Welterbestätte Island of Meroë, Sudan - Strategien zu Erfassung und Erhalt

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Welterbestätte Island of Meroë, Sudan – Strategien zu Erfassung
und Erhalt
Alexandra Riedel und Mahmoud Suliman Bashir

Zusammenfassung                                                 Abstract

Die Welterbestätte Meroë ist eine der wichtigsten archäo-       The World Heritage Site of Meroë is one of Sudan’s most
logischen Stätten des Sudan. Friedhöfe mit mehr als 100         important sites. Its remarkable cemeteries with more than
Pyramiden ziehen jedes Jahr Tausende von sudanesischen          100 pyramids attract thousands of Sudanese and interna-
und internationalen Touristen an. Die Pyramiden und die         tional tourists each year. Situated in an almost pristine land-
antike Stadt liegen in einer nahezu unberührten Land-           scape, the pyramids and the ancient capital were included in
schaft und wurden 2011 aufgrund ihrer Authentizität und         the UNESCO World Heritage List in 2011 due to their au-
ihres außergewöhnlichen universellen Wertes (OUV) in die        thenticity and outstanding universal value (OUV). However,
UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Jedoch bedrohen               the site is adversely affected by environmental conditions
urbanes Wachstum, industrielle und landwirtschaftliche          such as the extreme Nile flood in autumn 2020 and ongoing
Entwicklung, zum Teil außerordentlich hohe Nilfluten, die       desertification, urban growth, industrial and agricultural
fortschreitende Desertifikation sowie der zunehmende Tou-       development and increasing tourism.
rismus das einzigartige Kulturerbe.                                The German Archaeological Institute (DAI) and Qatar
    Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und Qatar        Museums (QM) have been supporting the site management
Museums (QM) unterstützen mit Forschungs- und Entwick-          of the World Heritage Site Meroë with research and devel-
lungsprojekten das Site Management der Welterbestätte           opment projects. In close cooperation with the National
Meroë. In enger Kooperation mit der National Corporation        Corporation for Antiquities and Museums, the projects co-
for Antiquities and Museums stimmen die Projekte Maß-           ordinate measures in order to establish sustainable site man-
nahmen aufeinander ab, um ein nachhaltiges Site Manage-         agement in the long term.
ment aufzubauen. In den letzten Jahren lag ein Schwerpunkt         Within the last years, one focus was set on the documen-
der Arbeiten auf der grundlegenden Dokumentation des Be-        tation to generate a thorough basis for all future research,
standes als Basis für die Erforschung, die Konservierung        conservation and site management: topographical maps and
und das Management der Stätte: Topografische Karten und         architectural plans of the pyramids were compiled as well
Architekturpläne der Pyramiden wurden erstellt und ihre         as high resolution records of their decoration accomplished.
Reliefausstattung hochauflösend erfasst. Ein archäologi-        In addition, an archaeological survey and geophysical pros-
scher Survey und geophysikalische Prospektion ergänzten         pection were executed. The archive of the German architect
die allgemeine Erfassung. Das Archiv des deutschen Archi-       Friedrich W. Hinkel was digitized at the DAI in Berlin and
tekten Friedrich W. Hinkel wurde am DAI in Berlin digita-       made available to the public. Further project parts such as
lisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Parallel     conservation assessments complement the documentation
zur Forschung lag ein Schwerpunkt auf dem Erhalt und der        and allow developing strategies for preservation.
Konservierung der Welterbestätte. Konservierungskonzep-            The paper will present Meroë as a case study for the man-
te ergänzen die Dokumentation und ermöglichen die Ent-          agement of an archaeological World Heritage Site in Sudan
wicklung von Strategien zur Erhaltung.                          and will explain how sustainable site management is being
    Der Vortrag stellt Meroë als Fallbeispiel für das Manage-   developed in close cooperation between the responsible
ment einer archäologischen Welterbestätte im Sudan vor          authority and the research projects.
und zeigt, wie in enger Zusammenarbeit zwischen der zu-
ständigen Denkmalbehörde und den Forschungsprojekten
ein nachhaltiges Site Management entwickelt wird.
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14  Alexandra Riedel und Mahmoud Suliman Bashir

Die Welterbestätte Meroë mit den drei Pyramidenfried-         Zuwachs an sudanesischen und auch internationalen Besu-
höfen ist die wohl bekannteste archäologische Stätte des      chern eine Herausforderung für die Stätte darstellt, ist of-
Sudan und eine der wichtigsten Touristenattraktionen des      fensichtlich. So schreiben Touristen z. B. ihre Namen in die
Landes. Sie befindet sich etwa 220 Kilometer – einen Ta-      antiken Reliefs oder klettern auf die Pyramiden und gefähr-
gesausflug – nördlich der heutigen Hauptstadt Khartoum.       den damit sich und die Monumente. Die Mitarbeiter der zu-
Meroë, die ehemalige Hauptstadt des antiken Reiches Kush,     ständigen Denkmalbehörde – der National Corporation for
liegt am Ostufer des Nils in einer grünen Flusslandschaft     Antiquities and Museums (NCAM)1 – begleiten zwar Tou-
mit Tempeln, Palästen und der bislang größten bekannten       ristengruppen, geben selbst Führungen und stehen in engem
Eisenverhüttung in Nordostafrika. Landeinwärts in ca. vier    Austausch mit den Reiseunternehmen, aber wegen knapper
Kilometer Entfernung befinden sich die königlichen Fried-     finanzieller und personeller Ressourcen sowie fehlendem
höfe, der sogenannte Nord-, Süd- und Westfriedhof, am         Equipment können Maßnahmen zum Schutz und zum Site
Rand der Halbwüste auf flachen Bergplateaus. Einst erho-      Management in Meroë nur ansatzweise umgesetzt werden.
ben sich hier mehr als 100 bis zu 30 m hohe, steilwandige        Darüber hinaus drohen der Welterbestätte Gefahren auch
Sandsteinpyramiden, deren imposante Architektur, einzig-      aus anderen Richtungen. Moderne Landwirtschaft, Indust-
artigen Reliefdarstellungen und teilweise reich dekorierten   rie und Siedlungserweiterungen drängen zunehmend in die
unterirdischen Grabkammern zum herausragenden Wert            Region und die Core- und Bufferzone Meroës. Bewässe-
der Welterbestätte beitragen (Abb. 1).                        rungskanäle, Asphaltstraßen, Pipelines und eine Eisenbahn-
    Das Interesse der sudanesischen Bevölkerung wie auch      strecke durchziehen das Gelände und zerstören teils noch
internationaler Touristen am Kulturerbe des Sudan ist groß    unbekannte Monumente und Siedlungsreste. Rettungsgra-
und erlebte mit der Revolution 2019 eine zusätzliche enor-    bungen sowie die Vermessung, Ausweisung und Registrie-
me Steigerung. Die Demonstranten bezogen sich während         rung von Antikenstätten in der bisher kaum erschlossenen
der Proteste bewusst auf das sudanesische Erbe und auch       Savanne werden zunehmend dringender. Nicht zuletzt be-
die neue Regierung zeigt sich gern vor Bildern der antiken    drohen das extreme Klima und Klimaveränderungen das
Monumente. Die Pyramiden von Meroë und die starken            Kulturerbe. Im September 2020 verzeichnete Khartoum
meroitischen Königinnen – die Kandaken – scheinen sich        einen der höchsten Nilstände seit Beginn der Aufzeich-
zu Symbolen eines neuen nationalen Selbstverständnisses       nungen. Die Nilflut überschwemmte einen Teil der antiken
zu entwickeln und werden allgegenwärtig in Zeitungen, in      Hauptstadt Meroë – die Ruinen ihrer Paläste, Tempel und
der Werbung oder in Musikvideos abgebildet. Diese Iden-       Wohnhäuser.2 Und während die antike Stadt, im wahrsten
tifikation der sudanesischen Bevölkerung mit dem eigenen      Sinne des Wortes „im Wasser stand“, leiden die Pyramiden
Erbe und das Interesse an der Welterbestätte Meroë zeig-      am Rand der Halbwüste unter zunehmenden Sandanwehun-
ten sich in extrem gestiegenen Besucherzahlen. Dass dieser    gen. Seit den 1960er Jahren führen regionale Desertifikati-

Abb. 1: Welterbestätte Meroë, Luftaufnahme des nördlichen Pyramidenfriedhofs
(© QMPS-DAI-Projekt, Foto: Pawel Wolf)
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Abb. 2: Dokumentation des Bestandes in verschiedenen Genauigkeitsstufen (© QMPS-DAI-Projekt, Hamadab-Projekt;
Autoren: Nicole Salamanek, TrigonArt, Zamani Projekt, Stremke-Archaeology)

onsprozesse zur Bildung von Dünen auf dem Gelände der         für die etwa 40 noch teilweise erhaltenen Pyramiden des
Friedhöfe. In Verbindung mit dem ständig wehenden Wind        Nord- und Südfriedhofs werden für die Forschung, aber
wirkt der Sand wie ein Sandstrahlgebläse, das die antiken     auch für Restaurierungsarbeiten und das Site Management
Oberflächen abreibt und bereits zum Verlust von bis zu        genutzt. Für 50 weitere Pyramiden des Westfriedhofs konn-
90 % der Reliefs in einzelnen Opferkapellen führte.           ten bereits die 3D-Messdaten erhoben werden. In höchster
   Diese Gefahren und Zerstörungen bestimmen die grund-       Genauigkeit wurden die erhaltenen Reliefs sowie eine Rei-
legenden Prioritäten für das Site Management:                 he „historischer“ Graffiti in den Pyramidenkapellen mit
   1. eine umfassende Dokumentation des Bestandes,            „structured-light-scanning“ gescannt und hochauflösend
   2. eine Erfassung und Registrierung aller Monumente        fotografiert. Darüber hinaus wurden ornamentierte Blöcke,
      und Sites in einem Denkmalregister und                  die sich nicht mehr in situ befanden, komplett erfasst und
   3. den Erhalt bzw. die Konservierung der Stätte.           dokumentiert. Gezielte Nachgrabungen und Neuuntersu-
                                                              chungen ausgewählter Monumente durch das QMPS-Pro-
An diesem Punkt stellt sich die Frage: Wie können wir hier    jekt vervollständigten die grundlegende Dokumentation der
in internationaler Kooperation konservieren und kommuni-      Pyramidenfriedhöfe. Zwei unterirdische Grabkammern mit
zieren?                                                       außerordentlich gut erhaltener Dekoration wurden nach fast
   Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und seit        100 Jahren erneut geöffnet, um ihre herausragende Grab-
2014 auch Qatar Museums (QM) unterstützen mit For-            dekoration erstmalig im Detail zu erfassen (Abb. 3). Zwei
schungs- und Entwicklungsprojekten das Site Management        internationale Teams untersuchten und dokumentierten um-
der Welterbestätte Meroë. In enger Kooperation mit der Na-    fassend ihre Architektur, Wandmalereien und Inschriften.
tional Corporation for Antiquities and Museums stimmen        Diese Untersuchungen erbrachten neue Erkenntnisse für die
die Projekte geplante Maßnahmen aufeinander ab, um lang-      Interpretation und Datierung der Komplexe und erlaubten
fristig ein stabiles und nachhaltiges Site Management auf-    eine Abschätzung, inwieweit die unterirdischen Grabkam-
zubauen. Dabei stehen die Erforschung, der Erhalt sowie die   mern für Besucher geöffnet werden können und welche res-
touristische Erschließung Meroës im Vordergrund.              tauratorischen Maßnahmen dafür notwendig sind.
   Im Bereich der Pyramiden erfolgten zum Beispiel grund-        Die zweite Priorität des Site Managements – die Erfas-
legende Dokumentationen im Rahmen der Qatari Mission          sung und Registrierung aller Monumente und Sites in ei-
for the Pyramids of Sudan (QMPS).3 In drei Genauigkeits-      nem Denkmalregister – wurde in den letzten Jahren durch
stufen wurden 1. das Areal, 2. die Monumente und 3. die       Kooperation mit verschiedenen Forschungsprojekten suk-
Dekoration der Denkmäler dokumentiert (Abb. 2). Topo-         zessive angegangen: Ein wichtiger erster Schritt stellte die
grafische Karten wurden erstellt und Geoprospektionen         digitale Erschließung des wissenschaftlichen Nachlasses
durchgeführt. Das QMPS-Projekt dokumentierte das un-          von Friedrich W. Hinkel dar, der über 40 Jahre im Sudan
mittelbare Umfeld der Friedhöfe und die südliche Buffer-      und vor allem in Meroë forschte. Zwischen 2014 und 2016
zone im Rahmen eines archäologischen Surveys, während         erfolgte die Digitalisierung des sogenannten Friedrich-Hin-
die Fundstätten und Monumente in der angrenzenden Re-         kel-Archivs im DAI in Berlin.5 Sein Nachlass umfasst Mate-
gion durch das Forschungsprojekt Hamadab4 erfasst und         rialien zu ca. 10.000 archäologischen Fundplätzen im Sudan
beschrieben wurden. Die Grabbauten wurden mittels einer       – vom Paläolithikum bis in die frühe Neuzeit: topografische
Kombination aus Laser-Scanning und „Structure from Mo-        Karten, Zeichnungen und Bauaufnahmepläne, Schwarz-
tion“ dokumentiert. Die daraus erstellten Architekturpläne    Weiß-Fotografien und Dias sowie Aufzeichnungen. Er stellt
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Abb. 3: Blick in die zwei unterirdischen Grabkammern der Königin Khennuwa mit sehr gut erhaltenen Wandmalereien
und Hieroglyphentexten (© QMPS-DAI-Projekt, Foto: Pawel Wolf)

Abb. 4a, b: Das wissenschaftliche Archiv von Friedrich W. Hinkel wurde am DAI digital erschlossen und die Daten
an die Denkmalbehörde des Sudan übergeben. Vertreter von Qatar Museums (v.l.n.r.), Sami Mohamed Elamin Abbas
(NCAM), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Alexandra Riedel (ArcHerNet, DAI) bei der feierlichen Übergabe
im Frühjahr 2020 in Khartoum (links: screenshot https://arachne.dainst.org/project/hinkel; rechts: © QMPS-DAI-Projekt,
Foto: Pawel Wolf)
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weltweit eines der größten wissenschaftlichen Archive zur       Ein wichtiger Baustein für ein nationales Denkmalre-
Archäologie des Sudan dar und ist nun für die sudanesi-      gister des Sudan wurde in den Jahren 2017–18 im Rahmen
schen Denkmalpfleger und Forscher weltweit zugänglich        des Projektes Sudan Digital6 realisiert. Das DAI unterstütz-
und nutzbar. Im Frühjahr 2020 wurde eine digitale Kopie      te die National Corporation for Antiquities and Museums
des Forschungsarchivs an die sudanesische Denkmalbehör-      durch gezielte Schulungsmaßnahmen zum Thema Daten-
de feierlich übergeben (Abb. 4a, b).                         kuratierung sowie intensive wissenschaftliche und techni-

Abb. 5a, b: Sudanesische
und deutsche Restauratoren
arbeiten zusammen am Erhalt
der Pyramiden
(© QMPS-DAI-Projekt,
Fotos: Pawel Wolf (rechts),
Dunja Rüt (unten))
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Abb. 6a, b: Angewehter Sand und zunehmende Stürme erodieren die Originaloberflächen der Pyramiden, wie zwei Fotos
aus den Jahren 1985 und 2015 zeigen (links: © DAI, Archiv von Friedrich W. Hinkel, Foto: Friedrich W. Hinkel;
rechts: © QMPS-DAI-Projekt, Foto: Cornelia Kleinitz)

sche Betreuung bei der Entwicklung und dem Aufbau eines         Konservierungskonzept für die Pyramidenfriedhöfe. Fünf
digitalen Denkmalinventars. Zusammen mit den zustän-            Pyramidenkapellen mit einzigartigen Reliefszenen wurden
digen sudanesischen Kollegen wurde eine auf die lokalen         konserviert und instandgesetzt. Eine besonders qualitätvoll
Bedürfnisse angepasste Datenbank basierend auf der open-        gestaltete und einsturzgefährdete Kapelle wurde abgebaut,
source Software iDAI.field entwickelt und erste Datensätze      gefestigt, restauriert und wieder aufgebaut (Abb. 5a, b). Das
aus dem Hinkel-Archiv eingespielt. Darauf aufbauend er-         DAI-Projekt Meroë Royal Baths führt regelmäßig Restau-
folgt derzeit das Einpflegen der Daten für die Welterbestätte   rierungsmaßnahmen an den sogenannten Royal Baths, ei-
Meroë: In diesem Jahr fließen die ersten Daten der Projekte     nem Gebäudekomplex in der antiken Hauptstadt, durch und
QMPS und Hamadab in das digitale Denkmalregister ein.           plant die Konservierung des Komplexes sowie dessen Er-
Dabei werden Friedrich Hinkels Archiv-Daten und die neu-        lebbarkeit durch einen neuen Schutzbau zu verbessern.7 In
en Forschungsdaten gemeinsam mit den sudanesischen Kol-         alle diese Maßnahmen für den Erhalt der Monumente sind
legen in einem Meroë-Denkmalregister gebündelt. Auf die-        Mitarbeiter der Konservierungsabteilung der National Cor-
se Weise wird sukzessive ein Werkzeug für die Verwaltung        poration for Antiquities and Museums aktiv eingebunden.
der Welterbestätte geschaffen, mit dem die zunehmenden          Durch das Mitwirken und die Zusammenarbeit mit den Re-
Bedrohungen durch die urbane und industrielle Entwick-          stauratoren und Wissenschaftlern aus Deutschland werden
lung beobachtet, evaluiert und notwendige Handlungen ab-        Prozesse und Ergebnisse, aber auch Techniken und Heran-
geleitet werden können.                                         gehensweisen direkt vermittelt. Darüber hinaus wurde im
   Ein weiterer Schwerpunkt der Forschungs- und Entwick-        Jahr 2020 ein deutsch-sudanesischer Restaurierungslehr-
lungsprojekte in Meroë lag auf dem Erhalt und der Konser-       gang an den Pyramiden durchgeführt und der Aufbau einer
vierung der Welterbestätte – der dritten Priorität des Site     Restaurierungswerkstatt durch das DAI unterstützt.8 Ziel
Managements. Das QMPS-Projekt erarbeitete einen Scha-           der Maßnahme war die fachliche Weiterbildung von Teil-
denskatalog, Schadenskartierungen und ein umfassendes           nehmern aus unterschiedlichen Berufsgruppen im Sudan
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(Restauratoren, Archäologen, Künstler, Handwerker und              Augen: der Abrieb der Originaloberflächen durch Sand und
lokale Arbeitskräfte) in Konservierung und Denkmalpflege.          Wind. Bereits Friedrich W. Hinkel beschrieb und dokumen-
Neben theoretischen Grundlagen vermittelte der Kurs die            tierte den Verlust an originaler Bausubstanz. Der Vergleich
praktische Umsetzung notwendiger Restaurierungsmaß-                eines seiner Fotos mit der heutigen Situation zeigt das ex-
nahmen an den Pyramiden und ihren Reliefs, um langfristig          treme Ausmaß der fortschreitenden Erosion (Abb. 6a, b).
eine moderne Bauhütte in Meroë aufzubauen.                         Eine solche Gefährdung kann nicht durch Einzelmaßnah-
   Dass die enge Zusammenarbeit und die Aus- und Weiter-           men oder Kurzzeitprojekte abgewendet werden. Nur der
bildung erfolgreich sind, zeigte sich bei der Nilflut im Herbst    langfristige Aufbau eines funktionierenden nachhaltigen
2020. Die Überschwemmungen bedrohten auch den Gebäu-               Site Managements, wie es von der National Corporation
dekomplex der Meroë Royal Baths und dessen aufwendi-               for Antiquities and Museums in Zusammenarbeit mit den
ge Ausstattung. Das sudanesische Site-Management-Team              QMPS- und DAI-Projekten in Meroë vorangetrieben wird,
sicherte erfolgreich den Gebäudekomplex sowie gefährdete           kann solchen Bedrohungen begegnen. Die enge Koopera-
Ausstattungsstücke. Begleitet und unterstützt wurden die           tion des Site Managements mit internationalen Forschungs-
Notmaßnahmen durch das DAI. Per Telefon und Videote-               projekten spielt dabei eine wichtige Rolle. Forschungsdaten
lefonie stimmten die Mitarbeiter der sudanesischen Denk-           unterstützen das Management und werden in Meroë drin-
malbehörde und des DAI sowie deutsche und sudanesische             gend benötigt, wie die Bedrohungen durch den Klimawan-
Restauratoren gemeinsam die notwendigen Maßnahmen ab,              del veranschaulichen. Auch hier konnte das QMPS-Projekt
berieten das bestmögliche Vorgehen und planten die weite-          in den letzten Jahren durch eine Untersuchung der Klimada-
ren notwendigen Schritte für das kommende Jahr.                    ten und der Sandanwehungen bereits erste Grundlagen für
   Trotz der Erfolge der letzten Jahre bleiben der Aufbau          eine mögliche Lösung des Problems bereitstellen.
des Site Managements, der nachhaltige Erhalt und die Kon-             In enger Kooperation zwischen der Denkmalbehörde des
servierung der Welterbestätte Meroë eine Mammutaufgabe,            Sudan und den vor Ort arbeitenden Forschungsprojekten
die nur durch langfristiges Planen und schrittweises Um-           wird in Meroë ein nachhaltiges Site Management entwickelt
setzen realisiert werden kann. Das dringendste Konservie-          und die Welterbestätte gemeinsam erhalten und einem brei-
rungsproblem an den Pyramiden führt dies deutlich vor              ten Publikum kommuniziert.

1
 		 Der Sudan ist eines der größten Länder Afrikas und be-            finanziert. Im März 2015 begann das von einem interna-
    sitzt zahlreiche archäologische Stätten, deren Erforschung,       tionalen Expertenteam vorangetriebene Projekt mit den
    Erfassung und Dokumentation meist noch am Anfang ste-             Feldarbeiten vor Ort. Für weitere Informationen siehe:
    hen. Acht dieser Stätten haben Welterbestatus. Sie wurden         https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/4513022
    in zwei serial nominations in die Welterbeliste aufgenom-      4
                                                                    		Ein großangelegter archäologischer Survey der südli-
    men: Im Jahr 2003 der „Gebel Barkal and the Sites of the          chen Meroë-Region erfolgte im Rahmen des Projektes
    Napatan Region“ und 2011 die „Archaeological Sites of             Hamadab am Deutschen Archäologischen Institut, wel-
    the Island of Meroe“. Darüber hinaus stehen mit Suakin,           ches ebenfalls durch QSAP gefördert wurde. Für weitere
    Kerma und Old-Dongola drei weitere Kulturstätten auf der          Informationen siehe: https://www.dainst.org/projekt/-/
    Tentativliste. Verantwortlich für diese Stätten und für alle      project-display/59338
    weiteren Denkmäler des Landes ist die National Corpora-        5
                                                                    		Die Digitalisierung des Archivs von Friedrich W. Hinkel
    tion for Antiquities and Museums (NCAM).                          wurde von QSAP und dem Auswärtigen Amt gefördert.
2
 		Dank des umsichtigen Eingreifens der sudanesischen                 Das digitale Archiv und nähere Informationen dazu sind
    Denkmalbehörde NCAM konnten die Überschwemmun-                    zu finden unter: https://arachne.dainst.org/project/hinkel
    gen eingedämmt werden. Sandsackbarrieren wurden                6
                                                                    		Das Projekt Sudan Digital des DAI wurde vom Kulturer-
    errichtet und Wasser aus empfindlichen Bereichen abge-            halt-Programm des Auswärtigen Amts unterstützt. Für
    pumpt. Die Notmaßnahmen wurden durch den Site Ma-                 weitere Informationen siehe: https://www.auswaertiges-
    nager Mahmoud Suliman Bashir, seine Mitarbeiter sowie             amt.de/de/aussenpolitik/themen/kulturdialog/09-kul-
    Mitarbeiter des Conservation Departments unter der lei-           turerhalt/kulturerhalt-sudan/1796148
    tenden Restauratorin Omima Hasbelrsoul durchgeführt.           7
                                                                    		Für nähere Informationen zum Projekt Meroë Royal
3
 		Im Januar 2015 lud Qatar Museums (QM) das DAI zur                  Baths des Deutschen Archäologischen Instituts siehe:
    Mitarbeit in einem groß angelegten Projekt der Erfor-             https://www.dainst.org/documents/10180/15360/Brosch
    schung, Konservierung und Erschließung der Pyramiden              %C3%BCre+Schutzbau+Meroe/58c2d6e6-09d8-47b1-
    von Meroë ein – der Qatari Mission for the Pyramids of            82d4-436c343f2b92
    Sudan (QMPS). Ziel des Projektes ist, die Welterbestätte       8
                                                                    		Der sudanesisch-deutsche Restaurierungslehrgang an
    nachhaltig zu entwickeln und ihre gefährdeten Denkmä-             den Pyramiden von Meroë und der Aufbau der Restau-
    ler vor weiterem Verfall zu schützen. QMPS wurde in               rierungswerkstatt wurden vom Auswärtigen Amt und
    enger Kooperation mit der National Corporation for An-            vom DAI gefördert. Nähere Informationen siehe: https://
    tiquities and Museums (NCAM) ins Leben gerufen und                www.dainst.org/-/sudanesisch-deutscher-restaurierungs-
    durch das Qatar-Sudan Archaeological Project (QSAP)               lehrgang-an-den-pyramiden-von-meroe
Welterbestätte Island of Meroë, Sudan - Strategien zu Erfassung und Erhalt
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