Woche der Brüderlichkeit im Land Brandenburg 2019 - März 2019 - Landtag ...
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Schriften des Landtages Brandenburg Heft 1/2019 Woche der Brüderlichkeit im Land Brandenburg 2019 11. März 2019
Musikalisch untermalt wurde die Festveranstaltung durch die Kantorin Aviv Weinberg (Berlin), begleitet durch den Kantoren- studenten Yoed Sorek (Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam).
Inhalt 05 09 13 Grußwort Grußwort Festansprache Britta Stark Tobias Barniske Prof. Dr. Gideon Präsidentin des Land- Vorsitzender der Botsch tages Brandenburg Gesellschaft für Leiter der Emil Josef Christlich-Jüdische Gumbel Zusammenarbeit Forschungsstelle Potsdam Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, Potsdam INHALT 3
Grußwort Britta Stark Präsidentin des Landtages Brandenburg S ehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestages und des Landtages Brandenburg, sehr geehrter Herr Bischof Dröge, Britta Stark sehr geehrter Herr Barniske, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gideon „Mensch, wo bist du? Gemeinsam Botsch, gegen Judenfeindschaft“ – Das The- sehr geehrte Mitglieder der jüdischen ma der Woche der Brüderlichkeit in die- Gemeinden, sem Jahr nennt die Dinge beim Namen, liebe Gäste, über die wir miteinander sprechen müs- ich freue mich, Sie zur Festveranstaltung sen und die von uns fordern, dass wir anlässlich der Woche der Brüderlichkeit zusammenstehen und gemeinsam han- zu begrüßen. deln. Judenfeindschaft in Deutschland Ich möchte mich bedanken bei Kantorin – das ist ein Alarmsignal, das uns zum Aviv Weinberg für die musikalische Ein- entschiedenen Handeln auffordert. stimmung auf diese festliche Stunde. Als in den 1990er-Jahren wieder Ju- Jedes Jahr kommen wir hier zusam- den nach Brandenburg kamen, haben men, Christen und Juden, und feiern das viele Menschen als ein Geschenk gemeinsam unsere Verbundenheit, un- von großem Vertrauen empfunden und sere Brüderlichkeit, die von unseren ge- die Rückkehr jüdischen Lebens in un- meinsamen geistlichen Wurzeln her so ser wiedergegründetes Brandenburg als selbstverständlich ist, wie sie ein Wun- Zeichen von Vertrauen gegenüber den der ist nach den Schrecken der Schoa, Deutschen, die Verantwortung über- für die wir Deutschen die Verantwortung nommen haben für das „Nie wieder!“ tragen. Unser Zusammenhalt zwischen Wir hatten nicht daran gezweifelt, dass Juden und Christen ist eine Gnade, die Jüdinnen und Juden sich in unserem über uns hinausweist und sich allen Land sicher fühlen können. Heute sehen Menschen öffnet. Unsere Brüderlichkeit wir, dass es Judenfeindschaft noch oder ist eine Sache des Herzens, die wir nicht schon wieder gibt, dass der Antisemitis- nur in dieser Woche leben wollen, son- mus keineswegs überwunden ist. dern jeden Tag. Ja, es ist alarmierend, wenn Jüdin- STARK 5
nen und Juden sagen, dass sie sich in und auch muslimischer Antisemitismus Deutschland nicht mehr sicher fühlen. sich ausbreitet, damit Judenfeindschaft Die „Jüdische Rundschau“ vom Janu- keine Zukunft hat in unserem Land. Das ist eine Frage von großer Dringlichkeit „Judenfeindschaft in für unsere Demokratie und für jeden Ein- zelnen von uns. Herabwürdigung, Be- Deutschland – das ist drohung, Hass oder Gewalt sind nicht vereinbar mit dem Menschenbild, das ein Alarmsignal, das Christen und Juden miteinander teilen. Weil Christen und Juden davon ausge- uns zum entschiedenen hen, dass jeder einzelne Mensch ein mit unverlierbarer Würde begabtes Ge- Handeln auffordert.“ schöpf Gottes ist, dem in seiner Ein- maligkeit und Verletzlichkeit Respekt gebührt, können wir auch gemeinsam ar 2019 berichtet von Jana Grossmann, für eine Gesellschaft einstehen, die die die ihre Erfahrungen mit dem Antisemi- Freiheit des Einzelnen garantiert – und tismus im Alltag beschreibt. Öffentlich die Freiheit anderer Religionen, Weltan- jüdisch zu sein, sagt sie, sei nicht mehr schauungen und Überzeugungen. möglich. Sie berichtet von brutalen An- Dieser Weg beginnt damit zu lernen, feindungen: „Jemand schrieb: Wir wer- dass es Unterschiede gibt, bei denen es den dich finden. Dann wirst du’s merken gar nicht darum geht, sie zu überwinden, und wirst dir Hitler zurückwünschen. sondern sie zu achten, weil sie zu uns Das habe ich zur Anzeige gebracht, aber Menschen gehören. Solche Unterschie- die Polizei konnte den Autor nicht er- de bereichern uns, wenn wir zuhören ler- mitteln. Richtig frei von Angst werde ich nen, wenn wir Empathie entwickeln und seither nicht mehr.“ die Perspektive des anderen in unseren Es ist eine schmerzliche Wahrheit, dass eigenen Horizont aufnehmen. Einer, der auch die Erinnerung an die Schrecken das vorgelebt hat, war der jüdische Phi- des Holocaust und millionenfachen losoph Emmanuel Levinas. Er sagte: „Ei- Mord an Juden nicht dazu geführt ha- nem Menschen begegnen heißt, von ei- ben, dass Antisemitismus in Deutsch- nem Rätsel wachgehalten zu werden.“ land geächtet ist – und dass es noch Das bedeutet, den anderen wahrzu- immer keine Selbstverständlichkeit ist, nehmen in seiner Unverwechselbarkeit, dass Juden mit uns leben wollen und mit seinen Unterschieden im Vergleich dass sie bei uns sicher leben können. zu mir selbst. Ihn wahrzunehmen ohne Diese bittere Einsicht fordert uns auf die Vorurteile und Schablonen, von de- zur Auseinandersetzung mit der Fra- nen unser Denken niemals ganz frei ist. ge, was wir tun können in einer Zeit, da Für Emmanuel Levinas, der erst nach Rechtspopulismus und Rechtsextremis- Kriegsende erfahren hatte, dass litau- mus die Mitte der Gesellschaft erreichen ische Soldaten seine Eltern und seine 6 STARK
Brüder erschossen hatten, weil sie Ju- „Mensch, wo bist du?“ – Gottes den waren, war die Frage nach dem „Nie Frage an die ersten Menschen, von der wieder!“ das Thema seines Lebens. Sei- das 1. Buch Mose berichtet, lädt zu ei- ne Antwort klingt auf verstörende Weise nem solchen radikalen Perspektivwech- einfach: „Nie wieder!“ – das bedeutete sel ein, der Christen und Juden mit allen für ihn einen radikalen Perspektivwech- Menschen verbinden kann. Unsere Brü- sel, weg von sich selbst und hin zum an- derlichkeit von Christen und Juden, un- deren und zu einem Humanismus, der ser Zusammenhalt, unser Eintreten für- ganz konsequent nicht sich selbst, son- einander ist eine große Chance für eine dern den anderen Menschen in den Mit- lebenswerte Welt. Lassen Sie uns die- telpunkt stellt. Die Würde des Menschen se Chance gemeinsam nutzen. Lassen zu achten, das hieß für Levinas, Verant- Sie uns zusammenstehen und uns ge- wortung für den anderen übernehmen – meinsam engagieren für die Achtung vor weil jeder Mensch einzigartig ist und ver- der Würde jedes einzelnen Menschen. letzbar und in seiner Verletzbarkeit auf Schalom! Zuwendung angewiesen. STARK 7
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Grußwort Tobias Barniske Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Potsdam „Mensch, wo bist Du? Gemeinsam gegen Judenfeindschaft“ – so lautet das Jahresthema, das der Deutsche Koor- dinierungsrat für die Woche der Brüder- Tobias Barniske lichkeit 2019 gesetzt hat. Erlauben Sie mir die Schilderung eines Vorfalls und bar in der Art, wie sich Antisemitismus einige persönliche Gedanken und Ein- äußert: nicht mehr hinter verschlos- drücke dazu. senen Türen, im vertrauten Zirkel des Vor einigen Tagen schrieb ein Stammtisches oder anonymisiert, son- Freund auf Facebook über einen Vor- dern in der Öffentlichkeit, mit Klarna- fall, den er in der S-Bahn in Berlin mit- men auf Facebook oder dem Leserbrief, erlebt hatte. Ein Mann sang zu einer mit Pöbeleien und Angriffen auf offener Schlagermelodie einen antisemitischen Straße. Text. Mein Freund hatte den Vorgang Oft werden antisemitische Äußerun- aufgenommen und fragte die Face- gen mit den Worten „das wird man doch book-Community, an welche Stelle er noch sagen dürfen“ eingeleitet. Oder es sich wegen einer Anzeige wenden soll- schwingt etwa bei Kommentaren im In- te. In den Kommentaren wurde meinem ternet die Vorstellung eines „anything Freund dazu geraten, den Vorfall zu mel- goes“ mit – die ganz offensichtlich eine den. Aber andererseits herrschte auch falsche Vorstellung impliziert, was Mei- die Meinung vor, dass dies letztendlich nungsfreiheit in unserem Lande bedeu- nichts bringen werde. tet. Die Gedanken sind frei, aber das Antisemitismus war und ist nicht ein Recht, meine Meinung zu äußern, findet Phänomen der politischen Ränder, son- dort seine Grenze, wo ich andere Men- dern Antisemitismus ist in unterschied- schen in ihrer Ehre und Würde herabset- licher Weise Teil der gesellschaftlichen ze oder das friedliche Zusammenleben Auseinandersetzung. Umfragen zeigen gefährde. Deswegen ist es so wich- seit Jahrzehnten eine relativ konstante tig, dass bei antisemitischen Äußerun- Größe von circa 20 Prozent der Befrag- gen nicht weggehört oder weggesehen ten, die antisemitischen Äußerungen zu- wird, sondern dass diese zur Anzeige stimmen. Eine Änderung ist wahrnehm- gebracht werden. Antisemitische Straf- BARNISKE 9
taten müssen verfolgt werden und die freut, dass die Evangelische Kirche Ber- Betroffenen geschützt und unterstützt lin-Brandenburg-schlesische Oberlau- werden. Da sind wir alle in der Verant- sitz auf Initiative von Bischof Dröge die wortung: Bürger und Staat. Beschäftigung mit Antijudaismus und Es reicht aber nicht, sich nur ge- Antisemitismus in der Landeskirche neu gen Antisemitismus einzusetzen. Wenn in den Blick nimmt und auch für ein le- wir die Grundwerte unserer Demokratie bendiges christlich-jüdisches Miteinan- leichtfertig aufgeben, wenn wir es zulas- der werben will. sen, dass gesellschaftliche Gruppen ge- Werben für das Miteinander ist ein geneinander ausgespielt werden, wenn wichtiges Thema, denn Antisemitis- wir dulden, dass die Lehren aus der Auf- mus und Fremdenfeindlichkeit gedeihen arbeitung unserer Geschichte mit Fä- umso besser, je weniger ihre Repräsen- kalbegriffen versehen oder als Schande tanten Kontakt mit einem Menschen jü- diskreditiert werden, dann können wir dischen Glaubens oder einem Fremden uns über eine Zunahme fremdenfeind- haben. Deshalb ist es ein Hauptanlie- licher und antisemitischer Vorfälle nicht gen der Gesellschaften für christlich-jü- wundern. Wir müssen die Grundwerte dische Zusammenarbeit in der Bundes- unserer Demokratie aktiv verteidigen, republik und auch unserer Gesellschaft ihre Inhalte und Geschichte vermitteln. in Potsdam, dass Begegnung zwischen Damit leisten wir einen ersten Beitrag Juden und Christen ermöglicht wird, gegen Judenfeindschaft! und dass dies in einer Weise geschieht, die den Gemeinsamkeiten und den Un- „Wir müssen uns der terschieden gerecht wird. Die Grundlage für eine solche Begegnung muss sein, Geschichte des Antiju- dass wir jüdisches Leben in all seinen Facetten und Ausprägungen wahrneh- daismus und Antisemi- men, es unterstützen und fördern. Das Land Brandenburg hat mit den Syna- tismus immer wieder gogen in Cottbus und Potsdam, mit der Recherche- und Informationsstelle Anti- erneut stellen und dar- semitismus oder mit der Einrichtung des Masterstudiengangs „Jüdische Theolo- über aufklären.“ gie“ an der Universität Potsdam wichti- ge Eckpfeiler für solch eine Entwicklung gesetzt. Wir müssen uns der Geschichte des Begegnung ermöglichen, Zusam- Antijudaismus und Antisemitismus im- menhalt schaffen – dies war auch die mer wieder erneut stellen und darüber Leitlinie bei der Auswahl der Projekte, aufklären. Ein „jetzt ist genug gesagt die wir für eine Kurzvorstellung ange- und getan“ kann es nicht geben. Ich fragt haben. Und ich freue mich sehr, habe mich daher auch sehr darüber ge- dass im Anschluss an die Festrede Herr 10 BARNISKE
Pfarrer Fricke einige Worte zur Flücht- der Schoa aus Südfrankreich in die lingsarbeit des Evangelischen Kirchen- Schweiz, von ihrem Zusammenhalt und kreises Potsdam und zur Arbeit des In- den Wagnissen, die sie dabei zu über- terreligiösen Forums Potsdam an uns stehen hatten. Weitere Informationen richten wird. zum Film und die Daten der Vorfüh- Auch in diesem Jahr zeigen wir in rungen finden Sie auf dem Flyer, der der bewährten Kooperation mit dem zusammen mit weiterem Infomaterial Filmmuseum Potsdam einen Film beim Empfang ausliegt. zur Woche der Brüderlichkeit. „Fan- Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerk- nys Reise“ handelt von der Flucht ei- samkeit! ner Gruppe jüdischer Kinder während BARNISKE 11
Festansprache Prof. Dr. Gideon Botsch Leiter der Emil Josef Gumbel For- schungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Men- delssohn Zentrum für europäisch- jüdische Studien, Potsdam S chönen guten Abend, meine Damen und Herren – herzlichen Dank für die Einladung, die Festrede zu dieser Eröffnungsveranstal- Prof. Dr. Gideon Botsch tung halten zu können! „Mensch, wo bist Du?“ So lautet noch größerer Härte Eva – schwer da- das diesjährige Motto der Woche der für bestrafen, dass sie nach Erkenntnis Brüderlichkeit. Es stammt aus der Tora, streben, „nach Wahrheit forschen“. Das Bereschit – Genesis – 3.9. Dies ist die ist eine ziemliche Herausforderung, zu- erste Frage, die nach biblischer Überlie- mindest für mich als säkularen Juden, ferung jemals gestellt worden ist. Amos und mehr noch als Wissenschaftler. Ich Oz und Fania Oz-Salzberger haben in möchte daher lieber Moses Mendels- ihrem Essay „Jews and Words“ darauf sohn zitieren, den Philosophen aus Ber- aufmerksam gemacht, und sie zeigen lin und Namenspatron unseres Potsda- auch, dass Kain demnach der Erste war, mer Forschungszentrums. 1782 schrieb der jemals eine Frage mit einer Gegen- er: „Dank sei es der allgütigen Vorse- frage beantwortet habe: „Bin ich der Hü- hung, daß sie mich am Ende meiner ter meines Bruders?“ Tage noch diesen glücklichen Zeitpunkt Kain Ben Adam – Kain, „der Sohn hat erleben lassen, in welchem die des Adam“; aber auch Kain, „der Sohn Rechte der Menschheit in ihrem wah- des Menschen“, denn Adam, der Eigen- ren Umfange beherzigt zu werden an- name des ersten Menschen, ist auch fangen!“ die Bezeichnung für Mensch an sich, die Das war auf seinen Freund Chris- hier in Bereschit verwendet wird. tian Wilhelm Dohm und dessen Essay Den Bezug auf die Bibelstelle möch- „Über die bürgerliche Verbesserung der te ich nicht weiter vertiefen. Ich kann ihr, Juden“ bezogen, der die preußische Ju- offen gestanden, nicht allzu viel abge- denemanzipation einforderte und vor- winnen. Gott sucht Adam, der sich ver- bereitete. Dohms Absicht, so schrieb steckt, weil er vom Baum der Erkennt- Mendelssohn, sei „weder für das Ju- nis gegessen hat und nun weiß, dass dentum, noch für die Juden eine Apolo- er nackt ist. Gott wird Adam – und mit gie zu schreiben. Er führet bloß die Sa- BOTSCH 13
che der Menschheit, und verteidiget ihre tan, der Cavaliere Cipolla der politischen Rechte. Ein Glück für uns, wenn diese Publizistik in Deutschland. Sache auch zugleich die unserige wird, Allzu leichtfertig sind wir bereit, uns wenn man auf die Rechte der Mensch- diesem Gerede anzuschließen. Wir ver- heit nicht dringen kann, ohne zugleich teidigen uns und sagen: „Ich bin ge- die unserigen zu reklamieren.“ wiss kein Gutmensch…“ Merken wir, Das findet sich in der sogenann- was wir tun? Begreifen wir, was wir aufs ten Manasse-Vorrede, die Sie nachlesen Spiel setzen, wenn wir der Logik folgen? können in einer vorzüglichen Edition der Wollen wir uns wirklich verabschieden Philosophischen Bibliothek des Verlags vom Streben nach dem „Guten“, jenem Felix Meiner. Sie steht dort einleitend zu Schlüsselbegriff der europäischen Phi- Mendelssohns kleiner Schrift „Jerusa- losophie? Wollen wir uns tatsächlich lem oder über religiöse Macht und Ju- ironisch distanzieren vom Begriff des dentum“. Und obwohl dieses Büchlein „Menschen“, dem Fluchtpunkt des zi- bald 250 Jahre alt ist, hat es uns viel zu vilisatorischen Prozesses? Wollen wir sagen für unsere Zeit. Es legt Grund- mitgehen mit denjenigen, die uns als lagen für das Zusammenleben in einer „Gutmenschen“ verballhornen, wenn sie Welt, die nicht mehr ausschließlich und behaupten, sie verteidigten die „Kultur verbindlich „christlich“ ist, sondern he- des Abendlands“? terogen und vielfältig. Wir sollten dieses „Kultur des Abendlands“: Mit die- Buch heute viel mehr lesen – es handelt sem Begriff ist, aus einer menschen- eben nicht von Anpassung und „Integ- rechtlich orientierten Perspektive, nichts ration“, sondern – wenn auch noch nicht zu gewinnen. Er ist bewusst gesetzt als von Partizipation, so doch von Anerken- Gegenkonzept gegen die „europäische nung. Zivilisation“, die er angreift und negiert. „Nach Wahrheit forschen“, das war Von einer „christlich-jüdischen Tradition ein Teil des Lebensmottos von Mendels- des Abendlands“ zu reden, ist ohnedies sohn: „Nach Wahrheit forschen, Schö- absurd. Wo das „Abendland“ den Maß- nes lieben, Gutes wollen, das Beste tun. stab bildet, sind Juden allenfalls gedul- Das ist die Bestimmung des Menschen.“ det: die „Kultur“, auf die sich die Abend- Wo stehen wir heute? Ausgerech- land-Apologeten beziehen, war explizit net zwei der beiden Schlüsselbegrif- antijüdisch. Mendelssohn gehört nicht fe – „gut“ und „Mensch“ – werden zu- zum Abendland. Er gehört zur europäi- sammengezogen und zum Schimpf- und schen Zivilisation. Spottwort gemacht. Ein „Gutmensch“ Das gilt auch für Mendelssohns An- – der ist bestenfalls naiv und einfältig, spruch, „nach Wahrheit zu forschen“. schlimmstenfalls hinterhältig und gefähr- Zur europäischen Zivilisation gehört lich. Gleichzeitig kursiert im Netz jenes eine selbstreflexive Perspektive, die sie giftige Wort: „Wer Menschheit sagt, will zumindest prinzipiell befähigt, ihre ei- betrügen.“ Geprägt hat es Carl Schmitt, genen Grundlagen kritisch zu hinterfra- der große Wortverdreher, der Scharla- gen. Auch das unterscheidet sie vom 14 BOTSCH
Mythos des „Abendlandes“. Wir erleben und Ecclesia erläutern, also zwei Frau- dies derzeit in der Debatte um das kolo- engestalten, die in der christlichen Iko- niale Erbe und die koloniale Gewalt, auf nographie seit dem Mittelalter zu finden denen sie beruht und die ihren „zivilisa- sind. In einer älteren Schicht sieht man torischen“, ihren „zivilen“ Charakter re- manchmal die beiden Frauen zu Füßen lativieren. Aber immerhin befähigt uns des Gekreuzigten. Hier ist Synagoga diese Zivilisation dazu, uns den Schat- ohne jede Feindseligkeit dargestellt. Sie tenseiten ihrer eigenen Geschichte zu steht einfach symbolisch für die Konti- stellen. nuität des – aus christlicher Sicht – alten Damit wären wir beim Antisemitis- und des neuen Bundes. Seit den Kreuz- mus, bei der Judenfeindschaft. Verfolgt zügen setzt sich ein anderes Bild durch. man die Debatten der letzten Jahre, so An den gotischen Domen Mitteleuropas könnte man fast den Eindruck gewinnen, ist Synagoga ein Symbol der Abwer- der Antisemitismus sei Europa fremd, er tung, eine Projektion auf die Juden: Ihre werde importiert, komme nur und vor al- Krone ist vom Kopf gerutscht; ihr Speer lem von außen. Das Bild ist absurd. Ju- gebrochen; die „toten Buchstaben“ der denfeindschaft und Antisemitismus sind Schrift, an der – dem christlichen Antiju- nicht zu trennen von ihren christlichen daismus zufolge – das rabbinische Ju- Wurzeln in Europa. Das gilt auch dort, dentum verstockt festhält, wenn es die wo sie sich von ihnen abgelöst haben – frohe Botschaft des Evangeliums nicht auch im muslimischen Antijudaismus, erkennt, weisen zur Erde. Vor allem ist auch im säkularen Antisemitismus. Synagoga blind, trägt eine Binde vor den Augen. Ecclesia, die die christliche „Judenfeindschaft und Kirche symbolisiert, triumphiert über ihre ältere Schwester. Aber während Sy- Antisemitismus sind nagoga sich von ihr abwendet und zu Boden blickt, schaut Ecclesia in den nicht zu trennen von meisten dieser Darstellungen gütig auf ihre Schwester – sie wendet ihr das Ant- ihren christlichen Wur- litz zu. Aber sieht sie auch Synagoga? Stellt sie die Frage: „Mensch, wo bist zeln in Europa.“ Du?“ Und an wen stellt sie diese Frage? Es ist das Stereotype, das Projekti- ve – versteinert in der Statue, verfestigt Hat das etwas mit dem Motto die- und zum Ressentiment geworden –, das ser Woche der Brüderlichkeit zu tun? den christlichen Antijudaismus mitbe- Lässt sich eine Brücke schlagen zur gründet. Die Zuschreibungen; der Unwil- Frage: „Mensch, wo bist Du?“ Wenn le, die jüdische Perspektive auf Gott und wir die christlichen Wurzeln der Juden- die Welt auch nur zur Kenntnis zu neh- feindschaft ernst nehmen, durchaus. men. Das Judentum wird zum Symbol, Dies lässt sich am Bild der Synagoga die Feindseligkeit abstrahiert von den BOTSCH 15
konkreten Menschen, die mit abstrakten gemeißeltes Bild. Dies ist zweifellos eine Negativ-Eigenschaften assoziiert und der Wurzeln des Antisemitismus, den attribuiert werden. Philip Roth einmal als „eine Form von Es ist bemerkenswert, was die Realitätsflucht, eine Weigerung, aufrich- evangelische Soziallehre noch vor 65 tig über uns und unsere Gesellschaft Jahren zum Antisemitismus zu sagen nachzudenken“ bezeichnet hat. hatte. Ich zitiere: „So bleibt das Fak- Das, freilich, erfahren auch andere tum des Antisemitismus ein unlösbares Menschen, die ihrer religiösen, kulturel- Rätsel, in das nur Klarheit kommt, wenn len und anderweitigen Gruppenzugehö- man es theologisch zu deuten versucht rigkeit wegen mit Stereotypen und Res- […]. Israel ist das auserwählte Volk Got- sentiments konfrontiert sind, denen, mit tes, das einen Heilsauftrag für die gan- anderen Worten, die Anerkennung als ze Welt besaß. Diesen Auftrag hat Israel Mensch verweigert wird. Das erfahren nicht erfüllt […]. Israels Schuld liegt da- heute auch Menschen aus dem islami- rin, dass es bis zum heutigen Tage […] schen Kulturkreis – unabhängig davon, dem gekreuzigten Messias die Aner- ob und in welchem Maße sie Muslime kennung versagt hat. Dieses Volk ist so sind oder als solche leben –, wenn ih- verstockt und ist seither seinen dunklen nen im notwendigen Kampf gegen Anti- Weg der Verfolgung und Unterdrückung semitismus pauschal unterstellt und zu- gegangen“. So heißt es im Evangeli- geschrieben wird, dass sie Antisemiten schen Soziallexikon, herausgegeben im seien. Ich bin mir vollauf bewusst über Auftrag des Deutschen Evangelischen die Verbreitung antisemitischer Stereo- Kirchentages im Jahr 1954, im Stich- type in Teilen der islamischen Welt; ich wort „Antisemitismus“; und der dies spreche mit Bedacht von einem musli- schreibt, Günther Dehn, ist keineswegs mischen Antijudaismus, so wie ich von ein „Deutscher Christ“, sondern ein Be- einem christlichen Antijudaismus spre- kenntnispfarrer, der noch zehn Jahre che – wohl wissend, dass man ebenso zuvor im Widerstand gegen den Natio- Muslim oder Muslima sein kann, ohne nalsozialismus stand. Und dies ist der antisemitisch zu sein, wie Christ oder Ausweg, den Dehn anbietet: „Die Syn- Christin. agoge ist, wie die Kunst das oft genug Wo Muslime antisemitisch handeln, dargestellt hat, die Schwester der Kir- müssen wir einschreiten. Wo sich anti- che […]. Seine Schwester verlässt man semitische Vorurteile zeigen, bedarf es nicht, gerade dann nicht, wenn sie blind der Intervention. Aber gerade im Kampf ist und nicht sieht, was vor Augen liegt. gegen die Gefahren eines Antisemitis- Es ist die Aufgabe der Kirchen, jeden mus unter Muslimen ist das Stereotyp Antisemitismus mit aller Energie zu be- irreführend und gefährlich, alle die neu kämpfen.“ eingewanderten, geflüchteten Men- „Mensch, wo bist Du?“ Zum Ste- schen seien getrieben von einem ver- reotyp geworden, überhäuft mit Projek- zehrenden Judenhass und warteten nur tionen und Unterstellungen, ein in Stein darauf, Juden abzuschlachten. 16 BOTSCH
„Wo Muslime antisemi- denen er so ausgestattet wird wie an den gotischen Domen die Synagoga. tisch handeln, müssen Mehr noch: „Der Jude“ ist nicht mehr nur für den Antisemiten eine sym- wir einschreiten. Wo bolische Größe. Er wird es inzwischen auch oft im Kampf gegen den Antise- sich antisemitische Vor- mitismus. Sieht man sich die aktuellen Anstrengungen an, die unternommen urteile zeigen, bedarf es werden, um dem Antisemitismus zu be- gegnen, so zeigt sich ein ambivalentes der Intervention.“ Bild. Die von Mendelssohn einst erhoffte Einordnung der Abwehr von Judenfeind- schaft in die prinzipielle Durchsetzung Übersehen wir nicht, dass der An- der Menschenrechte wird auf den Kopf tijudaismus, der Antisemitismus in der gestellt. deutschen Gesellschaft weiterwirkt, Die Auseinandersetzung mit Juden- ganz unabhängig von Zuwanderung. Die feindschaft wird zur Funktion anderer In- Verweigerung von Anerkennung, soweit teressen. Diese Interessen sind durch- wir als Juden nicht bestimmte Vorbe- aus sehr heterogen. Über die Rhetorik dingungen leisten, ist ein zentrales Pro- der AfD und der ihr verbündeten Agi- blem. Sie begegnet uns beispielsweise, tatoren „gegen eine Islamisierung des wenn man von uns eine Distanzierung Abendlandes“ müssen wir dabei kein von Israel erwartet. Es ist ja in diesen Wort verlieren, sie entlarvt sich selbst. Fällen zumeist so, dass selbst kritische Aber auch manche Konservative zielen Worte über Israel nicht akzeptiert wer- mit ihrer ernstzunehmenden Ablehnung den, wenn sie nicht so prinzipiell, radi- des Antisemitismus zugleich auf eine kal und feindselig ausfallen, wie man es „Wertedebatte“. Progressive mahnen von uns erwartet und verlangt. Als ak- „Gerechtigkeit“ an und Liberale – die zeptabel gilt dann ausschließlich die ra- ja heute leider den Liberalismus oft auf dikale Randposition der boykottbefür- seine wirtschaftliche Seite beschränken wortenden „Jüdischen Stimme für einen und die stolze Tradition des politischen gerechten Frieden“, der Alibi-Juden der Liberalismus kaum noch fortführen – Israel-Hasser. Aber seine Alibi-Juden wünschen sich mehr von dem, was sie hat schließlich jeder gute Antisemit, und für „individuelle Freiheitsrechte“ halten. heutzutage auch die AfD. Oder auch: Manche Kritiker der Religi- „Mensch, wo bist Du?“ – an ech- on – an sich – oder einer bestimmten re- te, lebende, konkrete Jüdinnen und Ju- ligiösen Ausrichtung nutzen die Kritik an den – und Israelis – wird diese Frage im- Antijudaismen zugleich für religionskriti- mer noch zu selten gestellt. „Der Jude“ sche Kampagnen, während die Vertreter bleibt Objekt vielfältiger Zuschreibun- verschiedener religiöser Gemeinschaf- gen, Stereotype und Projektionen, mit ten für ihre jeweiligen Glaubensrich- BOTSCH 17
tungen eine höhere gesellschaftliche mus fachlich angemessen zu begegnen. Bedeutung erhoffen. Für sich genom- Hoffen wir, dass wir uns im Ergebnis men mögen diese Interessen legitim dieser Dokumentationsarbeit nicht dem sein, aber die Instrumentalisierung des Satz des Rabbi Simeon ben Gamaliel Kampfes gegen Antisemitismus bleibt anschließen müssen, der (wie der Baby- problematisch und den Betroffenen ge- lonische Talmud im Traktat Shabbat 13b genüber ignorant. überliefert) gesagt hat: „Was sollen wir machen? Wenn wir alle Bedrängnisse „Die Instrumentalisie- [des Volkes Israel] aufzeichnen würden, fänden wir kein Ende.“ rung des Kampfes ge- Aber mit Bezug auf den Antisemitis- mus und seine Abwehr sind wir bei wei- gen Antisemitismus tem noch nicht an einem Punkt, der ei- ner Antwort auf die Frage „Mensch, wo bleibt problematisch bist Du?“ gleichkäme. Nicht einmal das Refugium des christlich-jüdischen Dia- und den Betroffenen loges können wir davon ausnehmen. In letzter Zeit ist dieser Dialog immer wie- gegenüber ignorant.“ der auf die Probe gestellt worden: im- mer dann, wenn Anerkennung abhängig gemacht wurde von Vorbedingungen, Andererseits haben jüngst einige wenn das Gespräch unter einen grund- Studien begonnen, die „jüdische Pers- legenden Vorbehalt gestellt wurde; also pektive“ auf Antisemitismus empirisch nach dem aus dem christlich-jüdischen zu ermitteln, wie beispielsweise die Stu- Verhältnis so vertrauten Grundprinzip, dien der Fundamental Rights Agency dass es der jüdische Gesprächspart- der Europäischen Union. Im Rahmen ner sei, der doch bitte „einsehen muss, der Fachstelle Antisemitismus in Bran- dass…“ Es ist ziemlich exakt zwei Jah- denburg, die in den nächsten Wochen re her, dass ich – am 10. März 2017 – im am Moses Mendelssohn Zentrum ihre Deutschlandfunk den Judaisten Peter Tätigkeit aufnehmen wird, werden wir Schäfer in einem Interview zu seinem ein RIAS Brandenburg aufbauen, eine neuesten Buch „Zwei Götter im Him- Recherche- und Informationsstelle zum mel“ das Folgende sagen hörte: „[W]enn Antisemitismus, die den Anspruch hat, wir das klarmachen können, dass das alle Fälle und Formen von Antisemitis- mit dem einen Gott im Judentum nie so mus zu dokumentieren. Wir versprechen einfach gewesen ist, dann sind wir ei- uns davon unter anderem eine weitere nen großen Schritt weiter – und vor al- Stärkung der „jüdischen Perspektiven“ len Dingen, dann sind wir einen großen und zugleich ein realistischeres Lage- Schritt weiter auch in Bezug auf das bild für unser Bundesland, das es er- Verhältnis von Judentum und Christen- laubt, der Herausforderung Antisemitis- tum heute.“ 18 BOTSCH
Dieser Modus der Gesprächsfüh- bringen, müssten wir bitte vom Kernsatz rung ist problematisch. Und ich hät- des jüdischen Glaubensbekenntnis- te mir gewünscht, dass es gerade von ses – „der Ewige, unser Gott, ist ein- den christlichen Teilnehmerinnen und zig“ – abrücken. Ich will ihm ja wirklich Teilnehmern am christlich-jüdischen Di- kein Unrecht tun, und über die Ergebnis- alog, an der christlich-jüdischen Zu- se seiner Forschungen kann ich mir kein sammenarbeit eine Reaktion auf die- Urteil erlauben. Es geht mir hier nur um se Zumutung gegeben hätte – eine den Modus der Gesprächsführung, der Reaktion, wie sie die Gesellschaften mich dann doch an den Bekenntnispfar- für Christlich-Jüdische Zusammenar- rer Günther Dehn denken lässt, an seine beit 2015 in erfreulicher Weise anläss- Version der Synagoga, die „blind ist und lich der Zumutungen des Systemati- nicht sieht, was vor Augen liegt.“ schen Theologen Notker Slenczkas Immerhin – diese mittelalterliche Ec- geäußert hatten, als dieser den kano- clesia wendet Synagoga ihr Antlitz zu, nischen Stellenwert des so genannten begreift sie als ihre Schwester – Synago- Alten Testaments für den Protestan- ga bleibt ein Mensch. Das unterscheidet tismus in Frage stellte. Die Kontrover- das Ecclesia-Synagoga-Motiv von dem se ist nicht allzu breit wahrgenommen anderen berühmten Bild der mittelalter- worden; über die Hintergründe der Kri- lichen Judenfeindschaft, das sich auch tik können Sie sich im Themenheft der an gotischen Domen findet: der „Juden- diesjährigen Woche der Brüderlichkeit sau“. Die älteste überlieferte Darstellung informieren. Was indes aus protestanti- befindet sich übrigens in Brandenburg scher Sicht an Slenczka kritisiert wurde, an der Havel. Das Wittenberger Exem- war für uns Jüdinnen und Juden irrele- plar hatte Martin Luther voller Bewun- vant. Ob und inwieweit die Evangelische derung beschrieben in seiner wohl bös- Theologie den Tanach, die Hebräische artigsten judenfeindlichen Schrift, „Vom Bibel, für apokryph erklärt, ist ihre eige- Schem Hamphoras“. Mit der Entstehung ne souveräne Entscheidung. Wir haben der Judensau – eine Analogie findet sich keine Vorbedingungen an das christ- in bestimmten Auslegungen zu Vers 60 lich-jüdische Gespräch zu knüpfen, die der 6. Sure des Koran – deutet sich der das theologische Selbstverständnis des Übergang an, „den Juden“ gar nicht Christentums betreffen, solange sich mehr als Menschen zu sehen, ihn auf darin keine Feindseligkeit gegen uns eine Stufe zu rücken mit Schweinen, mit äußert. Nur Letzteres war aus jüdischer Affen, mit Ungeziefer und so weiter. Sicht an Slenczka zu kritisieren: dass er Die Entmenschlichung der Juden, ein Bild vom Volk Israel und vom Juden- die Ausgrenzung aus dem Menschenge- tum zeichnete, das die alten christlichen schlecht hat den Gedanken der Vernich- Stereotype reproduzierte. tung auf den Weg gebracht. Sie mün- Aber zurück zu Peter Schäfer und dete in jenem historischen Faktum des seiner Forderung, um das Verhältnis von Massenmordes, vor dessen Hintergrund Judentum und Christentum voranzu- es obszön und inakzeptabel ist, den Na- BOTSCH 19
tionalsozialismus als „Vogelschiss“ zu einem Gedicht von Dan Pagis, übersetzt bagatellisieren. aus dem Hebräischen von Tuvia Rübner: Ich schließe den Bogen und komme zurück zu Adam, dem „Menschen“, den Mit Bleistift im versiegelten Waggon Gott in Bereschit, beziehungsweise Ge- geschrieben nesis, fragt: „Ajeka“, wo bist Du? Und ich hier in diesem Transport darf daran erinnern, dass Adam hier der bin ich Eva Eigenname ist, aber auch der allgemeine mit Abel meinem Sohn Begriff: „Mensch“. Wenn wir also auf Heb- seht ihr meinen großen Sohn räisch sagen: Kain, „Sohn des Adam“, so Kain, Adams Sohn sagen wir zugleich: Kain, „Sohn des Men- sagt ihm, daß ich schen“. Denn schließen möchte ich mit 20 BOTSCH
Pfarrer Bernhard Fricke stellte die Flüchtlings- und interreligiöse Arbeit des Evangelischen Kirchenkreises und des Interreli- giösen Forums Potsdam vor.
Herausgeber: Landtag Brandenburg, Referat Öffentlichkeitsarbeit Fotos: Landtag Brandenburg/Stefan Gloede Satz und Druck: Bonifatius GmbH, Paderborn Diese Publikation wird vom Landtag Brandenburg im Rahmen der parlamentarischen Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Die Abgabe ist kostenfrei. Der Weiterverkauf ist nicht gestattet. Eine Verwendung zum Zwecke der Wahlwerbung ist unzulässig.
Landtag Brandenburg Alter Markt 1, 14467 Potsdam Telefon 0331 966-0 Fax 0331 966-1210 post@landtag.brandenburg.de www.landtag.brandenburg.de
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