Wenn Bilder meine Sprache wären
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„ … wenn Bilder meine Sprache wären … “ mediale Darstellung muslimischen Lebens im Diskurs
inhalt Vorwort 4 Einleitung und Projektidee 6 Projektidee 8 Islambilder in der Öffentlichkeit 10 Islambilder in den Medien 14 Eindrücke aus den Workshops 18 Abschließende Forderungen 23 Glossar Sprache und begriffe 28 Dichotomien 34 Bilder 38 Alarmismus, Themenvermischung 42 und Expert*innen Literaturverzeichnis 50 Impressum 51
4 vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, als unsere Jugendorganisation Young Voice TGD (www.youngvoicetgd.de) im Oktober 2012 den Bundeskongress Mygrantulations veranstaltete, entstand auch die Idee zu dem Projekt, „WENN BILDER MEINE SPRACHE WÄREN …“, das im Folgenden durch die- se Broschüre vorgestellt werden soll. An dem Event von Young Voice TGD nahmen mehr als 220 Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund und mit ganz unterschiedlichen religiösen wie weltanschaulichen Ansichten aus dem ganzen Bundesgebiet teil. Eines der dominanten Themen war dabei immer wieder die als unrealistisch und diskriminierend empfundene mediale Darstellung der muslimischen Lebensrealitäten und Alltagswelten in Deutschland. In den abschlie- ßenden Empfehlungen der Veranstaltung formulierten die Jugendlichen den Wunsch, ak- tiv gegen mediale Pauschalisierungen und Diskriminierungen vorgehen zu wollen. Diesen Auftrag nahmen wir als Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) ernst und entwickelten ein Konzept, das einerseits den berechtigten Kritikpunkten der Jugend- lichen Gehör verschaffen und andererseits zu einem wechselseitigen Austausch über Befindlichkeiten und Alltagsrealitäten zwischen Jugendlichen und Journalist*innen füh- ren sollte. Dafür wurden Workshops in insgesamt sechs deutschen Städten veranstaltet, die eine vertrauensvolle Atmosphäre für möglichst offene Diskussionen bot. Für die Türkische Gemeinde in Deutschland sind Muslimfeindlichkeit und Rassismus keine abstrakten Phänomene, sondern sie betreffen uns jeden Tag. Gleichzeitig wissen wir, dass gesellschaftliche Polarisierungen, Vorurteile und Ängste in erster Linie aus Unwissenheit und Unkenntnis über den vermeintlich „Anderen“ entstehen. Daher sehen wir es seit jeher als unseren Auftrag, einen Beitrag für ein gesellschaftliches Miteinander der Toleranz und Gleichberechtigung zu leisten. Wir sind froh, dass sich einmal mehr innerhalb der Workshops gezeigt hat, dass alte und unhinterfragte Sichtweisen und unterbewusste Feindbildschemata aufgebrochen werden können. In diesem Sinne hoffen wir, dass wir durch diese Broschüre auch weitere Menschen für die Wichtigkeit einer differenzierten sowie kultur- und religionssensiblen Sprache emp- fänglich machen können. Das Glossar, das sich am Ende dieser Broschüre befindet und aus den Forderungen und Vorschlägen der jungen Teilnehmer*innen aus den Workshops stammt, wird dafür sicherlich einen wichtigen Beitrag leisten können … Gökay Sofuoğlu Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland
6 Einleitung und Projektidee Einleitung und Projektidee 7 spielsweise Bundesjustizminister Heiko Vor diesem Hintergrund ist der öffent Maas (SPD) mit ernster Miene vor einem liche Aufschrei gegen die sogenannte „Die Scharia-Polizei war doch nur „Angriff auf unser freies Lebensmodell“ „Scharia-Polizei“ zunächst einmal zwar > zitiert nach: reuters.de. Der Vorsitzendeals gut gemeinte wehret den Anfängen- ein gefundenes Fressen“ des Bundestagsinnenausschusses, Wolf Positionierung von Vertreter*innen aus > Jedem Abschnitt dieser Broschüre ist ein gang Bosbach (CDU), forderte ein hartes Medien und Politik gegenüber offen ausgewähltes Zitat vorangestellt. Diese Zitate stammen ausnahmslos Vorgehen und ließ sich mit den Worten sichtlichen Gegnern der Demokratie zu von den jugendlichen Teilnehmer*innen der Workshops. zitieren, dass so etwas „(…) ein demokra verstehen und zu begrüßen. Allerdings tischer Rechtsstaat nicht tatenlos hinneh scheint der schrille und alarmierende Ton men [kann]“ > zitiert nach pnp.de. Sogar der Debatten wohl nicht losgelöst von die Kanzlerin sah sich veranlasst, noch größeren gesellschaftlichen (Überfrem Stoppt die Islamisten in einmal eindrücklich an das Gewaltmono dungs-) Ängsten verstanden werden zu Scharia-Polizei! Wuppertal pol des Staates zu erinnern > rp-online.de. können. Sorgen vor gesellschaftlichen „Scharia wird Transformationsprozessen im Zuge einer > Bild.de 06.09.2014 auf deutschem Doch was war zunehmenden Präsenz und Institutiona Boden nicht eigentlich geschehen? lisierung des Islam in Deutschland sind geduldet“ Objektiv betrachtet eigentlich nicht viel: weit verbreitet – Parolen wie „ Deutschland Eine „Scharia-Polizei“ Ein paar junge Männer, von denen einige schafft sich ab“, „schleichende Islamisie macht Wuppertal unsicher > FAZ-online Stoppt die 05.09.2014 lange Bärte und kurze Hosen trugen, zo rung Europas“ oder „Keine Toleranz der Hysterie um die gen sich orangene Warnwesten an, auf die Intoleranz“ liefern hier nur einige der pro > rp-online.de 15.09.2014 sie zuvor die Worte „Shariah Police“ ge minentesten Schlagworte. Scharia- Polizei! klebt hatten. So ausgestattet geisterten sie durch die Wuppertaler Innenstadt, um Trotz, oder gerade aufgrund der weit ver Polizei enttarnt > welt.de junge Männer (die sie für Muslime hiel breiteten Skepsis gegenüber „dem“ Islam „Scharia- 06.09.2014 ten) vor Casinos und Diskotheken (die sie bedarf es einer kritischen Analyse der Ordnungsamt“ als Teil einer Satire als ungeeignete Orte für Muslime hielten) Medienberichterstattung in Bezug auf die Wuppertal: Rechtsextreme anzusprechen und sie in ihre Moschee unsägliche „Scharia-Polizei“: > rp-online.de 15.09.2014 laufen Streife einzuladen. Stand das Ausmaß des Medienauf in einheitlichen schreis in einem sachgerechten Verhältnis T-Shirts Und nur deswegen also mit der tatsächlichen Bedrohung durch Polizei warnt der ganze Trubel? die selbsternannten „Tugendwächter“? Wo in Deutschland > Spiegel-online 09.09.2014 Nicht ganz, denn beim augenscheinli Ist man nicht kollektiv einer gut ge die „Scharia- chen Initiator der Gruppe handelte es planten PR-Aktion fragwürdiger Couleur Polizei“ sich um alles andere als ein „unbeschrie aufgesessen, der man letztendlich erst marschiert „Mit allen Mittel vorgehen“ benes Blatt“ – handelte es sich doch um zum Erfolg verholfen hat? NRW-Minister verbietet der Sven Lau, einen als salafistisch eingestuf Inwieweit provoziert ein derartiges > Welt-online 05.09.14 „Scharia-Polizei“ die Westen ten jungen Mann, der sich bereits in der Medienecho nicht sogar erst Nachah > Focus-online 07.09.2014 Vergangenheit im kritischen Fokus der mungseffekte? Medien, der Sicherheitsbehörden und Jus Wie hilfreich sind derartige Bericht Der Medienaufschrei war groß in den Ta sein Unwesen trieb und womöglich bald tiz befand. Gleichzeitig wird ihm durch erstattungen für die notwendige gesamt gen nach dem 04. September 2014. Von schon, seinen Schrecken in anderen Tei seine starke Präsenz in den sozialen Medi gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der TAZ bis zur FAZ berichteten bun len Deutschlands verbreiten könnte. Auch en ein beträchtliches Mobilisierungs- und dem höchst komplexen Phänomen des desweit Zeitungen aufgebracht über ein Politiker*innen brachten sich parteiüber Rekrutierungspotential auf junge Men Salafismus in einer dem Selbstverständnis neues Schreckgespenst, das in Wuppertal greifend in die Debatte ein: So warnte bei schen zugesprochen. nach pluralistischen Gesellschaft?
8 Projektidee Projektidee 9 die Jugendlichen sowie die eingeladenen Diese Forderungen sind zwar nicht als ab Journalist*innen in vertrauensfördernder schließend zu verstehen, bildeten jedoch Atmosphäre und möglichst unkompliziert die Schwerpunkte der Kritik der jungen diskutieren konnten > mehr zur Konzepti- Workshopteilnehmer*innen. on der Workshops auf Seite 18). Diese mit unter hitzigen aber oft sehr differenzierten Den letzten Abschnitt dieser Broschüre Diskussionen zwischen den Jugendlichen bildet ein Glossar, indem insbesondere die und erfahrenen Journalist*innen sollen Forderung nach einer kultur- und religi durch diese Broschüre dokumentiert und onssensiblen Sprache aufgenommen wird. verbreitet werden. Anhand konkreter Medien-Beispiele aus Projektidee den Workshops (Zeitungsartikel, Doku Zur besseren Einordnung der inhaltlichen mentationen, Reportagen, etc.) sollen die Diskussionen wird eine allgemeine Be Kritikpunkte sowie die von den Jugend standsaufnahme der sich wechselseitig lichen ausgemachten Ungereimtheiten beeinflussenden gesellschaftlich veran dargestellt werden. Auch dieses Glossar kerten und medial verbreiteten Islambil ist keinesfalls abschließend oder voll der vorangestellt. Dies soll gleichzeitig ständig – vielmehr soll es dazu dienen, in dazu dienen, die immense Relevanz ein anschaulicher und schnell verständlicher er verantwortungsvollen Medienberichter Weise verbreitete und hartnäckig wieder stattung über das äußerst vielfältige mus kehrende Problematiken in der medialen limische Leben in Deutschland zu Berichterstattung zum muslimischen Le verdeutlichen. ben in Deutschland aufzulisten. Das Glos sar wird außerdem mit Vorschlägen der Derartige Fragen, die hier anhand des mische Jugendliche ein Unwohlsein ge Danach werden die Perspektiven der Ju Jugendlichen ergänzt, wie die aufgeliste konkreten und medial stark beachteten genüber der medialen Berichterstattung gendlichen, die sich an diesem Projekt be ten Begriffe und Problematiken zukünftig Vorfalls der sogenannten „Scharia-Polizei“ über Islam und muslimisches Leben in teiligt haben, im Mittelpunkt stehen: besser verwendet werden könnten. aufgeworfen wurden, sind uns als Türki Deutschland, oder in der sogenannten is sche Gemeinde in Deutschland (TGD) in lamischen Welt verspüren. Neben der Vorstellung der Workshops unserer Arbeit mit Jugendlichen in un sollen die inhaltlichen Diskussionen und terschiedlicher Form auch immer wieder Um den Jugendlichen eine Plattform für Kritikpunkte der Jugendlichen vorgestellt begegnet. Unter anderem durch ungenaue ihre berechtigten Standpunkte zu geben, werden. Während der Workshops wurden oder polemisierende Sprache, durch allzu entwickelte die TGD ein Konzept, das von den Jugendlichen kritikwürdige As starke Verkürzungen oder Pauschalisie einerseits den Forderungen der Jugendli pekte und Motive erwähnt, die auf unter rungen sowie durch das Ignorieren histo chen Gehör verschaffen sollte, sie ande schiedlichen Ebenen und zu unterschied rischer, sozialer oder politischer Kontexte rerseits aber auch mit der Heterogenität lichen Thematiken vorkamen. Aus diesen (re-)produzieren viele Medienschaffende der deutschen Medienlandschaft vertraut Diskussionen konnten insbesondere fünf dabei häufig bekannte Vorurteile gegen machen und für den redaktionellen Alltag Forderungen abgeleitet werden „den“ Islam und „die“ Muslime. Manch vieler Medienschaffenden sensibilisieren mal geschieht dies offensichtlich, manch sollte. Leitend war dabei der Gedanke des 1. Den Arbeitsalltag von Medienschaf- mal aber auch subtil und in vielen Fällen Austauschs und des (Kennen-)Lernens. fenden ernst nehmen 2. Strukturelle wohl nicht einmal bewusst. Benachteiligung auf heben 3. Unhin- In verschiedenen Workshops in insge terfragte Sichtweisen hinterfragen Daher scheint es nicht verwunderlich, samt sechs deutschen Städten wurde ein 4. Normalisierung erreichen 5. Auf die dass viele muslimische wie nicht-musli geschützter Raum geschaffen, in dem Sprache achten.
10 Islambilder in der Öffentlichkeit Islambilder in der Öffentlichkeit 11 der Deutschen sehen den Islam als Bedrohung > Bertelsmann Stiftung 2013: S. 3 51% der Deutschen sehen den Islam nicht als Teil von Deutschland „Häufig hören wir: 52 % > Forsa-Umfrage für die Zeitschrift „Stern“ 2014 Was? Du bist Türkin? Oder, du bist Muslimin? Aber du bist doch ganz anders … beim Stichwort Islam denken: Das nervt total!“ > Pollack et al 2014: S. 21 an die Benachteiligung der Frau 80 % an Fanatismus 70 % an Gewaltbereitschaft 60 % Immer weniger Men- Diese und viele weitere statistische Schlag präsentative Studie zur religiösen Vielfalt wollen gleiche schen in Deutschland lichter zeigen ein Stimmungsbild der in Europa darstellt. Ein weiteres wenig Rechte für alle wollen mit Muslimen deutschen Bevölkerung, das auf verschie schmeichelhaftes Ergebnis dieser Studie Religionen zusammenwohnen denen Ebenen besorgniserregend ist. So ist zur Einordnung dieser Zahlen zunächst ist, dass 70% der befragten Personen in Deutschland die steigende Anzahl von 50 % > Pollack et al 2014: S. 28 > Heitmeyer 2011: S. 20 einmal der Umstand bemerkenswert, dass Muslim*innen als Ursache für Konflikte im Vergleich zu anderen westeuropäi betrachten und damit eine reziproke Ver schen Bevölkerungen, in Deutschland ein antwortung von sich zu weisen scheinen > weitaus größerer Teil, weitaus skeptischer Pollack et al. 2014: S.32. der Deutschen haben Angst, in Bezug auf „fremde“ Religionen ist. Diese Intoleranz bezieht sich dabei nicht Das Bild, welches die nicht-muslimi- ob unter den Muslimen in Deutschland nicht auch viele 66 % lediglich auf den Islam, sondern auch auf sche Mehrheitsgesellschaft über den andere nicht-christliche Religionen. Zu Islam hat, ist alles andere als posi- Terroristen sind diesem Befund kam jedenfalls die Studie tiv. Verschiedene Studien haben diese > Pollack et al 2014: S. 32 „Grenzen der Toleranz“ > Pollack et al. Wahrnehmung immer wieder empi- 2014, die immerhin die bislang größte re risch bestätigt.
12 Islambilder in der Öffentlichkeit Islambilder in der Öffentlichkeit 13 In Bezug auf die Wirkungsweisen stereo Misstrauen gegenüber der Wissenschaft menschenfeindliche) Einstellungsmuster Vorurteile. Kurz gesagt: Sie tragen ent typer Herabwürdigung von Muslim*innen führten, als dass sie in der Lage wären, auf > vgl. ebd. S. 25. Besonders auffällig scheidend zur öffentlichen Meinungsbil in Deutschland stellt der renommierte die gesellschaftlichen Stimmungsbilder daran ist die Tatsache, dass Menschen, dung bei. Historiker und Antisemitismusforscher zu verändern > Foroutan 2012: S. 55. die besonders geringe oder überhaupt kei Wolfgang Benz fest, dass es sich bei vie ne Berührungspunkte mit muslimischen Inwieweit „die“ Medien dieser enormen len der gängigen Vorurteile lediglich um Vorurteile und Abwertungsrhetoriken stie Bürger*innen haben, die stärksten anti Verantwortung auch in der Darstellung Neuauf lagen bekannter antisemitischer ßen immer schon hauptsächlich aufgrund muslimischen Ressentiments aufweisen > muslimischen Lebens in Deutschland Stereotype aus anderen, scheinbar längst empfundener Existenz- oder Bedrohungs vgl. Foroutan 2012: S. 22. gerecht werden, ist Bestandteil einer kon vergangenen Zeiten handele. So wie es ängste von Mitgliedern der Mehrheits troversen Debatte. Ohne in plumpe Pau dem Antisemitismus nicht um wirkliche gesellschaft auf Zustimmung– eigneten In diesem Sinne scheinen die gesellschaft schalisierungen zu verfallen, die struktu Menschen jüdischen Glaubens gehe, son sie sich doch dafür, das eigene Selbstbe lich verankerten Islambilder in erster Li rellen Realitäten von Journalist*innen zu dern lediglich um ein konstruiertes Bild wusstsein zu heben und gesellschaftliche nie weniger über die hierzulande lebenden ignorieren oder bestehende Problemlagen „des“ Juden, so gehe es auch in Bezug Problemlagen nicht bei sich selbst suchen muslimischen Bürger*innen auszusagen einfach auszublenden, scheint eine diffe auf Islamfeindschaft vorwiegend um ab zu müssen > vgl. Benz 2012: S. 29 – 31. Die als über Tendenzen einer mangelnden renzierte Erörterung der medial konstru strakte Ängste vor Veränderungen als um These, dass vor allem sozioökonomische Aufnahmebereitschaft seitens großer Tei ierten Islambilder sowie eine breite gesell eine konkrete Bedrohung. Parolen, die (Abstiegs-)Ängste Triebfeder für abwer le der nicht-muslimischen Mehrheitsge schaftliche Debatte darüber von enormer die notwendige Differenzierungen und tende Einstellungen gegenüber Minder sellschaft. Bedeutung. Sind es doch diese Islambil Kontextualisierungen als Verharmlosung heiten sind, deckt sich mit den Befunden, der, die die gesellschaftliche Wahrneh herabwürdigen, müssen daher als das die Wilhelm Heitmeyer in seiner zehnjäh Als erste gleichstellungspolitische Reakti mung von Islam und Muslim*innen in betrachtet werden was sie sind: nämlich rigen Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ on auf diese Befunde wäre es an der Zeit, Deutschland konstituieren und somit eine pauschalisierende und verunglimpfende präsentiert. So weist er insbesondere seit den Mut aufzubringen und die Perspek entscheidende kontextuelle Grundlage Ressentiments gegenüber einer religiösen dem Beginn der Finanz- und Wirtschafts tive einmal umzudrehen: Anstatt immer bilden, auf der die diversen Diskurse mit Minderheit. Auch die Juden, vor denen in krise im Jahr 2008 einen starken Anstieg wieder einseitig die muslimischen Com und über muslimische Bürger*innen in der hasserfüllten Rhetorik des National von Einstellungsmustern gruppenbezo munities in die „integrationspolitische“ Deutschland geführt werden. sozialismus gewarnt worden war, haben genen Menschenfeindlichkeit (worunter Pflicht zu nehmen, scheint es angebrach nie existiert. Dennoch haben Millionen auch Islamfeindlichkeit subsumiert wird) ter, die alltäglichen Formen von instituti Deutsche an sie geglaubt. Damals wie auch bei Angehörigen höherer Einkom onellen und gesellschaftlichen Rassismus heute spielen empirische Fakten für die mensschichten nach > ebd. S. 25. Er führt anzupacken und das anzuerkennen, was Kreierung von Feindbildern kaum eine dies vor allem auf die wirtschaftlichen sie sind: nämlich konkrete Hindernisse Rolle. Ausschlaggebend ist nach wie vor Unsicherheiten zurück, von denen sich für ein unbeschwertes Zusammenleben. vielmehr die Konstruktion eines Feindbil nunmehr auch die breitere Mittelschicht Dazu gehört es auch, sich die Wirkungs des, welches schlicht zur Wahrheit erklärt bedroht fühlte. Mittlerweile sind nega weisen der Medien in der (Re-)Produkti und kaum mehr hinterfragt werde > vgl. tive Islambilder und Assoziationen auf on von gesellschaftlichen Stimmungen zu Benz 2012: S. 13 – 14, 27, siehe auch Schif- hohem Niveau in allen gesellschaftlichen vergegenwärtigen. Dem Selbstverständnis fer / Wagner 2009: S. 25 – 33. Naika Fo Schichten vertreten und lassen sich auch nach kommt den Medien als „vierte Ge routan, Sozialwissenschaftlerin und Lei nicht mehr eindeutig einem bestimmten walt“ ein verantwortungsvoller Part für terin des Forschungsprojektes HEYMAT politischen Lager zuordnen. So hat sich ein demokratisches und friedliches Mitei (Hybride europäisch-muslimische Identi die Islamfeindlichkeit aus dem linken nander in einer diversen Gesellschaft zu: tätsmodelle) an der Humboldt Universität politischen Lager über die Jahre kontinu Sie reizen Diskurse an, sensibilisieren für zu Berlin, gibt in diesem Zusammenhang ierlich dem Niveau des politisch rechts zu Problemlagen, zwingen Politiker*innen ebenfalls zu bedenken, dass verschiedene verortendem Spektrums angenähert > ebd. ungeliebte Themen auf und stehen sozia positive empirisch begründete Befunde S. 20. Gleichwohl weisen vor allem ältere len oder gesellschaftlichen Randgruppen aus der Wissenschaft, die Integrations Personen ab 66 Jahren hohe islamfeind bei. Mitunter schüren sie aber auch Ängs fortschritte nachweisen, eher zu einem liche (sowie allgemein gruppenbezogen- te, polemisieren und perpetuieren gängige
14 Islambilder in den Medien Islambilder in den MEdien 15 oder handeln können nur Menschen – zierung für Medienschaffende in der Tat und sie tun dies individuell verschieden zwar nicht einfacher – aber dafür umso und in unterschiedlichen Kontexten auf wichtiger > vgl. Schiffer 2005. „Islam wird mit Gefahr gleichgesetzt unterschiedliche Art und Weise. Umso er staunlicher ist es, dass „der“ Islam noch Dort, wo die mediale Berichterstattung – das finde ich unmöglich!“ immer allzu oft als monolithischer Block sich auf rein religiöse Erklärungsmuster und „die“ Muslime als homogene Masse beschränkt oder Propaganda-Aktionen dargestellt werden > vgl. v.a. die verschie-nicht als solche entlarvt, verkürzt sie nicht denen Publikationen von Sabine Schiffer. nur komplexe Realitäten, sondern repro duziert auch undifferenzierte Stereotypen, Zu diesem Ergebnis kommt auch Ma zu denen sich wiederum auch die hier ria Röder in ihrer inhaltsanalytischen zulande lebenden Muslim*innen verhal Auswertung der verbalen und bildlichen ten müssen. Und das, obwohl sie in den Repräsentation muslimischer Frauen im meisten Fällen wohl genauso wenig damit Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Sie bi zu tun haben wir ihre nicht-muslimischen lanziert, dass negative Stereotype in der Nachbarn. Berichterstattung stabilisiert würden, in dem etwa die muslimische Frau in einer Auch am Beispiel der deutschen Debat Opferrolle als Normalfall, abweichende ten um „Integration(sprobleme)“ findet Rollen lediglich als Ausnahmen dar häufig eine allzu einseitige Erklärung gestellt werden. Außerdem würde Der vielschichtiger und in erster Linie unre Spiegel muslimische Frauen nicht nur als ligiöser Phänomene mit dem Islam statt. scheinbar homogene, sondern durch die Beobachter sprechen daher schon von Verwendung von Arabismen auch vorwie einer „Islamisierung der Integrations Zum Medienbild des Islam existiert be Die wiederkehrenden Kritikpunkte be gend als fremde Gruppe präsentieren > debatte“. In diesem Sinne wird „der Is reits eine Vielzahl an Studien, die trotz ziehen sich besonders auf die weitgehen vgl. Röder 2007: S. 116 – 117. lam“ zunehmend als Grund scheiternder unterschiedlichen methodischen und dis de Ausblendung der enormen Diversität und Hindernis „erfolgreicher Integration“ ziplinären Herangehensweisen sowie mit muslimischer Lebensformen sowohl im Eine stark verkürzende und pauschali dargestellt: Was früher „die Ausländer“ abweichende Fragestellungen zu immer Inland als auch im Ausland. Eigent sierende Sichtweise spiegelt sich auch in waren sind heute „die Muslime“. Dabei wieder denselben Ergebnissen kommen: lich müsste es sich von selbst verstehen: der medialen Behandlung internationaler werden einzelne Beispiele von sogenann Die Darstellung des muslimischen Lebens Eine Religion mit rund 1,5 Milliarden Kriegs- und Krisenschauplätze in der is ten „Integrationsverweigerern“ mit fa in den deutschen Medien ist vorurteils Anhänger*innen, die in den unterschied lamischen Welt wider. Medienschaffende miliärer Migrationsgeschichte aus musli behaftet, defizit-orientiert und/oder stark lichsten Ländern und Klimazonen leben, portraitieren Konflikte oder Gewaltaus misch geprägten Ländern dargestellt und pauschalisierend – Problematiken, die sich verschiedene Sprachen sprechen und von brüche oft als religiös begründete Phäno als exemplarisch für die gesamte Gruppe durch alle Formate und durch die gesamte äußerst heterogenen kulturellen, sozialen mene. Dabei werden die komplexen sozia „der Muslime“ in Deutschland begriffen > Spannbreite der Medienlandschaft ziehen. und politischen Lebensbedingungen ge len, historischen und politischen Kontexte, Schneider /Fincke / Will 2013: S. 4. Soziale, Von der thematischen Einseitigkeit, den prägt sind, kann kein einheitliches Gebil in denen diese Situationen erst entstanden kulturelle, gesellschaftliche oder struktu sprachlichen Pauschalisierungen und eu de sein. Genauso einleuchtend müsste es sind, mitunter vollkommen ausgeblen relle Gründe für mögliche „Integrations rozentristischen Ressentiments bis hin zur daher erscheinen, dass jede kontextlose det. Was bleibt ist die Erklärung mit der probleme“ finden dagegen in den wenigs Bebilderung oder musikalischen Unter Beschreibung „des“ Islam in den aller Religion. Der Umstand, dass sich viele ten Beiträgen Erwähnung. malung der Beiträge scheint Medienkritik meisten Fällen wohl ziemlich blass und terroristische Anschläge oder propagan in diesem Zusammenhang bis heute auf nichtssagend wirken müsste. „Der“ Is distischen Drohungen explizit mit dem Interessanterweise ist die defizit-orien allen Ebenen also mehr als angebracht zu lam ist ebenso wenig ein Akteur, wie es Rückgriff auf islamische Quellen zu legi tierte thematische Schwerpunktsetzung sein. irgendeine andere Religion ist. Agieren timieren versuchen, macht eine Differen auch in den Berichterstattungen der öf
16 Islambilder in den Medien Islambilder in den MEdien 17 fentlich-rechtlichen Sendeanstalten belegt, verankerten Muslimbilder in Deutschland zu konfrontieren, scheinen ihr Übriges die in Deutschland eine traditionell hohe gesamtgesellschaftliche „Integrationspro zu tun. In diesem Sinne sollten sich vor Glaubwürdigkeit genießen. Dies ergab zesse“ erschweren würden > vgl. Forou- allem auch Medienschaffende stets ihrer eine Studie der Universität Erfurt aus tan 2012: S. 55 ff.. Und in der Tat scheint großen Verantwortung bewusst sein, die dem Jahr 2007, in der 133 Sendungen und es nicht überraschend, dass eine fort sie als wirkmächtige Akteure für das ge Einzelbeiträge von ARD und ZDF ana währende Negativ-Berichterstattung über sellschaftliche Miteinander tragen. lysiert worden sind. Als Ergebnis musste den Islam bei einigen Teilen der nicht- festgehalten werden, dass mehr als 80% muslimischen Mehrheitsbevölkerung vor Die vorgestellten Überlegungen bezüg der Thematisierungen negativ konnotiert herrschende Stereotype perpetuiert und lich des medial vermittelten Islambildes waren. Dabei wurde eine Themenver scheinbar immer wieder Bestätigung ver scheinen trotz der vielen Kritik absolut engung wahrgenommen, die den Islam leiht. Das kann die gesellschaftliche Po notwendig. Dennoch gibt es einen kon weit überwiegend im Zusammenhang larisierung noch weiter verstärken und kreten Lichtblick, der sich vor allem aus mit internationalen Krisen, „Integrations Proteste von muslimischer wie nicht-mus der sogenannten Kontakthypothese speist, problematiken“, religiöser Intoleranz, limischer Seite provozieren. In diesem die immer wieder von den verschiedenen Islamischem Fundamentalismus und Is Kontext müssen also auch Auswüchse, Studien bestätigt worden ist. Kurz zu lamisierung sowie die Rolle der Frau zwi wie der unsägliche Zusammenschluss von sammengefasst besagt sie, dass, je mehr schen Unterdrückung und Rebellion dar Hooligans (HOGESA – Hooligans gegen Kontakt zwischen Muslimen und Nicht- stellte > Hafez 2007: S. 2. Positive oder Salafisten) gesehen werden, die sich zum Muslimen besteht, desto mehr Vorurteile wenigstens neutrale Berichterstattung, Auftrag gemacht haben, Deutschland ge abgebaut werden können und desto we die ein realistischeres Bild des muslimi gen Salafisten zu „verteidigen“. Die Ver niger sich islamfeindliche Ressentiments schen Alltagslebens darstellten, machten mutung liegt allerdings nahe, dass die verfestigen > vgl. Heitmeyer 2011; Fo- hingegen lediglich 19% der Beiträge aus. Organisatoren dieses Zusammenschlus routan 2012; Schneider/Fincke/Will 2013; > Hafez 2007: S. 1. Diese Tendenz setzte ses lediglich bestehende gesellschaftliche Pollack et al. 2014. sich auch in der Auswahl der Bilder fort, Ängste vor dem Salafismus instrumenta mit denen die Beiträge illustriert würden: lisieren wollen. Dass sich die Aggressio Was für den gesamtgesellschaftlichen Verhüllte Frauen, die Kaaba oder Schiiten, nen auf salafistische Spielarten des Islam Kontext zutrifft, gilt auch für den Be die sich selbst geißelten, seien dabei nur beschränken und nicht auch auf sämtliche reich der Medienschaffenden: Begegnung drei der gängigsten und ständig wieder Muslim*innen (und als solche markierte schafft wechselseitige Stereotype ab! Aus kehrenden Motive. Kai Hafez, Professor Menschen) abzielen, muss stark bezwei der Motivation heraus, eine Plattform ge für Kommunikationswissenschaft und felt werden. nau dafür zu liefern, ist letztlich auch das Mitautor der Studie, veranschaulicht die hier vorgestellte Projekt geboren. Aussagekraft dieser Darstellungen folgen Auf Seiten der Muslim*innen kann dermaßen: „Das ist etwa so, als würde eine empfundene Diskrepanz zwischen man Berichte über die Europäer stets mit der medialen Darstellung des Islam als dem Stierkampf von Pamplona illustrie rückständig und bedrohlich mit der ei ren“ > zitiert nach Guschas 2009. Auch genen positiven Erfahrungswelt zu ei wenn diese Studie bereits einige Jahre alt nem Glaubwürdigkeitsproblem gegen ist, sind derartige Tendenzen noch immer über „der Medien“ führen. Übereifrige deutlich in der medialen Berichterstattung Journalist*innen, die etwa undercover über den Islam vorhanden > vgl. Schnei- und ohne Genehmigung immer wie der / Fincke / Will 2013: S. 17 – 18, 24. der in Moscheegemeinden verkehren oder sich mit Kamera und Mikrofon vor Vor diesem Hintergrund kommt Naika Moscheen stellen, um die überraschten Foroutan zu der Einschätzung, dass die Besucher*innen mit provokanten Fragen
18 Eindrücke aus den Workshops Eindrücke aus den Workshops 19 te, aber auch Bilder bzw. Botschaften undin sämtlichen Workshops immer wie vermeintliche Subtexte, die als diskrimi der hervorbrachten, bestand in dem nierend oder stereotypisierend empfun Vorwurf, dass Medienschaffende nach den wurden, konnten benannt und einer wie vor häufig eine Trennung zwischen gemeinschaftlichen Analyse unterzogen Muslim*innen bzw. Migrant*innen und werden. Im Austausch mit den anwesen der sogenannten deutschen Mehrheitsge den Journalist*innen wurde dann über sellschaft errichten würden. Dabei fühlten alternative Formen der Berichterstattung sich die Jugendlichen selbst als zugehörig „Es werden Assoziationsketten aufgebaut – diskutiert. und selbstverständlichen Teil genau dieser „Mehrheitsgesellschaft“. Viele Medien Assoziationsketten der Angst!“ Leider ist es im begrenzten Rahmen schaffende hätten dies jedoch (noch) nicht dieser Dokumentation nicht möglich, verstanden und würden in ihren Berichten die Dynamik und Tiefe der Diskussio- gewissermaßen an den Lebensrealitäten nen zwischen den jungen Erwachsenen der jungen Menschen „vorbeischreiben“. und den Journalist*innen so zu er- In diesem Sinne wurde auch immer wieder fassen, wie sie es verdient hätten. Die kontrovers diskutiert, ob und inwieweit folgenden inhaltlichen Ausführungen die Nennung von ethnischen, kulturellen müssen sich daher auf die wesentlichen oder religiösen Hintergründen für die je Argumentationslinien und die wieder- weilige Aussage von Medienbeiträgen re kehrenden Kritikpunkte der Jugendli- levant seien. Viele Jugendliche hatten den chen beschränken. Eindruck, als sollten problematische Er scheinungsformen und Verhaltensweisen Teilnehmer*innen Idee der Workshops Einer der absoluten Hauptkritikpunkte, durch die Nennung dieser Attribute, ein der Workshops Durch den Austausch sollte einerseits den die jugendlichen Teilnehmer*innen seitig in die Migrant*innen-Communities An den Workshops nahmen insgesamt eine Sensibilisierung der Medien- knapp 100 junge Erwachsene und zehn schaffenden auf die Alltagsrealitäten erfahrene Medienschaffende teil. Als der jungen Teilnehmer*innen erreicht Moderator gelang es der Türkischen werden. Andererseits hatten auch die Gemeinde in Deutschland den freien Journalist*innen die Möglichkeit, aus Journalisten Dr. Mehmet Ata gewin- ihrem redaktionellen Alltag zu be- nen zu können. richten und die Freiheiten und Zwän- ge anzusprechen, die der Arbeit als Im Rahmen des hier vorgestellten Pro Journalist*in inhärent sind. In diesem jektes wurden Workshops in insgesamt Sinne trug der Austausch also auch zu sechs deutschen Städten organisiert und einer Stärkung der allgemeinen Medi- durchgeführt (Berlin, Hamburg, Han enkompetenz der jungen Erwachsenen nover, Kiel, Stuttgart und Frankfurt bei sowie zur Sensibilisierung von Me- am Main). Dabei stand die Idee im Vor dienschaffenden auf die spezifischen dergrund, einen möglichst geschützten Perspektiven und Befindlichkeiten Raum zu schaffen, in dem Jugendliche junger Menschen zu diesem sensiblen (muslimischem wie nicht-muslimischem Thema. Hintergrunds) in einem vertrauensvollen und offenen Austausch mit erfahrenen Den größten Teil des Workshops nahm die Journalist*innen treten können. Arbeit an konkreten Beispielen ein. Wor
20 Eindrücke aus den Workshops Eindrücke aus den Workshops 21 geschoben werden. Dies würde wiederum hielten die Jugendlichen auch eine Täter wie „Schleierfrau“ zu einem unpersön zu einer weiteren Verfestigung von Vor beschreibung, die Formulierun gen wie lichen Objekt degradieren. Die Meinun urteilen beitragen und das Signal senden, „südländisches Aussehen“ ent hält, für gen, Absichten und Hintergründe dieser dass „IHR nicht dazugehört“. problematisch. Zugleich wurde deutlich, Frauen würden kaum beachtet. Vielmehr dass sie sich selbst sehr unterschiedlich seien sie auf die bemitleidenswerte Rolle Vor allem in Kiel entbrannte eine hitzige definieren. Die Palette reichte dabei von als Opfer festgeschrieben, dem es aus der Diskussion, als eine junge Workshopteil „Mensch“, „Deutsche/r“, „Deutsch-Tür Unterdrückung zu helfen gelte. nehmerin bemerkte, dass wenn eine deut kin“ /“Deutsch-Türke“ bis „Europäer*in“. sche Mutter ihr Kind im Auto verdurs Insbesondere in der Berichterstattung über ten lässt, ihr ethnischer Hintergrund als Als weiterer wiederkehrender Kritikpunkt muslimische Frauen kämen noch immer Deutsche wohl nicht extra betont würde. der Jugendlichen wurde immer wieder ausgemachte Kopftuch-Kritiker*innen Die Jugendlichen wollten wissen, wie der eine als diffamierend empfundene Spra zu Wort, die aber als Islam-Expert*innen anwesende Journalist einen Menschen che angebracht. Sie kritisierten, dass es präsentiert würden. Konkret bezogen mit familiärer Migrationsge schichte de bei der Verwendung polemischer Begriffe sich die Jugendlichen aus Hannover zum finiere. Dieser antwortete: „Ich beziehe wie „Burkafrau“ oder „Schleierfrau“, die Beispiel auf Necla Kelek, Mina Ahadi mich auf die Herkunft.“ Die Jugendlichen es tatsächlich noch immer vereinzelnd in und Serap Çileli. Die Aussagen dieser zeigten sich sehr unzufrieden mit dieser Artikel deutscher Zeitungen schaffen, le Kritiker*innen würden distanzlos über Antwort. Ein Mensch, der in Deutsch diglich darum ginge, negative Emotionen nommen, da ihnen gewissermaßen qua land geboren wurde und dessen Eltern zu wecken. Anstatt Muslim*innen, die Herkunft aus der Community besondere eingewandert waren, ist aus ihrer Sicht ein Kopftuch tragen, als Individuen zu Glaubwürdigkeit zugesprochen werde. nen sollten. Eine Frage, die nicht im Kon kein/e Migrant*in. Dement sprechend betrachten, würde man sie mit Begriffen Aussagen, dass sich etwa „Ehrenmorde“ sens beantwortet werden konnte, wobei mit den „archaischen Stammesstrukturen“ Meinungsverschiedenheiten sowohl unter im Islam begründeten, empfanden die Ju den Jugendlichen als auch unter den an gendlichen als sehr pauschalisierend, mo wesenden Journalist*innen zu vernehmen nokausal und schlichtweg falsch. Ausge waren. hend von tragischen Einzelfällen – so ein Jugendlicher – werde behauptet, dass ein Ein weiterer Kritikpunkt, der sich prak solches frauenverachtendes Denken die tisch durch alle verschiedenen Workshops Regel unter muslimischen Migrant*innen zog, bestand in der verbreiteten Darstel sei. Zudem wunderten sich die Jugend lung des Islams als bedrohlich und ge lichen, dass bei Islamthemen oft sehr fährlich. Eine muslimische Teilnehmerin grundsätzliche Fragen aufgeworfen wür aus Stuttgart teilte mit, dass sogar sie als den. Muslimin wegen der rein negativen Be richterstattung mitunter Vorbehalte gegen In Berlin entbrannte eine ähnlich gela andere Muslime aufgrund reiner Äußer gerte Kontroverse. Konkret ging es um lichkeiten verspüren würde: „Selbst ich den Schriftsteller Akif Pirinçci, der mit erschrecke manchmal, wenn ich einen seinem polarisierenden und von Beob Mann mit einem langen Bart sehe.“ achtern als kulturrassistisch eingestuftem Buch „Deutschland von Sinnen“ extrem Im Hamburger Workshop wurde eine als erfolgreich war. Die Diskussion drehte „alarmistisch“ empfundene Berichterstat sich um die Frage, ob Medienschaffende tung thematisiert. Konkret ging es dabei derartigen Personen eine Plattform liefern unter anderem um Zeitungsartikel, die oder ihnen besser durch Ignoranz begeg über salafistische Erscheinungsformen an
22 Eindrücke aus den Workshops Abschließende Forderungen 23 einigen Schulen der Hansestadt berichte schung von Themen aus, die sie immer ten. Obwohl die Faktizität der Problemla wieder beobachteten. So würden vor al ge nicht beanstandet wurde, kritisierten lem deutsche Salafisten häufig in unsach die Jugendlichen, dass deren Ausmaß erst gemäßer Weise vermehrt mit der Terror gegen Ende der Artikel dargestellt wurde. organisation Islamischer Staat pauschal Damit würde den Leser*innen die Mög in Verbindung gebracht werden. Am Bei lichkeit erschwert, eine unvoreingenom spiel der Berichterstattung zu der Günther mene Einordnung der eigentlichen Prob Jauch-Sendung vom 28. September 2014 „Integration? Eigentlich sollte man lemlage vorzunehmen. Häufig flüchteten kritisierten, in diesem Fall die Frankfurter sich die Autoren der analysierten Artikel Jugendlichen, eine unlautere Assoziierung über Rassismus sprechen“ in allgemeine Formulierungen, gleichzei des eingeladenen Imams mit dem Islami tig wurde der Anschein erweckt, dass die schen Staat, obwohl er diesen mehrfach als salafistisch bezeichneten Personen ge und unmissverständlich in der Sendung waltbereit seien, was allerdings wohl nichtverurteilt hatte. Die Jugendlichen stellten den Tatsachen entsprach. die Frage, warum überhaupt ein Gast in eine Sendung eingeladen werde, wenn Einige der Jugendlichen wiesen darauf man seinen Aussagen sowieso nicht trau hin, dass sogenannte Salafisten keinesfalls en würde – eine sachliche Debatte sei immer gewaltbereit seien. Dennoch wür demnach von vornherein ausgeschlossen de genau dies in pauschalisierender Wei gewesen. Normalisierung erreichen soll und muss über alle gesellschaftlich- se in den meisten Medienberichten nahe Bei einer Normalisierung des Islambil relevanten Themen, vom islamisch be gelegt. Aus den vielschichtigen Diskussionen in des in den Medien soll es nicht darum gründeten Terror, über problematische den Workshops entstanden immer wieder gehen, den Islam zu hofieren oder zu Aussagen einzelner islamischer Predi In der Analyse von Medienbeiträgen zur Forderungen, die sich meist auf ganz kon einem besseren Ansehen zu verhelfen. ger bis hin zur Scharia-Polizei debattiert sogenannten Scharia-Polizei beschrieben krete Einzelbeispiele bezogen. In der Ge Gleichwohl fragten sich die Jugendlichen werden. Selbstzensuren oder die Angst die jungen Erwachsenen aus Stuttgart samtauswertung der Workshops ließ sich in den Workshops immer wieder, warum vor einem Damoklesschwert islamopho eine große Diskrepanz zwischen der tat aber erkennen, dass viele der spezifischen sich ausschließlich auf eine rein negati ber Prägung unter Medienschaffenden sächlichen Bedeutung der Gruppe und Einzelforderungen auf einer allgemeine ve Darstellung des Islam versteift werde. wären einer demokratischen Begegnung der medialen Wahrnehmung. Die Jugend ren Ebene zum Teil sehr ähnlich waren. Kritisch merkten sie an, dass der Islam, dieser Problematiken abträglich und wür lichen bezweifelten, dass die sogenannte Im Folgenden wurde daher der Versuch so wie er häufig von Medienschaffenden den islamkritischen Stimmen wohl nur Scharia-Polizei mit der Aktion erfolg unternommen, die Vielzahl an Kritik dargestellt wird, rein gar nichts mit ihrer zusätzlichen Zuwachs bescheren. Um reich gewesen sei, befürchteten aber, dass punkten, Appellen und Befindlichkeiten, eigenen Erfahrungswelt als muslimische gesellschaftlichen Polarisierungen entge durch die zahlreichen Medienberichte die von den jungen Erwachsenen in den wie nicht-muslimische junge Erwachse genzuwirken, sollte dennoch oder gerade Nachahmer angestachelt werden könn Diskussionen der Workshops beschrieben ne in Deutschland zu tun habe. In diesem deswegen verstärkt auch die Normalitäten ten. Auf die Teilnehmer*innen hätte die wurden, auf eine höhere Ebene zu heben Sinne soll „Normalisierung“ vor allem muslimischen Alltagslebens in Deutsch Aktion jedenfalls keinen Einfluss gehabt: und in grundsätzlichen Forderungen zu Aufforderung zur besseren Kontextua land in den Blick genommen werden. „Ich würde solchen Leuten sagen, dass das sammenzufassen. lisierung und zum Verzicht auf plumpe mein Leben ist und sich niemand einmi Pauschalisierungen verstanden werden. schen darf “, sagte ein Jugendlicher. Ein Um die Ausblendung real existierender Den Arbeitsalltag von anderer ergänzte: „Die Jugendlichen hö Konflikte oder kritikwürdiger Missstände Medienschaffenden ren doch nicht mal auf ihre eigenen Freun in Bezug auf Muslim*innen in Deutsch ernst nehmen de, warum sollten sie auf Fremde hören?“ land darf es dabei jedoch selbstverständ Trotz aller bisher vorgestellter und mehr Städteübergreifend sprachen sich die Ju lich nicht gehen. In der gebotenen kontex als berechtigter Kritik gehört zu einer gendlichen vehement gegen eine Vermi tuellen Einbettung und Differenziertheit redlichen Bewertung der Arbeitsweise
24 Abschließende Forderungen Abschließende Forderungen 25 von Medienschaffenden auch, sich die die Leser*innen auch gar nicht erst zum Einzelfälle noch immer verwehrt. Dabei dings unter ganz bestimmten Prämissen: spezifischen Herausforderungen und Nachdenken anregen zu wollen. Anstatt wären gerade Berichte aus dem muslimi Während „der Islam“ als rückständig, ir Möglichkeiten ihrer Tätigkeit zu verge also dem Lesenden die Möglichkeit zu schen Gemeindeleben von hoher Wich rational und kriegerisch dargestellt wird, genwärtigen. Fakt ist zunächst einmal, geben, sich eine eigene Meinung bilden tigkeit, die nicht auf eine reine – wenn habe „der Westen“ bereits eine höhere dass es eine der Grundanforderungen können, sind sie eher darauf bedacht, be auch gut gemeinte – Außendarstellung als universelle Norm angesehene Ent des Journalismus ist, die Komplexität stehende Urteile zu verfestigen und zu angewiesen sind, sondern die Stimmun wicklungsstufe und stehe für Vernunft, von Themen herunter zu brechen und in bestätigen. Es lohnt sich also sowohl für gen und Lebensrealitäten der Menschen Freiheit und Frieden. Nach dieser Logik ein leser*innen-freundliches und leicht Konsument*innen als auch für Medien einfangen können. ist es leidglich fraglich, ob „der Islam“ verständliches Format umzuformen. In schaffende, sich diese immanenten Um überhaupt fähig sei, dieselbe kultivierte diesem Prozess muss und soll es so stände ständig bewusst zu machen und sie Auch im privatrechtlichen Bereich sind und aufgeklärte Stufe, die das Christen gar zu Vereinfachungen kommen. Dies in die (selbst-)kritische Bewertung media muslimische Medienschaffenden kaum tum im Westen erklommen habe, jemals ist kein Phänomen, welches sich auf die ler Berichterstattung einzubeziehen. vertreten. Noch immer existieren Re erreichen könne. Muslim*innen werden spezifische Berichterstattung über den Is daktionen, in denen Menschen mit Mi also zum Teil ganz unbewusst an einem lam beschränkt. Gleichwohl bleibt es in Strukturelle Benachteiligung grationshintergrund, geschweige denn christlich-auf klärerischen Raster gemes der Verantwortung von Medienschaffen auf heben Muslim*innen, lediglich marginal oder sen, das rundherum positiv konnotiert ist den, sich der Wirkungen bewusst zu sein, Empfundene Ängste, gesellschaftlich ver überhaupt nicht vertreten sind. Lediglich und als normativer Richtschnur universel die unsachgemäße Pauschalisierungen mit ankerte Stereotype oder weithin geteilte zu den Themenbereichen „Migration“ le Gültigkeit zugesprochen wird. Dass es sich bringen – insbesondere dann, wenn „Wahrheiten“ sind ebenso wenig voraus und „Integration“ arbeiten überpropor sich dabei allerdings genauso um ein kon es um die Darstellung von Minderheiten setzungslos gegeben wie die thematischen tional viele Medienschaffende mit Mig struiertes Imaginär, wie bei „dem Islam“ geht. Auch der berüchtigte Zeitdruck, den Schwerpunkte, die in den öffentlichen rationshintergrund > Schneider/Fincke/ als sein Anderes handelt, wird schlechter die journalistische Arbeit ausmacht, be Diskursen verhandelt werden. Vielmehr Will 2013: S. 25. In Bezug zur Darstellung dings verschwiegen > zur Wahrnehmung freit nicht von dieser Verantwortung. entwickeln sie sich in spezifischen Macht islamspezifischer Berichte scheint dieser des Islam siehe „Orientalismus“ von E. strukturen und spiegeln damit bestimm Umstand alleine jedoch noch nicht viel Said; für den deutschen Kontext: Iman At- Neben einem enormen Zeit- und Aktu te Machtverhältnisse wider. In diesem auszusagen – lässt sich doch aus der Be tia. Wenn auch nicht notwendigerweise in alitätsdruck, der gründliche Recherche Sinne ist auch die Repräsentation von stimmung des Migrationshintergrundes der beschriebenen Schärfe sind derartige leistungen im täglichen Betrieb mitunter Muslim*innen in Deutschland ohne die oder der familiären Migrationsgeschichte kulturalisierende und essentialisierende unmöglich macht, sind „die Medien“ als Beachtung der strukturellen Kontexte kein Rückschluss auf die religiöse Identi Denkmuster gerade in der Begegnung Kollektiv auch dem Diktat der Verkaufs kaum zu begreifen. tät der Person ziehen. mit dem Islam noch immer stark verbrei zahlen ausgesetzt. Mittlerweile hat die tet. Daher scheint es nicht verwunderlich, abgegriffene Formel „only bad news are Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Unhinterfragte Sichtweisen dass auch viele Journalist*innen trotz ei good news“ auch die öffentlich recht sich noch einmal zu vergegenwärtigen, hinterfragen nes auf klärerischen Anspruchs, orientali lichen Sendeanstalten erreicht, was im dass Muslime meist lediglich Objekte der An der öffentlichen Wahrnehmung des sierende und eurozentrische Perspektiven Allgemeinen zu einer negativ-orientierten Berichterstattung sind und sich in ihrer Islam ist jedoch noch ein viel grundle reproduzieren > Schneider/Fincke/Will – bisweilen auch effekthascherischen und religiösen Identität nur in seltenen Fällen genderer Aspekt von Interesse, der zwar 2013: S. 10. skandalisierenden – Berichterstattung aktiv in die Meinungsbildung einbrin weit verbreitet – jedoch kaum thematisiert führen kann. Selbstverständlich scheint gen (können). Während Vertreter*innen wird. So fällt auf, dass die öffentliche Das Gebot ein realistischeres Bild des eine einseitige Medienschelte hier nicht anderer Religionsgemeinschaften in Bewertung des Islam sich meist in Form heterogenen muslimischen Lebens in angebracht. Viele Leser*innen scheinen Deutschland etwa feste Sitze in den Rund vermeintlicher Unterschiede zum „auf Deutschland zu zeichnen, scheint zudem vordergründig gar nicht so sehr an reinen funkräten einnehmen und sich somit be geklärten“ Westen äußert. In dieser Les aus reinem Selbstzweck sinnvoll zu sein, Informationen und Fakten interessiert, ratend in der Programmgestaltung sowie art wird „der“ Islam gewissermaßen als entspricht die verengende mediale Dar sondern erhoffen sich eine emotionale thematischen Schwerpunktsetzung ein „Gegenstück“ zum aufgeklärten Westen stellung der Muslim*innen auf „geschei Berührung oder kurzweilige Unterhal bringen können, bleibt den Muslim*innen konzipiert. Auch hier werden heterogene terte Integration“ doch immer weniger der tung durch ihren Medienkonsum. Beson dies mit dem Verweis auf die fehlende in Komplexitäten als vermeintlich starre und Wahrnehmung der Mehrheitsbevölkerung. ders Boulevard-Medien scheinen daher stitutionelle Anerkennung bis auf wenige homogene Einheiten präsentiert – aller Im Gegensatz zum medial konstruierten
26 Abschließende Forderungen Bild werden nämlich die persönlichen Erfahrungen und das soziale Miteinander von Muslimen und Nicht-Muslimen in stattung über den Islam in beiden Ländern von einer geringen Anzahl an Topoi domi niert wird. Unabhängig des spezifischen Glossar Deutschland allgemein als gut funktionie Inhalts der einzelnen Nachrichten fördere rend empfunden > Schneider/Fincke/Will die Verwendung dieser Topoi einen Wie 2013: S. 23. dererkennungseffekt, der zu einer intuiti ven Akzeptanz dieser Nachrichten führe Auf die Sprache achten > vgl. Wehrstein 2013: S. 286. Thematisch Das folgende Glossar soll einen Überblick über die Aspekte, Kri- Ausgrenzung, Abwertung und die (Re-) würde dabei die überwiegende Anzahl an tikpunkte und Forderungen der jungen Teilnehmer*innen aus den Produktion von Stereotypen fangen oft Topoi normativen Richtungsanweisungen bei der Sprache an. Obwohl das alles an anhängen und Losungen ausgeben, wie Workshops darstellen. dere als eine neue oder gar spezifische mit „dem“ Islam umzugehen sein müsse Erkenntnis ist, lohnt sich dennoch gerade > vgl. Wehrstein 2013: S. 281 – 286 . Obwohl selbstverständlich kein Anspruch auf Repräsentativi- auch in der Bewertung von Medienbeiträ gen zu Islam und Muslimen ein genauerer Zu einer ausgewogenen Auseinanderset tät oder gar Vollständigkeit erhoben werden kann, stellen die Blick auf die verwendete Sprache. Neben zung mit medial vermittelten Islambil ausgesuchten Textbeispiele jedoch keinesfalls lediglich beliebige der Verwendung bestimmter Wörter, die dern scheint daher ein kritischer Blick Einzelfälle dar. Vielmehr handelt es sich um wiederkehrende recht eindeutig eine emotionalisierende, auch auf der sprachlichen Ebene mehr als abgrenzende oder mitunter auch explizit angebracht zu sein – bilden wiederkehren Motive in der Berichterstattung über Islam und Muslim*innen in herabwürdigende Funktion erfüllen (sol de Topoi als argumentative Basis der ein Deutschland, die auch die Jugendlichen immer wieder und auf len), können aber durch Hervorhebung zelnen Beiträge sowie emotionalisierende unterschiedlichen Ebenen kritisierten. Auf Grundlage von un- oder das Weglassen bestimmter Eigen und stigmatisierende Sprache wichtige schaften richtungsweisende und zum Teil Bestandteile, die auch die gesellschaftli hinterfragten Deutungsmustern werden diese Motive oder Bilder problematische Assoziationsketten auf chen Islam-Diskurse fortwährend kons unter anderem durch die Verwendung von unbedachter Sprache gebaut werden. So können also Informa tituieren und eine diskursive Normalisie und unklaren Begrifflichkeiten verfestigt und reproduziert. tionen zu einem Text verdichtet werden, rung mitunter schwierig gestalten. der Bilder zeichnet, die unabhängig der In diesem Sinne möchte das Glossar zu einer neuen Diskussion formalen Richtigkeit der Fakten, eine be Vor diesem Hintergrund soll das folgen einladen – eine Diskussion über die Bilder hinter den verbreiteten stimmte Interpretation der beschriebenen de Glossar einen Beitrag leisten, einige Islambildern. Ereignisse nahelegen oder gar aufdrän der kontroversen sprachlichen wie bild gen. Bei einer kritischen Bewertung von lichen Darstellungsformen exemplarisch Medientexten kommt es daher häufig auf zusammenzutragen. Gleichzeitig sollen Dabei soll es also nicht einfach darum gehen, Begrifflichkeiten die Botschaften an, die zwar nicht explizit die ausgewählten Beispiele zur Schaffung zu erklären oder inhaltliche Fehler aufzudecken. Vielmehr soll gemacht werden, aber dennoch „zwischen eines Problembewusstseins, zur Sensibili den Zeilen“ gesendet werden. sierung darauf und zur möglichst breiten das Glossar Fragen aufwerfen, Anregungen geben und sensibili- Diskussion darüber anregen – eine Dis sieren in Bezug auf die verwendeten sprachlichen und bildlichen Zur Wirkungsweise und -macht impliziter kussion über dominante und persistente Darstellungsformen sowie auf die kaum hinterfragten, aber stän- Argumentationsmuster hat sich auf wis Begriff lichkeiten und Sichtweisen, deren senschaftlicher Ebene insbesondere Da vermeintliche Eindeutigkeit bei genauerer dig wiederkehrenden Deutungsmuster. niela Wehrstein hervorgetan > Wehrstein Betrachtung zunehmend zweifelhaft er 2013. In ihrer Dissertation untersucht sie scheint … Denn es scheint, dass eine derartige Sensibilisierung nichts weni- deutsche und französische Pressetexte zum Thema Islam und kommt, stark ver ger als die Voraussetzung für eine redliche und (selbst-)kritische kürzt, zu dem Schluss, dass die Berichter Debatte ist…
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