MAGAZIN - CSD ABSAGEN Aktuell
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
AUSGABE 323 Mai 2020 MAGAZIN www.box-magazin.com Aktuell: CSD ABSAGEN Mann des Monats: CAMERON ROBERT Im Interview: KRISZLY DE HOND Leder & Fetisch: GEDANKEN IN EINER UNGEWÖHNLICHEN ZEIT
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Intro BOX Magazin 323 - Mai 2020 Inhalt Themen 4-7 Aktuell CSD Absagen S. 6 Kriszly de Hond S.10 8-9 Leder & Fetisch Die Corona Krise hat Kriszy de Hond aus 10-15 Leder & Fetisch Interview drastische Auswirkungen auf Amsterdam war 2016 erster die Pride Veranstaltungen in „Mr. Puppy Europe“. 2019 16-19 Mann des Monats diesem Jahr. Überall auf der in Chicago hat er sich in Welt werden Pride-Veranstal- der Wahl zum „International 20-23 Tagebuch Dominus.Berlin tungen und CSDs abgesagt Mr. Bootblack (IMBB)“ gegen internationale 24-26 Leder & Fetisch oder verschoben werden. Konkurrenz durchgesetzt und hat als erste Europäer 27 Shopping für Kerle diesen Titel gewonnen. 28-29 Termine 30 Buch / Impressum Cameron Robert S. 16 Leather Friends Italia S. 24 Liebe BOX Magazin Leser und Leserinnen. Ich möchte mich selbstsicher 2010 gründeten einige Freunde fühlen, wenn ich in Vollleder in der oberitalienischen Region Auch für den Monat Mai die Straße entlang gehe. haben wir uns ent- Venetien den Leder- und Zum einen, um gegen das Fetisch-Verein LFI (kurz für: schieden, die Ausgabe des Magazins nur in Stigma anzukämpfen, das Leather Friends Italia). Sie einer Online-Version diesem Look anhaftet. stellten sich damals der Her- zu veröffentlichen. Zum anderen aber auch, ausforderung, die Fetischwelt um andere Männer zu in Italien wiederzubeleben, die Ab Juni wird es dann ermutigen, dasselbe zu tun. zu jener Zeit nahezu tot war. wieder eine reguläre Print-Ausgabe geben. KOMPETENZ FÜR NAH UND FERN www.kompetenz-fuer-nah-und-fern.de Hohenstaufenring 59 ▪ 50674 Köln Tel.: 0221 - 240 22 42 www.birkenapotheke.de 2 DEUTSCHE ARBEITSGEMEINSCHAFT uszahlung. HIV- UND HEPATITIS-KOMPETENTER Habsburgerring 2 ▪ 50674 Köln APOTHEKEN E.V. n. Keine Bara el und Reze ptzuzahlunge Schon unsere APP Tel.: 0221 - 240 22 43 tig e Arzneimitt www.westgate-apotheke.de t für versch reibungspflich installiert? Dieser Guts chein gilt nich So bezahlt man in den Niederlanden An die Nordsee oder nach Amsterdam? Mit einem Mix aus FLIEGENDE-PILLEN.DE Bankkarte, Bargeld und Kreditkarte sind Urlauber flexibel. http://go2app.birkenapotheke.de In Metropolen wie Amsterdam gibt es mittlerweile sogar ein paar Restaurants, die nur Kartenzahlung akzeptieren. Und: In den Niederlanden ist sogar das Zahlen von Kleinbeträgen mit Karte willkommen. Visa Experten aus den Niederlanden haben hier weitere Tipps zum Bezahlen zusammengestellt. Kostenlose Beratung & Bestellung: 0800 - 240 22 42 und info@fliegende-pillen.de Rabatte bis zu 50% und mehr Anteil Gutschein nur im Erscheinungsmonat gültig. Inhaber: Erik Tenberken e.K. 3 bargeldloses Zahlen
Aktuell 100% schwul: X mehrere Andeutungen ihn sei der Schritt aber „viel (Bilder: Wiki Commons, YouTube, Twitter, Instagram) zu seiner Homosexualität, einfacher gewesen“: „Ich war Rapper Lil Nas X die er später in mehreren Interviews mit US-amerikan- von niemandem abhängig. Es gab niemanden, der mich Der US-amerikanische ischen Medien bestätigte. aus dem Haus schmeißen Rapper Lil Nas X will „zu Dabei erklärte er, als konnte – niemanden, der 100 Prozent die LGBT-Com- Jugendlicher aufgrund seiner mich deswegen schlecht munity repräsentieren. Ich sexuellen Orientierung so behandeln konnte. Es mag möchte allerdings andere verzweifelt gewesen zu sein, jedoch für andere 20-Jäh- nicht dazu ermutigen, dass er versucht habe, diese rige nicht so sein, die sich etwas zu tun, wovon sie wegzubeten. Vor Lil Nas noch nicht ganz sicher sind nicht 100 Prozent über- X hat sich noch niemand und immer noch bei ihren zeugt sind, es zu tun.“ als aktuelle Nummer 1 der Eltern leben.“ Bis heute sei Billboard-Charts geoutet. seine Homosexualität ein Lange hatte Lil Nas X, der Tabuthema in seiner Familie. mit bürgerlichem Namen „Die Wahrheit ist, dass ich Montero Lamar Hill heißt, vorhatte, das „Geheimnis“ Weltbekannt wurde mit seinem Outing gehadert. mit ins Grab zu nehmen. Lil Nas X mit dem Hit Erst im Laufe des Som- Aber das hat sich geändert, „Old Town Road“. mers 2019 machte Lil Nas als ich Lil Nas X wurde.“ Für Mit Corona wächst wältin beim Forum für Menschenrechtsbewusstsein nach der Sünde der Ho- mosexualität. Wir stinken der Hass gegen und -förderung, sagt dazu: „Sie werden immer Ausreden nach der Sünde von LGBT.“ Homosexuelle nutzen, um Menschen zu verhaften und deshalb passt Im letzten Jahre hatte der Erzbischof in einem Hirten- In Marseille erhält ein es (das Coronavirus) einfach brief zum Widerstand gegen schwules Paar Drohungen perfekt“, „Aber der eigentli- den „Marsch für Gleich- mit der Forderung, ihre che Grund, warum sie ver- berechtigung“ aufgerufen Wohnung zu verlassen, haftet wurden, ist definitiv – den ersten CSD, der in der weil „ihr Homosexuellen ihre sexuelle Orientierung.“ polnischen Stadt Białystok die ersten seid, die mit stattfand. Immer wieder COVID-19 verseucht sind“. In Polen hetzt der Erzbis- spricht er davon, das die chof von Białystok, Tadeusz CSD-Demonstrationen in In Uganda werden 20 Wojda (63) in einer Messe Polen die „religiösen Gefühle LGBT+-Menschen während gegen Homosexuelle: „ ... der Menschen verletzten“ eines versteckten Treffens Wir stinken nach Sünde. und die Demonstranten durch einen Großeinsatz ... Wir stinken nach der „mit ihrer unanständigen der Polizei verhaftet. Grund: Sünde des Ungehorsams, Haltung und Kleidung“ Sie hielten sich nicht an die des unmoralischen Lebens, anderen „im öffentlichen „Social Distancing“-Auf- des ständigen Streitens. Raum, insbesondere Kindern forderungen bzgl. COVID-19. Wir stinken nach der Sünde und Jugendlichen, ein Für Patricia Kimera, An- der Pädophilie. Wir stinken ekelhaftes Beispiel geben“. Ärger um türkische Liebe zu finden – sei schwul. verwies auf eine frühere Erklärung: „Viele falsche In- Netflix-Serie Nach Bekanntwerden formationen verbreiten sich meldete sich Ebubekir Sahin, aus gefälschten Berichten Falsche Gerüchte über einen Präsident des Obersten ... glauben Sie nur dem, was schwulen Charakter in der Rates für Radio und Fern- Sie von uns über die Serie neuen türkischen Netflix-Se- sehen, zu Wort und erklärte: und die Charaktere hören, rie „Love 101“ stießen auf „Wir werden keine Send- nicht den Gerüchten“. Kritik der TV- und Rund- ungen tolerieren, die den funkaufsichtsbehörde in nationalen und spirituellen Die große Mehrheit der der Türkei und sorgten für Werten unserer Gesellschaft Tweets sprach sich dage- Boykott-Aufrufe. In einem zuwiderlaufen“. In anderen gen für „Love 101“ aus und Tweet eines inzwischen Tweets wurde Netflix als Twitter-Nutzer lehnten gelöschten Twitter-Accounts „Feind des Islam“ bezeich- das Instrumentalisieren war behauptet worden, eine net, Kommentatoren forder- von „Religion zur Legiti- der Hauptfiguren der neuen ten ein Verbot in der Türkei. mation ihres Hasses auf Serie - eine Geschichte über Homosexuelle“ ab. Schüler, die ihrem Lehrer Netflix Türkei reagierte helfen wollen, seine große nicht auf Anfeindungen und 4
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Aktuell „Homosexuelle Wertesystem zu sprechen, an das sie glauben“, verteidigte Herzspezialist Dr. Metin Cakir steht. Dieser arbeit- verursachen darauf hin AKP-Sprecher Omer Celik die Aussagen auf et seit rund 20 Jahren am Helios Klinikum in Karlsruhe. Krankheiten“ Twitter und andere zeigten mit dem Hashtag „Ali Erbas In einem Tweet unterstützte der Arzt den Standpunkt Ali Erbas, Leiter der mäch- ist nicht allein“ solidarisch. Erbas‘ auf Türkisch und tigen türkischen Behörde „Anormal ist es, das Ge- schrieb: „Als Doktor will für religiöse Angelegen- genteil zu fordern“, fügte ich sagen, dass es sich bei heiten, hat in einer Predigt, Celik hinzu und warf der Homosexualität und Trans- in der er auf die aktuelle Ankaraer Anwaltskammer sexualität um Krankheiten Corona-Pandemie Bezug und den Kritikern vor, eine handelt.“. Bis kurz vor nahm, behauptet, der Islam „faschistische Mentalität“ seiner Löschung erhielt der verurteile Homosexualität an den Tag zu legen, die Tweet knapp 60.000 Likes deshalb, weil „diese Krank- Erbas seines Rechts auf freie und fast 7000 Retweets. heiten verursache und Gen- Meinungsäußerung berauben erationen korrumpiert“. wolle - eine bei rechten und Daraufhin sah sich die So habe Homosexualität religiösen Kräften beliebte Klinik zu einer Stellung- das HI-Virus verursacht, Umkehrung, um mit dem nahme gezwungen: „Der das zu AIDS führt.“Kommt Hinweis auf Meinungsfreiheit Mitarbeiter ist seit über 20 und lasst uns gemeinsam ihre menschenfeindlichen Jahren an unserem Stan- kämpfen, um die Menschen Aussagen zu rechtfertigen. dort als Herzchirurg tätig vor diesem Übel zu schüt- Präsidentschaftssprecher und im Team der Klinik zen“, sagte Erbas in seiner Ibrahim Kalin äußerte unter als Kollege anerkannt. Wir wöchentlichen Predigt. Verwendung desselben haben gemeinsam mit ihm Hashtags, Erbas habe ein entschieden, ihn vorläufig Nicht nur in den sozialen Me- „göttliches Urteil“ geäußert. zu beurlauben und prüfen dien stießen Erbas‘ Aussagen derzeit die Möglichkeiten auf Kritik. Die Anwaltskam- Die Ankaraer Staatsan- rechtlicher Konsequenzen. mer von Ankara erklärte zu waltschaft leitete sogar eine den Aussagen Erbas‘: „Sie Untersuchung gegen die Wir werden den Sachverh- spiegeln ein Weltbild aus Chefs der Ankara er Anwalts- alt unter Einbeziehung der vergangener Zeit“ und seien kammer wegen des Ver- zuständigen Ärztekammer gegen die Menschenwürde dachts ein, dass sie die „re- prüfen und bewerten. Wir gerichtet. Die Anwaltskam- ligiösen Werte der Türken“ werden uns zudem mit dem mer von Izmir erklärte, sie beleidigt haben könnten, LSVD in Verbindung setzen sei besorgt, dass solche berichtete die staatliche und ein Gespräch anbieten.“ Aussagen neue Hassver- Nachrichtenagentur Anadolu. brechen fördern könnten. Er dürfte unwahrschein- Auch in Deutschland führten lich sein, dass der Arzt „Es ist das natürlichste Recht die Aussagen zu einer Aus- weiterhin als Funktion- der Menschen, nach dem einandersetzung, in deren soberarzt am Klinikum Mittelpunkt der Karlsruher weiterarbeiten kann. Entkriminalisierung Kolonialzeit stammende § 377A verbietet Männern selten Anwendung findet. scheitert an jede Handlung grober Unsittlichkeit gegenüber In seiner Begründung sagte das Gericht: „Die Gesetzge- Singapurs oberstem einem anderen Mann. Sie wird mit bis zu zwei Jahren bung ist nach wie vor wichtig, um die Gefühle und Gerichtshof Gefängnis geahndet. Obwohl Überzeugungen der Öffen- laut Umfragen die meisten tlichkeit widerzuspiegeln“. Rückschlag für die asiatische Singapurer Homosexualität Dass es nur selten ange- LGBTQ+-Gemeinschaft: ablehnen, ist die Toler- wendet werde, mache das Der oberste Gerichtshof anz gegenüber Schwulen Gesetz nicht „überflüssig“. Singapurs wies eine Klage und Lesben im Land trot- gegen das immer noch zdem weit verbreitet. Rechtsanwalt M. Ravi, der geltende koloniale Gesetz, einen der Beschwerdeführer das schwulen Sex kriminalis- Gegen eine Entkriminalis- vertrat, drückte seine iert, ab. Er bestätigte damit ierung laufen jedoch Konser- Enttäuschung aus: „Es ist eine ähnliche Entschei- vative und Religiöse Sturm für das Gewissen schockie- dung aus dem Jahr 2014. und setzen sich energisch für rend und es ist willkürlich. die Beibehaltung des Gesetz- Diese Gesetzgebung ist Der aus der englischen es ein, obwohl es nur sehr diskriminierend.“ 5
Aktuell Corona: CSD- Welt werden Pride-Verans- Auch in Deutschland sind taltungen und CSDs abgesagt viele CSDs inzwischen abge- Absagen und oder verschoben werden. sagt, verschoben oder sollen als Online-Form stattfinden. -Verschiebungen So findet erstmalig seit 50 Jahren kein CSD in New Eine aktuelle Übersicht fin- det ihr immer auf der Seite Die Corona Krise hat dras- York statt, dort wo 1969 des CSD Deutschland e.V. tische Auswirkungen auf die mit den Stoenwall Aufrufhr Pride Veranstaltungen in die neuere LGBT+-Bewe- Info: csd-deutschland.de diesem Jahr. Überall auf der gung ihren Anfang setzt. Russland: Fast jeder gelassen werden. Damit fällt die Ablehnung gegenüber Besser ergeht es Menschen mit HIV – das in Russland zu fünfte würde LGBT+ Homosexuellen stärker aus als z.B. gegenüber Menschen einer Epidemie geworden ist, aber vorwiegend hetero- „eliminieren“ mit HIV, Alkoholikern, Dro- genabhängigen, Sexarbeitern sexuelle Menschen betrifft. Rund 1 Million Russen gelten Seit 1989 befragt das Levada oder Feministinnen. Nur inzwischen als HIV-positiv. Center regelmäßig Menschen Terroristen, Kinderschänder, Der Prozentsatz der Russen, in Russland zu ihrer Einstel- Mörder, „Radikale“ und Mit- die mit HIV lebende Men- lung gegenüber verschie- glieder von Sekten werden schen eliminieren wollen, denen Themen. So auch zu noch stärker abgelehnt. sank von 14% im Jahr 1989 ihrer Haltung gegenüber auf 2% im Jahr 2020. LGBT+ Menschen. Eine Nach Angaben des Leva- aktuelle Umfrage unter 1614 da-Zentrums sank der Anteil, Ein kleiner Lichtblick: „Im Erwachsenen zeigt dabei die die Homosexuelle „eliminie- Allgemeinen hat sich die anhaltend feindliche Einstel- ren“ wollen, seit 1989 von Einstellung gegenüber lung gegenüber Homosex- 35 bis auf 1999 auf 15% fast allen Gruppen, deren uellen. 18% der Befragten und stieg dann bis 2015 Verhalten als ‚abweichend‘ würden Homosexuelle am li- auf 20% wieder an. Wohl oder ‚unerwünscht‘ emp- ebsten „eliminieren“, weitere vor allem eine Folge der funden werden kann, seit 32% meinten, Schwule und gesellschaftlich von Politik der letzten Umfrage im Jahr Lesben sollten „von der Ge- und Religion geförderte 2015 verbessert, mit Aus- sellschaft isoliert“ werden. Homophobie und des Verbot nahme der ‚Mitglieder von 9 % meinten, Schwulen und der Aufklärung über Homo- Sekten‘, über die sich die Lesben müsse man „helfen“ sexualität und Homosexuelle Einstellung verschlechtert und 32 Prozent, Schwule („Homopropaganda“). hat“, so das Levada Center. und Lesben sollten in Ruhe Bremer Pfarrer Latzel diffamierten, so mit Mord- drohungen, Sprühparolen Buddha als „dicken, alten, fetten Herrn“, das islamische nennt Homosexuelle wie „God is gay“ oder einer Gottesdienst-Störung durch Zuckerfest als „Blödsinn“ und katholische Reliqui- Verbrecher küssende Homo-Paare. en als „Dreck“. Sogar der Bremer Landtag verurteilte Der oft als „Hetzprediger Immer wieder fällt der Pfar- Latzels Predigt. Die Sta- von Bremen“ bezeichnete rer mit seiner Einstellung zur atsanwaltschaft entschied evangelikale Pfarrer Olaf Homosexualität auf: So sei jedoch, dass die Äußerungen Latzel hat auf einem „Ehe- laut Bibel gelebte Homo- unter die Religions- und seminar“ erklärt: „Überall sexualität wie Ehebruch ein Meinungsfreiheit fielen. laufen diese Verbrecher „todeswürdiges Verbrechen“, rum vom Christopher Street Kinder würden indoktrin- Die Bremische Evangelische Day, feiern ihre Partys“. iert, dass Homosexualität Landeskirche verurteilte Nun ermittelt die Bremer normal sei und dass es keine Latzels Äußerungen „auf das Staatsanwaltschaft gegen natürlichen zwei Ges- Schärfste“. Dadurch würden ihn wegen Volksverhetzung. chlechter gebe. Der „ganze „Menschen herabgesetzt, Gender-Dreck“ sei „zutiefst beleidigt und in ihrer Würde Latzel „relativierte“ teuflisch und satanisch“. verletzt“. Die Kirchenlei- inzwischen seine Aussage: tung beobachte die Stra- Mit „Verbrechern“ habe er Der Evangelikale ist in der fermittlungen „und prüft „militante Aggressoren“ Vergangenheit auch durch davon ausgehend mögliche gemeint, die ihn und seine Ausfälle gegen andere dienstrechtliche Schritte“. Gemeinde St. Martini immer Glaubensrichtungen aufge- wieder attackierten und fallen. So bezeichnete er 6
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Aktuell www.csd-deutschland.de (Bilder: Wiki Commons, YouTube, Twitter, Instagram) 7
Leder / Fetisch Text und Bilder Thorsten Buhl Gedanken in einer ungewöhnlichen Zeit Die Corona-Krise hat mich getroffen wie heftige Peitschenhiebe auf den Rücken. Allerdings nicht lustauslösend und geil. Der Heilungsprozess ist dennoch vergleichbar: die roten Striemen verfärben sich am nächsten Tag blau und in den darauffol- genden Tagen gelb. In einer etwas anderen Farbgebung präsentiert sich nun nämlich auch meine eigene Gedankenwelt. der / Fetisch Die Vorsorge-Maßnahmen unserer Regie- Persönlichkeiten aus unserer Leder- und alle mit, es funktioniert und wir sagen im rungen zwingen mich, von einem Tag auf Fetisch-Szene zu nennen, haben die bloßen Nachhinein, dass die ganze Aufregung den anderen rund um die Uhr zu Hause zu Infektionszahlen schlagartig Gesichter be- womöglich übertrieben war. Überwälti- sein, und das seit mittlerweile 40 Tagen. kommen, sind Freunde zu Opfern des Virus gend ist es zu sehen, wie derzeit einzelne So lange war ich noch nie am Stück in Graz. geworden. Und mit fortgeschrittener Zeit in Hilferufe aus der Community gehört und Eine derart lange Zeitspanne ohne meine dieser Krise begegnen sich die Menschen beantwortet werden, das gibt Hoffnung. Freunde und Familie zu treffen, ohne mit auf der Straße mit Misstrauen bis hin zu dem Auto zu fahren, und bei mir berufs- ausgeprägter Paranoia. Diskutiert und ver- Jeder von uns geht anders mit der Bewäl- bedingt vermutlich die letzten 15 Jahre urteilt wird derzeit schnell, viel und heftig. tigung der aktuellen Situation um. Am auch ohne in ein Flugzeug zu steigen gab Sei es die Nachlässigkeit Einzelner, eine zu deutlichsten wird dies in den sozialen es für mich noch nie. Die Pandemie zwingt Beginn der Krise nicht abgesagte Veranstal- Medien dargestellt. Während die einen mich zum Verzicht. Nicht nur auf Events tung, Befürworter der Maßnahmen, Gegner Selfies von sich mit ihren Gesichtsmasken wie Ostern in Berlin, Pride-Paraden oder der Maßnahmen, die Regierung an sich… posten, verteilt ein polnisches schwules zahlreiche Fetisch-Veranstaltungen, die ich Gelegentlich ertappe ich mich selbst dabei, Pärchen auf der Straße regenbogenfarbene in meinen Kalender eingetragen hatte. Son- versucht zu sein, meine Mitmenschen im Masken. Nicht nur zum Schutz vor dem dern auch und noch viel mehr Verzicht auf öffentlichen Raum aufgrund ihres Verhal- Coronavirus, sondern zum Kampf gegen die mein soziales Grundbedürfnis nach Gesel- tens zu missbilligen. Dabei ist der einzige grassierende Homophobie in ihrem Land. ligkeit, nach Freundschaft und Zuneigung. vernünftige Mittelweg, sich gegenseitig zu Einige Titelträger feiern sich unterstützen. Wir alle sind gleichermaßen selbst für das mangels neuen Mit dem Tod von Daniel Dumont, Rob mitverantwortlich für den Schutz der öf- Wahlen zusätzliche Titeljahr, Scheers oder Garry Bowie, um einige fentlichen Gesundheit. Besser wir machen andere verkaufen einen Teil 8
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Leder / Fetisch ihrer Leder- und Fetisch-Gear, um unter vertreib nennen soll, sondern Zeitgenuss. dabei sein möchte und was man sich von dem Motto #BuyMyGear-FightCOVID-19 Veranstaltungen tatsächlich erwartet. Wir Spendengelder für die Leather Heart Foun- In unserer Eile, wieder zur Normalität haben nun gelernt, mit Distanz umzugehen. dation zu sammeln, die Mitglieder unserer zurückzukehren, sollten wir die jetzige Zeit Ist es sinnvoll, in gewisser Hinsicht weiter- Community unterstützen, die aufgrund des nutzen, um zu überlegen, zu welchen Teilen hin Abstand zu wahren? Ist man für gewisse Virus in finanzielle Schwierigkeiten geraten der Normalität es sich lohnt, zurückzukeh- Mitmenschen nur Spielplatz und ist die ei- sind. Leider bleiben aufgrund des Über- ren. Soll es wieder normal werden? Diese gene Realität nicht zu wertvoll dafür? Kann angebots viele Aktionen und Treffen im Frage möge jeder für sich selbst beantwor- es nicht auch spannend sein, sich für das virtuellen Raum ungehört und ungesehen. ten. Aufstehen, Krönchen richten, weiter- Leben außerhalb unserer eigenen Blase zu Durchwegs freue ich mich über Postings, gehen - das wird es diesmal nicht spielen. interessieren? Wünschenswert ist, dass sich die viele von Euch in Euren Fetisch-Kla- Wir werden nicht dort weitermachen, wo derlei Gedanken und Vorhaben nicht allzu motten zu Hause zeigen, frei nach dem wir aufgehört haben. Wir werden aber schnell verflüchtigen, sondern die Rück- Gedanken #gearstayson. Ich gehöre selbst bestimmt das Miteinander, die Umarmung, kehr in die „neue Normalität“ überdauern. auch dazu und genieße es, ab und zu in den Handschlag wieder vermehrt zu schät- Ich schließe meinen Ideenanreiz mit den vollem Leder und mit Stiefeln im Home-Of- zen wissen. Wir werden vieles, was uns Worten des dänischen Atomphysikers Niels fice zu arbeiten. Auch die vielen Anfragen vorher selbstverständlich war, bewusster Bohr: „Wir sind gleichzeitig Zuschauer und von Freunden, Bekannten und Kunden wahrnehmen. Vielleicht mal das eine oder Schauspieler im großen Drama des Seins.“ nach meinem Wohlbefinden tun gut. andere kommerzielle Geschäftsmodell und Vermarktungslogik unserer Fetisch-Com- Machen wir das Beste daraus… Herzli- Viele sprechen von den Chancen der Krise. munity kritisch hinterfragen und sich damit che Grüße aus Graz und bleibt gesund! Auf persönlicher Ebene muss ich gestehen, auseinandersetzen, wo man eigentlich dass ich bisher weder eine neue Sprache gelernt, noch eine spirituelle Erleuchtung gefunden oder ein nebenberufliches Stu- dium begonnen habe. Es tut mir gut, nicht gnadenlos gegen die Uhr anrennen zu müs- sen. In dieser Zeit zu Hause muss ich mich jedoch mit mir selbst auseinandersetzen, mit meinen Ängsten, Gefühlen und Erwar- tungen - ob ich will oder nicht. Ich bekom- me bewusst ein Gefühl dafür, wie mein bisher „normales“ Leben verlief: schneller, höher, weiter, mehr… Unweigerlich stellt sich mir die Frage, was ich wirklich brauche und worauf ich verzichten kann. Die derzeit vorherrschende Krise ist in der Tat die idea- le Zeit, daran zu denken, was wir eigentlich haben und besitzen und nicht, was uns fehlt. Obwohl bestimmt nicht nur ich der- zeit sehr viele Dinge vermisse, schätze ich die Vorteile dieser ungewöhnlichen Zeit. Ich bin energiegeladen und habe den Frühling 2020 gewiss mit allen Sinnen so intensiv erlebt wie noch kein anderer zuvor. “Wenn sie die Notwendigkeit verspüren, an die frische Luft zu gehen, dann tun sie das“, so unser Bundeskanzler in einer Pressekonferenz. Davon mache ich in Form von Jogging und Spazierengehen täglich gebrauch. Anfangs bin ich gelaufen, um vor der Frage der Situationsbewältigung davonzulaufen. Mittlerweile genieße ich beim Joggen das Wohlempfinden und das Endorphin-High, das dem einer BDSM-Ses- sion sehr ähnlich ist. Beim Spazieren nehme ich das Austreiben der Blüten und Blätter wahr, die Gerüche, die zunehmende Wärme der Sonne. Manchmal braucht es gar nicht viel, um glücklich zu sein. Zudem probiere ich viele neue Koch- und Backre- zepte aus, habe mehr Töpfe mit frischen Kräutern denn je in der Küche stehen und erkenne, dass ich derlei Dinge nicht Zeit- 9
Leder / Fetisch BOX: Hi Kriszly. Beim letzten Interview mit zurückgeben und für mich war der Schritt der BOX 2016 warst Du noch „Mr. Puppy zur IMBB-Wahl einfach der Richtige. Europe“. Heute bist Du „International Mr. Bootblack“. Man könnte sogar sagen, BOX: Woher kommt „Bootbla- Du hast eine echte Mr.-Karriere gemacht, cking“? Was ist es überhaupt? aber welcher Titel passt besser zu Dir? Kriszly: Bootblacking ist Englisch für Kriszly: Beide Titel bedeuten mir komplett „Stiefelputzen“. Ein Bootblack ist da- etwas anderes. Als ich „Mr. Puppy Europe“ her eigentlich ein quasi professioneller wurde, habe ich noch meinen Platz in der Stiefelputzer und in den USA findet Fetischwelt gesucht. Ich fühlte mich damals man sie fast überall – in Warenhäusern, noch nicht wohl unter den Lederkerlen – Bahnhöfen, Flughäfen, usw. In der US-Le- Tyrone Rontganger die ganze Lederszene hatte mich etwas ein- ather Community putzen die Bootblacks geschüchtert. Bei den Puppys aber war es aber mehr als nur Stiefel – sie putzen anders – sie haben mir das Gefühl gegeben, und pflegen komplette Lederoutfits. IM INTERVIEW ich sei bei ihnen einfach so willkommen. Die Puppys sind verspielt und glücklich, In Europa ist die „Bootblack-Commu- ihnen ist es egal, ob Du Fetisch trägst oder nity“ noch sehr klein im Vergleich mit Kriszy de Hond aus Amsterdam nicht. Für mich, damals irgendwie ein Au- den USA. Man hat in Amerika eine ganz war 2016 erster „Mr. Puppy Euro- ßenseiter oder Newbie, war es ein sicherer andere Einstellung zur Lederkleidung. Als pe“. 2019 in Chicago hat er sich in Ort, um meine Fetischreise zu beginnen. ich in der USA auf Reisen war, fiel es mir der Wahl zum „International Mr. immer wieder auf, dass die Ledersachen Bootblack (IMBB)“ gegen interna- BOX: Wenn Du Dich als Puppy dort immer wieder vom Mann zu Mann tionale Konkurrenz durchgesetzt puddelwohl fühltest, warum woll- weitergegeben werden: die Lederwes- und hat als erste Europäer diesen test Du denn „IMBB“ werden? ten, Lederjeans, Mützen und so weiter Titel gewonnen. Hier spricht er werden einfach einem anderen in der mit Tyrone Rontganger über sei- Kriszly: Eins vorweg: ich glaube, ich Community hinterlassen. Das kannte ich ne Erfahrung als stiefelputzender brauche immer noch jeden Tag etwas hier in Europa nicht! Hier kauft man sich Puppy, seine Reise in die Welt von Puppy-sein in meinem Leben *lacht*. einfach immer wieder gern neue Sachen. Master und Sklaven und natürlich Obwohl mein perverser Weg durchs Wenn sie alt werden oder kaputtgehen, amerikanischen Fetischwahlen. Leben derzeit eher auf die maskuline- schmeißt man sie einfach weg und kauft re, erwachsenere Seite ausgerichtet ist, sich was Neues. Ich denke, das kommt begleitet mich mein innerer Puppy immer daher, weil man hier nicht weißt, wie man noch heute. Ich liebe die Verspieltheit, das Leder richtig pflegen kann oder soll. und die konstante Energie, die ich dar- aus schöpfe, macht mir sehr viel Spaß. Ich habe zum Beispiel in Amerika einmal mit einem Typen geplaudert, der mir von Zusammen mit meinem Puppy-Bruder Milo seinen Stiefeln erzählte: er habe sie von und seinem Händler Sir Daniël haben wir seinem Opa geerbt, der sie schon im 2. 2015 das „Puppy-Social Bark&Play“ und Weltkrieg getragen hatte. Die- 2016 „Mr. Puppy Netherlands“ ins Leben se Stiefel hatten daher für sich gerufen. Nach fast sechs Jahren in der eine besondere und einzigartige Community, wollte ich endlich nur etwas Geschichte. Klar waren sie etwas NAME: Kriszly de Hond ALTER: 26 Jahre BERUF: Hörakustiker HOBBYS: Fetisch, Reisen, Leute kennenlernen, alte Videospiele 10
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Leder / Fetisch 11
Leder / Fetisch abgetragen und beschädigt, aber trotzdem auch nicht lecken. Also begann ich ohne neugierig auf diese Machtspiele war und sahen sie mit neuen Schnursenkeln und meine Puppy-Maske zu Bootblacken. dass ich sie etwas mehr erkunden wollte, Sohlen echt geil aus - aber das nur, weil sie als ich es bereits getan hatte. Zum Glück wirklich jahrelang gut gepflegt wurden. BOX: Wie schnell wurdest Du denn schien ihm diese Art von Spiel auch zu als Bootblack in der europäischen gefallen, und so verabredeten wir uns dazu. Meine erste Lederjeans und -Weste wurden Leder-Community akzeptiert? Und Mann, es hat echt gut geklappt! Ich mir auch von meinem Sir geschenkt. Sie bin von Natur aus nicht dominant, aber hatten ihm bereits seit mehreren Jahren Kriszly: Nachdem ich auf fast jeder Fetisch- sicherlich auch nicht unterwürfig. Wenn gehört, aber er trug sie nicht mehr und veranstaltung meine Puppy-Maske getragen ich mit jemandem spiele, bin ich gern ein schenkte sie mir. Obwohl mein Lederklei- hatte, war es eine neue Erfahrung für mich, sadistischer Top. Ich bin selten passiv derschrank seitdem um Einiges gewach- Stiefel ohne eine Maske zu putzen. Die und unterwerfe mich niemandem ohne sen ist, trage ich immer noch heute gern Maske vermittelte ein Gefühl der Sicher- vorher einen guten Kampf abzuliefern! diese alten Sachen, denn sie bedeuten mir heit, fast so, als wäre man anonym – auch Aber die Art und Weise, wie dieser Mann etwas. Sie verkörpern seine Geschichte wenn jeder wusste, wer sich unter der in meinen Kopf eindrang und mich dazu und machen mich daher stolz, sie auch mit Maske versteckte. Ohne die Maske, die das brachte, sein Sklave sein zu wollen, ihm meiner eigenen Geschichte zu versehen. Sprechen und Hören beeinträchtigt, begann sogar unterwürfig zu sein, war etwas, das Das alles steckt hinter Bootblacking. ich beim Putzen, mehr mit den Leder- ich auf dieser Ebene noch nie zuvor erlebt kerlen zu quatschen. Ich wurde dadurch hatte. Den Weg vom schüchternen Puppy BOX: Okay, bist Du Puppy, Boot- schnell zu immer mehr Leather Socials zum Bootblack und vom Bootblack zum black oder ein Puppy-Bootblack? eingeladen und lernte dadurch mehr von Mann zu gehen, hätte ich mir am Anfang den Machtspielen und der Dynamik unter meiner Fetischzeit nicht vorstellen können. Kriszly: Wenn ich mich auf einen Begriff den Lederkerlen. Und es machte mich festlegen müsste, würde ich mich eher als neugierig, dies selbst auszuprobieren. BOX: Kannst Du uns bitte et- Göre bezeichnen *lacht*! Ich fing als Puppy was über die „International Mr. an, was mir meine Fetisch-Horizonte schön BOX: Dann war Bootblacking für Bootblack“-Wahl erzählen? erweiterte. Ich habe auch schon als Puppy Dich auch eine Art Sprungbrett Stiefel geputzt, was bei den Lederkerlen für neue sexuelle Praktiken? Kriszly: Gerne! Die IMBB-Wahl findet immer gut ankam. Ich finde es schade, auch in Chicago zur selben Zeit als die dass man sowas bei den Lederveranstal- Kriszly: Ja. Mit einem meiner IML-Brüder International Mr. Leather-Wahl statt. In tungen nicht öfters sieht. Trotzdem ist es begann ich, immer mehr zu chatten. Wir der Tat war 2019 das erste Jahr, das beide schwierig, Stiefel in einer Hundemaske chatteten fast täglich und beschlossen, Wahlveranstaltungen eigentlich zu putzen, denn man sieht und hört nicht uns an Folsom in Berlin zu treffen. Einige als nur eine Wahl integrierte. alles so genau – und man kann die Stiefel Wochen vor Folsom sagte ich ihm, dass ich Für mich hieß es, dass ich mit 12
Leder / Fetisch Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com den IML-Kandidaten auch in der Periode Kriszly: Es war Folsom Berlin 2016. Ich gezeigt, wie man Stiefel richtig putzt und vor der Wahl viel zu tun hatte. Das hat wohnte bei einem lieben Freund in Berlin, das löste etwas in mir aus. Die Art und mir viel Spaß gemacht, denn trotz unserer und er fragte mich, ob ich ihm dabei helfen Weise, wie er die Menschen in seinem verschiedenen Wahlvorgänge konnten wir könnte, eine Übernachtungsmöglichkeit für Stuhl mit Respekt behandelte und ihnen unsere innere Aufregung miteinander tei- einen Freund von ihm zu finden. Was ich ein gutes Gefühl für sich selbst und ihre len. Ich habe noch viel Kontakt mit ihnen. dabei nicht wusste, war, dass sein Kum- Sachen vermittelte, war etwas, pel der damalige IMBB war! Als wir uns was ich auch tun wollte. Ich BOX: Wie bist Du überhaupt zum kennenlernten, war sofort eine Verbindung wollte es aber auch unbedingt Bootblacking gekommen? zwischen uns da! Er hat mir gleich in Berlin meistern. Auch nachdem Folsom 13
Leder / Fetisch vorbei war, habe ich ihn per Mail öfters Kriszly: Man hört es immer mit Fragen bombardiert: welches Wachs wieder, aber es stimmt: Du oder Öl ist dafür besser geeignet? Was für musst immer nur Du blei- Produkte würde ich dafür oder dazu brau- ben! Als ich mich für die chen? Welche sind die besten Methoden? Wahl anmeldete, habe ich Verschiedene Lederqualitäten? Ich denke, wirklich nie geglaubt, ich meine Fragen müssen ihn schon genervt könnte sie vielleicht gewin- haben, aber er war mir immer freundlich nen! Aber ich wollte diese und hilfsbereit. Und ich habe immer wieder Erfahrung sammeln und geübt, am Anfang nur zu Hause und für wusste, dass die europäi- Freunde, und dann bei den Leather Socials, sche Community hinter mir bis ich immer besser wurde. Ich ließ mir war. Das hat mir viel Kraft aber dabei Zeit: wenn ich für ein Paar gegeben. Natürlich habe Stiefel eine Stunde brauchte, dann habe ich ich an meinen Talenten mir dafür eine Stunde Zeit gegeben. Jetzt und Know-How gezweifelt will ich mein Erlerntes anderen Interessan- und wusste kaum etwas ten weitergeben, damit wir diese Tradition über die Geschichte hinter auch in Europa weitergeben können. Bootblacking. Aber ich hatte das Internet und BOX: Wie kann man eine derarti- habe mir eine ganze Menge ge Tradition in Europa starten, wenn selbst zu Hause beige- - wie schon erwähnt – wir diese Tra- bracht. Die Wahl ist aber dition erstmal gar nicht kennen? wirklich schwer. Du musst echt schnell arbeiten und Kriszly: Naja, ich glaube, man braucht so- manchmal dachte ich, ich wieso immer ein gutes Unterstützungsnetz- würde dabei einfach um- werk um sich. Viele Fetischkerle in Europa fallen! Gottseidank hatte unterschätzen die eigenen regionalen Fe- ich gute Freunde um mich tischvereine, die einen gerne bei sowas un- herum, die mir Snacks und terstützen. Fast alle Vereine haben Events, Getränke brachten und mir bei denen man bootblacken kann. Dadurch meine Lederoutfits für den lernen immer mehr Männer kennen, wie nächsten Tag vorbereite- wichtig Bootblacks für die teure Leder- ten. Wenn ich abends tod- kleidung sind. Wenn etwas gut ist, spricht müde zurück ins Apartment sich das dann auch immer schnell herum. schaffte, war es sehr schön, dort eine liebevolle Umar- Es kann ein anstrengender und emo- mung zu bekommen. Der- tional anstrengender Wettbewerb artige Wahlen sind wirklich sein, aber die Erfahrung ist mehr viel härter, als man glaubt, wert als Worte erklären können. aber nur wegen der Erfah- wenn da Tausende von Ledermännern rung lohnt sich die Teilnahme daran! Die und -frauen applaudieren! Es gibt kaum BOX: Es gibt nur wenige Europäer, die eine Freundschaften, die man dort schließt; die etwas, was sich damit vergleichen lässt. US-amerikanische Fetischwahl gewon- Grenzen, an die man stößt; das herrliche nen haben. Wie hast Du es geschafft? Gefühl, das man auf der Bühne bekommt, BOX: Was sagst Du den Boot- blacks in Deutschland? Kriszly: Ihr dürft Euch nie sagen lassen, dass ihr die Stiefel falsch putzt! Jeder Boot- black entwickelt seine eigenen Techniken und Vorgehensweisen, und das ist es, was Euch ausmacht. Ihr müsst auch nicht alle möglichen Techniken beherrschen. Stattdessen soll man sich darauf speziali- sieren, was einem Spaß macht. Lernt Eure Produkte kennen und wie ihr sie richtig anwenden sollt. Fragt bei jedem Kunden nach, genau was er von Euch erwartet und scheut Euch nicht davor, ihnen zu sagen, was ihr machen könnt und was auch nicht. Und, wenn ihr sie braucht, bittet andere um Hilfe, denn wir sind alle eine große Familie. Der Tag wird kommen, wenn Dich andere um Hilfe und Rat bitten. Und ich hoffe, ihr bleibt in diesen Zeiten alle gesund. 14
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com 15
Leder / Fetisch Möchtest du Mann des Monats werden? Dann bewirb dich bei: MANN des MONATS manndesmonats@box-magazin.com Name: Cameron Robert Alter: 38 Geboren: 9. März 1982 Ich lebe in: Barcelona Lebensmotto: Zeige dein Leder Fetisch im sozialen Leben im positive Snne. Größe: 195 cm Gewicht: 105 kg Ich trage gerne: Leder, Rubber Body: Sportlich Behaarung: Vollbart, Haarig Augen: Blau Piercings: Nein Tattoos: Nein Raucher: Nein CAMERON ROBERT Sex Ausrichtung: Schwul Beziehungstyp: In einer Beziehung Schwanz: XL unberschnitten Position: Aktiv BDSM: Ja NS: Manchmal Scat: Nein Rollenspiele: Ja mehr aktiv Brustwarzenspiele: nein Mindgames: Ja Bondage: Aktiv Fisten: Nein Cock & Ball Torture: Machmal Mein persönlicher Fetisch: Leder, Long Session. BDSM, Domination, Power exchange Beim Sex Music höre ich gerne : Heavy Metal oder Klassik Kontaktmöglichkeit: www.instagram.com/ Cameron__Robert. Recon: CameronRobert 16
Ausgabe 323 Leder / Fetisch Magazin www.box-magazin.com Wie siehst du dich als Fetisch-Mann? Ich möchte mich selbstsicher fühlen, wenn ich in Vollleder die Straße entlang gehe. Zum einen, um gegen das Stigma anzukämp- fen, das diesem Look anhaftet. Zum anderen aber auch, um ande- re Männer zu ermutigen, dasselbe zu tun. Ziel ist es, dass versteckte Ledermänner dabei in ihre Jeans abspritzen oder zumindest, dass sie einen peinlichen Steifen in der Öffentlichkeit bekommen. Erzähl uns etwas über Dich selbst! Ich wurde mit blonden Haaren und blauen Augen in einer kleinen australischen Stadt ungefähr auf halber Strecke zwischen Melbour- ne und Adelaide geboren. Eine etwas weitere Entfernung als von der Ostgrenze Deutschlands bis zur Westgrenze. Meine Eltern hat- ten sich durch das Motorrad-Renn- fahren kennengelernt. Deshalb war es für mich als Kind normal, in Gegenwart einer Gruppe von Erwachsenen zu sein, die von Kopf bis Fuß in Leder gekleidet und mit Motorrädern, Bier und Zigaret- ten gelegentlich ein geselliges Beisammensein genossen. Nachdem ich die Nonnen der katholischen Schule überlebte und einen Universitätsabschluss in Management auf dem Land absolviert hatte, zog ich nach Sydney, wo ich meine berufliche Laufbahn in der Logistik be- gann. Mein erster Job dort war die Arbeit mit über 50jährigen stämmigen LKW-Fahrern, die Stahl auslieferten. Später leitete ich ein Chemielager bevor ich zurück aufs Land zog und dort ein Lagerhaus führte, das Trinkwasserflaschen nach ganz Australien lieferte. Vor etwas mehr als einem Jahr bin ich ins sonnige Barcelona gezo- gen, wo ich jetzt viel näher an der europäischen Action bin und es genieße, an noch mehr Fe- tisch-Veranstaltungen teilzuneh- men, ohne dafür zwei Tage Reise- zeit auf mich nehmen zu müssen. Wie kamst du in die Lederszene? Was magst du am meisten an Leder? 17
18
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Leder / Fetisch Als Privatschüler kaufte mir mein Vater eine in Leder eingebundene Bibel und ich erinnere mich, wie ich den berauschenden, rauen, männlichen Duft des Bu- cheinbandes liebte. Ich bin in den späten 80er Jahre aufgewachsen, als es neben rotem Fleisch, Power-Balladen und dem Fall der Sowjetunion in jedem Film eine Montageszene gab und der Hauptdarsteller immer eine Lederjacke anhatte. Mein erster Vorgeschmack auf die Lederszene war, als ich meinen Ex zu seinem Geburtstag zu einer „Extra Dirty“-Party in Sydney mitnahm, bei der die meisten Gäste unter Fetisch einen Leder- harness verstanden. Im darauffolgenden Jahr reiste ich um die Welt zu meiner ersten Folsom in Berlin und war überrascht, wie freundlich und offen jeder war, was in der allgemeinen Schwu- lenszene nicht so leicht zu finden ist. Ich erinnere mich an ein Meer aus schwarzem Leder und einem dicken Dunst aus Zigar- renrauch, der über der Menge der Männer schwebte, von denen einige dicke Lederhalsbänder trugen, die fest mit einem Vorhän- geschloss versehen waren. Ich bekam dort viel mehr Aufmerk- samkeit als bei jedem anderen schwulen Event. Ich mag es, wie offen und direkt jeder ist und die Akzeptanz oder zumindest To- leranz, die für die besonderen Vorlieben der anderen herrscht. Was machst du in Leder (Leder-Clubs, Bars, Par- tys) und wo können wir dich treffen? Kürzlich bin ich von meinem zweiten belgischen Leather Pri- de, Darklands, zurückgekehrt und seit der Ausbreitung der COVID-19 Pandemie und der Absage von Spring Break Bar- celona, Manchester Rubber Week und Ostern in Berlin Eas- ter habe ich bis September keine wirklichen Pläne. Meine Geburtstagswoche überschneidet sich zufällig mit Folsom Berlin, daher freue ich mich darauf, mich auf dem Straßenfest unter die Leute zu mischen, mich mit Freunden im Prinzknecht zu treffen, das neue Mutschmanns zu besuchen, möglicherweise einen Ausflug ins Quälgeist zu machen, und natürlich ist Folsom erst mit dem dicken rauchigen Dunst im New Action wirklich voll- kommen. Abgesehen davon möglicherweise Maspalomas Fetish Week Anfang Oktober, definitiv Barcelona Rubber Week, die viele gemischte Fetisch-Events bietet und bei der die lokale Leder-Com- munity Gastgeber des Willkommensabends für alle Frühankömm- linge ist. Es gibt einen Schnellzug von Barcelona nach Paris und Toulouse. Wenn jemand also Tipps hat, welche Veranstaltungen in diesen Städten gut sind, kann er mich gerne informieren. Was planst du für die Zukunft, was du in der Ledersze- ne, deinem Club oder weltweit tun umsetzen möchtest? Letztes Jahr saß ich auf dem Flug zu Folsom Europe neben ei- nem Ledermann aus Los Angeles, der am „Tom House“ beteiligt ist. Das ursprüngliche Zuhause von Tom of Finland in Los Ange- les ist jetzt ein Ort, an dem seine erotischen Werke geschätzt werden, die die schwule Ledermann-Ästhetik verkörpern. Mein nächstes Abenteuer wird es also sein, Folsom San Francisco zu besuchen, um die nordamerikanische Lederszene zu erle- ben und das Tom Haus zu besichtigen, so lange ich dort bin. Meine Lieblingsveranstaltungen in Berlin sind die Leather So- cials. Es ist schön zu sehen, wie diese Treffen in allen Städten der Welt aufkommen, einschließlich Melbourne und Sydney. Und so freue ich mich auf die Möglichkeit, in voller Ledermontur solche Veranstaltungen in meiner Heimat zu besuchen. (rh) 19
Leder / Fetisch In der letzten Ausgabe habe ich bereits Inspiration von Außen eine Rolle. Also, eine von meinem Dauerklienten Olaf erzählt, Suche nach Input zur Weiterentwicklung und wie schön wir zusammen Hundespiele dessen, was ich grad so positiv erlebe. In machen. Sobald ich merke, dass mir ein Berlin gibt es eine Menge Orte, in denen Spiel wirklich Spaß macht, und es evtl. tatsächlich die Mischung aus Tanz und Sex auch noch eine Ästhetik anbietet, drängt erreicht wurde, z.B. das Laboratory (Gays sich eine andere sexuelle Stimulation auf: only), ein „Hintertrakt“ zum international mein Exhibitionismus. Deswegen werde bekannten Berghain, wo es Themenparties ich mein Hündchen heute „Gassi führen“. speziell auf den schwulen Mann zugeschnit- ten gibt. Gemischter im Publikum wird‘s Aber worum geht es eigentlich bei dem im legendären Kitkat Club, wo es ohne Thema „Exhibitionismus“?* Ich habe das Fetischgarderobe kein Einlass gibt, sowie Wort - wie viele Andere meiner Gene- das Insomnia, ein ehemaliger Ballsaal, in ration - im Zusammenhang mit Herren dem originale Barockelemente auf psy- kennengelernt, die in Parks ihren langen chedelische Bilderwerke treffen, und sich Mantel öffnen und somit Passanten mit der Hedonist gepflegt austoben kann. TAGEBUCH ihrem Gemächt zu erschrecken suchten. Letzteres wird unser Ziel des heutigen In diesem Schock des Anderen lag dann Abends, denn abgesehen von meinem Exhi- Master André alias Dominus. die sexuelle Erregung. Leider hatte ich nie bitionismus ist bei mir auch das Pendant Berlin (43) ist der erfolgreichste das Glück, dass ich so eine Begegnung vorhanden: der Voyeurismus. In dem Laden Dominus in Deutschland, Schweiz hatte, evtl. hat man mir schon angese- gibt es so viele Möglichkeiten zu Spannen, hen, dass ich wahrscheinlich nicht die ach das wird herrlich! Damit wir uns nicht und Österreich (www.dominus. gewünschte Reaktion gezeigt hätte. umziehen müssen, gönnen wir uns ein berlin). Der gebürtige Rheinländer Taxi, und können so auch beruhigt an der arbeitet seit Jahren als Dominus Natürlich musste ich etwas suchen, um Garderobe im Eingangsbereich vorbei, zur in den bekanntesten Dominastu- diese Herren zu finden. Das war aber nicht Halle. Gott sei Dank, ist es nicht so voll, dios sowie ebenfalls als Dozent sehr schwer, denn es gab zu meiner Zeit und Olaf kann fein neben mir her krabbeln. für Themen rund um BDSM. überall öffentliche Toiletten, wo sich Hinz und Kunz an der Pipirinne den Dödel rieben Ich tue so, als wenn es völlig normal ist, und selbigen mit Freude vorzeigten. Heute dass ein menschlicher Hund neben mir wird der Begriff weiter gefasst, denn auch läuft. Natürlich ist es das bei mir auch mediengeile Menschen, die sich öffentlich nicht, denn ich habe ja noch ein normales - z.B. in Talkshows - zur Show stellen, Leben ohne BDSM, und so kann ich diese bezeichnet man heute als Exhibitionisten, Momente umso mehr genießen. Ich habe was natürlich kein Straftatbestand ist. mich doch für‘s Leder bei mir entschieden. Wirkt massiger, und Olaf‘s Latex blitzt Aber da Exhibitionismus nichts weiter als schon bei den Lichtern genug. Ich merke, „zeigen“ bedeutet, ist das sicherlich nicht dass er unsicher wird, denn er drückt falsch es so zu benennen. Übrigens, ist und seinen Kopf an mein Bein. Ich streichle ihn bleibt dieses sehr männliche Phänomen und mir gefällt, dass er trotz Unsicherheit auch nur für Männer strafbar. Auch als vor in seiner Rolle bleibt. Ein hübscher Typ an gut zwei Jahren eine bekannte Schauspie- der Bar beobachtet uns und signalisiert, lerin auf einem schmuddeligen Parkplatz mit seinem fast küssenden Blick, dass ihre Muschi zwei sexy Undercover-Poli- er unsere in diesem Augenblick deutlich zisten quasi ins Gesicht gedrückt hat, und sichtbare Verbindung „super sweet“ findet. die Polizisten daraufhin Anzeige erstattet haben, weil die Gute nicht aufhörte, blieb Ich lächle zurück, denn ein erstes Ziel das „Vergehen“ für die Dame folgenlos. Na, wurde erreicht: ich bin stolz, auch wenn soviel zum Thema der Gleichberechtigung. der Typ offensichtlich hetero ist. Uns begegnen eine Menge verrückter Gestal- Nun, im Zeitalter des Internets sind die ten, unter anderem auch ein Pferd mit meisten dieser Angelegenheiten sowieso seinem Reiter, aber die beachten uns gar vor die Cam gewandert. Aber so spannend nicht, obwohl wir eigentlich so viel mit VOM wie dieser spontane Blick in ein fremdes Wohnzimmer, und der dort vorhanden ihnen gemeinsam haben. Manche haben ganz irre Kostüme an, andere einfach nur EXHIBITIONISMUS Erotik, auch sein mag - nichts ersetzt den live-Kontakt. Dafür haben wir ja nun genug Unterwäsche, oder eben simpel gar nichts. Orte (Clubs) geschaffen. Bei mir basiert In den hinteren Räumen geht es zur Sache. ZUM der Wunsch nach „Vorführen“ natürlich In einer Ecke sitzt ein Transvestit, und auch einfach auf dem Gefühl des Stolzes, irgendwie wollen alle Hetero-Männer ihn KUSCHELN frei nach dem Motto „Schau mal, was ich beglücken, obwohl der „männli- hier Tolles mache.“ Allerdings spielt zu che Hintergrund“ offensichtlich einem erheblicher Teil, der Bedarf nach ist. Da kannste als Cis-Mann ne 20
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Leder / Fetisch 21
Leder / Fetisch Stunde so nett drapiert und emp- Plastik in die Menge. Olaf holt diesen direkt auf der Theke was trinken. fangsbereit dasitzen, es kommt ganz brav wieder, obwohl er gar nicht kein Hetero-Mann umme Ecke, bemerkt, dass wir beobachtet werden. Wir kommen gut ins Gespräch, und ich aber ein Röckchen, eine Perücke gestehe, dass ich ein bisschen stolz bin, und nur ein bisschen Make Up, sowie der „Wow, seid ihr süß“, höre ich eine rauchi- von so einer Partyveteranin und lebenser- übliche leichte Heteromann-Überschuss, ge Stimme aus Bar-Nähe rufen. Ich drehe fahrenen Frau angesprochen zu werden. und die Investition in diese Garderobe mich zu der Stimme um, und es baut sich Trotzdem nörgle ich rum, dass ich das hat sich für die Transe bereits gelohnt. vor mir die „schwule-Traumfrau“ auf: eine Gefühl habe, dass man dort nicht einfach Olaf ist auch fasziniert von der Transe, 1,86m große Frau, Mitte 40, auf mega High nur zusammen liegen und schmusen kann. die da gerade zwischen den sich ihr Heels, mit eingeklemmten großen Busen, „Das stimmt“, sagte sie und nahm einen anbietenden Pimmeln auswählen darf. langen blonden Haaren und wahnsinnig tiefen Zug von ihrer Elektrozigarette „aber positiver Ausstrahlung; kurzum: eine dafür gibt es hier doch die Party vom Ihre Wahl fällt stetig auf „groß und Diva, und ich war sofort hin und weg. Fräulein Schmitt, kennst Du die?“ Nein, beschnitten“. Eigentlich würde ich mich die kannte ich auch noch nicht, und daher nun irgendwie gerne dort hinlegen, Es war Dominique, der der Laden ge- wurde sie mir auch noch vorgestellt. das Treiben weiter beobachten und hört. Sie hatte früher selber ein ziem- etwas Kuschelzeit mit Olaf verbringen, lich großes Domina Studio, und legte Olaf durfte mittlerweile seine Maske aber irgendwie finde ich das unpas- dort auch selber Hand an. Bekannt abnehmen und aufrecht was trinken, denn send, zwischen dem ganzen Geficke. wurde das Ding unter anderem, weil ich war ganz doll an dieser Kuschelparty es ein Familien-Domina-Betrieb war. interessiert. Wir lauschten beide dieser gut Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, gelaunten Person: dem Fräulein Schmitt. dass, wenn ich in solchen Clubs unter- „Bist Du nicht der Dominus?“ fragt sie Sie ist eine von diesen emphatischen wegs bin und mich irgendwo mit mei- mit ihrer Stimme, in der irgendwie immer Dominas. Intelligent, angenehm sachlich nem Hund hinlege, die Menschen voller ein Lachen zu hören ist. Na, klar hatte und subtil bestimmend. Ich mag sowas. Erwartung rüber schauen und denken, sie schon mal von mir gehört, denn das dass ich ihn gleich durchbumse. Kurszentrum von meinem Domina Studio „Ach die Kuschelpartys sind großartig. Es hatte erst kürzlich die Räume direkt über gibt ein Programm, bei dem jeder mitmuss. Wir verlassen dann die Bummsabteilung, dem Insomnia bezogen. „Hey, für das Das fängt langsam und vorsichtig an, bis und schlendern wieder raus in den Saal. Hündchen haben wir doch einen Napf“, sich eine Intimität aufbaut, die es auf Olaf darf nun mal von der Leine weg. „Jetzt sagte Sie und liess sich diesen Napf ange- anderen Partys nicht gibt. So entsteht eine lauf mal los“, rufe ich ihm zu. Anfänglich ben. „na, mein Hündchen muss aber dann ganz besondere Energie. Sozusagen eine noch etwas verunsichert tapsend, springt er auf die Theke, damit ihn auch jeder sehen Verliebtheit auf Zeit.“ sagte sie und lehnte später auf der Tanzfläche auf allen Vieren kann.“ entgegnete ich im vollen Bewusst- dabei mit beiden Ellenbogen auf der Bar. hin und her, und kommt immer wieder zu sein meiner exhibitionistischen Ader. mir zurück, und reibt sich an meinem Bein. Ich zog eine Augenbraue hoch: „und dann Sie überlegt kurz und stemmt dann Rudelbumsen?“ „Vögeln dürfen die Leute Unser Spektakel wird natürlich beäugt ihre Hände an ihre Korsage: „Aber gern auch. Aber erst später. Wenn sie richtig und ich werfe zur Steigerung natür- doch, kannst auch gern ein Foto da- sozusagen „weichgekocht“ und „heißgeku- lich einen mitgebrachten Knochen aus von machen...“ (Bild 2) Olaf, darf nun schelt“ sind. Dann können sie es meist gar nicht mehr abwarten.“ Olaf und ich waren begeistert. Das müssen wir erleben! Gesagt - getan. Nach der rela- xenden und spannen- den Kuschelparty ein paar Tage später, habe ich irgendwie sogar neue Impulse für mei- nen Alltag gefunden. Das Erlebnis hat mich so begeistert, dass ich das Fräulein Schmitt überredet habe, dass sie das mal ausschließ- lich für Gays anbietet und sie hat „ja“ gesagt. Also, gibt es demnächst eine Kuschelparty nur für schwule Männer – geil! Ich werde da sein. Komm doch auch? 22
Ausgabe 323 Magazin www.box-magazin.com Leder / Fetisch 23
Leder / Fetisch Text: Andrea Pressi/Thorsten Buhl / Fotos: Andrea Pressi 10 Jahre Leather Friends Italia 2010 gründeten einige Freunde in der oberitalienischen Region Venetien den Leder- und Fe- tisch-Verein LFI (kurz für: Leather Friends Italia). Sie stellten sich damals der Herausforde- rung, die Fetischwelt in Italien wiederzubeleben, die zu jener Zeit nahezu tot war. Der ehemalige italienische Leder-Verein teilnehmen wollten, ohne dafür unbedingt Ziel darauf ausgerichtet ist, über unsere MLCV (kurz für: Moto Leather Club Vene- nationale Grenzen überschreiten zu müssen. Region hinauszugehen“, erklärt Präsi- to), der 20 Jahre lang Veranstaltungen und dent Andrea Pressi den Vereinsnamen. Partys in der Region Venetien koordinierte „Der Name LFI wurde nicht zufällig gewählt. und organisierte, war aufgelöst und es Wir sprechen zwar von Leder, wollen aber Die ersten sieben Leather Friends haben schien, als ob die Leidenschaft für Leder-, unter diesem Namen alle zugehörigen vor zehn Jahren damit begonnen, von ihrer Gummi- und sonstige Fetischkleidung fortan Fetische mit einbeziehen (Gummi, Militär, Idee zu erzählen, Gleichgesinnte einzu- in Vergessenheit geraten oder gar völlig Skin ...). Wir sprechen von Freunden, weil laden und sich für ihren neuen abhandengekommen sei. Dem war aber wir nicht reine Mitgliederzahlen in einer Verein einzusetzen. So gehören nicht so! Jede italienische Region verbarg Liste haben, und wir sprechen von Italien zum Verein mittlerweile rund Enthusiasten, die an Veranstaltungen und nicht mehr von Venetien, weil unser 100 Mitglieder unterschiedli- 24
Sie können auch lesen