ZAHNTECHNIK MAGAZIN - ZTM Aktuell
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www.ztm-aktuell.de ZAHNTECHNIK MAGAZIN 06 Oktober 2019 23. Jahrgang ISSN 1433-6197 Übersicht kompatibler Systeme �o���e��i��s ��n zi���nZ��n IMPLANTATPROTHETIK – ALLE KOMPONENTEN AUS EINER HAND NEU! 30 JAHR MIT BIS ZU EN GAR ANTIE TECHNIK TECHNIK VERANSTALTUNGEN Die Frontzahnkrone – Modern und ästhetisch: Nachbericht: 48. Jahrestagung ein Lösungsansatz für Die voll digitale Modellguss- der Arbeitsgemeinschaft wirtschaftliche Ästhetik prothese aus dem 3D-Drucker Dentale Technologie e. V.
JETZT ANMELDEN und bis 30.11.2019 Frühbucherrabatt sichern! Der Zahntechniker-Kongress „ZZ“ – Zukunft Zahntechnik 27./28. März 2020, Darmstadtium, Darmstadt Gute Nachrichten: Der erfolgreiche Zahntechniker-Kongress von Dentsply Sirona wird fortgesetzt – mit spannenden Zukunftsthemen und Top-Referenten aus Labor und Praxis. Analoge und digitale Welten treffen sich, damit Sie perfekte Ergebnisse erzielen können. Kommen Sie zu einem erstklassigen Fortbildungs-Event und Branchentreff. Finden Sie heraus, wie Sie im Spannungsfeld der Technologien Ihre Arbeit künftig ausrichten. Wir freuen uns auf Ihr Kommen – gemeinsam Richtung Zukunft! ZZ+ Anmeldung und weitere Infos: Samstag auch für Zahnärzte www.der-zahntechniker-kongress.de THE DENTAL SOLUTIONS COMPANY™
EDITORIAL Vernunft breitet sich aus über die Bundesrepublik Deutschland?! Liebe Leserinnen und Leser, dieser Titel eines von Reinhard Mey im wenn alle Abitur haben, dann hat es zum se „Praktikum der Zahnmedizinischen Jahre 1995 intonierten Liedes kam mir Schluss keiner, jedenfalls nicht in der Propädeutik mit Schwerpunkt Präventi- in den Sinn, als ich die Nachricht hörte, Qualitätsstufe, die man vormals „Matu- ve Zahnheilkunde“ und „Schwerpunkt dass ab 2020 doch wieder – wenn auch ra“ oder „Hochschulreife“ nannte. Es ist Dentale Technologie“ sind insgesamt 84 nur für einige Berufe – die Meisterpflicht wohl auch eine von der Mehrheit der Be- Stunden (in Worten: vierundachtzig) an zurückkehren wird. völkerung mittlerweile realisierte Binsen- Gesamtumfang vorgesehen**. Der bis- Man kann nur hoffen, dass aus dieser weisheit, dass Masse niemals Klasse, son- herige Stundenumfang von TPK und den kleinen bildungspolitischen Vernunftwel- dern immer Niveauabsenkung bedeutet. beiden prothetischen Phantomkursen le, die mit der Rückkehr zum G9-Abitur Die steigende Zahl von Privatschulen ist liegt bei rund 896 Stunden. Wer jemals begann, vielleicht doch noch ein Tsuna- auch ein Resultat der Bildungspolitik der selbst ausgebildet hat, weiß, dass in nur mi wird und manche weitere Irrungen vergangenen 40 Jahre und weist nicht noch knapp einer Woche nicht einmal der vergangenen Jahre zügig korrigiert gerade darauf hin, dass das Vertrauen der Bruchteil der notwendigen Erkennt- werden, denn viele, wenn nicht gar alle in die staatlichen Bildungseinrichtungen nisse vermittelt werden kann. unserer derzeitigen Probleme auf dem gestiegen ist. Dazu kommen auf der an- Da die prothetische Behandlung von Pa- Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sind deren Seite der Skala fast 12 Millionen tienten auch angewandte Zahntechnik durch eine Bildungspolitik hausgemacht, Deutsche, die nicht richtig lesen und ist, kann sich nun jeder Zahntechniker die irrsinnigerweise am liebsten alle Be- schreiben können* – dazu braucht es vorstellen, wie viel Grundverständnis rufe durchakademisieren will und damit wohl auch keines Kommentares mehr. und -kenntnis die Neuapprobierten ab indirekt im Unterbewusstsein der Bevöl- Ja, die Ausbreitung von Vernunft wur- ca. 2025 mit ihrem Universitätsabschluss kerung verankert, dass man nur mit Abi- de gerade wieder rapide gestoppt und mitbringen werden, und sich darauf tur und Studium in dieser Zeit überhaupt Reinhard Mey endete auch in seinem einstellen, dass es nun noch mehr Stol- (über-)leben könne. Lied damit, dass die Sache mit der Ver- persteine selbst bei schon einfacheren An dieser Stelle mag man Goethe zi- nunft doch wohl nur eine Utopie sei: In prothetischen Versorgungen geben wird. tieren – das kann man an seinem 270. diesem Sommer 2019 wurde nämlich die Auch das Führen eines Praxislabors ist Geburtstag schon einmal wieder tun: neue Approbationsordnung für Zahnärz- mit maximal einer Woche Grundausbil- Dieser schrieb 1798 an seinen Freund, te verabschiedet. Endlich, mag mancher dung in dentaler Technologie damit für den Dichter Gottlieb Voigt: „Von der sagen, nach gut 30 Jahren Diskussion Zahnärzte obsolet. Vernunftshöhe herunter sieht das ganze wurde es auch höchste Zeit. Und man Ich glaube, dass mit der Umsetzung die- Leben wie eine böse Krankheit und die möchte den Machern auch keinen bö- ser Verordnung zwar ein dentaler G8-Ef- Welt einem Tollhaus gleich.“ sen Willen unterstellen, aber „gut ge- fekt eintreten wird, nur wird die Rück- Im Tollhaus „Deutsche Bildungspolitik“ meint“ heißt ja längst nicht auch „gut kehr fraglich sein. Wie bemerkte schon gilt nur noch die Devise: Nur wer Abitur gemacht“. Der in der alten Approbati- Bertolt Brecht: „Kein Vormarsch ist so hat, ist ein guter Mensch bzw. hat über- onsordnung angestrebte berufsfertige schwer wie der zurück zur Vernunft.“ haupt die Möglichkeit, am Wohlstand Zahnarzt, der in seinem Studium eine teilzunehmen. Mit diesem Motto werden umfangreiche praxisnahe Ausbildung Mit kollegialen Grüßen schon die Eltern im Kindergarten sensibi- bekam, ist nicht einmal mehr Utopie. Ihr lisiert und treiben dann ihre Kinder durch Die Ausbildung im manuell-praktischen die – möglichst mehrsprachige – Grund- Bereich der Vorklinik, die auch ein gehö- schule auf das Gymnasium, auch wenn riges Maß an zahntechnischen Inhalten es in manchen Fällen an Sinnhaftigkeit ausmachte, ist auf ein Zehntel zurück- fehlt. Abitur für alle ist das Motto – aber gestutzt worden: Für die beiden Kur- Prof. Dr. Peter Pospiech *ZEIT online 07.05.2019 **Approbationsordnung für Zahnärzte, Anlage 1, II
INHALT | OKTOBER 2019 TECHNIK INDUSTRIE-REPORT 410 Die Frontzahnkrone – 450 Pressen und Verblenden – ein Lösungsansatz für heute und in Zukunft wirtschaftliche Ästhetik Dr. Christian Ehrensberger ZTM Jürgen R. Freitag 452 Marktübersicht Presskeramiken 414 Modern und ästhetisch: Die voll digitale Modellgussprothese 458 Marktübersicht aus dem 3D-Drucker Verblendkeramiken 410 ZT Felix Bußmeier 420 Meine Meisterprüfung, Teil 5: auf Zirkoniumdioxid 465 Kulzer verkauft cara Fertigungs- Die Tanner-Schiene zentrum an i-ProDens ZTM Sebastian Palm 424 Werkstoffkunde-Lexikon: TERMINE Prothesenkunststoffe (2) Prof. Dr. Peter Pospiech 423 Entspannt Keramik erleben: ceraMotion® Apéros – 426 Live dabei: Gesellenprüfung Made by Dentaurum in Nürnberg, Teil 1: Totalprothesenaufstellung 425 23. Prothetik Symposium in ZT Ina Alice Horn Berlin 438 430 Der Weg zum Ziel – meine Teilnahme am Gysi- 437 CAD/CAM-Stammtische im Stadion: die neuen Termine Wettbewerb für Azubis Michelle Wegerle VERANSTALTUNGEN KOLLEGENTIPP 466 40 Jahre ADT – 40 Jahre Dialog zwischen Wissenschaft und 438 Gelungener Wechsel: Anwendung in der Gegenüberstellung der Dentaltechnologie Keramiksysteme IPS d.SIGN Andreas Schaperdoth und IPS Style Velimir Žujić WEITERE RUBRIKEN 442 3D-Druck-Kunststoffe im Labor- 466 test: ein Erfahrungsbericht ZTM Robert Herold, 407 Editorial Prof. Dr. Peter Pospiech ZTM Daniel Meinhardt 456 Industrie-News LABORFÜHRUNG 470 Vorschau/Impressum 445 Abrechnungstipp: Zirkon-Krone geschichtet auf Zahn 22 auf individuellem Implantataufbau aus Metall – hergestellt im gewerblichen Labor ZT Uwe Koch 448 Der Ablauf der Zahntechniker- Ausbildung in Italien Nathalie Ottiger 408 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 408
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TECHNIK Im Falschfarbenbild lassen sich Erkenntnisse für den Lichtfluss gewinnen. Die Frontzahnkrone – ein Lösungsansatz für wirtschaftliche Ästhetik Auch der Frontzahnbereich entscheidet mit über das persönliche Wohlbefinden. So oft sieht ZTM Jürgen Freitag, dass jemand in der Öffentlichkeit beim Lächeln die Lippen extra geschlossen hält oder hinter vorgehaltener Hand lacht. „Aha!“, denkt er dann, „da ist wohl bald ein Zahnarztbesuch fällig ... mit dem Auftrag an uns Zahntechniker, alles wieder auf die Reihe zu brin- gen.“ Solch ein Fall flatterte ihm kürzlich wieder einmal ins Haus, ihn stellt Jürgen Freitag im Folgenden vor. Die Geldbörse der Patientin war klein, aber der Wunsch groß – ebenfalls eine wiederkehrende Situation für Dentallabore. D ie Patientin, 32-jährig, war vorher alio loco mit einer ex- Das Konzept für Wirtschaftlichkeit und Ästhetik tern bemalten Zirkoniumdioxidkrone versorgt worden. Sie Gerade bei geringen Platzverhältnissen muss konsequent darauf hatte sich wohl mehr davon versprochen. So aber wurde hingearbeitet werden, eine Tiefenillusion des Lichtes und ein na- die Ästhetik wieder und wieder korrigiert, ohne dass sich jedoch türlich anmutendes Lichtspiel vom ersten Schritt an zu erzeugen. der gewünschte ästhetische Erfolg einstellte. Dann kam der Fall Deshalb war ein hochtransluzentes Zirkoniumdioxidmaterial hier zu uns. Da sich die Vorversorgung als insuffizient erwies, entfern- das Richtige und bildete die Grundlage unseres Konzepts. Auch te der Behandler die Krone. Dabei wurde offensichtlich, dass die beim Schichten versuchen wir, Tiefe zu erzeugen, die wir für die Platzverhältnisse für die Prothetik leider etwas eingeschränkt wa- finale Ästhetik benötigen. Das sorgt für ein wirtschaftliches Vor- ren (Abb. 1–3), was natürlich auch dem vorherigen Zahntechni- gehen und erspart uns Nachbesserungen. kerkollegen zu schaffen gemacht hatte. Als Vorteil bei der Planung der Neuversorgung erwies sich allerdings: Der Stumpf war vital und nicht verfärbt. Es war wieder ein Zirkoniumdioxidgerüst angesagt. Jedoch wur- de im Zusammenspiel Zahnarzt-Patientin-Zahntechniker nun beschlossen, dieses manuell zu verblenden. Auch diese höher- wertige Lösung als die vorangehende sollte wirtschaftlich zu re- alisieren sein. Mit einem Wax-up verschafften wir uns zunächst einen Über- blick (Abb. 4). Später stellten wir das Kronengerüst mit unse- rem Fräsgerät Zenotec mini (Wieland Dental) her. Als Material benutzten wir hier eine 98 x 14-ZirconHT-Ronde (VITA Zahnfa- brik). Wir legen immer Wert auf eine schöne Transluzenz des Zirkoniumdioxids und versuchen, mit diesem Gerüstmaterial eine Lichtaufnahme bis in den präparierten Zahn hinein zu erreichen. Diese Vorgehensweise präferieren wir allerdings nur bei nicht verfärbten Stümpfen. Abb. 1: Zahn 11 – die präparierte Situation. 410 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 410–412
TECHNIK Abb. 2: Das Modell als prothetische Ausgangssituation. Abb. 3: Die palatinale Sicht macht die geringen Platzverhältnisse deutlich. Die Verblendung Wir begannen nach dem Washbrand mit VITA VM 9 Base-Dentin und legten uns im zervikalen Bereich Sun-Dentin 3 dünn vor. An- schließend schichteten wir für den ersten Hauptbrand Base-Den- tin und verzichteten aus Platzmangel in diesem Fall auf das Trans- pa-Dentin. Nun folgte das Anlegen der nach der individuellen Farbwahl festgelegten inzisalen Effekte. Speziell im Falle jugend- licher Schichtungen benutzen wir für den bläulichen Saum gern die EE10 oder die EO4, beide leicht mit der Windowmasse abge- mischt. Im vorliegenden Fall zogen wir außerdem die MM3 heran, um die mamelonartigen Reststrukturen so natürlich wie möglich nachzubilden. Abschließend erfolgte die Transpaschichtung im zentralen Bereich mit ENL, NT, EE1 und Window. Die Abbildun- gen 5 u. 6 zeigen den Schichtaufbau aus der zentralen Perspek- Abb. 4: Das Wax-up für Zahn 11 mit angezeichneter Orientierung für die Res- tive zur Darstellung der einzeln aufeinanderliegenden Schichten. tauration. Nach dem Ausarbeiten führten wir den zweiten Dentinbrand durch, bei dem wir hauptsächlich NT, Window und etwas EO2 nachschichteten, um die finale Form zu gestalten. Am Ende erarbeiteten wir uns die Oberflächentextur und legten die Lichtleisten fest (Abb. 7). Nach dem Glanzbrand und einer Abb. 6: Schichtungsdetails. Abb. 5: Die Schichtung, zur Verdeutlichung angefärbt. Abb. 7: Unsere Lichtleisten. ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 410–412 411
TECHNIK Abb. 8: Das Schwarz-Weiß-Bild verschafft uns einen Überblick, indem wir ihm Abb. 9: In leicht lateraler Sicht lassen sich die Oberflächen- und Farbnuancierung den Helligkeitswert entnehmen. der Restauration in ihrem Umfeld am besten kontrollieren. Abb. 10: Der Frontzahn 11 gliedert sich harmonisch in den Zahnbogen ein. nur leichten Akzentuierung mit den Malfarben Akzent Plus war die Krone fertig zum Einsetzen. Vorher kontrollierten wir noch das Ergebnis anhand eines Schwarz-Weiß-Bildes, das uns den korrek- ZTM Jürgen R. Freitag ten Helligkeitswert anzeigte (Abb. 8). Zum Ergebnis des neuen Inhaber JF-Dental GmbH Bad Homburg 11-er äußerten sich der Behandler und die Patientin sehr zufrieden (Abb. 9 u. 10). Das so realisierte Lichtkonzept überzeugte. 1983 Gesellenprüfung im Zahntechnikerhandwerk Fazit 1983–1989 „Wanderjahre“ als Zahntechniker durch Labore und Der hier vorgestellte Fall zeigt: Auch bei kleinem Patientenbudget Praxislabore, u. a. in Weiden in der Oberpfalz gibt es die 08/15-Frontzahnversorgung nicht. Die Restauration 1989 Abteilungsleiter Keramik in einem Großlabor in Ba- muss immer zum individuellen Umfeld des Zahnbogens passen. den-Württemberg, anschließend Laborleiter in einer Bei der Form ist uns dies klar ... die CAD/CAM-Technologie ver- Niederlassung mit 8 Angestellten in Bayern leitet uns aber gern dazu, allein auf das uns angebotene Material Seit 1992 Kurse und Vorträge zu den Themen Keramik und zu vertrauen. Aber Verfahren, Materialien und dort gefundene Ei- Verblendkomposit 1994 Gründung der JF-Dental GmbH, Speziallabor für äs- genschaften sind stets nur Teil des zahntechnischen Konzepts. Es thetische Prothetik in Bad Homburg vor der Höhe müssen immer auch unsere künstlerischen Fähigkeiten, Ideen und 2001 Meisterprüfung im Zahntechnikerhandwerk Erfahrung hinzukommen, um so einen harmonischen Weg von 2002–2005 Berater und Entwickler im Bereich CAD/CAM gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit und Ästhetik gehen zu können. Zahlreiche Veröffentlichungen in mehreren nationalen und inter- nationalen Dentalmagazinen Kursreferent in Europa, Asien, Süd- und Nordamerika, Australien und Neuseeland w i w w ZTM Jürgen R. Freitag jf-dental@t-online.de www.jf-dental.de Bilder: © Jürgen Freitag 412 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 410–412
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TECHNIK Die Bestandteile der voll digital erstellten Modellgussprothese. Modern und ästhetisch: Die voll digitale Modellgussprothese aus dem 3D-Drucker In dem hier folgenden Bericht zeigt ZT Felix Bußmeier am Beispiel eines fiktiven zahntechnischen Falles mit der Kombination verschiedener Module und unter Verwendung neuartiger 3D-Druckmaterialien eine exemplarische Vorgehensweise zur Her- stellung einer voll digitalen Klammermodellgussprothese. Erkenntnisse dieses Projekts sollen Aufschluss über etwaige Pro- blemstellungen geben, die später während des Konstruktionsprozesses von realen Fällen auftreten könnten. Zudem erhalten Benutzer zukünftiger Softwaremodule Einblicke in noch zu entwickelnde Funktionalitäten, was auch für Programmierer inte- ressant ist. D ie CAD/CAM-Technologie, insbesondere die additi- Zur Besserung und Einschätzung der möglichen Statik und ven Fertigungsverfahren und 3D-Druckmaterialien, Dynamik der Prothese sollte man die Restgebisssituation klas- werden ständig weiterentwickelt. Leistungsfähigere sifizieren. Die Klassifikation nach Kennedy bietet sich an und Softwaremodule, die mittlerweile eine Vielzahl von Patien- gibt Aufschluss über den Kräfteausgleich, Halt und eine stabile teninformationen verarbeitet können, ermöglichen es dem Lagesicherung der Modellgussprothese. In Zukunft könnte eine Zahntechniker, auch komplexe zahntechnische Arbeiten in solche Vorplanung Teil des digitalen Workflows sein und den wenigen Arbeitsschritten zu konstruieren. Die vollständige Zahntechniker mit sinnvollen Vorschlägen für Auflagenpositio- digitale Modellation partieller Prothesen stellt aufgrund ge- nierung, Ausdehnung und Prothesensättel unterstützen. Für trennter konstruktiver Bestandteile auch eine solche komple- die Modellation wurde hier das Softwaremodul Removable xe Arbeit dar. (Modellguss) der Firma 3Shape verwendet. Ausgangssituation Beim hier vorgestellten zahntechnischen Fall handelt es sich um ein Unterkiefermodell mit einer bilateral verkürzten Zahn- reihe in den Regionen 37 und 46–47 sowie einer Schaltlücke im Frontzahnbereich 31–42. An den Zähnen 35, 36 sowie 44, 45 wurden zusätzlich Auflagen präpariert, um vertikale Kau- kräfte weitgehend in Ausrichtung des Klammerzahnes auf dessen Parodontium abzustützen (Abb. 1). Planung und Konstruktion des Modellgusses Zu Beginn einer jeden computergestützten Konstruktion muss die Situation mithilfe eines 3D-Modell- oder Intraoralscanners erfasst werden, damit sie digitalisiert vorliegt. Die Vorgehens- weise der Kieferrelationsbestimmung hängt im Wesentlichen von der Restbezahnung des Patienten ab und wurde eben- falls übertragen. Bevor mit der eigentlichen Konstruktion des Modellgusses begonnen werden kann, sollte eine ausgiebige Planung vorgenommen werden. Abb. 1: Gedrucktes Modell als Ausgangssituation. 414 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 414–419
TECHNIK Abb. 2 u. 3: Stegartige Retentionsgestaltung mit Verbindung zum Sublingualbügel. Nach der Planung erfolgt zunächst die virtuelle Aufstellung Verklebung der Einzelbestandteile wurde eine möglichst der Prothesenzähne. Die Ausdehnung der Retentionen, Ver- geringe Nachbearbeitung der Übergänge angestrebt. Somit binder und Abschlussleisten orientiert sich u. a. an der Positi- liegen die Basalfläche der Retentionen und die Unterseite on der Aufstellung. der Verbinder zum Sublingualbügel auf der Gingiva auf. Da Besonderes Augenmerk wurde auf die Gestaltung der Reten- keine kaltpolymerisierenden Prothesenkunststoffe verwen- tionen gelegt. Loch- oder Gitterretentionen, wie sie bei der det werden, entsteht an den Übergängen kein Mikrospalt konventionellen Technik zur Befestigung der Sättel verwen- durch Polymerisationsschrumpfung und die Aufnahme von det werden, sind bei dieser Vorgehensweise eher nicht zu Bakterien oder Reizungen der Schleimhaut wären weitge- empfehlen. Die Prothesensättel könnten zwar basal mit Nop- hend ausgeschlossen. pen versehen werden und nach dem „Steckprinzip“ in die Die Unterfütterbarkeit der Prothesensättel durch Formverän- Retentionslöcher des Gerüstes greifen, zur Befestigung und derungen des Kieferknochens sollte von der vestibulären Um- eindeutigen Lagesicherung würden sie aber nach dem Ver- schlagsfalte bis zum Mundboden möglich sein. In diesem Fall kleben mit dem Modellgussgerüst teilweise hohl liegen und muss bei einer Unterfütterung teilweise die Retention zurück- keine geschlossene Auflagefläche bieten. Wenn anschlie- geschliffen werden und eine Uhrglasfassung vom Übergang ßend eine Unterfütterung der Sättel notwendig ist, würde zum großen Verbinder angelegt werden. die eigentliche Idee der simplen und effizienten Komplemen- Daher wurde wie in Abbildung 5 ein weiterer Ansatz ge- tierung der Einzelbestandteile verfehlt werden. Es muss also zeigt, bei dem zuerst der basal geschlossene Gingivaanteil sichergestellt werden, dass die Gingivaanteile nach dem Ver- auf dem Modell platziert und im Anschluss der Modellguss kleben mit dem Gerüst eine einheitliche, ebenmäßige und mit der Retention in eine dafür vorgesehene Öffnung einge- stabile Einheit bilden. schoben wurde. Diese Herangehensweise ermöglicht die voll- Dieser Nachteil könnte mit einer stegartigen Konstruktion ständige unkomplizierte Unterfütterung der Sättel, schwächt besser gelöst werden (Abb. 2–4). Die vertikale Höhe so- aber zugleich die Verbindung zum Sublingualbügel. Mithilfe wie die horizontale Dimensionierung orientierten sich dabei der Software war diese Umsetzung leider nicht möglich und an den Platzverhältnissen zum Antagonisten und den zu- wurde daher zu Demonstrationszwecken manuell geschaf- vor virtuell aufgestellten Prothesenzähnen. Bei der finalen fen. Eine konventionelle Gerüstgestaltung ist für die digitale Abb. 4: Okklusalansicht der Konstruktion nach Ausrichtung und „Verschmel- Abb. 5: Der Modellguss wird im Steckprinzip von okklusal in den Prothesensattel zung“ der Retentionen mit dem übrigen Gerüst. eingeschoben. ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 414–419 415
TECHNIK Fertigung einer Klammermodellgussprothese, die hier das Ziel ist, und die Berechnung der Alveolen und Stümpfe für die Prothesen- eher nicht geeignet, da es bei der Komplementierung der Einzel- zähne mit der von mir verwendeten „Developer Version“ noch bestandteile zu Hindernissen kommt. Es wird ein unkomplizier- nicht möglich. Mit einem Totalprothetik-Modul lassen sich keine ter und vor allem effizienter Arbeitsablauf mit möglichst geringer separaten Prothesensättel erzeugen. Nachbearbeitungsphase angestrebt, um potenzielle Fehlerquellen Um diese Funktion trotzdem zu nutzen, wurde daher im Archiv von vorherein auszuschließen. für die entsprechenden Regionen „Prettau-Brücke-reduziert“ Vorteile der stegartigen Geometrie liegen u. a. in der stabilen ausgewählt. Hiermit lassen sich vollanatomische oder reduzierte Verankerung der Prothesensättel, aufgrund der vergrößerten Elemente mit vollständigen oder partiell getrennten Gingivaantei- Oberfläche und der Verwindungssteifigkeit bei auftretenden Tor- len konstruieren. An dieser Stelle muss der Modellguss als Gingiva sionskräften durch exzentrische Belastungen der Sättel. Solche importiert werden. Nur so kann sich die Basis der Konstruktion an geometrischen Körper sollten in der Softwaredatenbank hinter- die Kontur der Retention anpassen. legt und individualisierbar sein. Die stegartigen Retentionen haben keine gemeinsame Einschub- richtung und müssen daher bei der automatischen Ausblockfunk- Nachdem die Modellation des Klammermodellgusses fertigge- tion manuell von Unterschnitten befreit werden. In diesem Schritt stellt ist, kann mit dem Design der Gingivaanteile und der Prothe- kann auch der Klebespalt definiert werden, welcher im Wesent- senzähne begonnen werden (Abb. 6). lichen vom Fertigungsverfahren und Voraussetzungen des beim Zusammenfügen der Komponenten verwendeten Verfahrens ab- Modellation der Prothesensättel hängig ist. Die Modifier-Software (Zirkonzahn) ermöglicht bei der Konstruk- Danach werden die zuvor aufgestellten Prothesenzähne basal an tion eines Modellgusses auch die Modellation von separaten Gin- die Retentionen angepasst und die Modellation der Gingiva er- givaanteilen, jedoch war die genaue Adaption an die Retentionen folgt im darauffolgenden Arbeitsschritt (Abb. 7 u. 8). Abb. 6: Die zusammengefügte Modellgusskonstruktion wird als STL-Datensatz Abb. 7: Die Prothesenzähne werden basal an den Modellguss angepasst. exportiert. Abb. 8: Gestaltung der Gingiva und Adaption des Zahnfleischsaumes. Abb. 9: Die anatomische Form der Zähne wird auf eine stumpfartige Form redu- ziert und mit einem Zementspalt versehen. 416 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 414–419
TECHNIK Die zuvor im Archiv ausgewählte Versorgungsart ist nicht da- für vorgesehen, aufgestellte Zähne an das Gingivadesign an- zupassen und am Ende des Konstruktionsprozesses getrennte Datensätze zu erzeugen. Diese notwendige Adaptionsfunk- tion findet sich in dem Totalprothetikmodul wieder und wird zukünftig die Anpassung solcher Prozesse übernehmen. Vor allem bei der Verwendung konfektionierter Prothesenzähne, die durch die ausgestanzten Kavitäten ihre eigentliche Veran- kerung und einen Rotationsschutz erhalten, ist diese Funktion Voraussetzung. Bei der Wahl individueller Zähne kann je nach Platzverhältnissen auf die stumpfartige anatomische Form zur Befestigung zurückgegriffen werden (Abb. 9). Im letzten Schritt werden dann die anatomischen Kronen an die Stümpfe angepasst. Ein zuvor erstelltes Wax-up dient zur Übertragung der äußeren Form (Abb. 10–12). Schließlich sind alle Bestandteile der Klammermodellgusspro- these konstruiert und die einzelnen Datensätze können nun im digitalen additiven oder subtraktiven Fertigungsverfahren hergestellt werden (Abb. 13). Zur Kontrolle der Okklusion im Munde des Patienten ist es auch möglich, die Prothesensättel für die Anprobe in einem kostengünstigen Try-in-Kunststoff zu drucken. Die Umsetzung In unserem Fall wurden alle Komponenten mithilfe des 3D-Drucks realisiert. Der Modellguss wurde von der Firma Mack Dentaltechnik im SLM-Verfahren (Selektives Laserschmel- zen) gefertigt und in einem verschliffenen, geglänzten und po- lierten Zustand ausgeliefert. Unsere Kontrolle zeigte, dass das Gerüst eine gute Passung besaß und nicht mehr auf das Modell aufgepasst werden musste. Die Gingivaanteile und die Prothesenzähne wurden von der Metaux Precieux GmbH im DLP-Verfahren (Digital Light Pro- cessing – Maskenbelichtung) hergestellt. Bevor die Komponenten zusammengefügt werden, müssen die Kunststoffanteile noch maschinell poliert und die Retentionen für die Verklebung vorbereitet werden. Die eigentliche Verkle- bung findet auf dem Modell in einer festgelegten Reihenfolge statt. Nach dem Aushärten werden noch die Übergänge kon- trolliert und gegebenenfalls angepasst (Abb. 14). Abb. 10–12: Anpassen der Prothesenzähne auf die dafür vorgesehenen Stümpfe. Abb. 13: Alle Einzelbestandteile werden als STL-Datensätze exportiert und kön- Abb. 14: Anpassen der Übergänge nach dem Verkleben. nen in die entsprechende Slicing-Software für die Fertigung überragen werden. ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 414–419 417
TECHNIK Fazit und Ausblick Zahntechniker stehen Funktion, Langlebigkeit der Versor- Bereits mit den derzeitig erhältlichen Modulen ist es gung und Ästhetik immer im Mittelpunkt. Hinzu kommt möglich, durch die Kombination verschiedener Funktio- die Wirtschaftlichkeit der Herstellung – diese erwarten nalitäten eine Klammermodellgussprothese voll digital wir von der Ablösung konventioneller Prozesse durch di- zu modellieren und im 3D-Druckverfahren mit geringer gitale. Im Einzelnen sehe ich beim gewählten Verfahren Nachbearbeitungsphase herzustellen (Abb. 15). Viele der der voll digitalen Herstellung einer Modellgussprothese bereits vorhandenen Funktionen gilt es nun sinnvoll mit- mit Blick in die Zukunft folgende wirtschaftlichen Vorteile einander zu verknüpfen, Algorithmen anzupassen und ei- für unser Labor: nen harmonischen Workflow zu erstellen, der dem Zahn- • einen insgesamt geringeren Zeitaufwand, und zwar bei techniker ermöglicht, auch komplexe herausnehmbare der Herstellung des Modellgusses, der Modellation der teilprothetische Versorgungen computergestützt anzufer- Prothesensättel und der Fertigstellung tigen. Im gleichen Zuge müssen sich auch die Werkstoffe • geringere Fertigungskosten weiterentwickeln, um den Anforderungen der hierfür not- • einen effizienten Fertigungsprozess (die Druckzeit ist wendigen Eigenschaften gerecht zu werden. Denn für uns unabhängig von der Menge) Dabei müssen konventionelle Arbeits- schritte im Vorfeld analysiert und für den digitalen Prozess verändert werden. Der digitale Workflow setzt eine angepass- te Herangehensweise bei der Model- lation und der im Anschluss folgenden Fertigstellung voraus. Speziell im hier vorgestellten Fall musste die Gestaltung des Modellgusses geringfügig verändert werden, um die komplette digitale Pro- zesskette zu nutzen, das Potenzial der additiven Herstellungsverfahren auszu- schöpfen und den angestrebten Voraus- setzungen gerecht zu werden. Beim Ersatz konventioneller Herstellungs- verfahren durch digitale Herstellungspro- zesse ergeben sich weitere Vorteile: • Unterstützung der Modellanalyse und Planung durch die Software • Gestaltung individueller Prothesenzähne • exakte Anpassung der Prothesenzähne an die Basis • sichere Kontrolle der Materialabstände • einfache Modellation und Positionie- rung von Retentionen, Verbindern und Abschlussleisten • einfache Veränderung der Okklusion nach neuer Bisssituation • jederzeitige Reproduktionsmöglichkeit (bei Sprüngen oder Brüchen können einzelne Segmente per Knopfdruck neu hergestellt werden) • geringe Nachbearbeitung • und: Digitale Herstellungsverfahren sind sehr präzise geworden. Es ist faszinierend zu sehen, dass sol- che Restaurationen, welche sich nach dem klassischen Herstellungsverfahren durch eine Vielzahl von handwerklichen Arbeitsschritten auszeichnen, mit nur ei- nigen Mausklicks zu realisieren sind. Im Zuge des technischen Fortschritts, be- zogen auf digitale zahntechnische Pro- zesse, wird man immer häufiger mit den Abb. 15: Fertige Klammermodellgussprothese: funktionell und schön. Möglichkeiten einer noch rationelleren 418 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 414–419
Herstellungsweise konfrontiert. Dabei erfüllen neue Materialien auch immer besser ästhetische Anforde- rungen, sodass dem Zahntechniker Individualisierun- gen erleichtert werden. Solche Entwicklungen in der digitalen Branche sollte jeder Zahntechniker genau Pure Inspiration beobachten und gewillt sein, sich Veränderungen rechtzeitig anzupassen, um daran auch zukünftig zu partizipieren. Literaturverzeichnis unter www.ztm-aktuell.de/literaturlisten w i w w Zahntechnik Uwe Bußmeier Marktplatz 1 · 46268 Greven felixbussmeier@web.de www.schoene-zaehne.de Bilder, soweit nicht anders deklariert: © Bußmeier ZT Felix Bußmeier Juni 2013 Allgemeine Hoch- schulreife (Gymna- sium Augustinia- num, Greven) September 2013 Beginn der Ausbil- dung zum Zahn- techniker bei Zahn- technik Uwe Bußmeier, Greven April 2015 Military School, Zirkonzahn, Gais, Südirol/Italien Februar 2016 Europaassistent, Pils Zahntechnik GmbH, Österreich Februar 2017 Abschlussprüfung zum Zahntechni- ker am Hans-Böckler-Berufskolleg, Haltern am See März 2017 2. Platz beim Gysi-Preis 2017 (4. Ausbildungsjahr) März 2017 Weiterbeschäftigung bei Zahntech- nik Uwe Bußmeier, Greven September 2018 Referententätigkeit im Institute for Guided Implantology – IGI Hamburg www.shofu.de
TECHNIK Die im fünften Prüfungsteil umgesetzte Tanner-Schiene. Meine Meisterprüfung Teil 5: Tanner-Schiene Mit dem hier folgenden Beitrag schließt die Serie von ZTM Sebastian Palm über seine praktische Meisterprüfung vor dem Ins- titut des Zahntechnikerhandwerks in Niedersachsen (IZN Hannover). In diesem letzten Teil 5 rückt er die Herstellung einer Tanner-Schiene sowie deren Funktion in den Mittelpunkt. Aus seiner Prüfung ging Sebastian Palm 2017 in Niedersachsen als Jahrgangsbester hervor, außerdem erzielte er auch mit allen fünf Prüfungsteilen bei der Verleihung des Klaus-Kanter-Preises für Meisterschüler bundesweit den dritten Platz. D ie Tanner-Schiene bezeichnet eine besondere Art der risat (Schütz Dental, FuturaGen) gewählt wurde, war damit die Stabilisierungsschiene zur Schmerzlinderung und Ent- logische Folge. lastung bei CMD (Aufbissbehelf bei craniomandibulärer Dysfunktion). Sie soll permanent Tag und Nacht getragen wer- Zeitplanung den. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Schienen liegt Wie bei den anderen Prüfungsteilen gehörte auch hier we- darin, dass die Tanner-Schiene nur für den Unterkiefer vorge- sentlich ein Zeitplan zum Prüfungsablauf, um Realitätsnähe zur sehen ist. Zum einen ergibt sich hieraus eine geringere Beein- späteren Berufsausübung zu erreichen. Dabei erwies sich die trächtigung bei der Lautbildung als bei beiderseitigem Tragen; generelle Zeitplanung während der Prüfung als vergleichsweise zum anderen liegen ästhetische Folgen auf der Hand, da die leichte Aufgabe, da hierfür lediglich vier Positionen gebraucht Schiene im Unterkiefer nicht so auffällig ist wie im Oberkiefer. wurden (Abb. 2). Da die Tanner-Schiene im Unterkiefer zur Anwendung kommt, Für das Konzept wurde jedoch eine tägliche Zeitplanung ge- dient demzufolge die Unterkiefersituation für das Arbeitsmo- fordert, die dann später mit den Tagesprotokollen abgeglichen dell. Als Gegenbiss musste die erste Prüfungsarbeit (siehe wurde. Die zeitliche Gliederung pro Tag war eine große Heraus- auch www.ztm-aktuell.de/palm „Festsitzende Versorgung“) forderung, denn letztendlich mussten alle Zeiten mit den Kos- verwendet werden (Abb. 1). tenvoranschlägen und der eigentlichen Zeitplanung der einzel- nen Arbeiten zusammenpassen. Der Tagesablauf musste zudem Prüfungsvorbereitung natürlich auch logisch sein. Es war erforderlich, dass die tägliche Ein Hauptkriterium der Arbeit war, dass die Schiene aus einem Arbeitszeit für jeden Prüfungsteil am Ende des Tages 480 Minu- einzigen Material bestehen musste. Damit wurden die Möglich- ten ergab (Abb. 3a u. b). keiten der Herstellung schon eingegrenzt. Natürlich wurde wäh- rend des praktischen Unterrichts im Zuge der Meisterausbildung Die Herstellung mit Perlpolymerisat auch eine Methode der Herstellung vorgestellt: Wir benutzten Da Beschädigungen am Arbeitsmodell zu Punktabzug führen die Streutechnik, bekannt für die Herstellung von KFO-Geräten. würden, wurde dieses während der Prüfung dubliert. Diese war jedoch für die Fertigung der Tanner-Schiene eher un- Die Bisssperrung im Bereich der 6er sollte 1,5–2 mm betragen. geeignet. Da erstens der Streukunststoff ein Splitterpolymerisat Deshalb musste der Stützstift um einiges mehr angehoben wer- ist, hat er nicht die gleiche Festigkeit wie ein Perlpolymerisat. den, um dies zu erreichen. Dies konnte dann kontrolliert werden, Zweitens hat ein Splitterpolymerisat einen höheren Restmono- indem die Prüfungsteilnehmer einen kleinen Silikonwall im Be- mergehalt. Dass daher in der Prüfungssituation ein Perlpolyme- reich der 6er anfertigten und dann die Stärke des Walles maßen. 420 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 420–422
TECHNIK Nachdem die Höhe richtig eingestellt war, wurden der Stütz- schnell durchzuführen, kam zu diesem Zweck eine Einmal- stift noch etwas angehoben und die Unterkieferzähne mit ro- spritze nach folgendem Verfahren zum Einsatz: safarbenem Plattenwachs aufgebaut. Somit wurde die Schie- • Nach dem Modellieren wurde im Bereich der 7er ein Guss- ne in Wachs schon funktionell eingestellt. Das bedeutet, dass kanal angebracht, anschließend erfolgte die Anfertigung im Seitenzahnbereich nur die Spitzen der palatinalen Höcker des Vorwalls. Kontakt haben und diese bei einer Laterotrusion und Protru- • Das Wachs wurde entfernt (abgedampft) und es folgte das sion direkt dis- Ausblocken untersichgehender Stellen. kludieren. • Das Modell wurde mit einer Kunststoff-Gips-Isolierung se- Voraussetzung pariert. für die Disklu- • Der Vorwall war zu befestigen und die Spritze wurde mit sion der Sei- FuturaGen Klar gefüllt. tenzähne ist • Mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit – nicht zu schnell, eine Front-Eck- aber auch nicht zu langsam – galt es, den Hohlraum mit zahn-Führung. Kunststoff zu füllen. Dafür ist die • Nachdem die Schiene im Drucktopf ausgehärtet war, muss- Schiene im Be- te sie noch aufgepasst werden. reich der Front- • Die Funktion wurde, wie oben beschrieben, eingeschliffen zähne aufzu- und alles zuletzt noch auf Hochglanz poliert (Abb. 5). bauen (Abb. Die Vorteile dieses Verfahrens gegenüber der Streutechnik 4). sind ganz klar: Die Schiene kann vorab viel gezielter her- Um das Stop- gestellt werden, somit geht das Ausarbeiten viel schneller fen einfach und vonstatten. Außerdem würde das hierzu zu verwendende Abb. 1: Unterkiefer-Arbeitsmodell und Gegenbiss als Abb. 2: Der während der Prüfung erarbeitete Zeitplan für die Tanner-Schiene. Grundlage für die Tanner-Schiene. Abb. 3a: Zeitliche Gliederung der gesamten Prüfung. Abb. 3b: Zeitwerte für den ersten Prüfungstag als Beispiel für die Kalkulation des Kostenvoranschlages. ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 420–422 421
TECHNIK Abb. 4: Um eine Front-Eckzahn-Führung und Disklusion der Seitenzähne zu er- Abb. 5: Frontansicht der fertiggestellten Schiene. reichen, wurden die Ränder vor dem Stopfverfahren noch etwas dicker gestaltet. Splitterpolymerisat mehr kontrahieren, was die Passung be- einträchtigen kann. ZTM Sebastian Palm Fazit Der fünfte Prüfungsteil gehörte mit zu den angenehmsten Betriebsleiter und Teamleiter Abschnitten während der insgesamt neun Prüfungstage. Natürlich war es hier zwingend erforderlich, dass die fest- 2007–2011 Ausbildung zum Zahntechniker sitzende Versorgung (Prüfungsteil 1) fertig und für deren 2016 Laborleitung ZMK-Kassel Fertigung eine angemessene Zeitspanne eingehalten wor- 2015–2018 Meisterausbildung IZN Hannover, den war. Hätte ein Prüfungsteilnehmer bei diesem Teil Abschluss als Jahrgangsbester der praktischen Prüfung schon zeitliche Probleme gehabt oder die festsitzende Ver- Seit 2018 Betriebsleiter ZMK-Kassel sorgung gar nicht erst finalisiert, hätte auch die Schiene 2018 Teilnahme am Klaus Kanter-Wettbewerb für jahr- nicht hergestellt werden können. gangsbeste Meisterschüler mit Zuerkennung des 3. Im Laboralltag sieht die Herstellung einer Schiene aller- Platzes dings meist anders aus, da diese gefräst, gedruckt oder auch klassisch mit einem Tiefziehgerät produziert wird. Die Indikation für eine (Tanner-)Schiene liegt meist in der Zentrierung und Stabilisierung des Kiefergelenkes und der Bilder: © Palm Behebung von Muskelstörungen. Da im Labor eine Schiene mit adjustierter Oberfläche regelmäßig angefordert wird w und damit eine wichtige Arbeit im Alltag eines Zahntech- nikers darstellt, war auch dieser Aufgabenteil ein aussage- i w w fähiger und alltagsorientierter Prüfungsteil für eine Meis- ZTM Sebastian Palm terprüfung und ein würdiger Abschluss dieser mehrteiligen ZMK Kassel-Wilhelmshöhe Prüfung. Wilhelmshöher Allee 305 · 34131 Kassel sebi.p@arcor.de Von der „Festsitzenden Versorgung“ über die „Festsitzend-herausnehmbare Kombinationsprothese“ zu den „Totalprothesen“ und einer „Oberkiefer-Dehnplatte“: Alle Beiträge von ZTM Sebastian Palm zu den fünf Teilen seiner Meisterprüfung finden Sie auch auf unserem Onlineportal unter www.ztm-aktuel.de/palm. 422 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 420–422
Zertifiziert · Validiert Prozesssicher Entspannt Keramik erleben: FREEPRINT die große Freiheit für DLP Printer ® ceraMotion® Apéros – Made by Dentaurum temporäre Kronen & Brücken herausnehmbare Prothesenbasen Front- und Totalprothesen Seitenzahn- restaurationen Ein Apéro ist ein gesellschaftlicher Brauch in Frankreich und der Schweiz, der Genuss und Geselligkeit verbindet. Dabei geht es vor allem um einen ungezwungenen Aus- tausch mit Kollegen und Freunden. Die ceraMotion® Apéros von Dentaurum verbinden diese Tradition ge- konnt mit aktueller Wissensvermittlung. Bohrschablonen Schienen Transfer- KFO Basisteile schablonen Bracket- positionierung I m Mittelpunkt jeder Veranstaltung stehen die neuen Pasten- keramiken ceraMotion® One Touch No Limits und Pink. Refe- renten von Dentaurum zeigen, wie einfach und schnell die Fi- nalisierung mit den ceraMotion® One Touch Pasten funktioniert. ceraMotion® One Touch No Limits ist eine neuartige fluoreszie- rende Pastenkeramik, die im Bereich Verarbeitung, Farbe und Schichtstärke neue Maßstäbe setzt. Hinter ceraMotion® One Touch Pink verbergen sich speziell entwickelte 3D-Pasten für die Modellherstellung Modellherstellung Modellherstellung ästhetische Verblendung zahnfleischfarbener Anteile. Die Teil- Arbeitsmodelle Meistermodelle Tiefziehtechnik nehmer können sich selbst ein Bild von den praktischen Eigen- Situationsmodelle Arbeitsmodelle schaften dieser einzigartigen Keramiken machen und nach Lust Kontrollmodelle Kontrollmodelle und Laune testen. Doch was wäre ein Apéro ohne geselligen Ausklang? Das Wichtigste, der Austausch mit Referenten und Kollegen in einem zwanglosen entspannten Ambiente, macht diese Veranstaltungen zu einem besonderen Erlebnis. individuelle Zahnfleischmasken Gussobjekte Abdrucklöffel funktionelle Abformlöffel Basiskunst- stoffplatten www.detax.de 3D INFO BROCHURE © Dentaurum NEW 3D RESINS DIGITAL WORKFLOW ceraMotion® Apéros im Herbst 2019 PRINTER VALIDATION Interessierte können sich am 18. Oktober 2019 in Memmingen von der einfachen Anwendung der One Touch Pasten überzeugen. Weitere Apéros sind in Österreich und der Schweiz geplant. Auch 2020 wird diese erfolgreiche Veranstaltungsreihe fortgesetzt. w w w www.dentaurum.com GET IT HIGH PERFORMANCE POLYMERS MADE BY
WERKSTOFFKUNDE-LEXIKON Kunststoffe – Teil 5: Prothesenkunststoffe (2) Polymethylmethacrylate sind auch heute noch die am meisten verwendeten Kunststoffe, da sie in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis bis heute ungeschlagen sind und bei korrekter Verarbeitung über eine sehr gute Biokom- patibilität und Lebensdauer verfügen. S ie werden als Pulver-Flüs- sigkeitssysteme angeboten (Abb. 1). In den Pulvern ist in der Regel ein Präpolymerisat enthalten, welches die Polyme- risationsschrumpfung minimie- ren soll. Gleichzeitig wird in der Regel die Farbgebung über das Pulver gesteuert. Die Flüssigkei- ten enthalten hauptsächlich das Monomer, Initiatoren und Stabili- satoren sowie Vernetzungsmole- küle, über die auch die Qualität des Kunststoffes eingestellt wer- den kann. Die am längsten verwendeten Systeme sind die sogenannten Heißpolymerisate. Diese gehören Abb. 1: Prinzipieller Aufbau der dental verwendeten PMMA-Kunststoffe. zu den bewährten Systemen mit langer klinischer Erfahrung. Der Polymerisationsstart erfolgt durch Hitzeeinwirkung. dass teilweise mit einer angeteigten Masse auch meh- Dibenzoylperoxidmoleküle werden durch die Erhitzung rere Küvettenbefüllungen gleichzeitig erfolgen können. der Küvetten im Wasserbad gespalten und damit wird die Gleichzeitig sorgen auch relativ große Polymere von mehr radikalische Polymerisation in Gang gesetzt. als 200 µm für ein langsames Anquellverhalten. Die Vorteile der Heißpolymerisate liegen in der Robustheit Vor- und Nachteile dieser langjährigen Technologie aufgrund langer Verarbei- Durch die Notwendigkeit einer deutlichen Temperaturer- tungszeiten und einer sehr einfachen Technologie ohne höhung zum Polymerisationsstart (T > 70–80 °C) ist die Spezialapparaturen. Durch eine lange Polymerisationszeit Verarbeitungszeit bei Zimmertemperatur relativ lang, so- liegt auch der Restmonomergehalt nach der Aushärtung unter 1,5 Vol%. Ein systemimmanenter Nachteil liegt unter heutiger Sicht aber oft darin, dass der Prozess für sich sehr zeitauf- wendig ist, da über 10 Stunden bei ca. 90 °C polymerisiert werden muss, wenn durch Langzeitpolymerisation die Monomerminimierung angestrebt wird. Fortsetzung folgt Prof. Dr. Peter Pospiech Alle Teile des Werkstoffkun- de-Lexikons rund um das Thema „Kunststoffe“ finden Sie unter www.ztm-aktuell.de/kunststoffe Abb. 2: Prinzip des Polymerisationsstarts bei Heißpolymerisaten. 424 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 424
23. Prothetik Symposium am 30. November in Berlin „Machen, aber richtig!“ lautet das Motto des diesjäh- rigen Prothetik Symposiums in Berlin, unter das Merz Dental und der Quintessenz Verlag ein vielseitiges und spannendes Programm für Zahnärzte, Zahntech- niker und Fachpersonal gestellt haben. Neues in Pra- xis und Labor einzuführen und Probleme zu lösen verlangt, sich aktiv damit auseinanderzusetzen und sich das nötige Wissen anzueignen. Das klingt ein- fach, ist es im Alltag aber nicht. A ktuelle Fragestellungen rund um die Prothetik, die „Küssen Zahnärzten und Zahntechnikern in ihrem Alltag immer wieder begegnen, bereiten die Referenten unter der Leitung von Prof. Dr. Jan-Frederik Güth und ZTM Sie Ihre Hans-Jürgen Stecher so auf, dass sie es selbst richtig und er- folgreich „machen“ können. Dazu gehören fundiertes, wis- senschaftlich gesichertes Wissen ebenso wie die Erfahrun- gen aus Praxis und Labor. Liquidität Es geht um die Digitalisie- rung, den Einsatz von In- traoralscannern, die neu- en 3D-Drucker und ihre WACH!“ sinnvollen Anwendungen und die digitale Totale. Aber auch um Kommu- nikation, um Materialien, das tägliche Bemühen um die bestmögliche Passung und auch um ethische Fra- gen in der Zahntechnik. © Merz Dental GmbH Erstmals gibt es außerdem die Möglichkeit, sich in drei Parallel-Workshops intensiver Bei jedem gibt es mal Phasen, in denen die Zahlungsfähigkeit mit Neuem – den Themen sichere Prothetik, flexible Schie- nen und intraorales Scannen – auseinanderzusetzen. Nach stockt. Wo die Vorfinanzierung bis an die Schmerzgrenze dem Kongress sind alle Teilnehmer zu einem informativen geht. Dann wünscht man sich, man hätte sich schon längst Austausch zwischen Referenten, Teilnehmern und Organi- für Factoring entschieden. Denn bei LVG-Factoring verfügt man satoren im Rahmen eines Get-togethers eingeladen. Ein er- über sofortige Liquidität, kann geplante Investitionen realisie- folgreicher Fortbildungstag findet am Abend an einem von Berlins längsten Tresen, in der Bar am Lützowplatz, seinen ren und Skonti und andere Einkaufsvorteile optimal nutzen. Abschluss. Kommen Sie am 30. November ins Hotel Pullman Berlin Vertrauen Sie den Erfindern des Dental-Factorings. Über 30 Jahre Schweizerhof und nutzen Sie das Angebot, sich mit neu- erfolgreiche Finanzdienstleistung sorgen für Kompetenz-Vor- em Wissen für das Tun zu versorgen. Damit es für Sie heißt: „Machen, aber richtig!“. Zahnärzte erhalten für die Teilnah- sprung. Und für mehr als 30.000 zufriedene Zahnärzte. me an der Veranstaltung acht Fortbildungspunkte nach den Richtlinien der BZÄK/DGZMK. Die Teilnahme an den Work- shops wird mit jeweils einem Fortbildungspunkt bewertet. w L.V.G. w www.quintessenz.de/prothetik2019 Labor-Verrechnungs- w Gesellschaft mbH Hauptstraße 20 / 70563 Stuttgart T 0711 66 67 10 / F 0711 61 77 62 kontakt@lvg.de
TECHNIK Die fertige Prüfungsarbeit im Artikulator. Live dabei: Gesellenprüfung in Nürnberg Teil 1: Totalprothesenaufstellung Vier überdurchschnittlich heiße Tage lang arbeiteten 12 Prüflinge im Labor der Handwerkskammer Nürnberg und schwitzten – nicht nur wegen der hohen Temperaturen – beim Erstellen ihrer Gesellenstücke. Ein jeder gab sein Bestes und kämpfte dar- um, den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zu erlangen. Unter ihnen Ina Horn, die hier berichtet: in diesem Heft über die Erstellung einer Totalprothese, in Teil 2 über eine Modellgussprothese, Brücke, Geschiebekrone und ein Primärteil. E rhält man den Gesellenbrief, ist das der erste Schritt auf te ich gelernt, dass es wichtig sei, die Umschlagfalten dabei der Karriereleiter eines Zahntechnikers und deshalb für komplett auszufüllen. Aus optischen Gründen polierte ich den die meisten Auszubildenden Aufregung pur. Folgender Kunststoff, wobei ich nur den Kieferkamm für den besseren Beitrag schildert den Ablauf nach abgelegter Theorieprüfung: Halt des Wachses unbearbeitet ließ. Für den großen Prüfungs- Es ist die „Kür“ des Abschlusses, die praktische Prüfung. Diese tag erstellte ich zur Kontrolle eine Materialliste, die individuell bestand aus zwei Teilen und erstreckte sich über einen Zeit- auf meine Arbeitsweise ausgerichtet war und alle Bestandteile raum von vier vollen Arbeitstagen. Im ersten Teil waren von uns zusammenfasste, die ich für die Prüfung benötigte. Dieses war Prüflingen Totalprothesen nach der TiF-Methode herzustellen. rasch erledigt und ausgesprochen hilfreich (Abb. 1). Vorbereitung Anzeichnungen und Artikulation Die Gipsmodelle der unbezahnten Kiefer konnten circa ei- In der Handwerkskammer betrug der Zeitrahmen für das The- nen Monat vor Prüfungsbeginn bei der Zahntechnikerinnung ma „Totalprothesen“ fünf Stunden. Die Prüfung begann mit abgeholt werden. Markierungen in Form von Rillen an den einem kurzen schriftlichen Test. Darin mussten wir themen- Modellrändern für die anatomische Modellmitte und die sta- bezogene Fragen beantworten, um nach der Abgabe sofort tischen Linien waren in den Modellen schon vorhanden. In individuell mit dem Erfüllen der Aufgaben des Auftragszettels unseren Ausbildungsbetrieben sollten wir Prüflinge daraufhin fortzufahren. Für diesen schriftlichen Test ist keine gesonder- im Oberkiefer eine Hohllegung und tropfenförmige Radierung te Vorbereitung erforderlich, sondern hier handelt es sich um der A-Linie vornehmen. Nur für diese Bearbeitung und für die Wissen, das man sich während der praktischen Arbeit im Aus- Herstellung von Basisplatten durften die bereitgestellten Ar- bildungsbetrieb und in der Schule angeeignet haben sollte: Es beitsunterlagen verwendet werden. Sonstige Manipulationen ging um Fragen zu Einzelheiten der TiF-Aufstellung und die da- am Modell waren nicht erlaubt. für zu benutzenden Geräte, Werkzeuge und Materialien. Um das Prüfungsmodell nicht zu beschädigen, fertigte ich in Den Teilnehmenden wurde ein fiktiver Patientenfall vorgelegt: „meinem“ Labor ein Duplikat, auf dem ich die Basisplatte in Es waren totale Prothesen im Ober- und Unterkiefer nach dem rosafarbenem Autopolymerisat-Kunststoff (Palapress, Kulzer) „Totale in Funktion“-System von Karl-Heinz Körholz in Wachs herstellen konnte. Im Fachunterricht an der Berufsschule hat- aufzustellen. 426 ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 426–429
TECHNIK Nach einer kurzen Einweisung erhielt jeder Prüfling eine Ar- Die Zweier sollten im Gegensatz zu den Einsern etwas weniger beitsschale, in der insbesondere ein Gipsschlüssel zur Montage nach labial geneigt sein. der Modelle im Artikulator sowie die Totalprothesenaufstellung Für mich war es bei den ersten vier aufzustellenden Zähnen und ein Situationsmodell des Unterkiefers enthalten waren. Au- hilfreich, eine Käppchentiefziehfolie in der Mitte zu falten und ßerdem befanden sich in der Schale schon drei Zahngarnituren von inzisal anzulegen, um zu überprüfen, ob der Zahnbogen für die Modellgussarbeit des späteren zweiten Prüfungsteils. gleichmäßig war (Abb. 4). Jetzt konnte die eigentliche Arbeit beginnen. Wir stürzten Die Labialfläche der Eckzähne soll, anders als bei den Inzisiven, uns in die praktische Arbeit, die mit dem Einartikulieren der nach lingual geneigt sein. Wichtig ist, dass die Zahnspitzen die Modelle in den Artikulator ihren Anfang nahm. Dafür musste Okklusionsebene mit circa einem Millimeter überschreiten und der von den Prüfern bereitgestellte Gipsschlüssel, auf dem die die distalen Inzisalkanten auf einer Linie mit der in Rot gekenn- Okklusionsebene mit Inzisalpunkt eingraviert war, verwendet werden, um die Okklusionsebene mittelwertig nach dem Bon- will-Dreieck und dem Abstand vom Inzisalstift zum Inzisalpunkt (41 mm bei Artex-Artikulatoren) ausrichten zu können. Sobald der Artikulationsgips getrocknet war, konnte mit den Anzeich- nungen an den Modellrändern fortgefahren werden. Im Unter- kiefer wurden zunächst mit dem Bleistift Modellmitte, frontale Kammmitte und Mitte der Umschlagfalte markiert, mit rotem Buntstift wurde die Grundstatik, mit grünem die Innenkorrek- tur und mit blauem die Außenkorrektur gekennzeichnet (Abb. 2). Mithilfe des Profilzirkels konnte der Kieferkammverlauf seit- lich auf das Modell übertragen werden. Anhand dessen wurde herausgearbeitet, wo die Position des Sechsers liegt und ob eine Aufstellung bis zum zweiten Molaren möglich ist. Für die Sechser-Position war eine Parallele zur Tischebene zu ziehen, die tangential den tiefsten Punkt des Kieferkammverlaufs be- rührte. An diesem Punkt befindet sich die Position des ersten Abb. 2: Anzeichnungen der statischen Linien. Molaren. Von dort aus kann mit einer 22,5°-Schablone durch eine Winkelmarkierung die Stopplinie bestimmt werden. Hinter dem Bereich der Stopplinie dürfen keine Zähne mehr aufge- stellt werden (Abb. 3), weil eine Belastung in diesem Bereich ein Nachvorneschieben der Prothese verursachen würde. Im Oberkiefer wurden ebenfalls Modellmitte, Grundstatik, Außen- und Innenkorrektur farblich markiert. Den schriftlichen Test absolvierte ich zügig und ließ mir aus dem Grund nicht allzu viel Zeit, da ich möglichst schnell mit dem Einartikulieren der Mo- Artikulaton delle fortfahren wollte. So Knete vermied ich es, in der Gips- Artikulationsplatten küche länger auf einen freien Artikulationsgips Platz warten zu müssen. Vor Inzisalspitze Gummiband dem Aufstellen der Zähne Gummibecher und Anrührspatel hob ich den Inzisalstift mini- mal an, um der Kontraktion Abb. 3: Anzeichnung des Kieferkammprofils mit Analyse. Anzeichnung des Wachses entgegenzuwir- Roter, blauer, grüner Buntstift Bleistift ken. Geodreieck Profilzirkel Aufstellen der Zähne 22,5°-Schablone Ich begann bei der Aufstel- Aufstellung lung wie üblich mit den un- 2x Aufstellwachs teren Schneidezähnen. Die 4x rosafarbenes Modellierwachs mittleren Inzisiven wurden Kleines Wachsmesser nach dem Inzisalpunkt in der Gummiband Tiefziehfolie Horizontalen ausgerichtet 2x Bohrer für Bohrerkontrolle und wiesen mit ihren Kanten Instrumente zum Ausmodellieren auf die obere Umschlagfalte. Alcohol torch Alkohollampe Die Basalflächen beider Inzi- Okklusionsseide Sprühfläschchen mit Alkohol siven standen auf diese Wei- Taschentücher se auf der Kieferkammmitte Watte und deren Inzisalkanten auf Abb. 1: Materialliste. Höhe der Okklusionsebene. Abb. 4: Unterkieferfront mit Tiefziehfolie. ZAHNTECHNIK MAGAZIN | Jg. 23 | Ausgabe 06 | Oktober 2019 | 426–429 427
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