Wenn nicht jetzt, wann dann?! - Analyse & Konzepte
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58 DIGITALES & ENERGIE I IT-ARCHITEKTUR Wenn nicht jetzt, wann dann?! D ie Corona-Pandemie, so lautet der Digitalisierungsinitiativen waren und fizierte man analoge Prozesse wie etwa der aktuelle Markttenor, sei der Treiber sind 2020 überwiegend geprägt von allem, Vermietung und Kündigung (360°-Rund- der digitalen Transformation in Im- was Arbeitsfähigkeit erhält und gleichzei- gänge, Aufnahme von Daten und Doku- mobilienunternehmen schlechthin. So tig Social Distancing ermöglicht. Mit Be- menten, Protokollierung, Unterschrift). zwinge sie Unternehmen, sich verstärkt ginn des Lockdowns lag der Schwerpunkt mit der Digitalisierung auseinanderzu- darauf, räumlich verteilt arbeitende Teams setzen. Auch von Unternehmensvertre- mit Kommunikationsmedien auszustat- Das Infragestellen von tern ist zu hören, dass die Digitalisierung ten, um weiterhin produktiv zusammen- Prozessen und IT-Anwen- einen Schub durch Corona erfahren habe. zuarbeiten. Im Homeoffice wurde deut- IT-Systemhäuser im Umfeld der Immobi- lich, dass zunächst die Voraussetzungen dungen steht bei den lienwirtschaft haben gut zu tun, und auch zum ortsunabhängigen Arbeiten geschaf- Digitalisierungsbemü- PropTechs berichten über einen Zuwachs fen werden mussten. Tools und Technolo- an Anfragen. Trotzdem stellt sich die Fra- gien wie Zoom und Teams gewannen an hungen kaum im Fokus ge, ob die beschleunigte Entwicklung auf Relevanz und ermöglichten ortsungebun- einen grundsätzlichen Musterwechsel in denes Arbeiten. Vor dem Hintergrund digitaler Ver- den Unternehmen oder maßgeblich auf Schnell wurde deutlich, wo in der netzung erlangte auch das Thema Daten- veränderte Rahmenbedingungen und Prozesslandschaft blinde digitale Flecken schutz durch Covid-19 zusätzlich Auf- fehlende Mitarbeiterpräsenz vor Ort zu- existieren, die eine nahtlose digitale und merksamkeit. Die Gewährleistung von rückzuführen ist. Ein Blick auf das, was mobile Prozessunterstützung der Remo- Datenschutz beim ortsungebundenen digitalisiert wird, gibt Aufschluss. te-Arbeit behindern. Folgerichtig elektri- Arbeiten ist fester Bestandteil der Aufga- HARD- UND SOFTWARELANDSCHAFT Wichtige Trends in der IT-Architektur Die Herausforderungen an ein INTERNET DER DINGE DATENZENTRIERTHEIT übergeordnetes IT-Architektur- Die digitale Präsenz physischer Assets und Grundsätzlich lässt sich ein Perspektivwechsel beobachten: konzept werden steigen. Es ist damit Digital Twin und IoT-Anwendungen sind weg von Applikationen und Funktionalitäten für verschie- zu vermuten, dass die Zahl der weiter auf dem Vormarsch. In der Immobi- dene Nutzer hin zu einer datenzentrierten Perspektive. Datenquellen und Datentypen lienwirtschaft werden Sensoren und Smart Das kontinuierliche Herstellen von Transparenz hinsichtlich weiter wachsen wird. Zudem sind Meter nicht mehr nur bei Modernisierung und Daten, Datenströme, Daten erzeugender/ändernder und gegenseitige Abhängigkeiten Neubau berücksichtigt, sondern auch im Be- nutzender Prozesse ist dabei eine zentrale Management und Unterstützung von Services, stand nachgerüstet. Die Herausforderung wird aufgabe. Sie schafft die Grundlagen für die Implemen- Versionierung und Kompatibilität, zukünftig darin bestehen, Sensoren und Smart tierung von KI, Machine Learning und Automatisierung, Protokollierung, Überwachung und Meter in das Internet of Things zu integrieren, denen kurz- und mittelfristig eine wachsende Bedeutung Debugging zu organisieren. die entstehenden Daten zu Informationen zugesprochen wird. Investitionen in Qualität und Sicherheit und zum Digital Twin zu formen und etwa für von Daten wurden durch die Umsetzung der DSGVO opera- die Steuerung vorausschauender Wartung zu tiv beschleunigt und richten sich jetzt auf alle Daten nicht nutzen. mehr nur als Ressource, sondern als kritisches Unterneh- mensgut und Vermögenswert.
www.haufe.de/immobilien 11.2020 59 Auch die Corona-Pandemie schiebt die Digitalisierung an. Doch hinter vielen Maßnahmen stecken bloß Anpassungsprozesse an aktuelle Regulierungen. Die auf Zukunft ausgerichtete Digitalisierungsstrategie bleibt eher die Ausnahme. Leider! benstellungen in Projekten. Nicht zuletzt Arbeitsfähigkeit und das störungsfreie Durch den Lockdown sind die ge- war die befristete Absenkung der Umsatz- Laufen der Prozesse im Vordergrund. planten Strategie- und IT-Projekte weit- steuer umzusetzen. Das grundlegende Infragestellen von gehend zum Erliegen gekommen oder Ebenfalls getrieben durch gesetzliche Prozessen und IT-Anwendungen steht wurden zeitlich und finanziell neu geord- Vorgaben wurden etwa Lösungen für das bei den dargestellten Digitalisierungsbe- net. Digitale Technologien und Arbeits- Empfangen und Versenden von Rech- mühungen weniger im Fokus. Ein Effekt methoden, die bislang überwiegend die nungen nun um die Formate XRechnung dabei ist, dass die Technologien nur in we- Geschäftsmodelle überregional tätiger und ZUGFeRD erweitert. Weitere Schritte nigen Fällen ihre volle Wirkung entfalten Unternehmen ermöglichten, sind zum hin zur Digitalisierung von Gesamtpro- können: Standard geworden. Die Implementie- zessen wie Purchase-to-Pay durch E-Kata- › Datenmanagement Fragen der Da- rung und der Rollout wurden häufig vor loge, E-Bestellungen und E-Lieferscheine tenqualität und Objektivität sowie der der Reife der IT-Strategie und der Or- sind im Immobilienbereich seltener anzu- Möglichkeit zur Herstellung/Gewähr- ganisation für diese Schritte ermöglicht treffen. Auch Umsetzungen einer fortge- leistung selbiger werden oft nachgelagert und sind unter Hochdruck und selten schrittenen oder gar qualifizierten elektro- bei der Einführung neuer Tools gestellt. unter optimalen Bedingungen erfolgt. nischen Signatur (QES) sind gegenwärtig › P fadabhängigkeit Prozesse werden Doch nun stehen Unternehmen vor der die Ausnahme. Die Beispiele zeigen, dass weiterentwickelt und nicht im Grund- Herausforderung, die neue Normalität der Digitalisierungsschub in großen Tei- satz hinterfragt. Dies ist bei vielen be- vorzudenken. len auf einem Anpassungsprozess an sich reits IT-unterstützten Prozessen zu Strategische Überlegungen zur digi- verändernde Rahmenbedingungen be- beobachten (Unumkehrbarkeit der In- talen Souveränität, der Resilienz und Si- ruht. Dabei stehen die Sicherstellung der vestitionen). cherheit rücken jetzt in den Fokus. Viele Projekte werden nun wieder angestoßen und Investitionen in bestehende Systeme getätigt. Unklar ist, ob diese Systeme den veränderten Anforderungen der Zukunft Genüge tun und Investitionen damit nachhaltig sind. Es braucht die Gesamt- perspektive, um die IT-Systeme und -Infra- strukturen richtig auf CLOUDBASIERTE SYSTEME HYBRIDE STRUKTUREN die Zukunft auszurichten Der Trend zu zukunftsfähigen, skalierbaren Vieles spricht dafür, dass Unterneh- und effizienten Multi-Cloud-Lösungen ist men auf Mischstrukturen setzen ungebrochen. Cloud-Technologien helfen werden, die optimale Lösungen für Die kritische Reflexion des bisher Daten zu analysieren, anwendungs- und spezifische Anwendungsszenarien Erreichten, die Auseinandersetzung mit unternehmensübergreifend zu kommunizie- kombinieren. IT-Infrastrukturen in ren und zusammenzuarbeiten. Edge- oder Unternehmen werden dann sowohl den Möglichkeiten und Anforderungen Fog-Computing ergänzen diese Lösungen und gekapselte Softwarekomponenten, entscheiden darüber, ob sich Technolo- bringen die Intelligenz näher an den Ort der die eine klar definierte Geschäfts- gien und Arbeitsmethoden vom Mittel Entstehung. Die Funktionen rücken dorthin, fähigkeit abbilden, als auch in sich zur Aufrechterhaltung hin zur nachhal- wo sie benötigt werden: an den Sensor, das geschlossene, proprietäre Anwen- tigen Unterstützung des Geschäftsbetriebs Asset oder die Anlage. dungen miteinander verbinden. entwickeln lassen. Das Big Picture zu be- trachten hilft, die IT-Systeme und -Infra- strukturen auf zukünftige Anforderungen auszurichten. »
60 DIGITALES & ENERGIE I IT-ARCHITEKTUR MEGATREND Nachhaltigkeit EU Green Deal und Smart Meter Optionen für Immobilienunterneh- rund um das Gebäude (Smart jüngst auf den Weg gebrachten EU Rollout: Nachhaltigkeit ist nicht men beinhalten. Beispielsweise Building). Green Deal lassen sich zusätzliche nur in der Gesellschaft, sondern werden mit dem Smart Meter Anforderungen vermuten. auch in der Politik und damit auch Rollout und der Installation eines Für Immobilienunternehmen in der Wohnungs- und Immo- Smart Meter Gateways als digitale bedeutet dies die Integration zu- Die Diskussion um Smart-City- bilienwirtschaft angekommen. Kommunikationsschnittstelle im sätzlicher Daten(-arten) und neue Konzepte zeigt, dass bei Immobi- Gleichgültig ob Nachhaltigkeits- Gebäude erste Voraussetzungen Anforderungen an Erfassung und lienunternehmen – und insbeson- standards, Energieeffizienzklassen für den digitalen Messstellen Auswertbarkeit, um beispielsweise dere Wohnungsunternehmen – die oder ESG-Kriterien: Das Thema betrieb geschaffen. Auf Basis die- CO2-Bilanzen, aktives Energie Themen Nachhaltigkeit, Energie Nachhaltigkeit ist vom Kon- ser Technologie lässt sich zukünftig management, vorausschauende und E-Mobilität konvergieren. Es sumtrend zum Wirtschaftsfaktor die Vernetzung von nahezu allen Wartung, Anlagenmanagement geht etwa um die Vernetzung der geworden. In Kombination mit der physischen Vermögensgegenstän- oder Energiereporting umzusetzen. Nachbarschaften, digitale Zwillinge Digitalisierung ergeben sich neue den im und außerhalb der Gebäu- Daneben wurden die regula- und Ladesäuleninfrastruktur für Möglichkeiten. de in einem System integrieren torischen Voraussetzungen für Elektromobilität: Die IT-System- (digitale Zwillinge). Damit ist die die CO2-Bepreisung geschaffen, landschaft der Unternehmen wird Die digitale Energiewende wurde Digitalisierung der Energiewende die ebenfalls neue CO2-/ener- perspektivisch die Vorausset- durch eine Reihe von Gesetzen ein wesentlicher Treiber von IoT- gierelevante Reportingstandards zungen dafür und für vieles mehr gestärkt, die Anforderungen und Anwendungen (Internet of Things) hervorbringen wird. Durch den schaffen müssen. Interdependenz: Einfluss von Nachhaltigkeit auf Datenpunkte im IoT-Netzwerk Quelle: Analyse & Konzepte immo.consult/MD
www.haufe.de/immobilien 11.2020 61 Unstrittig ist, dass die Pandemie lang- Zeiten von Covid-19 wahrnehmbaren Di- AUTOREN fristige Auswirkungen auf die Arbeitswelt gitalisierungsinitiativen sind allein durch haben wird. Doch auch andere Heraus- Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit Michael Deeg forderungen und Trends bestehen weiter- und der prozessualen Unterstützung des ist Geschäfts- führer bei dem hin (siehe links Kasten Nachhaltigkeit). mobilen Arbeitens gekennzeichnet. Ein Hamburger Wenn Unternehmen jetzt ihre Strategien grundsätzlicher Musterwechsel im Sinne Beratungshaus auf eine neue Normalität ausrichten, kön- sich verändernder digitaler Zielbilder ist Analyse & nen sie die Herausforderung als Chance weniger zu beobachten. Positiv ist den- Konzepte immo. nutzen. Gesellschaftliche Megatrends noch, dass die aktuelle Situation zur Be- consult GmbH. können hierfür wichtige Hinweise geben. seitigung digitaler blinder Flecken beiträgt Maren Kluge Megatrends bedeuten auch für Im- und die digitale Durchdringung bestehen- ist Senior mobilienunternehmen geänderte Rah- der Prozesse stärkt. Denn das steigert auch Consultant bei der econosoft menbedingungen. Im Ergebnis kann dies die Hoffnung, dass die Digitalisierungs- Unternehmens- angepasste Strategien, Geschäftsfelder initiativen 2021 nicht bloß von Corona beratung GmbH und -modelle, Produkte und Dienstleis veranlasst sein werden. « in Grafschaft- tungen, Prozesse und Strukturen sowie Vettelhoven. neue Technologien bedeuten. Viele der in Michael Deeg und Maren Kluge
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