Welterbestätte Island of Meroë, Sudan - Strategien zu Erfassung und Erhalt
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13 Welterbestätte Island of Meroë, Sudan – Strategien zu Erfassung und Erhalt Alexandra Riedel und Mahmoud Suliman Bashir Zusammenfassung Abstract Die Welterbestätte Meroë ist eine der wichtigsten archäo- The World Heritage Site of Meroë is one of Sudan’s most logischen Stätten des Sudan. Friedhöfe mit mehr als 100 important sites. Its remarkable cemeteries with more than Pyramiden ziehen jedes Jahr Tausende von sudanesischen 100 pyramids attract thousands of Sudanese and interna- und internationalen Touristen an. Die Pyramiden und die tional tourists each year. Situated in an almost pristine land- antike Stadt liegen in einer nahezu unberührten Land- scape, the pyramids and the ancient capital were included in schaft und wurden 2011 aufgrund ihrer Authentizität und the UNESCO World Heritage List in 2011 due to their au- ihres außergewöhnlichen universellen Wertes (OUV) in die thenticity and outstanding universal value (OUV). However, UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Jedoch bedrohen the site is adversely affected by environmental conditions urbanes Wachstum, industrielle und landwirtschaftliche such as the extreme Nile flood in autumn 2020 and ongoing Entwicklung, zum Teil außerordentlich hohe Nilfluten, die desertification, urban growth, industrial and agricultural fortschreitende Desertifikation sowie der zunehmende Tou- development and increasing tourism. rismus das einzigartige Kulturerbe. The German Archaeological Institute (DAI) and Qatar Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und Qatar Museums (QM) have been supporting the site management Museums (QM) unterstützen mit Forschungs- und Entwick- of the World Heritage Site Meroë with research and devel- lungsprojekten das Site Management der Welterbestätte opment projects. In close cooperation with the National Meroë. In enger Kooperation mit der National Corporation Corporation for Antiquities and Museums, the projects co- for Antiquities and Museums stimmen die Projekte Maß- ordinate measures in order to establish sustainable site man- nahmen aufeinander ab, um ein nachhaltiges Site Manage- agement in the long term. ment aufzubauen. In den letzten Jahren lag ein Schwerpunkt Within the last years, one focus was set on the documen- der Arbeiten auf der grundlegenden Dokumentation des Be- tation to generate a thorough basis for all future research, standes als Basis für die Erforschung, die Konservierung conservation and site management: topographical maps and und das Management der Stätte: Topografische Karten und architectural plans of the pyramids were compiled as well Architekturpläne der Pyramiden wurden erstellt und ihre as high resolution records of their decoration accomplished. Reliefausstattung hochauflösend erfasst. Ein archäologi- In addition, an archaeological survey and geophysical pros- scher Survey und geophysikalische Prospektion ergänzten pection were executed. The archive of the German architect die allgemeine Erfassung. Das Archiv des deutschen Archi- Friedrich W. Hinkel was digitized at the DAI in Berlin and tekten Friedrich W. Hinkel wurde am DAI in Berlin digita- made available to the public. Further project parts such as lisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Parallel conservation assessments complement the documentation zur Forschung lag ein Schwerpunkt auf dem Erhalt und der and allow developing strategies for preservation. Konservierung der Welterbestätte. Konservierungskonzep- The paper will present Meroë as a case study for the man- te ergänzen die Dokumentation und ermöglichen die Ent- agement of an archaeological World Heritage Site in Sudan wicklung von Strategien zur Erhaltung. and will explain how sustainable site management is being Der Vortrag stellt Meroë als Fallbeispiel für das Manage- developed in close cooperation between the responsible ment einer archäologischen Welterbestätte im Sudan vor authority and the research projects. und zeigt, wie in enger Zusammenarbeit zwischen der zu- ständigen Denkmalbehörde und den Forschungsprojekten ein nachhaltiges Site Management entwickelt wird.
14 Alexandra Riedel und Mahmoud Suliman Bashir Die Welterbestätte Meroë mit den drei Pyramidenfried- Zuwachs an sudanesischen und auch internationalen Besu- höfen ist die wohl bekannteste archäologische Stätte des chern eine Herausforderung für die Stätte darstellt, ist of- Sudan und eine der wichtigsten Touristenattraktionen des fensichtlich. So schreiben Touristen z. B. ihre Namen in die Landes. Sie befindet sich etwa 220 Kilometer – einen Ta- antiken Reliefs oder klettern auf die Pyramiden und gefähr- gesausflug – nördlich der heutigen Hauptstadt Khartoum. den damit sich und die Monumente. Die Mitarbeiter der zu- Meroë, die ehemalige Hauptstadt des antiken Reiches Kush, ständigen Denkmalbehörde – der National Corporation for liegt am Ostufer des Nils in einer grünen Flusslandschaft Antiquities and Museums (NCAM)1 – begleiten zwar Tou- mit Tempeln, Palästen und der bislang größten bekannten ristengruppen, geben selbst Führungen und stehen in engem Eisenverhüttung in Nordostafrika. Landeinwärts in ca. vier Austausch mit den Reiseunternehmen, aber wegen knapper Kilometer Entfernung befinden sich die königlichen Fried- finanzieller und personeller Ressourcen sowie fehlendem höfe, der sogenannte Nord-, Süd- und Westfriedhof, am Equipment können Maßnahmen zum Schutz und zum Site Rand der Halbwüste auf flachen Bergplateaus. Einst erho- Management in Meroë nur ansatzweise umgesetzt werden. ben sich hier mehr als 100 bis zu 30 m hohe, steilwandige Darüber hinaus drohen der Welterbestätte Gefahren auch Sandsteinpyramiden, deren imposante Architektur, einzig- aus anderen Richtungen. Moderne Landwirtschaft, Indust- artigen Reliefdarstellungen und teilweise reich dekorierten rie und Siedlungserweiterungen drängen zunehmend in die unterirdischen Grabkammern zum herausragenden Wert Region und die Core- und Bufferzone Meroës. Bewässe- der Welterbestätte beitragen (Abb. 1). rungskanäle, Asphaltstraßen, Pipelines und eine Eisenbahn- Das Interesse der sudanesischen Bevölkerung wie auch strecke durchziehen das Gelände und zerstören teils noch internationaler Touristen am Kulturerbe des Sudan ist groß unbekannte Monumente und Siedlungsreste. Rettungsgra- und erlebte mit der Revolution 2019 eine zusätzliche enor- bungen sowie die Vermessung, Ausweisung und Registrie- me Steigerung. Die Demonstranten bezogen sich während rung von Antikenstätten in der bisher kaum erschlossenen der Proteste bewusst auf das sudanesische Erbe und auch Savanne werden zunehmend dringender. Nicht zuletzt be- die neue Regierung zeigt sich gern vor Bildern der antiken drohen das extreme Klima und Klimaveränderungen das Monumente. Die Pyramiden von Meroë und die starken Kulturerbe. Im September 2020 verzeichnete Khartoum meroitischen Königinnen – die Kandaken – scheinen sich einen der höchsten Nilstände seit Beginn der Aufzeich- zu Symbolen eines neuen nationalen Selbstverständnisses nungen. Die Nilflut überschwemmte einen Teil der antiken zu entwickeln und werden allgegenwärtig in Zeitungen, in Hauptstadt Meroë – die Ruinen ihrer Paläste, Tempel und der Werbung oder in Musikvideos abgebildet. Diese Iden- Wohnhäuser.2 Und während die antike Stadt, im wahrsten tifikation der sudanesischen Bevölkerung mit dem eigenen Sinne des Wortes „im Wasser stand“, leiden die Pyramiden Erbe und das Interesse an der Welterbestätte Meroë zeig- am Rand der Halbwüste unter zunehmenden Sandanwehun- ten sich in extrem gestiegenen Besucherzahlen. Dass dieser gen. Seit den 1960er Jahren führen regionale Desertifikati- Abb. 1: Welterbestätte Meroë, Luftaufnahme des nördlichen Pyramidenfriedhofs (© QMPS-DAI-Projekt, Foto: Pawel Wolf)
Welterbestätte Island of Meroë, Sudan – Strategien zu Erfassung und Erhalt 15 Abb. 2: Dokumentation des Bestandes in verschiedenen Genauigkeitsstufen (© QMPS-DAI-Projekt, Hamadab-Projekt; Autoren: Nicole Salamanek, TrigonArt, Zamani Projekt, Stremke-Archaeology) onsprozesse zur Bildung von Dünen auf dem Gelände der für die etwa 40 noch teilweise erhaltenen Pyramiden des Friedhöfe. In Verbindung mit dem ständig wehenden Wind Nord- und Südfriedhofs werden für die Forschung, aber wirkt der Sand wie ein Sandstrahlgebläse, das die antiken auch für Restaurierungsarbeiten und das Site Management Oberflächen abreibt und bereits zum Verlust von bis zu genutzt. Für 50 weitere Pyramiden des Westfriedhofs konn- 90 % der Reliefs in einzelnen Opferkapellen führte. ten bereits die 3D-Messdaten erhoben werden. In höchster Diese Gefahren und Zerstörungen bestimmen die grund- Genauigkeit wurden die erhaltenen Reliefs sowie eine Rei- legenden Prioritäten für das Site Management: he „historischer“ Graffiti in den Pyramidenkapellen mit 1. eine umfassende Dokumentation des Bestandes, „structured-light-scanning“ gescannt und hochauflösend 2. eine Erfassung und Registrierung aller Monumente fotografiert. Darüber hinaus wurden ornamentierte Blöcke, und Sites in einem Denkmalregister und die sich nicht mehr in situ befanden, komplett erfasst und 3. den Erhalt bzw. die Konservierung der Stätte. dokumentiert. Gezielte Nachgrabungen und Neuuntersu- chungen ausgewählter Monumente durch das QMPS-Pro- An diesem Punkt stellt sich die Frage: Wie können wir hier jekt vervollständigten die grundlegende Dokumentation der in internationaler Kooperation konservieren und kommuni- Pyramidenfriedhöfe. Zwei unterirdische Grabkammern mit zieren? außerordentlich gut erhaltener Dekoration wurden nach fast Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und seit 100 Jahren erneut geöffnet, um ihre herausragende Grab- 2014 auch Qatar Museums (QM) unterstützen mit For- dekoration erstmalig im Detail zu erfassen (Abb. 3). Zwei schungs- und Entwicklungsprojekten das Site Management internationale Teams untersuchten und dokumentierten um- der Welterbestätte Meroë. In enger Kooperation mit der Na- fassend ihre Architektur, Wandmalereien und Inschriften. tional Corporation for Antiquities and Museums stimmen Diese Untersuchungen erbrachten neue Erkenntnisse für die die Projekte geplante Maßnahmen aufeinander ab, um lang- Interpretation und Datierung der Komplexe und erlaubten fristig ein stabiles und nachhaltiges Site Management auf- eine Abschätzung, inwieweit die unterirdischen Grabkam- zubauen. Dabei stehen die Erforschung, der Erhalt sowie die mern für Besucher geöffnet werden können und welche res- touristische Erschließung Meroës im Vordergrund. tauratorischen Maßnahmen dafür notwendig sind. Im Bereich der Pyramiden erfolgten zum Beispiel grund- Die zweite Priorität des Site Managements – die Erfas- legende Dokumentationen im Rahmen der Qatari Mission sung und Registrierung aller Monumente und Sites in ei- for the Pyramids of Sudan (QMPS).3 In drei Genauigkeits- nem Denkmalregister – wurde in den letzten Jahren durch stufen wurden 1. das Areal, 2. die Monumente und 3. die Kooperation mit verschiedenen Forschungsprojekten suk- Dekoration der Denkmäler dokumentiert (Abb. 2). Topo- zessive angegangen: Ein wichtiger erster Schritt stellte die grafische Karten wurden erstellt und Geoprospektionen digitale Erschließung des wissenschaftlichen Nachlasses durchgeführt. Das QMPS-Projekt dokumentierte das un- von Friedrich W. Hinkel dar, der über 40 Jahre im Sudan mittelbare Umfeld der Friedhöfe und die südliche Buffer- und vor allem in Meroë forschte. Zwischen 2014 und 2016 zone im Rahmen eines archäologischen Surveys, während erfolgte die Digitalisierung des sogenannten Friedrich-Hin- die Fundstätten und Monumente in der angrenzenden Re- kel-Archivs im DAI in Berlin.5 Sein Nachlass umfasst Mate- gion durch das Forschungsprojekt Hamadab4 erfasst und rialien zu ca. 10.000 archäologischen Fundplätzen im Sudan beschrieben wurden. Die Grabbauten wurden mittels einer – vom Paläolithikum bis in die frühe Neuzeit: topografische Kombination aus Laser-Scanning und „Structure from Mo- Karten, Zeichnungen und Bauaufnahmepläne, Schwarz- tion“ dokumentiert. Die daraus erstellten Architekturpläne Weiß-Fotografien und Dias sowie Aufzeichnungen. Er stellt
16 Alexandra Riedel und Mahmoud Suliman Bashir Abb. 3: Blick in die zwei unterirdischen Grabkammern der Königin Khennuwa mit sehr gut erhaltenen Wandmalereien und Hieroglyphentexten (© QMPS-DAI-Projekt, Foto: Pawel Wolf) Abb. 4a, b: Das wissenschaftliche Archiv von Friedrich W. Hinkel wurde am DAI digital erschlossen und die Daten an die Denkmalbehörde des Sudan übergeben. Vertreter von Qatar Museums (v.l.n.r.), Sami Mohamed Elamin Abbas (NCAM), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Alexandra Riedel (ArcHerNet, DAI) bei der feierlichen Übergabe im Frühjahr 2020 in Khartoum (links: screenshot https://arachne.dainst.org/project/hinkel; rechts: © QMPS-DAI-Projekt, Foto: Pawel Wolf)
Welterbestätte Island of Meroë, Sudan – Strategien zu Erfassung und Erhalt 17 weltweit eines der größten wissenschaftlichen Archive zur Ein wichtiger Baustein für ein nationales Denkmalre- Archäologie des Sudan dar und ist nun für die sudanesi- gister des Sudan wurde in den Jahren 2017–18 im Rahmen schen Denkmalpfleger und Forscher weltweit zugänglich des Projektes Sudan Digital6 realisiert. Das DAI unterstütz- und nutzbar. Im Frühjahr 2020 wurde eine digitale Kopie te die National Corporation for Antiquities and Museums des Forschungsarchivs an die sudanesische Denkmalbehör- durch gezielte Schulungsmaßnahmen zum Thema Daten- de feierlich übergeben (Abb. 4a, b). kuratierung sowie intensive wissenschaftliche und techni- Abb. 5a, b: Sudanesische und deutsche Restauratoren arbeiten zusammen am Erhalt der Pyramiden (© QMPS-DAI-Projekt, Fotos: Pawel Wolf (rechts), Dunja Rüt (unten))
18 Alexandra Riedel und Mahmoud Suliman Bashir Abb. 6a, b: Angewehter Sand und zunehmende Stürme erodieren die Originaloberflächen der Pyramiden, wie zwei Fotos aus den Jahren 1985 und 2015 zeigen (links: © DAI, Archiv von Friedrich W. Hinkel, Foto: Friedrich W. Hinkel; rechts: © QMPS-DAI-Projekt, Foto: Cornelia Kleinitz) sche Betreuung bei der Entwicklung und dem Aufbau eines Konservierungskonzept für die Pyramidenfriedhöfe. Fünf digitalen Denkmalinventars. Zusammen mit den zustän- Pyramidenkapellen mit einzigartigen Reliefszenen wurden digen sudanesischen Kollegen wurde eine auf die lokalen konserviert und instandgesetzt. Eine besonders qualitätvoll Bedürfnisse angepasste Datenbank basierend auf der open- gestaltete und einsturzgefährdete Kapelle wurde abgebaut, source Software iDAI.field entwickelt und erste Datensätze gefestigt, restauriert und wieder aufgebaut (Abb. 5a, b). Das aus dem Hinkel-Archiv eingespielt. Darauf aufbauend er- DAI-Projekt Meroë Royal Baths führt regelmäßig Restau- folgt derzeit das Einpflegen der Daten für die Welterbestätte rierungsmaßnahmen an den sogenannten Royal Baths, ei- Meroë: In diesem Jahr fließen die ersten Daten der Projekte nem Gebäudekomplex in der antiken Hauptstadt, durch und QMPS und Hamadab in das digitale Denkmalregister ein. plant die Konservierung des Komplexes sowie dessen Er- Dabei werden Friedrich Hinkels Archiv-Daten und die neu- lebbarkeit durch einen neuen Schutzbau zu verbessern.7 In en Forschungsdaten gemeinsam mit den sudanesischen Kol- alle diese Maßnahmen für den Erhalt der Monumente sind legen in einem Meroë-Denkmalregister gebündelt. Auf die- Mitarbeiter der Konservierungsabteilung der National Cor- se Weise wird sukzessive ein Werkzeug für die Verwaltung poration for Antiquities and Museums aktiv eingebunden. der Welterbestätte geschaffen, mit dem die zunehmenden Durch das Mitwirken und die Zusammenarbeit mit den Re- Bedrohungen durch die urbane und industrielle Entwick- stauratoren und Wissenschaftlern aus Deutschland werden lung beobachtet, evaluiert und notwendige Handlungen ab- Prozesse und Ergebnisse, aber auch Techniken und Heran- geleitet werden können. gehensweisen direkt vermittelt. Darüber hinaus wurde im Ein weiterer Schwerpunkt der Forschungs- und Entwick- Jahr 2020 ein deutsch-sudanesischer Restaurierungslehr- lungsprojekte in Meroë lag auf dem Erhalt und der Konser- gang an den Pyramiden durchgeführt und der Aufbau einer vierung der Welterbestätte – der dritten Priorität des Site Restaurierungswerkstatt durch das DAI unterstützt.8 Ziel Managements. Das QMPS-Projekt erarbeitete einen Scha- der Maßnahme war die fachliche Weiterbildung von Teil- denskatalog, Schadenskartierungen und ein umfassendes nehmern aus unterschiedlichen Berufsgruppen im Sudan
Welterbestätte Island of Meroë, Sudan – Strategien zu Erfassung und Erhalt 19 (Restauratoren, Archäologen, Künstler, Handwerker und Augen: der Abrieb der Originaloberflächen durch Sand und lokale Arbeitskräfte) in Konservierung und Denkmalpflege. Wind. Bereits Friedrich W. Hinkel beschrieb und dokumen- Neben theoretischen Grundlagen vermittelte der Kurs die tierte den Verlust an originaler Bausubstanz. Der Vergleich praktische Umsetzung notwendiger Restaurierungsmaß- eines seiner Fotos mit der heutigen Situation zeigt das ex- nahmen an den Pyramiden und ihren Reliefs, um langfristig treme Ausmaß der fortschreitenden Erosion (Abb. 6a, b). eine moderne Bauhütte in Meroë aufzubauen. Eine solche Gefährdung kann nicht durch Einzelmaßnah- Dass die enge Zusammenarbeit und die Aus- und Weiter- men oder Kurzzeitprojekte abgewendet werden. Nur der bildung erfolgreich sind, zeigte sich bei der Nilflut im Herbst langfristige Aufbau eines funktionierenden nachhaltigen 2020. Die Überschwemmungen bedrohten auch den Gebäu- Site Managements, wie es von der National Corporation dekomplex der Meroë Royal Baths und dessen aufwendi- for Antiquities and Museums in Zusammenarbeit mit den ge Ausstattung. Das sudanesische Site-Management-Team QMPS- und DAI-Projekten in Meroë vorangetrieben wird, sicherte erfolgreich den Gebäudekomplex sowie gefährdete kann solchen Bedrohungen begegnen. Die enge Koopera- Ausstattungsstücke. Begleitet und unterstützt wurden die tion des Site Managements mit internationalen Forschungs- Notmaßnahmen durch das DAI. Per Telefon und Videote- projekten spielt dabei eine wichtige Rolle. Forschungsdaten lefonie stimmten die Mitarbeiter der sudanesischen Denk- unterstützen das Management und werden in Meroë drin- malbehörde und des DAI sowie deutsche und sudanesische gend benötigt, wie die Bedrohungen durch den Klimawan- Restauratoren gemeinsam die notwendigen Maßnahmen ab, del veranschaulichen. Auch hier konnte das QMPS-Projekt berieten das bestmögliche Vorgehen und planten die weite- in den letzten Jahren durch eine Untersuchung der Klimada- ren notwendigen Schritte für das kommende Jahr. ten und der Sandanwehungen bereits erste Grundlagen für Trotz der Erfolge der letzten Jahre bleiben der Aufbau eine mögliche Lösung des Problems bereitstellen. des Site Managements, der nachhaltige Erhalt und die Kon- In enger Kooperation zwischen der Denkmalbehörde des servierung der Welterbestätte Meroë eine Mammutaufgabe, Sudan und den vor Ort arbeitenden Forschungsprojekten die nur durch langfristiges Planen und schrittweises Um- wird in Meroë ein nachhaltiges Site Management entwickelt setzen realisiert werden kann. Das dringendste Konservie- und die Welterbestätte gemeinsam erhalten und einem brei- rungsproblem an den Pyramiden führt dies deutlich vor ten Publikum kommuniziert. 1 Der Sudan ist eines der größten Länder Afrikas und be- finanziert. Im März 2015 begann das von einem interna- sitzt zahlreiche archäologische Stätten, deren Erforschung, tionalen Expertenteam vorangetriebene Projekt mit den Erfassung und Dokumentation meist noch am Anfang ste- Feldarbeiten vor Ort. Für weitere Informationen siehe: hen. Acht dieser Stätten haben Welterbestatus. Sie wurden https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/4513022 in zwei serial nominations in die Welterbeliste aufgenom- 4 Ein großangelegter archäologischer Survey der südli- men: Im Jahr 2003 der „Gebel Barkal and the Sites of the chen Meroë-Region erfolgte im Rahmen des Projektes Napatan Region“ und 2011 die „Archaeological Sites of Hamadab am Deutschen Archäologischen Institut, wel- the Island of Meroe“. Darüber hinaus stehen mit Suakin, ches ebenfalls durch QSAP gefördert wurde. Für weitere Kerma und Old-Dongola drei weitere Kulturstätten auf der Informationen siehe: https://www.dainst.org/projekt/-/ Tentativliste. Verantwortlich für diese Stätten und für alle project-display/59338 weiteren Denkmäler des Landes ist die National Corpora- 5 Die Digitalisierung des Archivs von Friedrich W. Hinkel tion for Antiquities and Museums (NCAM). wurde von QSAP und dem Auswärtigen Amt gefördert. 2 Dank des umsichtigen Eingreifens der sudanesischen Das digitale Archiv und nähere Informationen dazu sind Denkmalbehörde NCAM konnten die Überschwemmun- zu finden unter: https://arachne.dainst.org/project/hinkel gen eingedämmt werden. Sandsackbarrieren wurden 6 Das Projekt Sudan Digital des DAI wurde vom Kulturer- errichtet und Wasser aus empfindlichen Bereichen abge- halt-Programm des Auswärtigen Amts unterstützt. Für pumpt. Die Notmaßnahmen wurden durch den Site Ma- weitere Informationen siehe: https://www.auswaertiges- nager Mahmoud Suliman Bashir, seine Mitarbeiter sowie amt.de/de/aussenpolitik/themen/kulturdialog/09-kul- Mitarbeiter des Conservation Departments unter der lei- turerhalt/kulturerhalt-sudan/1796148 tenden Restauratorin Omima Hasbelrsoul durchgeführt. 7 Für nähere Informationen zum Projekt Meroë Royal 3 Im Januar 2015 lud Qatar Museums (QM) das DAI zur Baths des Deutschen Archäologischen Instituts siehe: Mitarbeit in einem groß angelegten Projekt der Erfor- https://www.dainst.org/documents/10180/15360/Brosch schung, Konservierung und Erschließung der Pyramiden %C3%BCre+Schutzbau+Meroe/58c2d6e6-09d8-47b1- von Meroë ein – der Qatari Mission for the Pyramids of 82d4-436c343f2b92 Sudan (QMPS). Ziel des Projektes ist, die Welterbestätte 8 Der sudanesisch-deutsche Restaurierungslehrgang an nachhaltig zu entwickeln und ihre gefährdeten Denkmä- den Pyramiden von Meroë und der Aufbau der Restau- ler vor weiterem Verfall zu schützen. QMPS wurde in rierungswerkstatt wurden vom Auswärtigen Amt und enger Kooperation mit der National Corporation for An- vom DAI gefördert. Nähere Informationen siehe: https:// tiquities and Museums (NCAM) ins Leben gerufen und www.dainst.org/-/sudanesisch-deutscher-restaurierungs- durch das Qatar-Sudan Archaeological Project (QSAP) lehrgang-an-den-pyramiden-von-meroe
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