Wie könnte Traumatherapie aussehen, wenn neben der Behandlung der PTBS-Kernsymptome auch Resilienz und Wohlbefinden gestärkt werden? - Tanja ...
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Wie könnte Traumatherapie aussehen, wenn neben der Behandlung der PTBS-Kernsymptome auch Resilienz und Wohlbefinden gestärkt werden? Tanja Michael Universität des Saarlandes 21. Zürcher – Psychotraumatologie – Tagung 16.4.2016
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Symptomatik nach DSM-5 • Wiedererleben • Vermeidung • negative Veränderungen in Kognitionen und Stimmung • Veränderung des Erregungsniveaus und der Reaktivität American Psychiatric Association (2015)
Symptome im Alltag von PTBS Patienten 3 2.5 2 ∗ Kontrollgruppe 1.5 RMSSD Panik mit Agoraphobie 1 PTBS 0.5 0 Körperliche Kognitive Depressivität Angstsymptome Angstsymptome Pfaltz, M. C., Michael, T., Grossman, P., Margraf, J., & Wilhelm, F. H. (2010). Instability of physical anxiety symptoms in daily life of patients with panic disorder and patients with posttraumatic stress disorder. Journal of Anxiety Disorders, 24, 792-798.
Woher kommt die hohe Symptombelastung? Egal wie schnell und weit ich laufe, es holt mich immer wieder ein Auf einmal starre ich wieder in den Gewehrlauf und höre mich schreien: „Don’t shoot me, just don’t shoot me“
Auslöser von Intrusionen • Stimuli, die im traumatischen Kontext vorhanden waren • Grübeln über das Trauma Ehlers, A., Hackmann, A., & Michael, T. (2004). Intrusive reexperiencing in posttraumatic stress disorder: Phenomenology, theory, and therapy. Memory, 4, 403-415. Birrer, E. & Michael, T. (2011). Rumination in posttraumatic stress disorder and in traumatised and non-traumatised depressed patients: A clinical study. Behavioural and Cognitive Psychotherapy, 39, 381-397
Zusammenhang zwischen Grübeln und dem Auftreten von intrusiven Erinnerungsbildern PTBS (fast) 35% immer manchmal 65% Birrer, E. & Michael, T. (2011). Rumination in posttraumatic stress disorder and in traumatised and non- traumatised depressed patients: A clinical study. Behavioural and Cognitive Psychotherapy, 39, 381-397
Fallbeispiel Auslöser der Intrusionen • Grübeln und Gefühle von Anspannung, Hilflosigkeit, Wut oder Angst. • Geräusche, die an den Gebrauch von Schusswaffen erinnern (z.B. Knallen eines Auspuffs) • Körperreize wie pochende Schläfen oder kribbelnde Hände • …..
Grübeln … wird allgemein definiert als wiederkehrendes, sich im Kreis drehendes, selbstbezogenes und unkontrollierbares negatives Denken über vergangene negative Erfahrungen Nolen-Hoeksema, 1991; Papageorgiou and Wells, 2003; Teasdale, 1999
Grübeln und PTBS • Grübeln ist signifikanter Prädiktor für PTBS in Längstschnittsstudien • Nahezu alle PTBS-Patienten grübeln über das Trauma. Ein großer Teil der Patienten verbringt mehrere Stunden täglich mit Grübeln Birrer & Michael (2011). Behavioural and Cognitive Therapy. Michael, Halligan, Clark, & Ehlers (2007). Depression and Anxiety.
Erklärte Varianz in PTBS Symptomstärke durch Grübeln Interview 6-Monats-Fo-up 46% Grübeln 40% 54% Grübeln 60% Grübeln erklärt einen großen Teil der Varianz in der Symptomstärke von PTBS. Michael, T., Halligan, S. L., Clark, D. M., & Ehlers, A. (2007). Rumination in Posttraumatic Stress Disorder. Depression and Anxiety, 24, 307 – 317
Grübeln und PTBS Pathologisches Grübeln enthält verschiedene Faktoren: • „Warum“ und „Was wäre wenn“ Fragen • Gedankentreiben • Inneren Zwang fortzufahren • Positive Metakognitionen über Grübeln Birrer & Michael (2011). Behavioural and Cognitive Therapy. Michael, Halligan, Clark, & Ehlers (2007). Depression and Anxiety.
Grübeln und PTBS • Grübeln geht einher mit: ▫ Angst ▫ Trauer ▫ Wut ▫ Innere Leere ▫ Hoffnungslosigkeit … . • Häufige Begleiterscheinungen von Grübeln: ▫ intrusive Erinnerungsbilder ▫ lexikalische Gedanken mit suizidalem Inhalt Birrer & Michael (2011). Behavioural and Cognitive Therapy. Michael, Halligan, Clark, & Ehlers (2007). Depression and Anxiety.
Grübeln im Vergleich mit anderen Risikofaktoren? • Prätraumatische Faktoren ▫ Psychiatrische Vorgeschichte ▫ Frühere Traumatisierungen ▫ Etc. • Peritraumatische Faktoren ▫ Art und Schwere der Traumatisierung ▫ Dissoziation ▫ Etc. • Posttraumatische Faktoren ▫ Gedächtnisrepräsentation des Traumas ▫ Dysregulierte Cortisol-Spiegel ▫ Etc. Brewin et al. (2000), Halligan et al. (2003), ), DiGangi et al. (2013), Morris & Rao (2013), Mouthaan et al. (2014), Ozer et al. (2008), Pole (2007)
Grübeln im Vergleich mit anderen Risikofaktoren? Studie mit Trauma-Film-Paradigma • Trauma-Film-Paradigma als prospektive, kontrollierte Methode • Prä-, Peri- und Post-Film-Faktoren • „Irreversible“, Gaspar Noé (2002) • Induktion PTBS-ähnlicher Symptome bei gesunden Probanden Holz, E., Lass-Hennemann, J., & Michael, T. (under review). 15
Methode • N = 60 (30 ♀, 30 ♂) • AVs → analoge PTBS-Symptome: Intrusionshäufigkeit, IES-R Psychologische Faktoren Physiologische Faktoren Trait, State Baseline, Film, Post Grübeln (RS, eDiary) Cortisol (AUC CAR + Film) Dissoziation (TDQ, DSS) Elektrokardiogramm (EKG/IBI) Stimmung (BDI, PANAS) Blutdruck (BD/sys + dias) Angst (STAI-T, STAI-S) Elektrodermale Aktivität (EDA/SCL) Holz, E., Lass-Hennemann, J., & Michael, T. (in revision). Journal of Experimental Psychopathology. 16
Ergebnisse • Grübeln über den Film ist in dieser Studie der einzige Prädiktor für Intrusionshäufigkeit und andere PTBS-Symptome (gemessen mit IES) Holz, E., Lass-Hennemann, J., & Michael, T. (under review).
Interventionen gegen Grübeln • Auslöser identifizieren • Identifikation der subjektiven Sinnhaftigkeit • Grübelstunde einführen / produktives Denken üben • Achtsamkeitstechniken • Aktivitätsaufbau / Ablenken (z.B. Sport) • Behandlung der lexikalischen Gedanken Die Überprüfung dieser Interventionen in einem PTBS Gesamtbehandlungskonzept steht noch aus!
Sport und PTBS • Sport reduziert signifikant: ▫ Intrusionshäufigkeit ▫ „Hier & Jetzt“ Qualität der Intrusionen ▫ Alpträume • Sport verbessert: ▫ Schlafqualität Michael, T., Römer, S., Lass-Hennemann, J.,Peyk, P., Pouyafar, N. & Köllner, V. (in preparation). Holz & Michael, T. (2013). Sport und Bewegung. Ein vielversprechender Ansatz mit Forschungsbedarf. Psychotherapie im Dialog. 3, 61-63
Fallbeispiel Auslöser der Intrusionen • Grübeln und Gefühle von Anspannung, Hilflosigkeit, Wut oder Angst. • Geräusche, die an den Gebrauch von Schusswaffen erinnern (z.B. Knallen eines Auspuffs) • Körperreize wie pochende Schläfen oder kribbelnde Hände • …..
Einsatz von Tieren in der Trauma-Behandlung • Tiergestützte Therapien für psychisch kranke Menschen gewinnen zunehmend an Beliebtheit • Die Patientengruppe, bei der tiergestützte Therapien zurzeit besonders häufig zum Einsatz kommt, sind traumatisierte Patienten/PTBS- Patienten Lass-Hennemann, J., Holz, E. & Michael, T. (2015). Tiergestützte Therapie in der Behandlung von Angststörungen –Spielerei oder wirksame Unterstützung? Psychotherapie im Dialog, 16, 40-43.
Hunde wirken stressreduzierend • bei Kindern und Erwachsenen • unter Ruhebedingungen und bei Konfrontation mit Stressoren • in gesunden Stichproben und bei psychisch und körperlich Erkrankten ABER: Bisher hauptsächlich kognitive Stressoren oder milde natürliche Stressoren untersucht! Überblick bei Beetz et al. 2013
Angenommene Wirkung auf… • Hyperarousal: Stress- und angstreduzierende Wirkung von Tieren ist empirisch gut abgesichert • Emotional Numbing: Stimmungsaufhellende Wirkung von Tieren/Hunden wurden in vielen Studien gezeigt • Entfremdung von anderen Menschen: Tiere wirken als soziale Katalysatoren/erleichtern soziale Kontakte Bisher jedoch kaum empirische Forschung zu der tatsächlichen Wirkung auf PTBS-Symptome
Können Hunde in einer „traumatischen Situation“ stressreduzierend wirken? • Trauma-Film-Paradigma & 4 Experimentalgruppen ▫ Hund ▫ Freundliche weibliche Person ▫ Kuscheltier ▫ Allein
Ergebnisse STAI-S alone 60 dog toy dog friendly person 50 STAI-S Score (20-80) 40 30 20 pre trauma film post trauma film F(3,73)= 3.16, p < .05, η2= .12 Lass-Hennemann,J., Peyk, P., Streb, M., Holz, E., Michael, T. (2014). Presence of a dog reduces subjective but not physiological stress responses to an analogue trauma. Frontiers in Psychology, section for Clinical Settings, 5.doi: 10.3389/fpsyg.2014.01010
Ergebnisse PANAS (Negativer Affekt) alone 40 dog toy dog friendly person 35 Negative Affect (PANAS) 30 25 20 15 10 pre trauma film post trauma film F(3,73)= 2.96, p < .05, η2= .11 Lass-Hennemann,J., Peyk, P., Streb, M., Holz, E., Michael, T. (2014). Presence of a dog reduces subjective but not physiological stress responses to an analogue trauma. Frontiers in Psychology, section for Clinical Settings, 5.doi: 10.3389/fpsyg.2014.01010
Ergebnisse Cortisol alone dog toy dog 6 friendly person 5 Cortisol Increase (nmol/l) 4 3 2 1 0 pre film nach Film + 15 + 30 + 45 + 60 Cortisol: F(5,360) = 4.76, p < .001, η²= .062), Interaktion (F15,360) = .81, p =.49 Lass-Hennemann,J., Peyk, P., Streb, M., Holz, E., Michael, T. (2014). Presence of a dog reduces subjective but not physiological stress responses to an analogue trauma. Frontiers in Psychology, section for Clinical Settings, 5.doi: 10.3389/fpsyg.2014.01010
Können Hunde nach einer „traumatischen“ Stresssituation stress- und angstreduzierend wirken? Gibt es Auswirkungen auf PTBS-Symptome? Lass-Hennemann, J. & Michael, T. (in preparation)
Ergebnisse • Die Anwesenheit eines Hundes bewirkt, dass Angst und negativer Affekt schneller auf ihr Ausgangsniveau zurückkehren.
Zusammenfassung Hunde und PTBS • Anwesenheit eines Hundes während eines „Analogtraumas“ hat eine vergleichbare stressreduzierende Wirkung wie die Anwesenheit eines freundlichen Menschen • Kontakt mit Hund nach einem traumatischen Hundes reduziert Angst und negativen Affekt • Effekte nur für „subjektive Parameter“ gefunden • Ergebnisse unterstützen erste Befunde, dass Therapiehunde eine sinnvolle adjuvante PTBS Intervention sind (Yount et al., 2012)
Subjektives Wohlbefinden … beschreibt das selbst wahrgenommene Gefühl des Glücks im Leben oder der Zufriedenheit mit dem Leben. ▫ Abwesenheit von Schmerz ▫ Anwesenheit von Freude und Vergnügen
Glück korreliert mit: • Guten Sozialbeziehungen • Hohem Einkommen • Sozialem Engagement • robuster Gesundheit • Geselligkeit • Optimismus • Altruismus Diese Faktoren sind eventuell eine Konsequenz von Glück anstatt dessen Ursache Lyubormisky, et al., 2005
“A merry heart goes all the day, Your sad tires in a mile-a.” — William Shakespeare Wie wird man glücklich? 1) “Calm your mind” 2) “Log moments of joy” 3) “Wish other people to be happy” Meng, 2014
Resilienz bezeichnet: … das Phänomen, dass einige Personen trotz starker Belastungen und Risiken gesund bleiben oder sich relativ schnell von Störungen erholen, während andere unter vergleichbaren Bedingungen wesentlich anfälliger für Störungen und Krankheiten sind
Wie misst man Resilienz? • Schumacher, J., Leppert, K., Gunzelmann, T., Strauss, B. and Brähler, E. (2005). Die Resilienzskala: ein Fragebogen zur Erfassung der psychischen Widerstandsfahigkeit als Personmerkmal. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie, 53, 16–39. ▫ Wenn ich Pläne habe, verfolge ich sie auch ▫ Ich finde öfter etwas, worüber ich lachen kann ▫ In mir steckt genügend Energie, um alles zu machen, was ich machen muss. ▫ Normalerweise kann ich eine Situation aus mehreren Perspektiven betrachten.
Kohärenzgefühl • Das SOC (sense of coherence) ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass ▫ Stimuli der äußeren und inneren Umgebung strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind ▫ Man die Ressourcen hat, um den Anforderungen der Stimuli zu begegnen ▫ Die Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengungen lohnen (Antonovsky, 1997).
Wie misst man Kohärenz? • Abel, T., Kohlmann, T. and Noack, H. (1995). Eine deutsche Übersetzung des SOC. Bern, Switzerland: Universitat Bern, Institut fur Sozial- und Praventivmedizin.
PTBS korreliert negativ mit Resilienz und SOC
Schweizer Studie mit Rettungssanitätern • Resilienz und PTBS: -.23** • SOC und PTBS: -.44** Streb, M., Häller, P., & Michael, T. (2014). PTSD in paramedics: resilience and sense of coherence. Behavioural and Cognitive Psychotherapy, 42, 452–463.
Schweizer Studie mit Rettungssanitätern - Weitere Ergebnisse • Rettungssanitäter, die psychologische Hilfe bekamen, hatten im Vergleich weniger PTBS-Symptome ▫ Auch hatten sie höhere SOC-Werte. • Dies ist im Einklang mit Idee, dass SOC trainierbar ist.
HEDE-Training • 1.Sitzung: Einführung • 2. Sitzung: Gesundheit, Belastungen und Widerstandsressourcen • 3. Sitzung: Bedeutsamkeit kennen lernen • 4. Sitzung: Bedeutsamkeit fördern • 5. Sitzung: Ressourcen erweitern • 6. Sitzung: Verstehbarkeit kennen lernen und Entspannung • 7. Sitzung: Verstehbarkeit fördern • 8. Sitzung: Handhabbarkeit kennen lernen • 9. Sitzung: Handhabbarkeit fördern • 10. Sitzung: Rückblick und Abschluss – Bilanz und Ahoi! Erste Ergebnisse zeigen, dass das Training erfolgreich ist (Stahn, 2011) Franke, A., & Witte, M. (2009). Das HEDE-Training® : Manual zur Gesundheitsförderung auf Basis der Salutogenese (1 ed.). Bern Huber.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Grant yourself a moment of peace, and you will understand how foolishly you have scurried about. Learn to be silent, and you will notice that you have talked too much. Be kind, And you will realize that your judgment of others was too severe. Ancient Chinese Proverb
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