Welche Kenntnisse müssen sexual pädagogische Fachkräfte mitbringen? - Rahmenbedingungen und Querschnittsthemen sexualpädagogischer Arbeit ...

 
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Welche Kenntnisse müssen sexual pädagogische Fachkräfte mitbringen? - Rahmenbedingungen und Querschnittsthemen sexualpädagogischer Arbeit ...
Welche Kenntnisse
­müssen sexual­
 pädagogische ­Fachkräfte
 mitbringen?
­Rahmenbedingungen und Querschnittsthemen
sexualpädagogischer ­Arbeit

Fachtag pro familia Fort- und Weiterbildung

Freitag, 14. November 2014
in Frankfurt am Main
Welche Kenntnisse müssen sexual pädagogische Fachkräfte mitbringen? - Rahmenbedingungen und Querschnittsthemen sexualpädagogischer Arbeit ...
Impressum                         Gefördert vom

pro familia Bundesverband          BZgA
Stresemannallee 3                  Bundeszentrale für
60596 Frankfurt am Main           ­gesundheitliche Aufklärung
                                   Maarweg 149–161
E-Mail: info@profamilia.de         50825 Köln
www.profamilia.de/Publikationen
© 2014

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Welche Kenntnisse müssen sexual pädagogische Fachkräfte mitbringen? - Rahmenbedingungen und Querschnittsthemen sexualpädagogischer Arbeit ...
Welche Kenntnisse m­ üssen sexual­pädagogische
             ­Fachkräfte mitbringen? – ­Rahmenbedingungen
             und Querschnittsthemen sexualpädagogischer ­Arbeit
             Fachtag pro familia Fort- und Weiterbildung
             Freitag, 14. November 2014 in Frankfurt am Main

Einführung   Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  4

Vortrag 1    Anja Henningsen
             Professionalisierung der Sexualpädagogik – Standards, Konzepte, zukünftige Entwicklungen. . . . . . . . . .  5

Vortrag 2    Olivia Sarma
             Überlegungen zum Kulturbegriff für kultursensible Perspektiven in der
             (sexual)pädagogischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Vortrag 3    Carina Fiebich-Dinkel
             Menschenrechtsbildung ist mehr als reine Wissensvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Vortrag 4    Thomas Viola Rieske
             Sexuelle Vielfalt in der Sexualpädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Ergebnisse   Resümee aus den Diskussionen im Worldcafé und den Vorträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

 Anhang      TeilnehmerInnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

             Publikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

                                                                                                                                                                                                        3
Einführung

Zum Thema

Die Qualifizierung von sexualpädagogischen Fach-               mitbringen, um Sexualpädagogik im Menschenrechts-
kräften ist eine zentrale Aufgabe des pro familia              kontext pädagogisch zu verorten? Was müssen die
Bundesverbands. Sie verlangt eine kontinuierliche, kriti-      Fortbildungen leisten, um die notwendigen Kenntnisse
sche Reflexion der Aufgaben von sexualpädagogischen            und Kompetenzen für diese Herausforderungen zu ver-
Fachkräften und der Veränderungen in ihren Handlungs-          mitteln?
feldern. pro familia bietet eine qualitativ hochwertige
Sexualpädagogik an, die in den sexuellen Rechten               Diese Fragen wurden mit sexualpädagogischen Fach-
verankert ist. Damit gestaltet pro familia die sexual­         kräften und ReferentInnen aus Bildungsarbeit, Beratung
pädagogische Landschaft maßgeblich mit.                        und Forschung diskutiert. Das Worldcafé sorgte für viele
                                                               Möglichkeiten des fachlichen Austausches. 
Die Veranstaltung konzentrierte sich auf die The-
men sexuelle Vielfalt, migrations- und kultursensible
Beratung und Menschenrechte. Hiermit werden
Querschnittsthemen aufgegriffen, die das sexual­
pädagogische Handeln mitbestimmen, das den
                                                               Alexandra Ommert
                                                               Referentin Fort- und Weiterbildung,
sexuellen und reproduktiven Rechten verpflichtet ist.
                                                               pro familia Bundesverband
Im Rahmen des Fachtags wurde gefragt: Welche Kennt-
nisse müssen sexualpädagogische Fachkräfte heute
mitbringen, um die Anerkennung und den Schutz der
sexuellen Vielfalt zu vermitteln? Welche Kenntnisse
benötigen Sie, um ihre Arbeit auf gesellschaftliche
Vielfalt hinsichtlich Kultur, Migrationshintergrund und
anderen Faktoren adäquat abstimmen zu können? Wel-
che Kenntnisse und Kompetenzen müssen Fachkräfte

4
Vortrag 1

    Professionalisierung der Sexualpädagogik – Standards,
             Konzepte, zukünftige Entwicklungen
                                          Von Prof. Dr. Anja Henningsen

In ihrem Beitrag führt Anja Henningsen in die noch             das Verhütungsverhalten und Einstellungen zu Sexua­
recht junge Geschichte der Sexualpädagogik ein, die in         lität von Jugendlichen geben. Jedoch fehle insbesondere
verschiedenen Disziplinen wie den Sozialwissenschaf-           eine selbstreflexive Forschung, die für das Feld der
ten, der (Sozial)pädagogik, der Sexualwissenschaft und         Sexualpädagogik zu entwickeln sei: Wie wirkt Sexual­
Medizin verortet werden muss. Sexualpädagogik, wie             pädagogik? Welche Botschaften kommen tatsächlich
wir sie heute kennen, ist demnach ein Produkt von              bei den Jugendlichen an? Hier gibt es einen Forschungs­
professionellen und wissenschaftlichen Ausdifferen­            bedarf.
zierungsprozessen.
                                                               Abschließend argumentiert Henningsen, dass Profes-
Eine Besonderheit aktuellen sexualpädagogischen                sionalität im Kontext von Sexualpädagogik bedeutet,
Handelns ist in ihren Augen, dass die Nachfrage nach           eine begleitende Selbstreflexion zu ermöglichen. Diese
Sexualpädagogik eine vermittelte ist: In der Regel fragen      braucht kontinuierliche Qualifizierungsmaßnahmen und
Jugendlichen nicht selbst nach, vielmehr werde über den        einen professionellen Kontext, der fachlichen Austausch
Gefahren- und Präventionsdiskurs über Institutionen            und Supervision bietet. 
wie bspw. Schule das Arbeitsfeld bestimmt. Dabei gilt
es, auch andere Arbeitsbereiche wie die außer­­schu­
lische Sexualpädagogik nicht aus dem Blick zu verlieren.       Prof. Dr. Anja Henningsen ist Professorin
Ziel sexualpädagogischer Arbeit sei die Förderung der          für Sexualpädagogik mit dem Schwerpunkt
Selbstbestimmung und Partizipation von Jugendlichen.           Gewaltprävention im Institut für Pädagogik
Sexualpädagogische Fachkräfte brauchen hier Sach-,             der Universität Kiel und Geschäftsführerin der
Sozial- und Selbstkompetenzen.                                 Gesellschaft für Sexualpädagogik (gsp).
Im Vortrag wird ein Überblick über aktuelle Forschungen
über Jugendsexualität gegeben, die zu einem großen Teil        Die folgende Präsentation hat Prof. Dr. Anja Henningsen
durch die kontinuierlichen Forschungen der BZgA und            ­vorstellt:
dem Engagement des BMFSFJ einen breiten Einblick in

                                                                                                                     5
1. Theorien über: Professionen, Professionalisierung und Professionalität
    und sexualpädagogische Kompetenzen

                                                                 	
                                            Institut für Pädagogik	
  
Professionstheorien                                              	
  
                                                                                                                           	
  
gesellscha:licher  Status  der  Sexualpädagogik  
                                 	
                                                                            Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                           	
  
(Henningsen/Sielert  2013,  Befragung  Mitglieder  gsp) 	
  

                                              Fehlende Anerkennung: Warum?

                                                                        Schamthema (35%)

                                                                        mangelnde Bekanntheit (19%)

                                                                        Angst vor Eingriff ins Private (21%)

                                                                        politische Gründe (23%)

Statusverbesserung:  Was  ist  zu  tun?  
                            	
  
                                                                                                               Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                           	
  
(Henningsen/Sielert  2013)

        inhaltliche	
  PosiOonierung	
                                                                          26%

              Öffentlichkeitsarbeit	
                                                        19%

         disziplinäre	
  Verankerung	
                                        14%

                   "weiter	
  machen"	
                                       14%

     insOtuOonelle	
  Verankerung	
                         9%

                    poliOsche	
  Arbeit	
            5%

Sichtbarkeit	
  des	
  Professionellen	
             5%

                      Qualitätssiegel	
              5%

6
                                 Institut für Pädagogik	
  
Professionalisierung                                                       	
  
                                                                                                                            	
  
                                                               Sexualität	
  

                                          u.a.	
  Sexual-­‐
                                            wissen-­‐	
                             Sexual-­‐	
  	
  	
  	
  
                                             scha2	
                               erziehung	
  
                                                               Sexual-­‐
                                                              pädagogik	
  

                                  Wissenscha2	
                                                Erziehung	
  
                                                              Erziehungs-­‐
                                                              wissenscha2	
  

                                                                            	
                                  Institut für Pädagogik	
  
aktueller  Verberuflichungsprozess
                          	
  
1. wachsende	
  gesellscha.liche	
  Nachfrage	
  
    • Vermehrte	
  ThemaOsierung	
  sichert	
  gesellscha2liche	
  Anerkennung	
  
    • Gefahrendiskurse	
  als	
  Professionalisierungsmotor	
  und	
  -­‐bremse	
  

2. Zuständigkeitsexpansion	
  durch	
  sexuelle	
  Bildung:	
  von	
  der	
  Krise	
  zum	
  
   grundlegenden	
  Bedarf	
  
    • Von	
  der	
  KrisenprävenOon	
  für	
  Risikogruppen	
  zur	
  Standardangebot	
  
    • Erweiterung	
  der	
  Zielgruppen	
  und	
  Zuständigkeit	
  durch	
  den	
  Bildungsansatz	
  

                                                                            	
                                  Institut für Pädagogik	
  
aktueller  Verberuflichungsprozess
                          	
  
3. Ausbildung	
  wissenscha.licher	
  Strukturen:	
  Sexualpädagogik	
  als	
  
   Aspektdisziplin	
  
    • Mit	
  der	
  Zuständigkeitsexpansion	
  wächst	
  disziplinäres	
  Wissen	
  
    • viel	
  EvaluaOons-­‐	
  und	
  Adressat_innen-­‐Forschung	
  
    • abhängig	
  von	
  Förderung	
  
4. Sexualpädagog_innen	
  als	
  spezialisierte	
  Fachkrä.e	
  
    •   Kernprofessionelle	
  
    •   Steigender	
  Bedarf	
  an	
  Fachkrä2en	
  
    •   keine	
  gesicherte	
  Berufsbezeichnung	
  
    •   keine	
  gesicherte	
  Ausbildungslage	
  
                                                                                                                                             

                                                                                                                                                 7
                                                      Institut für Pädagogik	
  
relevante  OrganisaOonsstrukturen
                          	
  
• Aushängeschilder	
  für	
  das	
  äußere	
  Erscheinungsbild:	
  	
  
	
  	
  	
  	
  	
  pro	
  familia	
  (1952),	
  BZgA	
  (1967),	
  DGG	
  (1978),	
  ISP	
  (1988),	
  gsp	
  (1998),	
  FH	
  Merseburg	
  (1996)	
  

• Relevanz	
  großer	
  Fachverbände	
  
• Sicherung	
  der	
  internen	
  KommunikaOon	
  
• Sicherung	
  der	
  Aus-­‐	
  und	
  Fortbildungsstrukturen	
  
• prekäre	
  sowie	
  feste	
  Arbeitsverhältnisse	
  

Sexualpädagogik  als     	
                                                                                                                       Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                                                              	
  
Menschenrechtsprofession	
  

• unterstützende	
  FunkOon	
  im	
  Konflikt	
  zwischen	
  gesellscha2lichen	
  und	
  
       individuellen	
  Interessen	
  
• driNes	
  Mandat	
  als	
  intermediäre	
  PosiOon	
  
• FunkOon	
  als	
  Seismograph	
  für	
  UngerechOgkeits-­‐	
  und	
  
       Diskriminierungstendenzen	
  
• SelbstbesOmmte	
  Gestaltung	
  der	
  Sexualität,	
  sexuelles	
  Wohlbefinden	
  

Sexuelle  Bildung  und  sexuelle  Rechte  
                              	
                                                                                                                   Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                                                               	
  
verschränken  sich           	
  

Jeder	
  Mensch	
  hat	
  das	
  Recht	
  auf	
  ein	
  gelingendes	
  sexuelles	
  Leben	
  und	
  die	
  
selbstbesOmmte	
  Gestaltung!	
  
	
  
• Sexuelle	
  Bildung	
  unterstützt	
  Menschen	
  dabei	
  ihre	
  sexuellen	
  Rechte	
  in	
  
  Anspruch	
  zu	
  nehmen.	
  
• Im	
  Sinne	
  eines	
  grundlegenden	
  Menschenrechts	
  müssen	
  sexuelle	
  
  Bildungsangebote	
  für	
  jeder	
  Person	
  zugänglich	
  gemacht	
  werden.	
  	
  

8
professioneller  sexualpädagogischer  
                            	
                                                                                        Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                                  	
  
Habitus                    	
  

• spezifischer	
  Berufsethos	
  
• Fähigkeit	
  zur	
  förderlichen	
  Gestaltung	
  von	
  Arbeitsbündnissen	
  
• RelaOonierung	
  von	
  theoreOschem	
  Wissen	
  und	
  prakOschem	
  Handeln	
  
• Selbstreflexions-­‐	
  und	
  KommunikaOonskompetenz	
  

                                                                          	
                                          Institut für Pädagogik	
  
habitueller  Berufsethos                                                  	
  
                                                                                                                                  	
  
SelbstbesImmung	
  
• Personen	
  oder	
  Gruppen	
  zur	
  selbstbesOmmten	
  Gestaltung	
  sexueller	
  Lebens-­‐	
  und	
  Liebesweisen	
  
  befähigen	
  
Soziale	
  GerechIgkeit	
  
• Forderung	
  einer	
  Vielfalt	
  sexueller	
  Lebensgestaltungen	
  auf	
  poliOscher	
  Ebene	
  
• Sexuelle	
  Bildung	
  unabhängig	
  von	
  Herkun2	
  zugänglich	
  machen	
  
• Öffentliches	
  Sprachrohr	
  derer,	
  die	
  aufgrund	
  Sexualität	
  diskriminiert	
  werden	
  
Solidarität	
  
• Unterstützung	
  aller	
  benachteiligten	
  Personen	
  
• Werben	
  für	
  Solidarität	
  

sexualitätsbezogene               	
                                                                                   Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                                   	
  
Ungleichheits-­‐  und  Diskriminierungstendenzen
                                 	
  
• Eingriffe	
  in	
  Privatleben,	
  FremdbesOmmung	
  der	
  Lebensplanung,	
  Begehrensform	
  und	
  
  Partnerscha2sgestaltung:	
  
      •   Kinder	
  
      •   Jugendliche	
  
      •   Menschen	
  im	
  Alter	
  
      •   Menschen	
  mit	
  nicht-­‐heterosexueller	
  Begehrensform	
  
      •   trans-­‐	
  und	
  intersexuellen	
  Menschen	
  
      •   Menschen	
  mit	
  physischen	
  und	
  psychischen	
  BeeinträchOgungen	
  
      •   Menschen	
  aus	
  besOmmten	
  Kulturkreisen	
  
      •   Menschen	
  mit	
  geringen	
  sozialökonomischen	
  Status	
  
      •   Menschen	
  mit	
  einer	
  sexuell	
  übertragbaren	
  Erkrankung	
  
      •   Menschen	
  mit	
  „abweichendem“	
  Sexualverhalten	
  	
  
      •   im	
  Geschlechterverhältnis	
  

                                                                                                                                                    

                                                                                                                                                        9
                                  Institut für Pädagogik	
  
inhaltliche  Themenschwerpunkte
                         	
  
               PrävenOon	
  sexualisierter	
  Gewalt	
                                                            39%
                                            Diversität	
                                                32%
                               kindliche	
  Sexualität	
                                  22%
                                          Auplärung	
                                     22%
                            konzepOonelle	
  Arbeit	
                               17%
                           Medien/Pornographie	
                                 15%
                            jugendliche	
  Sexualität	
                          15%
                  Behinderungen	
  und	
  Sexualität	
                           15%
                                               Gender	
                 10%
                                       Rechte/Ethik	
              7%
                              sexuelle	
  Gesundheit	
       2%

                                                                         	
                                   Institut für Pädagogik	
  
Handlungsparadoxien  zwischen:  
                         	
  
—     bildungstheoreOschem	
  Anspruch	
  in	
  kurzzeitpädagogischer	
  InterakOon	
  
—     BeziehungsorienOerung	
  und	
  Anonymität	
  
—     ganzer	
  Person	
  und	
  professioneller	
  Rolle	
  
—     Nähe	
  und	
  Distanz	
  
—     Freiwilligkeit	
  und	
  bestehender	
  Zwangskontexte	
  
	
  
—     interdisziplinäre	
  und	
  interinsOtuOonelle	
  Arbeit	
  absOmmen	
  

Sexualkulturbildung            	
                                                                             Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                          	
  
in  der  Lebenswelten  der  Klient_innen
                              	
  
                         personal-­‐verstehende	
                       pädagogisch-­‐interakOve	
  
                              Dimension	
                                    Dimension	
  

                                                             Sexualkultur	
  

                                    akOvierende	
  	
                           infrastrukturelle	
  
                                     Dimension	
                                   Dimension	
  

10
                                    Institut für Pädagogik	
  
personal-­‐verstehende  Dimension
                           	
  
Die	
  Grundhaltung	
  
• Persönlichkeitsbildung	
  von	
  Sexualpädagog_innen	
  
       • hoher	
  Reflexionsgrad	
  der	
  sexuellen	
  IdenOtät:	
  sexuelles	
  Selbstkonzept,	
  
         Selbstwertgefühl	
  und	
  Kontrollüberzeugung	
  
       • Abklärung	
  individueller	
  Nähe-­‐Distanz-­‐Bedürfnisse	
  
       • Trennung	
  von	
  professionellen	
  und	
  persönlichen	
  Anteilen	
  
• Umgang	
  mit	
  Nicht-­‐Wissen	
  und	
  Nicht-­‐Standardisierbarkeit	
  
• konOnuierliche	
  Lernbereitscha2	
  

                                                               	
                                     Institut für Pädagogik	
  
pädagogisch-­‐interakOve  Dimension
                            	
  
• Empathiefähigkeit:	
  wertschätzender	
  Umgang	
  
• Klarheit	
  eigener	
  Standpunkte	
  
• selekOve	
  AuthenOzität	
  
• Sensibilität	
  für	
  Themen	
  und	
  Gruppenprozesse	
  
• Konfliktmanagement	
  
• Flexibilität	
  
• interkulturelles	
  Verständnis	
  
	
  
                                                               	
                                     Institut für Pädagogik	
  
akOvierende  Dimension                                         	
  
                                                                                                                  	
  
• Arbeit	
  mit	
  Schlüsselpersonen	
  
• didakOsche	
  Fähigkeiten	
  
• (geschützte)	
  pädagogischen	
  Rahmen	
  gestalten:	
  Schutz	
  der	
  InOmitätsgrenzen,	
  
  Förderung	
  der	
  Auseinandersetzung	
  
• Ermöglichung	
  von	
  Freiwilligkeit	
  und	
  SelbstbesOmmung	
  
• heterogene	
  Zusammensetzung	
  von	
  Milieus	
  ermöglichen	
  
• Kontakt	
  zu	
  potenOellen	
  HilfsinsOtuOonen	
  herstellen	
  

                                                                                                                                   

                                                                                                                                       11
                  Institut für Pädagogik	
  
infrastrukturelle  Dimension	
                                                                                     	
  

 Netzwerkbildung	
  und	
  -­‐orienIerung	
  
• KooperaOonsfähigkeit	
  
• infrastrukturelles	
  Wissen	
  über	
  Hilfeapparate	
  
• Arbeitskreise	
  
• Sexualpädagogik	
  als	
  bescheidene	
  Profession	
  

                                                                                  	
                   Institut für Pädagogik	
  
Sexualpädagogische  Kernkompetenz
                         	
  
 Gibt	
  es	
  für	
  Sie	
  spezifisch-­‐sexualpädagogische	
  Kompetenzen?	
            Prozent	
  

 spezifisches	
  Fachwissen	
                                                             17,6	
  
 viel	
  Selbstreflexion	
                                                                15,7	
  
 viel	
  Respekt,	
  Toleranz,	
  Diversität	
                                           13,7	
  
 hohes	
  Maß	
  an	
  Echtheit,	
  AuthenOzität,	
  Offenheit	
                          11,8	
  
 hohes	
  Maß	
  an	
  Empathie	
                                                        9,8	
  
 hohe	
  Sensibilität	
                                                                  9,8	
  
 besondere	
  Gesprächskompetenz	
                                                       7,8	
  
 sensible	
  Balance	
  von	
  Nähe	
  und	
  Distanz	
                                  7,8	
  
 viel	
  Humor	
                                                                         3,9	
  
 Sexualfreundlichkeit	
                                                                  2,0	
  

                                                                                  	
                   Institut für Pädagogik	
  
Handlungssicherheit                                                               	
  
                                                                                                                   	
  
                                                     Image
                                              prakt.
                                           Erfahrungs-                     Aus- und
                                             wissen                      Weiterbildung

                              päd. Grund-
                              ausbildung

                                                                           didaktische
                                                   personale               Kompetenz
                                                   Kompetenz

12
                               Institut für Pädagogik	
  
FortbildungsmoOvaOon                                                     	
  
                                                                                                                       	
  
        persönliches	
  Interesse	
                                                                                95%	
  

         Freude	
  am	
  Austausch	
                                                             76%	
  

    OpOmierung	
  der	
  DidakOk	
                                                         71%	
  

 konkrete	
  Anlässe	
  der	
  Praxis	
                              34%	
  

 eigene	
  IdenOtät	
  entwickeln	
                        22%	
  

Interesse	
  am	
  Qualitätssiegel	
                 17%	
  

            Auflage	
  des	
  Trägers	
      7%	
  

2. Richtlinien und Gesetze

Sexualerziehung  in  Kita                                   	
  
                                                                         	
                                Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                                       	
  
(LZG:  „Körpererfahrung  und  Sexualerziehung  im  Kindergarten“,  2009)

• §	
  22-­‐26	
  SGB	
  VIII	
  
     • „Betreuung,	
  Bildung	
  und	
  Erziehung	
  von	
  Kindern	
  sowie	
  Förderung	
  ihrer	
  
       Entwicklung	
  zu	
  einer	
  eigenverantwortlichen	
  und	
  gemeinscha2sfähigen	
  
       Persönlichkeit“	
  
     • OrienOerung	
  an	
  den	
  Bedürfnissen	
  des	
  Kindes	
  und	
  der	
  Eltern	
  
• Bildungspläne	
  und	
  Leitlinien	
  der	
  Bundesländer	
  
     • in	
  allen	
  Bundesländern:	
  Bedeutung	
  von	
  Körper-­‐	
  und	
  Sinneserfahrungen,	
  und/
       oder	
  geschlechtlicher	
  IdenOtät	
  
     • in	
  der	
  Häl2e	
  der	
  Bundesländer:	
  Hinweise	
  auf	
  frühkindliche	
  Sexualität	
  
• Sexualerziehung	
  folgt	
  dem	
  SituaOonsansatz	
  

                                                                         	
                                Institut für Pädagogik	
  
Sexualerziehung  in  Schule 	
                                                                                         	
  

• 1968:	
  KMK:	
  Empfehlungen	
  zur	
  geschlechtlichen	
  Erziehung	
  in	
  der	
  Schule	
  
     • Sexualerziehung	
  als	
  gelichgeordnete	
  Aufgabe	
  des	
  Elternhauses	
  und	
  Schule	
  
       (BVerfG	
  1977)	
  
     • fachübergreifendes	
  Unterrichten	
  
     • Sexualerziehung	
  hat	
  für	
  vers.	
  Werteauffassungen	
  offen	
  zu	
  sein	
  und	
  auf	
  die	
  
       VerschiedenarOgkeit	
  der	
  religiös-­‐weltanschaulichen	
  Einstellungen	
  Rücksicht	
  zu	
  
       nehmen.	
  Nicht	
  jedes	
  elterliche	
  Einzelinteresse	
  muss	
  berücksichOgt	
  werden.	
  
       (BVerWG	
  1979)	
  	
  
• 2002:	
  Auwebung	
  des	
  Beschlusses	
  von	
  1968	
  

                                                                                                                                        

                                                                                                                                            13
Schule:  Konsequenzen  für  Sexualerziehung  
                              	
                                                             Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                         	
  
(Hilgers  2003,  Sielert  2011)                          	
  

• Sachkompetenz	
  hat	
  Vorrang	
  
• knappes	
  Angebot	
  methodischer	
  Vorschläge	
  
• InformaOonspflicht	
  gegenüber	
  Eltern	
  
• Diskrepanz	
  zwischen	
  verstärktem	
  Erziehungsau2rag	
  in	
  Schulen	
  und	
  
  Know-­‐How	
  der	
  Lehrkrä2e	
  
• kein	
  Überblick,	
  was	
  tatsächlich	
  passiert	
  

Sexualerziehung  in                                      	
                                  Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                         	
  
Kinder-­‐  und  Jugendhilfe                              	
  

• umfassender	
  Erziehungsau2rag	
  im	
  KJHG	
  (SGB	
  VIII)	
  
• §11	
  SGB	
  VIII	
  Leistungen	
  der	
  Jugendhilfe	
  
     • Mädchen-­‐	
  und	
  Jungenarbeit,	
  Jugendberatung,	
  außerschulische	
  Jugendbildung	
  
• §14	
  SGB	
  VIII	
  
     • Sexualpädagogische	
  PrävenOon	
  sexueller	
  Gewalt	
  
• §180	
  StGB	
  
     • Förderung	
  sexueller	
  Handlungen	
  Minderjähriger	
  

Erziehungshilfe:             	
                                                              Institut für Pädagogik	
  
                                                                                                         	
  
Konsequenzen  für  die  Sexualerziehung
                            	
  
• Strukturmerkmale:	
  Freiwilligkeit,	
  Flexibilität	
  und	
  Pluralität,	
  emoOonale	
  
  Ansprache	
  
• funkOonale	
  und	
  lineare	
  Sexualpädagogik	
  
• konzepOonelle	
  Unterstützung	
  
• Umgang	
  mit	
  schwierige	
  Sexualbiographien	
  

14
3. aktuelle und zukünftige Debatten

                                                                              	
                                               Institut für Pädagogik	
  
ZeitungsarOkel                                                                	
  
                                                                                                                                           	
  
• SZ	
  „Was	
  Sie	
  noch	
  nie	
  über	
  Sex	
  wissen	
  wollten“,	
  24.04.2014	
  
       „Toleranz	
  ist	
  eine	
  Tugend,	
  doch	
  was	
  die	
  Sexualpädagogik	
  Schulkindern	
  zumutet,	
  um	
  ihren	
  
       Horizont	
  über	
  das	
  tradiOonelle	
  Familienbild	
  hinaus	
  zu	
  erweitern,	
  nimmt	
  bizarre	
  Züge	
  an.“	
  
• FAS	
  „Unter	
  dem	
  Deckmantel	
  der	
  Vielfalt“,	
  14.10.2014	
  
       „Kinder	
  sollen	
  ihre	
  „Lieblingsstellung“	
  zeigen,	
  Puffs	
  planen,	
  Massagen	
  üben.	
  Die	
  sexuelle	
  
       Auplärung	
  missachtet	
  Grenzen.	
  Die	
  PoliOk	
  will	
  es	
  so.	
  Kinderschützer	
  schlagen	
  Alarm.“	
  	
  
• FAZ	
  „AuXlärung	
  oder	
  Anleitung	
  zum	
  Sex?“,	
  23.10.2014	
  
       „Die	
  Sexualpädagogik	
  in	
  den	
  neuen	
  Lehrplänen	
  ist	
  geeignet,	
  den	
  Kindesmissbrauch	
  zu	
  
       fördern.	
  Die	
  gesamte	
  Gesellscha2	
  soll	
  umerzogen	
  werden.“	
  
• Junge	
  Freiheit	
  „Sie	
  verführen	
  unsere	
  Kinder“,	
  14.11.2014	
  
       „Immer	
  früher,	
  immer	
  extremer:	
  Viele	
  Eltern	
  reagieren	
  besorgt	
  auf	
  die	
  Neuausrichtung	
  der	
  
       Sexualkunde	
  in	
  Schule.	
  Was	
  darf	
  den	
  Jüngsten	
  zugemutet	
  werden?“	
  

                                                                              	
                                               Institut für Pädagogik	
  
ZeitungsarOkel                                                                	
  
                                                                                                                                           	
  
• Welt	
  am	
  Sonntag	
  „Aufstand	
  der	
  Biedermänner“	
  19.01.2014	
  
       „Sexualerziehung	
  an	
  Schulen	
  ist	
  ein	
  ewiges	
  StreiNhema	
  –	
  dabei	
  ist	
  sie	
  in	
  der	
  Gesellscha2	
  
       längst	
  akzepOert.	
  Für	
  Aufregung	
  sorgt	
  dieses	
  Mal	
  die	
  GeschlechtergerechOgkeit.	
  Doch	
  
       Eltern	
  macht	
  das	
  Thema	
  Angst.“	
  
• Zeit	
  online	
  „Hass	
  und	
  Hetze	
  gegen	
  Geschlechterforscher,	
  12.08.2014	
  
       „Gender	
  Studies	
  ist	
  eine	
  junge	
  Disziplin	
  an	
  Unis	
  Immer	
  wieder	
  müssen	
  Professoren	
  mit	
  der	
  
       Frage	
  kämpfen:	
  Ist	
  das	
  eine	
  Wissenscha2?	
  Im	
  Internet	
  werden	
  sie	
  brutal	
  bedroht.“	
  
• Uni-­‐Spiegel	
  „Der	
  Tusse	
  die	
  Rübe	
  wegblasen“	
  05/2014	
  
       „Genderforscher	
  vertreten	
  umstri{ge	
  Thesen	
  –	
  und	
  werden	
  dafür	
  radikal	
  angegriffen.	
  Der	
  
       Soziologin	
  Elisabeth	
  Tuider	
  wurde	
  sogar	
  mit	
  Mord	
  und	
  VergewalOgung	
  gedroht.“	
  
• t-­‐online	
  „Streit	
  um	
  sexuelle	
  AuXlärung“,	
  11.11.2014	
  
       „Kann	
  man	
  Teenager	
  überhaut	
  übersexualisieren?“	
  

                                                                              	
                                               Institut für Pädagogik	
  
öffentliche  Kontroversen                                                      	
  
                                                                                                                                           	
  
• Frühsexualisierung	
  und	
  Übersexualisierung	
  
• Entnaturalisierung	
  der	
  Familie	
  
• Verwirrung	
  der	
  sexuellen	
  OrienOerung	
  
• gewaltvolle	
  Sexualpädagogik	
  
• Eingriff	
  ins	
  das	
  Erziehungsrecht	
  der	
  Eltern	
  
• Netzwerk	
  pädophiler	
  Personen	
  

                                                                                                                                                            

                                                                                                                                                                15
                                    Institut für Pädagogik	
  
strategischer  Dialog  mit  der  Öffentlichkeit
                              	
  
•   Sexualerziehung	
  verläu2	
  zumeist	
  ganz	
  gut,	
  aber	
  noch	
  nicht	
  gut	
  genug	
  
•   Sexualerziehung	
  wirkt,	
  wenn	
  sie	
  die	
  Jugendlichen	
  ernst	
  nimmt	
  
•   Vielfalt	
  ist	
  vorhanden,	
  sie	
  wird	
  den	
  Jugendlichen	
  nicht	
  aufgezwungen	
  
•   Die	
  Menschen	
  stärken	
  gegen	
  Gewalt	
  
•   SelbstbesOmmung	
  und	
  Verantwortung	
  bekommen	
  eine	
  Chance	
  
•   Sexuelle	
  SelbstbesOmmung	
  und	
  -­‐verantwortung	
  basieren	
  auf	
  ethischer	
  
    OrienOerung	
  
	
  
• Sexualpädagogik	
  ist	
  poliIsch!	
  

                                                              	
                                     Institut für Pädagogik	
  
PoliOsche  Dimension  der  TäOgkeit
                            	
  
Worin sehen Sie die politische Dimension Ihrer sexualpädagogischen          Prozent
Arbeit?
Sexualfreundlichkeit fördern                                                22

Diversity Mainstreaming                                                     22

Gleichstellung/Geschlechtergerechtigkeit/Emanzipation                       19,5

Stärkung von Rechten                                                        19,5

Positive sexuelle Bildung                                                   19,5

Das Persönliche ist politisch                                               19,5

Öffentlichkeitsarbeit                                                       9,8

Etablierung von Sexualpädagogik                                             7,3

Keine politische Dimension                                                  7,3

16
Vortrag 2

        Überlegungen zum Kulturbegriff für kultursensible
        ­Perspektiven in der (sexual)pädagogischen Arbeit
                                                     Von Olivia Sarma

Mit der kultursensiblen und interkulturellen Aus-                Kulturelle Vielfalt, kulturelle Differenz, Interkulturalität,
richtung pädagogischen Handelns reagieren wir auf                Kultursensibilität sind die häufig verwendeten Schlag-
besondere Herausforderungen, denen wir innerhalb                 worte, aber um zu verstehen was damit gemeint ist,
der Migrationsgesellschaft begegnen. Ich nutze den               stellt sich die Frage: Was verstehen wir unter Kultur?
Begriff Migrationsgesellschaft weil er weiter greift als
                                                                 Mittlerweile gibt es einen Common Sense in vielen
Einwanderungsgesellschaft, denn es geht nicht nur um
                                                                 Angeboten kultursensibler und interkultureller Bildungs-
den Zuzug von Menschen und den Import von Kulturen,
                                                                 und Beratungsarbeit, nämlich dass wir Kultur nicht
sondern um komplexe Veränderungsprozesse einer
                                                                 unmittelbar an Herkunft knüpfen dürfen, dass Kultur
Gesellschaft durch die Mobilität der Menschen, die in ihr
                                                                 nicht statisch ist, sondern dynamisch und im Wandel.
leben. Eine Migrationsgesellschaft zeichnet sich durch
                                                                 Das hat sich zumindest in der Außendarstellung vieler
Menschen und Communitys mit verschiedensten Mig-
                                                                 Praktizierender als Grundsatz etabliert. Allerdings hat
rationsbiografien, in unterschiedlichsten politischen und
                                                                 dieses Wissen um die Dynamiken von Kultur wenig Ein-
sozialen Lagen, mit vielfältigen religiösen, ethnischen
                                                                 gang gefunden in die Methoden, Beispiele und Theorien
und kulturellen Zugehörigkeiten aus.
                                                                 interkultureller Angebote.
Die kultursensible Beratung ordne ich den Ansätzen der
                                                                 Diese Tatsache verweist auf ein Phänomen, das ich die
interkulturellen Bildung zu. Beide Ansätze verbindet,
                                                                 ‚Doppelte Bedeutung von Kultur‘ nennen möchte – und
dass sie versuchen, auf die vielfältigen Bedarfe und
                                                                 zwar einmal innerhalb der akademischen Welt und
Belange ihrer Klientel einzugehen, indem sie „Kultur“ als
                                                                 innerhalb der Alltagswelt.
Differenzmerkmal in ihren Fokus stellen. Ausgangslage
ist, dass wir offenbar mit der „klassischen“ Ausrichtung         Innerhalb des akademischen Diskurses hat sich in den
unserer Arbeit nicht die Ziele erreichen, die wir unserer        letzten Jahrzehnten ein Verständnis von Kultur durch-
Arbeit setzen – sei es, dass wir die Menschen nicht errei-       gesetzt, welches zum einen Kultur als sinngebendes
chen, die wir erreichen wollen, oder dass es innerhalb           und sinnverstehendes Handeln begreift – also bedeu-
der Arbeit zu Unzufriedenheiten, Missverständnissen,             tungsorientiert ist. Jeder Mensch verfügt demnach über
schwierigen Kommunikationsdynamiken, Ablehnung                   sogenannte Bedeutungssysteme, die ihn befähigen in
oder ähnlichem kommt. Die Schwierigkeit dieser Proble-           bestimmten Gemeinschaften zu handeln und zu ver-
matik identifizieren wir in der kulturellen Vielfalt, der wir    stehen. Diese sind nicht angeboren, sondern werden
nicht gerecht werden.                                            durch Erfahrungen angeeignet und verändern sich. Im
                                                                 konkreten Fall sind das verschiedene soziale Räume, wie
Mich begleiten in der Auseinandersetzung um dieses
                                                                 Familie oder KollegInnen, Netzwerke und Beziehung.
Thema die Fragen:
                                                                 Diese können, wie in meinem Fall, zu einem großen Teil
1. Können Ansätze der Beratungs- und Bildungsarbeit              transnational sein und deren Mitglieder wiederum ver-
mit dem Fokus auf kulturelle Differenz die Teilhabe- und         schiedenste transkulturelle Bezüge und entsprechende
Entfaltungsmöglichkeiten, sowie das soziale Miteinan-            Bedeutungssysteme aufweisen.
der der Klientel verbessern?
2. Wie gehen wir mit der Gefahr um, durch diesen Fokus
Stereotype, Rassismen und Ungleichheitsverhältnisse zu
reproduzieren?

                                                                                                                  

                                                                                                                             17
Zum anderen ist Kultur ein Instrument beziehungsweise         Kultur in dieser Doppelten Bedeutung veranschaulicht
Mechanismus, soziale Räume zu organisieren, indem             die Komplexität mit der wir es zu tun haben, wenn wir
ich beispielsweise durch bestimmte kulturelle Praktiken       kulturelle Diversität in unseren Ansätzen thematisieren:
Zugehörigkeit oder Abgrenzung erzeuge. Dies muss in
                                                              Menschen reproduzieren das statische Verständnis von
hierarchischen und machtungleichen Verhältnissen
                                                              Kultur ständig im Alltag, während wir „wissen“, dass
gedacht werden. Es geht also immer auch um den
                                                              Kultur „eigentlich ganz anders ist“. Diese beiden Bedeu-
Kampf und den Zugang zu Ressourcen. Ob sich jemand
                                                              tungen von Kultur spielen eine Rolle, wenn wir uns aus
in der Gesellschaft zur Mehrheitsgesellschaft zuordnen
                                                              professioneller Sicht damit auseinandersetzen. Was sol-
kann oder nicht, wird entscheidende Auswirkungen auf
                                                              len wir nun damit tun? Ich hörte letztens eine Trainerin
seine Teilhabemöglichkeiten haben.
                                                              über interkulturelle Bildung sagen: Es geht immer um
Kultur und kulturelles Handeln bezieht sich demnach           Wissen und Haltung. Nur Wissen alleine reicht nicht, nur
auf Vergemeinschaftungsprozesse, die eine Wirkung auf         Haltung auch nicht. Wenn Sie kompetent kultursensibel
meine Handlungsräume innerhalb von Gesellschaften             Handeln wollen, was für ein Wissen, welche Haltung
haben. Kultur ist – im akademischen Diskurs – prozesso-       wird benötigt?
rientiert, handlungsorientiert und bedeutungsorientiert
                                                              In Interkulturellen Trainings wird häufig Wissen über
– also äußerst dynamisch und in ständiger Verhandlung
                                                              eine Kultur vermittelt. Kulturstandards sind eine verbrei-
begriffen. Innerhalb des öffentlichen Diskurses wird Kul-
                                                              tete Methode. Solche Dinge wie Nähe/Distanzverhalten,
tur jedoch weiterhin sehr statisch gedacht, und zwar in
                                                              Kommunikationsregeln etc. werden als Wissensinhalte
solchen Denkfiguren wie Kulturkreis, islamische, christ-
                                                              für wichtig erachtet. Ich schlage vor, dass wir uns Wis-
liche oder deutsche Kultur, multikulturelle Gesellschaft
                                                              sen über Machtstrukturen in der Gesellschaft und Ihre
etc. Besonders in Debatten um Probleme in der Einwan-
                                                              Verquickung mit dem Diskurs über Kultur und kulturelle
derungsgesellschaft, werden kulturelle Unterschiede
                                                              Fremdheit aneignen. Wer nutzt „Kulturargumente“ für
essentialisiert. Das meint, dass eine natürliche Existenz
                                                              welchen Zweck, wer wird wie beschrieben, wenn kul-
eines authentischen kulturellen Kerns von Menschen
                                                              turelle Eigenarten beschrieben werden, und wer bezie-
behauptet wird, der quasi angeboren und unveränder-
                                                              hungsweise wessen „Kultur“ bleibt in diesen Diskursen
bar sei. Dieser kulturelle Kern bezieht sich meist auf eine
                                                              unsichtbar?
nationale, ethnische oder religiöse Kultur und scheint
unvereinbar mit anderen Kulturen zu sein. Daraus folgt        Wo passieren Kulturalisierungen und welche Konse-
dann: Man sei zwischen den Kulturen zerrissen, kulturell      quenzen haben sie? Wo dienen kulturelle Themen als
entwurzelt oder das sei einfach nicht mit unserer Kultur      Erklärung für Verhaltensweisen, Missstände oder Ver-
vereinbar.                                                    hältnisse und werden soziale, ökonomische oder politi-
                                                              sche Aspekte verschleiert?
Dieses Kulturverständnis wird von unterschiedlichen
Akteuren genutzt:                                             In Bezug auf Haltung plädiere ich für ein Professiona­
                                                              litätsverständnis, welches sich – wie Paul Mecheril sagt
In der deutschen Gesellschaft schließt die Mehrheits-
                                                              – die Grenzen des eigenen professionellen Handelns
gesellschaft durch den Diskurs um ethnische Gruppen
                                                              bewusst macht: Es wird keine Methode oder Theorie
diese von einem deutschen „Wir“ aus, konstruiert also
                                                              geben, die Unsicherheiten oder Befremdungsgefühle
ein kulturelles „Andere“ und definiert damit ein kulturel-
                                                              verhindert. Auch Konflikte können und sollen nicht ver-
les „Wir“. Als Minderheiten markierte Gruppen nutzen
                                                              mieden werden. Vielmehr kann eine kritisch-reflexive
kulturelle Identitäten zum Erkämpfen von Minderhei-
                                                              Haltung gegenüber der Verwendung von Begriffen wie
tenrechten. Jugendliche organisieren ihren sozialen
                                                              Kultur, Differenz und Zugehörigkeit entwickelt und
Raum über die Artikulation kultureller Zugehörigkeiten,
                                                              damit ihr Gebrauch auf ihre Funktion hinterfragt wer-
auch religiöse Radikalisierung kann als Folge im Macht-
                                                              den.
kampf um kulturelle Zugehörigkeit verstanden werden.

18
Letztlich bedarf es der ständigen Selbstbeobachtung,
um eigene Vorannahmen und Kategorien im Blick zu
haben, sowie der Sensibilität, die von meinem Gegen-
über geäußerten eigenen Differenzkategorien und deren
Bedeutung wahrzunehmen. In einem solchen Rahmen
sehe ich die Chance einer kultursensiblen Perspektive,
die die Komplexität kultureller Vielfalt innerhalb von
wirksamen Machtverhältnissen ernst nimmt.

Olivia Sarma ist Bildungsreferentin
­Freiwilligendienste der AWO in
 Frankfurt am Main.

Weiterführende Literatur:
Elverich, Gabi; Kalpaka, Annita; Reindlmeier, Karin (Hg.)
(2009): Spurensicherung. Reflexion von Bildungsarbeit in der
Einwanderungsgesellschaft. Münster: Unrast Verlag
Mecheril, Paul (2004): Einführung in die Migrationspädagogik.
Weinheim: Beltz
Messerschmidt, Astrid (2009): Weltbilder und Selbstbilder.
Bildungsprozesse im Umgang mit Globalisierung, Migration und
Zeitgeschichte. Frankfurt am Main: Brandes & Apsel
Reckwitz, Andreas (2001): Multikulturalismustheorien und der
Kulturbegriff : Vom Homogenitätsmodell zum Modell kultureller
Interferenzen. In: Berliner Journal für Soziologie, Jg. 11, H. 2,
S. 179 – 200
Rommelspacher, Birgit (1995): Dominanzkultur. Texte zu Fremdheit
und Macht. Berlin: Orlanda Frauenverlag
Sarma, Olivia (2012): Kulturkonzepte. Ein kritischer
Diskussionsbeitrag für die interkulturelle Bildung. Herausgegeben
vom Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Amt für
multikulturelle Angelegenheiten, (verfügbar unter
www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/KulturKonzepte_2012.pdf
[27.11.2014])

                                                                    19
Vortrag 3

                        Menschenrechtsbildung ist …
                     … mehr als reine Wissensvermittlung.
                                            Von Carina Fiebich-Dinkel

Natürlich muss auch in diesem Kontext etwas gelehrt          Übungen zum Einsatz kommen, die die aktive Teil-
werden. Es gilt, die Lernenden ÜBER Menschenrechte zu        nahme der Lernenden verlangen. Solche Techniken wie
informieren. Die historische Errungenschaft der Bürger-      Gruppenarbeit, Rollenspiele oder Brainstorming sollen
rechte, die Entstehung der Allgemeinen Erklärung der         dazu dienen, die Lernenden zu stimulieren und auf ein
Menschenrechte (AEMR) und ihr historischer Kontext,          bestimmtes Thema und seine Strukturen aufmerksam
aktuelle Menschenrechtsverletzungen weltweit usw.            zu machen. Partizipative Methoden, oder auch Erfah-
kann der Lehrende als sein Wissen an die Lernenden           rungslernen, führt im besten Fall dazu, dass sich die Ler-
weitergeben. Menschenrechtsbildung darf aber nicht           nenden in bestimmte Situationen hineinversetzen und
hier stehen bleiben. Sie umfasst vielmehr zwei weitere       Strukturen erkennen können und gegebenenfalls eigene
Dimensionen, nämlich das Lernen DURCH Menschen-              Einstellungen hinterfragen (zum Beispiel hinsichtlich
rechte sowie das Lernen FÜR Menschenrechte. In diesen        Diskriminierung oder Todesstrafe).
beiden Dimensionen verlässt die Menschrechtsbildung
                                                             Techniken und Übungen dürfen dabei nicht zum Selbst-
den insbesondere im schulischen Unterricht gebräuch-
                                                             zweck stattfinden, sondern sollen immer ein bestimm-
lichen Pfad des Frontalunterrichts. Die Lehrenden sind
                                                             tes pädagogisches Ziel verfolgen und entsprechend
nicht länger die ExpertInnen auf einem Feld, welches sie
                                                             eingesetzt werden. Notwendig für den angestrebten
den Lernenden vermitteln sollen.
                                                             Lernerfolg ist daher – neben der Möglichkeit, gewisse
Das Lernen DURCH Menschenrechte ist dadurch gekenn-          Erfahrungen zu machen und dies aus unterschiedlichen
zeichnet, dass im Prozess des Lehrens und des Lernens        Perspektiven – eine anschließende Diskussion und
die Rechte aller geachtet werden und die Gedanken,           Reflektion sowie Anbindung an die eigene Alltagswelt
Ansichten und Einstellungen aller Beteiligten einflie-       der im Rahmen der Übungen gemachten Erfahrungen.
ßen sollen. Das Ziel ist die Bewusstseinsbildung, die        Der Lehrende ist hier gefragt, diese Anbindung und
Reflektion und die Diskussion von Einstellungen und          Übertragung gemeinsam mit den Lernenden zu leisten.
Haltungen in Bezug auf bestimmte Menschenrechte
                                                             Im Kontext des partizipativen Lernens steht der Respekt
sowie deren aktuelle Situation weltweit und in der eige-
                                                             zwischen Lehrenden und Lernenden an oberster Stelle
nen Gesellschaft. An dieser Stelle kommen Verfahren,
                                                             und symbolisiert so das Lernen DURCH Menschen-
Techniken und Übungen zum Einsatz, die partizipativ
                                                             rechte. Gelehrt werden soll nicht durch Überzeugungs-
ausgelegt sind und auf die persönliche Erfahrungswelt
                                                             arbeit, sondern durch Bewusstseinsbildung und die
abzielen.
                                                             Herausbildung eines kritischen Urteilsvermögens. Dabei
Die zugrunde liegende partizipative Methode verfolgt         spielt das Wissen, welches die Lernenden mitbringen
einen anderen pädagogischen Ansatz als die reine             durchaus eine Rolle. Es wird sozusagen als ein zu heben-
­Wissensvermittlung. Das Ziel dieser Methode ist die         des Potenzial betrachtet.
 Befähigung zum eigenständigen, analytischen Den-
                                                             An dieser Stelle ist der Übergang zum Lernen FÜR
 ken und zum Eintreten für die eigenen Rechte und die
                                                             Menschenrechte quasi fließend: Lernen FÜR die Men-
 Rechte anderer (Empowerment). Zu den Verfahren
                                                             schenrechte hat zum Ziel, eigene Einstellungen und
 zählen S
        ­ chulungen, Seminare, Workshops und Vorträge
 beziehungsweise Vorlesungen. Innerhalb dieser Ver-
 fahren können bestimmte Techniken beziehungsweise

20
Verhaltensweisen zu hinterfragen und diese mög­                   Literaturhinweise und Materialien:
licherweise im Alltag zu ändern. Dies kann zum Beispiel           Amnesty International (Hg.): Moderationshandbuch. Leitfaden
ein geändertes Verhalten gegenüber marginalisier-                 für die Verwendung partizipativer Methoden. Materialien zur
                                                                  Menschenrechtsbildung. 2013.
ten Gruppen oder Einzelpersonen erzeugen (Thema
                                                                  Amnesty International:
­Diskriminierung) oder eine neue fundierte Einstellung            www.amnesty-bildung.de/Main/MR-Bildung
 zur Todesstrafe, die auch nach außen vertreten wird. In          Arbeitsgruppe Menschenrechtsbildung im FORUM
 jedem Fall sollte als das Ergebnis des Lernens FÜR Men-          MENSCHENRECHTE (Hg.): Standards der Menschenrechtsbildung in
 schenrechte eine reflektierte, im Sinne der Menschen-            Schulen. Berlin 2005.

 rechte begründbare Haltung stehen, die jemanden in               Deutsches Institut für Menschenrechte:
                                                                  www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsbildung.
 die Lage versetzt, sich auf dieser Basis gegen Menschen-         html
 rechtsverletzungen einzusetzen.                                 Nürnberger Menschenrechtszentrum:
                                                                  www.diskriminierung.menschenrechte.org/materialien
Carina Fiebich-Dinkel arbeitet für das Nürnberger                 (auf dieser Seite findet sich der Schnelleinstieg zu einzelnen
Menschenrechtszentrum und Amnesty Interna-                        Übungen insbesondere zum Thema Diskriminierung sowie die
                                                                  Online-Ausgabe einer Handreichung zum Thema
tional und ist Lehrbeauftragte der Universität
Erlangen-Nürnberg.                                                Die folgende Präsentation hat Carina Fiebich-Dinkel
                                                                  ­vorstellt:

    Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
    Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

    Lernen über Menschenrechte

    • Im Vordergrund steht die Wissensvermittlung:

             Welche Prinzipien liegen den Menschenrechten zu Grunde?
             Was sind Menschenrechtsverletzungen?
             Welche Dokumente und Verfahren des Menschenrechtsschutzes gibt es?

    • Methode:
    • Frontalunterricht –
    • oder selbst (in Gruppenarbeit) erarbeiten lassen

    • Lehrkörper verfügt über relevantes Wissen

    Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
    Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

    Lernen über Menschenrechte

    • Beispiel: Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

    Anknüpfungspunkte schaffen durch Ausstellungsführung zum
    Nationalsozialismus
    Benennen der beobachteten Menschenrechtsverletzungen durch Schüler_innen
    (ohne Vorwissen)
    Aktivierung eigenen Potenzials – in Gruppenarbeit eine eigene ideale
    Menschenrechtscharta erstellen lassen
    Darstellung des internationalen Menschenrechtsschutzes durch Lehrkörper
    (AEMR der VN als Antwort auf Nationalsozialismus)

                                                                                                                        

                                                                                                                                   21
Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
     Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

                        Menschenrechtsbildung darf sich nicht auf
                        die Vermittlung von Wissen beschränken!

     Lernen durch Menschenrechte heißt:

     Sensibilisierung
     Schaffung eines Problembewusstseins
     Förderung bestimmter Einstelungen

     ► Angesprochen sind Werte und Einstellungen

     Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
     Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

     Lernen durch Menschenrechte

     Methoden folgen einem anderen pädagogischen Ansatz:

     • Ansatzpunkte: vorhandene(s) Wissen /Werte/Einstellungen der Schüler_innen
     • Lehrkörper fungiert nur als Moderator_in
     • Notwendige Kompetenzen können nicht gelehrt, sondern müssen erfahren
       werden!

     Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
     Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

     Lernen durch Menschenrechte

     • Kooperatives Lernen
              • Gemeinsames Lernen in einer Gruppe
     • Partizipatives Lernen
              • Teilnehmer_innen können selbst entscheiden, ob und wie
                intensiv sie sich einbringen möchten
              • Räume schaffen, an denen Teilnehmer_innnen aktiv
                partizipieren können
     • Erfahrungslernen
              • Techniken bzw. Übungen

22
Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

Lernen durch Menschenrechte

• 5 Phasen des Erfahrungslernens
       • (1) Übung durchführen: Erfahrung machen
       • (2) Berichten: Reaktionen und Beobachtungen einbringen
       • (3) Reflektieren: Muster + Dynamiken, Einsichten in
             Erfahrungen gewinnen, Gefühle
       • (4) Verallgemeinern: Muster + Verhältnis zwischen
             Gelerntem und Wirklichkeit diskutieren
       • (5) Anwendung: Verhaltensweisen und Einstellungen
            ändern
(Beispielübung „Bezwinge den Kreis!“)

Input-Referat „Menschenrechtsbildung“
Carina Fiebich-Dinkel (Nürnberger Menschenrechtszentrum / Amnesty International)

Lernen für Menschenrechte

Phase 5 des Erfahrungslernens:
„Anwendung: Verhaltensweisen und Einstellungen ändern“

    • Über Einstellungen reden: Hat sich meine Einstellung zu einem Thema
      geändert? (Z. B. Einstellung zu Folter)

    • Welche Verhaltensweisen wollen Schüler_innen, Teilnehmer_innen
      zukünftig ändern? (Thema Diskriminierung: Wie verhalte ich mich in
      Zukunft? Wie reagiere ich in entsprechenden Situationen? Was ist mir
      bewusst geworden?)

                                                                                   23
Vortrag 4

                  Sexuelle Vielfalt in der Sexualpädagogik
                                          Von Dr. Thomas Viola Rieske

Sexuelle Vielfalt in der sexualpädagogischen Arbeit        Dr. Thomas Viola Rieske arbeitet im Projekt
berührt viele Themen, die für die Sexualpädagogik nicht    Aufdeckung und Prävention von sexualisierter
neu sind, aber durch die aktuelle Präsenz des Themas       Gewalt gegen männliche Kinder und Jugendliche
einen weiteren Rahmen erhalten: Geschlecht, Lebens-        bei Dissens e.V. Berlin.
weisen/Beziehungsweisen, sexuelle Orientierung und
sexuelle Praktiken. In diesen Bereichen zeigen sich
unterschiedliche Normen, aus denen sich vielfältige         Literaturempfehlung:
Benachteiligungen für Jugendliche ergeben können.           Queerformat und Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut
                                                            Berlin-Brandenburg (Hrsg.) (2012): Geschlechtliche und sexuelle
Diese gilt es als sexualpädagogische Fachkräfte zu ken-     Vielfalt in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
nen und zu reflektieren.                                    Handreichung für Fachkräfte derKinder-­und Jugendhilfe. Berlin.
                                                            Bestellung unter: www.queerformat.de
Daher plädiert Thomas Viola Rieske für eine verstärkte
Qualifizierung zum Thema sexuelle Vielfalt, auch wenn      Die folgende Präsentation hat Thomas Viola Rieske
bereits ein breites Basiswissen bei sexualpädagogischen    ­vorgestellt:
Fachkräften vorhanden ist. Es brauche Fachwissen, Stra-
tegien im Umgang mit Jugendlichen und Eltern sowie
Selbstreflexion.

     1. Was  heißt  sexuelle  Vielfalt?
     2. Wird  sexuelle  Vielfalt  akzep=ert?
     3. Was  braucht  eine  Sexualpädagogik  der  
        Vielfalt?

24
heterosexuell
   lesbisch
 schwul      bisexuell
       pansexuell
   asexuell         (nicht-) intergeschlechtlich
                          männlich
                                      cisgender
                 Queer       weiblich
  rekreativ                             transgeschlechtlich
        prokreativ
 BDSM
        Fetisch
     vanilla                                     …

      Regulierung	
  sexueller	
  Vielfalt	
  
Sexuelle  Orien=erungen  &  Prak=ken,  Geschlechter  &  
Geschlechtsiden=täten,  Beziehungsformen  und  Lebensweisen  werden  
eingeschränkt  und  hierarchisiert  –  zentrale  Merkmale  dessen  sind:

• Zweigeschlechtlichkeit  (nur  2  Geschlechter,  die  sich  unterscheiden  
  sollen)
• Hegemoniale  Männlichkeit  (mit  dem  höchsten  symbolischen  und  
  materiellen  Wert  sind  bes=mmte  Formen  von  Männlichkeit  
  assoziiert)
• Heteronorma=vität  (die  2  Geschlechter  sollen  das  je  andere  
  begehren)!
• Interdependenz  (Regulierungen  von  Geschlecht  &  Sexualität  
  hängen  mit  anderen  Formen  sozialer  Hierarchisierung  und  
  Regulierung  zusammen)!

                                                                               

                                                                                   25
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