WASSERSTOFF-INFRASTRUKTUR - Wasserstoff-Infrastruktur Für Straße, Schiene und Wasserwege - Redaktions Netzwerk ...
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Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen WASSERSTOFF- INFRASTRUKTUR Wasserstoff-Infrastruktur für Straße, Für Straße,Schiene Schieneund undWasserwege Wasserwege 1
INHALTSVERZEICHNIS GRUSSWORT 4 1. EINLEITUNG 6 2. TECHNISCHE GRUNDLAGEN – VON DER H2-ERZEUGUNG BIS ZUR TANKSTELLE 8 Wasserstofferzeugung 8 Wasserstofftransport und -speicherung 16 H2 Wasserstofftankstellen 21 3. FINANZIERUNGSMÖGLICHKEITEN UND GESCHÄFTSMODELLE 32 Beschreibung des Marktumfelds 32 Betreibermodelle für Wasserstofftankstellen 35 Wasserstoff-Infrastruktur – mögliche Geschäftsmodelle 37 Einfluss des Strompreises auf die Wasserstoffgestehungskosten 38 4. PLANUNGSSCHRITTE ZUM AUFBAU DER WASSERSTOFF-INFRASTRUKTUR 40 Übersicht über wesentliche Schritte und Zeitablauf 40 Rechtliche Rahmenbedingungen für den Bau einer H2-Tankstelle 40 Checkliste: Praktische Hilfestellung zum Bau einer Tankstelle 44 5. PROJEKTBEISPIELE AUS HESSEN 47 Wasserstofftankstelle der ESWE Verkehr 47 Wasserstofftankstelle am Industriepark Höchst 48 Brennstoffzellenzug-Flotte des Rhein-Main-Verkehrsverbundes 49 Vorreiter bei der Errichtung von Wasserstofftankstellen (Roth) 50 Interview mit Christian Winzenhöler 51 EITERFÜHRENDE KONTAKTE W 54 LITERATURVERZEICHNIS 56 IMPRESSUM 58 2 3
GRUSSWORT Wasserstoff ist jedoch nicht von sich aus umweltfreundlich. Denn bevor er Energie liefert, muss er unter hohem Energieeinsatz erzeugt werden. Zum Schlüsselelement eines nachhaltigen, von fossilen und atoma- ren Quellen unabhängigen Energiesystems kann er nur als „grüner“, d. h. mit erneuerbarem Strom ge- wonnener Wasserstoff werden. Wer auf ihn setzt, muss deshalb zugleich die erneuerbaren Energien massiv Sehr geehrte Leserschaft, ausbauen. Hessen beherbergt das verkehrsreichste Autobahnkreuz Deutschlands, den zentralen Bahnknoten unseres Dennoch wird es grünen Wasserstoff auf absehbare Zeit nicht im Überfluss geben. Seine Anwendung muss Landes und einen Weltflughafen. Unser Bundesland liegt im Schnittpunkt nationaler, kontinentaler und glo- sich deshalb auf die Bereiche konzentrieren, für die es keine anderen technologischen Wege zur Klima- baler Waren- und Passagierströme, Mobilitäts- und Logistikunternehmen sind unsere größten Arbeitgeber. freundlichkeit gibt. Neben bestimmten industriellen Prozessen sind das derzeit der Schwerlastverkehr, die Hessen hat jedes Interesse daran, dass der Verkehr zukunftsfähig – und das heißt: klimafreundlich – wird. Luftfahrt und der interkontinentale Schiffsverkehr. Wasserstoff kann dazu entscheidend beitragen, denn er packt den aus Wind- und Sonnenkraft gewonne- Für große Teile des Verkehrssektors stehen heute marktreife Lösungen bereit, doch es gibt noch viel zu tun nen Strom in die Tanks von Lkws, Flugzeugen und Ozeanriesen – dorthin, wo herkömmliche Akkus viel zu – insbesondere beim Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Die folgenden Seiten informieren Sie über den schwer sind. Hessen hat früh begonnen, sich für diese Technologie zu engagieren. Bereits 2004 wurden aktuellen Stand. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. im Rhein-Main-Gebiet erste Erfahrungen mit Brennstoffzellenfahrzeugen gesammelt. Aus dem damaligen europäischen Projekt ZeroRegio ist die erste hessische Wasserstofftankstelle in Frankfurt-Höchst entstan- den. Die Aktivitäten wurden immer weiter ausgebaut. Seit 2017 läuft im Industriepark Hanau-Wolfgang das Projekt „H2anau“ mit sieben Nutzfahrzeugen. Auf der Schiene bereitet der Rhein-Main-Verkehrsverbund Tarek Al-Wazir, gerade den Einsatz der weltweit größten Flotte von Nahverkehrszügen mit Brennstoffzellen-Zügen vor. Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen 4 5
1. EINLEITUNG Europa hat sich als erster Kontinent das Ziel der Klima- Verkehrssektors in die Wege zu leiten, insbesondere da neutralität bis 2050 gesetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, in diesem Bereich die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen bis- ist Wasserstoff (H2) als Schlüsselelement unverzichtbar. lang nicht reduziert werden konnten (vgl. Abbildung 1-1). Wasserstoff ist ein vielseitig einsetzbarer Energieträger. Wasserstoff bietet zudem das Potenzial, nicht nur den Verkehr Landwirtschaft Haushalte Energiewirtschaft Industrie Auf der Erde liegt er (fast) nie in Reinform, sondern Ausstoß von Kohlendioxid, sondern auch gesundheits- grundsätzlich in chemischen Verbindungen wie Wasser, schädlicher Stickoxide und von Feinstaub zu reduzieren. +30 % Kohlenwasserstoffen und anderen organischen Verbin- Insbesondere bei Anwendungen, die hohe Reichweiten 120 % dungen vor. Aus diesen chemischen Verbindungen kann und kurze Betankungszeiten erfordern, bietet Wasserstoff er durch Energiezufuhr herausgelöst werden und steht optimale Bedingungen. Damit eignet er sich besonders dann als Kraft-, Treib- und Brennstoff in allen Sektoren für den Einsatz im Schwerlastverkehr, bei Schienenfahr- 100 % zur Verfügung. Die dafür benötigte Energie kann und zeugen, bei Logistikflotten oder auch in der Schifffahrt. muss perspektivisch ausschließlich aus Erneuerbaren Außerdem wird er auf lange Sicht als Grundbaustein für -20 % 80 % Energien stammen. Wasserstoff kann also erneuerbar die Herstellung von synthetischem Kerosin vermutlich -26 % erzeugt werden, was ihn für die Klimaneutralität so inte- unverzichtbar. -34 % -35 % ressant macht. 60 % Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2018 Insbesondere durch seine vielseitigen Anwendungsmög- hat die Europäische Union Anpassungen im rechtlichen Abbildung 1-1: Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen in Europa [1] lichkeiten spielt Wasserstoff im zukünftigen Energiesys- Rahmen vorgenommen. Explizit hervorzuheben ist die tem als Kopplungselement verschiedenster Sektoren eine Clean Vehicles Directive (CVD), die Kommunen und bedeutende Rolle. Mit seinen physikalischen Eigenschaf- kommunalen Unternehmen die Umstellung auf alter- verbindliche Ziele für die Beschaffung von emissions- neutralität bis 2050 zu erreichen, sind unter anderem ten hat er das Potenzial, auch Energiespeicher zu sein. native Antriebe vorschreibt. [9] Hierbei werden bis 2030 armen Fahrzeugen gesetzt und eine planbare Nachfrage ein intensiver Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien im Beschaffungsquoten von bis zu 65 % für emissionsarme im Verkehrssektor generiert. Weiterhin werden Kraftstoff- Planung einer Wasserstoff-Infrastruktur und die Entwick- Energiesystem und ihrer fluktuierenden Leistung sind bzw. -freie Fahrzeuge festgesetzt. Zusätzlich gibt es lieferanten durch die Renewable Energy Directive 2 (RED lung geeigneter Geschäftsmodelle zur Finanzierung und langfristige Speichermöglichkeiten von hoher Relevanz. CO2-Flottengrenzwerte für das Inverkehrbringen von Pkw 2) dazu verpflichtet, bis 2030 ca. 14 % der Energie des zum Betrieb dieser Infrastruktur notwendig [24]. Diese und leichten Nutzfahrzeugen (LNF) [27] sowie für schwere straßen- und schienengebundenen Verkehrs auf Grund- Broschüre dient der Wissensvermittlung rund um das Zusätzlich bietet Wasserstoff das Potenzial, in Teilen Nutzfahrzeuge (SNF) [26]. In diesen beiden Verordnun- lage Erneuerbarer Energien abzudecken. Dies bietet ein Thema Wasserstoff und als Hilfestellung und Wegweiser des Verkehrssektors eine wichtige Rolle zu spielen. Um gen werden mehrere Zielwerte für die nächsten Jahre 1 zusätzliches Potenzial für Wasserstoff. [8] [14] für zukünftige Akteure, die sich am Aufbau der Wasser- eine Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen, sind festgelegt, die die Gesamtheit der EU-Fahrzeuge im Um die Nachfrage decken zu können und die Klima- stoff-Infrastruktur beteiligen wollen. tiefgreifende Maßnahmen für die Dekarbonisierung des Durchschnitt nicht überschreiten darf. Dadurch werden 1 Pkw: 95 g CO2 / km bis 2024, LNF: 147 g CO2 / km bis 2024, SNF: Einführung ab 2025. 6 7
2. TECHNISCHE GRUNDLAGEN – VON DER H2-ERZEUGUNG BIS Von verschiedenen Zertifizierern als grüner * Wasserstoff eingestuft. ZUR TANKSTELLE Nicht standardmäßig definiert. ** ** Biomasse* CO2 Wasserstofferzeugung entweicht in die Es gibt diverse Verfahren zur Produktion von Wasserstoff, die auf fossilen oder erneuerbaren Energien basieren kön- Atmosphäre Dampf- nen. Im Folgenden werden die verschiedenen Verfahren beleuchtet. Erneuerbarer Strom reformierung Obwohl Wasserstoff ein farbloses Element ist, wird Wasserstoff oft mit verschiedenen Farben in Verbindung gebracht. Erdgas CO2 wird Dies zielt auf die unterschiedlichen Erzeugungsverfahren und die damit einhergehenden Umweltwirkungen ab. Dabei unterirdisch gespeichert werden sowohl direkte als auch indirekte CO2-Emissionen einbezogen. Die gängigsten Farben und die dazugehörigen Elektrolyse Verfahren sind in der nebenstehenden Abbildung 2-1 dargestellt. Strommix Reformierung von Erdgas Wird das frei gewordene CO2 unterirdisch und langfris- Fester Pyrolyse Das gängigste Verfahren zur Wasserstoffproduktion in tig mithilfe der CCS-Technik (Carbon Capture Storage) Kohlenstoff Deutschland ist die Dampfreformierung, bei der Erdgas gespeichert, kann die Wasserstofferzeugung über dieses unter Einfluss von Wasserdampf und Wärme in Wasser- Verfahren bilanziell als CO2-neutral betrachtet werden Kernenergie stoff und CO2 umgewandelt wird. Wasserstoff per Dampf- (bis zu 90 % des anfallenden CO2 können durch CCS reformierung wird in der Industrie bereits seit Jahrzehnten abgeschieden werden). Hierfür ist die Identifikation von ** Nebenprodukt aus in der großtechnischen Produktion kostengünstig erzeugt. Speicherstätten für Kohlendioxid erforderlich. Aktuell wird Sauerstoff O2 der Industrie Der energetische Wirkungsgrad der Dampfreformierung CCS ein Technologiereifegrad (TRL) 2 von 6 –7 zugeordnet, liegt bei ca. 75 %. Allerdings werden im Prozess erheb- d. h., eine großskalige Anwendung dieses Verfahrens fin- Abbildung 2-1: Erzeugungsarten und Farbenlehre des Wasserstoffs 3, in Anlehnung an [17] liche Mengen CO2 ausgestoßen (ca. 10 kg CO2 / kg H2). det derzeit noch nicht statt [14]. So erzeugter Wasserstoff, Wasserstoff, der per Dampfreformierung erzeugt wird, bei dem CO2 abgespalten wird und nicht in die Atmo- wird als grauer Wasserstoff bezeichnet. sphäre entweicht, wird als blauer Wasserstoff bezeichnet. Der Technologiereifegrad (Technology Readiness Level – TRL) ist eine Skala zur Bewertung des Entwicklungsstands von 2 Die in der Abbildung 2-1 gezeigte „Farbenlehre“ des Wasserstoffs greift ein in der öffentlichen Debatte häufig verwendetes Schema zur Klassifizie- 3 Technologien. Die Skala reicht von 1 (Beobachtung und Beschreibung des Funktionsprinzips) bis 9 (qualifiziertes System mit rung der Erzeugungsarten auf. Dabei ist zu beachten, dass den Farben i. d. R. keine wissenschaftliche oder gesetzgeberische Definition zugrunde Nachweis des erfolgreichen Einsatzes). liegt. Die entsprechenden Regelwerke, insbesondere mit Blick auf ein einheitliches Verständnis von „grünem Wasserstoff“, werden derzeit noch erarbeitet. Eine andere Form der Klassifizierung ist z. B. die Erzeugung von Wasserstoff aus a) rohstoffbasierten Quellen mittels stofflicher Verfahren (z. B. Biomasse oder Erdgas) sowie b) strombasierten Quellen mittels Elektrolyse, die jeweils unterschiedliche Implikationen hinsichtlich der CO2- Bilanz aufweisen. 8 9
Erdgas-/Methanpyrolyse Nebenprodukt aus Industrieprozessen Wasserelektrolyse Strommix weniger CO2-intensiv. Wird der Strom für die Bei der Pyrolyse wird Erdgas oder Methan in einem In der chemischen Industrie fällt bei bestimmten Prozes- Ein Elektrolyseur spaltet Wasser (H2O) mithilfe von Strom Elektrolyse aus Erneuerbaren Energien bereitgestellt, ist thermochemischen Verfahren in festen Kohlenstoff und sen, z. B. bei der Chloralkali-Elektrolyse, Wasserstoff als in die Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) der produzierte Wasserstoff CO2-neutral. In diesem Fall Wasserstoff zerlegt. Sofern die Wärmeversorgung des Nebenprodukt an. Für die Betrachtung der CO2-Emis- auf. Die Farbe des Wasserstoffs unterscheidet sich in entsteht sogenannter grüner Wasserstoff. Hochtemperaturreaktors aus regenerativen Energieträ- sionen von Nebenproduktwasserstoff existiert keine Abhängigkeit von der eingesetzten Stromquelle, die für In der aktuellen Diskussion gilt die Wasserstoffproduktion gern bereitgestellt wird, handelt es sich bilanziell um ein eindeutige Betrachtungsweise: Teilweise werden die bei die Elektrolyse genutzt wird. Wird Strom aus Kernenergie aus Erneuerbaren Energien per Wasserelektrolyse als prä- CO2-neutrales Verfahren. Zusätzlich kann der entstande- der Produktion entstehenden Emissionen nicht bzw. nur verwendet, wird sogenannter roter Wasserstoff erzeugt. feriertes Erzeugungsverfahren. Es existieren verschiedene ne feste Kohlenstoff weiterverwendet werden. teilweise zugerechnet. Nebenproduktwasserstoff steht Wird er als Strommix dem Netz entnommen, so spricht Elektrolyseurarten. Die alkalische Elektrolyse wird bereits Das Verfahren befindet sich insgesamt jedoch noch in der kostengünstig in begrenzten Mengen zur Verfügung, man von gelbem Wasserstoff. Bei aktuellem Strommix seit etwa hundert Jahren eingesetzt. Die Elektrolyse Pilotphase. Per Pyrolyse erzeugter Wasserstoff wird als allerdings muss er zur weiteren Verwendung zusätzlich weist der Wasserstoff noch hohe CO2-Emissionen (ca. 25 mittels Proton-Austausch-Membran (PEM) wird seit ein türkiser Wasserstoff bezeichnet. aufbereitet werden. Zudem hängt die Verfügbarkeit kg CO2 / kg H2) auf. Perspektivisch wird Wasserstoff, der bis zwei Jahrzehnten eingesetzt. Noch im Entwicklungs- von der regionalen Industrie ab. Mit dem Industriepark mit Strom aus dem Stromnetz produziert wird, mit einem stadium befindet sich die Hochtemperaturelektrolyse Höchst steht in Hessen eine derartige Quelle für Neben- steigenden Anteil Erneuerbarer Energien im deutschen (Festoxid Elektrolyse, SOE = Solid Oxide Electrolysis). produktwasserstoff zur Verfügung. Bereits heute wird 4 der dort anfallende Wasserstoff für Anwendungen in der Temperatur °C Wirkungsgrad Reifegrad Mobilität genutzt. Nebenproduktwasserstoff wird aktuell Kommerziell seit 100 Jahren noch keiner Farbe zugeordnet. Alkalische Elektrolyse (AEL) 60–80 65–82 % in Industrie genutzt Protonen-Austausch-Membran Kommerziell in mittleren und kleinen 60–80 65–78 % Elektrolyse (PEM) Anwendungen Forschung und Entwicklung, erste Festoxid Elektrolyse (SOE) 700–900 85 % kommerzielle Anwendungen Tabelle 2-1: Übersicht Elektrolyse-Arten [25] Mit ca. 50 Millionen Normkubikmeter Wasserstoff pro Jahr (Nm³ H2 /a) fallen im Industriepark Höchst 4 H2 aktuell ca. 5 % des deutschlandweit erzeugten Nebenproduktwasserstoffs an. 10 11
Erzeugung von Wasserstoff aus Biomasse / Biogas Auch untersucht wird der Einsatz von autotroph leben- Die H2-Herstellung aus Biomasse kann durch viele ver- den Mikroorganismen wie Algen, die ihre Energie durch schiedene Verfahren erfolgen. Die Verfahren unterschei- Sonnenlicht beziehen. Die bei der Photosynthese ent- den sich hinsichtlich der Vergasungsmittel (Sauerstoff stehende Energie wird genutzt, um Wasser in Wasserstoff oder Dampf) und der Ausführung des Vergasungsprinzips und Sauerstoff zu spalten. Dieses Verfahren befindet sich (Wirbelschicht- oder Flugstromverfahren). Die Auswahl derzeit noch im Forschungsstadium und bislang ist keine des Verfahrens hängt im Wesentlichen von der Art der wirtschaftliche Umsetzung möglich. Biomasse ab. Nach dem Vergasungsprozess wird das Rohgas gereinigt und Wasserstoff von den weiteren Roh- Die Spaltung von Wasser durch Sonnenlicht wird auch bei gasbestandteilen getrennt. Die Wasserstofferzeugung der Photokatalyse verwendet, einem Verfahren, das zur durch die Vergasung aus Biomasse wird bislang nicht künstlichen Photosynthese zählt. Hierbei wird Wasser an serienmäßig eingesetzt. einem entsprechenden Halbleitermaterial durch Photo- nen in Wasser- und Sauerstoff gespalten. Auch diese Über die Vergärung von Biomasse unter Ausschluss von Erzeugungsart ist aktuell noch im Forschungsstadium. Sauerstoff (anaerobe Fermentation) kann Biogas her- Aufgrund der vergleichsweise geringen Sonneneinstrah- gestellt werden. Ähnlich wie Erdgas besteht Biogas zu lung in Deutschland würde derartig produzierter Wasser- einem hohen Anteil aus Methan. Ähnlich der Dampf- stoff in der Zukunft vermutlich importiert werden. reformierung von Erdgas kann Wasserstoff auch durch die Reformierung von Biogas hergestellt werden. Aktuell stufen verschiedene Zertifizierer Wasserstoff aus Biomas- se auch als grünen Wasserstoff ein, da das CO2-Aufkom- men bilanziell neutral ist. 12 PEM-Stacks (Zellstapel) eines Wasser-Elektrolyseurs 13
Emissionsvergleich der Erzeugungsverfahren onen zu berücksichtigen. Grundsätzlich lässt sich festhal- Entwicklung der Wasserstofferzeugung bspw. durch Elektrolyse direkt an der Tankstelle. Insbe- Je nach Herstellungsverfahren von Wasserstoff fallen ten, dass selbst bei der Nutzung von grauem Wasserstoff Heutzutage wird Wasserstoff hauptsächlich aus fossilen sondere in der Transformationszeit ist auch der Einsatz unterschiedliche CO2-Emissionen an (vgl. Abbildung 2-2). Emissionsreduktionspotenziale gegenüber dem Einsatz Quellen, beispielsweise per Dampfreformierung, erzeugt. von Nebenproduktwasserstoff wichtig zur Technologie- Während Verfahren mit Biomasse grundsätzlich als CO2- von konventionellen Energieträgern im Straßenverkehr Die heutigen Produktions- und Bedarfszentren sind in entwicklung. Das Potenzial von blauem Wasserstoff wird neutral eingestuft werden, sind insbesondere bei der erreicht werden können [17]. der Industrie angesiedelt. Der hier produzierte graue derzeit diskutiert, wobei insbesondere die Möglichkeit Verwendung von fossilen Energieträgern die CO2-Emissi- Wasserstoff ist bisher deutlich kostengünstiger als grüner einer zuverlässigen CO2-Speicherung wie auch das Wasserstoff. Dies ist auf die großen, zentralen Anlagen, Thema Akzeptanz zu beachten sind. Elektrolyse mit Post-EEG-Windenergie aber auch auf die günstigen Ausgangsstoffe (bspw. Erd- Insgesamt geht man heute davon aus, dass die Erneuer- gas) zurückzuführen. baren Energien zur Deckung des Wasserstoffbedarfs in Elektrolyse mit Post-EEG-PV Langfristig muss vor dem Hintergrund der Klimaneutrali- Deutschland nicht ausreichen werden [4] und Deutsch- tät jedoch ausschließlich grüner Wasserstoff produziert land auch zukünftig zu einem bestimmten Anteil ein Elektrolyse mit Windenergie-Neubau werden. Dieser kann für die Industrie zentral, aber auch Energieimportland bleibt. Dampfreformierung von Biomethan aus Biogas dezentral mit skalierbaren Anlagen erzeugt werden, Vergasung holzart. Biomasse Elektrolyse mit Photovoltaik(PV)-Neubau Nebenprodukt Dampfreformierung von Erdgas Elektrolyse mit dt. Strommix 0 5 10 15 20 25 Spezifische CO2-Emissionen [kg CO2 / kg H2] Abbildung 2-2: Spezifische CO2-Emissionen unterschiedlicher H2-Erzeugungsverfahren [kg CO2/kg H2] [15] 14 15
Technologie- Methoden Fakten Vorteile Nachteile reifegrad (TRL) 2 - Flaschenbündel oder - wirtschaftlicher Transport - im Vergleich niedrige Container-Lösung bei kurzen und mittleren Kapazität - Transport bei einem Druck Entfernungen bei relativ (hohe Lieferhäufigkeit) Gasförmiger H2 per geringen Mengen von 200–500 bar - im Vergleich großer Lkw/Schiene (CGH2) TRL: 9 Platzbedarf [25] - Kapazität bis 1.100 kg pro (erforderliche Abstell- 40 ft-Container fläche) (500 bar) Wasserstofftransport und -speicherung - Transport bei 20–100 bar - hohe Wirtschaftlichkeit - v erhältnismäßig hohe - Kapazität abhängig von bei hohen Lieferraten Investitionen Wird der Wasserstoff nicht unmittelbar am Abnahmestandort produziert, muss er zum Verbraucher transportiert wer- Druckniveau und Durch- - hohe Transport- -h oher Genehmigungs- den. Standardmäßig wird der Wasserstofftransport heute überwiegend per Lkw (vgl. Abbildung 2-3) und vereinzelt per Gasförmiger H2 per messer der Pipeline kapazitäten aufwand TRL: 9 Pipeline Pipeline durchgeführt. Perspektivisch ist auch die Wasserstoffanlieferung über die Schiene eine Option [7]. Typischer- weise handelt es sich hierbei um gasförmigen Wasserstoff, der in Druckbehältern gespeichert wird. Abhängig vom Druckniveau können so zwischen 200 und 1.100 kg gasförmiger Wasserstoff mittels Lkw transportiert werden. - Transport bei -253 °C - wirtschaftlicher Transport - im Vergleich hoher - Kapazität bis 3.500 kg pro bei mittleren und großen Energiebedarf Der Transport von flüssigem Wasserstoff per Trailer in einer Trägerflüssigkeit) oder Metallhydride (chemisch Flüssiger H2 per Lkw/ 40 ft-Container Entfernungen (für die H2-Verflüssigung) Schiene (LH2) [25] -g eringe H2-Verluste TRL: 9 erfolgt bei einer Temperatur von ca. -253 °C. Dies er- gebunden in einem Trägermetall) sein. Diese befinden durch Wärmeeintrag möglicht eine Transportkapazität von ca. 3.500 kg. sich jedoch noch in der Entwicklungsphase und werden (Boil-off-Effekt) Weitere Transportmöglichkeiten könnten beispielsweise kurzfristig noch keine große Rolle spielen. Eine Übersicht Liquid Organic Hydrogen Carrier (chemisch gebunden über die Transportarten bietet Tabelle 2-2. - Transport bei Normaldruck - s chwer brennbar - Energieverluste bei der und -temperatur -b estehende Infrastruktur Ein- und Ausspeicherung H2 gebunden in - Kapazität bis ca. 1.700 kg kann genutzt werden flüssigem Trägerstoff pro 40 ft-Container (Handhabung wie Diesel) TRL: 4–6 (LOHC) [23] [16] [22] - Transport bei ca. 6 bar - f rei wählbarer Speicher- - niedrige gravimetrische - volumetrische druck Energiedichte H2 gebunden in Speicherdichte von 1 kWh/l -k eine Selbstentladung (< 380 Wh/kg) festem Trägerstoff (Niedertemperatur- - langsame Befüllung TRL: 4–6 Metallhydride) [20] - vergleichsweise hohe [22] Kosten Tube Trailer Container Trailer Liquid Trailer 200–250 bar, ≈ 500 kg, 550 bar, ≈ 1.000 kg, 1–4 bar, ≈ 4.000 kg, Tabelle 2-2: Übersicht Wasserstofftransportarten Umgebungstemperatur Umgebungstemperatur tiefkalt Abbildung 2-3: Wasserstoff-Straßentransport [25] 16 17
Abbildung 2-4 stellt die Verteilkosten in Abhängig- Beispielsweise plant die Initiative „European Hydrogen keit von der Transportdistanz und der transportierten Backbone“, gebildet aus zehn führenden Gasunter- Menge Wasserstoff dar. Die Abbildung ist unterteilt in nehmen, den Aufbau eines Wasserstoffnetzes mit einer drei Abschnitte. Diese stehen für den Transport von Länge von bis zu 6.800 km bis 2030, bis 2040 soll die gasförmigem Wasserstoff im Trailer (‚G‘), den Trans- Pipeline eine Länge von ca. 23.000 km aufweisen [3]. port von gasförmigem Wasserstoff per Pipeline (‚P‘) und Die Initiative GET H2 hat sich den Aufbau des Kerns einer den Transport von flüssigem Wasserstoff im Trailer (‚L‘). bundesweiten Wasserstoff-Infrastruktur zum Ziel gesetzt 3,30 Handelt es sich um geringe Fördermengen und gerin- (vgl. Abbildung 2-5). Mit der Rhein-Ruhr-Pipeline in NRW Wasserstofftransportkosten [€/kg] 2,90 ge Transportdistanzen, erweist sich der Transport von existiert bereits ein 240 km langes Netz für den Trans- gasförmigem und flüssigem Wasserstoff per Trailer als port von Wasserstoff zwischen Industriestandorten. Bei 2,50 kostengünstig. Mit steigender Transportmenge wird der Leipzig verbindet ein Wasserstoff-Pipeline-Netz Chemie- 2,10 Wasserstofftransport per Pipeline kostengünstiger. Ursa- standorte von Zeitz über Böhlen, Leuna, Schkopau, 1,70 che für diese Entwicklung sind die hohen Investitions- Bitterfeld-Wolfen bis Rodleben. In Frankfurt am Main 1,20 und Genehmigungskosten für den Bau der Pipeline. besteht eine Wasserstoffleitung zwischen Industriepark 0,80 Höchst und Industriepark Griesheim. Mittel- und langfristig gesehen wird sich die Verteilinfra- 0,40 struktur von Wasserstoff zu einem flächendeckenden Ein groß angelegtes Wasserstoffnetz dient nicht nur 0,00 Netz entwickeln. Zukünftig ist auch die Umstellung des der Verteilung von Wasserstoff, sondern kann auch eine vorhandenen Erdgasnetzes auf Wasserstoff denkbar. Speicherfunktion übernehmen. Wie heute für Erdgas wird Hierdurch können im Infrastrukturausbau hohe Kostenre- langfristig die großskalige Speicherung auch von Wasser- duktionen entstehen. stoff in Salzkavernen relevant. Die aktuell existierenden Netze und Speicher für Erdgas wird es zukünftig für Wasserstoffmenge [t/Tag] Transportdistanz [km] Verschiedene Initiativen treiben deutschland- und euro- Wasserstoff geben. paweit den Ausbau einer Pipelineinfrastruktur voran. Abbildung 2-4: Wasserstofftransportkosten in Abhängigkeit von Wasserstoffmenge und Transportdistanz [5] 18 19
Wasserstofftankstellen Bei H2-Tankstellen handelt sich um Installationen, die ein schnelles und zuverlässiges Betanken des Fahrzeugs ermöglichen. Die Wasserstoff-Zapfsäulen werden bedient, wie man es vom Tanken mit den konventionellen Kraft- stoffen gewohnt ist. Sie werden meist in bereits vorhandene, öffentliche Tank- und Servicestationen integriert. Der Prozess an der Tankstelle besteht aus Anlieferung, Speicherung, Handling und Abgabe (vgl. Abbildung 2-6). Anlieferung Speicher Handling Abgabe Potenzielle Kavernenspeicher Raffinerie Stahlindustrie Chemie Pipeline H2-Startnetz 2030 Schrittweise bis 2030 auf H2 umzustellende Erdgasleitung Druckspeicher Kompressor Bis 2030 zu errichtende H2-Neubauleitungen 350 bar Visionäres H2-Netz H2-Leitungen nach potenzieller Vor-Ort Erzeugung Umstellung bestehender Erdgasleitungen Mögliche Neubaubereiche 700 bar für H2-Leitungen Bei der Karte der FNB Gas e. V. handelt Kryo-Pumpe Verdampfer es sich um eine schematische Darstellung, Lkw Flüssigspeicher die hinsichtlich der eingezeichneten Spei- cher und Abnehmer keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Abbildung 2-6: Schema einer Wasserstofftankstelle Abbildung 2-5: Die Partner der Initiative GET H2 und zahlreiche weitere Unternehmen planen die bundesweite Realisierung von Wasserstoff-Infrastrukturen zu Produktion, Abnahme, Transport und Speicherung von grünem Wasserstoff. [18] 20 21
Wasserstoff-Anlieferung Speicherung Grundsätzlich werden drei typische Anlieferungsvarianten Heute existieren standardmäßig eingesetzte Speicher- unterschieden: die Anlieferung per Pipeline, die Wasser- möglichkeiten, wie Druckgasspeicher auf verschiedenen stoffproduktion vor Ort (on-site) oder die Anlieferung Druckniveaus oder Flüssigtanks, die bereits standortun- von gasförmigem oder flüssigem Wasserstoff per Trailer. abhängig eingesetzt werden. Typischerweise wird gasförmiger Wasserstoff per Lkw auf einem Druckniveau von bis zu 500 bar angeliefert. Die Speicherung von gasförmigem Wasserstoff kann Alternativ kann bei größeren Wasserstofftankstellen auch auf verschiedenen Druckniveaus (typischerweise 30 bar, eine Anlieferung in tiefkalter, flüssiger Form praktiziert 400 bar, 900 bar) erfolgen. Dies ist maßgeblich vom zur werden. Handelt es sich um eine Anlieferung von flüssi- Verfügung stehenden Platz abhängig. Eine Erhöhung des gem oder gasförmigem Wasserstoff, bildet eine Einfüll- Drucks führt zu einer höheren volumetrischen Speicher- station die Schnittstelle zu den Lieferanten. dichte, d. h., es kann mehr Wasserstoff mit geringerem Platzbedarf gespeichert werden. Aktuell werden die Wird der Wasserstoff vor Ort produziert, beispielsweise meisten H2-Tankstellen mit Speichern für gasförmigen durch einen Elektrolyseur, liegt er auf einem Druckniveau Wasserstoff ausgerüstet. von typischerweise ca. 3–40 bar vor (am Ausgang des Elektrolyseurs). Wird flüssiger Wasserstoff angeliefert, wird dieser typi- scherweise in Flüssigtanks gespeichert. Durch die hohe Eine Anlieferung von gasförmigem Wasserstoff per Pipe- Energiedichte von flüssigem Wasserstoff ist der Platz- line erfolgt typischerweise auf einem Druckniveau von bedarf bei einer flüssigen Speicherung geringer. Für die 20 bis 100 bar. Verflüssigung von Wasserstoff wird jedoch mehr Energie benötigt als für dessen Kompression. Weiterhin sind die Investitionskosten für den Verflüssiger höher als für Kompressoren. Wasserstofftankstelle mit Niederdruck-Speicher (links), Kompressor (in Container rechts) sowie Hochdruck-Speicher und Dispenser (beides Mitte) 22 23
Überströmbetankung: Kaskaden-Prinzip Überströmbetankung: Konstantdruckspeicher Hoch Mittel Konstant Niedrig Speicher Kompressor Druckspeicher Speicher Kompressor Druckspeicher Abbildung 2-7: Überströmbetankung mit mehreren Speichern [10] Abbildung 2-8: Überströmbetankung mit einem Speicher [10] Handling bänke. Den Speichern vorgeschaltet ist ein Kompressor, Um das notwendige Druckniveau zu erhalten, können die Pufferspeicher auf einem höheren Druckniveau. Durch Es existieren verschiedene Betankungskonzepte für der den Wasserstoff auf das jeweilige Druckniveau im Speicher nie vollständig entleert werden. Daraus ergibt einen Kompressor wird das Druckniveau im sogenannten Wasserstoff. Bei dem am weitesten verbreiteten Betankungs- Speicher verdichtet. Beim Überströmen startet der Be- sich ein zu berücksichtigender Unterschied zwischen der Konstantdruckspeicher bei einem Druckniveau gehalten, konzept, dem Überströmen nach dem Kaskaden-Prinzip tankungsvorgang mit der Druckbank mit dem geringsten installierten und nutzbaren Speicherkapazität (typischer- das das Druckniveau des Fahrzeugtanks überschreitet. (vgl. Abbildung 2-7), erfolgt die Betankung des Fahr- Druckniveau. Sobald der Massenstrom vom Speicher zum weise ein Verhältnis von 3:1). Mit dieser Technik kann der Niederdruckspeicher fast zeugs aus mehreren Speichern mit unterschiedlichen Fahrzeugtank aufgrund des geringen Druckgefälles einen vollständig entleert und nahezu der gesamte eingelager- Druckniveaus. Damit eine Überströmbetankung durch- Schwellenwert unterschreitet, wird der Betankungsvor- Ein weiteres Betankungskonzept ist der Konstantdruck- te Wasserstoff vertankt werden. geführt werden kann, muss der Druck in den Wasser- gang mit Wasserstoff aus der nächsten Druckbank fortge- speicher (vgl. Abbildung 2-8). Hierbei wird ebenfalls stoffspeichern der Tankstelle höher sein als der Druck setzt. Vollständig gefüllt wird der Fahrzeugtank mit der eine Überströmbetankung durchgeführt, jedoch aus im Fahrzeugtank. Durch das vorhandene Druckgefälle in letzten und typischerweise kleinsten Druckbank, die das nur einem Speicher. Dieses Konzept umfasst einen Nie- den Speichern strömt Wasserstoff in den Fahrzeugtank. höchste Druckniveau aufweist. derdruckspeicher (typischerweise deutlich kleiner als Tankstellenseitig existieren typischerweise drei Druck- 350 bar), einen Kompressor und einen sogenannten 24 25
Betankung über Booster-Kompressor Kompressor Speicher Booster-Kompressor Abbildung 2-9: Betankung mit Booster-Kompressor [10] Weiterhin kann die Betankung über einen sogenannten stoffbedarf aufweisen, an. Die hohe Wasserstoffabnahme Booster-Kompressor (vgl. Abbildung 2-9) erfolgen. Hier- erfordert einen Kompressor mit einer hohen Förderleis- bei wird Wasserstoff unmittelbar aus einem Niederdruck- tung. Der Kompressor wird für diese Anforderungen so speicher (typischerweise deutlich weniger als 350 bar) groß dimensioniert, dass auch die direkte Betankung des und ohne Pufferspeicherung auf das erforderliche Fahr- Fahrzeugs bei einer kurzen Betankungsdauer möglich ist. zeugdruckniveau komprimiert und so das Fahrzeug be- Diese Ausführungsart weist somit höhere Kompressor- füllt. Dieses Betankungskonzept bietet sich insbesondere kosten, aber geringere Speicherkosten auf. für Großverbraucher, die einen hohen täglichen Wasser- Betankung mit Flüssigwasserstoff über Kryo-Pumpe LH2-Speicher Kryo-Pumpe Verdampfer Abbildung 2-10: Betankung aus einem Flüssigwasserstoff(LH2)-Speicher [10] Wird Wasserstoff an der Tankstelle in einem Flüssigtank kung der Fahrzeuge mit flüssigem Wasserstoff möglich. gespeichert, erfolgt die Betankung des Fahrzeugs über Allerdings sind die derzeit am Markt verfügbaren Fahr- eine sogenannte Kryo-Pumpe und einen Verdampfer zeuge nur mit Tanksystemen zur gasförmigen Speiche- (vgl. Abbildung 2-10) [10]. Technisch ist auch eine Betan- rung von Wasserstoff ausgestattet. Trockenlaufender Kolbenkompressor mit elektro-hydrostatischem Antrieb u. a. für 26 Wasserstofftankstellen 27
Typische Abnahmemengen von Wasserstoff pro Betankungsvorgang Abgabe an der Zapfsäule tankungsprotokollen beschrieben, wie der Befüllvorgang In Deutschland existieren zwei Druckniveaus für die Betan- genau ablaufen soll. kung mit Wasserstoff. Busse und Lkw nutzen üblicherweise Um eine schnelle Betankung (z. B. Pkw < 5 Minuten) zu Wasserstoff auf einem Druckniveau von 350 bar, während realisieren, muss Wasserstoff vorgekühlt werden (typi- H2 Pkw standardmäßig einen Druck von 700 bar nutzen. 6 scherweise auf bis zu -40 °C, „Cold Filling“). Grund für 5 kg 25 kg die Vorkühlung ist, dass die Fahrzeugtanks die zulässigen 30 kg 150 kg Für Kundinnen und Kunden ist von der an der Tankstel- Temperaturgrenzen nicht überschreiten/nicht überhitzen, Abbildung 2-11: Standardbetankungswerte verschiedener straßen- und schienengebundener Fahrzeugtypen le verbauten Technik meist nur die Zapfsäule sichtbar, da der komprimierte Wasserstoff sich in einem teilent- In Abbildung 2-12 sind die Bandbreiten von Verbräuchen Fahrzeugs, das spezifische Fahrprofil und das Verhalten die auch Dispenser genannt wird. Alle H2-Tankstellen leerten Fahrzeugtank zunächst ausdehnt, was physika- der verschiedenen Brennstoffzellenfahrzeuge darge- der Fahrenden. Außerdem ist der Wasserstoffbedarf der gewährleisten heute eine Betankung auf Basis weltweit lisch mit der Freisetzung von Wärme einhergeht. [10] stellt. Die spezifischen Verbräuche sind typischerweise Fahrzeuge von der jährlichen Gesamtfahrleistung ab- einheitlicher Standards. Dieser Standard existiert im We- sehr variabel, da sie durch viele Faktoren beeinflusst hängig. So ist die Wasserstoffnachfrage eines typischen sentlichen für Pkw bis zu einer Betankung von 7 kg. Ein- Verfügbarkeit an der Tankstelle werden. Hierzu zählen beispielsweise die Beladung des ÖPNV-Busses ca. 40-mal so hoch wie die eines Pkw. heitliche Betankungsstandards für das in der Entwicklung Für den Betrieb von Brennstoffzellen (BZ)-Fahrzeugen befindliche Segment der Nutzfahrzeuge werden zurzeit ist ein reibungsloser Betriebsablauf an der Tankstelle noch definiert, u. a. in dem Projekt „Prhyde“. Drei we- notwendig. Um eine hohe Verfügbarkeit der Tankstelle 0,7–1,3 kg/100 km sentliche Normen beschreiben die Schnittstelle zwischen zu gewährleisten, können einzelne Komponenten der Tankstelle und Fahrzeug (SAE J2600, SAE J2601 und Tankstelle redundant ausgeführt werden (ein typisches SAE J2799). Beispiel sind die Kompressoreinheiten). 5–10 kg/100 km In diesen Normen ist u. a. die Ausführung der Füllkupp- Abnahme- und Verbrauchsmengen von Fahrzeugen mit 6–13 kg/100 km lung und ihr Gegenstück am Fahrzeug beschrieben. Brennstoffzellen-Antrieb Außerdem wird beschrieben, ob und in welcher Form die Die typischen Abnahmemengen pro Tankvorgang von 23–31 kg/100 km Tankstelle zwecks Datenübermittlung mit dem Fahrzeug verschiedenen Fahrzeugtypen sind unterschiedlich groß. kommuniziert. Darüber hinaus wird in sogenannten Be- Sie werden in Abbildung 2-11 dargestellt. Abbildung 2-12: Wasserstoffverbrauch verschiedener Fahrzeugtypen je 100 km Fahrleistung Das aktuell in Serienproduktion gefertigte Müllsammelfahrzeug der Firma FAUN ist mit Tanks auf einem Druckniveau von 700 bar ausgestattet. 6 28 29
Entwicklung des Tankstellennetzes weise standardisierte H2-Tankstellen der Größe M und H2-Tankstellen sind skalierbar und in allen Größen der Größe L interessant. Perspektivisch werden H2-Tank- denkbar. Aktuell existieren verhältnismäßig wenige stellen in Anzahl und Größe zunehmen. H2-Tankstellen und diese weisen eine geringe Kapazität Insgesamt plant H2 MOBILITY abhängig von der Zu- auf. Beispielsweise baut die H2 MOBILITY Deutschland nahme der Fahrzeugzahlen bis Ende 2023 bis zu 400 GmbH & Co. KG (H2 MOBILITY) 7 aktuell fast ausschließ- H2-Tankstellen8 in Deutschland [6]. lich Pkw-Tankstellen der Größenkategorie XS und S (vgl. Tabelle 2-3). Aufgrund der geringen Kapazität sind diese Ein bis 2050 vollständig ausgebautes Lkw-Tankstellennetz nicht für den Schwerlastverkehr ausgelegt, da dort we- für den Schwerlastverkehr könnte Berechnungen zufolge sentlich höhere Abnahmemengen als bei Pkw auftreten. aus 140 Tankstellen bestehen, die vorwiegend in Industrie- Die hohen Betankungswerte für Busse machen beispiels- regionen und an Transitrouten errichtet werden [21]. Sehr klein (XS) Klein (S) Mittelgroß (M) Groß (L) Zapfpunkte 1 1 2 4 Maximaler Durchsatz 80 kg 212 kg 420 kg 1.000 kg pro Tag Maximale Zahl der 20 38 75 180 Betankungen pro Tag Versorgte Fahrzeuge 100 400 800 1.600 pro Station Tabelle 2-3: Größenkategorien von H2-Tankstellen Vertiefende Angaben zu H2 MOBILITY finden sich ab Seite 32. 7 Der Ausbau lässt sich über die Website der H2 MOBILITY verfolgen (www.h2.live). 8 Weltweit erstes Brennstoffzellen-Schienenfahrzeug-Modell 30 für den öffentlichen Personenverkehr: Coradia iLint von Alstom 31
3. FINANZIERUNGSMÖGLICH- KEITEN UND GESCHÄFTSMODELLE Beschreibung des Marktumfelds werden). Der Preis für Wasserstoff an den öffentlich Stück pro Jahr verzehnfacht.12 Andere Hersteller haben Wasserstoff kann flexibel im schienen- und straßengebundenen Verkehr und auf dem Wasserweg als Kraftstoff eingesetzt zugänglichen Pkw-Tankstellen ist vor einigen Jahren auf ähnlich ambitionierte Ziele. werden. Die aktuelle Marktsituation variiert stark in diesen Bereichen. Insgesamt sind derzeit weniger als ein Prozent des einen Wert von 7,98 € je kg (zuzüglich Mehrwertsteuer) Um diese wachsenden Fahrzeugflotten bedienen zu gesamten Fahrzeugmarkts mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge.9 festgelegt worden. Dieser Preis ist aufgrund der gerin- können, bedarf es einer ausreichenden H2-Betankungs- gen Auslastung und des geringen Durchsatzes an vielen infrastruktur. Auch hier ist bei entsprechenden Anbietern Während in den Segmenten Pkw und ÖPNV erste Flotten Unterstützung vonseiten unterschiedlichster Akteure. 11 H2-Tankstellen zum jetzigen Zeitpunkt für den Betrieb der erhebliche Bewegung im Markt. Es formieren sich zahlrei- von Brennstoffzellen-Fahrzeugen im Einsatz sind und Neben dem öffentlichen Tankstellennetz existieren auch Tankstelle i. d. R. nicht kostendeckend. che neue Zulieferer, Anbieter und Hersteller-Konsortien derzeit weiter hochskaliert werden, gibt es seit dem Jahr nicht öffentlich zugängliche H2-Tankstellen. Dabei handelt für H2-Tankstellen. Gab es bis vor wenigen Jahren nur 2020 erste Pilotflotten im Segment Lkw. Ab 2025 ist in die- es sich oft um Betriebshoftankstellen für BZ-Busse oder Ausblick auf die zukünftige Marktentwicklung drei bis vier wesentliche Anbieter von entsprechenden sem Segment ein verstärkter Markthochlauf absehbar. Im -Züge. Das Ziel eines klimaneutralen Europas und die daraus einzelnen verfahrenstechnischen Anlagenkomponenten, Schienen- und Schiffsverkehr ist die Lage ähnlich. resultierenden Richtlinien (bspw. die Clean Vehicle so wächst die Anzahl der Unternehmen stetig, die ihren Heutige Investitionskosten (H2-Preise) Directive, kurz CVD) führen zu einem erheblich steigen- Kunden maßgeschneiderte, schlüsselfertige Wasserstoff- Entsprechend diesen Fahrzeugzahlen gibt es nur wenige Aufgrund der noch neuen Technologie und besonders den Wasserstoffbedarf. Die CVD schreibt bis 2025 eine tankstellen anbieten. Tankstellen. Deutschlandweit sind es momentan rund 90 wegen der bisher noch ausgebliebenen Skaleneffekte Beschaffungsquote von 45 % für Fahrzeuge mit alternati- Diese derzeit zu beobachtende enorme Dynamik wird öffentliche H2-Tankstellen für Pkw. Damit sind die ersten 10 durch große Stückzahlen sind Brennstoffzellen-Fahrzeuge ven Antrieben vor, bis 2030 liegt die Quote bei 65 %. zu erheblichen Preisreduktionen in allen Bereichen der Schritte für eine wasserstoffbasierte Mobilität bereits ge- und entsprechende Tankstellenanlagen derzeit relativ Ähnliche Rahmenbedingungen treffen auf sämtliche Ver- wasserstoffgestützten Mobilität führen. gangen, für ein deutschlandweit flächendeckendes Netz teuer. Die Kosten für eine Pkw-Tankstelle liegen aktuell kehrswege und Fahrzeugarten für Straße, Schiene und sind jedoch noch viele weitere H2-Tankstellen erforderlich. bei etwa 1–1,5 Mio. €, der Betrag für eine H2-Tankstelle Wasserwege zu. In allen drei Bereichen sind derzeit Maßgeblichen Anteil am Ausbau der öffentlich zugäng- für den Dauerbetrieb von ca. 10 bis 20 BZ-Bussen liegt enorme Aktivitäten zur Entwicklung und Produktion von lichen Pkw-Infrastruktur hat die H2 MOBILITY mit dem bei ca. 1–2 Mio. € (weitere, detaillierte Kostenanalysen entsprechenden Fahrzeugen im Gange. So hat z. B. Ziel, bis 2023 400 H2-Tankstellen zu errichten. Die Umset- können den Studien „Einführung von Wasserstoffbussen Toyota seine Jahresproduktionskapazität für den Modell- zung dieses Ziels gelingt unter anderem durch finanzielle im ÖPNV“ [19] sowie „New Bus Fuel“ [10] entnommen wechsel des Pkw-Modells Mirai von 3.000 auf 30.000 9 Im Oktober 2021 waren knapp 1.350 BZ-Pkw in Deutschland zugelassen (https://www.now-gmbh.de, Quelle: KBA). 12 Die erste Generation wurde 2014 auf den Markt gebracht, die zweite Generation wird seit 2020 verkauft. 10 Tankstellenbestand zum Jahreswechsel 2020/21. Beispiele für weitere Fördergeber finden sich z. B. über die App bzw. die Website „H2.live“. Durch Klicken auf die einzelnen Stationen erhält man 11 Informationen zum jeweiligen Betreiber. 32 33
Preise für BZ-Solobusse 1.400.000 € CUTE 1.200.000 € 1.000.000 € HyFLEET: Roland Berger CUTE „High“ 800.000 € CHIC Herstellerangaben Betreibermodelle für Wasserstofftankstellen 600.000 € Insbesondere für Verkehrsbetriebe und Unternehmen mit großen Fahrzeugflotten ist es oft üblich, eine Tankstelle auf 400.000 € dem eigenen Betriebsgelände zu betreiben. Ausschlaggebend für die Entscheidung für eine eigene Tankstelle sind da- JIVE 1&2 Roland Berger bei i. d. R. die internen Betriebsabläufe und Kosten. Das gilt auch für bestehende und zukünftige BZ-Fahrzeugflotten. 200.000 € „Low“ Dabei lassen sich drei wesentliche Modelle unterscheiden. Diese differieren in Aspekten der Planung, des Baus und des 0€ Betriebs, mit verschiedenen Vor- und Nachteilen (vgl. Tabelle 3-1). 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 Abbildung 3-1: Preise für Brennstoffzellen-Solobusse [15] ➊ B au einer Tankstelle in Eigenregie: Bei diesem Kon- Dieses Modell ist für Nutzende interessant, die ledig- Zukünftige Investitionskosten und H2-Preise Kosten pro zurückgelegte Fahrstrecke, wie z. B. im zept sind die Nutzenden in sämtliche Phasen – von lich eine geregelte H2-Menge benötigen. Die genaue Entwicklung der Investitions- und Kraftstoff- ÖPNV. Dabei zählt neben der Betankungszeit und der der Planung bis zum Betrieb – beim Bau der Tankstelle kosten für die Erzeugung und Bereitstellung von Was- Fahrzeugflexibilität auch der Anschaffungspreis entspre- involviert und erwerben so ein großes Know-how beim ➌ B au der Tankstelle durch einen Generalunternehmer: serstoff sowie die der Nachfrageseite ist schwer abzu- chender Fahrzeuge. Die Abbildung 3-1 zeigt am Beispiel Thema H2-Tankstellenbau. Das bedeutet konkret, dass Dieses Konzept stellt eine Zwischenstufe der Modelle schätzen. Alle H2-Produktionsschritte besitzen jedoch ein von üblichen ÖPNV-Solobussen die Preisreduktion der die Nutzenden eine hohe Kontrolle über die Aus- 1 und 2 dar. Die Nutzenden beauftragen ein General- hohes Kostenreduktionspotenzial durch weitere Techno- letzten ca. 20 Jahre und den Ausblick bis 2030. gestaltung der Tankstelle haben. Allerdings erfordert unternehmen, das sich um die vollständige Abwick- logiesprünge und Skaleneffekte. So zeigen Umfragen, dies einen sehr hohen Zeit- und Personalaufwand. lung von Planung und Errichtung der Tankstelle dass Preise von 4 bis 6 € je kg H2 an großen und gut Bei der Anschaffung der ersten Busse zu Beginn der Dieses Modell kann für Nutzende interessant sein, die kümmert. Die Nutzenden übernehmen anschließend ausgelasteten Tankstellen in den nächsten Jahren realis- 2.000er-Jahre lagen die Investitionskosten bei ca. viele H2-Tankstellen bauen und betreiben wollen. die fertige Tankstelle und betreiben diese dann in tisch sind. Offen sind dabei aber noch die zukünftigen 1,3 Mio. €. In den vergangenen 20 Jahren wurden die Eigenregie. Die Nutzenden können so besondere Preiskomponenten Steuern und Abgaben. Kosten um weit mehr als die Hälfte reduziert. Bis 2030 ➋ B au einer Tankstelle nach dem Betreibermodell: Bei Wünsche in den Bau der Tankstelle einfließen lassen wird eine weitere Kostenreduktion erwartet, je nach diesem Konzept definieren die Nutzenden lediglich und sind beim Betrieb freier in der Wahl der Wasser- Für die Wasserstoffmobilität der Zukunft ist aber nicht Szenario von weiteren fast 40 %. Ähnliches ist auch für einen Wasserstoffbedarf (Menge und Zeitraum) der stofflieferanten. nur der Kraftstoffpreis an der Tankstelle entscheidend. 13 andere Fahrzeugklassen und Infrastruktur zu erwarten. Betankung. Der Tankstellenbetreiber hingegen küm- Dieses Modell ist für Nutzende mit eigenem Betriebs- Für viele Nutzerinnen und Nutzer geht es letztlich um mert sich sowohl um die notwendige Detailplanung gelände interessant und für solche, die die H2-Liefe- als auch um den Bau und Betrieb der H2-Tankstelle. rung wettbewerblich vergeben wollen. Für die Betrachtung der Gesamtkosten (Total Cost of Ownership) sind die Einbindung der Kosten von Infrastruktur, Fahrzeug, Personal, Service 13 und Instandhaltung sowie sonstige Kosten (bspw. Maut) einzubeziehen. 34 35
Vorteil Nachteil - Sehr zeitintensiv Bau in Eigenregie - Großer Einfluss auf das Projekt - Sehr viel Know-how notwendig, das ggf. nur für den Bau einer Tankstelle aufgebaut wird - Planung, Bau, Genehmigung, Betrieb - Nutzer oder Nutzerin ist nicht Eigentü- Betreibermodell und Wartung durch Betreiber mer oder Eigentümerin der Tankstelle - Sehr geringer Organisationsaufwand (ggf. förderrelevant) - Nutzer oder Nutzerin ist Eigentümer oder Eigentümerin (ggf. förderrelevant) - Eingeschränkte Kontrolle über Generalunternehmen einzelne Akteure - Geringerer Organisationsaufwand Tabelle 3-1: Vor- und Nachteile von Betreibermodellen für H2-Tankstellen Wasserstoff-Infrastruktur – mögliche Geschäftsmodelle Tragfähige Geschäftsmodelle gelingen bereits dort, wo mindestens eines der drei folgenden Kriterien erfüllt ist: ➊ besonders gute Förderbedingungen, ➋ großer H2-Bedarf, ➌ Kundinnen und Kunden haben weiteren Nutzen. Wirtschaftlichkeit durch Förderung: trieb von BZ-Zügen oder großen Bus-Flotten der Fall. In frühen Marktphasen, so wie sich die H2-Wirtschaft Die heute noch hohen Anlagenkosten lassen sich in heute darstellt, sind die Förderbedingungen in der Regel diesen Fällen auf den hohen Wasserstoffabsatz umlegen, gut. Allerdings reicht das in puncto H2-Infrastruktur bis- wodurch sich die Wirtschaftlichkeit ergeben kann. her noch nicht aus, um einen wirtschaftlichen Betrieb von H2-Tankstellen zu gewährleisten. Die verfügbaren Wirtschaftlichkeit durch erhöhten Kundennutzen: Förderquoten beginnen derzeit bei ca. 40 % der Mehr- In verschiedenen Bereichen kann dem Kunden bzw. kosten. Um tragfähig zu sein, ist häufig jedoch noch die der Kundin ein weiterer Nutzen durch den Einsatz von Förderung von 80 % der Investitionskosten erforderlich. Wasserstoff als Treibstoff geboten werden. Dadurch ist Dies wird erst seit Kurzem in ausgewählten Programmen er oder sie bereit, für den weiteren Nutzen oder den gewährt. Wasserstoff einen höheren Preis zu bezahlen. Das gelingt zum Beispiel dann, wenn er oder sie, wie in dem auf Wirtschaftlichkeit durch hohen H2-Absatz: Seite 38 beschriebenen Beispiel „HyWheels, Fulda“, als In einigen Bereichen sind sehr große Wasserstoffmengen weiteren Mehrwert „grünen Transport“ für seine oder (einige Tonnen H2 pro Tag) nötig. Das ist z. B. beim Be- ihre Produkte anbieten kann. Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzelle sind aufgrund kurzer Betankungs- zeiten und hoher Reichweiten (auch im Winter) in besonderem Maße für häufige Langstreckenfahrten 36 mit nur kurzen Pausenzeiten, wie z. B. bei Handwerksbetrieben oder Dienst- und Mietwagen, geeignet. 37
Elektrolysekosten Beispiel HyWheels Fulda: allgemein Kundennutzen „grüner Transport“ In der Stadt Fulda wurde im Projekt HyWheels Wert auf „grüne Logistik“ gelegt. Durch das Umlegen der Mehr- kosten für den Transport auf das Endprodukt kann sich ein wirtschaftlich tragfähiges Gesamtkonzept ergeben. Wasserstoffkosten in € / kgH2 Anschaulich lässt sich der Ansatz an einer Tafel Schokolade erläutern. Die Kosten für den üblichen Transport einer Tafel Schokolade liegen bei ca. 17 % des Verkaufspreises. Ein emissionsfreier Transport ist mit Mehrkosten zwischen 10 und 30 % realisierbar. Dies würde den Preis der Schokolade nicht wesentlich verteuern. Lediglich etwa 5 % müsste der Kunde im Laden mehr bezahlen, also bspw. 1,15 € anstatt 1,10 €. Es wird davon ausge- gangen, dass Kunden mit einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit bereit sind, geringe Mehrkosten für ein Produkt zu tragen, das sich durch einen emissionsfreien Transport auszeichnet. So kann H2-Infrastruktur durch „grüne Logistik“ wirtschaftlich sein. Stromkosten Instandhaltungskosten Investitionskosten Strompreis in € / MWhel Einfluss des Strompreises auf die Wenn alle diese Kostenkomponenten zusammenkom- Abbildung 3-3: Qualitative Wasserstoffkosten in Abhängigkeit vom Strompreis [15] Wasserstoffgestehungskosten men, ist der wirtschaftliche Betrieb von Elektrolyseuren Bei der Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse heute kaum möglich. Daher wird derzeit intensiv disku- Elektrolysekosten (z. B. dezentral an H2-Tankstellen) ist der Strompreis tiert, welche dieser verschiedenen Preiskomponenten in allgemein von entscheidender Bedeutung. Abbildung 3-3 zeigt Zukunft für Elektrolyseanlagen reduziert werden können die grundsätzliche Zusammensetzung der Wasserstoff- oder ganz entfallen sollen. kosten aus Strom-, Investitions- und Instandhaltungs- Für den wirtschaftlichen Einsatz von Elektrolyseanlagen Spezifische Kosten Elektrolyse kosten. Abbildung 3-4 zeigt den Einfluss der Auslastung (z. B. an H2-Tankstellen) ist es daher von entscheidendem der Elektrolyseanlage. Dabei ist zu erkennen, dass der Belang, neben der technischen Entwicklung auch die re- 2020 Wasserstoffpreis pro Kilogramm mit steigendem Strom- gulatorischen Rahmenbedingungen im Auge zu behalten. 2025 preis erheblich ansteigt. Bei heutigen Elektrolyseanlagen 2030 ergibt sich (aufgrund von verschiedenen technischen 2030 Optimistisch (LBST 2016) Zusammenhängen) allein durch den Strompreis von z. B. 10 ct/kWh ein Wasserstoffpreis von ca. 6,00 € pro Kilo- gramm Wasserstoff. Zusätzlich enthalten heutige Strom- preise neben den Stromgestehungskosten (z. B. an einer 30 40 50 60 70 80 90 100 Windkraftanlage) noch viele weitere Komponenten, wie Auslastung (%) Steuern und Abgaben (Netzentgelt, EEG-Umlage usw.). Abbildung 3-4: Qualitative Reduktion der Elektrolysekosten in Abhängigkeit von der Auslastung [15] 38 39
4. PLANUNGSSCHRITTE ZUM Baugenehmigung 3 Tonnen 5 Tonnen 30 Tonnen AUFBAU DER WASSERSTOFF- Erlaubnisverfahren nach § 18 BetrSichV Baugenehmigung Standortbez. UVPG-Vorprüfung INFRASTRUKTUR Erlaubnisverfahren Vereinfachtes Verfahren nach § 18 BetrSichV nach § 19 BlmSchG Baugenehmigung Standortbez. UVPG-Vorprüfung Erlaubnisverfahren Vereinfachtes Verfahren Störfallverordnung Um eine emissionsfreie Mobilität auf Grundlage von Wasserstoff zu etablieren, sind neben einer Vielzahl von H2-Erzeu- nach § 18 BetrSichV nach § 19 BlmSchG gungsstandorten auch weitere H2-Tankstellen erforderlich. Der Weg zum Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoff Baugenehmigung Allg. UVPG-Vorprüfung Erlaubnisverfahren Störfallverordnung Regelverfahren Infrastruktur setzt sich aus verschiedenen Planungsschritten zusammen. Dies umfasst einerseits die Auslegung und nach § 18 BetrSichV nach § 10 BlmSCHG technische Dimensionierung der H2-Tankstelle und andererseits die Berücksichtigung der regulatorischen Rahmen- Abbildung 4-1: Regulatorische Rahmenbedingung für Tankstellen mit gelagertem Wasserstoff bedingungen. Übersicht über wesentliche Schritte und Zeitablauf Wasserstofftankstelle Außerdem ist die gelagerte Wasserstoffmenge vor Ort Ein Tankstellenkonzept für eine geplante Wasserstofftankstelle wird durch verschiedene Parameter beeinflusst. In Ab- Für den Bau einer Wasserstofftankstelle sind bis zu sechs von Bedeutung. In Abbildung 4-1 sind die zentralen hängigkeit von dem zu betankenden Fahrzeugtyp müssen unterschiedliche Druckniveaus (700 bar für Pkw, 350 bar zentrale regulatorische Rahmenbedingungen zu beachten: regulatorischen Rahmenbedingungen in Abhängigkeit für Nutzfahrzeuge) bereitgestellt werden können. Die Anzahl der zu betankenden Fahrzeuge sowie die gewünschten von den Lagermengen aufgeführt. Betankungsintervalle definieren die notwendige H2-Speicherkapazität der Tankstelle. Ferner variieren die technische ➊ Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV, § 18) Auslegung und das Betankungskonzept, je nachdem, wie viele Fahrzeuge direkt hintereinander (Back-to-Back) oder ➋ Hessische Bauordnung (HBO) Nach den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen über den Tag verteilt betankt werden sollen. Auch die Art der Wasserstoffanlieferung (bspw. per Trailer, Pipeline oder ➌ B undesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) sind bei einer Lagermenge von Wasserstoff unter drei durch Produktion von Ort) beeinflussen die Dimensionen und Kosten der Tankstelle. ➍ g gf. Verordnung über genehmigungsbedürftige Tonnen ein Erlaubnisverfahren und die Baugenehmigung Es ist sinnvoll, sich frühzeitig mit möglichen Fördermitteln auseinanderzusetzen. Fördermittel für den Aufbau von Anlagen (4. Bundesimmissionsschutzverordnung) nach Hessischer Bauordnung zu beachten. Überschrei- Wasserstoff-Infrastruktur werden auf EU-, Bundes- und Landesebene bereitgestellt. Eine Übersicht der jeweiligen An- im Falle des Betriebs von Elektrolyseuren tet die Lagermenge die drei Tonnen Wasserstoff, ist ein sprechpersonen ist ab Seite 54 dargestellt. ➎ S törfallverordnung vereinfachtes Verfahren nach BImSchG durchzuführen, (12. Bundesimmissionsschutzverordnung) ab einer Lagermenge von fünf Tonnen ist zusätzlich die Rechtliche Rahmenbedingungen für den Bau einer H2-Tankstelle ➏ U VPG (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung) StörfallV aus dem BImSchG zu berücksichtigen.14 Bei der Errichtung von H2-Tankstellen und Elektrolyseuren sind verschiedene regulatorische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Diese variieren in Abhängigkeit von der gelagerten Wasserstoffmenge sowie in der Art der Wasser- Die angegebenen Wasserstoff-Lagermengen gelten, sofern keine anderen gefährlichen Stoffe im Betrieb vorhanden sind. Ansonsten ist die Stör- 14 stoffversorgung. Die Vor-Ort-Produktion von Wasserstoff durch Elektrolyse ist zum Beispiel genehmigungsrechtlich fallverordnung anzuwenden, wenn die Mengenschwellen nach Anhang I der StörfallV unter Berücksichtigung der Additionsregel erreicht oder über- anders zu bewerten als eine Anlieferung per Trailer. Der Betrieb von BZ-Fahrzeugen und H2-Tankstellen setzt ein vollstän- schritten werden. Das bedeutet, dass eine H2-Füllanlage die 5 t nicht erreichen muss, sofern noch andere gefährliche Stoffe im Betrieb vorhanden sind und unter Berücksichtigung der Additionsregel nach Anhang I Nr 5. der 12. BImSchV die Summation der gefährlichen Stoffe eine Anwendung dig entwickeltes Produkt voraus, das nach den einschlägigen Normen und Gesetzen gebaut ist. der StörfallV gebietet. 40 41
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