WENN DER BAGGER DEN SCHÄDLING ERSETZEN MUSS

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WENN DER BAGGER DEN SCHÄDLING ERSETZEN MUSS
UMWELT

               WENN DER BAGGER DEN
               SCHÄDLING ERSETZEN MUSS
               Die Bekämpfung von invasiven Neophyten wie Goldrute oder Japanischem
               Stauden­knöterich gehört bei grösseren Landschaftsbauprojekten längst
               ­dazu. Was dabei zu beachten ist und wie man die Kosten im Rahmen hält.
               Text und Fotos: Alexandra von Ascheraden

                                                                                                        Fall dazu führen, dass wertvoller Boden als
                                                                                                        Abfall behandelt werden muss. Nur durch
                                                                                                        sorgfältigen Umgang ist zu verhindern, dass
                                                                                                        noch mehr Abfall entsteht, etwa weil durch
                                                                                                        unsachgemässes Vorgehen weiterer Boden
                                                                                                        biologisch verseucht wird», sagte Sascha
                                                                                                        Gregori von der Gregeco GmbH an der Wei-
                                                                                                        terbildungsveranstaltung «Umgang mit in-
                                                                                                        vasiven Problempflanzen auf Baustellen und
                                                                                                        Deponien» der Sanu AG in Lenzburg, in
                                                                                                        deren Rahmen auch die eingangs erwähnte
                                                                                                        Begehung der Kiesgrube stattfand. Gregori
                                                                                                        führt unter anderem Aufträge für das Amt
                                                                                                        für Natur und Umwelt Graubünden und das
                                                                                                        Bundesamt für Umwelt (Bafu) im Bereich
                                                                                                        Neobiotamanagement aus.
                                                                                                           Bekämpfung invasiver Neophyten hat
                                                                                                        nur mit guter Planung und konsequentem
                                                                                                        Vorgehen Aussicht auf Erfolg. Dazu gehört,
                                                                                                        vor Baubeginn die Bestände invasiver Neo-
                                                                                                        phyten zu erheben und zu kartieren. Nur so
                                                                                                        können der Umfang der Arbeiten und die
         Orange leuchten die Rhizome des Knöterichs aus dem Boden. Da sie auch nach Jahren noch neu
         austreiben können, müssen sie per Hand aus dem Aushub entfernt werden.                         anfallenden Aushubmengen realistisch ab-
                                                                                                        geschätzt werden. Da von Pflanzen wie dem
                                                                                                        Japanischen Staudenknöterich oder der Ka-
                                                                                                        nadischen Goldrute im Winter oberirdisch
         Ortsbegehung in einer Kiesgrube in der Nä-       Standort vor Ort bleiben. Sehr wichtig und    nichts zu sehen ist, sollten die biologisch be-
         he von Lenzburg. Der Essigbaum Rhus typhi-       nötig sind Nachkontrollen.                    lasteten Standorte auch vor Ort mit Boden-
         na hat dort unter einer Hochspannungslei-          Damit ist der Essigbaum einer der harm-     markierungen oder Pfählen gekennzeichnet
         tung einen dichten Bestand gebildet, da hier     loseren invasiven Neophyten. Gehandelt        werden. Sonst findet eine Verschleppung
         die Bäume aus Sicherheitsgründen regel-          werden darf er sowieso seit mehr als einem    womöglich durch schlichte Unachtsamkeit
         mässig zurückgeschnitten werden müssen.          Jahrzehnt nicht mehr. Noch immer findet       oder Unwissenheit statt.
         Das rächt sich mit Wurzelbrut. «Essigbäu-        man ihn in Privatgärten, wo man ihn einst        Biologisch belastetes Material muss stets
         me wird man bekanntlich nur dauerhaft            wegen seiner prächtigen Herbstfärbung         gedeckt transportiert werden. Durch konse-
         los, wenn man die Wurzeln ausgräbt. Wir          pflanzte, oder verwildert auch auf Flächen,   quente Reinigung der Fahr- und Werkzeuge
         roden im Bedarfsfall nicht zu tief, damit        um die sich niemand kümmert.                  ist sicher zu stellen, dass keine belastete
         der Baggerführer die Stümpfe noch sieht.           Deutlich höher ist der Arbeitsaufwand       Erde, etwa aus den Reifenprofilen oder den
         Dann baggern wir den Wurzelballen aus.           auf Flächen, die mit dem Japanischen Stau-    Sohlen der Arbeiter, in unbelastete Regio-
         Die Wurzeln im Aushub müssen dann per            denknöterich Reynoutria japonica durchsetzt   nen gelangt.
         Hand herausgelesen werden», erzählt Doris        sind. Dieser arbeitet sich gern entlang von      Der Aufwand kann je nach Pflanzenart
         Hösli, Projektleiterin in der Abteilung Natur    Bachbetten oder Bahntrassen und von dort      beträchtlich sein. Durch gute Planung kann
         und Boden beim Fachverband der Schweize-         auch in Gärten vor und bildet dort mehrere    man ihn aber im Rahmen halten. So genügt
         rischen Kies- und Betonindustrie.                Meter tief reichende Wurzelgeflechte, deren   es fast immer, einen einzigen Bagger im
            Nur die Wurzeln müssen in die Kehricht-       Rhizome auch nach Jahren noch austreiben      biologisch belasteten Bereich einzusetzen.
         verbrennung. Das restliche gerodete Ma-          können.                                       Wenn die Fahrzeuge, die den Abtransport
         terial darf in die Grüngutabfuhr. Sind die         «Invasive Neophyten, allen voran der        erledigen, auf dem versiegelten Trasse rück-
         Wurzeln beseitigt, kann der Boden je nach        Staudenknöterich, können im schlimmsten       wärts heranfahren und umsichtig hantiert

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WENN DER BAGGER DEN SCHÄDLING ERSETZEN MUSS
Invasive Neophyten
 Gebietsfremde Pflanzenarten (Neophyten) sind der Defi-
 nition nach Pflanzenarten, die seit 1492 (mit der Entde-
 ckung Amerikas durch Kolumbus) gezielt oder zufällig in
 Gebiete eingeführt wurden, in denen sie natürlicherweise
 nicht vorkommen. Dabei werden die Arten über Meere oder
 Gebirgszüge transportiert, die sie ohne menschliches Zutun
 nie hätten überwinden können. Der Grossteil der Neophyten
 stellt keine Gefahr für die heimische Flora dar. Kartoffeln,
 Tomaten und zahlreiche Zierpflanzen sind eine Bereicherung,
 die niemand missen möchte.
    Von der etwa 600 Neophyten, die bei uns im Freiland
 vorkommen, werden nur 58 zu invasiven oder potenziell
 invasiven Neophyten gezählt, weil sie Lebensräume domi-
 nieren und zur Gefahr für die Vielfalt in der Natur werden.
    Es gibt auch einheimische Pflanzen, die lokal massiv auftre-
 ten können und vor allem in der Landwirtschaft unerwünscht
 sind, etwa Ackerkratzdistel Cirsium arvense, Jakobs Greiskraut
 Jacobaea vulgaris oder Raukenblättriges Kreuzkraut Jacobaea                 Sascha Gregori demonstriert, warum er grössere Bestände meist in
 erucifolia.                                                                 Pressmulden entsorgt. Durch die viele Luft in den Stängeln lässt sich
                                                                             das Volumen leicht reduzieren.

wird, erspart das sehr viel Reinigungsauf-          Fällt Aushub an, der abtransportiert wer-     zu finden. «Der aufwändige Prozess lohnt
wand. Nach Abschluss der Arbeiten muss           den muss, wird es aufwändiger. Dann muss         sich, denn so wird der organische Gehalt
lediglich der Bagger vorschriftsmässig ge-       erst eine Deponie gefunden werden, die ihn       deutlich verringert und das Material kann
säubert werden.                                  annimmt. Im gesamten Kanton Zürich gibt          auf der Deponie in den geforderten zehn
                                                 es beispielsweise nur drei Deponien, die mit     Jahren Ablagerung inaktiviert werden», so
Nur vor Ort wiederverwenden                      Knöterich belastete Erde annehmen können.        Geobotaniker Gregori weiter.
Bei den invasiven nicht-einheimischen            Knöterichaushub muss umgehend von allen             Er berichtet: «Wichtig ist, dass der Bag-
Goldrutenarten Solidago canadensis oder          Seiten fünf Meter hoch überdeckt werden,         ger eine Schaufel ohne Zähne hat. Nur so
Solidago gigantea oder beim Springkraut          damit die Rhizome keine Chance haben.            erhält man einen schönen Aufschluss und
Impatiens balfourii ist nach Gregoris Erfah-     Doris Hösli erläutert: «Die Schwierigkeit        kann sehen, ob sich im Boden immer noch
rung durch Entfernen des Grünguts und            ist, dass die Deponie unten anfahrbar sein       Rhizomteile befinden. Es wird so lange ge-
der obersten, mit Samen versetzten Boden-        sollte. Wenn das Material von oben in die        graben, bis keine Rhizome mehr festgestellt
schicht bereits der Grossteil geschafft. Um      Grube gekippt wird, kann die fachgerechte        werden können.» Dann wird zur Sicherheit
grosse Altbestände des Japanischen Stauden-      Abdeckung nicht gesichert werden.»               noch eine weitere Schicht abgetragen.
knöterichs dauerhaft auszurotten, muss der          Am besten habe sich bewährt, zu roden
Boden meist mehrere Meter tief abgetragen        und dann die Strünke mit dem Bagger abzu-        Waldstücke jäten
werden, da die Wurzeln bei Altbeständen          ziehen oder mit dem Pickel zu lösen. Dann        Sascha Gregori, der häufig mit Zivildienst-
bis zu drei Metern in den Boden reichen          könne der Boden schichtweise mit dem Bag-        leistenden arbeitet, lässt diese auch re-
können. Aus jedem Stück Rhizom, das ver-         ger abgetragen werden. Die grösseren Stü-        gelmässig ganze Naturschutzgebiete von
sehentlich in der Erde verbleibt, kann eine      cke bis zur Grösse eines Fünffrankenstücks       Knöterich «jäten». Er beschreibt die dabei
neue Pflanze austreiben. Sorgfältiges Arbei-     müssten händisch herausgelesen werden.           verwendete Technik, die seine Zivis unterei-
ten ist also Pflicht.                            «Bei einem dichten Bestand ist das nicht         nander trocken den «Rhizomtanz» nennen:
  Bei kleineren Arbeiten, bei denen der Aus-     zu machen und diese haben sowieso kaum           «Am besten umarmt man die Pflanze, drückt
hub vor Ort wieder verarbeitet wird, darf        noch Boden zwischen den Rhizomen. Da             sie an den Körper und schwankt mit ihr so
der biologisch belastete Boden wieder einge-     liefern wir die oberen 20 Zentimeter Bo-         lange von einem Bein aufs andere hin und
bracht werden. Konsequente Kontrollen und        den direkt in die Kehrichtverbrennung»,          her, bis ihr Strunk sich vom Boden löst.»
Bekämpfungsmassnahmen in den folgen-             räumt Gregori ein. Die Rhizome leuchten          Das Grüngut lagern die Zivis in Pressmul-
den Jahren verstehen sich dann von selbst.       orange aus dem Boden und sind daher gut          den zwischen. Gregori: «Die Stängel sind ja

                                                                                                                                         14/2020   29
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Oben: Samuel Bachmann zeigt das heimische Jakobs-Greiskraut. Die in
 den Greiskrautarten enthaltenen Giftstoffe werden nicht ausgeschieden und
 sammeln sich im Körper. Rechts: Doris Hösli zeigt den dichten Essigbaumbestand
 unter einer Hochspannungsleitung. Hier hilft nur Ausgraben der Wurzeln.

 hohl. Auf diese Weise hält sich das Volumen       Körper über Jahre ansammeln. Sie können        Links
 in Grenzen.»                                      sich dort über geraume Zeit bis zur tödli-
                                                                                                   Bekämpfungsmerkblätter für die elf ­häufigsten
    Bei regelmässigen Durchgängen sei nach         chen Dosis anreichern, weil die Leber sie
                                                                                                   invasiven Neophyten mit Empfehlungen
 drei Jahren die Biomasse um neunzig Prozent       nicht abbaut. Daher hat es etwa auf Vieh-       zu geeigneten Vernichtungsmethoden wie
 reduziert. Gregori findet: «Das ist ein zufrie-   weiden und Mähwiesen nichts verloren.           ­Kompostieren, Vergären oder Verbrennen:
 denstellendes Gleichgewicht. Der Mensch           Auch über Honig gelangen die Giftstoffe          www.agin.ch
 muss einfach die Rolle des Schädlings über-       zum Menschen.                                    Schweizerischer Verband der
                                                                                                    Neobiota-Fachleute:
 nehmen, der in der Schweiz, anders als in            «Beim Greiskraut ging die invasive Aus-
                                                                                                    www.neobiota.ch
 Japan, fehlt. Regelmässige Nachkontrollen         breitung extrem schnell. Im Kanton Bern          Broschüren zu invasiven Neophyten:
 bleiben auch danach unerlässlich.»                betreuen wir eine Kiesgrube, in der sich das     www.neophyten-schweiz.ch
    Im Vergleich dazu ist seine Methode zum        aus Südafrika stammende Schmalblättrige          Merkblatt «Umgang mit biologisch belastetem
 Entfernen von Schmetterlingsflieder fast          Greiskraut festgesetzt hat. Vor etwa fünf        Bodenaushub»
                                                                                                    www.jardinsuisse.ch
 mühelos. Im Garten genügt es meist, sie           Jahren hatte man dort Erde eines Autobahn-
 zwei bis dreimal pro Jahr tief abzuschneiden.     mittelstreifens mit einer Monokultur Greis-
 Wenn ausgestockt werden muss, empfiehlt           kraut aus purem Unwissen schön oben über
 er eine starke Rundschlinge. «Seil oder Kette     die Deponie verteilt. Seitdem haben wir dort
 reissen den Busch meist nur ab.»                  einen Dauerauftrag», erzählt Bachmann.
    Und falls die Kunden unbedingt Schmet-
 terlingsflieder pflanzen wollen, invasiv hin
 oder her? «Ich sage den Leuten immer, das
 sei Schmetterlingsmord. Natürlich kommen           Umgang mit biologisch belastetem Material
 die Schmetterlinge Nektar an der Pflan-
                                                    Im Zentrum stehen das Erkennen von Belastung und die korrekte Durchführung der Arbeit:
 ze holen und das finden die Leute schön.
                                                    –– Biologisch belasteter Aushub muss am Entnahmeort verwertet werden (zurück in die
 Wenn die Schmetterlinge dann aber ihre
                                                       Baugrube) oder derart entsorgt, dass eine weitere Ausbreitung ausgeschlossen ist. Vor
 Eier dort ablegen, verhungern die Raupen,
                                                       Baubeginn hat daher jeweils eine Ortsbegehung mit einer Fachperson zu erfolgen. Zudem
 weil sie die Pflanze nicht fressen können.»
                                                       sollte der Standort im Web-GIS des Kantons auf Neophytenbelastung geprüft werden.
    Übrigens sind es nicht immer nur invasive
                                                    –– Biologisch belastetes Material darf weder verteilt noch mit unbelastetem Aushub
 Neophyten, die Sorgen bereiten und, etwa
                                                       vermischt werden. Das funktioniert nur, wenn alle Arbeiter informiert sind und der
 in den Kiesgruben, bekämpft werden. Das
                                                       belastete Aushubperimeter deutlich markiert ist.
 Jakobs-Greiskraut (Jacobaea vulgaris), das         –– Maschinen und Fahrzeuge müssen jeweils gereinigt werden, bevor sie auf unbelastete
 Landschaftsgärtner Samuel Bachmann bei                Perimeter verschoben werden.
 der Begehung zeigt, wäre an sich heimisch.         –– Pflanzenmaterial invasiver Neophyten sollte nicht zwischengelagert und muss abge-
 Es bildet aber gern grosse Bestände und muss          deckt transportiert werden, um eine Weiterverbreitung auszuschliessen. Die korrekte
 dann bekämpft werden. Die Gefahr liegt                Entsorgung der verschiedenen Pflanzenarten kann man bei Cercle Exotique nachlesen.
 darin, dass sich die Giftstoffe des Krauts im

30   14/2020
WENN DER BAGGER DEN SCHÄDLING ERSETZEN MUSS
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