Zeiträume Times and Spaces - Geschichte und Architektur des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie History and Architecture of the Federal ...

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Zeiträume
Times and Spaces
Geschichte und Architektur des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
History and Architecture of the
Federal Ministry for Economic Affairs and Energy
Zeiträume Times and Spaces - Geschichte und Architektur des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie History and Architecture of the Federal ...
Impressum                                                  Imprint

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Bundesministerium für                                      The Federal Ministry for Economic Affairs
Wirtschaft und Energie (BMWi)                              and Energy (BMWi)
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Juli 2018                                                  July 2018

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Schöne Drucksachen GmbH, 12103 Berlin                      Schöne Drucksachen GmbH, 12103 Berlin

Das Bundesministerium für Wirtschaft und                   Federal Ministry for Economic Affairs
Energie ist mit dem audit berufundfamilie®                 and Energy (BMWi) has been awarded the
für seine familienfreundliche Personalpolitik              berufundfamilie® audit certificate for its
ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von              family-friendly HR policy. The certificate
der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der            is granted by berufundfamilie gGmbH,
Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen.                 an initiative of the Hertie Foundation.

Diese Publikation ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des   This brochure is published as part of the public relations work
Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Energie.            of the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy
Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum             (BMWi). It is distributed free of charge and is not intended for
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Einleitung
Introduction
Eine wechselvolle Geschichte steckt in den Mauern des         The walls of the Federal Ministry for Economic Affairs and
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Sein heu­      Energy embrace an eventful history. The Ministry’s current
tiges Gesicht erhielt der Gebäudekomplex in den frühen        appearance dates back to the early 1990s. When the decision
1990er Jahren. Auf den Beschluss, Berlin zum Regierungs­      was taken to make Berlin the seat of government in the newly
sitz des vereinigten Deutschlands zu machen, folgten um­      unified Germany, extensive renovation work and new con-
fangreiche Sanierungs- und Neubauarbeiten am Dienstsitz       struction measures were then undertaken in order to house
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Die        what is now the Federal Ministry for Economic Affairs and
architektonisch und historisch bemerkenswerten Gebäu­de       Energy. Buildings that are remarkable in both architectural
in der Mitte Berlins zeigten fortan ein neues Gesicht.        and historical terms now show themselves in a new light.

Die wechselnde Geschichte spiegelt sich nicht nur in den      The changing history of this building complex is not only
über 250 Jahre alten Invaliden­häusern wider, sondern auch    reflected in the 250-year-old “Invalidenhäuser” (which housed
in der ehemaligen kaiserlichen Aka­de­mie. Diese war zu       a retirement home for war veterans), but also in the former
Zeiten der Weimarer Republik der Sitz des Reichsarbeits­      Imperial Aca­demy. The latter was the headquarters of the
ministeriums und später Regierungs- und Diplomaten­           Imperial Ministry of Labour during the Weimar Republic, and
kran­kenhaus der DDR. 1949 wurden die Gebäude an der          later housed the Government and Diplomats’ Hospital of the
Invalidenstraße zwischenzeitlich auch Sitz des Obers­ten      GDR. In 1949, the buildings on Invalidenstrasse also temporari-
Gerichts und der Generalstaatsanwaltschaft der DDR.           ly housed the Supreme Court and the Public Prosecution Office
Vielen in schmerzlicher Erinnerung geblieben sind die poli­   of the GDR. Many will have painful memories of the political
tischen Schauprozesse, die zunächst unter dem Vorsitz         show trials which took place at the present site of the ministry
(1949–1953) von Hilde Benjamin, einer gefürchteten Rich­      and which first began under the presidency (1949–1953) of
terin und späteren Justizministerin der DDR, am heutigen      Hilde Benjamin, one of the most feared judges in the GDR, who
Sitz des Ministeriums stattfanden. Heute dienen diese         later became Minister of Justice. Today, these buildings serve
Gebäude der Demokratie. In ihnen wird eine moderne Wirt­­     the purposes of democracy and are where a modern economic
schafts­politik für die Menschen in diesem Land gestaltet.    policy is developed for the people of this country.

Die vorliegende Publikation führt Sie auf anschaulichen       This brochure will take you on a journey that will bring to life
Wegen durch die bemerkenswerte Historie des Hauses.           the remarkable history of this building. Enjoy the tour!
Es erwarten Sie viele interessante Begegnungen.
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Inhalt

Geschichte................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................4

                Eine Idee nimmt Form an: das Invalidenhaus.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................5
                Das Leben im Invalidenhaus........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................6
                Die militärärztliche Akademie entsteht...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................8
                Wechselvolle Jahre..................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................10
                Nach dem Zweiten Weltkrieg...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................12
                Eine neue Epoche beginnt.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................17
                Mehr Platz als Park: der Invalidenpark.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................18
                Ein ruhiger Nachbar: der Invalidenfriedhof........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................20
                Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – gestern und heute ...................................................................................................................................................................................................................................22
                Die Wirtschaftsminister(-in) der Bundesrepublik Deutschland..........................................................................................................................................................................................................................................................................................25

Architektur......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................26

                Eine komplexe Aufgabe...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................27
                Zur Übersicht............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................30
                Planen, konstruieren, restaurieren......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................32
                Das Gebäude A......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................36
                Das Gebäude B......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................38
                Das Gebäude C......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................41
                Das Gebäude D.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................43
                Die Gebäude E und F........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................44
                Das Gebäude G.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................47
                Liebe zum Detail............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................49
                Schöne Einsichten....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................50
                Denkmalschutz und modernste Technik unter einem Dach vereint..................................................................................................................................................................................................................................................................54

Kunst....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................58

                Das Handwerk der Kunst...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................59

                Daten und Fakten.......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78
                Quellen.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78
                Bildnachweis..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................79
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Content

History                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  4
                                            ..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

                       An idea takes shape: the Invalidenhaus......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................5
                       Life in the Invalidenhaus...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................7
                       The military medical academy built.....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................9
                       Years of transformation..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................11
                       After World War II...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................13
                       The start of a new era....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................17
                       More a square than a park: the “Invalidenpark”........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................19
                       A quiet neighbour: the “Invalidenfriedhof”.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................20
                       The Federal Ministry for Economic Affairs and Energy – yesterday and today .......................................................................................................................................................................23
                       The federal ministers for economic affairs of the Federal Republic of Germany......................................................................................................................................................................25

Architecture......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................26

                       A complex task....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................27
                       Overview...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................31
                       Planning, building, restoring..................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................32
                       Building A..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................36
                       Building B..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................38
                       Building C..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................41
                       Building D........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................43
                       Buildings E and F.......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................44
                       Building G.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................47
                       Attention to detail....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................49
                       Beautiful insights........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................50
                       Historical preservation and state-of-the-art technology brought together under one roof.................................................................................................................55

Art .....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................58

                       The genesis of art.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................59

                       Dates and facts...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78
                       Sources........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................78
                       Photographs...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................79
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Geschichte
History
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G E S C H I C H T E / H I S TO RY   5

Eine Idee nimmt Form an: das Invalidenhaus
An idea takes shape: the Invalidenhaus

      Ansicht von Osten, 1750 (Johann David Schleuen)
      View from the East, 1750 (Johann David Schleuen)

Es gehört zu den ältesten Gebäu­den, die im Rahmen des             The Invalidenhaus is one of the oldest buildings taken over
Umzugs der Bundesregierung in Berlin bezogen wurden:               to form the new home of the federal government in Berlin.
das Invalidenhaus. Als Teil eines historischen Gebäude­-           As a part of a historical complex of buildings which was al-
kom­plexes, der ohnehin sanierungsbedürftig war, wurde             ready in need of renovation, it was restored from the ground
es für seine neue Nutzung durch das BMWi von Grund auf             up for its new use by the Federal Ministry for Economic Affairs
re­stauriert – behutsam und mit Respekt vor der mehr als           and Energy; with care and respect for the building’s more than
250-jährigen Geschichte des Hauses. Genau genommen                 250-year history. To be exact, everything started in 1705 with
begann alles 1705 mit einer Idee: König Friedrich Wil­helm I.      an idea: King Frederick William I of Prussia wanted to create
von Preußen wollte eine Unterkunft für kriegsinvalide              accommodation for soldiers disabled in war. However, this
Soldaten bauen. Um­gesetzt wurde dieser Plan aber erst 1747        plan was not brought to fruition until 1747, when Frederick II
durch Friedrich II. von Preußen, der außerhalb der Stadt­          of Prussia had the cornerstone laid for the Invalid­en­haus out-
mauer den Grundstein für das Invalidenhaus legen ließ.             side the city walls. The location was adjacent to the Charité
Dort, „wo der Blick auf die Landschaft Geist und Seele rege­       Hospital, where “the view of the country-side regenerated
nerierte“ und eine unmittelbare Nähe zum Krankenhaus               spirit and soul”. Designed in a U-shape, the build­ing included
Charité bestand. U-förmig angelegt, umfasste das Ge­bäude          an inner courtyard, which was presum­ably landscaped in
einen vermutlich erst 1822 gärtnerisch gestalteten Innenhof,       1822, the plans of which are attributed to the renowned land-
dessen Ent­wurf dem Garten­archi­tek­ten Peter Josef Lenné         scape garde­ner Peter Josef Lenné. After a cannon had been
zugeschrieben wird. Nachdem 1844 im Hof eine Kanone auf­           installed in the courtyard in 1844, the park was named “Kano­
gestellt worden war, hieß die Parkanlage „Kano­nenhof“,            nen­hof” (cannon court­yard), and later “Ehren­hof” (court of
später auch „Ehren­hof“. Neben einigen Wirtschafts­gebäu­den       honour). In addition to several utility buildings, Pro­tes­tant
wurden nach Plänen von Isaak Jacob von Petri eine evangeli­        and Catholic churches were built according to plans by Isaak
sche und eine katholische Kirche errichtet. Bei der Ein­weih­ung   Jacob von Petri. When the Invaliden­­haus was consecrated in
des Invaliden­hauses 1748 erhielten 522 Kriegsversehrte ein        1748, 522 disabled war veterans were given a new roof over
neues Dach über dem Kopf.                                          their heads.
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6         G E S C H I C H T E / H I S TO RY

Das Leben im Invalidenhaus

                                                                               Invalidenhaus, um 1900
                                                                               The Invalidenhaus around 1900

Das Invalidenhaus, so die Absicht Friedrichs II., sollte als
Genesungs- und Wohnstätte für dienstunfähige Soldaten
und ihre Familien dienen. Kostenlos erhielten sie Wohn­
raum, Verpflegung, Kleidung und ärztliche Versorgung.
Deshalb wurde die Ein­richtung vom König mit 523 Morgen
Landbesitz und größerem Bar­ver­mö­gen ausgestattet. Frei­
lich nicht ganz uneigennützig: Das Haus sollte wirtschaft­
lich unabhängig sein und die Staatskasse nicht belasten.
Hand­wer­ker und Händler, die für die Bewoh­ner arbeiteten,
waren sogar von Steuern und Abgaben befreit, damit sie
ihre Waren besonders „wohlfeil“ anbieten konnten.
                                                                 	Auch in anderen Ländern wurden
Von Anfang an bestimmte eine strenge militärische Ord­             Invalidenhäuser errichtet. Bereits 1670
nung das Leben im Invalidenhaus. Ein Kom­man­dant stand            wurden 5.000 französische In­va­liden am
allem vor und die Bewohner waren in drei Kompanien zu              Stadt­rand von Paris angesiedelt. 1681 ent­
je 190 Mann eingeteilt, geführt von 10 Offizieren, 3 Fähn­         stand das Royal Hospital in Chelsea für
richen und 30 Unter­­offizie­ren. Sie trugen auch außerhalb        300 englische Kriegs­versehrte.
des Dienstes Uniform und Leutnants hatten Wachdienste
zu verrichten. Das In­va­lidenhaus bildete eine selbstständige   	Such institutions were also built in other
Gemeinde mit eigener Zivil- und Strafgerichts­bar­keit und         countries. As early as 1670, 5,000 French
verfügte über Geistliche beider Konfessionen. Auf Wunsch           ‘invalides’ were settled at the edge of Paris.
des Königs sollten sich die Bewohner schließlich nicht nur         In 1681, the Royal Hospital was built in
diszipliniert verhalten, sondern sich auch durch Sitte und         Chelsea for 300 disabled British war
Gottes­furcht auszeichnen.                                         veter­ans.
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Life in the Invalidenhaus

The Invalidenhaus, as intended by Frederick II, was to serve as
a place for healing and to provide accommodation for sol-
diers who were no longer able to serve, along with their fami-
lies. Ac­com­modation, food, clothing and medical care were
provided free of charge. The King therefore donated 523 acres
of land, and made a con­sid­er­able financial contribution to the
facility as well. Admittedly, this was not entirely from altruis-
tic motives: The building was to be economically independent,
not a burden on the state coffers. Workers and traders who
worked for the inhabitants were even released from taxes and
charges in order to allow them to offer their goods at a par-
ticularly low price.

Strict military order ruled life in the Invalidenhaus right from
the start. A commanding officer was in charge of everyone,
and the inhabitants were divided into three companies of
190 men each, led by ten officers, three ensigns and 30 non-
commissioned officers. They wore uniform even when not
on duty and lieutenants had to carry out guard duty. The             Der südliche Seitenflügel am Kanonenhof, 1897
Invaliden­haus was an independent community with its own             The southern wing of the “Kanonenhof”, 1897
civil and criminal jurisdiction, and maintained clergy of both
confessions. It was furthermore the King’s wish that the in-
habitants not only behave in a disciplined manner, but that
they also set an example by their good morals and fear of God.

                                                                                    1755: Der blaue Soldatenrock prägt nach
                                                                                     wie vor das Stadtbild Berlins. Etwa ein
Erste und letzte Seite der Instruktion für den Kommandanten
von Friedrich II. von Preußen vom 31. August 1748                                    Vier­­tel der Ein­woh­ner sind Militär­per­so­
First and last page of the instructions for the commanding officer                   nen. Dazu zählen neben den Sol­da­ten ihre
of Frederick II of Prussia of 31 August 1748                                        Frauen und Kinder.

                                                                                    1916 zahlte das Reich im zivilen Bereich
                                                                                     insgesamt 182,3 Mio. Mark an Invali­den­­
                                                                                     rente. Die durch­­schnittliche Höhe lag pro
                                                                                    Person bei 198,78 Mark pro Jahr.

                                                                                    1755: The blue soldier’s coat continues to
                                                                                     characterise street scenes in Berlin. Roughly
                                                                                     one-quarter of the city’s inhabit­ants are
                                                                                    military personnel. This figure includes the
                                                                                    soldiers, their wives and children.

                                                                                    In 1916, the Reich paid a total of 182.3 mil-
                                                                                     lion Mark in pensions to disabled war
                                                                                     veterans in the civilian field. The average
                                                                                     amount was 198.78 Marks per person per
                                                                                     year
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Die militärärztliche Akademie entsteht

Die Grundsteinlegung der Akademie am 10.06.1905
Laying of the cornerstone for the Academy, 10 June 1905

                                                                       Hauptportal an der Scharnhorststraße, 1910
                                                                       Main gate on Scharnhorststraße, 1910

                                                                       Im Mannschaftspark des Invali­denhauses ließ Kaiser
                                                                       Wilhelm II. am 10. Juni 1905 den Grundstein der kaiser­­­
                                                                       lichen „Akademie für das mili­tär­ärztliche Bil­dungs­­wesen“
                                                                       legen. Be­auf­tragt mit dem Bau waren die Ber­liner
                                                                       Architekten Cremer & Wolf­fenstein. Sie mussten sich je­
                                                                       doch be­züglich des Baustils den Vor­stellungen des Kaisers
                                                                       fügen. So entstand 1910 ein Prachtbau mit Mansardendach
                                                                       und Sandstein­fass­a­de im „friderizianischen Neobarock“ –
                                                                       typisch für die Staats­bauten der damaligen Zeit.

                                                                       Das Gebäude, übrigens später schlicht in „Kaiser-Wil­helms-
                                                                       Aka­de­mie“ umbenannt, bot 350 Studieren­­­­den Platz und
                                                                       ließ keine Wünsche offen. Es verfügte über einen kom­
                                                                       fortablen Wohnbereich und außer­dem über Hörsäle,
                                                                       Lesezimmer, La­borato­rien, Gerätesammlungen und eine
                                                                       Biblio­thek mit 200.000 me­dizinischen Fachbüchern.

                                                                       Den angehenden Militärärzten wurde nicht nur ein umfas­
                                                                       sendes me­dizinisches Wissen vermittelt. In den Festsälen
Urkunde zur Grundsteinlegung der Kaiser-Wilhelms-Akademie vom          und Gesellschaftsräumen erhielten sie zu­­sätz­lich ge­sell­
10. Juni 1905                                                          schaft­lichen Schliff. Sie lernten tanzen, Billard und Bridge
Certificate for the laying of the cornerstone for the Kaiser Wilhelm
                                                                       spielen und nicht zuletzt tadellose Tischmanieren.
Academy of 10 June 1905
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The military medical academy built

                                                                        Die Kaiser-Wilhelms-Akademie, um 1912
                                                                        The Kaiser Wilhelm Academy around 1912

On 10 June 1905 in the “Mann­schaftspark” (units park) of the
Invali­denhaus, Kaiser Wilhelm II laid the cornerstone for the
“Imperial Academy for Military Medical Training”. The Berlin
architects Cremer & Wolffenstein were commissioned to un-
dertake the construction. They however had to bend to the
Kaiser’s will as to the building style. Thus, in 1910, a magnifi-
cent building with a mansard roof and sandstone façade was
con­structed in the style typical of the state buildings of the
time, known as “Frederick the Great” neo-baroque.

The building, which incidentally was later renamed simply
“Kaiser Wilhelm Academy”, provided places for 350 students           	
                                                                      1905: In Berlin überschreitet die Ein­
and left no desire unfulfilled. It had a comfort­able living area,    wohnerzahl die Zweimillionen­grenze.
as well as lecture theatres, reading rooms, laboratories, collec-     In der immer hektischer werdenden
tions of equipment and a medical library containing 200,000           Reichshauptstadt leben aber nur 822.000
volumes.                                                              gebürtige Berliner.

The soldiers studying to be military doctors were not only           	
                                                                      1905: Berlin’s population grows past the
provided with comprehensive medical knowledge, they also              two million mark. However, only 822,000 of
acquired social polish in the banquet halls and reception             the inhabitants of the Reich capital, which
rooms. They learned to dance, play bil­liards and bridge, and         is becoming ever more hectic, were born
not least, they learned impeccable table manners.                     there.
10        G E S C H I C H T E / H I S TO RY

Wechselvolle Jahre

Die veränderte politische Lage zum Ende des Ersten               1934 wurde das Gebäude wieder militär­ärztliche Aka­demie,
Weltkrieges ging auch an dem Gebäudeareal Invali­den­­           die sich 1939 wegen Platzmangels auf das In­va­lidenhaus
haus/Kaiser-Wilhelms-Akademie nicht spur­los vo­r­über.          ausdehnte und zur Um­­siedlung der Insas­sen führte.
1918 wurde das Inva­li­den­haus entmilitarisiert. Es gab keine   Schweren Herzens trennten sich 170 Familien von dem
Kompanien mehr, der Kom­man­dant wurde durch einen               Haus im Stadtkern und bezogen die außerhalb gelegene
Leiter ersetzt, die Invaliden zogen die Uniformen aus und        Siedlung Frohnau. Im Zwei­ten Welt­krieg wurde das
hießen fort­an „Pfleg­linge“, später „Insassen“. Im Zuge der     Invalidenhaus stark in Mit­leiden­schaft ge­zogen. Von der
Verkleine­rung der Reichs­wehr – dies war eine Bedin­gung        vormals dreiflügeligen Anlage blieben nur die Seiten­flügel
des Ver­sailler Vertrages ­– wur­de die Aka­demie 1919 ge­       erhalten. Der ausgebrannte Hauptbau wurde später abge­
schlossen. Hier zog kurze Zeit später das Reichs­arbeits­        rissen.
minis­te­rium ein, in dem z. B. im Juli 1927 die Arbeitslosen­
ver­siche­rung (AVAVG) beschlossen wurde.

                                                                                      Bewohner des Invalidenhauses vor dem
                                                                                      Mittelrisalit, 30er Jahre
                                                                                      Inhabitants of the Invalidenhaus before the
                                                                                      central ressaulted façade, 1930s
G E S C H I C H T E / H I S TO RY   11

Reichsarbeitsministerium, um 1928
Reich Ministry of Labour around 1928

                                                      Years of transformation

	
 09.11.1918: Gezwun­gen durch die revo­               The changed political situation toward the end of World War I
 lutionäre Situation in der Hauptstadt gibt           left its mark on the complex of buildings form­ing the
 der damalige Reichs­­kanzler Prinz Max von           Invalidenhaus/Kaiser Wilhelm Academy, as it did elsewhere.
 Baden die Ab­dan­kung Kaiser Wilhelms II.            The Inva­lidenhaus was demilitarised in 1918. There were no
 und den Thron­ver­zicht des Kronprinzen              longer any companies, the commanding officer was replaced
 Friedrich Wilhelm bekannt.                           by a manager, the disabled war veterans removed their uni-
                                                      forms and were known from then on as “charges”, and later as
    9 November 1918: Forced by the revolution-       “inmates”. In the course of re­ducing the size of the Reichswehr
     ary situation in the capital, Reich Chancellor   to meet the terms of the Treaty of Ver­sail­les, the academy was
     Prince Max von Baden announces the abdi-         closed in 1919. Not long after, the Reich Ministry of Labour
    cation of Kaiser Wilhelm II and Crown             moved into the building. One of the measures it adopted was
    Prince Frederick Wilhelm’s waiver of his          unemployment insurance, which was enacted in July 1927.
    rights to the throne.
                                                      In 1934, the building became a mili­tary medical academy
                                                      once more, which for lack of space expanded into the
                                                      Invalidenhaus in 1939, thereby causing the residents to be re-
                                                      settled. This in turn required the resettlement of the disabled
                                                      war veterans. With heavy hearts, 170 families left the building
                                                      in the inner city and moved to Frohnau, a settlement outside
                                                      town. The Invaliden­haus suffered badly in World War II. Of
                                                      the entire complex, which had previously comprised three
                                                      wings, only the side wings remained. The burnt-out main
                                                      build­ing was later demolished.
12        G E S C H I C H T E / H I S TO RY

Nach dem Zweiten Weltkrieg

                                                             Regierungskrankenhaus der
                                                             DDR, 1973. Im Vordergrund:
                                                             Sperrmauer am damaligen
                                                             Grenz­übergang Invalidenstraße
Während der sowjetischen Besatzungszeit nach 1945 wurde      GDR Government Hospital, 1973.
das Gebäude beschlagnahmt und zum Militär­lazarett um­       In the foreground: The Berlin Wall
funktioniert. Der Turm in der Mitte des Haupthauses          at the Invalidenstrasse border
                                                             crossing
eignete sich besonders gut als Beo­bach­tungsposten. Auf
Anordnung der damaligen SED-Führung unter Walter
Ulbricht begannen 1947/48 im Nordflügel (heutiges Gebäu­
de D) die Bauarbeiten für ein Krankenhaus. Gedacht war es
für ehemalige Häft­linge aus den Konzentrationslagern des
Nazi-Regi­mes und die Führungskader der Parteien. In spä­
teren Jahren stand das Krankenhaus auch Wirtschaftsfunk­
tionären sowie Wissenschaftlern und Kulturschaffen­den
der DDR zur Verfügung.

Als sich die Rote Armee 1949 aus dem Gebäude zu­­rück­zog,
wurde es auf vielfältige Weise genutzt. Im Inva­li­denhaus
richtete man ein Schwesternwohnheim ein.

Der nördliche Gebäudeflügel der ehemaligen militärärzt­
lichen Akademie diente als Regierungskranken­haus der
DDR und ab 1976 auch als Diplomatenkran­kenhaus.
Während dieser Jahre erfolgten aufwendige Umbauarbeiten.
G E S C H I C H T E / H I S TO RY   13

After World War II

During the Soviet occupation after 1945, the building was
confiscated and converted into a military hospital. The tower
in the middle of the main building was part­icularly well-suit-
ed for use as an observation post. On orders from the SED
leadership under Walter Ulbricht, construction work began in
1947/48 for a hospital in the north wing (now building D).
The idea was to use it for former concentration camp inmates
of the Nazi Regime and leading Party cadres. In later years,
the hospital was also available to functionaries with key posi-                               13. August 1961: Polizei und Armee der
tions in the economy, as well as figures playing a role in the                               	
                                                                                              DDR beginnen in den frühen Morgen­
GDR’s scientific and cultural communities.                                                    stunden mit der Abriegelung der Sekto­
                                                                                              ren­grenze zwischen Ost- und West-Berlin.
When the Red Army left the building in 1949, it was used for a                                Von den 81 Übergangs­stellen werden
wide variety of purposes. A nurses’ residence was set up in the                               69 geschlossen.
Invalidenhaus.
                                                                                             13 August 1961: GDR police and army start
                                                                                            	
The north wing of the former military medical academy was                                    closing the border between the East and
used as the Government Hospital of the GDR, and also as a                                    West sectors of Berlin in the early hours of
hospital for diplomats from 1976 onwards. Extensive conver-                                  the morning. Of 81 crossing points, 69 are
sion work was carried out in this period.                                                    closed.

Berlin, Invalidenstraße (Tiergarten), Übergangsstelle für sowjetische Delegationen, die am Jahrestag der sowjetischen
Oktoberrevolution am „Sowjetischen Ehrenmal“ in Berlin-West Kränze niederlegten
Berlin, Invalidenstraße (Tiergarten), crossing point for Soviet delegations, who laid wreaths at the Soviet Memorial in West
Berlin for the anniversary of the Soviet October Revolution
14          G E S C H I C H T E / H I S TO RY

Prozess gegen Spione vor dem Obersten Gericht,
Hilde Benjamin, Erste von rechts
Proceedings against spies before the Supreme Court,
Hilde Benjamin, 1st from the right

 Hilde Benjamin, auch „Rote Hilde“ ge­
	
 nannt, verlangte eine parteiliche                    Berlin, Oberstes Gericht der DDR
 Anwendung der Gesetze. Einem beson­                  Supreme Court of the GDR
 ders skurrilen Urteil hat der Politik­
 wissen­­schaftler Otto Kirch­heimer in
 seinem Buch „Political Justice“ unter dem
 Titel „Die Ballade vom ermordeten Hund“
 weltweite Publizität verschafft.

	Hilde Benjamin, also known as “Red Hilde”,
  demanded that the laws be applied accord-
  ing to the party line. A particularly absurd
  jugdment was given worldwide pub­licity by
  the political scientist Otto Kirchheimer in
  his book “Political Justice” under the title
  “The ballad of the murdered dog”.
G E S C H I C H T E / H I S TO RY      15

                                                                Das Gebäude des Obersten Gerichts der DDR, im Vordergrund der
                                                                Grenzübergang Invalidenstraße
                                                                The building of the Supreme Court of the GDR, in the foreground the
                                                                Invalidenstraße border crossing

Im Hauptgebäude an der Invalidenstraße waren das Ministe­       The main building on Invalidenstrasse housed the Ministry of
rium für Gesundheitswesen, die General­staats­anwaltschaft      Health, the Office of the Chief Public Pro­secutor and the
und das Oberste Gericht der DDR untergebracht. Hier fanden      Supreme Court of the GDR. Trials took place here which have
Gerichtsprozesse statt, die vielen Menschen in schlimmster      left many people with painful memories. Presided over
Erinnerung geblieben sind. Unter dem Vorsitz (1949–1953)        (1949–1953) by Hilde Benjamin, who later became Minister of
von Hilde Benjamin – spätere Justizministerin und eine der      Justice and one of the best known and most infamous figures
bekanntes­ten und berüchtigtsten Figuren der DDR-Geschich­      in the history of the GDR, the court handed down 13 judge-
te – wurden 13 Urteile in den so genannten „Konzern­pro­        ments in the so-called “company trials”.
zessen“ gesprochen.
                                                                These were primarily aimed at the owners of companies that
Diese richteten sich vor allem gegen Eigentümer von Unter­      opposed expropriation. Many trials were concerned with war-
nehmen, die sich gegen die Enteignung wehr­ten. Viele Ver­      mongering and so-called “boycott mongering”. This primarily
fah­ren drehten sich um Kriegs- und so genannte „Boykott­       affected the Jehovah’s Witnesses, members of the Federation of
hetze“. Das betraf vor allem die Zeugen Jehovas, Mitglieder     German Youth and the “Task Force against Inhumanity”. They
des Bundes deutscher Ju­­­gend sowie die „Kampfgruppe gegen     were accused of distributing leaflets and planning attacks.
die Un­mensch­­­­lichkeit“. Ihnen wurden das Verteilen von      The hearings were just as merciless as the judgments: long
Flug­blät­tern und das Planen von Anschlägen zur Last gelegt.   prison sentences, and even two death sentences were enforced.
Die Verhandlungen waren ebenso hart wie die Urteile: hohe       Without exception, the hearings were “show trials” prepared
Zuchthausstrafen und sogar zwei Todesstrafen, die vollstreckt   in the Politburo; sentences were set in advance.
wurden. Sämtliche Verhandlungen waren Schauprozesse,
im Politbüro vorbereitet und mit abgesprochenem Strafmaß.
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