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WIE DIE EUROPÄISCHE NACHFRAGE NACH SOJA DIE KLIMAKRISE VERSCHÄRFT DEUTSCHE ÜBERSETZUNG UND ÜBERARBEITUNG DES ENGLISCHEN REPORTS JUNI/ JULI 2019
Übersetzung und Überarbeitung des englischen Reports “Hooked on Meat. How Europe’s Soya addiction is feeding the Climate Emergency”, veröffentlicht im Juni 2019 von Greenpeace Frankreich, Cecile Leuba. JUNI / JULI 2019 DEUTSCHE FASSUNG (ÜBERSETZUNG UND ÜBERARBEITUNG): V.i.S.d.P.: Vanessa Reithinger / Greenpeace Deutschland Grafiker: Stefan Klein / Klasse 3b ENGLISCHER ORIGINAL-REPORT: Kontakt: cecile.leuba@greenpeace.org / Greenpeace Frankreich Titelbild: Marizilda Cruppe / Greenpeace Die brasilianische Matopiba-Region ist bekannt für die dort stattfindende Intensivlandwirtschaft, insbesondere Soja und Mais werden hier für den Export angebaut – was die Entwaldung insbesondere im Cerrado weiter antreibt. Layout design: Marie Fabre (atelierfika.fr) / Greenpeace Greenpeace France 13 rue d’Enghien 75010 Paris France GREENPEACE.ORG 2
HOOKED ON MEAT INHALTSVERZEICHNIS 5 INTRO 7 DAS PROBLEM MIT SOJA 8 ENTWALDUNG UND ZERSTÖRUNG VON ÖKOSYSTEMEN 13 AUSWIRKUNGEN AUF UMWELT, GESELLSCHAFT UND GESUNDHEIT 15 E U-NACHFRAGE NACH FLEISCH UND MILCHPRODUKTEN TREIBT SOJAIMPORTE AN 21 DIE NAHRUNGSMITTEL- UND AGRARREVOLUTION, DIE WIR BRAUCHEN G ESUNDE 22 ERNÄHRUNG FÜR DIE MENSCHEN UND UNSEREN PLANETEN 24 E INE DEUTLICHE REFORM DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK DER EU 28 INTENSIVIERUNG DER EU-MASSNAHMEN ZUM SCHUTZ DER WÄLDER UND ANDEREN NATÜRLICHEN ÖKOSYSTEMEN 30 STRENGERE EU-VORSCHRIFTEN FÜR PESTIZIDE UND GVOS 32 ENDNOTEN 38 REFERENZEN ◀ Der Cerrado ist das zweitgrößte Ökosystem in Brasilien, das 22 % der Landesfläche bedeckt. Durch den radikalen Fortschritt der Agrarindustrie im Bereich des Soja- und Getreideanbaus ist die Hälfte der Fläche bereits zerstört. © Fernanda Ligabue / Greenpeace 3
HOOKED ON MEAT INTRO DER FLEISCHKONSUM DER EU FÜHRT ZUR ZERSTÖRUNG VON WÄLDERN UND ANDEREN ÖKOSYSTEMEN Die Sojaindustrie boomt. Die weltweite Sojaproduktion hat sich seit 1997 mehr als verdoppelt.1 Dies ist auf die wachsende Nachfrage nach Futtermitteln zur Produktion von Fleisch und Milchprodukten zurückzuführen. 2 Diese rasante Expansion bedroht einige der artenreichsten Lebensräume der Erde, darunter den Amazonas Regenwald, den Cerrado und den Gran Chaco in Südamerika, treibt die Klimakrise an und geht zu Lasten der öffentlichen Gesundheit. IM JAHR 2017 WURDEN 48% DES SOJAS WELTWEIT (EINSCHLIESSLICH BOHNEN, SOJASCHROT UND ÖL) ALLEINE IN BRASILIEN UND ARGENTINIEN PRODUZIERT. 3 In Brasilien hat sich die Sojaproduktion in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als vervierfacht. 4 Der brasilianische Amazonas wurde zwar weitgehend durch das Sojamoratorium geschützt 5 – das Ergebnis einer beispiellosen Zusammenarbeit unter der Leitung von Greenpeace und Beteiligung von Unternehmen, zivilgesell schaftlichen Organisationen und der brasilianischen Regierung. Die Sojaindustrie hat jedoch inzwischen große Teile des Cerrado eingenommen, sodass die Region bereits die Hälfte der ursprünglichen Vegetation durch landwirtschaftliche Expansion verloren hat.6 Der Gran Chaco – Südamerikas zweitgrößter Wald, der sich über Argentinien, Bolivien und Paraguay 7 erstreckt – leidet ebenfalls unter dem Druck der Agrarindustrie. 8 Die industrielle Landwirtschaft trägt wesentlich zur globalen Klimakrise bei und ist für zwei Drittel der gesamten Entwaldung in Südamerika verantwortlich.9 Wesentliche Faktoren sind hierbei der Sojaanbau und die Viehzucht.10 Darüber hinaus gibt es Meldungen, dass der Soja-Boom in Südamerika mit Landraub und anderen Menschenrechtsverletzungen zusammenhängt.11 Die negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen des Sojaanbaus gehen jedoch noch weiter. In Brasilien 12 und Argentinien 13 sind über 95 % der Soja gentechnisch verändert (GM), was mit dem intensiven Einsatz von Herbiziden und anderen gefährlichen Chemikalien einhergeht.14 In beiden Ländern ist der Pestizideinsatz seit den 90er Jahren um über 170% gestiegen.15 Dies führt nicht nur Monokulturen mit stark reduzierter Biodiversität, sondern auch zu einem massiven Einsatz von Pestiziden, die die Gesundheit von Landwirten und Anwohnern beeinträchtigen können. ◀ Geflügelbetrieb im Norden Deutschlands © Fred Dott / Greenpeace Intro 5
Die Europäische Union ist nach China der zweitgrößte Sojaimporteur der Welt, mit rund 33 Millionen Tonnen Sojaprodukten pro Jahr.16 Dies wird durch den industriellen Viehzuchtsektor der EU vorangetrieben: Etwa 87% des von der EU importierten Sojas werden für Tierfutter verwendet.17 Während ein Teil der Fleisch- und Milchproduktion in Länder außerhalb der EU exportiert wird, dient der größte Teil davon dem übermäßigen Appetit auf Fleisch und Milchprodukte: Der Durchschnittsbürger in Westeuropa konsumiert 85 kg Fleisch und 260 kg Milchprodukte pro Jahr, mehr als doppelt so viel wie der globale Durchschnitt.18 Der Fleisch- und Milchkonsum in Europa gibt Anlass zur Sorge um die öffentliche Gesundheit. Im Januar 2019 kam ein Bericht von The Lancet zu dem Schluss, dass eine gesunde Ernährung für Menschen und den Planeten eine „Verringerung von 50 % des weltweiten Konsums ungesunder Lebensmittel” – insbesondere von rotem Fleisch – und einen „Anstieg des Konsums gesunder Lebensmittel wie Nüsse, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte um mehr als 100 % erfordert“.19 NICHT NUR DIE GESUNDHEIT DER EUROPÄISCHEN BÜRGER IST GEFÄHRDET: DER ÜBERMÄSSIGE KONSUM VON FLEISCH UND MILCHPRODUKTEN TRÄGT DIREKT UND INDIREKT ZUR GLOBALEN KLIMAKRISE BEI. Die EU selbst kam zu dem Schluss, dass der Import von Soja – hauptsächlich für Tierfutter – in der Vergangenheit der Faktor war, der am stärksten zur welt- weiten Entwaldung und den damit verbundenen Emissionen beigetragen hat. Fast die Hälfte der Entwaldungsrate im Zusammenhang mit EU-Importen geht auf das Konto von Soja. 20 Die Lösung hierfür besteht nicht darin, die Sojaproduktion in die EU zu verla- gern. Rund 70 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU (einschließlich Acker- und Grünland) – etwa 1,2 Millionen km² – werden bereits für Tierfutter genutzt. 21 Weitere 110.000 km² (eine Fläche so groß wie Österreich und Belgien zusammen 22) wären erforderlich, um das Gesamtvolumen der Sojaimporte in die EU zu ersetzen. 23 Eine Unabhängigkeit von Sojaimporten und anderen Eiweiß pflanzen, würde – ohne die Produktion und den Verbrauch von tierischen Er- zeugnissen drastisch zu reduzieren – die Bereitstellung von fast 30 % der Acker fläche in der EU erfordern, die nicht bereits für die Viehzucht genutzt wird. 24 Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen 25 und den wachsenden Bedrohungen für Gesundheit und biologische Vielfalt zu begegnen, müsste die EU bestrebt sein, die Produktion und den Verbrauch von tierischen Erzeugnissen bis 2050 um 80 % zu senken. 26 Dieser Wandel kann mit Hilfe politischer Hebel, einschließlich der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP), sowie durch Informationskampagnen und die Neuzuweisung der öffentlichen Zuschüsse zur Förderung der pflanzlichen Ernährung und des ökologischen Landbaus erreicht werden. Sojaimporte spielen eine tragende Rolle bei dem übermäßigen Konsum von Fleisch und Milchprodukten in der EU sowie in der globalen Klimakrise. Angesichts dessen müssen dringend Maßnahmen zur Halbierung der europäischen Produktion und des Verbrauchs von tierischen Erzeugnissen ergriffen werden. ▶ Sojaplantagen in Brasilien, für die der Regenwald zerstört wurde, Bundesstaat Mato Grosso © Markus Mauthe / Greenpeace 6 Intro
ENTWALDUNG UND ZERSTÖRUNG VON ÖKOSYSTEMEN Weltweit steigende krise. Die Sojaindustrie war ein wesentlicher Nachfrage nach Soja treibt Treiber hierfür: Fast 30% der Sojaexpansion im die Entwaldung voran Amazonasgebiet in den Jahren 2004 bis 2006 gingen auf die Kosten von wertvollem Regen Weltweit steigt die Sojaproduktion seit Jahren wald, statt existierende Weiden oder andere massiv an. 1997 wurden weltweit 144 Millionen bereits gerodete Flächen zu nutzen. 33 Tonnen Soja produziert; 20 Jahre später hatte sich die Produktion mehr als verdoppelt und Im Jahr 2006 hat eine Greenpeace-Kampagne erreichte 353 Millionen Tonnen. 27 Seit 1998 ist den Zusammenhang zwischen Entwaldung die USA das wichtigste Erzeugerland, gefolgt im Amazonasgebiet und Sojaexpansion aufge von Brasilien und Argentinien. 28 Über 88% der zeigt. 34 Initiiert von Greenpeace einigten sich weltweiten Sojaernte stammt aus Amerika. 29 daraufhin die großen Soja-Händler, zivilgesell schaftliche Organisationen und die brasiliani In Brasilien stieg die Sojaproduktion von sche Regierung auf die Umsetzung des Soja 26 Millionen Tonnen im Jahr 1997 auf 115 Millio moratoriums:35 Eine freiwillige Verpflichtung, nen Tonnen im Jahr 2017. In Argentinien stieg Soja nicht von Farmen im brasilianischen die Sojaproduktion von 11 Millionen Tonnen im Amazonasgebiet zu kaufen, die nach Juli 2006 Jahr 1997 auf 55 Millionen Tonnen im Jahr 2017.30 gerodet hatten (2014 geändert auf Juli 2008). 36 In einem ähnlichen Zeitraum stiegen die bra Nach mehreren temporären Verlängerungen silianischen Sojaexporte von 19 Millionen wurde das Moratorium 2016 auf unbestimmte Tonnen auf 67 Millionen Tonnen31 und die argen Zeit verlängert. 37 tinischen Exporte von 11 Millionen Tonnen auf 44 Millionen Tonnen. 32 Dies zeigt, dass der Das Sojamoratorium war weitgehend erfolg Boom der Sojaproduktion exportgetrieben ist. reich: Nach Juli 2008 sind lediglich 1,2% der Entwaldung im Amazonasgebiet auf Soja zurück Die rasante Expansion der Sojaproduktion zuführen. 38 Trotzdem hat sich die Sojaindustrie treibt die Umwandlung von Wäldern und weiter entwickelt und die Sojaanbaufläche im anderen natürlichen Ökosystemen in riesige brasilianischen Amazonasgebiet hat sich seit Monokulturen, die von Pestiziden abhängig 2006 um 35.000 km² vergrößert. Der Sojaanbau sind, in ganz Südamerika voran und reduziert wurde insbesondere auf Flächen verlagert, die die biologische Vielfalt erheblich. bisher für die Viehhaltung als Weideflächen genutzt wurden. 39 Viehzüchter wandeln neue – oftmals bewaldete – Flächen in Weiden um und der Sojaanbau rückt auf die alten Flächen nach.40 Angesichts dessen bleibt Soja ein Der Kampf um den wichtiger indirekter Treiber der Entwaldung. Schutz des brasilianischen Amazonas-Regenwald Zudem droht das Sojamoratorium unter der neuen brasilianischen Regierung geschwächt Vor fünfzehn Jahren befand sich der Amazonas- zu werden. Während seines Wahlkampfes 2018 Regenwald in einer erheblichen Entwaldungs versprach Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro 8 Das Problem mit Soja
HOOKED ON MEAT GRAFIK 01 WELTWEITE SOJAPRODUKTION VON 1997–2017 HERVORGEHOBEN SIND DIE TOP DREI PRODUZENTEN 42 in Mio. t. Argentinien Brasilien USA Restliche Welt wiederholt, die brasilianischen Regierungs anderen lokalen Gemeinschaften werden behörden Ibama und ICMBio zu schwächen und durch den Landraub verschärft. Schutzgebiete und indigenes Land für Land wirtschaft und Bergbau zu öffnen. Während sich der Soja-Händlerverband ABIOVE verpflichtet hat, das Sojamoratorium aufrechtzuerhalten, Der Cerrado: ein Ökosystem, wurden die Bemühungen von Bolsonaro zur Schwächung des Umweltschutzes von Aprosoja, bedroht vom Sojaanbau dem Verband der brasilianischen Sojabauern, Der Cerrado ist die artenreichste Savanne der begrüßt.41 Welt. Hier leben schätzungsweise 5% der Tiere und Pflanzen unseres Planeten,46 von denen über Darüber hinaus treibt der neue Minister für 4.800 Arten nirgendwo sonst auf der Erde zu Infrastruktur, Tarcísio Freitas, große Infrastruk finden sind.47 Die Region wird als „Wiege des turprojekte im Amazonasgebiet voran, um die Wassers“ bezeichnet, weil sie für acht der wachsende Nachfrage nach Soja aus der EU und 12 brasilianischen Flusseinzugsgebiete von anderen Ländern zu decken. Dazu zählen die entscheidender Bedeutung ist; sie enthält die Pflasterung der Amazonas-Autobahn BR-319,43 Quellflüsse fast aller südlichen Nebenflüsse die Erweiterung der BR-163 44 und der Bau einer des Amazonas sowie mehrere Flüsse in den neuen Getreidetransportbahn.45 Ohne einen Bundesstaaten Maranhão und Piauí.48 Trotz starken Plan und Maßnahmen zur Bekämpfung seines ökologischen Wertes schreiten die Ro von Waldzerstörung ist das Gebiet des Amazo dungen im Cerrado massiv voran 49 und seine nas dieser Entwicklung schutzlos ausgesetzt. Wälder und Wiesen werden in Sojafarmen Das Risiko der Waldzerstörung steigt weiter an und Viehfarmen umgewandelt. 50 Schätzungen und die Konflikte mit indigenen Völkern oder zufolge ist im Cerrado bereits die Hälfte der Das Problem mit Soja 9
ursprünglichen Vegetation (etwa 88 Million Die Gran Chaco-Wälder: Hektar 51, die Größe von Venezuela 52) zerstört. Die verbleibende Fläche bindet eine Kohlen ausgebeutet für Sojaanbau stoffmenge, welche äquivalent zu 13,7 Giga und Rinderhaltung in tonnen CO2 ist. 53 Argentinien, Paraguay und Insbesondere das als Matopiba bekannte Ge Bolivien biet des Cerrado ist derzeit massiv durch die Das Ökosystem des Gran Chaco umfasst eine Expansion der Agrarindustrie von Entwaldung Fläche von mehr als 1,1 Millionen km² und er bedroht. 54 Das Gebiet liegt in den brasiliani streckt sich über Teile von Argentinien, Para schen Bundesstaaten Maranhão, Tocantins, guay und Bolivien. 59 Die Region bildet den Piauí und Bahia und umfasst eine Fläche von größten tropischen Trockenwald Südamerikas 738.000 km². 55 Zwischen 2007 und 2014 gingen und ist – nach dem Amazonas – das zweit fast zwei Drittel der landwirtschaftlichen größte Waldgebiet.60 „Chaco“ kommt von einem Expansion in Matopiba auf Kosten der Wälder Quechua-Wort, das Jagdgebiet bedeutet.61 und anderer heimischer Vegetation. 56 Das Gebiet ist mit seinen dornigen Bäumen, Sträuchern und Gräsern die Heimat von Tausen Einer Analyse von Trase – einer Nichtregie den von Pflanzenarten und Hunderten von rungsorganisation (NGO), die sich für mehr Vogelarten, Reptilien und Säugetieren, darunter Transparenz in den Lieferketten für landwirt Jaguare, Gürteltiere und Riesenameisenbären.62 schaftliche Rohstoffe einsetzt – zufolge waren zwischen 2010 und 2015 nur fünf Händler für Der Gran Chaco leidet unter einer der höchsten mehr als drei Viertel der gesamten Sojaexporte Entwaldungsraten der Welt,63 bedingt durch die aus Matopiba verantwortlich. Darunter auch landwirtschaftliche Expansion für Rinderzucht Mitglieder des Sojamoratoriums: ADM, Bunge und Soja.64 und Cargill. 57 Diese Händler, die eine positive Rolle beim Sojamoratorium eingenommen Satellitenbilder von 2017 zeigen, dass bis dato hatten, 58 trugen also dennoch zur Zerstörung etwa 23% (nahezu 27.000 Hektar) der Wälder des Cerrado bei. des Gran Chaco in Ackerland oder Weideland umgewandelt wurden.65 3,4 Millionen Hektar natürliches Waldgebiet (5 % der totalen Wald fläche) gingen allein zwischen 2010 und 2017 verloren.66 Die Länder, über die sich der Gran Chaco erstreckt, gehören zu den zwölf Ländern mit dem höchsten Gesamtverlust der Baum bedeckung (2010 – 2018).67 Die Expansion der Agrarindustrie steht zudem im Zusammenhang mit der Unterdrückung und Versklavung der indigenen Bevölkerung 68 und anderen Menschenrechtsverletzungen.69 10 Das Problem mit Soja
HOOKED ON MEAT GRAFIK 02 ANSTIEG DER SOJAPRODUKTION UND SOJAEXPORTE (VERGLEICH 1997 UND 2017) in ARGENTINIEN Mio. t. Sojaproduktion Sojaexporte in BRASILIEN Mio. t. Sojaproduktion Sojaexporte Das Problem mit Soja 11
GRAFIK 03 KARTE DER BETROFFENEN GEBIETE Amazonas-Regenwald Cerrado Gran Chaco Matopiba Amazonas-Regenwald Entwaldung Cerrado Gran Chaco 0 250 500 1.000 km N 12 Das Problem mit Soja
HOOKED ON MEAT AUSWIRKUNGEN AUF UMWELT, GESELLSCHAFT UND GESUNDHEIT Abhängigkeit der aktuellen technisch verändertem Saatgut und chemischen Pestiziden tragen zwangsläufig zum Verlust der Sojaproduktion von biologischen Vielfalt bei.76 Das hauptsächlich gentechnisch verändertem verwendete Glyphosat 77 wurde von der Welt Saatgut und Pestiziden gesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft.78 Die Entwaldung sowie die Umwandlung und Zudem werden Fungizide und Insektizide auch Schädigung natürlicher Ökosysteme sind nicht im Sojaanbau routinemäßig eingesetzt.79 die einzigen negativen Umweltauswirkungen der expandierenden industriellen Sojaproduk Eine Fallstudie eines großen Sojaproduzenten tion. Weltweit ist etwa 50% des produzierten in Brasilien berichtete über den Einsatz Soja gentechnisch verändert (GM),70, das gilt 2008/2009 von 18 Herbiziden, 13 Insektiziden ebenso für 95% des in Brasilien und Argentinien und 8 Fungiziden in seinen Nutzpflanzen.80 angebauten Sojas.71 Die Technologien hinter Darüber hinaus wurden 2012 mehr als 25% der den verschiedenen gentechnisch veränderten Sojapflanzen in Brasilien mit Flugzeugen be Sojasorten gehören einer Handvoll multinatio sprüht,81 eine Praxis, die die EU bereits 2009 naler Unternehmen, die vom Bayer-Konzern aus Sorge um die potenziellen Gesundheits- dominiert werden (der im Juni 2018 den US- und Umweltauswirkungen verboten hat.82 Riesen Monsanto aufgekauft hatte).72 Sie dienen vor allem dazu, dass die GM Pflanzen dem Keine der in Brasilien und Argentinien ange Sprühen mit Herbiziden standhalten. Von dem bauten gentechnisch veränderten Sojapflanzen GM Soja, das in Brasilien angebaut wird, sind ist für den Anbau in der EU zugelassen. Auch 40% herbizidtolerant (vor allem Monsanto/ mehrere Pestizide, die für diese Nutzpflanzen Bayers Roundup Ready® GM-Soja, das glypho verwendet werden, sind nicht für die Verwen satverträglich ist) und 60% gentechnisch dung in der europäischen Landwirtschaft verändert, um sowohl glyphosattolerant als zugelassen.83 Zu den verbotenen Pestiziden auch insektenresistent zu sein (Monsantos gehören Carbofuran, Metolachlor, Paraquat, Intacta™).73 In Argentinien ist 83 % des GM-Sojas Tebuthiuron und Trifluralin (die in Brasilien herbizidtolerant (wiederum überwiegend eingesetzt werden) 84 und MSMA, Haloxyfop, gegenüber Glyphosat) und 17 % wiederum gen Imazethapyr, Atrazin und Paraquat (die in Ar technisch verändert, um sowohl glyphosat gentinien eingesetzt werden).85 Mit der Einfuhr tolerant als auch insektenresistent zu sein von Soja und Sojaprodukten aus diesen (Monsantos Intacta™).74 Ländern ignoriert die EU schädliche Anbau methoden, die sie innerhalb ihrer Grenzen Seit der Einführung von GM-Nutzpflanzen Mitte nicht tolerieren würde – eine inakzeptable der 90er Jahre ist der Einsatz von Pestiziden, Doppelmoral. einschließlich Herbiziden, pro Flächeneinheit sowohl in Argentinien als auch in Brasilien um mehr als 170% gestiegen.75 Die großflächige Umwandlung des natürlichen Lebensraums in intensive Sojamonokulturen und die starke Abhängigkeit von insektenresistentem gen Das Problem mit Soja 13
Auswirkungen auf die Verletzung der Rechte von Biodiversität und die Arbeitnehmern, indigenen menschliche Gesundheit Völkern und anderen lokalen Eine aktuelle Studie über die globalen Insekten Gemeinschaften populationen ergab, dass 40 % der Insekten Die rasche Ausweitung der Sojaproduktion in arten in den nächsten Jahrzehnten vom Aus Südamerika wird mit Landraub, Vertreibung, sterben bedroht sein könnten. Dies ist vor allem Schuldknechtschaft und anderen Formen der auf den Verlust von Lebensräumen durch Sklaverei sowie weiteren Menschenrechts Landumwandlung in intensive Landwirtschaft verletzungen gegen indigene Völker, lokale und Urbanisierung sowie auf die Verschmut Gemeinschaften und Arbeiter in Verbindung zung mit synthetischen Pestiziden und Dünge gebracht.91 mitteln zurückzuführen.86 Diese Ungerechtigkeiten werden durch das Diese Bedrohungen sind umso größer, wenn Versagen von Bundes- und Kommunalregie sie besonders artenreiche Lebensräume, wie rungen verschärft, indigene Völker und den Amazonas- Regenwald, den Cerrado und Anwohner wirksam zu schützen. Gleichzeitig den Gran Chaco betreffen. In diesen Gebieten ist die wirtschaftliche und politische Macht der leben Tausende von endemischen Arten, die Unternehmensgruppen und Einzelpersonen, durch die intensive Landwirtschaft, die groß die die Produktion und den Handel mit Soja flächige Landumwandlung sowie den Einsatz kontrollieren, gewachsen, ebenso wie der von Pestiziden und gentechnisch veränderten Landbesitz in den Händen einiger weniger Pflanzen gefährdet sind.87 Großgrundbesitzer. Neben den Umweltschäden ist auch die Ein entscheidender Weg zum Schutz der Wälder menschliche Gesundheit gefährdet. Ein Bericht und zur Eindämmung des Verlustes der biolo der NGO Human Rights Watch aus dem Jahr gischen Vielfalt besteht darin, die Landrechte 2018 ergab, dass die Landbevölkerung in Bra der indigenen Völker und der lokalen Gemein silien von Pestiziden, die beim Versprühen aus schaften anzuerkennen und rechtlich zu dem Zielgebiet wegdrifteten, betroffen war.88 schützen.92 Laut dem UN-Sonderberichterstatter des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) wurden 2017 in offiziellen brasiliani schen Regierungsdaten 5.501 Fälle von akuten Pestizidvergiftungen verzeichnet – fast doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor.89 Eine Studie in Rio Grande do Sul ergab, dass Arbeiter auf Soja farmen einem Cocktail von Pestiziden aus gesetzt waren und empfahl die Überwachung genetischer Marker für die Toxizität bei solchen Arbeiten.90 ▶ Der Name Matopiba erklärt sich durch die Lage in den brasilianischen Bundesstaaten Maranhão, Tocantins, Piauí und Bahia © Marizilda Cruppe / Greenpeace 14 Das Problem mit Soja
HOOKED ON MEAT 2 EU-NACHFRAGE NACH FLEISCH UND MILCH- PRODUKTEN TREIBT SOJA- IMPORTE AN 15
Die EU importiert jährlich rund 33 Millionen und eine immer stärkere Konzentration dieser Tonnen Sojaprodukte,93 angetrieben vom Produktion auf weniger, größere und inten Appetit der Bevölkerung auf Fleisch und Milch sivere Betriebe. Dies geht mit einem entspre produkte: Der Durchschnittsbürger in West chenden Anstieg der Nachfrage nach Kraft europa konsumiert 85 kg Fleisch und 260 kg futter, hauptsächlich aus Soja und Getreide, Milchprodukte pro Jahr, mehr als doppelt und den damit verbundenen Auswirkungen so viel wie der globale Durchschnitt.94 auf den Tierschutz und den Einsatz von Anti Schätzungsweise 87 % des importierten Sojas biotika einher.96 werden für Tierfutter verwendet, davon fast 50 % für Hühner (Masthühner für Fleisch und Der hohe Fleisch- und Milchkonsum gibt eierlegende Hühner), gefolgt von Schweinen Anlass zu ernsthaften Bedenken im Bereich (24 %), Milchkühen (16 %) und Fleischrindern (7 %). der öffentlichen Gesundheit. Die Weltgesund Der Rest (4 %) wird für Zuchtfische und für die heitsorganisation,97 der Weltkrebsforschungs Produktion von anderem Fleisch verwendet.95 fonds 98 und zahlreiche andere Gesundheits organisationen und Wissenschaftler haben Der zunehmende Einsatz von Soja als Futter bereits davor gewarnt, dass unser aktueller mittel ist stark mit dem Aufkommen der Fleischkonsum das Risiko von Diabetes,99 Massentierhaltung verbunden. Tatsächlich ist Herzerkrankungen 100 und Krebs erhöht. Auch das System der industriellen Fleisch- und die EU-Gesundheitsbehörde empfiehlt, den Milchproduktion von der Verfügbarkeit großer Konsum tierischer Produkte zu reduzieren Mengen proteinreicher Futtermittel abhängig. zugunsten von pflanzlichen Lebensmitteln.101 Die wichtigsten Trends im europäischen Tierhaltungssektor sind das Wachstum der Milch-, Schweine- und Geflügelproduktion GRAFIK 04 EU28 SOJAIMPORTE 2017 15% USA 29% ARGENTINIEN BRASILIEN 19% RESTLICHE WELT 37% 16 EU-Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten treibt Sojaimporte an
HOOKED ON MEAT GRAFIK 05 ANTEIL SOJA-FUTTERMITTEL PRO TIERKATEGORIE IN DER EU 50% HÜHNER (MASTHÄHNCHEN UND 24% SCHWEINE EIERLEGENDE HÜHNER) 16% MILCHKÜHE 7% FLEISCHRINDER 4% FISCH AUS AQUAKULTUR SOWIE ANDERES FLEISCH EU-Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten treibt Sojaimporte an 17
GRAFIK 06 SOJA WIRD HAUPTSÄCHLICH FÜR TIERFUTTER GENUTZT 7% LEBENSMITTEL TIERFUTTER 87,4 % 5,6% BIODIESEL Im Januar 2019 kam ein Bericht von The Lancet Auch der übermäßige Konsum von Fleisch zu dem Schluss, dass eine für Menschen und und Milchprodukten trägt zur Klimakrise bei. den Planeten gesunde Ernährung „erhebliche Die Tierhaltung – die Nutztiere selbst und Ernährungsumstellungen erfordert, einschließ die Futtermittelproduktion – treibt die Wald lich einer mehr als 50-prozentigen Verringe zerstörung signifikant voran 105 und macht etwa rung des weltweiten Konsums ungesunder 60% der Treibhausgasemissionen (GHG) aus Lebensmittel, wie z. B. rotem Fleisch“ und „einen der Landwirtschaft aus.106 Dies ist ein weiterer Anstieg von 100 % des Konsums gesunder Grund, warum verschiedene Behörden eine Lebensmittel, wie z. B. Nüsse, Obst, Gemüse Umstellung auf pflanzliche Ernährung befürwor und Hülsenfrüchte“.102 ten. Der im März 2019 veröffentlichte Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen Global Environment Outlook ist die jüngste DIE AGRARPOLITIK IN DER Studie, in der festgestellt wurde, dass weniger EU UNTERSTÜTZT DIESES Fleischkonsum den Fußabdruck der landwirt FLEISCH- UND MILCHBASIERTE schaftlichen Flächennutzung durch die Nah ERNÄHRUNGSS YSTEM, VOR DEM rungsmittelproduktion und damit die Auswir WISSENSCHAFTL ER UND kungen auf Umwelt und Klima erheblich EU-GESUNDHEITSBEAMTE WARNEN. verringern würde.107 Fast drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU wird dazu verwendet, um Nutztiere zu ernähren – nicht die Menschen.103 Etwa ein Fünftel des jährlichen Gesamthaus halts der EU – zwischen 28,5 und 32,6 Mrd. € an EU-Mitteln, einschließlich der Zahlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) – geht an Viehzuchtbetriebe oder Betriebe, die Futtermittel für Tiere erzeugen.104 18 EU-Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten treibt Sojaimporte an
HOOKED ON MEAT EINE VON DER EU SELBST DURCH- UM DIE ZIELE DES PARISER KLIMA GEFÜHRTE ANALYSE ERGAB, DASS ABKOMMENS 113 ZU ERREICHEN IN DER VERGANGENHEIT 47 % DER UND DIE WACHSENDE KRISE IN WELTWEITEN ENTWALDUNG IM DEN BEREICHEN GESUNDHEIT UND ZUSAMMENHANG MIT EU-IMPOR- BIOLOGISCHE VIELFALT ZU BE- TEN ALLEIN AUF SOJA ZURÜCK- WÄLTIGEN, MUSS DIE EU IHREN ZUFÜHREN SIND. 108 VERBRAUCH UND DIE PRODUKTI- ON VON FLEISCH UND MILCH Eine Verlagerung der Sojaproduktion in die EU PRODUKTEN BIS 2050 DRASTISCH wäre keine Lösung. Rund 70 % der Acker- und SENKEN. 114 Grünflächen in der EU – rund 1,2 Mio. km² – werden bereits zur Herstellung von Futtermit Dies sollte durch politische Hebel erreicht teln für Nutztiere genutzt.109 Weitere 110.000 km² werden, einschließlich einer wirksamen Reform (eine Fläche so groß wie Österreich und Belgien der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Nur so zusammen 110) wären erforderlich, um das der kann verhindert werden, dass Gelder weiterhin zeit in den EU-Markt importierte Soja anzu in die Intensivtierhaltung und industrielle bauen.111 Um den derzeitigen Verbrauch von Soja Landwirtschaft fließen – stattdessen sollten die und anderem Getreide in der Fleisch- und Subventionen eine stärker pflanzenbasierte Milchindustrie selbst abzudecken, müsste die Ernährung fördern und in diesem Zusammen EU fast 30 % der ohnehin begrenzten Acker hang besonders der ökologischen Landwirt fläche, die derzeit nicht für die Tierproduktion schaft zugute kommen. genutzt wird, hierfür umwandeln.112 Dies würde weder die Probleme der Klimaauswirkungen noch der Gesundheitsauswirkungen, die sich aus unserem übermäßigen Verzehr von Fleisch und Milchprodukten ergeben, beheben. Im Ge genteil, es könnte sogar die Produktion einiger Produkte ins Ausland verlagern und so mög licherweise ein Treiber der Entwaldung durch einen anderen ersetzt werden. EU-Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten treibt Sojaimporte an 19
GRAFIK 07 VERSTECKTES SOJA IN UNSEREN LEBENSMITTELN 100 100 100 G G G 109 G 51 G 46 G Hähnchenbrust Schweinekotelett Hamburger 55 100 G G 35 G 25 G Ei Käse ANTEIL AN SOJA, DER ZUR ▶ Sojabohnenplantage im brasilianischen PRODUKTION UNSERER Cerrado, Bundesstaat LEBENSMITTEL BENÖTIGT WIRD © Otto Ramos / Greenpeace 20 EU-Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten treibt Sojaimporte an
HOOKED ON MEAT 3 DIE NAHRUNGS- MITTEL- UND AGRAR-REVOLU- TION, DIE WIR BRAUCHEN 21
GESUNDE ERNÄHRUNG FÜR DIE MENSCHEN UND UNSEREN PLANETEN Das globale Ernährungssystem – insbesondere und intensiv bewirtschafteten Futtermitteln die Produktion von Fleisch und Milchprodukten – durch einen ökologischen Ansatz zu ersetzen: ist ein starker Treiber sowohl für die Entwaldung Wiederkäuer könnten auf Grünland grasen, als auch für die Treibhausgasemissionen.115 während Schweine und Geflügel mit Lebens Landwirtschaftliche Emissionen, auch durch mittelresten (die unnötig in der Tonne landen) Entwaldung und Landnutzungsänderungen, und Pflanzenresten gefüttert werden könnten. machen fast ein Viertel der globalen Treibhaus gasemissionen aus.116 Die Nutztierhaltung – die EIN GESÜNDERER UND NACH Tiere selbst und die Futtermittelproduktion – ist für etwa 60 % der weltweiten Treibhausgas HALTIGERER FLEISCH- UND emissionen aus der Landwirtschaft verantwort MILCHKONSUM BEDEUTET, DASS lich.117 Soja, das hauptsächlich als Tierfuttermittel DER DURCHSCHNITTSBÜRGER verwendet wird, machte in der Vergangenheit BIS 2030 NICHT MEHR ALS 24 KG fast die Hälfte der Entwaldung aus, die im FLEISCH UND 57 KG MILCH Zusammenhang mit EU-Importen steht.118 PRODUKTE PRO JAHR VERZEHRT. GREENPEACE FORDERT, DASS Dies entspricht in etwa der im EAT-Lancet SICH DER WELTWEITE VERBRAUCH Bericht befürworteten sogenannten „Planetary VON TIERISCHEN PRODUKTEN Health Diet”, die nicht mehr als 98 Gramm BIS 2050 HALBIERT. rotes Fleisch (Schwein, Rind oder Lamm), 203 Gramm Geflügel und 196 Gramm Fisch pro Für Europa, wo der Fleisch- und Milchkonsum Woche empfiehlt: zusammen etwas mehr als etwa doppelt so hoch ist wie im weltweiten 25 kg pro Jahr.120 Durchschnitt 119 bedeutet dies eine stärkere und schnellere Reduzierung: etwa 80% bis 2050. Um ein solches Ziel zu erreichen, muss die Pri orität darin bestehen, den Konsum von schäd lichen Fleisch- und Milchprodukten zu senken und die Zahl der Nutztiere zu reduzieren. Die Erreichung dieses Ziels geht Hand in Hand mit einem Übergang zum ökologischen Land bau – ein System, das die Ernährungssicherheit gewährleistet und sowohl unser Klima als auch unsere biologische Vielfalt schützt. Für den Viehzucht Sektor bedeutet das, Tiere mit Res pekt und ohne Leid zu züchten und auf Flächen zu halten, die nicht für die menschliche Nah rungsmittelproduktion oder die biologische Vielfalt benötigt werden. Dies bedeutet auch, den derzeitigen Gebrauch von proteinreichen 22 Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen
HOOKED ON MEAT GRAFIK 08 DERZEITIGER DURCHSCHNITTLICHE KONSUM VON FLEISCH UND MILCHPRODUKTEN Fleisch: kg pro Kopf pro Jahr Greenpeace Greenpeace 2030-Ziel: 2050-Ziel: 24 kg 50% weniger pro Kopf (Basis 2013) pro Jahr auf 16 kg pro Kopf pro Jahr Milchpro- dukte: kg pro Kopf pro Jahr Greenpeace Greenpeace 2030-Ziel: 2050-Ziel: 57 kg 50% weniger pro Kopf (Basis 2013) pro Jahr auf 33 kg pro Kopf pro Jahr Welt China Brasilien Argentinien USA Westeurope Südostasien Afrika Indien Zahlen aus 2013 (die jüngsten verfügbaren Zahlen aus FAOSTAT 2018) Kg Fleisch bezieht sich auf das Schlachtkörpergewicht, d. h. rohe und unverarbeitete Produkte zum Zeitpunkt des Verkaufs, wie in FAOSTAT. Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen 23
EINE DEUTLICHE REFORM DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK Seit mehr als einem halben Jahrhundert ermöglicht die Agrarpolitik der EU neben der damit verbundenen Handelspolitik den Ausbau der industri ellen Fleisch- und Milchproduktion. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Umwelt – auch außerhalb der EU. Die EU-Agrarsubventionen sollten stattdessen verwendet werden, um den Übergang zu einer pflanzlichen Ernährung zu erleichtern und eine öko logische Tierproduktion zu fördern. Die EU muss den Übergang zu agrar- ökologischen Anbaumethoden deutlich beschleunigen. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ist einer der wichtigsten poli- tischen Hebel, die bestimmen, wie Lebensmittel in der EU hergestellt und konsumiert werden. Sie hat zur Konzentration und Industrialisierung des europäischen Agrarsektors geführt. Die Folge: Der Großteil der kleineren Betriebe verschwand, vor allem die großen industriell arbeitenden Betriebe konnten sich durchsetzen. Die Erzeugung von tierischen Produkten in der EU ist heute auf wenige Länder konzentriert. Deutschland, Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich beispielsweise erzeugen zusam- men 54 % der Rinder, 50 % der Schweine und 54% der Schafe und Ziegen in der EU 121. Eine konsequente Reform der GAP ist von entscheidender Bedeutung, um den notwendigen Wandel zu einer gesünderen und nachhaltigeren Er- nährung zu ermöglichen und dazu beizutragen, die europäische Landwirt- schaft vom derzeitigen Modell der Massentierhaltung abzukoppeln. Der GAP-Reformprozess hat bereits begonnen, und die neuen Richtlinien sollen ab 2021 gelten.122 Die Europäer haben die Chance, das europäische Ernährungssystem zu verbessern und nachhaltige, nahrhafte und erschwing liche Lebensmittel für alle bereitzustellen. Greenpeace fordert die Ent- scheidungsträger auf europäischer und nationaler Ebene auf, sich für eine GAP einzusetzen, die unsere Gesundheit, die Umwelt und die Lebens- grundlage der ländlichen Gemeinschaften schützt. Die folgenden Schritte sind hierfür dringend notwendig: 24 Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen
HOOKED ON MEAT 1 3 Keine GAP-Gelder für Unterstützung für den Massentierhaltung ökologischen Anbau von GAP-Gelder sind öffentliche Mittel, die Umwelt Obst und Gemüse verschmutzung nicht belohnen sollten. Bei Obwohl der Nutztierhaltung-Sektor für 14% der einer großen Anzahl von Tieren unter beengten weltweiten Treibhausgasemissionen verant Verhältnissen stoßen Tierfabriken hohe Men wortlich ist, erhält er eine beträchtliche gen an klimaschädlichen Methan, umweltschäd GAP-Unterstützung, sowohl direkt als auch lichen Ammoniak und umweltschädlichen über Zahlungen für den Anbau von Futter Lachgas aus. GAP-Gelder sollten die industri pflanzen. Stattdessen sollten GAP-Zahlungen elle Massentierhaltung nicht unterstützen. bevorzugt nach diesen Kriterien verwendet werden: • Unterstützung der ökologischen Er zeugung von Obst, Gemüse und Hülsen- 2 früchten für den direkten menschlichen Verzehr und Weniger und dafür bessere •F örderung gesunder Ernährung, z. B. durch Fleisch- und Milchprodukte Stärkung eines EU-weiten Schulobst- fördern und -gemüsesystems und Finanzierung von Kampagnen zu Fleischalternativen. Die GAP-Zahlungen sollten Betriebe unterstüt zen, die eines oder mehrere dieser Kriterien erfüllen: • Maßnahmen zur schrittweisen Reduktion der Tierzahlen - und damit zur Reduktion 4 von Emissionen (Methan, Ammoniak, ...) •A ufzucht von Tieren in ökologisch be- Verschärfung der wirtschafteten extensiven 123 (Low-Input-, Umwelt-Voraussetzungen Freilandhaltung) Systemen; und für GAP-Subventionen •A bschaffung des routinemäßigen Ein Die Europäische Kommission hat angekündigt, satzes von Antibiotika. Verzicht auf Anti dass die Umweltkriterien, die die Landwirte biotika, die zur Behandlung von Menschen einhalten müssen, um GAP-Gelder zu erhalten, eingesetzt werden, um das Risiko der Bildung verbessert werden. Dazu gehört auch die Ein resistenter Keime zu verringern. haltung aller EU-Umweltschutzvorschriften, einschließlich der Gesetze zum Schutz unseres Wassers vor Verschmutzung, zur Begrenzung schädlicher Emissionen, zur Kontrolle des Einsatzes von Pestiziden und zum Schutz von Wildtieren und natürlichen Lebensräumen. Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen 25
Ökologische Tierhaltung nahe Wien, Österreich © Mitja Kobal / Greenpeace Küken auf einem Öko-Bauernhof in Bulgarien © Ivan Donchev / Greenpeace 26
HOOKED ON MEAT 5 7 Verbindliche GAP-Ziele Mindestens 50% der für alle Länder GAP-Subventionen für Die Europäische Kommission hat neun überge Gesundheits-, Klima- und ordnete Ziele vorgeschlagen, die die EU-Länder im Rahmen ihrer nationalen GAP-Pläne ver Umweltschutz folgen können. Vier davon betreffen die öffent Derzeit gehen die Direktzahlungen der GAP liche Gesundheit, den Klimawandel und die an Landwirte, unabhängig davon, ob sie der Umwelt. Es sollte nicht den Regierungen über menschlichen Gesundheit oder der Umwelt lassen bleiben, aus diesen neun Zielen auszu helfen oder schaden. Die neue GAP sollte wählen. Die Länder müssen mindestens die sicherstellen, dass mindestens 50 % dieser Gesundheits-, Klima- und Umweltziele erfüllen. Direktzahlungen für Gesundheits- und Umweltschutz ausgegeben werden. 6 8 Stärkung der GAP-Umweltmaßnahmen Unterstützung nachhaltig Die Europäische Kommission erklärt, dass sie wirtschaftender Kleinbauern den Umweltschutz im Rahmen der GAP ver Öffentliche Gelder sollten die Vielfalt auf un bessern will. In ihrem neuen Haushaltsvoran seren Feldern und auf unserem Teller fördern. schlag reduziert die EU allerdings die verfüg Zwischen 2005 und 2013 mussten jedoch ein baren Mittel für die „ländliche Entwicklung“ Viertel der europäischen Landwirtschaftsbe um ein Viertel, die in der Vergangenheit den triebe (3,5 Millionen Unternehmen) schließen. besten Gesundheits- und Umweltschutz er Viele der verbleibenden Betriebe haben sich bracht hat. Der Geldbetrag für die ländliche kontinuierlich erweitert. Um kleine Betriebe Entwicklung, insbesondere für den ökologi zu unterstützen, die ökologischen Landbau schen Landbau, biologischen Landbau und die betreiben oder versuchen, auf diesen umzu naturnahe Landwirtschaft, muss erheblich stellen, muss die neue GAP: erhöht werden. •e ine Obergrenze für die Höhe der Sub- ventionen festlegen, die ein einzelner Begünstigter erhalten kann, um die von großen industriellen Betrieben erhaltenen Beträge wirksam zu begrenzen; und •a bsteigende Zahlungssysteme (degressive payments) einführen, die kleineren Betrie ben mehr Geld einbringen. Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen 27
INTENSIVIERUNG DER EU-MASSNAHMEN ZUM SCHUTZ DER WÄLDER UND ANDEREN NATÜRLICHEN ÖKOSYSTEMEN Im Dezember 2018 kündigte die Europäische Kommission auf Anraten des Europäischen Parlaments 124 und mehreren europäischen Ländern 125 an, die Maßnahmen gegen die weltweite Entwaldung und Waldschädigung zu verstärken.126 Die Kommission räumte ein, dass „die EU als wichtiger Importeur von Agrar- rohstoffen Teil des Problems ist, aber auch Teil der Lösung sein kann“.127 Zu diesem Zweck kam eine kürzlich von der Kommission finanzierte Studie zu dem Schluss, dass ein Maßnahmenpaket mit neuen Rechtsvorschriften die größten Auswirkungen haben würde.128 Greenpeace fordert die EU auf, rasch einen umfassenden und ehrgeizigen Aktionsplan, einschließlich neuer Gesetze, zu verabschieden, um die Ursachen der Entwaldung, der Waldschädigung und der Umwandlung oder Verschlech- terung anderer natürlicher Ökosysteme anzugehen. Die EU sollte bestrebt sein, ihre zerstörerischen Auswirkungen auf Wälder und natürliche Ökosysteme zu beseitigen. Zudem müssen natürliche Lebensräume geschützt und wiederher- gestellt, der globale ökologische Fußabdruck verringert und Menschenrechte geschützt werden. Parallel dazu muss ein Übergang von konventioneller Land wirtschaft zu ökologischer Landwirtschaft stattfinden und gefördert werden. Die Vorschläge der Kommission müssen dem Ernst der Lage und der Dring- lichkeit der aktuellen Klima- und Biodiversitätskrise entsprechen. Untätigkeit oder halbgare Maßnahmen führen zu weiteren erheblichen Schäden für das Leben der Menschen und die Umwelt. Die Maßnahmen der EU zum Schutz der Wälder und anderer natürlicher Ökosysteme sollten mindestens folgende Punkte beinhalten:129 28 Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen
HOOKED ON MEAT 1 3 Neue Gesetze Verbrauch reduzieren Binnenmarkt — Neue Rechtsvorschriften sind Der Aktionsplan sollte politische Vorschläge erforderlich, um sicherzustellen, dass alle im enthalten, die darauf abzielen, eine Verrin EU-Binnenmarkt verkauften Wald-Risikogüter gerung des Verbrauchs von Fleisch und und Folgeprodukte (i) streng definierten Nach Milchprodukten sowie Einwegprodukten und haltigkeitskriterien entsprechen, um ökologi Verpackungen wie Pappbecher und Karton sche und soziale Auswirkungen wie Entwaldung, in der EU zu erzielen. Waldschädigung, Umwandlung oder Verschlech terung anderer natürlicher Ökosysteme und Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden, und (ii) nicht von Unternehmen hergestellt werden, 4 die für solche ökologischen oder sozialen Aus wirkungen verantwortlich sind. Diese neuen Rechtsvorschriften sollten auch Verpflichtun Langfristige Klimastrategie gen für in der EU ansässige Betreiber vorsehen, Die EU diskutiert derzeit eine neue langfristige einschließlich z.B. Sorgfaltspflicht, Rückver Klimastrategie. Die Ziele für 2030 müssen folgbarkeit, Transparenz der Lieferkette und dringend erhöht und eine Strategie unterstützt Überprüfung durch Dritte. werden, die die Emissionen in allen Sektoren Finanzen — Es bedarf neuer Rechtsvorschrif drastisch reduziert. Nur so können bis 2040 ten, um zu verhindern, dass das Finanzsystem die Nettoemissionen auf Null reduziert werden zur Unterstützung von Unternehmen oder (Netto-Null-Emissionen). Um dieses Ziel zu Tätigkeiten im Zusammenhang mit Entwaldung, erreichen, muss die EU zudem die Kohlenstoff Waldschädigung, Umwandlung oder Verschlech abscheidung und -speicherung erhöhen, terung anderer natürlicher Ökosysteme und indem Wälder, Moore und andere natürliche Menschenrechtsverletzungen genutzt wird. Ökosysteme in der EU renaturiert und vor Diese neuen Rechtsvorschriften sollten die weiterer Zerstörung geschützt werden. Finanzakteure (einschließlich Banken, Investo ren und Versicherer sowie den öffentlichen Sektor) verpflichten, die Sorgfalts- und Trans parenzanforderungen einzuhalten. 5 Änderungen an bestehenden 2 Richtlinien Um die Klimaziele geschlossen anzugehen und die Ziele des künftigen Aktionsplans sicher Internationale Zusammen- zustellen, müssen Änderungen an einer Reihe arbeit und Dialog bestehender Regulierungen vorgenommen Die EU sollte ihre Zusammenarbeit mit den Er werden. Dazu gehören beispielsweise die GAP, zeugerländern verstärken, um den Schutz und die EU-Handelsrichtlinien sowie die Richtlinien die Renaturierung von Wäldern, Mooren und der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Bioenergie. anderen natürlichen Ökosystemen zu gewähr leisten. Zudem muss die EU die Regierungen der Erzeugerländer in der Strafverfolgung von Landraub sowie bei der Klärung und Anerken nung des Landbesitzes indigener Völker und Gemeinschaften unterstützen sowie einen Übergang zu ökologischen Anbaumethoden vorantreiben. Darüber hinaus sollten die Mit gliedstaaten der EU als Verbraucherländer zusammenarbeiten und das politische Gewicht nutzen, um die Produktionsländer für Maß nahmen zum Waldschutz und anderere Ökosysteme zu gewinnen. Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen 29
STRENGERE EU-VORSCHRIFTEN FÜR PESTIZIDE UND GVOS Greenpeace fordert die EU auf, folgende Maßnahmen umzusetzen: 1 3 Einfuhrverbot von Lebens- Einführung einer EU-weiten und Futtermitteln, die mit GVO-Kennzeichnung für verbotenen Pestiziden Lebensmittel tierischen behandelt wurden Ursprungs Die EU sollte ein Einfuhrverbot für Lebens- Die EU sollte die Kennzeichnung von Lebens und Futtermittel verhängen, die mit Pestiziden mitteln tierischen Ursprungs, bei denen die behandelt wurden, die nicht für die Verwen Tiere mit gentechnisch veränderten Pflanzen dung in der EU zugelassen sind und/oder die gefüttert wurden, vorschreiben. Derzeit ist aufgrund von Gesundheits- und Umweltrisiken die GVO-Kennzeichnung nur für Lebens- und verboten wurden. Futtermittel, die GVO-Kulturpflanzen enthal ten, verpflichtend. Bis zur Umsetzung dieser Änderung fordern wir die Einzelhändler auf, eine gentechnikfreie Kennzeichnung für Tier produkte zu verwenden, bei denen kein gen 2 technikfreies Futtermittel verwendet wurde. Ausfuhr verbotener Pestizide stoppen Die EU sollte den Verkauf von Pestiziden im 4 Ausland einstellen, wenn sie die Verwendung dieser innerhalb der eigenen Grenzen nicht erlaubt. Reform des EU-Entschei- dungsprozesses für gentechnisch veränderte Kulturpflanzen Die EU sollte ihren Entscheidungsprozess über gentechnisch veränderte Pflanzen reformieren. Nach den derzeitigen Vorschriften erlaubt die Europäische Kommission konsequent die Ein fuhr von gentechnisch veränderten Pflanzen ohne die Unterstützung einer qualifizierten Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten und in vielen Fällen trotz des erklärten Widerstands des Europäischen Parlaments. 30 Die Nahrungsmittel- und Agrarrevolution, die wir brauchen
HOOKED ON MEAT Ein Blauscheitelmotmot (Momotus momota), gesichtet im Amazonas Regenwald © John Novis / Greenpeace Ein Ipê-Baum im Regenwald südlich von Santarèm, Bundesstaat Pará, Brasilien © Daniel Beltrá / Greenpeace 31
END- NOTEN 1 1997 wurden weltweit 144 Millionen Tonnen 17 Siehe Kroes H & Kuepper B (2015) S. 9-11. Sojabohnen produziert. 2017 waren es Tabelle 17 in diesem Bericht zeigt den Soja- 353 Millionen Tonnen. Quelle: FAOSTAT-Website konsum in der EU, eingebettet in verschiedene „crops“ Sektoren. Für die Berechnung haben wir die Äquivalente für Soja verwendet. Zu der Kate- 2 Laut Eurostat-Daten wurden 2013 fast drei gorie „Futtermittel“ gehört Soja, das in der Viertel der Großvieheinheiten (GVE) (72,2%) Rinderzucht und Produktion von Fleisch, Eiern in der EU-28 in sehr großen Betrieben aufge und Eiprodukten sowie in der Produktion von zogen. Quelle: Eurostat (2018) Milchprodukten und als Futtermittel für Zucht- fische verwendet wird. Das Gesamtvolumen 3 FAOSTAT-Website „Crops“ entspricht einem Wert von 23,28 Millionen 4 FAOSTAT-Website „Crops“ Tonnen Sojabohnen, was 87% des Gesamt- wertes von 26,64 Millionen Tonnen ausmacht. 5 Gibbs HK et al (2015) 18 Greenpeace (2018) S. 14 6 Spring J (2018), Gibbs HK et al (2015) Critical Ecosystem Partnership Fund (2017) pp51-52 19 Willett W et al (2019) p2, pp9-12 7 Company Action on Deforestation (2018) p1 20 European Commission (2013) S. 23-24. Unter „Verkörperte Entwaldung“ versteht man die 8 NASA Earth Observatory website ‚Deforestation Entwaldung im Zusammenhang mit der Pro in Paraguay‘ und Oliveira G & Hecht S (2016) duktion von Waren, Waren oder Dienstleistun gen. Dem Bericht zufolge importierte die EU 9 Kissinger G, Herold M & De Sy V (2012) p5 zwischen 1990 und 2008 pflanzliche und 10 Kissinger G, Herold M & De Sy V (2012) pp15, 44 tierische Erzeugnisse mit einer Fläche von 90.000 km2 Entwaldung. Davon entfielen 11 Siehe z.B. Prager A & Milhorance F (2018) 74.000 km2 (82%) auf pflanzliche Erzeugnisse, and Lane C (nd). wobei Ölpflanzen den größten Anteil haben (52.000 km2). Sojabohnen und Sojakuchen 12 International Service for the Acquisition of wiederum machten 82% davon (42.600 km2) Agri-biotech Applications (2017) pp16-17 aus, was 47% der Gesamtimporte der EU an 13 International Service for the Acquisition of verkörperter Entwaldung entspricht. Agri-biotech Applications (2017) p21 21 Daten und Methoden, die Greenpeace von der 14 Pretty J & Bharucha ZP (2015), Leguizamón A Europäischen Kommission zur Verfügung ge (2014) und Schiesari L et al (2013) stellt wurden. Siehe Greenpeace (2019) S. 11, 13. Methodik und Daten siehe auch Europäische 15 In Argentinien stiegen die Ausbringungsmen Kommission (2018a,c,d,f) und Website der gen von 1,93 kg/ha im Jahr 1996 auf 5,17 kg/ha Europäischen Kommission Getreide, Ölsaaten im Jahr 2016, während sie in Brasilien von und Eiweißpflanzen, Reis“. Hinweis: Diese Be 1,55 kg/ha auf 4,31 kg/ha stiegen. rechnung umfasst Ölsaaten wie Raps und Quelle: FAOSTAT-Website „Pesticides“. Sonnenblumen, die eine Gesamtfläche von fast 120.000 km2 umfassen. Während extrahiertes 16 Im Jahr 2016 importierte die EU 33,3 Millionen Öl weitgehend als Lebensmittelzutat oder für Tonnen Sojaprodukte (Sojabohnen, Sojaschrot, Biodiesel verwendet wird, wird das Mehl – ein Sojaöl, Sojapaste und Sojasauce). Die Importe Nebenprodukt des Ölextraktion Prozesses – bestanden überwiegend aus Sojabohnen als Tierfutter verwendet (siehe Europäische (14,5 Mio. t) und Sojaschrot (18,6 Mio. t). Quelle: Kommission (2018d) p2). Es ist anzunehmen, FAOSTAT-Website „Crops and livestock products“. 32 Endnoten
HOOKED ON MEAT dass die gesamte Anbaufläche für Ölsaaten als 33 Gibbs HK et al (2015) Futtermittelproduktion in der Berechnung be- rücksichtigt werden sollte; jedoch wurde - nach 34 Greenpeace (2006) einem konservativen Ansatz im Einklang mit 35 Trase (2018b) DoR cites Adario P (2016) den von der Europäischen Kommission selbst Vor 10 Jahren wurde der Amazonas noch für angewandten Methoden zur Attribuierung der Soja zerstört, dann änderte sich alles. 16. Mai „verkörperten Entwaldung“ (siehe Anhang C p11 Greenpeace UK https://www.greenpeace.org. der Europäischen Kommission (2013) – die ge- uk/10-years-ago-amazonwas-being-bulldo nutzte Fläche proportional berechnet, basie- zed-soy-then-everythingchanged-20160516/ rend auf dem Prozentsatz der in Mehl umge stellten Ernte im Vergleich zur extrahierten 36 Greenpeace (2014) Ölfraktion. 37 Greenpeace (2014) 22 CIA-Website „The World Factbook“ 38 ABIOVE & Agrosatéllite (2018) S. 15 23 Die EU importierte 2016 33,3 Millionen Tonnen Sojaprodukte (Quelle: FAOSTAT-Website „Crops 39 ABIOVE & Agrosatéllite (2018) S. 18 and livestock products). Der durchschnittliche 40 Fearnside P (2017) EU-Ertrag aus der Sojaproduktion betrug 2016 3 Tonnen/ha (Quelle: Europäische Kommission 41 Freitas G Jr. & Freitas T (2018) (2018g), Registerkarte MS_Ölsaaten). Dies er gibt einen Flächenbedarf von 110.000 km2. 42 Quelle: FAOSTAT website „Crops“ 24 Im Jahr 2017 wurden von den 1,05 Millionen km² 43 Faleiros G & Isensee e Sá M (2018) Ackerfläche in der EU rund 668.000 km2 als Futtermittel genutzt (siehe oben Greenpeace 44 Rocha J (2019) (2019) pp11, 13 für eine vollständige Erklärung 45 Branford S & Torres M (2018) DoR refs to Dias der Zahlen). Damit stehen nur noch 382.000 km2 BFS (1982) ‘Alternativas para o desenvolvimen für die direkte Herstellung von Lebensmitteln to dos cerrados: manejo e conservação dos und andere Anwendungen zur Verfügung. Ein recursos naturais renováveis’ Brasília, Flächenbedarf von 110.000 km2 zur Erzeugung FUNATURA/IBAMA der derzeit von der EU importierten Soja Menge entspricht 30 % der Ackerfläche, die nicht be 46 World Wildlife Fund website: „Cerrado: Facts“ reits für die Tierernährung genutzt wird. 47 Strassburg B, Brooks T & Feltran-Barbieri R (2017) 25 European Council Website „Paris Agreement on Climate Change“ 48 World Wildlife Fund (2017) p2 26 Greenpeace (2018) 49 TerraBrasilis Website „Incrementos de des matamento anuais no Cerrado Brasileiro“. 27 FAOSTAT-Website „Crops“ 50 Critical Ecosystem Partnership Fund (2017) 28 FAOSTAT-Website „Crops“ pp146-151 29 FAOSTAT-Website „Crops“ 51 MapBiomas Project v31. Annual land use land cover maps of Brazil 30 FAOSTAT-Website „Crops“ 52 88,2 Millionen Hektar Quelle: CIA website 31 Brasilien exportierte 1997 19,5 Millionen Tonnen The world Factbook Sojaprodukte (Sojabohnen, Sojaschrot, Sojaöl und Sojasauce) und 2016 67,3 Millionen Tonnen. 53 Critical Ecosystem Partnership Fund (2017) (Die Daten sind für die Exporte im Jahr 2017 pp51-52 sind noch nicht verfügbar.) Quelle: FAOSTAT- Website „Crops and livestock products“. 54 USDA (2012) 32 Argentinien exportierte 1997 10,5 Millionen 55 Input Brasilianische Website „Regionen: Tonnen Sojaprodukte (Sojabohnen, Sojaschrot, MATOPIBA‘‘ Sojaöl und Sojasauce) und 2016 43,7 Millionen 56 Carneiro Filho A & Costa K (2016) p9 Tonnen. (Die Daten für die Exporte im Jahr 2017 sind noch nicht verfügbar.) Quelle: FAOSTAT- 57 Trase (2018a) Website „Crops and livestock products“. 58 ABIOVE (2007) p10 Endnoten 33
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