"Wir müssen bei Easyjet die Bilanz sauberhalten" - Unicollege SSML

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"Wir müssen bei Easyjet die Bilanz sauberhalten" - Unicollege SSML
"Wir müssen bei Easyjet die
Bilanz sauberhalten"
Easyjet-Europe-Chef Haagensen erläutert im
Interview mit airliners.de, unter welchen
Bedingungen die Airline strauchelnde
Konkurrenten abfängt und wie der Low-Coster
gegen die Probleme des Sommers kämpft.
31.10.2018 - 13:46 1 Kommentar

A320 von Easyjet. © AirTeamImages.com /Paul Marais-Hayer

Neben der Lufthansa-Gruppe scheint vor allem eine andere Airline von
der Air-Berlin-Pleite profitiert zu haben: Easyjet. Deutschlandweit hat
der Billigflieger sein Angebot in diesem Sommer fast verdoppelt. Das liegt
maßgeblich am Angebot in Berlin. Denn hier haben die Briten die Lücke
der Air Berlin versucht zu füllen und fliegen seit Anfang des Jahres
"Wir müssen bei Easyjet die Bilanz sauberhalten" - Unicollege SSML
sowohl von Schönefeld als auch von Tegel.

airliners.de: Herr Haagensen, Sie hatten angekündigt, ab dem
Winter komplett auf Wet-Leases in Tegel verzichten zu können.
Ist es jetzt so gekommen?
Thomas Haagensen: Fast. Am Ende der Woche sind es in Tegel 100
Prozent orangene Flugzeuge. Dann haben wir 25 Jets dort und noch mal
zwölf in Schönefeld. Berlin ist dann mit 37 eigenen Maschinen nach
Gatwick die zweitgrößte Basis im Netzwerk. Und dennoch war es wichtig,
dass wir die Operations nicht nur mit eigenen Flugzeugen gestartet haben.
In der Spitze hatten wir im Sommer 13 Maschinen, die gleichzeitig von
anderen Airlines für uns betrieben wurden. Wir brauchten die Wet-Lease
Partner, um in Ruhe die Basis aufbauen zu können. Also damit wir nach
und nach Leute rekrutieren und die Maschinen einflotten konnten.

Apropos Leute - wie viel Personal hat Easyjet jetzt in Berlin?
Insgesamt haben wir 1200 Mitarbeiter in Berlin - sowohl Schönefeld als
auch Tegel. Vor der Expansion hatten wir bereits 500 in Schönefeld. Also
kamen durch unseren Tegel-Start noch mal 700 dazu. Der Personalmarkt
ist gut, viele wollen zu uns. Aber nichtsdestotrotz sind wir auch sehr froh,
dass wir viele ehemalige Mitarbeiter von Air Berlin haben: 180 Piloten und
220 Kabinen-Crews. Und wir rekrutieren immer noch. In dieser Woche
suchen wir noch an zwei Tagen Piloten und Flugbegleiter in Berlin.

Zum Interviewpartner

Der Manager: Thomas Haagensen ist seit 2008 als Europachef von
Easyjet für die Märkte Dänemark, Deutschland, Finnland, Osteuropa und
Schweden zuständig. Der gebürtige Däne studierte Business
Administration in Lausanne und arbeitete danach zunächst bei Tetra Pak.
2004 kam er zu Easyjet.
Easyjet-Europe-Chef Thomas Haagensen (rechts) im Gespräch mit den airliners.de-Redakteuren Carlo
Sporkmann (links) und Benjamin Recklies. Foto: © airliners.de

Die Airline: Easyjet ist nach Ryanair der zweitgrößte Low-Cost-Carrier in
Europa. In Deutschland ist sie die viertgrößte Airline.

                                   Easyjet in Deutschland
                         Übrige Airports

                   Hamburg

              Stuttgart
                                                                            Berlin-Tegel

          München

                        Berlin-Schönefeld
                                                                   Grafik: airliners.de

Die Grafik zeigt die Verteilung der von Easyjet im Sommer angebotenen
Sitzplatzkapazitäten ab deutschen Flughäfen. Angaben gerundet. "Übrige
Airports" sind jene mit jeweils weniger als vier Prozent Anteil. Quelle: ch-
aviation

Übernommen haben Sie von Air Berlin aber auch Slots -
inwiefern macht dies die Flugplanung schwierig?
Wir bedienen aktuell immer noch Ziele von beiden Berliner Airports aus.
Beispielsweise betrifft dies Paris oder auch Basel. Nur: Das können wir
nicht so leicht umstellen. Die Flugpläne und im Hintergrund auch die Slots
anzupassen, dauert mehrere Jahre. Das kann man nicht von Saison zu
Saison alles auf einmal machen. Gleichzeitig muss man aber auch sagen,
dass es daneben für uns auch Ziele gibt, bei denen es sinnig ist, die von
beiden Flughäfen aus anzufliegen. Einfach weil es sich lohnt.

Für Easyjet lohnen sich auch die innerdeutschen Strecken - da
sind Sie neben der Lufthansa Group der einzige nennenswerte
Anbieter. Aktuell mit fünf Routen ab Tegel. Gibt es da Pläne für
mehr?
Erst müssen wir unsere heutige Situation und den Verkehr auf den fünf
bereits bestehenden Strecken festigen. Und dann sehen wir weiter.

Großes Thema bei allen Airlines war der Sommer. Viele
Probleme gepaart mit viel Wachstum führte bei allen Airlines zu
Schwierigkeiten. Wie sehr hat Easyjet gelitten?
In Berlin war die Situation für uns besser als im Rest des Netzwerks. Das
liegt wahrscheinlich auch mit an unserer sehr konservativen Planung mit
vielen Puffern. Denn hier geht es uns vor allem um eine stabile Operations.
Aber im Sommer trafen die ganze Industrie übergeordnete Probleme:
Streiks, Unwetter und Kapazitätsengpässe bei den Flugsicherungen. Am
Ende des Tages sind wir als Airline für unsere Kunden verantwortlich.

Wird das im nächsten Jahr besser?
Da man Fluglotsen nicht von einer Saison zur anderen ausbilden kann und
alle Airlines ihr Angebot auch im nächsten Sommer weiter ausbauen
werden, müssen wir uns als Industrie gemeinsam anschauen, wo wir
Probleme vermeiden können.

Was heißt das für Easyjet?
Manchmal denken wir zu einfach. Nur weil an der Stelle jetzt ein Problem
auftaucht, muss es beim nächsten Mal nicht automatisch wieder dort
haken. Deshalb sind Erfahrungswerte so unglaublich wichtig. Wir haben
beispielsweise vor einigen Wochen einen Testlauf mit einem neuen
Datenprogramm gestartet. Da wurden verfügbare externe Informationen
wie Fluglotsenkapazitäten oder Wetterdaten mit unseren eigenen zum
Flottenaufbau und eventuell technischen Problemen kombiniert und in
Echtzeit analysiert. Dadurch konnten wir direkt sehen, wo es im Laufe des
Tages haken wird und wo wir anpassen müssen. Das wollen wir in Zukunft
standardmäßig immer machen und haben es nun implementiert. Aber die
aktuellen Herausforderungen können nicht nur von einer Partei
addressiert werden. Da braucht es eine Kooperation von vielen Airlines:
Wir brauchen eine europäische Antwort auf die Probleme.

Die es ja mit dem Single European Sky schon gab …
Aber das Konzept ist zu langsam. Es wird immer wieder gelähmt. Und der
Sommer hat gezeigt: Es ist ernst; wir brauchen schnell Reformen. Es gibt
beispielsweise Modelle in Nordamerika, wo eine Fläche mit der Größe von
Europa viel effizienter von den Kosten und vom Personal her kontrolliert
wird.

All das hätte man ja auf einem Luftfahrtgipfel ansprechen
können!?
Wir können doch nicht ständig auf irgendwelchen Gipfeln irgendwas
besprechen. Wir müssen auf vielen verschiedenen Ebenen beispielsweise
stärker mit Airbus und auch den Flughäfen zusammenarbeiten. Es macht
Sinn, mit allen Beteiligten immer im Austausch zu sein. Gerade wenn in
Berlin die Sonne scheint, ist es schwierig zu vermitteln, dass es in
Barcelona Unwetter gibt und der Weg dahin von einem Streik der Lotsen
in Marseille betroffen ist. Daran sieht man doch: Die Antwort muss aus
Europa kommen.

Viele Airlines sind im Nachgang des Sommers über hohe
Entschädigungszahlungen an Fluggäste in die Knie gegangen -
sei es Azur Air oder eine Small Planet. Zusätzlich konnten viele
Fluggesellschaften die für den Winter so dringend benötigten
Geldreserven nicht aufbauen. Haben Sie nach Tegel schon die
nächste Übernahme im Blick?
Wir schauen uns viel an. Aber wir gucken immer sehr genau, welche
Airline zu unserer Struktur passt. Nur weil wir einen insolventen Player
abfangen, heißt es nicht, dass wir unser Geschäftsmodell aufgeben. Ein
solcher Schritt darf keinen Einfluss auf unsere Kostenbasis haben. Denn
für uns ist es wichtig, die Bilanz sauber zu halten, damit wir im
entscheidenden Moment auch flexibel genug sind, um eingreifen zu
können.

Herr Haagensen, vielen Dank für das Gespräch.

Von: cs, br
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