Zeiträume Times and Spaces - Geschichte und Architektur des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie History and Architecture of the Federal ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Zeiträume Times and Spaces Geschichte und Architektur des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie History and Architecture of the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy
Impressum Imprint Herausgeber Published by Bundesministerium für The Federal Ministry for Economic Affairs Wirtschaft und Energie (BMWi) and Energy (BMWi) Öffentlichkeitsarbeit Public Relations 11019 Berlin 11019 Berlin www.bmwi.de www.bmwi.de Stand Current as of Juli 2018 July 2018 Druck Printed by Schöne Drucksachen GmbH, 12103 Berlin Schöne Drucksachen GmbH, 12103 Berlin Das Bundesministerium für Wirtschaft und Federal Ministry for Economic Affairs Energie ist mit dem audit berufundfamilie® and Energy (BMWi) has been awarded the für seine familienfreundliche Personalpolitik berufundfamilie® audit certificate for its ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von family-friendly HR policy. The certificate der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der is granted by berufundfamilie gGmbH, Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. an initiative of the Hertie Foundation. Diese Publikation ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des This brochure is published as part of the public relations work Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. of the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum (BMWi). It is distributed free of charge and is not intended for Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung sale. The distribution of this brochure at campaign events or at auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen information stands run by political parties is prohibited, and der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder political party-related information or advertising shall not be Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln. inserted in, printed on, or affixed to this publication. This publication as well as further publications can be obtained from: Diese und weitere Publikationen erhalten Sie bei: Federal Ministry for Economic Affairs Bundesministerium für Wirtschaft und Energie and Energy (BMWi) Referat Öffentlichkeitsarbeit Public Relations publikationen@bundesregierung.de E-Mail: publikationen@bundesregierung.de www.bmwi.de www.bmwi.de Zentraler Bestellservice: Central procurement service: Telefon: 030 182722721 Tel.: +49 30 182722721 Bestellfax: 030 1810272272 Fax: +49 30 18102722721
Einleitung Introduction Eine wechselvolle Geschichte steckt in den Mauern des The walls of the Federal Ministry for Economic Affairs and Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Sein heu Energy embrace an eventful history. The Ministry’s current tiges Gesicht erhielt der Gebäudekomplex in den frühen appearance dates back to the early 1990s. When the decision 1990er Jahren. Auf den Beschluss, Berlin zum Regierungs was taken to make Berlin the seat of government in the newly sitz des vereinigten Deutschlands zu machen, folgten um unified Germany, extensive renovation work and new con- fangreiche Sanierungs- und Neubauarbeiten am Dienstsitz struction measures were then undertaken in order to house des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Die what is now the Federal Ministry for Economic Affairs and architektonisch und historisch bemerkenswerten Gebäude Energy. Buildings that are remarkable in both architectural in der Mitte Berlins zeigten fortan ein neues Gesicht. and historical terms now show themselves in a new light. Die wechselnde Geschichte spiegelt sich nicht nur in den The changing history of this building complex is not only über 250 Jahre alten Invalidenhäusern wider, sondern auch reflected in the 250-year-old “Invalidenhäuser” (which housed in der ehemaligen kaiserlichen Akademie. Diese war zu a retirement home for war veterans), but also in the former Zeiten der Weimarer Republik der Sitz des Reichsarbeits Imperial Academy. The latter was the headquarters of the ministeriums und später Regierungs- und Diplomaten Imperial Ministry of Labour during the Weimar Republic, and krankenhaus der DDR. 1949 wurden die Gebäude an der later housed the Government and Diplomats’ Hospital of the Invalidenstraße zwischenzeitlich auch Sitz des Obersten GDR. In 1949, the buildings on Invalidenstrasse also temporari- Gerichts und der Generalstaatsanwaltschaft der DDR. ly housed the Supreme Court and the Public Prosecution Office Vielen in schmerzlicher Erinnerung geblieben sind die poli of the GDR. Many will have painful memories of the political tischen Schauprozesse, die zunächst unter dem Vorsitz show trials which took place at the present site of the ministry (1949–1953) von Hilde Benjamin, einer gefürchteten Rich and which first began under the presidency (1949–1953) of terin und späteren Justizministerin der DDR, am heutigen Hilde Benjamin, one of the most feared judges in the GDR, who Sitz des Ministeriums stattfanden. Heute dienen diese later became Minister of Justice. Today, these buildings serve Gebäude der Demokratie. In ihnen wird eine moderne Wirt the purposes of democracy and are where a modern economic schaftspolitik für die Menschen in diesem Land gestaltet. policy is developed for the people of this country. Die vorliegende Publikation führt Sie auf anschaulichen This brochure will take you on a journey that will bring to life Wegen durch die bemerkenswerte Historie des Hauses. the remarkable history of this building. Enjoy the tour! Es erwarten Sie viele interessante Begegnungen.
2 Inhalt Geschichte................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................4 Eine Idee nimmt Form an: das Invalidenhaus.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................5 Das Leben im Invalidenhaus........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................6 Die militärärztliche Akademie entsteht...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................8 Wechselvolle Jahre..................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................10 Nach dem Zweiten Weltkrieg...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................12 Eine neue Epoche beginnt.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................17 Mehr Platz als Park: der Invalidenpark.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................18 Ein ruhiger Nachbar: der Invalidenfriedhof........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................20 Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – gestern und heute ...................................................................................................................................................................................................................................22 Die Wirtschaftsminister(-in) der Bundesrepublik Deutschland..........................................................................................................................................................................................................................................................................................25 Architektur......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................26 Eine komplexe Aufgabe...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................27 Zur Übersicht............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................30 Planen, konstruieren, restaurieren......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................32 Das Gebäude A......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................36 Das Gebäude B......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................38 Das Gebäude C......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................41 Das Gebäude D.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................43 Die Gebäude E und F........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................44 Das Gebäude G.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................47 Liebe zum Detail............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................49 Schöne Einsichten....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................50 Denkmalschutz und modernste Technik unter einem Dach vereint..................................................................................................................................................................................................................................................................54 Kunst....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................58 Das Handwerk der Kunst...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................59 Daten und Fakten.......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78 Quellen.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78 Bildnachweis..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................79
3 Content History 4 .............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. An idea takes shape: the Invalidenhaus......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................5 Life in the Invalidenhaus...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................7 The military medical academy built.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................9 Years of transformation..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................11 After World War II...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................13 The start of a new era....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................17 More a square than a park: the “Invalidenpark”........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................19 A quiet neighbour: the “Invalidenfriedhof”.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................20 The Federal Ministry for Economic Affairs and Energy – yesterday and today .......................................................................................................................................................................23 The federal ministers for economic affairs of the Federal Republic of Germany......................................................................................................................................................................25 Architecture......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................26 A complex task....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................27 Overview...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................31 Planning, building, restoring..................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................32 Building A..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................36 Building B..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................38 Building C..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................41 Building D........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................43 Buildings E and F.......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................44 Building G.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................47 Attention to detail....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................49 Beautiful insights........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................50 Historical preservation and state-of-the-art technology brought together under one roof.................................................................................................................55 Art .....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................58 The genesis of art.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................59 Dates and facts...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78 Sources........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78 Photographs...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................79
G E S C H I C H T E / H I S TO RY 5 Eine Idee nimmt Form an: das Invalidenhaus An idea takes shape: the Invalidenhaus Ansicht von Osten, 1750 (Johann David Schleuen) View from the East, 1750 (Johann David Schleuen) Es gehört zu den ältesten Gebäuden, die im Rahmen des The Invalidenhaus is one of the oldest buildings taken over Umzugs der Bundesregierung in Berlin bezogen wurden: to form the new home of the federal government in Berlin. das Invalidenhaus. Als Teil eines historischen Gebäude- As a part of a historical complex of buildings which was al- komplexes, der ohnehin sanierungsbedürftig war, wurde ready in need of renovation, it was restored from the ground es für seine neue Nutzung durch das BMWi von Grund auf up for its new use by the Federal Ministry for Economic Affairs restauriert – behutsam und mit Respekt vor der mehr als and Energy; with care and respect for the building’s more than 250-jährigen Geschichte des Hauses. Genau genommen 250-year history. To be exact, everything started in 1705 with begann alles 1705 mit einer Idee: König Friedrich Wilhelm I. an idea: King Frederick William I of Prussia wanted to create von Preußen wollte eine Unterkunft für kriegsinvalide accommodation for soldiers disabled in war. However, this Soldaten bauen. Umgesetzt wurde dieser Plan aber erst 1747 plan was not brought to fruition until 1747, when Frederick II durch Friedrich II. von Preußen, der außerhalb der Stadt of Prussia had the cornerstone laid for the Invalidenhaus out- mauer den Grundstein für das Invalidenhaus legen ließ. side the city walls. The location was adjacent to the Charité Dort, „wo der Blick auf die Landschaft Geist und Seele rege Hospital, where “the view of the country-side regenerated nerierte“ und eine unmittelbare Nähe zum Krankenhaus spirit and soul”. Designed in a U-shape, the building included Charité bestand. U-förmig angelegt, umfasste das Gebäude an inner courtyard, which was presumably landscaped in einen vermutlich erst 1822 gärtnerisch gestalteten Innenhof, 1822, the plans of which are attributed to the renowned land- dessen Entwurf dem Gartenarchitekten Peter Josef Lenné scape gardener Peter Josef Lenné. After a cannon had been zugeschrieben wird. Nachdem 1844 im Hof eine Kanone auf installed in the courtyard in 1844, the park was named “Kano gestellt worden war, hieß die Parkanlage „Kanonenhof“, nenhof” (cannon courtyard), and later “Ehrenhof” (court of später auch „Ehrenhof“. Neben einigen Wirtschaftsgebäuden honour). In addition to several utility buildings, Protestant wurden nach Plänen von Isaak Jacob von Petri eine evangeli and Catholic churches were built according to plans by Isaak sche und eine katholische Kirche errichtet. Bei der Einweihung Jacob von Petri. When the Invalidenhaus was consecrated in des Invalidenhauses 1748 erhielten 522 Kriegsversehrte ein 1748, 522 disabled war veterans were given a new roof over neues Dach über dem Kopf. their heads.
6 G E S C H I C H T E / H I S TO RY Das Leben im Invalidenhaus Invalidenhaus, um 1900 The Invalidenhaus around 1900 Das Invalidenhaus, so die Absicht Friedrichs II., sollte als Genesungs- und Wohnstätte für dienstunfähige Soldaten und ihre Familien dienen. Kostenlos erhielten sie Wohn raum, Verpflegung, Kleidung und ärztliche Versorgung. Deshalb wurde die Einrichtung vom König mit 523 Morgen Landbesitz und größerem Barvermögen ausgestattet. Frei lich nicht ganz uneigennützig: Das Haus sollte wirtschaft lich unabhängig sein und die Staatskasse nicht belasten. Handwerker und Händler, die für die Bewohner arbeiteten, waren sogar von Steuern und Abgaben befreit, damit sie ihre Waren besonders „wohlfeil“ anbieten konnten. Auch in anderen Ländern wurden Von Anfang an bestimmte eine strenge militärische Ord Invalidenhäuser errichtet. Bereits 1670 nung das Leben im Invalidenhaus. Ein Kommandant stand wurden 5.000 französische Invaliden am allem vor und die Bewohner waren in drei Kompanien zu Stadtrand von Paris angesiedelt. 1681 ent je 190 Mann eingeteilt, geführt von 10 Offizieren, 3 Fähn stand das Royal Hospital in Chelsea für richen und 30 Unteroffizieren. Sie trugen auch außerhalb 300 englische Kriegsversehrte. des Dienstes Uniform und Leutnants hatten Wachdienste zu verrichten. Das Invalidenhaus bildete eine selbstständige Such institutions were also built in other Gemeinde mit eigener Zivil- und Strafgerichtsbarkeit und countries. As early as 1670, 5,000 French verfügte über Geistliche beider Konfessionen. Auf Wunsch ‘invalides’ were settled at the edge of Paris. des Königs sollten sich die Bewohner schließlich nicht nur In 1681, the Royal Hospital was built in diszipliniert verhalten, sondern sich auch durch Sitte und Chelsea for 300 disabled British war Gottesfurcht auszeichnen. veterans.
G E S C H I C H T E / H I S TO RY 7 Life in the Invalidenhaus The Invalidenhaus, as intended by Frederick II, was to serve as a place for healing and to provide accommodation for sol- diers who were no longer able to serve, along with their fami- lies. Accommodation, food, clothing and medical care were provided free of charge. The King therefore donated 523 acres of land, and made a considerable financial contribution to the facility as well. Admittedly, this was not entirely from altruis- tic motives: The building was to be economically independent, not a burden on the state coffers. Workers and traders who worked for the inhabitants were even released from taxes and charges in order to allow them to offer their goods at a par- ticularly low price. Strict military order ruled life in the Invalidenhaus right from the start. A commanding officer was in charge of everyone, and the inhabitants were divided into three companies of 190 men each, led by ten officers, three ensigns and 30 non- commissioned officers. They wore uniform even when not on duty and lieutenants had to carry out guard duty. The Der südliche Seitenflügel am Kanonenhof, 1897 Invalidenhaus was an independent community with its own The southern wing of the “Kanonenhof”, 1897 civil and criminal jurisdiction, and maintained clergy of both confessions. It was furthermore the King’s wish that the in- habitants not only behave in a disciplined manner, but that they also set an example by their good morals and fear of God. 1755: Der blaue Soldatenrock prägt nach wie vor das Stadtbild Berlins. Etwa ein Erste und letzte Seite der Instruktion für den Kommandanten von Friedrich II. von Preußen vom 31. August 1748 Viertel der Einwohner sind Militärperso First and last page of the instructions for the commanding officer nen. Dazu zählen neben den Soldaten ihre of Frederick II of Prussia of 31 August 1748 Frauen und Kinder. 1916 zahlte das Reich im zivilen Bereich insgesamt 182,3 Mio. Mark an Invaliden rente. Die durchschnittliche Höhe lag pro Person bei 198,78 Mark pro Jahr. 1755: The blue soldier’s coat continues to characterise street scenes in Berlin. Roughly one-quarter of the city’s inhabitants are military personnel. This figure includes the soldiers, their wives and children. In 1916, the Reich paid a total of 182.3 mil- lion Mark in pensions to disabled war veterans in the civilian field. The average amount was 198.78 Marks per person per year
8 G E S C H I C H T E / H I S TO RY Die militärärztliche Akademie entsteht Die Grundsteinlegung der Akademie am 10.06.1905 Laying of the cornerstone for the Academy, 10 June 1905 Hauptportal an der Scharnhorststraße, 1910 Main gate on Scharnhorststraße, 1910 Im Mannschaftspark des Invalidenhauses ließ Kaiser Wilhelm II. am 10. Juni 1905 den Grundstein der kaiser lichen „Akademie für das militärärztliche Bildungswesen“ legen. Beauftragt mit dem Bau waren die Berliner Architekten Cremer & Wolffenstein. Sie mussten sich je doch bezüglich des Baustils den Vorstellungen des Kaisers fügen. So entstand 1910 ein Prachtbau mit Mansardendach und Sandsteinfassade im „friderizianischen Neobarock“ – typisch für die Staatsbauten der damaligen Zeit. Das Gebäude, übrigens später schlicht in „Kaiser-Wilhelms- Akademie“ umbenannt, bot 350 Studierenden Platz und ließ keine Wünsche offen. Es verfügte über einen kom fortablen Wohnbereich und außerdem über Hörsäle, Lesezimmer, Laboratorien, Gerätesammlungen und eine Bibliothek mit 200.000 medizinischen Fachbüchern. Den angehenden Militärärzten wurde nicht nur ein umfas sendes medizinisches Wissen vermittelt. In den Festsälen Urkunde zur Grundsteinlegung der Kaiser-Wilhelms-Akademie vom und Gesellschaftsräumen erhielten sie zusätzlich gesell 10. Juni 1905 schaftlichen Schliff. Sie lernten tanzen, Billard und Bridge Certificate for the laying of the cornerstone for the Kaiser Wilhelm spielen und nicht zuletzt tadellose Tischmanieren. Academy of 10 June 1905
G E S C H I C H T E / H I S TO RY 9 The military medical academy built Die Kaiser-Wilhelms-Akademie, um 1912 The Kaiser Wilhelm Academy around 1912 On 10 June 1905 in the “Mannschaftspark” (units park) of the Invalidenhaus, Kaiser Wilhelm II laid the cornerstone for the “Imperial Academy for Military Medical Training”. The Berlin architects Cremer & Wolffenstein were commissioned to un- dertake the construction. They however had to bend to the Kaiser’s will as to the building style. Thus, in 1910, a magnifi- cent building with a mansard roof and sandstone façade was constructed in the style typical of the state buildings of the time, known as “Frederick the Great” neo-baroque. The building, which incidentally was later renamed simply “Kaiser Wilhelm Academy”, provided places for 350 students 1905: In Berlin überschreitet die Ein and left no desire unfulfilled. It had a comfortable living area, wohnerzahl die Zweimillionengrenze. as well as lecture theatres, reading rooms, laboratories, collec- In der immer hektischer werdenden tions of equipment and a medical library containing 200,000 Reichshauptstadt leben aber nur 822.000 volumes. gebürtige Berliner. The soldiers studying to be military doctors were not only 1905: Berlin’s population grows past the provided with comprehensive medical knowledge, they also two million mark. However, only 822,000 of acquired social polish in the banquet halls and reception the inhabitants of the Reich capital, which rooms. They learned to dance, play billiards and bridge, and is becoming ever more hectic, were born not least, they learned impeccable table manners. there.
10 G E S C H I C H T E / H I S TO RY Wechselvolle Jahre Die veränderte politische Lage zum Ende des Ersten 1934 wurde das Gebäude wieder militärärztliche Akademie, Weltkrieges ging auch an dem Gebäudeareal Invaliden die sich 1939 wegen Platzmangels auf das Invalidenhaus haus/Kaiser-Wilhelms-Akademie nicht spurlos vorüber. ausdehnte und zur Umsiedlung der Insassen führte. 1918 wurde das Invalidenhaus entmilitarisiert. Es gab keine Schweren Herzens trennten sich 170 Familien von dem Kompanien mehr, der Kommandant wurde durch einen Haus im Stadtkern und bezogen die außerhalb gelegene Leiter ersetzt, die Invaliden zogen die Uniformen aus und Siedlung Frohnau. Im Zweiten Weltkrieg wurde das hießen fortan „Pfleglinge“, später „Insassen“. Im Zuge der Invalidenhaus stark in Mitleidenschaft gezogen. Von der Verkleinerung der Reichswehr – dies war eine Bedingung vormals dreiflügeligen Anlage blieben nur die Seitenflügel des Versailler Vertrages – wurde die Akademie 1919 ge erhalten. Der ausgebrannte Hauptbau wurde später abge schlossen. Hier zog kurze Zeit später das Reichsarbeits rissen. ministerium ein, in dem z. B. im Juli 1927 die Arbeitslosen versicherung (AVAVG) beschlossen wurde. Bewohner des Invalidenhauses vor dem Mittelrisalit, 30er Jahre Inhabitants of the Invalidenhaus before the central ressaulted façade, 1930s
G E S C H I C H T E / H I S TO RY 11 Reichsarbeitsministerium, um 1928 Reich Ministry of Labour around 1928 Years of transformation 09.11.1918: Gezwungen durch die revo The changed political situation toward the end of World War I lutionäre Situation in der Hauptstadt gibt left its mark on the complex of buildings forming the der damalige Reichskanzler Prinz Max von Invalidenhaus/Kaiser Wilhelm Academy, as it did elsewhere. Baden die Abdankung Kaiser Wilhelms II. The Invalidenhaus was demilitarised in 1918. There were no und den Thronverzicht des Kronprinzen longer any companies, the commanding officer was replaced Friedrich Wilhelm bekannt. by a manager, the disabled war veterans removed their uni- forms and were known from then on as “charges”, and later as 9 November 1918: Forced by the revolution- “inmates”. In the course of reducing the size of the Reichswehr ary situation in the capital, Reich Chancellor to meet the terms of the Treaty of Versailles, the academy was Prince Max von Baden announces the abdi- closed in 1919. Not long after, the Reich Ministry of Labour cation of Kaiser Wilhelm II and Crown moved into the building. One of the measures it adopted was Prince Frederick Wilhelm’s waiver of his unemployment insurance, which was enacted in July 1927. rights to the throne. In 1934, the building became a military medical academy once more, which for lack of space expanded into the Invalidenhaus in 1939, thereby causing the residents to be re- settled. This in turn required the resettlement of the disabled war veterans. With heavy hearts, 170 families left the building in the inner city and moved to Frohnau, a settlement outside town. The Invalidenhaus suffered badly in World War II. Of the entire complex, which had previously comprised three wings, only the side wings remained. The burnt-out main building was later demolished.
12 G E S C H I C H T E / H I S TO RY Nach dem Zweiten Weltkrieg Regierungskrankenhaus der DDR, 1973. Im Vordergrund: Sperrmauer am damaligen Grenzübergang Invalidenstraße Während der sowjetischen Besatzungszeit nach 1945 wurde GDR Government Hospital, 1973. das Gebäude beschlagnahmt und zum Militärlazarett um In the foreground: The Berlin Wall funktioniert. Der Turm in der Mitte des Haupthauses at the Invalidenstrasse border crossing eignete sich besonders gut als Beobachtungsposten. Auf Anordnung der damaligen SED-Führung unter Walter Ulbricht begannen 1947/48 im Nordflügel (heutiges Gebäu de D) die Bauarbeiten für ein Krankenhaus. Gedacht war es für ehemalige Häftlinge aus den Konzentrationslagern des Nazi-Regimes und die Führungskader der Parteien. In spä teren Jahren stand das Krankenhaus auch Wirtschaftsfunk tionären sowie Wissenschaftlern und Kulturschaffenden der DDR zur Verfügung. Als sich die Rote Armee 1949 aus dem Gebäude zurückzog, wurde es auf vielfältige Weise genutzt. Im Invalidenhaus richtete man ein Schwesternwohnheim ein. Der nördliche Gebäudeflügel der ehemaligen militärärzt lichen Akademie diente als Regierungskrankenhaus der DDR und ab 1976 auch als Diplomatenkrankenhaus. Während dieser Jahre erfolgten aufwendige Umbauarbeiten.
G E S C H I C H T E / H I S TO RY 13 After World War II During the Soviet occupation after 1945, the building was confiscated and converted into a military hospital. The tower in the middle of the main building was particularly well-suit- ed for use as an observation post. On orders from the SED leadership under Walter Ulbricht, construction work began in 1947/48 for a hospital in the north wing (now building D). The idea was to use it for former concentration camp inmates of the Nazi Regime and leading Party cadres. In later years, the hospital was also available to functionaries with key posi- 13. August 1961: Polizei und Armee der tions in the economy, as well as figures playing a role in the DDR beginnen in den frühen Morgen GDR’s scientific and cultural communities. stunden mit der Abriegelung der Sekto rengrenze zwischen Ost- und West-Berlin. When the Red Army left the building in 1949, it was used for a Von den 81 Übergangsstellen werden wide variety of purposes. A nurses’ residence was set up in the 69 geschlossen. Invalidenhaus. 13 August 1961: GDR police and army start The north wing of the former military medical academy was closing the border between the East and used as the Government Hospital of the GDR, and also as a West sectors of Berlin in the early hours of hospital for diplomats from 1976 onwards. Extensive conver- the morning. Of 81 crossing points, 69 are sion work was carried out in this period. closed. Berlin, Invalidenstraße (Tiergarten), Übergangsstelle für sowjetische Delegationen, die am Jahrestag der sowjetischen Oktoberrevolution am „Sowjetischen Ehrenmal“ in Berlin-West Kränze niederlegten Berlin, Invalidenstraße (Tiergarten), crossing point for Soviet delegations, who laid wreaths at the Soviet Memorial in West Berlin for the anniversary of the Soviet October Revolution
14 G E S C H I C H T E / H I S TO RY Prozess gegen Spione vor dem Obersten Gericht, Hilde Benjamin, Erste von rechts Proceedings against spies before the Supreme Court, Hilde Benjamin, 1st from the right Hilde Benjamin, auch „Rote Hilde“ ge nannt, verlangte eine parteiliche Berlin, Oberstes Gericht der DDR Anwendung der Gesetze. Einem beson Supreme Court of the GDR ders skurrilen Urteil hat der Politik wissenschaftler Otto Kirchheimer in seinem Buch „Political Justice“ unter dem Titel „Die Ballade vom ermordeten Hund“ weltweite Publizität verschafft. Hilde Benjamin, also known as “Red Hilde”, demanded that the laws be applied accord- ing to the party line. A particularly absurd jugdment was given worldwide publicity by the political scientist Otto Kirchheimer in his book “Political Justice” under the title “The ballad of the murdered dog”.
G E S C H I C H T E / H I S TO RY 15 Das Gebäude des Obersten Gerichts der DDR, im Vordergrund der Grenzübergang Invalidenstraße The building of the Supreme Court of the GDR, in the foreground the Invalidenstraße border crossing Im Hauptgebäude an der Invalidenstraße waren das Ministe The main building on Invalidenstrasse housed the Ministry of rium für Gesundheitswesen, die Generalstaatsanwaltschaft Health, the Office of the Chief Public Prosecutor and the und das Oberste Gericht der DDR untergebracht. Hier fanden Supreme Court of the GDR. Trials took place here which have Gerichtsprozesse statt, die vielen Menschen in schlimmster left many people with painful memories. Presided over Erinnerung geblieben sind. Unter dem Vorsitz (1949–1953) (1949–1953) by Hilde Benjamin, who later became Minister of von Hilde Benjamin – spätere Justizministerin und eine der Justice and one of the best known and most infamous figures bekanntesten und berüchtigtsten Figuren der DDR-Geschich in the history of the GDR, the court handed down 13 judge- te – wurden 13 Urteile in den so genannten „Konzernpro ments in the so-called “company trials”. zessen“ gesprochen. These were primarily aimed at the owners of companies that Diese richteten sich vor allem gegen Eigentümer von Unter opposed expropriation. Many trials were concerned with war- nehmen, die sich gegen die Enteignung wehrten. Viele Ver mongering and so-called “boycott mongering”. This primarily fahren drehten sich um Kriegs- und so genannte „Boykott affected the Jehovah’s Witnesses, members of the Federation of hetze“. Das betraf vor allem die Zeugen Jehovas, Mitglieder German Youth and the “Task Force against Inhumanity”. They des Bundes deutscher Jugend sowie die „Kampfgruppe gegen were accused of distributing leaflets and planning attacks. die Unmenschlichkeit“. Ihnen wurden das Verteilen von The hearings were just as merciless as the judgments: long Flugblättern und das Planen von Anschlägen zur Last gelegt. prison sentences, and even two death sentences were enforced. Die Verhandlungen waren ebenso hart wie die Urteile: hohe Without exception, the hearings were “show trials” prepared Zuchthausstrafen und sogar zwei Todesstrafen, die vollstreckt in the Politburo; sentences were set in advance. wurden. Sämtliche Verhandlungen waren Schauprozesse, im Politbüro vorbereitet und mit abgesprochenem Strafmaß.
Sie können auch lesen