WENIG PLATZ, VIEL RAUM - POPO Bremen
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44 44 + : EXTRTARIP N DESIG TOKIO WOHNEN NEU WENIG DENKEN PLATZ, VIEL SOU FUJIMOTO VERÄNDERT DIE ARCHITEKTUR RAUM KREATIVE IDEEN FÜRS MICROWOHNEN DEUTSCHLAND: 4,50 € EU-LÄNDER: 5,50 € SCHWEIZ: 8,– SFR 14. JAHRGANG SOMMER 2018 COOLE SACHEN DIE MÖBELNEUHEITEN AUS MAILAND WOHNEN + EINRICHTEN UND LEBEN + ARBEITEN
INHALT Cover: Ein offenes Haus 03 STANDPUNKT auf knappstem Platz NICHT DRINNEN, im wahrsten Sinne hat Sou Fujimoto mit dem NICHT DRAUSSEN House NA entworfen. Stararchitekt Sou Fujimoto über Titelfoto: Iwan Baan Zwischenzonen und Öffnungen 06 PANORAMA Winzige Häuser, große Wirkung 12 12 TRENDSCOUT Kurz und knapp – modulare Kleinmöbel 36 36 DESIGNTRIP TOKIO LOST IN PINK 16 MICROWOHNEN Eine Tour d’Horizon durch die aufregendste WENIG Stadt der Welt zu einfach unvergesslichen Shops, Bars, Restaurants und Gebäuden PLATZ, VIEL RAUM 48 DESIGNER- Mit Fantasie, der richtigen PORTRÄT 36 Einrichtung und ein paar SOU Tricks lässt sich aus wenig FUJIMOTO 16 ganz viel machen Der Japaner revolutioniert die Architektur und schafft ein 26 HOMESTORY völlig neues EIN HAUS MIT Raumgefühl 48 DURCHBLICK VOR ZURÜCK VOR Das House N hat nur 86 Quadratmeter Wohnfläche – und ist doch ein Wunder 56 an Offenheit und Großzügigkeit Die Neuheiten der Saison schwanken zwischen Nostalgie und Innovativem 66 SERIE FAMOUS CHAIRS „Sherlock“ Benedict Too much HomeWork, Cumberbatch auf not enough play? dem Sessel LC2 Come play, explore and experiment with us! WorkHouse 02.06. – 15.07.2018, Berlin 34 DER KLASSIKER 35 TRENDSCOUT/ IMPRESSUM www.usm.com/homework TISCH JEAN Ein 16-Quadratmeter-Apartment #homework Eileen Gray entwarf diesen von Le Corbusier als Sammelobjekt 56 hochfunktionalen Klapptisch 4 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
PANORAMA WOCHENENDHAUS EINEN ORT ZUM ABSCHALTEN, Meditieren und Kräftesammeln suchte der Kunde des Prager Architekturbüros Uhlík – und fand ihn inmitten des Böhmerwalds. 2013 wurde dort für ihn ein Holzhaus errichtet, das sich wie von selbst in die Gegebenheiten der Natur zu schmie- gen scheint. Auf 16 Quadratmetern ist Platz für zwei Personen und ver- blüffend viel Stauraum. Das Haus ent- stand aus dem Holz des umliegenden Walds, den Bau erledigten Handwerker aus dem nächsten Dorf – an ein paar Wochenenden. WWW.UHLIKARCHITEKTI.CZ
PANORAMA TUNNELBLICK AUS EINER BETONWASSERLEITUNG erschuf das Büro James Law Cybertecture (Hongkong) das experi- mentelle, kosten- und platzsparende OPod Tube House. Die Röhre mit einem Durchmesser von 2,5 Metern kann ein bis zwei Bewohner beherber- gen und bietet ihnen die Möglichkeit zum Arbei- ten, zum Kochen und eine Nasszelle. Die Röhren haben 9,29 Quadratmeter Platz, sind mobil und stapelbar. Mit minimalem Aufwand ließe sich also eine ganze Siedlung errichten – und ebenso zügig wieder abbauen. WWW.JAMESLAWCYBERTECTURE.COM
PANORAMA BAUKASTEN HAT DA JEMAND EIN HAUS stehen lassen? Genauso haben es die Architekten des Madrider Büros Ábaton beabsichtigt, als sie das ÁPH80 entwarfen. Es ist als mobiles Heim gedacht, das sich wie ein Container transportieren lässt. Trotz seiner übersichtlichen Maße von drei mal neun Metern hat es genug Raum für Wohnbereich, Küche, Schlafzimmer und Bad. Der gut isolierte Innenraum ist wohnlich mit Holz verkleidet, die Außenhaut besteht aus Beton. Bauzeit: ein Tag, Kostenpunkt: ab 32 000 Euro. WWW.ABATON.ES
TRENDSCOUT TRENDSCOUT MODULARE KLEINMÖBEL MODULARE KLEINMÖBEL Roxxane Puristi- scher kann eine Schreibtischleuchte kaum gestaltet sein (Nimbus) Klein, leicht, praktisch, funktional, ausbaubar – und höchst ansprechend gestaltet. Unsere Auswahl kleiner Uten.Silo Möbel für Menschen mit begrenztem Hier kann man alles aufbewahren, was sonst Platz zeigt, dass die Quadratur des in der Gegend rumliegt Kreises gelingen kann. Und weniger (Vitra) Gräshoppa oft wirklich mehr ist Viel Licht auf dünnen Beinen (Gubi) Pin Coat Eine minimalistische New Order Mit Garderobe par dem Systemregal excellence hat Stefan Diez (Moormann) einen Verkaufs- schlager für die Dänen gelandet (Hay) Trolley Alvar Aaltos berühmter Servierwagen ist und bleibt eine Legende (Artek) Storage Es Zierlicher und dezenter Regale müssen Designklassiker der immer gerade sein!? Designheroen Ray und Dieses Regal be- Charles Eames (Vitra) weist das Gegenteil (Moormann) Calvert Chess Der Bestsel- ler-Beistelltisch in Doppelfunktion als Schachbrett (e15) 12 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 13
TRENDSCOUT MODULARE KLEINMÖBEL Shift Violette Schier endlos ausbaubar sind die Module, die es in immer mehr Farben gibt (Montana Collection) Tower Die Multitalente in verschiedenen Höhen eigenen sich als Barwagen genauso wie als Schreibtischcontainer (Wogg) Meta Multifunktionaler und witziger Beistelltisch- Sekretär-Buchständer (New Tendency) Satztische Immer wieder praktisch – die vielseitig nutzbaren Stahlrohrtische von Marcel Breuer sind Klassiker der Bauhausära (Thonet) 14 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
TITELSTORY TITELSTORY WENIG PLATZ, VIEL RAUM WENIG PLATZ, VIEL RAUM MICROWOHNEN PLATZ IST IN DER KLEINSTEN HÜTTE Es kommt nicht auf die Quadratmeter an, sondern darauf, was man daraus macht. Mit Ideen, ein paar von den Japanern abgeschauten Tricks und den richtigen Möbeln kann aus wenig Platz sehr viel Raum werden TEXT: Peter Würth Raum im Raum Mit dieser Idee schuf das Büro Ruiz Velázquez in Barcelona ein einzigartiges 40-Quadratmeter- Apartment (aus „Raumideen – Kreativatlas für Möbel und Einbauten“, Callwey-Verlag) 16 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 17
TITELSTORY TITELSTORY WENIG PLATZ, VIEL RAUM WENIG PLATZ, VIEL RAUM 01 01 Dünne Wände, verschachtelte Räume, leichte Treppen – wer Platz sparen will, muss Genügsamkeit 06 zur Tugend Minimale machen Grundflächen sind für 02 japanische Das bisschen Architekten Grün kostet eine ständige zwar Platz, Herausforde- verschafft aber rung – hier optischen Frei- beim Tower- raum, wie hier Machiya-Haus im House vom Atelier in Seya von Bow-Wow Suppose Design 07 Riesige Fenster lassen die Räume viel größer wirken 06 07 N 03 icht nur in den maximal verdichteten Megacitys der Zukunft, nicht nur in Me- 08 tropolen wie Tokio, New Auch schmalste York oder Shanghai, son- Häuser wie das Split Machiya dern auch in München, Hamburg und House des Berlin ist Platz ein knappes Gut. Zen- Ateliers Bow- trales Wohnen ohne lange Wege und Wow können 02 luftig wirken zähe Pendlerstaus wird immer belieb- ter, und eine durch Landflucht, Im- 04 09 migration und internationale Mobilität Grün ans Haus zu holen ist rasant wachsende Stadtbevölkerung eines der Ge- sorgt für explodierende Immobilien- finden ist? Wie wirken sich neue Wohn- heimnisse, mit preise und Mieten. Bereits drei Viertel formen wie Co-Living Spaces aufs Ein- denen Japans Architekten aller Deutschen leben in (kleineren richten aus? ihren Häusern und größeren) Städten, in den Bene- Kluge Raumkonzepte, intelligente, Luft verschaffen luxstaaten sind es fast 98 Prozent. flexible Möbel, modulare Systeme und Der Wettbewerb um Raum zum Smarthome-Technologien sind die Wohnen ist längst auch in Kreisen an- Antworten, mit denen Innenarchitek- 05 gekommen, in denen es nicht in erster ten, Raumplaner, Ingenieure und Mö- Linie ums Geld geht. Wenn großzügige belproduzenten dem Paradoxon von 03 04 05 Angebote schlicht fehlen, muss der steigenden Ansprüchen und stagnie- Freier Blick Musterbeispiel Ein Haus als knappe Platz durch Kreativität ausge- renden oder gar sinkenden Quadrat- in den Himmel für „engawa“ Dorf Begrünte im Moriyama Drinnen und Außenflächen glichen werden. Das gilt fürs Studen- meterzahlen begegnen. House draußen gehen verbinden ten-WG-Zimmer genauso wie für die Wer wissen will, was das genau ineinander die einzelnen Fünfzimmerwohnung einer vierköpfi- bedeutet und wie die Zukunft des ur- über Wohnräume 08 09 gen Familie. Was nützt die vom Arbeit- banen Wohnens (auch) aussehen kann, geber eingeräumte Option für den sollte sich zuallererst in Japan, ins- Homeoffice-Tag, wenn zu Hause einfach besondere in Tokio, umsehen. In dem kein ruhiges Eckchen zum Arbeiten zu dicht bevölkerten Land weiß man seit 18 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 19
TITELSTORY TITELSTORY WENIG PLATZ, VIEL RAUM WENIG PLATZ, VIEL RAUM Langem mit wenig Platz raumgreifend mand käme darauf, dass die Wohn- umzugehen. Tokioter haben für ihre fläche gerade einmal 48 Quadratmeter Einfamilienhäuser oft nur 30 Quadrat- beträgt. meter Fläche zur Verfügung. „Es kommt Multifunktionalität hilft dabei, we- nicht allein darauf an, wie weit Wände nig Platz optimal zu nutzen. Ein Schlaf- voneinander entfernt sind, um Weite zimmer in Japan ist, nachdem morgens zu vermitteln. Wichtiger ist es, ein Gefühl des Unbekannten, des Fremden zu provozieren“, meint der Architekt die Futons weggeräumt wurden, auch Arbeitsraum, Gästestube, Essbereich oder Kinderspielplatz. Mut zum Makoto Tanijiri von Suppose Design. „Wenn dir solche Elemente zur Ver- fügung stehen, wirkt das Haus auto- Bei der Innengestaltung beispiels- weise des Split-Machiya-Hauses der Stararchitekten Yoshiharu Tsukamoto Eigensinn. matisch größer.“ und Momoyo Kaijima vom Atelier Bow- Japaner wenden diesen Trick schon Wow dienen alle Elemente zur opti- seit Jahrhunderten an und nennen ihn schen Vergrößerung – vom bewusst „engawa“. Es ist jener diffuse, multi- niedrig gewählten Mobiliar bis zur Sei- funktionale Bereich zwischen drinnen tenwand der Treppe im hinteren Zwil- und draußen, der als Verbindungsele- lingsbau. Sie ist mit Kupferplatten aus- ment zur Natur gilt. „Wenn du zum gelegt, reflektiert den Garten und sorgt Beispiel den Garten in die Wohnung für weiches Licht. hineinziehen kannst“, sagt Tanijiri, Um Kleinsträume optimal zu nut- „dann ist das engawa und wirkt wie ein zen und größer erscheinen zu lassen, Fremdkörper mit illusorischer Weiten- genügt es oft, die Wände zu halbie- wirkung.“ In seinem 2011 gebauten ren. Dann sind weiße Wände plötz- House in Seya wachsen Kieselsteine lich nur noch hüfthoch, um Funk- und Pflanzen in den überdachten tionsbereiche anzudeuten. Wo Boden, Wohnbereich hinein. Wand und Decke in Material und Farbe Hinzu kommt Verschachtelung – scheinbar ineinander übergehen, ein weiterer Designkniff, den japani- sche Jungarchitekten für sich entdeckt haben. So entsteht im Seya-Haus eine ausgeglichene Verwirrung aus unter- 01 schiedlichen Deckenebenen, zusam- mengewürfelten Vorsprüngen und aufgehäuften Fensteröffnungen. Nie- 01 /02 Ein Kleinchalet aus Kiefernholz haben Jean-Claude Frund und Antonio Gallina bei Neuchâtel in der Schweiz gebaut – fast ohne abgetrennte Räume und PANAMA automat s1, RB17 SA mit vielen Durchblicken Kalbsleder Spessartgrün 02 Aufmerksamkeit durch puristisches, klares Design. Unaufdringliche Eleganz und stilsicheres Auftreten, dazu die Freude, dieses Kleinod entdeckt zu haben. Rainer Brand fertigt Kleinserien in bester hand- werklicher Tradition. Präzise Zeitmesser, klassisch inspiriert, heutig in der Gestaltung, zeitlos in ihrer Ästhetik. Über 150 Ideen für den ungewöhnlichen Umgang mit Räumen wie beim Apartment Origami des Architekten Ruiz Velázquez versammelt das Buch „Raumideen – Kreativatlas für www.rainerbrand.de • info@rainerbrand.de • Friedenstrasse 9 Möbel und Einbauten“ (Callwey Verlag) 63872 Heimbuchenthal • Telefon 06092/5372 • Fax 06092/6903 20 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
TITELSTORY WENIG PLATZ, VIEL RAUM ADVERTORIAL 01 01 03 Das Home- Schwitzen im Wohnzimmer office im Flur Saunaspezialist Klafs hat eine wird durch ausziehbare Kabine für knappe den Flatmate Platzverhältnisse entwickelt 02 von Müller Möbelwerk- stätten möglich 01 02 Auf knappem Individualität 02 Raum ent- versus Parti- Kleine Elektro- standen unter- zipation – das motoren in den schiedliche Thema von beweglichen Wohnkonzepte BUILT BY ALL Möbeln von Clei sorgen 01 fürs bequeme Verstellen MINI LIVING – BUILT BY ALL zeigt eine neue Facette von visionären Lösungen für 01 die architektonischen Herausforderungen 02 in Großstädten – Architektur zum Mit- 03 MINI LIVING machen. Damit werden die Fokusthemen der Initiative MINI LIVING, wie der krea- GUTE IDEEN tive Umgang mit geringer Wohnfläche, um FÜRS WOHNEN das Prinzip der Partizipation erweitert. Die Menschen mit ihren individuellen Bedürf- VON MORGEN nissen und Vorstellungen rücken mehr als bisher in den Mittelpunkt. „Der aktuell standardisierte Wohnungs- Die Installation BUILT BY ALL markt bildet nur bedingt die Bedürfnisse beim „Fuorisalone“ in Mailand des Einzelnen ab. Wir stellen daher mit stellte den Menschen als aktiven unserer Installation den Menschen als ak- tiven Gestalter zurück in den Mittelpunkt Gestalter in den Mittelpunkt des 03 Das Konzept des Designprozesses. Unserer Ansicht nach Designprozesses – und lud die für BUILT BY entscheidet sich die Qualität von Wohn- 03 Besucher ein, kreativ zu werden ALL haben sich raum an der Identifikation der Bewohner Nina Tolstrup von Studio- mit ihrem Zuhause“, so Oke Hauser, entsteht ein Gefühl von Weite und Der finnische Hersteller Artek Die Inszenierungen von MINI in Mailand entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Lon- mama und Creative Lead MINI LIVING. 04 Oke Hauser, Großzügigkeit. hat auf dem Salone del Mobile in Mai- sind immer ein Highlight. Entsprechend doner Designbüro Studiomama, ermöglicht Neben der Installation bot der Erleb- Creative Lead Überhaupt ist es eines der großen land gerade daran erinnert, dass man lang sind die Schlangen der Neugierigen, eine enge Zusammenarbeit zwischen MINI LIVING, nisraum der MINI LIVING FACTORY Geheimnisse des „creative use of space“, bereits seit den 30er-Jahren clevere die auch bei 29 Grad im Schatten geduldig Bewohnern und Architekten und kann so gemeinsam OF IDEAS den Besuchern die Möglichkeit, ausgedacht Wohnbereiche mehr oder weniger in- Lösungen für kleinere Räume anbie- auf Einlass warten, wissen sie doch, dass besonders gut auf die Bedürfnisse des ihre Wohnraumvisionen in Form von Mo- einanderfließen zu lassen und allenfalls tet: intelligente Designklassiker mit sich das Anstehen lohnt. In einer Werk- Einzelnen eingehen. Es hinterfragt kon- dellen selbst zu erstellen. Dabei entstanden die einzelnen Wohnzonen durch – bes- multiplen Funktionen wie das Wand- statthalle präsentierte MINI in diesem Jahr ventionelle Designprozesse und zeigt, wie fantasievolle Kreationen, die mit ganz be- tenfalls veränderbare – Möbel zu defi- regal Kaari mit integrierter Schreib- BUILT BY ALL, ein visionäres Wohnkonzept Architektur kreativ auf immer knapper grenzten Mitteln Hunderte von Varianten nieren. So entstehen auf knappem platte oder Alvar Aaltos Stool 60, der der Initiative MINI LIVING, in deren Rah- werdenden Wohnraum und begrenzte Res- für die Nutzung eines minimalen Raums Raum multifunktionale Wohn-Ess- ebenso als Beistelltisch wie als Hocker men sich die Marke mit architektonischen sourcen im urbanen Umfeld reagieren kann. entstehen ließen. Arbeitszimmer. Schmale Flure werden dienen kann. Lösungen für urbane Lebenswelten der 04 etwa durch den Flatmate-Sekretär von Im Moriyama House von Ryue Zukunft kreativ auseinandersetzt. Die Zahlreiche Müller Möbelwerkstätten zum Home- Nishizawa in Tokio leben acht Men- Münchner haben längst erkannt, dass es attraktive Elemente office, Raumnischen wandeln sich schen auf 130 Quadratmetern in zehn nicht mehr genügt, aufregende Autos zu standen zum wie bei Clei zu aufklappbaren Komfort- Aber selbst wer Platz genug für ein 04 versetzten Kuben mit groß zügigen bauen, sondern es für das Leben in den Entwerfen schlafzimmern, Apothekerschränke eigenes Wohn-, Arbeits-, Schlafzimmer Millimeter- Fenstern und freiem Blick zum Himmel. Städten von morgen unabdingbar ist, sich zur Auswahl genau vermes- nutzen schmalste Lücken und offene und eine Wohnküche hat, besinnt sen und augen- Noch einmal 130 Quadratmeter Außen- Gedanken um urbane Mobilität und auch 05 Regale werden zu Raumteilern. sich zusehends auf die Kunst der zwinkernd fläche machen aus dem Haus eine Art neue Wohnformen zu machen. Wohnraum- Ausgeklügelte mechanisierte Möbel Reduktion, wie sie im pragmatisch- jeden Kubik- kleines Dorf im Wald, das deshalb weit MINI LIVING – BUILT BY ALL zeigte visionen meter genutzt: en miniature – setzen auf die Hilfe kleiner Motoren puristischen Skandinavien schon lan- Arteks Bühne mehr ist als eine raffinierte Ausnutzung neben vier beispielhaften Wohnraumkon- entworfen von und machen aus schwer erreichbaren ge üblich ist. Cocktail- statt Lounge- auf dem des knappen Platzes: Es ist eine neue zepten öffentlichen Raum, etwa eine Ge- den Besuchern Salone del Ecken sinnvoll nutzbaren Stauraum sessel, intime Zweisitzer oder gar Art zu leben, eine ebenso kommuni- meinschaftsküche oder einen Outdoor-Fit- der FACTORY Mobile 2018 OF IDEAS oder verändern gleich den kompletten gepolsterte Sitzbänke wie Arteks kative wie soziale Wohnform, die der nessraum: eine eigene Mikronachbarschaft Raum je nach Nutzung. Möbeltechnik Kiki-Sofa statt XXL- Couches verknüp- japanischen Kultur des Miteinanders im Inneren eines ansonsten leeren Gebäu- © MINI als Innovationsmotor. Selbst eine aus- fen die notwendige Beschränkung mit entspricht, aber in ähnlichen Formen des. Das Konzept hinter der Installation, 04 05 ziehbare Sauna wird angeboten. dem Angenehmen. inzwischen weltweit praktiziert wird. 22 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 23
TITELSTORY WENIG PLATZ, VIEL RAUM thomasbiswanger.de 01 Auf 13 Quadrat- metern hat Studiomama in Londons wahrscheinlich kleinstem Haus ein komplettes Apartment samt Bad und Küche untergebracht 01 Mit solchen neuen Wohnformen für urbanes Leben beschäftigt sich beispielsweise die Marke MINI in ihrer Initiative MINI LIVING. Dabei setzt sich MINI seit 2016 mit architektoni- schen Lösungen für urbane Lebens- welten der Zukunft kreativ auseinander. 02 Neben Projekten in London oder New York zeigte MINI LIVING bereits in den vergangenen Jahren in Mailand visio- näre Konzepte des geteilten und kol- 02 Die Wohnräume übernehmen laborativen Wohnens, Lebens und Kleine Schlaf- sie möbliert, schließlich geht in ihrer kammern grup- Arbeitens in der Stadt. 2018 präsen- pieren sich beim Welt Nutzen vor Besitzen. Überhaupt tierte MINI während des Salone del Cubity-Projekt ist eine Renaissance des möblierten Mobile BUILT BY ALL, ein Wohnkon- um großzügige Wohnens zu beobachten. Pendelnde Gemeinschafts- zept in einer innerstädtischen Halle bereiche Manager, zeitwohnende Job-Hopper – eine eigene Mikronachbarschaft im oder mobile Expats haben keine Lust, 03 Inneren eines ansonsten leeren Gebäu- sich aufwendig selbst einzurichten, Minimaler des (siehe auch Seite 23). privater Platz wollen aber auch nicht in kargen Zu den neuen, an Communitys aus- bleibt den Wohnzellen leben. Der Trend geht des- Cubity- gerichteten Wohnformen gehört auch halb hin zu rundum perfekt ausge- Bewohnern das Studentenwohnprojekt Cubity in statteten, funktionalen Wohnsuiten, Frankfurt. Private Kammern zum Schla- zu edlen Vorzeigeprojekten mit wan- fen und Arbeiten gruppieren sich um delbaren Möbeln für jeden Zweck und 03 großzügige Gemeinschaftsräume – al- Anspruch. les in einem großen Kubus mit milchi- ger, abends leuchtender Kunststofffas- sade. Die Keimzelle einer neuen Zeit. Was bei den Frankfurter Studenten teils aus schlichter Notwendigkeit ent- stand, ist für internationale Kreative ein besonderer Kick. Viele von ihnen kommen aus digitalen Communitys, wollen nicht mehr alleine leben und nutzen zu Preisen von rund 2000 Dol- lar im Monat luxuriöse Co-Living- 04 Sunset for all Angebote von Unternehmen wie Krash, Im Roam- WeLive, Pure House oder Roam, um in- Haus auf Bali dividuelles Wohnen mit Gemeinschafts- genießen die Bewohner leben in üppigen Lounges, Wohnkü- zusammen den 04 chen und Sharings-Spas zu verbinden. Feierabend www.thonet.de 24 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 25
HOMESTORY HOUSE N LEBEN IM HOUSE N EIN HAUS MIT VOLLEM DURCHBLICK Strahlendes Weiß, enorme Transparenz und trotzdem viel Privatheit für ein Ehepaar samt Hund: Das House N ist ein absolutes Meisterstück neuer japanischer Baukunst, die mit sehr wenig Platz sehr viel anzufangen weiß. Das einzige Problem der glücklichen Bewohner ist der alte dunkle Wohnzimmertisch TEXT: Roland Hagenberg FOTOS: Iwan Baan 26 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 27
HOMESTORY HOUSE N 02 Der poetische Leitsatz eines Architekten Draußen ist drinnen ist draußen D 02 ie Stadt im Süden Japans ist groß genug 01 für einen eigenen Flughafen, aber doch Einsicht in Hüfthöhe so überschaubar, dass Busfahrer zwi- Esszimmer schen den Stationen anhalten, wenn und Vorraum jemand winkt und mitfahren will. In ergänzen sich Tokio wäre das undenkbar, doch die Metropole ist eineinhalb Flugstunden entfernt, und so biegt man sich die Regeln zurecht, bis sie für einen Küstenort wie Ōita passen. Jeder kennt hier jeden – und auf die berühmtesten Söhne der Stadt sind alle stolz. Auf Tomiichi Murayama etwa, Japans Premiermi- nister in den 90er-Jahren, oder den Architekten Arata Isozaki. Dass sich aber Journalisten vom anderen Ende der Welt auch für ihn und sein Haus interessieren, will Terumasa Nogiri nicht so recht in den Kopf. Der pensionierte Angestellte des Hauptpostamts deutet auf einen Packen japanische Architekturblätter. „Immer wieder unser Haus! Und alles wegen unserer Tochter!“ Listig lacht der Hausherr und bescheiden seine Frau Harumi. Sie ist eine ehemalige Kranken- schwester. Zum sechsten Geburtstag hatte sie ihrer Tochter einen Bausatz geschenkt. „Von da an war mir klar, dass Yumiko einmal Architektin werden würde.“ Tatsächlich arbeitete sie später in Tokio im Atelier von Sou Fujimoto, Japans neuem Star. Alte Hasen wie Toyo Ito und Terunobu Fujimori haben ihn gepusht, gefordert und gefördert. Beiläufig frag- 01 te Yumiko eines Tages ihren Chef, ob er an einem Hausprojekt in Ōita interessiert sei. Mit dem ersten Entwurf konnten ihre Eltern zunächst wenig anfan- gen. „Doch Fujimoto-san hat alles so nett erklärt“, sagt Mutter Harumi. „Schritt für Schritt konnte ich DAS HOUSE N ERFÜLLT mich hineindenken, fühlte mich in Gedanken da drinnen sehr schnell wohl!“ VOLLKOMMEN DAS House N, wie der weiß gestrichene Bau heißt (nach dem Namensinitial der Besitzer), steht dort, wo JAPANISCHE BEDÜRFNIS sich früher, dunkel und beengt, das traditionelle Holzhaus der Familie befand. Die Wohnfläche fällt NACH PRIVATHEIT mit 86 Quadratmetern kleiner aus als vorher, wirkt aber ungleich großzügiger und erfüllt vollkommen das japanische Bedürfnis nach Privatheit. Diesen scheinbar paradoxen Effekt erzeugt der Architekt, davor verläuft die Straße. Erhöhte Gehwege gibt es indem er an wohlkalkulierten Stellen Decken und kaum. Überall sieht man kleine vergitterte Fenster Wände zur Umgebung hin öffnet. Grundlage all aus Milchglas, zwischen den Dächern hängen Dut- seiner Konzepte ist die Höhle-Nest-Theorie, die zende Kabel, denn hier wird nichts unter der Erde Fujimoto – als er noch Professor an der Universität verlegt. Fujimotos ungewöhnliche Konstruktionen Kyoto war – entwickelt hat. „Das Rohe und Robuste heben sich schon aus der Ferne von dem verwasche- einer Höhle inspiriert mich. Ohne jede Künstlichkeit nen Umfeld ab. Entsprechend groß sind die Erwar- ist sie der Ausgangspunkt für räumliche Entdeckun- tungen beim Eintreten in einen Bau des Architekten. gen. Wenn sich langsam Emotionen mit ihr verbin- Im House N zum Beispiel rollt das Tor aus Holz den, wächst sie über die Schutzfunktion hinaus. Sie leise auf kleinen Metallschienen zur Seite. Kiesel wird praktisch und wohlig und schließlich ein Nest!“ knirschen unter den Schuhen, und schon steht man Tradition und Platzmangel haben die Japaner innerhalb der ersten weißen Schale, die das Grund- dazu erzogen, sich zu verschanzen. Nachbarbauten stück überspannt. Hier ist genug Platz für ein Auto, verstecken sich hinter grauen Steinmauern, kaum zwei Fahrräder, zwei Scheinkamelien sowie eine einen Meter von der Hauswand entfernt. Direkt Holzterrasse, gesäumt von zarten Japanischen Kirsch- 28 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 29
HOMESTORY HOUSE N 01 02 Nicht nur Regen fällt durchs Dach, Hundeleben mit Stil bald kommt der Mond Meditieren auf Tatami-Matten 01 02 30 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 31
HOMESTORY HOMESTORY HOUSE N HOUSE N Kontrast- bäumen. Sieben Meter über dem Kopf öffnen sich programm quadratische Ausschnitte im Dach. Abwechselnd Japanische Familienhäuser sind durch sie Wolkenfetzen und Blau zu sehen, als sind meist stünde man in einem Gemälde von de Chirico. Erst von Mauern danach gelangt man ins eigentliche Haus. Seine umgeben weißen Mauern sind ebenfalls von riesigen Fenstern durchbrochen, diese jedoch wurden mit Glasschei- ben versiegelt. Drinnen steht man auf geheizten Böden aus Kiefernholz und bemerkt, dass hier ein mit verglasten Ausschnitten versehenes weiteres Flachdach eingezogen ist. Es beginnt zu regnen, das leise Prasseln hat einen beruhigenden Rhythmus. „Ich bin im Norden aufgewachsen, in Hokkaido“, erklärt Sou Fujimoto. „Da gab es nur Berge und Wälder. Deren vielschichtiges Ast- und Blätterwerk habe ich immer als natürliche Architektur gesehen, mit Lichtfragmenten von oben.“ Architektenlegende Toyo Ito sagte einmal über Fujimotos Bauten, man erlebe sie, als kletterte man in einen Baum. Und der Architekt und Historiker Terunobu Fujimori, der mit Baumhäusern berühmt wurde, nennt Fujimoto seinen „kohai“ – eine loben- de Bezeichnung für Schüler, die ihrem „sempai“, dem Lehrmeister, in Ehrfurcht zugetan sind. Die Wände der innersten Schale mit ihren groß- formatigen Ausschnitten ohne Glas deuten zurück- haltend Funktionszonen an. Außer im Bad kann man überall von außen gesehen werden – solange man steht. Sitzt oder liegt man jedoch, bleibt die eigene Welt geschützt. Es gibt einen Schlafbereich, ein Wohnzimmer, den für japanische Häuser unver- zichtbaren Tatami-Raum und eine flurartige Nische für die Küche. Ganz toll findet dieses kreative Schachtelwerk auch ein Nogiri-Mitbewohner mit dem Namen Ko- lala. Der Dachshund will ständig Verstecken spielen. „Fast könnte man glauben, das Haus wäre extra für ihn gebaut worden“, sagt die Frau des Hauses und DIE WÄNDE DER INNERSTEN SCHALE zögert einen Moment. „Alles ist hier so perfekt de- signt – bis auf eine Sache!“ Sie deutet auf den klobi- MIT IHREN GROSSEN AUSSCHNITTEN gen dunkelbraunen Wohnzimmertisch. „Von dem OHNE GLAS DEUTEN ZURÜCKHALTEND hab ich mich einfach nicht trennen können. Der stammt noch vom alten Haus. Wenn sich Fotografen FUNKTIONSZONEN AN ankündigen, verstecken wir ihn. Denn tun wir das nicht, ist es eine Qual, hören zu müssen, wie sie uns schonend beibringen, dass sie ihn nicht im Bild haben wollen!“ 32 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 33
DESIGN TRENDSCOUT DER KLASSIKER JUBILÄUM # 13 16 QUADRATMETER HISTORIE STUDI-BUDE TISCH JEAN VON EILEEN GRAY ZUM SAMMELN „DIE VILLA ZEIGT UND VERBIRGT GLEICHZEITIG“ DAS MAISON DU BRÉSIL in Paris ent- stand 1959 im Auftrag der brasiliani- schen Regierung. Die Einrichtung für das 16-Quadratmeter-Studenten- EILEEN GRAYS ausziehbarer Tisch schrieb Eileen Gray, „für Empfänge apartment entwarfen Le Corbusier Jean führt mitten hinein in einen faltet man alle Tische auseinander, und Charlotte Perriand. Ein Schrank ebenso komplexen wie mysteriösen und daraus ergibt sich ein sehr gro- trennt Eingangsbereich und Sanitär- Ort. Die irischstämmige Designerin ßer Esstisch, der zwar leicht, aber EILEEN GRAY (1878–1976) block vom Schlaf- und Studierbe- entwarf den zierlichen, jedoch äußerst stabil ist.“ Die Beziehung zu stammte aus einer irischen Adels- reich. Die minimalistischen Möbel familie. Entscheidend geprägt sehr robusten Tisch im Jahr 1929 für Badovici ist in der weißen Villa über wurde sie von der Pariser Avant- sind überwiegend aus Massivholz die Ausstattung ihres spektakulär dem Meer auf vielfältige Weise do- garde der 20er- und 30er-Jahre. mit farbigen Kunststoffschubladen modernen Domizils E.1027 in kumentiert, nicht zuletzt durch die Das von ihr entworfene Haus gefertigt. Cassina bietet das Set zum E.1027 galt lange als ein Werk Roquebrune-Cap-Martin an der gleiche Bezeichnung, die der höhen- Le Corbusiers, da er sich dort mit 60. Jubiläum als originalgetreue Côte d’Azur. Der Name Jean ist eine verstellbare Tisch erhielt: E.1027 Wandmalereien verewigt hat. Re-Edition in einer streng limitierten Widmung an ihren Geliebten ist die Verschlüsselung einer Liebes- Auflage zum Sammlerpreis an. und Mitarbeiter, den rumänischen geschichte. Das E steht für Eileen, Architekten Jean Badovici (1893 bis die Ziffern 10 und 2 für Badovicis 1956), von dem sie allerdings zu je- Initialen im Alphabet und 7 für G wie ner Zeit bereits wieder getrennt war. Gray. Die Autorin Jennifer Goff re- Badovici erhielt das Haus samt sümiert in ihrer Eileen-Gray-Biogra- Mobiliar sozusagen als „Abschiedsge- fie: „Die Villa ist ein Haus voller Ge- schenk“. In jedem Zimmer stand ein heimnisse, verborgener Schrank- Exemplar des Tisches: „Sie können fächer, Paravents und Schiebetüren – zugleich als Schreibtisch dienen“, sie zeigt und verbirgt gleichzeitig.“ Der Stuhl Roquebrune mit Keine Ablenkung Lederbespannung Wer im Maison du Brésil entstand ebenfalls studierte, konnte für die Innenräume sich voll auf seine Bücher Der Tisch der Villa E.1027. konzentrieren. Nur die mit der faltbaren Platte farbigen Plastikschub- ist 70 Zentimeter lang laden lockern die (ausgeklappt 130), minimalistisch-strengen 73 Zentimeter hoch Möbel auf und 70 breit. Impressum HERAUSGEBER CI – creative inneneinrichter GmbH & Co. KG, Spreestraße 3, 64295 Darmstadt VERANTWORTLICH Steffen Schmidt (V.i.S.d.P.) OBJEKTLEITUNG Sandra Gotha VERLAG UND ANSCHRIFT Das Gestell DER REDAKTION HOFFMANN UND CAMPE X, eine Marke der HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH, ein Unternehmen der GANSKE Verlagsgruppe, Harvestehuder Weg 42, 20149 Hamburg, besteht aus ver- Tel. +49 40 44188-239. Amtsgericht Hamburg, HRB 81308 Sitz: Hamburg GESCHÄFTSFÜHRUNG Dr. Ingo Kohlschein, Alexander Uebel CHEFREDAKTION Peter Würth CREATIVE DIRECTION Tobias Zabell chromtem Stahlrohr, ART DIRECTION Nora Luther GRAFIK Claudia Knye KEY ACCOUNT MANAGEMENT Kaja Eilers PROJEKTMANAGEMENT Simone Wippern BILDREDAKTION Holger Riemenschneider REDAKTIONELLE die Tischplatte aus MITARBEIT Wolf-Christian Fink, Roland Hagenberg, Sophie Ortner SCHLUSSREDAKTION Ursula Junger HERSTELLUNG Claude Hellweg LITHO PX2@ Medien GmbH & Co. KG DRUCK Ernst Kaufmann weißem Melamin GmbH & Co. KG, Druckhaus, Lahr ABONNEMENTS, VERTRIEB UND ANZEIGENVERANTWORTUNG Sandra Gotha (info@creative-inneneinrichter.de) ANZEIGEN Werner Fischer – Tellus Corporate Media mit massivem GmbH, Hammerbrookstraße 93, 20097 Hamburg, Tel.: +49 40 280868-87 Fax: +49 40 280868-20, E-Mail: w.fischer@tellus-corporate-media.com. Es gilt die Anzeigenpreisliste gemäß den Mediadaten Buchenumleimer. 2017 REDAKTIONSBEIRAT Frank Anger-Lindemann, Wilfried Lembert, Klaus Seydlitz. Dieses Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge, Entwürfe, Abbildungen, des Weiteren die Darstellung der Ideen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung einschließlich Nachdruck ohne schriftliche Einwilligung des Verlages strafbar. Es wird nur presserechtliche Verantwortung übernommen. Bildnachweis Titel: © Iwan Baan; Standpunkt: © Edmund Sumner/VIEW/REX/Shutterstock Inhalt: © Thonet, © Roland Hagenberg, © Markus Kirchgessner/Merian, © Ray Tang/REX/Shutterstock, © Iwan Baan, © MDF Italia; Seite 6-7: © Uhlik Archtikti; Seite 8-9: © James Law Cyber- tecture; Seite 10-11: © ÁBATON; Seite 12-14: © Moormann (2), © Gubi, © Artek, © e15, © Vitra (2), © Nimbus, © Hay (2), © Montana Collection, © Müller Möbelwerkstätten, © Wogg, © Thonet; Seite 16-24: © Pedro M Mahamoud/Callwey (2), © Noriyuki Yano (2), © Markus Kirchgessner/Merian (3), © Atelier Bow-Wow (2), © Manuel Oka (2), © Jean-Claude Frund, © Müller Werkstätten, Die Urform © Klafs, © clei, © Artek, © Studiomama, © Thomas Ott/CUBITY, © CUBITY, © Chris Wiese; Seite 26-33: © Iwan Baan (4), © Edmund Sumner/View Pictures/REX/Shutterstock (2), © PR; des Stuhls Roquebrune Seite 34: © Mark Seelen/ClassiCon, Illustration: Uli Knörzer; Seite 35: Cassina (4); Seite 36-47: © Roland Hagenberg (13), © Issey Miake Inc., © Artless Inc., © Sunny Hills, © Aman Hotel, stammt aus dem © Spiral Corp., © Yakumo Saryo, © Time & Style (2), © Nacasa and Partners Inc. Seite 48-55: © Iwan Baan (2), © Ray Tang/REX/Shutterstock, © Edmund Sumner/View Pictures/REX/Shutterstock Jahr 1927 und (4), © Sou Fujimoto Architects, © David Vintiner, © SFA+NLA+OXO+RSI (2); Seite 56-65: © Vitra (6), © Sanwa Company (2), © Petite Friture (2), © MDF Italia (3), © Marcus Lawett/String, war mit Segeltuch © Hay (2), © ClassiCon (3), © Gubi (8), © Louise Roe (4), © Knoll International (2), © Gallotti & Radice (3), © Cassina, © B&B Italia (2), © Kettal, © Lissoni Associati, © Thonet; Seite 66: © Photo bespannt. by Hartswood Films/REX/Shutterstock, Illustration: Uli Knörzer 34 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 35
Seit 1976 WERKBERICHT 02|18 #POPOBREMEN POPO.DE
WERKBERICHT MODELLBAU: EINE MASSSTABSGE- TREUE GEBÄUDEABBILDUNG, DEREN EINZELTEILE VOM LASERCUTTER AUSGELASERT UND IN HANDARBEIT ZUSAMMENGEFÜGT WURDEN. EIN MINIATURABBILD BIS INS DETAIL. 2 /3
DAS TISCHSYSTEM HACK, ENTWORFEN VON CONSTANTIN GRCIC FÜR VITRA, SCHAFFT EINEN FUNKTIONALEN ARBEITSPLATZ, DER MIT EINEM GRIFF STUFENLOS HÖHENVERSTELLBAR IST. DYNAMISCH UND FLEXIBEL. EINBLICK / POPO Labor VISIONEN GREIFBAR MACHEN »Probieren geht über studieren« – genau dieses Das POPO Labor bietet uns die Möglichkeit Motto steht hinter dem POPO Labor. Sowohl und den Rahmen neue Denkansätze in der Pro- unsere Groß- als auch die Kleinprojekte werden jektplanung zu entwickeln und voranzubringen. hier in allen Einzelheiten geplant und für Sie er- Der Modellbau in Kombination mit unserem lebbar gemacht. Lasercutter und unseren 3D-Druckern spielt Wir analysieren, probieren aus, verwerfen, dabei eine wichtige Rolle. Durch die Inhouse entdecken und entwickeln neue Wege. Immer 3D-Visualisierung ergeben sich ganz neue Dar- #POPOBREMEN vor Augen die Optimierung von Prozessen. stellungsmöglichkeiten, die wir immer mehr als Räume greifbar machen bevor der Grundstein wichtige Bausteine unserer Planungspräsenta- gelegt ist. Neue Medien, Techniken, Muster und tion bei POPO nutzen. Materialien ausprobieren und verstehen lernen. Wir experimentieren, staunen und verwenden genau diesen Spirit für Ihre Visionen. POPO.DE 3D-VISUALISIERUNG: FOTOREALISTISCHE ABBILDUNGEN VON VIRTUELLEN RÄUMEN.
WERKBERICHT Raum ist keine Frage von Größe, sondern von Planung und der Vorstellung, etwas Neues und Erfolgreiches für Sie zu schaffen. Dazu gehört die Analyse eines Bestandsobjektes, die Planung und die Baubegleitung bis zur Bauausführung. Wir verstehen uns als Partner von Architekten und Projektentwicklern im PLANUNG: EINE GUTE PLANUNG IST Dialog mit Ihnen. DAS A UND O. ES SCHAFFT DEN RAHMEN FÜR EINE ERFOLGREICHE Gestaltung: designbuero-karantinaki.de Fotos: POPO Labor, Irene Neumann Fotografie, Titelfoto, POPO Bremen ZUSAMMENARBEIT. IMPRESSUM Herausgeber: POPO Sitzmöbel und Stehschränke GmbH, Auf den Häfen 12—15, 28203 Bremen DIE TÜR IST OFFEN! SIE SIND HERZLICH WILLKOMMEN, SPRECHEN SIE UNS GERNE AN. © POPO Sitzmöbel und Stehschränke GmbH. POPO Sitzmöbel und Stehschränke GmbH Auf den Häfen 7 – 15, 28203 Bremen | T 0421 . 79 29 50, Mo – Fr 9 – 18 Uhr, Sa 10 – 14 Uhr POPO.DE | POPOBREMEN
DESIGNTRIP TOKIO LOST STAUNEN IN TOKIO Wer in Tokio auffallen will – und das wollen alle, um im Getöse der Megacity nicht völlig unterzugehen –, verbündet sich mit den weltbesten Designern und Architekten. Sie sorgen dafür, dass Geschäfte, Bars und Restaurants schon beim ersten Eindruck unvergesslich bleiben. Eine Tour d’Horizon durch die aufregendste Stadt der Welt TEXT UND FOTOS: Roland Hagenberg 01 01 Kawaii Monster Café Servieren im Manga-Outfit 02 „Lost in Translation“- Ausblick vom Shinjuku Park Tower aus 02 IN PINK 36 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 37
DESIGNTRIP TOKIO S tillgestanden! An der beleb- Und in allem haben sie die Geschich- testen Kreuzung der Welt, te ihrer Brand, ihrer Marke, verpackt an der Shibuya Station mit- und sich dabei mit den besten Desi- ten in Tokio, warten ge- gnern und Architekten des Landes duldig einige Tausend Men- verschworen. schen. Angestellte in dunkelblauem Mitunter kommt es dann zu einer Anzug, Schüler in Uniform, Mädchen geballten Zusammenarbeit wie beim in pinkem Manga-Outfit, Mütter im 21_21 Design Sight im Bezirk Midtown. Designerdress. Anders als im Westen Hier hat Modelegende Issey Miyake schalten hier alle Ampeln gleichzeitig ein Museum errichten lassen – von auf Grün, geben den Weg frei in jede niemand anderem als Tadao Andō. Der Richtung, kreuz und quer, für eine Flachbau des Meisters postminimalis- Million Fußgänger täglich. Die Pas- tischen Betons ist angelegt wie Miyakes santen fixieren ihr Smartphone, träu- Label Pleats Please: gefaltet und ge- men zur Musik aus ihren Designer- presst. Wechselausstellungen widmen kopfhörern oder starren ausdruckslos sich dem Design des alltäglichen Ge- vor sich hin. brauchs und wie es uns in die Zukunft Der digitale Feuersturm rundum begleiten könnte. Kuratorischen Bei- lässt alle kalt. Scheinbar unbemerkt stand leisten der Chefschneider des pumpen die hauswandgroßen LED- Miyake-Imperiums Naoto Fukasawa 01 Screens, die pompösen Plakate und und Grafiker Taku Satoh. Vulkan mit pulsierenden Lautsprecher ihre Bot- Bäumen schaft in den japanischen Alltag. Jede FLUT AN EINDRÜCKEN Empfangshalle des Sayama- freie Nische ist eine Herausforderung Gegenüber, im Midtown-Kaufhauskom- Friedhofs von für die Architektur. Denn um zu über- plex, hat sich die Bierbrauerei Suntory Hiroshi Nakamura 02 leben, müssen Geschäfte, Firmensitze einen anderen Star geangelt: Kengo und Restaurants unvergesslich blei- Kuma, er errichtet gerade das Stadion 02 ben – schon beim ersten Eindruck. für die Olympiade 2020 in Tokio (nach- 21_21 Design 03 Sie locken mit Gediegenheit, Witz oder dem Zaha Hadids Entwurf gestrichen Sight Tadao Andōs Erhabenheit, sie machen uns nostal- wurde). Das Suntory Museum of Art mit Museum für gisch, neugierig oder sehnsüchtig. der für Kuma typischen Lamellenfas- Issey Miyake 02 Galerie, Office und Café Artless von Artdirector Shun Kawakami 01 38 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
DESIGNTRIP DESIGNTRIP TOKIO TOKIO 01 Bauten das traditionelle japanische WENN REISENDE AUS DEM WESTEN DREI BIS VIER TAGE IN TOKIO Bewusstsein zugrunde liegt. Etwa bei Ryue Nishizawas House and Garden, BLEIBEN, GLAUBEN SIE HINTERHER, DREI ODER VIER WOCHEN einem vier Meter breiten, vierstöckigen IN DER STADT GEWESEN ZU SEIN, SO ÜBERWÄLTIGEND IST DIE FLUT Wohngebäude aus Betonplatten, ein- gezwängt zwischen Bürotürmen, die AN EINDRÜCKEN UND GEGENSÄTZEN sich jedoch nicht berühren, denn in Japan ist der Mindestabstand schul- terbreit. Die widerspenstige urbane Kreation des Pritzker-Preisträgers Nishizawa ist ein typisches Beispiel 02 für Tokioter Design: Aus Platzmangel sind Treppenaufgänge oft außen an den Gebäuden montiert, führen von der Straße direkt zum Rooftop, ohne Tür und Gitter. So bieten sich immer wieder traumhafte Aussichtspunkte an, neben oder gegenüber von Sehens- würdigkeiten. SHOWROOMS ALS ARBEITSOASEN Die japanische Seele lebt auch im sade wirkt zwar modern, stellt aber vor Otemachi-Wolkenkratzerviertel weiter. allem traditionelle japanische Kunst Kerry Hill Architects haben die Lobby aus, pflegt auf diese Weise das Image des Hotels Aman im 33. Stock wie eine des Sponsors. Kumas Idee für den tai- Papierlaterne designt, und zwar sechs wanesischen Ananaskuchenhersteller Stockwerke hoch. Felsen, ein Teich 03 SunnyHills wäre beim konservativen und Düfte machen sie zur idealen Oase Bierbrauer nicht durchgegangen. Wie fürs Verschnaufen. 01 02 03 bei einem Mikadospiel ließ Kuma dort Keine andere Stadt hat ihre Cafés, SunnyHills- Café Mid Spinne überdimensionale Stäbchen fallen und Restaurants und Hotellobbys für Off- Teehaus Arbeiten bis von Louise Holzananas Mitternacht; Bourgeois vor türmte weitere darauf auf. Erst beim Office-Arbeit so attraktiv gestaltet wie als Marken- nebenan die dem Mori zweiten Hinsehen entpuppt sich der Tokio, mit Internet- und Stroman- symbol von Case Gallery Tower mit Bau als eine stachelige Ananas. Drinnen schluss, breiten Tischen und ohne Kengo Kuma von Toshiki Mori Museum Yukawa 06 im Teehaus ist jeder willkommen, Ge- Zeitlimit. Selbst Autohersteller sind tränke und Kuchen sind gratis, man fühlt sich geborgen wie in einem Nest. Das Interiordesign ist so exquisit, dass 06 dazu übergegangen, ihre Showrooms juku. Die drei Türme des Park Tower 04 05 Spiral Hall allein die Toilette einen Besuch wert ist. in Arbeitsinseln zu verwandeln. Bei mit dem Hyatt-Hotel, wo einst Sofia von Fumihiko Wenn Reisende aus dem Westen Maki mit Mercedes in Midtown etwa und bei Coppola „Lost in Translation“ drehte, drei bis vier Tage in Tokio bleiben, Shops, Restau- BMW neben der Tokyo Station, wo die weisen den Weg. Von der Lobby mit glauben sie hinterher, drei oder vier rants und Coffee-Workspaces bis spätabends für dem Bambuswäldchen im 43. Stock aus Event-Halle Wochen in der Stadt gewesen zu sein, jedermann zugänglich sind. Das Café fällt der Blick auf die untergehende so überwältigend ist die Flut an Ein- Mid in Yoyogi Hachiman schließt erst Sonne über dem Fujiyama und die Wol- drücken und Gegensätzen. Bei moder- nach Mitternacht. Bei gedimmtem kenkratzer im Osten, die bei Erdbeben ner Architektur täuscht der erste Ein- Licht, cooler Musik und japanisch-west- schwingen wie – ja, wie ein Bambuswald. druck oft darüber hinweg, dass den licher Fusionküche lassen Workaholics Park Tower war das letzte Projekt des am Laptop den Tag Revue passieren, Nachkriegsarchitekten Kenzō Tange – beantworten die letzten Mails. drei Monolithen, die Japans Wirtschafts- Nebenan zeigt Toshiki Yukawas Case power signalisieren sollen. Inzwischen 04 Gallery modernes Textildesign. Auch wurde das Sonnenreich aber von China Aman Hotel dieser Bau ist ein gutes Beispiel dafür, überrundet und die Symbolik ruiniert. Die japanische Seele in wie auf winzigem Baugrund, in diesem Der romantischste Spot der Stadt oben der Moderne Fall dreieckig, etwas Großartiges ent- im 43. Stock hat aber seine Anziehungs- bewahren stehen kann – genial und zum Kopf- kraft behalten, samt seinem „Lost in 05 schütteln. Konzipiert hat die Galerie Translation“-Mythos. Hier sollte man House and mit dem grauen Schmetterlingsflügel am letzten Reisetag mit einem Cocktail Garden von als Schrägdach Kenichiro Niizeki. „sayonara“ sagen. Ryue Nishizawa – Blumentöpfe Gleich davor führt die Durchfahrts- Der Großraum Tokio hat 35 Millio- als Vorhänge straße Yamatedori hinauf nach Shin- nen Einwohner. Familien leben zwi- 40 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 41
DESIGNTRIP TOKIO 01 schen Bürofestungen in einem Häu- Yakumo Saryo sermeer aus Holz, in zweistöckigen Spartanisches Edelrestaurant Bauten, die sich an Nudelsuppenbuden von Shinichiro schmiegen, an Designer- und Gemü- Ogata seläden, Tempel und Architektur- 02 extravaganzen. Cibone Ein Kunterbunt, das täuscht. Zwar Shop mit erle- 02 verändert sich nach außen ständig senen Design- objekten alles, doch die inneren traditionellen Werte bleiben. Wie in Harajuku, noch 03 so einem Dorf in der Stadt, in dem waii“ bedeutet auf Japanisch so viel Iguaneye Schuhwerk, man das Gefühl hat, nur eine bestimm- wie „cute“, lieblich. LSD-Papst Timo- den Amazonas- te Altersgruppe anzutreffen mit ent- thy Leary hätte bei der poppigen Innen- Indianern abgeschaut sprechendem Dresscode. Drängeln einrichtung des Caférestaurants Pate sich in Shibuya Japaner zwischen 20 stehen können. und 30, die in Discos übernachten und sich die neueste Mode gönnen, so sind SHOPPEN, SHOPPEN, SHOPPEN in Harajuku Teenager mit dem Ta- Auf der Omotesando, sie wird auch als schengeld von den Eltern unterwegs Tokios Champs-Élysées bezeichnet, – oft in Schuluniform oder im Outfit reihen sich die internationalen, von ihrer Anime-Helden. Beliebter Treff- Stararchitekten gebauten Flagship- punkt ist das Kawaii Monster Café, Stores: Dior (SANAA), Louis Vuitton mit jungen Kellnerinnen, die der (Jun Aoki), Benetton (Kishō Kurokawa), neuesten Manga-Story entsprungen Omotesando Hills (Tadao Andō), Tod’s zu sein scheinen. Zum Anziehen ihrer (Toyo Ito) und Prada (Herzog & de 01 Kostüme brauchen sie Stunden. „Ka- Meuron) – shoppen, shoppen, shoppen. 03 Am Anfang war das Leder w w w . d e s e d e . c h
DESIGNTRIP TOKIO 03 01 02 Monorail Maison Mihara mit Rainbow Boutique des Bridge Fahrer- Puma-Sneaker- los die Skyline designers erleben Yasuhiro Mihara 03 Designelemente hängende Papier- Teeset von leuchtwände. Auf Glastischen präsen- Osamu cairo.de Saruyama bei tieren sich Stäbchen in Hunderten Time & Style Farbschattierungen. Man kann sie Midtown testen und stellt fest, dass sich der 04 Duft auch im kleinen Raum angenehm Heute bestellt – Lisn 1000 Düfte zurückhält. Liebevoll verpackt und morgen geliefert federleicht sind sie ideale Mitbringsel. im Papier- Environment Klein ist auch der Verkaufsraum von von Eriko Iguaneye, wo Soichi Mizutani Schuhe Horiki präsentiert, die den Amazonas-India- nern abgeschaut sind. Um ihre Füße 01 02 zu schonen und den Erdboden den- noch unmittelbar ertasten zu können, tauchten sie die Sohlen in Kautschuk. Das computergenerierte Innendesign „ICH BIN PERFEKTIONIST, UND DA MUSS bei Iguaneye erinnert sowohl an die weiße Farbe des Naturgummis als auch ICH AUFPASSEN, DASS SCHÖNHEIT an dessen Formbarkeit. NICHT IN DER PERFEKTION ERSTICKT“ „Ich bin Perfektionist, und da muss ich aufpassen, dass Schönheit SHINICHIRO OGATA nicht in der Perfektion erstickt“, sagt DESIGNER Shinichiro Ogata. Er designt fast alles: Möbel, Räume, Essen, Geschirr, Dabei ist schon manchem Designer terial, Proportionen und Licht erzäh- Designkatalog für Bürointerieur 04 oder Bauherrn – wohl unbewusst – ein len sie ihre Produktstory. Im Maison Bestellen Sie* jetzt Ihren kostenlosen Cairo- symbolisch-sarkastisches Statement Mihara sind es quer verlaufende Holz- Katalog telefonisch unter 06078 /758 500, entglitten. Den Eingang zum Kaufhaus bohlen und schweres Leder, das an per Fax unter 06078/758 555 oder per Mail Tokyu Plaza Omotesando Harajuku Springböcke und Gymnastikmatten an katalog@cairo.de mit dem Code 270 hat Jungstar Hiroshi Nakamura wie erinnert. In einem Schaukasten wird einen riesigen Rachen aus Spiegeln die Nähe zur Marke demonstriert: Vor gestaltet, der die Konsumenten ver- aller Augen wird gemessen, geschnei- Firma schlingt. Beim Mori-Building-Komplex dert und genäht. Modestar Yasuhiro in Roppongi wiederum grüßt im Ein- Mihara ist vor allem bekannt für seine gangsbereich eine gigantische Spinne Sneakerdesigns für Puma. Ganz anders Name der französisch-US-amerikanischen die Räucherstäbchenboutique Lisn. Künstlerin Louise Bourgeois – Gott Welches Material entspricht der Leich- Straße sei Dank ohne Netz. tigkeit eines Dufts, fragte sich Papier- Und immer wieder eingestreut: künstlerin Eriko Horiki aus Kyoto. PLZ/Ort kleine Läden wie Designbonbons. Natürlich Papier. Handgeschöpft. Und Kunstvoll-knifflig in der Wahl von Ma- so sind bei Lisn die bestimmenden E-Mail 44 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN *Angebote nur für Handel und Freiberufler
DESIGNTRIP TOKIO 01 02 WOHNEN amantokyo.com casedepon.com Freiraum für das lisn.co.jp timeandstyle.com Besondere KUNST UND KULTUR 2121designsight.jp craft-teaandcoffee.com mori.art.museum spiral.co.jp suntory.com/sma/ moll unique DESIGN UND SHOPPING iguaneye.jp miharayasuhiro.jp sunnyhills.com.tw/ omohara.tokyu-plaza.com/en/ ESSEN UND TRINKEN kawaiimonster.jp www.mid.vc hyatt.com yakumosaryo.jp/e/ 03 02 03 04 Tokyu Plaza Haus mit Kawaii Omotesando Baumfassade Monster Café Harajuku Omotesando Psychedelisches Verspiegelter Branches in wie bei „Alice „Eingangsrachen“ Shibuya von im Wunderland“ zur Shopping- Sou Fujimoto 01 mall von Hiroshi Olympiastadion Nakamura von Kenzo Tange im Yoyogi Park Ein ganzheitliches Möbelkonzept, das sich jeder Arbeits-, Wohn- und Lebenssituation Bücher, Stimmungen. Und er ist ge- in einer Vase sind gekittet – allerdings 04 anpasst – das ist moll unique. trieben von der Obsession, im Auftrag mit Gold. Die hölzerne Ausstattung japanischer Einzigartigkeit zu han- erinnert an eine Mönchsklause. Einzig Ob für Tätigkeiten im Sitzen oder im Stehen: deln – wie alle seine Kollegen im erlaubte Opulenz: die sprießende Natur Die Kombination aus ausgezeichnetem Kaiserreich. Der Perfektion im Beruf im Fenster. Ogata erklärt, dass bei ihm nicht gerecht zu werden, das wäre die die Tischhöhe genau 65 Zentimeter Design, Ergonomie und Komfort führt zu schlimmste Schmach. betrage, das ist etwas niedriger als im Und dennoch – das Unperfekte eines Westen. Damit entsteht unter dem Ell- einer Kollektion, die grenzenlose Freiheiten Materials kann sehr wohl Ausdruck bogen mehr Bewegungsspielraum beim ermöglicht und ein Leben lang erfreut. absoluter Perfektion sein. So sind sie, Halten von Reisschale und Stäbchen. die Japaner, in ihrer zweideutigen Of- Wäre der Tisch höher, müsste man die fenheit. In Ogatas Restaurant Yakumo Arme stärker heben, und das würde sie Saryo (ein Dinner für zwei kostet über unnötig belasten, vom Eigentlichen 500 Euro) ist der Steinboden stellen- ablenken: vom besinnlichen Betrachten weise abgetragen, manchem Europäer der Speise, des Geschirrs, des Mobiliars Erfahren Sie mehr über die einzigartige mag das schäbig vorkommen. Sprünge – und natürlich vom Essen. Designkollektion moll unique. moll-funktion.de 46 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN
DESIGNER-PORTRÄT SOU FUJIMOTO RADIKALE MODERNE DIE 01 Multifunktional Im NA House sind Regale gleichzeitig Sitzflächen, WAHRE Treppen und Tische 02 Sou Fujimoto in seinem Serpentine Pavilion GRÖSSE in London ZEIGEN Sou Fujimoto gilt als genialer 02 Andersdenker, als revolutionärer Geist. Er hat nicht nur der Architektur in Japan neues Leben eingehaucht. Längst ist er zum internationalen Star avanciert, der 2017 sogar den Serpentine Pavilion gestalten durfte. Seine raffinierten Tricks, um Kleines groß erscheinen zu lassen, stehen ganz in der Tradition der japanischen Baukunst TEXT: Roland Hagenberg 48 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 49
DESIGNER-PORTRÄT SOU FUJIMOTO 02 03 01 Als könnte er Gedanken lesen, er- klärt der großgewachsene Japaner gleich bei der Begrüßung, dass Privat- sphäre ein Konzept der Amerikaner sei. „Unsere traditionellen Bauten kannten keine Barrieren, die Türen waren aus Papier, jeder konnte jeden hören, sehen, fühlen. Sich zurück- ziehen, sich abkapseln war uns fremd. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich das eingeschlichen.“ Wir nehmen Platz vor einem Holz- modell, das bis zur Decke reicht. Wie die meisten seiner Kreationen hat der Z 47-Jährige auch diese mit Buchstaben 01 um Stararchitekten ge- gekennzeichnet, und zwar mit den In- Raffinierte langt man über den Auf- itialen des Auftraggebers: NA House. Durchblicke nehmen dem zug des Buchbinders. Ras- „Der Baugrund war typisch japanisch, Tokyo Apart- selnd öffnet sich die ein kleiner Erdfleck im urbanen Wirr- ment Haus Metalltür. Es riecht nach warr“, sagt Fujimoto. „Die Besitzer, jegliche Schwere Druckerschwärze. Dann eine steile, ein junges Ehepaar, lebten zuvor in 03 04 02 schulterschmale Treppe hoch, und klar definierten Bereichen: Küche, Vor- Tokyo Apartment Nach diesem Holzmodell Treppen wären wir stehen im Atelier. An abgekratz- raum, Wohn- und Tatami-Zimmer. ist Fujimotos entstand das im Tokyo ironische Antwort Tokyo-Apartment-Haus Apartment ten Betonwänden kleben verstreut Dem wollten sie entkommen. Kojen auf den notorischen von Sou Fujimoto Platzver- Kacheln – schwer zu erkennen, ob ge- und Buchten, lose verbunden, verteilt Platzmangel „UNSERE TRADITIONELLEN BAUTEN schwendung wollt oder notgedrungen. Unmiss- auf verschiedenen Ebenen – das war in der Stadt KANNTEN KEINE BARRIEREN. verständlich dagegen das Schweigen meine Lösung.“ der Mitarbeiter. Gedrängt und kon- In den aufgestapelten Glasboxen SICH ZURÜCKZIEHEN zentriert sitzen sie vor Bildschirmen, des NA House können die Bewohner WAR UNS FREMD“ verteidigen an kleinen Tischen, was je nach Laune die passende Ecke 04 ihnen an Privatsphäre geblieben ist, finden, zum Lesen, Essen, Schlafen, SOU FUJIMOTO mit Styroporblöcken, Modellteilen Arbeiten oder Musikhören. Ständig ARCHITEKT und Pappschachteln. Willkommen wechseln Nischen, Fluchten und in der kreativen Welt von Tokio. Winkel ihre Funktion, ermöglichen Willkommen in der Architekturwerk- ein transparentes Leben im Fluss, im statt von Sou Fujimoto. Transit – so wie Tokio. 50 MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN MAGAZIN FÜR EINRICHTEN UND LEBEN 51
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