Werkstattbericht zur räumlich-baulichen Entwicklung der Campi der Universität Innsbruck

 
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Werkstattbericht zur räumlich-baulichen Entwicklung der Campi der Universität Innsbruck
Zeitschrift für Hochschulentwicklung               ZFHE Jg.7 / Nr.1 (Januar 2012)

Arnold KLOTZ1 (Innsbruck)

Werkstattbericht zur räumlich-baulichen
Entwicklung der Campi der Universität
Innsbruck

Zusammenfassung

Im Rahmen des Werkstattberichtes sind einige universitätsrelevante Aspekte
herausgearbeitet, die eine Generalisierung auf Planung und Entwicklung von
Hochschulstandorten zulassen. So kann einleitend festgehalten werden, dass in
Innsbruck mit der Ausformung von vier Universitätscampus eine Begriffswelt
geschaffen wurde, die sowohl intern als auch extern zum allgemeinen
Sprachgebrauch wurde. Konkreteres Ziel der Entwicklung von Campi ist die
räumliche Konzentration von universitären Einrichtungen sowie deren
gestalterische und funktionale Verknüpfung untereinander. Ein vielfältiges Angebot
außeruniversitärer Einrichtungen wie Räume für Ausstellungen, Galerien, Cafés
und Geschäfte sollten zur Belebung des Campus beitragen, so dass verstärkt
durch eine gestalterische und strukturelle Ausrichtung eine Verknüpfung mit dem
urbanen Stadtraum möglich ist. In diesem Sinne sind „Masterpläne“ für universitäre
Campi als langfristige Entwicklungsstrategie ein sinnvolles Instrument.

Schlüsselwörter:
Bibliotheken, Lernzentren, Masterplan, Architekturwettbewerbe,
Entwicklungsstrategien

Progress report on spatial and structural development at the
campus of the University of Innsbruck, Austria

Abstract

Within the framework of the report, some university-relevant aspects are identified,
which in turn allow for a generalisation of the planning and development of
university institutions. Thereby, it can be preliminarily asserted that the
implementation of four university campuses in Innsbruck has generated a common
terminology which has served for both internal and external communciation. One
definite objective of campus development is the spatial concentration of university
facilities, as well as their structural and functional links to each other. A broad
range of non-university facilities, such as exhibition rooms, galleries, coffee
houses, and shops, should help enliven the campus. Subsequently, this should
enable an increased integration into the urban space through a creative, structural
orientation. In this regard, “master plans” for university campuses are a practical
instrument as a long-term strategy for development.

1
    E-Mail: arnold.klotz@uibk.ac.at

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Keywords
libraries, centres of learning, master plan, architectural competitions, development
strategies

1        Vorbemerkungen
Lehr- und Lernräume, Bauten und Campusplanung sind Schlagworte und Begriffe,
die im Hinblick auf die sich ständig ändernden Anforderungs- und Nutzungsprofile
einer Universität laufend Thema sind. In der internationalen Diskussion2, wonach
speziell die Universitätsbibliotheken als „Warenhäuser des Wissens“ angesehen
werden, wird auch auf die Verflechtung zum öffentlichen Stadtraum besonderer
Wert gelegt. Das Rolex Lernzentrum (Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa) in
Lausanne oder das im Bau befindliche Lernzentrum am derzeit entstehenden Cam-
pus der Wirtschaftsuniversität Wien (Zaha Hadid) zeigen einen neuen Zugang zur
vorhin genannten Thematik. Nachdem im Oktober 2007 ein neues Vizerektorat für
Infrastruktur eingerichtet wurde, erscheint es sinnvoll und möglich, einen Werk-
stattbericht zu legen zum Stand der Dinge über Probleme, Ideen, Konzepte, Pla-
nungen, Masterpläne und Bauten, als Statusbericht, welcher trotz unterschiedlichs-
ter Projektstände erkennen lässt, dass eine abgestimmte Gesamtstrategie dahinter-
steht.
Die Tatsache, dass die Universität Innsbruck mit ihren rd. 27.000 Studierenden und
rd. 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die zweitgrößte Stadt Tirols ist und
Großprojekte mit einem Projektvolumen von > € 50 Mio. mehr oder weniger iso-
liert am Gelände der Universität entwickelt wurden sowie die Tatsache, dass die
Universität Innsbruck mit Außenstellen über die ganze Stadt verstreut ist, machte
es dringend notwendig, ein Gesamtkonzept für die räumlich-strukturelle Entwick-
lung der Universität Innsbruck zu überlegen, zu erarbeiten, zu diskutieren und fest-
zulegen.

2
    Bauwelt 14/2009. Thema: Der Campus wächst. Anspruchsvolle Erweiterungsbauten in
    Mailand, Zürich und Aachen. Berlin: Bauverlag BV GmbH.
    Bauwelt 38/2009. Thema: Die Bibliothek als Stadtraum. Neue Leseplätze in Berlin, Linz
    und Salbke. Berlin: Bauverlag BV GmbH.
    Roth, M. (2011). Library Architecture + Design. Masterpieces. Salenstein: Braun Publi-
    shing AG.

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2         Räumlicher Struktur- und Entwicklungsplan
          2010-2020

Abb. 1: Lageplan der Campus der Universität Innsbruck im Stadtgebiet

Der daraufhin entstandene räumliche Struktur- und Entwicklungsplan der Uni-
versität Innsbruck3 ist ein mittelfristiges Strategiekonzept für die baulich-
räumliche Entwicklung der Universität, die mit ihren Campi aufgrund der Größe,
Funktion und Gestaltung ein prägendes Element der städtebaulich funktionalen
Struktur der Stadt Innsbruck ist.
Grundsätzlich basiert der räumliche Struktur- und Entwicklungsplan der Universi-
tät Innsbruck auf zwei strategischen Zielen4:
          Mittelfristige räumliche Zusammenführung von Organisationseinheiten
           und Fakultäten auf den Campi (Abb. 1) der Universität Innsbruck (Innrain,
           Universitätsstraße (SOWI), Technik (Technikerstraße), Sport (Fürstenweg)
           und Schaffung von ausreichend adäquatem Raum als Voraussetzung für
           qualitätsvolle Forschung, Lehre und Verwaltungstätigkeit sowie gezielte
           funktionale Einbindung der Campi in das Umfeld des Stadtkörpers von In-
           nsbruck.

3
         http://www.uibk.ac.at/fakten/leitung/infrastruktur/planunterlagen/raumstruktur--und-
    entwicklungsplan_20090326-ef-ja.pdf, Stand vom 14. September 2011.
4
     Vgl. http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt/2008-2009/103/mitteil.pdf (S.
    80-88).

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         Umsetzung der Forderungen aus dem § 112 UG 20025 (Arbeitsinspekti-
          onsgesetz mit Übergangsbestimmungen) unter Einbeziehung des Studie-
          rendenschutzes und dem Frauenförderungsplan der Universität.
Im folgenden Werkstattbericht werden vor allem die für die Campi Innrain und
Technik, ausgehend vom derzeitigen Bestand und den laufenden Sanierungs- und
Baumaßnahmen, mittelfristigen Entwicklungsabsichten erläutert.

3         Entwicklungen am Campus Innrain
Der Campus Innrain wird im Wesentlichen gebildet aus den historischen Bauten
des Hauptgebäudes (Innrain 52), der Universitäts- und Landesbibliothek (Innrain
50) und den in den 70er Jahren errichteten Gebäuden des GEIWI-Turmes, Bruno-
Sander- und Josef-Möller-Hauses (Innrain 52c-f) sowie der Chemie (Innrain 52a).
Stadträumlich dazuzuzählen sind die Objekte der Josef-Hirn-Straße 1-7, ein inter-
nationales Studentenheim (Rechengasse 7) und das neue Centrum für Chemie und
Biomedizin (CCB) am Innrain 80/82.
Am Campus Innrain im direkten Umfeld des historischen Hauptgebäudes der Uni-
versität Innsbruck waren von den Vorgängerrektoraten zwei Großprojekte als Ent-
wurf zu übernehmen und einer Umsetzung zuzuführen. Beide Projekte am Campus
Innrain bieten die Chance, eine innerstädtische Entwicklung zu initiieren, die zum
Inn-Fluss hin wie auch zum urbanen Raum der Stadt eine neue Beziehung auf-
nimmt. Die Sanierung und Aufwertung der Universitätsbibliothek zur Tiroler Lan-
desbibliothek als Zentrum des Campus Innrain mit anschließender Sanierung des
GEIWI-Turms und des Bruno-Sander-Hauses, unter Einbeziehung des Forums, war
mit Beginn des Jahres 2011 fertiggestellt.

3.1 Neubau und Sanierung der Universitäts- und Landes-
    bibliothek
Im Dezember 2003 wurde jene Planungsvereinbarung zwischen der Universität
Innsbruck und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) abgeschlossen, welche die
Voraussetzung zur Planung und Entwicklung eines „Centers of Exzellenz“ im Be-
reich des universitären Bibliothekswesens bildete. Es war die Absicht, für die Be-
nutzer/innen eine Vorzeigebibliothek mit voller EDV-Ausstattung zu schaffen. Die
Ausstattung sollte der Medienvielfalt und dem massiven Einsatz neuer Medien in
Lehre und Forschung in vollem Umfang Rechnung tragen. Die Universität Inns-
bruck lag damit durchaus im internationalen Trend. Mindestens 20 der bekanntes-
ten internationalen Architektinnen und Architekten haben sich in den letzten Jahren
städtebaulich, architektonisch und funktional mit dem Thema „Lesen, Lernen und
Studieren“ in einer zeitgemäßen Universitätsbibliothek befasst.

5

    http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnumm
    er=20002128, Stand vom 14. September 2011.

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3.2 Bibliothekstechnische und organisatorische
    Rahmenbedingungen
Ziel war es, den ca. 27.000 Studierenden6 und einer zunehmenden Zahl von Bürge-
rinnen und Bürgern aus Stadt und Land durch die neue Bibliothekskonzeption ei-
nen einfachen Zugang zu Literatur und Information / Wissen zu ermöglichen und
damit als Dienstleitstungseinrichtung der Universität Innsbruck einen aktiven Bei-
trag zu Forschung und Lehre und zum Wissenstransfer zu leisten.
Dies soll erreicht werden durch:
         Verbesserung des Zuganges zu Büchern und Zeitschriften des ca. 3,5 Mio.
          Bände und 11 Standorte umfassenden Bestandes. Dies erfordert u. a. eine
          Durchlässigkeit des Bestell- und Entlehnsystems sowie logistische Pro-
          zessabgleiche zwischen den einzelnen Teilbibliotheken.
         Gewährleistung verbesserter Öffnungszeiten für Benutzer/innen von 09:00
          bis 24:00 Uhr und Wochenendöffnungszeiten.
         Einführung eines wissenschaftlichen „Online-Auskunftsdienstes“ für Leh-
          rende und Forschende bzw. für Höhersemestrige.
         Ausbau und Modernisierung im Bereich Informationstechnologie und IT-
          Infrastruktur durch neue Ausleihtechnologien (RFIT) und neue Software
          im Bereich der Suchtechnologie (PRIMO).
         Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit durch periodisch wechselnde Ausstel-
          lungen und Fachvorträge, Lesungen und Buchpräsentationen.

3.3 Das Projekt-Ergebnis des Wettbewerbes
Die Wettbewerbsjury wählte in ihrer Sitzung im März 2005 aus den über 70 einge-
reichten Beiträgen das Projekt der Architekten Eck, Reiter, Rossmann als Sieger
aus. Die Juryentscheidung betonte vor allem „das neue städtebauliche Erschei-
nungsbild, sowie einige architektonisch und funktional bestechende Elemente“,
welche sich nunmehr nach der Realisierung des Projektes sowohl in einer grundle-
gend neuen städtebaulichen Qualität und Identität als auch in der inneren Organisa-
tion und Ausstattung wiederfinden.
Die am Beginn der 70er Jahre errichteten Gebäude des GEIWI-Turms und des
Bruno Sander-Hauses entsprachen den damals vorherrschenden städtebaulichen
Trends, sich um ein innen liegendes Forum zu situieren und von der Umgebung
weitgehend abzuschotten. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch den Bücherspei-
cher, einem fensterlosen Betonblock aus den 60er Jahren, welcher an das alte histo-
rische Gebäude der Hauptbibliothek angebaut wurde und nun im Ensemble mit den
Neubauten die Abgeschlossenheit des Areals verstärkt.
Die sich neu bildenden, transparenten Raumzonen und die Verbindungen der Au-
ßenräume haben die Möglichkeit neuer öffentlicher Nutzungen wie Cafeteria, Bü-

6
     Vgl. http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt/2008-2009/103/mitteil.pdf (S.
    80), Stand vom14. September 2011.

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chershop und Ausstellungsraum ergeben, welche die Kommunikation fördern und
die Belebung sowie die Inbesitznahme des urbanen Raumes durch Studierende,
Lehrende und die Bevölkerung nachhaltig unterstützten. Die neuen Außenräume
bieten auch ausreichend Platz für Demonstrationen von Studierenden.

3.4 Die Bibliothek: innere Organisation und äußeres
    Erscheinungsbild
Eigentlich könnte man annehmen, dass im digitalen Zeitalter Büchern und Biblio-
theken keine allzu große Bedeutung zukommt. Aber ganz im Gegenteil – zeigen
doch Bauten in der ganzen Welt, dass moderne und zeitgemäße Bibliotheken ein
wichtiger Bestandteil von Forschung und Lehre sowie ganz allgemein der kulturel-
len Bildung darstellen. Im Zusammenhang mit der Eröffnung der Freihandbiblio-
thek der Humboldt Universität in Berlin wurde diese auch als neuer signifikanter
Stadtraum gewürdigt. Ich möchte in diesem Zusammenhang zwei weitere Projekte
erwähnen. Die Bibliothek National in Paris von Arch. Perault und die neue städti-
sche Hauptbibliothek in Wien von Arch. Mayr. Neben der städtebaulichen und bib-
liothekarischen Qualität weisen beide Bauwerke architektonisch-funktionale Ele-
mente auf, wie sie auch an der neuen Universitäts- und Landesbibliothek Innsbruck
vorzufinden sind. Es sind dies breit angelegte Sitzstufen in Form einer ausladenden
Freitreppe. So können Sie in Innsbruck vom Gehsteig der Blasius-Hueber-Straße
auf das Dach der Bibliothek gehen, über Sitzstufen, die zum Verweilen und Kom-
munizieren einladen und einen direkten Zugang von der Stadt aus ermöglichen,
oder, wie es eine Innsbrucker Bürgerin in einem E-Mail an den Rektor ausdrückte,
dass auf den Stufen „…unzählige Studenten angeregt unterhaltend und fröhlich
speisend sitzen, wobei einem jedes Mal das Herz aufgeht und man weiß, diese Uni-
Erweiterung ist ein Hit geworden! Es ist ein wunderbar, fröhliches Bild mit deut-
lich kommunikativem Charakter, nicht Vereinzelung, sondern sympathische Ge-
meinschaft in seinem besten Sinn!“ (Abb. 2)

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Abb. 2: Außenansicht mit Freitreppe und Lichthöfen

Ein bestimmendes architektonisches Merkmal des Projektes sind auch die acht
Lichthöfe, welche von der Plattform aus Tageslicht in den tiefer liegenden Biblio-
theksraum führen. Die Wirkung dieser Lichthöfe konnte durch das Ergebnis des
von der BigArt durchgeführten Wettbewerbs zum Thema Kunst und Bau wesent-
lich gesteigert werden. Frau Georgina Creimer, eine in Österreich lebende brasilia-
nische Künstlerin, die Siegerin des Wettbewerbs, hat aus den verschiedenen Regi-
onen Tirols acht große Steine in die Lichthöfe eingebracht, wodurch für den/die
Nutzer/in der Bibliothek eine Relation zu einem Landschaftselement hergestellt
wird.
Speziell auch von den Studierenden ist das ca. 5.000 m² umfassende Forum in An-
spruch zu nehmen. Es bietet mittels acht unterschiedlichen Themeninseln, vom
Wasserbecken über Gitter- und Holzroste, Sitz- und Liegemöglichkeiten, Flächen,
die für Erholung und Diskussion, für das „Nachdenken“ verwendet werden können.

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Das Forum öffnet sich über eine breite, großzügige Freitreppe zum öffentlichen
Straßenraum des Innrains.
In den letzten Jahren wurde dem abendlichen Erscheinungsbild von Gebäuden grö-
ßere Beachtung geschenkt. So bietet die neue Universitäts- und Landesbibliothek,
die bis 24 Uhr geöffnet ist, durch seine großzügigen Glasfassaden und die Lichthö-
fe so etwas wie einen kristallinen Stadthügel, den man neugierig von außen erkun-
det und aufgrund des Einblickes vielleicht angeregt wird, die Bibliothek von innen
zu nutzen (Abb. 3).

Abb. 3: Innenansicht mit Studierendenarbeitsplätzen und Lichthöfen

4      Neubau Chemie/Pharmazie und
       Theoretische Medizin
Ein zweites bedeutendes Projekt, in dem die Institute, Büros, Labors und Flächen
für studentische Erfordernisse untergebracht sind, ist das eben fertiggestellte Ge-
bäude für Chemie und Pharmazie am Campus Innrain. Ein erstes Raum- und Funk-
tionsprogramm für ein neues Chemiegebäude, damals allerdings am Campus Tech-
nik, wurde der sogenannten „Senatskommission für Bau- und Raumangelegenhei-
ten“ im Jahre 1989 vorgelegt.
Ab 1999 bereitete die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) dann gemeinsam mit
der Universität Innsbruck und der Medizinischen Universität die Ausschreibung
eines Architektenwettbewerbs für die Institute der Chemie / Pharmazie und Theo-
retischen Medizin vor. Die Juryempfehlung erfolgte im Mai 2006 zu Gunsten der

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„architekturwerkstatt din a4“ mit den Architekten Conrad Messner, Markus Prack-
wieser und Othmar Zobl.
Das Projekt besticht durch seine konsequente und kompakte Gestaltung, wobei sich
die Unterrichtsräume, Labors und Büros um zwei Innenhöfe gruppieren (Abb. 4),
die differenzierten Aus- und Einblicke erhöhen die Transparenz des Gebäudes. Die
stärker frequentierten Räume wie Hörsäle, Seminarräume und Unterrichtslabors
liegen im Erdgeschoß, der zweigeschossigen Halle zugeordnet, die funktionale
Verknüpfung der Labors zu Nebenräumen und Büroräumlichkeiten entspricht den
Prinzipien eines zeitgemäßen Laborgebäudes.

Abb. 4: Innenhof CCB – Öffnung und Zugang der Universität zum stark frequen-
        tierten Fuß- und Radweg entlang des Inn-Flusses nach außen

Ab 2006 liefen in enger Absprache mit den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern
und Behörden die Konkretisierungen und Detaillierungen des Projektes, welches
nun nach ca. zweijähriger Bauzeit Anfang 2012 bezugsfertig ist.
Die Förderung und Stärkung des Humankapitals durch Spitzenforschung muss ver-
stärkt als die gesellschaftliche Ressource und Zukunftschance gesehen werden. Aus

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diesem Grunde ist aus unserer Sicht die Bereitstellung optimaler Rahmen- und Ar-
beitsbedingungen für Lehre und Forschung die Grundbedingung für den Ausbau
bereits vorhandener wissenschaftlicher Kompetenz und Grundlage für die Er-
schließung neuer Wege und Prozesse.
Die Zusammenarbeit der Chemie- und Pharmazie-Institute der Universität Inns-
bruck und der Institute der Theoretischen Medizin der Medizinischen Universität
Innsbruck in dem ständig an Bedeutung gewinnenden Bereich der „life-sciences“
bietet die langfristige Möglichkeit der direkten interuniversitären Zusammenarbeit
und trägt dauerhaft zur Sicherung des Wissenschaftsstandortes Innsbruck bei. Die
beiden Universitäten leisten mit diesem Projekt auch einen Beitrag zur Stärkung
des regionalen und überregionalen Wirtschaftsstandortes.
Das Projekt CCB ist zudem ein Beitrag zum Ziel der Stadt Innsbruck, den Fluss-
raum Inn in die Gesamtgestaltung der baulichen Entwicklung miteinzubeziehen. So
ist nicht, wie früher üblich, zum Fluss hin eine Rückseite entstanden, sondern über
einen nach Norden offenen Innenhof der Flussraum visuell in das Gebäude mitein-
bezogen worden.
Im neuen CCB am Innrain 80/82 werden zukünftig ca. 300 Mitarbeiter/innen und
ca. 1000 Studierende forschen, lehren, lernen und Spaß haben.
Durch die Besiedelung des neuen CCB wird das Areal der jetzigen Chemie (Inn-
rain 52a) für eine universitäre Nachnutzung frei. Basierend auf den Zielen des
räumlichen Struktur- und Entwicklungsplanes ist die Konzentration der universitä-
ren Entwicklungen und Rückführung von in der Stadt Innsbruck dislozierten Insti-
tuten auf das freiwerdende Areal Innrain 52a vorgesehen. Neben den Institutsflä-
chen sind ein Hörsaal- und Seminarraumzentrum (gemeinsam mit der Medizini-
schen Universität Innsbruck), ein Nutzungspool für Projektmitarbeiter/innen, ein
ZID – Benutzerinnen- und Benutzerzentrum sowie Verwaltungsräumlichkeiten für
die Medizinische Universität Innsbruck vorgesehen.
Nach einer Gegenüberstellung der Kosten im Zuge einer Machbarkeitsstudie zur
Frage Generalsanierung oder Neubau erfolgte im Einvernehmen mit der BIG
(Bundesimmobiliengesellschaft) und dem BM:W_F (Bundesministerium für Wis-
senschaft und Forschung) die Entscheidung, dass das Gebäude abzubrechen und
ein Architektenwettbewerb auszuschreiben ist, welcher auf Grund der Vorarbeiten
mit Beginn des kommenden Jahres gestartet werden könnte.

5      Masterplan für den Campus Technik
Der Campus Technik am westlichen Stadtrand Innsbrucks, bestehend aus dem
Bauingenieurgebäude, den Gebäuden für die Architektur sowie dem Viktor-Franz-
Hess Haus für die Biologie und Physik (Technikerstraße 25), wird ergänzt durch
allgemeine Flächen wie Dekanate, Universitätsbibliothek, Mensa und Studenten-
heim. Ebenfalls am Campus realisiert ist ein Gebäude für universitäre Spin-Offs im
direkten Umfeld der Universität, in welchem sich u. a. auch Räumlichkeiten der
österreichischen Akademie der Wissenschaften befinden.

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Der Campus Technik stellt derzeit einen städtebaulichen Torso dar, weist aber ei-
nen großen Entwicklungsspielraum auf.
Im Zusammenhang mit dem seit längerem diskutierten Projekterfordernis „Haus
der Physik“ und anderen Projektideen am Campus wurde ausgehend von den Vor-
gaben aus dem räumlichen Struktur- und Entwicklungsplan 2010-2020 gemeinsam
mit internationalen Expertinnen und Experten und der Stadt Innsbruck von Archi-
tekt Prof. ETH Dipl.-Ing. D. Eberle ein Entwurf für einen Masterplan Campus
Technik erstellt, welcher den Rahmen für die Planung und Errichtung zukünftiger
Baulichkeiten absteckt.

Abb. 5: Masterplan Campus Technik (Architekt Prof. ETH Dipl.-Ing. D. Eberle)

5.1 Masterplan Technik – mittel- bis langfristige
    Entwicklungsstrategie
Inhalt des Masterplans Campus Technik (Abb. 5) ist ein längerfristiges, flexibles
Konzept für die räumliche Entwicklung des Campus Technik, um zukünftig ein
einheitliches, funktionales und städtebaulich überzeugendes Ensemble zu gestalten,
welches sich nach außen nicht abschottet, sondern ein integrierter Bestandteil des
angrenzenden Stadtteils werden soll. Die im Masterplan dargestellten Baufelder
selbst entwickeln sich im und um den öffentlichen Raum, welcher durch die Fest-
legung von städtebauliche Richtwerten wie Höhen, Dichten, Baufluchtlinien fest-
gelegt ist. Gleichzeitig dienen diese Richtwerte als Basis für zukünftige Architek-
turwettbewerbe. Festgelegt wurden auch die Maßnahmen für die innere Erschlie-

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ßung des Campus Technik in Form von Vorgaben für den fließenden und ruhenden
Verkehr sowie den Fahrrad- und Fußgängerinnen- und Fußgängerverkehr.
Dieser Masterplan wurde neben den Gremien der Universität auch durch den er-
weiterten Stadtsenat der Stadt Innsbruck als Rahmenplan für den Campus Inns-
bruck zur Kenntnis genommen.
Die derzeit vom Fachbereich Physik genutzten Büro- und Laborräumlichkeiten am
Campus Technik sind nicht mehr am letzten Stand der Technik. Um weiterhin ex-
zellente Forschung und Lehre aus dem Forschungsschwerpunkt Physik zu gewähr-
leisten, sollte baldmöglichst neue, den hohen Anforderungen des Fachbereichs ent-
sprechende, Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden.
Seitens des BM:W_F (Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung)
(bm:wf) wurde die Universität Innsbruck aufgefordert, das Haus der Physik inner-
halb der nächsten beiden Leistungsvereinbarungsperioden (2010-2015) zu planen
und nach Möglichkeit zu realisieren.

5.2 Generalsanierung der Architektur- und Bauingenieur-
    gebäude am Campus Technik
Für die Sanierung der Gebäude der Architektur- und Bauingenieurfakultäten wurde
seitens der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) ein zweistufiger Architekturwett-
bewerb ausgeschrieben, dessen Ergebnis im Mai 2009 vorlag.
Nach der Konkretisierung des Siegerprojektes und Erarbeitung eines Detailentwur-
fes wird mit der Sanierung im Frühjahr 2012 begonnen, welche auch die Forderun-
gen eines zeitgemäßen Brandschutzes, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmer-
schutzes sowie Forderungen aus dem Behindertengleichstellungsgesetz und we-
sentliche Verbesserungen im Rahmen der Energieeffizienz (Energieeinsparungen
von ca. 80 % werden erwartet) erfüllt (Abb. 6).

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Abb. 6: Grafik zu Haustechniküberlegungen

6      Zusammenfassung
Im Rahmen des vorliegenden Werkstattberichtes sind einige universitätsrelevante
Aspekte herausgearbeitet worden, die eine gewisse Generalisierung auf Planung
und Entwicklung von Hochschulstandorten zulassen. So kann einleitend festgehal-
ten werden, dass in Innsbruck mit der Ausformung von vier Universitätscampus
eine Begriffswelt geschaffen wurde, die sowohl intern als auch extern zum allge-
meinen Sprachgebrauch wurde. Konkreteres Ziel der Entwicklung von Campi ist,
die möglichste Konzentration von universitären Einrichtungen an einem Standort
sowie deren gestalterische und funktionale Verknüpfung untereinander. Ein vielfäl-
tiges Angebot außeruniversitärer Einrichtungen wie Räume für Ausstellungen,
Diskussionen, Galerien, Kaffeehäuser und Geschäfte sollten zur Belebung des
Campus beitragen, so dass, verstärkt durch eine gestalterische und strukturelle Aus-
richtung, eine Verknüpfung mit dem urbanen Stadtraum möglich ist. In diesem
Sinne sind „Masterpläne“ für universitäre Campi als langfristige Entwicklungsstra-
tegie ein sinnvolles Instrument.
Generell kann festgehalten werden, dass Ausbildung und Bildung in den hoch ent-
wickelten Industrieländern einen neuen Stellenwert einnehmen, zumal das Human-
kapital die größte Ressource im Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungs-
und Informationsgesellschaft darstellt. Trotz oder wegen der neuen Technologien
im IT-Bereich erfahren Lernzentren, u. a. Bibliotheken als „Warenhäuser des Wis-
sens“, eine beeindruckende Nachfrage. Dieser Nachfrage muss durch ein erhöhtes

www.zfhe.at                           Werkstattbericht                            23
Arnold Klotz                                   ZFHE Jg.7 / Nr.1 (Januar 2012) S. 11-24

Platzangebot in den Lernzentren und Bibliotheken einerseits, andererseits durch
ausgedehnte Öffnungszeiten am Abend, am Wochenende sowie durch den Ausbau
und die Modernisierung neuer Ausleihtechnologien (RFIT) und neuer Software im
Bereich der Suchtechnologie (Primo) begegnet werden. Neben dem optimalen An-
gebot von Bibliotheken ist – wie im Gebäude der Chemie/Pharmazie in Innsbruck
– ein angemessener und angenehmer Arbeits- und Studierbereich bereitzustellen.

7      Literaturverzeichnis:
Bauwelt 14/2009. Der Campus wächst. Anspruchsvolle Erweiterungsbauten in
Mailand, Zürich und Aachen. Berlin: Bauverlag BV GmbH.
Bauwelt 38/2009. Die Bibliothek als Stadtraum. Neue Leseplätze in Berlin, Linz
und Salbke. Berlin: Bauverlag BV GmbH.
Roth, M. (2011). Library Architecture + Design. Masterpieces. Salenstein: Braun
Publishing AG.
http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt/2008-2009/103/mitteil.pdf, Stand
vom 14. September 2011.
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetze
snummer=20002128, Stand vom 14.September 2011.
http://www.uibk.ac.at/fakten/leitung/infrastruktur/planunterlagen/raumstruktur--und-
entwicklungsplan_20090326-ef-ja.pdf, Stand vom 14. September 2011.

Autor
               Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Arnold KLOTZ || Universität Innsbruck
               || Innrain 52, A-6020 Innsbruck
               www.uibk.ac.at/fakten/leitung/infrastruktur/vizerektor/
               arnold.klotz@uibk.ac.at

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