, damit umher spielt, kann man das für und wider der beiden
Geräte abschätzen, vielleicht sogar verstehen.
Wir vier sind zu schnell geworden. Ein Pfiff bringt uns zum Stehen. Weit
ist der Trupp auseinander gezogen. Beim Warten zieht Dr. Welke
vorbei, bildet selbst die Spitze. Wartet später im Schatten der Fichten
auf dem Plateau der Schalke auf seine Schäfchen. Der Wind zieht kalt
über die Kuppe. "Bitte, in der Sonne lässt es sich besser warten"
spreche ich ihn an. "Richtig, so machen wir's" seine Zustimmung. Der
Kreis um ihn schließt sich. "Hier oben auf der Schalke waren die
Franzosen Zuhause. Jahre lang stand hier oben eine Horch- und
Überwachungsstation der Französischen Armee. Im Rahmen der Nato
eingebunden in eine Verteidigungslinie in einem Krisenfall zwischen
Ost und West. Jetzt ist alles abgeräumt, verschwunden, die Schalke
hat ihre Einsamkeit wieder". Nicht wortwörtlich wiedergegeben seine
Worte, doch so habe ich sie verstanden. Der eiserne Aussichtsturm
des Harzklubs hat seinen alten angestammten Platz zurückbekommen.
Noch während die Erklärungen des Schalke Gipfel andauern, seilen
sich Grüppchen ab, ersteigen das 3m hohe Türmchen. Dr. Welke hat
ein Einsehen, folgt dem Geschwader der Turmbesteiger, wird selbst
einer. Nur die Ängstlichen, die, die der Statik des Turms nicht das
Vertrauen schenken, warten unten im Windschatten der Schutzhütte.
So einen Ansturm Schauender hat unser Türmchen bestimmt noch
nicht erlebt. Als die ersten vom kalten Wind herunter Geblasenen,
wieder absteigen, steigt der Rest auch hinauf. Alle möchten ganz oben
gewesen sein, gesehen haben was der Turm mehr bieten kann als die
Kuppe drei Meter tiefer. Nach Ost-Süd-Ost erweitert sich der Blick ein
wenig von der erhöhten Warte. Der Brocken kommt besser ins Bild,
rechts davon der Königsberg, davor heben sich die Sendemasten vom
Torfhaus vor den dunklen, mit hellen Schneeflecken durchzeichneten
Fichtenwäldern ab. Die Altenauer Wiesenflecken, Hausdächer, die
Wohntürme unter dunklen Wolken. Die Zellerfelder Hochfläche ist
hinter den hochgewachsenen Fichten verschwunden, nichts mehr zu
sehen davon von unserer erhöhten Warte. Der Turm müsste jährlich
mit den Fichten gemeinsam in die Höhe wachsen. So ist der Blick nach
Süden, zum Zellerfelder Revier durch leicht beschneite Fichten
versperrt.
Wir steigen ab von der eisernen Warte. Verkrümeln uns hinter der
Schutzhütte, denn der kalter Hauch des Windes der nun über die Höhe
der Schalke zieht bringt uns ins frösteln. "Am besten, wir machen heute
Schluss mit unserer Exkursion, hat doch eine Menge Zeit gekostet
unser Ausflug bis hier. Bis zur Dämmerung dauert es nicht mehr lange.
Vor der Dunkelheit möchte ich wieder bei den Fahrzeugen sein", so
versucht Dr. Welke uns zu überreden den Heimweg anzutreten. Ich bin
irritiert, was soll das? Hierher hätten wir auch allein rennen können,
sind wir nicht gekommen um den Oberen Schalker Graben kennen zu
lernen? Für so einen kurzen Ausflug hat sich die Anreise aus
Osterode, Goslar, Braunschweig, Salzgitter oder Bad Harzburg ja
wahrhaftig nicht gelohnt. Wir wollen zum Oberen Schalker Graben und
Dr. Welke muss mit. Der saust auch vorweg, den Tross der leicht
Frierenden hinter sich herziehend. Rechts den Stadtweg hinunter, links
den Abzweig Richtung Festenburg nehmend. Immer wieder auf sein
Garmin schauend rennt Dr. Welke vor uns her. "Der ist ja ganz
blümerant" murmelt ein Herr vor mir. "Ist bestimmt schon lange nicht
mehr hier gewesen, ist die Strecke nicht vorgelaufen und mit so einem
Tross im Nacken ist es nicht einfach, da kann man schon unruhig
werden" erwidere ich. Holzeinschlag, aufgewühlte Waldfläche, Wasser
steht in den Fahrrillen der Erntemaschinen, ist mit dünnem Eis
überzogen. Aufgeschichtete Baumstämme am Wegesrand. Dr. Welke
tänzelt mit seinem Garmin in der Hand umher. Sucht dort,- ein wenig
tiefer,- etwas höher, ist ratlos. "Hier muss der Weg zum Schalker
Graben abgehen. Finde ich aber nicht mehr, ist verschwunden. Wenn
wir noch zum Graben wollen müssen wir hier den Hang weglos
hinunter, oder weiter bis Festenburg. Dafür langt die Zeit nicht.
Umdrehen oder hier hinunter" seine Worte. Umdrehen will immer noch
Niemand. Hinter einem Lager dicker Fichtenstämme steigen wir nach
dem Motto :"Jeder ist sich selbst der Nächste" den Hang hinunter. Erst
geht es noch locker unter Hochwald dahin. Treffen auf einen breiten
zerfahrenen Schlammstreifen der sich auf der Höhenlinie am Hang
hinzieht. Hier müssen Harvester und andere Holzernte-Maschinen
gefahren sein. Fein wie Kaffeesatz ist der Waldboden zermahlen, bildet
eine feste, ebene leicht überfrorene Schlammpiste. Sie trägt uns so
eben. Manchmal zersplittert das dünne Eis unter den Sohlen, lässt die
Stiefel bis zum Schaft einsinken. Aufpassen muss man auf die helleren
eisüberzogenen Flecken, darunter steht das blanke Wasser, wer da
drauf tritt versinkt bis zu den Knien! Einer der Hunde steht plötzlich bis
zu seinen Schultern in so einer leicht überfrorenen Pfütze. Schaut
ziemlich bedröppelt zu seinem Herrn. Strampelt mit allen Vieren in der
Schlammbrühe. Das Eis bricht zu kleinen scharfen Tafelstücken. Bis
über den Bauch steht der Hund im Dreck, kommt frei, lockt den zweiten
Hund, der sich erst vornehm zurückgehalten hat, nun auch in das
Schlammloch. Den Hunden bereitet das richtige Freude, weniger den
beiden Besitzern, wie sie unschwer zu erkennen geben.
Zu viel Risiken bietet der Schlammpfad. Alle wechseln die Seite,
steigen weiter ab. Ein auf dem Waldboden liegender Fichtenzapfen,
bewachsen mit einem Fichtenzapfen-Rübling findet nicht nur mein
Interesse, sondern auch von Mitwanderern. Frisch abgeschnittene
Fichtenstubben zwischen 3-5m hohen Rotbuchen zeugen von einer
vorsichtigen, waldschonenden Fichtenernte. Hier war richtige
Handarbeit gefordert. Deutlich am Fällschnitt zu erkennen. Ein
Harvester macht das in einem Rutsch, der Holzfäller braucht dagegen
zwei Schnitte, wobei in einem Drittel die Fällleiste, ein Riegel aus
zersplitterten Holz stehen bleibt. Den richtigen forstlichen Ausdruck
dafür kenne ich noch nicht. Um den nachwachsenden Buchenwald
weitgehend zu schonen wurden hier wohl mit einem Seilkran die
geschlagenen Fichten vorsichtig aus dem Buchenbestand gehoben.
Das erklärt auch den hangparallelen Schlammpfad. Ein bisschen
strubbelig geht's noch weiter, dann stehen wir am Oberem Schalker
Graben. Der führt Wasser, viel Wasser. Nicht die gesamte Gruppe ist
von seiner Wasserführung begeistert, müssen wir doch auf die andere
Seite des Grabens, um auf dem Weg der Grabenbrust zu kommen.
Das dauert. Einer der Hunde benutzt die Zwangspause zum
ausgiebigen Bade. Er saust in der sauberen Flut des Grabens hin und
her. Bald ist er tropfnass, aber auch wieder sauber. 300m im Voraus
kommt eine Herr unserer Truppe uns entgegen. "Ihr hättet noch ein
paar Meter weiter der Schlammpiste folgen sollen, logischerweise
muss der verlorene Weg oben, hier unten ankommen, nur ein kleines
Stückchen weiter, da kam er auch. Dahinten gibt es auch die Brücke",
spricht uns der Überlegene an. Ist man gut das Dummheit keine
Schmerzen bereitet tröste ich mich. Warum habe ich, wir alle, das nicht
bedacht? Wenigsten einen Klugen haben wir bei uns. Den gescheiten,
sich selbst abwaschenden Hund möchte ich dann doch nicht dazu
zählen.
Die Brücke über den Oberen Schalker Graben ist dann aber das Aus
für Dr. Welke und der Truppe. Zu weit fortgeschritten der Nachmittag.
Noch wenige Meter folgt ein kleiner Trupp dem Graben Richtung
seiner Ableitung von der im Tal fließenden Schalke. Eine kurze Strecke
geht es noch durch hohen Fichtenbestand, dann öffnet sich das
abgeerntete, freigeschlagene Tal, gibt den Blick frei auf die Schalke,
dem kleinem Bachlauf im Tal der eigentlich, wie Dr. Welke uns noch
sagt, "Schalk" heißt. Das "e" ist mundsprachlich dazu gekommen, hört
also nicht dazu. Unten im Tal, begrenzt auf unserer Seite vom "Kahler
Berg"(727m) auf östlicher Seite vom 671m hohem "Klingebielskopf" der
aufgelassene Obere Schalker Teich, wie Robert sagt. Dr. Welke ist da
etwas anderer Meinung. Der Mittlere Schalker Teich soll das sein. Drei
Teiche speiste der "Schalk" drunten im Tal. Den Oberen-, den
Mittleren-, den noch übrig gebliebenen Unteren Schalker Teich, der
heute nur noch Schalker Teich genannt wird. Hier nehmen wir
Abschied von der Truppe und Dr. Welke. Wir, Robert, der Pagenkopf,
Schnurrbart und ich melden uns ab, wollen noch zur Wasserfassung
des Oberen Schalker Graben. "Es wird aber steil und bald kommt die
Dunkelheit, denkt daran", gibt uns der Chef noch auf den Weg. Wir
sind allein, folgen dem Graben bis zu seinem Anfang. Aus den vom
"Kahler Berg" herabkommenden kleinen Bächen speist sich der
Graben. Auf den letzten Metern bis zur "Schalk", zur eigentlichen
Fassung, ist der Graben trocken. Keine Ableitung, nichts ist an
baulicher Substanz der Grabenfassung ist zu entdecken. Der Rückblick
bietet noch den Verlauf von weiteren zwei Gräben die in den Hang
gegraben sind. Sie leiteten ihre Wasser zum Zankwieser- und
Kiefhölzer Teich. Unser Oberer Schalker Graben bringt sein Wasser
um den Mittlerem Kellerhals Teich herum zu den Gruben des
"Hahnenkleer Zuges". (WasserWanderWeg 16 von Martin Schmidt).
Doch dieses verwunschene System der Gräben und Wasserläufe will
uns der Chef in diesem Jahr noch näher bringen. Wir stehen also an
der "Schalk", steigen etwas im Tal hoch, kommen zu einer
Wendeschleife. Ein abgestellter Holztransporter steht verlassen umher.
Weiter oben kreischen die Motorsägen, bersten Äste der fallenden
Bäume. "Der Schalke Turm ist genau über uns, da müssen wir hoch ",
sagt Robert, weist zu einem Hochsitz auf der steil ins Tal laufenden
Schneise, die hier endet, hoch.
Pfadlos, durch halb Meter hohes Heidelbeeren-Kraut steigen wir auf.
Locker wird der Steilhang angenommen. Kann gut mithalten mit den
Dreien, mit Pagenkopf und Schnurrbart. Robert springt den Hang
hinauf wie ein Geißbock auf Freiersfüßen. Ist uns Dreien bald weit
voraus. Beim Hochsitz wartet er auf uns. Finde einen wunderbaren
Quarzbrocken. Zahlreiche größere, eine Unzahl kleinerer blitzender
Quarzkristalle schmücken den Stein. Der muss mit. Er landet im
Rucksack. Ist es die kurze Pause, oder sind es die vielleicht 3000
Gramm die ich nun mit mir umher schleppe? Schwer fällt es mir mit
den Dreien schritt zu halten. Der Gedanke: Schmeiß das verdammte
Ding den Hang hinunter, der liegt Zuhause doch sowieso nur umher,
saust mir durch den Kopf, macht die Beine schwer. Ich keuche. Zum
Schluss muss ich mein linkes Bein noch mit beiden Händen über so
einen verdammten, maroden, im Wege liegenden Baumstamm heben.
Der Stein bleibt im Rucksack! Oben angekommen, eine kurze Gerade,
alles wieder im Lot. Eine kleine Freude; wieder mal den Schweinehund
überlistet, macht den Rucksack leichter. Ein prachtvoller
Sonnenuntergang nimmt uns gefangen. Der Brocken leicht
verschleiert, grüßt herüber. Da tanzen die Elfen; oder haben sich da
die Brockengeister zum Sonntagsnachmittags-Reigen zusammen
gefunden? Der weißrote Sendemasten leuchtet herüber. Im Westen
ein blutroter Streifen mit gelbrotem Flammenauge. Die Feuchtigkeit der
Straße zum Auerhahn ist zu Eis gefroren. Wir sind die letzten
Rückkehrer. Robert meldet uns bei Dr. Welke zurück.
Auf ein Neues am dritten Sonntag im Februar. Ich hoffe auf eine Notiz
in der GZ.
Wenn ich mich dann traue, nein, bestimmt frage ich dann unsere
beiden, mir unbekannten Begleiter, den Pagenkopf, den Schnurrbart,
nach ihren Namen. Ich möchte sie ansprechen können.

Otto Pake
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