Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - März 2015 Jahrgang 67 www.tjv.at - Tiroler Jägerverband
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ZUM GELEIT ACH TUNG Verlä Tirol ngerun er J gd ! Zahl agdkar er t beig schein e! eleg t! Zeit des Erwachens! D ie Jagd in Tirol steht nicht nur saisonal, sondern auch generell vor einer Zeit des Erwachens. Wir – und das spürt man im direkten Gespräch mit der Tiroler Jägerschaft – sind bereit mit offenen Augen in die Zukunft zu gehen. Wir – und das tut der Führungsmannschaft dieses Verbandes gut – haben Unternehmer- geist entwickelt und oberlehrerhaften Beamtenhabitus weitgehend hinter uns gelas- sen. Dabei, und das will ich an dieser Stelle nicht verhehlen, gibt es auch innerhalb unseres Verbandes Beharrungskräfte und Menschen, die sich ungern Veränderungen stellen. Diese Menschen zu überzeugen, ist eines meiner Ziele, dem ich viele Stunden meiner ehrenamtlichen Tätigkeit widme. Leider wird bisweilen aus anderen Beweg- gründen, diese ergründen zu wollen, erscheint sinnlos, Zwietracht gesät – besonders, wenn es um das vom Landtag zu beschließende neue Jagdgesetz geht. Es ist einfach, vom Stammtisch aus zu kritisieren oder gar zu blockieren. Im aktuell spannenden politischen und gesellschaftlichen Umfeld etwas zu bewegen, wird ob der wenigen – aber leider oft sehr lauten – destruktiven Kräfte nicht einfacher. Der Vorstand des Tiroler Jägerverbandes hat sich kein neues Jagdgesetz gewünscht und er ist es auch nicht, der dieses Gesetz zu verabschieden hat. Dennoch haben wir uns über weite Strecken eingebracht und unsere Positionen gegenüber der Politik und den Gesetzes-Autoren dargelegt. Das ist unserer Aufgabe und unsere Pflicht! Aber nicht polternd, ohne Gebrüll und auch nicht wie Platzhirsche laut röhrend und mit den Vorderläufen auf den Boden stampfend. So zu agieren, dazu haben sich Einzelne aufgedrängt … Wir haben die Interessen der Jägerschaft zu vertreten, ohne zu belei- digen und ohne unsere eigene Position zu überschätzen. Denn am Ende wird eine Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen ein Jagdgesetz im Landtag beschließen – nicht der Tiroler Jägerverband und auch nicht einzelne Bezirksfunktionäre. Die damit tatsächlich befassten und sachkundigen Experten unseres Verbandes sowie der Vorstand mit mir als Landesjägermeister werden bis zur letzten Minute und mit allen notwendigen und sinnvollen Mitteln kämpfen, ein tragfähiges und nachhaltiges Gesetz zu forcieren. Das aber, geschätzte Weidkameradinnen und Weidkameraden, geschieht am Verhandlungstisch mit offenem Visier – nicht am Stammtisch, nicht per Petition und schon gar nicht per Intrige! Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Ernst Rudigier JAGD IN TIROL 03 | 2015 3
Eulen: Geschickte Jäger 14 mit unheimlichem Ruf Wildkatze: Rückeroberung alter Lebensräume 10 3 ZUM GELEIT ■ WALD & LEBENSRAUM ■ JAGD & GESCHICHTE 25 Pflanzenserie: Weiß-Tanne 44 Die königliche Jagd: Teil 1 von 3 6 FOTO DES MONATS (Abies alba L.) 47 Nostalgische Fundgrube ■ FORSCHUNG & PRAXIS 08 Wildkatze in See im Paznaun entdeckt ■ JAGD & RECHT 09 Tollwutuntersuchungen 2014 ■ JÄGER & REVIER 48 Schusswaffen: Das Zurücklassen von 09 Gamsbock mit abnormer Laufverletzung Schusswaffen in Kraftfahrzeugen und 27 Baschtl: Die Empörung ist der Spiegel seine Folgen des eigenen Gerechtigkeitssinns ■ WILD & ÖKOLOGIE 28 Reportage: Wild im Geschmack 30 Bilderserie: Alte Tradition – Geheime 10 Wildkatze: Klammheimlich, Jägersprache ■ INFO & SERVICE still und leise … 32 Belletristik: Wieder auf der Jagdhütte 14 Eulenbalz: Der Vogel mit 38 Interview: Prof. Dr. Walter Arnold 50 Mitteilungen der Geschäftsstelle dem Menschengesicht „Ruhe im Winter, geringe Schäden“ 56 Jubilare im März 2015 19 Steinwild: Die Sonnenanbeter 42 Jägerwissen auf dem Prüfstand 57 Aus den Bezirken 4 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: NP Thayatal D. Manhart, Albert Mächler
INHALTSVERZEICHNIS Jagdgeschichte: 46 Schattenseiten der höfischen Jagd 10 Steinwild: Überlebensstrategien im Winter Jägerwissen: Quizfragen rund um die Jagd 42 IMPRESSUM Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Adamgasse 7a, 6020 Innsbruck, Tel. 0512-57 10 93, 0800-244 177 Fax 0512/571093-15, E-Mail: info@tjv.at 61 Veranstaltungen Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) 62 Vereine aktuell Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 63 Jäger in der Schule Hersteller und Anzeigenverwaltung: 64 Bücherecke Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6, 66 Kulinarium: Medaillons vom Reh März 2015 • Jahrgang 67 www.tjv.at 6020 Innsbruck, Tel. 0512-320 4111, 68 Autotest: Jeep Renegade Fax 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com. Redaktion: TJV, Bezirksblätter-Tirol ■ JAGDHUNDE Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- 70 Wie lernen Hunde bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, 72 Rassen: Die Tiroler Bracke welche die behördlichen Kundmachungen und Verlautba- 74 Vereine rungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet 77 Hundekrankheiten des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktions- schluss ist der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manu- 78 HUMORVOLLES VON KLAVINIUS skripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben Das Titelbild dieser Ausgabe nicht unbedingt die Meinung von Redaktion und Heraus- 79 JAGDMARKT - ANZEIGEN stammt von Albert Mächler geber wieder. Foto: Ernst Rudigier, Fotolia JAGD IN TIROL 03 | 2015 5
Seltener Anblick „Diesen einzigartigen Anblick und die Möglichkeit, den Moment auch noch mit meiner Kamera festzuhalten, verdanke ich der Aufmerk- samkeit des Gerloser Wildmeisters Martin Egger. Er beobachtete, wie sich an einem kalten Wintertag in seinem Jagdrevier ein Steinadler ein Gamskitz aus einer Felswand griff und es auf einen Lawinenkegel schmetterte. Diese Info und genaue Anweisungen von Martin motivierten mich zu einem eineinhalb Stunden dauernden Aufstieg auf einem vereisten Lawinenhang bis hin zum im Schnee liegenden Gamskitz. Das fünfstündige Warten auf den Steinadler unter einem alten Zirbenbaum in eisiger Kälte wurde mit dieser ausdrucksstarken Aufnahme belohnt.“ Aufgenommen wurde das Foto des Monats März von Wild- & Naturfotograf Manfred Hörl aus Jenbach. 6 JAGD IN TIROL 03 | 2015
BELLETRISTIK MÄRZ 2015 FOTO JÄGER DES&MONATS REVIER Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „Jagd in Tirol“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden. Die Aufnahme sollte ein interessantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd/Forst oder Revier- betreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wäre wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffentlichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JiT, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein signiertes Exemplar des neuen Buches von Ernst Rudigier „Auf der Fährte des Bergwildes“. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte uneingeschränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbe- sondere bei der Darstellung von Personen versichern die Teilnehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nutzen und zu veröffentlichen. Foto: Manfred Hörl JAGD IN TIROL 03 | 2015 7
FORSCHUNG & PRAXIS REVIERE Wildkatze in See im Paznaun entdeckt Autor: Paul Tschiderer, See den Wald bergaufwärts. Immer noch er- staunt und verwundert über den Fang in der Falle setzte ich mich zu Hause an den Computer. Im Internet suchte ich nach den Erkennungsmerkmalen von Wildkatzen. Ich fand eine Menge Hinweise und alles deutete eindeutig auf eine Wildkatze hin. Meine anfänglichen Zweifel wurden jedoch immer wieder bestätigt, zumal ich mehr- fach nachlas, dass es keine Wildkatzen in Tirol gibt. Die Katze beschäftigte mich wei- ter und ließ mir keine Ruhe. Am nächsten Tag kontaktierte ich die Wildbiologin des Tiroler Jägerverbandes, die mir den Tipp gab, mich an den Alpenzoo zu wenden. Gewissheit durch Gentest In einem Telefonat mit Herrn Ulrich er- zählte ich meine Geschichte. Auch er sprach seine Vermutung aus, dass es sich um eine verwilderte Hauskatze handeln könnte, die einer Wildkatze ähnlich sieht. „Gewissheit In dieser Betonrohr- könnte nur ein Gentest bringen“, mein- lebendfalle in der Nähe te Herr Ulrich. Ich erklärte Herrn Ulrich, der Rotwildfütterung dass ich Haare von der Katze hätte, die bei wurde die Wildkatze ihrer Flucht am Draht hingen blieben. Er A im Paznaun gefangen. n einem Sonntag Ende Jänner im sagte mir, ich solle die Haare einsammeln Jahr 2013 war ich an der Reihe, die und an den Alpenzoo schicken. Das habe Rotwildfütterung in unserem Revier ich unverzüglich am nächsten Tag erledigt zu bestücken. Schon seit einigen Jahren ha- und die eingesammelten Haare im Kuvert ben wir im Bereich der Fütterung eine Be- Wir staunten nicht schlecht, als eine rich- an den Alpenzoo versandt. Mit der Zeit tonrohrlebendfalle eingegraben, um Mar- tig große Katze im Käfig saß. Sie war sehr vergaß ich die Geschichte. Ich bekam auch der, Fuchs und Dachs nachzustellen, die nervös und aggressiv. Nichts desto trotz be- keine Nachricht mehr und ging davon aus, immer wieder bei der Fütterung gesehen staunten wir die Katze neugierig. Das Fell dass es sich damals lediglich um eine ver- wurden. Schon aus einiger Entfernung fiel war langhaarig und sehr dicht, die Fellfarbe wilderte Hauskatze gehandelt haben muss. mir auf, dass die Falle in dieser Nacht ab- eher gräulich mit einer blassen Zeichnung. Fast genau zwei Jahre später, am 22. Jänner gegangen sein musste. Der Signalstab war Sofort fielen uns der große Schädel und die 2015, klingelte am Abend mein Telefon. nicht mehr sichtbar. Sofort rief ich meinen fleischfarbene Nase der Katze auf. Herr Übl vom Nationalpark Thayatal stellte Jagdkollegen Josef Pfeifer an und fragte ihn, Zudem bemerkten wir ihre stumpfe, bu- sich vor. Er fragte mich, ob ich vor zwei Jah- ob er mir behilflich sein könnte, das gefan- schige Rute. Die Rute wies schwarze Ringe ren die Haarprobe einer Katze eingesandt gene Tier in einen Abfangkasten zu entlas- auf und war am Ende sehr dunkel. Josef hätte. Ich bejahte diese Frage erstaunt. Dann sen und gegebenenfalls mit einem Kleinka- und ich rätselten und kamen zum Schluss, erklärte mir Herr Übl, dass es sich damals libergewehr zu erlegen. Ich ging von einem dass das äußere Erscheinungsbild eindeu- tatsächlich um eine Wildkatze gehandelt Marder oder Fuchs aus. Josef machte sich tig auf eine Wildkatze hinweisen könnte. hatte. Der genetische Beweis sei erst jetzt sofort auf den Weg, während ich noch die Wir zweifelten jedoch daran, zumal uns von Deutschland gekommen. Die Sensati- Futteröfen für das Rotwild befüllte. Ge- bekannt war, dass in unseren Breiten keine on war perfekt, zumal die Österreichischen meinsam brachten wir den Abfangkasten Wildkatzen ansässig sind. Folglich gingen Wildkatzenforscher bis dato davon ausgin- vor der Betonrohrfalle in Position. Ich wir von einer verwilderten Hauskatze aus. gen, dass es in Tirol keine Wildkatzen gebe. öffnete gespannt die Falltür, worauf sich Interessiert und erstaunt beobachteten wir Es gab zwar immer wieder Meldungen, die anfangs nichts regte. Ich klopfte mit einem die Katze. Plötzlich geschah etwas Unvor- aber nie bestätigt werden konnten. langen Ast auf das andere Falltor. Plötzlich hersehbares. Der Katze gelang es, in ihrer Unverzüglich wurde dieser Fund in den wurde es laut in der Falle und das gefangene Panik den Draht zwischen Falltür und Kä- Medien publik gemacht. Der Wildkatze im Tier sprang Richtung offener Falltür. Sofort fig aufzubiegen und aus dem Abfangkasten Paznaun wurde zur Schlagzeile. Das Me- schloss Josef die Falltür des Abfangkastens. zu entwischen. Blitzschnell flüchtete sie in dieninteresse war enorm. ❙ 8 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Tschiderer
BELLETRISTIK REVIERE FORSCHUNG JÄGER & PRAXIS REVIER Gamsbock mit abnormer Laufverletzung Vollaufnahme des Gamsbockes (li) und Detailaufnahme der Laufverletzung (re). Autor: DI Miriam Traube 3-6 Monaten zugezogen haben. Durch diese Verletzung waren die Schalen nach hinten Jagdzeiten in Tirol A m 12.2.2015 wurde in der GJ Absam auf der Brandfläche des Absamer Vorberges ein 6-jähriger, abgekommener Gamsbock geklappt und der Bock lief nur mehr auf dem Knochen bzw. dem Fleisch. Der Gams- bock fiel schon vor dem Erlegen durch sein Männl. Rotwild Kl. I Männl. Rotwild Kl. II & III 01.08.–15.11. 01.08.–31.12. mit einer abnormen Laufverletzung erlegt. irritiertes, sehr unsicheres Verhalten beim Weibl. Rotwild/Kälber und Schmalspießer 01.06.–31.12. Aufgebrochen wog dieser nur noch 12 kg Laufen im Gelände und seinen schlechten Gamswild 01.08.–15.12. und auch die Lunge war schon stark mit gesundheitlichen Zustand auf. Der Gams- Gamswild in Osttirol 01.08.–31.12. Eiterherden durchsetzt. Der Lauf wurde bock wurde durch den Schuss von seinem Männl. Rehwild Kl. I & II 01.06.–31.10. aufgrund des Interesses des Jagdaufsehers Leiden erlöst. Aufgrund der Seltenheit einer Männl. Rehwild Kl. III 01.06.–31.12. Markus Kienast beim Tierarzt geröntgt, solchen Laufverletztung wurde dieser zum Weibl. Rehwild & Kitze 01.06.–31.12. wodurch ein Bruch an der Fessel diagnos- Präparator gebracht um auch zukünftig in Steinwild 01.08.–15.12. tiziert werden konnte. Laut Tierarzt muss der GJ Absam als Anschauungsmaterial zur Muffelwild 01.08.–31.12. sich der Gamsbock diesen Bruch schon vor Verfügung zu stehen. ❙ Murmeltier 15.08.–30.09. Feld- und Alpenhase 01.10.–15.01. Dachs 15.07.–15.02. Haselhahn 15.09.–15.10. Alpenschneehuhn 15.11.–31.12. Tollwutuntersuchungen Stockente, Ringeltaube Fasan 01.10.–15.01. 01.10.–15.01. I m Zeitraum von 1. Oktober bis 31. De- zember 2014 wurden am Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen ➟ Ganzjährig bejagbar: Fuchs, Steinmarder, Iltis, Waschbär, Marderhund und Schwarzwild ➟ Folgende Wildarten sind ganzjährig Mödling insgesamt 15 Proben (12 Füchse, zu schonen: Wolf, Braunbär, Baummarder, 1 Katze, 1 Marder, 1 Dachs) aus 6 Tiroler Luchs, Wildkatze, Reb-, Stein- und Blässhuhn, Bezirken auf Tollwut untersucht. Alle Un- Waldschnepfe, Uhu, Wald-, Raufuß- und tersuchungen fielen negativ aus. Steinkauz, Turm- und Baumfalke, Habicht, Mäusebussard, Sperber, Steinadler, Grau- Aus den folgenden Bezirken reiher, Kormoran, Gänsesäger, Rackelwild, Kolkrabe, Elster, Eichelhäher, Rabenkrähe wurden Proben eingesandt: Imst: 2 Füchse ➟ Auer- & Birkhahn: Rahmenschusszeit: Innsbruck-Land: 1 Fuchs Auerhahnen in den ungeraden Jahren vom Innsbruck-Stadt: 1 Katze, 1 Marder 15. April bis 15. Mai, Birkhahnen jährlich Kitzbühel: 1 Dachs, 5 Füchse vom 1. Mai bis 15. Juni, jeweils Landeck: 1 Fuchs eingeschränkt auf maximal 15 Tage. Reutte: 3 Füchse Foto: Kienast, Albert Mächler JAGD IN TIROL 03 | 2015 9
BELLETRISTIK WILDKATZE WILD JÄGER& ÖKOLOGIE & REVIER …erobert sie ihre alten Lebensräume Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris) in Österreich – zurück oder wird gar zum „Neubürger“. Nachweis der vergangenen 50 Jahre Die Wildkatze Felis s. silvestris wird im deutschsprachigen Raum immer öfter, dank modernster Methoden und Technik wie mittels Fotofalle, Lockstab oder Genanalyse, nachgewiesen. Autor: DI Miriam Traube A uch in Tirol wurde sie in einem Le- bensraum, der laut Kartierungen für ungeeignet erklärt wurde, mittels Haarproben und darauffolgender gene- tischer Analyse eindeutig bestätigt. Somit gibt es nun auch einen offiziellen Nachweis eines bisher einzelnen Tieres im westlichs- ten Zipfel von Österreich. Dem gegenüber steht, dass mittels Habitatmodellierung op- timale Lebensräume eigentlich hauptsäch- lich im Osten Österreichs ermittelt wurden. lichten Wäldern und dichte Verjüngungs- zwei nicht eindeutig voneinander zu un- Aufgrund der über längere Zeit geschlos- bestände oder Brombeerhecken werden terscheiden. Die Wildkatze besitzt jedoch senen Schneedecke und der damit eng ver- von der Wildkatze im Jahres- bzw. Tages- Merkmale, welche die Vermutung, auf den knüpften Nahrungsverfügbarkeit sind die verlauf intensiv zum Sonnenbaden oder wilden Vertreter der Hauskatze gestoßen Alpen (Zentralalpen, Kalkhochalpen) als Verstecken genutzt. zu sein, verschärfen. Die Grundfarbe der Lebensraum für die Wildkatze eher unge- Wildkatze ist ockergelb bis grau und die eignet. 44 % der Landesfläche von Öster- Fellzeichnung wirkt eher verwaschen und reich werden als geeigneter Lebensraum Mäuse auf dem Speiseplan kontrastarm. Sie besitzt häufig einen klei- für die Wildkatze eingestuft. Bereiche mit hohem Mäusevorkommen nen weißen Kehlfleck und der Nasenspie- Seit 1989 gilt die Wildkatze in Österreich sind für die Wildkatze von großer Bedeu- gel ist fleischfarben. Die Wildkatze wirkt in als „ausgestorben, ausgerottet oder ver- tung, denn mit der Nahrungsverfügbarkeit sich gedrungener und der Schwanz kürzer schollen“ (Rote Liste). Die letzten autoch- sinkt und steigt die Attraktivität des ge- bzw. buschiger. Dieser besitzt 2-3 schwarze thonen, reproduzierenden Wildkatzenbe- nutzten Habitats. Nahrungsanalysen haben Ringe, welche nicht miteinander verbun- stände sind nachweislich in der zweiten gezeigt, dass das Hauptbeutespektrum bei den sind. Auch der Aalstrich am Rücken Hälfte des 19. Jh. erloschen. Seither gab es den Mäusen, und hier vor allem bei den von der Schulter bis zum Schwanzansatz ist immer wieder spärliche Belege einzelner, Wühlmäusen, über 80 % liegt daneben charakteristisch. Die Abbildung auf Seite 13 Individuen. Mittlerweile kann man lang- spielen Reptilien, Insekten oder Vögel nur verdeutlicht noch einmal die Unterschei- sam aber sicher vorsichtig von einer Rück- eine sehr untergeordnete Rolle. Die Wild- dungsmerkmale zwischen Haus- und Wild- eroberung alter Lebensräume sprechen. katze gehört zu den Pirsch- und Ansitzjä- katze. Die Wildkatze wiegt durchschnittlich Die Wildkatze bevorzugt strukturreiche gern und tötet ihre Beute meist durch einen Laub- oder Laubmischwälder, welche gezielten Biss in den Nacken. Im Winter durch einen Wechsel unterschiedlicher ernährt sie sich auch zum Teil von Aas. Kleinbiotope gekennzeichnet sind. Wich- Allgemein werden Gebiete mit lang an- Zoologische Einteilung tig, wie bei vielen unserer Wildtiere, ist die haltender geschlossener Schneedecke nor- Ruhe und somit Störungsarmut in großen malerweise gemieden, da die Hauptbeute Klasse: Säugetiere (Mammalia) zusammenhängenden Waldgebieten. Der unterhalb der Schneedecke für den kleinen Ordnung: Raubtiere (Carnivora) Strukturreichtum bietet dem kleinen Jäger Räuber nur schwer zu erreichen ist. Im optimale Bedingungen zur Jagd, Jungen- Gegensatz zur Hauskatze meidet die Wild- Familie: Katzen (Felidae) aufzucht und Versteck- bzw. Unterschlupf- katze die menschliche Nähe. Aufgrund des Gattung: Altwelt-Wildkatzen (Felis) möglichkeiten zum Schutz vor Feinden ähnlichen Aussehens kommt es jedoch Art: Wildkatze (Felis silvestris) oder schlechtem Wetter. Hierbei spielen draußen in der Natur immer wieder zu Wurzelteller oder –anläufe, tief beastete Verwechslungen, da die wildfarbene Haus- Unterart: Europäische Wildkatze Bäume, Reisighaufen oder Blockhalden ei- katze ihrem wilden Vertreter sehr ähnlich (Felis silvestris silvestris) ne wichtige Rolle. Auch trockene Plätze in sieht. Ohne genetische Analysen sind die Foto: istockphoto JAGD IN TIROL 03 | 2015 11
Abb.1: Wildkatzenlebensräume © Sarah Friembichler zwischen 4 und 6 kg, wobei die männlichen Sie lebt in Territorien von 50 bis maximal viergröße der Tiere hängt jedoch sehr stark Tiere meist deutlich schwerer sind. In frei- 4.000 Hektar, welche sie markiert und gegen von der Nahrungsverfügbarkeit und dem er Wildbahn erreichen sie ein Lebensalter gleichgeschlechtliche Artgenossen verteidi- Strukturreichtum des jeweiligen Lebens- von ca. 7-10 Jahren. Wie der Luchs auch, gt. Die Territorien der Kuder überschneiden raumes ab. Nur während der Ranzzeit zwi- gehört die Wildkatze zu den Einzelgängern. sich in der Regel mit 2-3 weiblichen Terri- schen Januar und März hält sich der Kuder torien und sind dadurch in den meisten vermehrt in der Nähe der paarungsbereiten Gebieten größer als die der Katzen. Die Re- Kätzin auf. Durch die enge Verwandtschaft Totholzstrukturen bieten mit der Hauskatze ist nicht nur eine äußer- vielerlei Versteck- und liche Verwechslung möglich, sondern die Anpirschmöglichkeiten. Tiere können sich auch untereinander paa- ren. Hieraus entstehen fruchtbare Hybride. Studien aus Deutschland zeigen jedoch, dass diese Hybridisierung in vielen Gebie- ten äußerst selten vorkommt. Von der Pike auf zum Jagdhandwerk Nach 63 bis 68 Tagen Tragzeit kommen in der Regel 2 bis 4 blinde Jungen zur Welt. Diese werden ab der 5. Lebenswoche von der Katze auf den Ernst des Lebens vor- bereitet und somit jagdlich geschult. Ab einem Alter von ca. 3 Monaten sind die Jungtiere mit der Mutter zusammen auf Beutezug und erlernen somit das Jagd- handwerk. Mit einem halben Jahr ver- lassen die Jungtiere normalerweise das Revier der Mutter und suchen sich ein ei- genes. Wildkatzen sind überwiegend däm- merungs- und nachtaktiv und schleichen in sehr störungsarmen Gebieten, jedoch manchmal auch tagsüber, durch ihr Revier. In ganz Österreich gehört die Wildkatze zum jagdbaren Wild im Sinne des Jagdge- 12 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Fotolia
BELLETRISTIK WILDKATZE WILD JÄGER& ÖKOLOGIE & REVIER setzes, unterliegt aber einer ganzjährigen me oder auch einen Austausch zwischen Schonzeit. Somit trägt auch die Jägerschaft bestehenden Populationen eher schwierig. Wildkatzenmeldestelle: eine gewisse Verantwortung für diese sel- Immer wieder fallen Wildkatzen auch dem Aufruf: Wildkatze gesucht – tene Tierart. Zusätzlich ist die Wildkatze Verkehr zum Opfer, da ihre Lebensräume der scheuen Jägerin auf der Spur als Art des Anhangs IV der Fauna-Flora- von Straßen durchzogen sind. Auch der Früher über weite Teile Österreichs Habitat-Ric htlinie geschützt. Leider hat weiter steigende Trend der Naturnutzung verbreitet, verschwand die Europäische auch in früherer Zeit die Jagd keinen unbe- und somit die Zunahme von Freizeitaktivi- Wildkatze Mitte des letzten Jahrhunderts deutenden Beitrag zur Ausrottung dieser täten wirken sich negativ auf die Wildkatze aus den heimischen Wäldern. Abgesehen Wildtiere geleistet. Durch ständige Verfol- aus. Große, unerschlossene, störungsarme von vereinzelten Hinweisen, ist kaum gung aufgrund eines unzureichenden Wis- und strukturreiche Lebensräume werden etwas über die gegenwärtige Situation sens über diese Raubtiere sind sie in weiten zur Seltenheit. Umso wichtiger und bedeu- der Wildkatze in Österreich bekannt. Die Plattform Wildkatze möchte mit Ihrer Bereichen des deutschsprachigen Raumes tender sind der aktive Lebensraumschutz Hilfe mehr über den Bestand dieser auf wenige Restbestände zurückgedrängt und dessen Vernetzung, nicht nur für un- scheuen Jägerin in Österreich erfahren. worden. In der heutigen Zeit gibt es jedoch sere Wildkatze, sondern auch für ande- immer noch bestimmte Gefährdungsursa- re Wildtiere unserer Heimat wie z.B. den Bitte melden Sie uns Ihre chen, welche die Wildkatzenbestände da- Rothirsch. Wildkatzenhinweise: www.wildkatze-in-oesterreich.at ran hindern, sich weiter auszubreiten. Die Aus diesem Grund ist auch das Monito- Sie können Ihre Wildkatzensichtung direkt direkte Verfolgung stellt zwar mittlerweile ring der Tiere sehr wichtig, um die Ver- in ein Formular eintragen. kein Problem mehr da, jedoch kann es sehr breitungstendenzen und die Bestands- Kontakt und Information: leicht zur Verwechslung mit verwilderten, entwicklung der Wildkatze verfolgen zu Melde- und Koordinationsstelle Wildkatze wildfarbenen Hauskatzen und somit zu können. In Österreich wurde aus diesem Ingrid Hagenstein oder Magdalena Meikl, MSc einem Abschuss der Tiere kommen. Grund eine Wildkatzenmeldestelle einge- Naturschutzbund Österreich Die immer weiter fortschreitende Zersie- richtet. Einerseits, um die Bevölkerung zu Museumsplatz 2, 5020 Salzburg, Telefon: +43 662 64 29 09-13; +43 664 53 57 188 delung und Erschließung der Landschaft informieren, aber auch um genauestens zu wildkatze@naturschutzbund.at und somit der potenziellen Lebensräume, dokumentieren und dadurch mehr über www.wildkatze-in-oesterreich.at macht eine Besiedelung neuer Lebensräu- unseren leisen Waldtiger zu erfahren. ❙ Unterscheidungsmerkmale Wildkatze bzw. wildkatzenfarbige Hauskatze 3 3 4 4 5 5 1 1 6 6 2 2 8 9 10 8 9 10 7 7 Wildkatze 1 Grundfarbe ockergelb wie trockenes Gras Wildkatzenfarbige Hauskatze 2 Tigerung verwaschen, kontrastarm 1 Grundfarbe silbergrau 3 Ohrenspitze grau wie der Rest des Ohres 2 Tigerung relativ kontrastreich 4 Viele längere und einen kürzeren dunklen Streifen am Nacken 3 Ohrenspitzen dunkel 5 zwei deutlich sichtbare parallele dunkle Streifen auf den Schultern 4 Kopf zeigt meist mehr als 5 Streifen, die nicht so klar getrennt sind 6 am hinteren Rücken einen dunklen, schmalen Aalstrich 5 Keine deutlich sichtbaren Streifen auf den Schultern 7 Schwanz wirkt etwas kürzer, 2-3 getrennte Ringe am Schwanz, 6 am hinteren Rücken mehrere dunkle, kurze, verästelte Streifen Schwanzende stumpf 7 Ringe am Schwanz meist verbunden, Schwanzende meist spitzer 8 Fußunterseite meist nur kurz schwarz 8 Fußunterseite oft ganz schwarz 9 häufig einen kleinen weißen Kehlfleck 9 höchst selten ein kleiner weißer Kehlfleck 10 Halsring vorne undeutlich sichtbar 10 Halsring vorne deutlich sichtbar Foto & Grafik: © Kranz/Molinari/Lapini JAGD IN TIROL 03 | 2015 13
Der Vogel mit dem Menschengesicht Nicht nur die nächtliche Lebensweise hat den Eulen ihren schaurig- unheimlichen Ruf beschert. Dabei können die geschickten Jäger so manchen Ansitz in Vollmondnächten oder der Dämmerung beleben. Autor: Dr. Christine Miller 14 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Thomas Kranabitl
BELLETRISTIK EULEN WILD JÄGER& ÖKOLOGIE & REVIER E in dicker runder Kopf, der halslos auf einem gedrungenen Körper sitzt, zwei große, runde Augen, die direkt nach vorn gerichtet sind, und ein Federschlei- er, der diesen ernsten Blick noch verstärkt – so kann man jede Eule beschreiben, egal ob sie die Ausmaße einer Kinderfaust hat, wie der Sperlingskauz oder die stattlichen adlergleichen Ausmaße eines Uhus erreicht. Nur wenige Tiergruppen sind so einheitlich in „Design“ und Lebensweise wie die nächt- lichen Greife. Strenge Diät Auch in der Nahrungswahl sind Kauz und Eule eher konservativ. Gegessen wird nach einem engen Menüplan, der je nach Größe Der Sperlingskauz der Vögel entweder aus Mäusen oder aus erreicht nur etwa die Größe einer großen Insekten besteht. Die knapp am- Kinderfaust. selgroße Zwergohreule ist deshalb notge- drungen ein Zugvogel. Extensive Streuobst- wird auch der Verwandtschaft gefährlich. wiesen bieten ihr zwar im Sommer in war- Uhus können alle anderen Eulenarten in ihr men Landstrichen Mitteleuropas noch ei- Beutespektrum aufnehmen – und machen der anstrengenden Brutzeit fangen die Eu- nen gedeckten Tisch, doch schon im August davon immer wieder Gebrauch. Aber auch len mehr als sie fressen können. Vor allem verlagert sie ihren Lebensmittelpunkt nach verletztes Wild und Jungtiere aller Art kann die Männchen schleppen Maus um Maus Afrika. Bei den hier sesshaften Mäusefres- der Uhu schlagen. in die Bruthöhle, wo schließlich ein kleiner sern hängt ihr Schicksal von der Schnee- Doch für die Mehrheit aller nicht zu kleinen Vorrat angelegt wird. Auch in Astgabeln, auf decke ab. Ist diese dick und geschlossen, und nicht zu großen Eulen sind Wühlmäuse Felssimsen oder zwischen Zweige gesteckt, tummelt sich die potentielle Beute uner- die Standardbeute. Entsprechend empfind- entstehen solche Schlechtwetter-Depots. reichbar darunter. Schneereiche Jahre sind lich getroffen werden sie dann auch von den Eulen schlingen Beutestücke schnell und Hungerjahre für die meisten Eulen und immer wiederkehrenden Populationszu- so groß wie möglich hinunter. Selbst Vö- fordern jeweils hohen Tribut. Kein Wunder, sammenbrüchen der Kleinsäuger und von gel werden nur grob gerupft und Mäuse dass die Not so manche Art erfinderisch ge- schneereichen Wintern. An Gelegegröße verschwinden meist als Ganzes im Magen. macht hat. Sie jagen in Scheunen oder auf und Bruterfolg lässt sich zum Beispiel bei Dort herrschen zwar weniger extreme Be- Friedhöfen und Stadtparks – die immer Waldkauz und Waldohreule ablesen, wie es dingungen als im Magen von Greifvögeln, ein bisschen weniger kalt sind als das Land um die Mäusepopulationen steht. Während deren Magensäfte auch Knochen zersetzen draußen. Auch am Straßenrand lässt sich können. Die Gewölle von Eulen enthalten gelegentlich Beute machen, wenn man nicht deshalb im Gegensatz zu Falken und Ha- selbst ein Opfer des Verkehrs wird. Ein ty- bichtartigen auch Knochen. pisches Winterschicksal für viele Eulen. Natürlich ist die Nahrungswahl nicht aus- schließlich einseitig. Je nach Lebensraum Hören und Sehen und Größe gibt es mehr oder weniger üp- Die Leistungsfähigkeit der Eulenaugen ist pige Beilagen. Der Sperlingskauz schlägt sprichwörtlich. Die Netzhaut mit den licht- auch kleine Singvögel. Doch steht der „Eu- empfindlichen Sehzellen ist so am Grund lenzwerg“ selbst auf der Speisekarte seiner eines zylinderförmigen Augapfels ange- größeren Verwandten. Um der Bejagung ordnet, dass sie wie ein Restlichtverstärker durch größere Eulenarten zu entgehen, ver- wirkt. Wahrscheinlich sehen viele Eulen nur legt er seine Jagdzeiten in die hellen Stun- schwarz-weiß – aber das gestochen scharf. den und die Dämmerung. Die Arten, die auch tagsüber aktiv sind, Die großen Eulen entscheiden genau, wel- auch Wald- und Steinkauz, können auch che Beute sie mit geringstem Aufwand und Farben erkennen. Und wenn zu viel Licht höchstem Gewinn schlagen können. Auf diese Weise entwickeln sich bei den Uhus richtige Spezialisten und Feinschmecker. In einem Fall schien sich ein findiger Uhu Der Steinkauz gehört zu jenen Arten, die auch Farben sogar auf Katzen zu konzentrieren, die er erkennen können. am Ansitz an den Katzenklappen abpasste. Der bis zu 3 Kilogramm schwere Nachtgreif Fotos: Albert Mächler (li), Fotolia (re) JAGD IN TIROL 03 | 2015 15
JÄGER& &ÖKOLOGIE WILD REVIER BELLETRISTIK EULEN Der bis zu 3 kg schwere Uhu kann auch der Verwandtschaft gefährlich werden. Population Während der Uhu die Nähe von Menschen nicht unbedingt scheut, ist der Habichts- kauz ein zurückgezogener Waldbewoh- ner. Er ähnelt einem überdimensionierten Waldkauz (Das Weib bringt manchmal mehr als ein Kilogramm Gewicht auf die Waage und ist damit doppelt so schwer wie ein Waldkauz). Habichtskäuze sind Charaktervögel der Taigawälder und kommen in schwedischen Nadelwäldern ebenso vor wie in Sibirien, Korea und Ja- pan. Daneben fühlt sich der vielseitige Mäusespezialist auch in den Karpaten, den mitteleuropäischen Mittelgebirgen und am südöstlichen Alpenrand und auf dem Balkan bis nach Albanien und Bulgarien. Hauptsache in seinem Lebensraum findet der Habichtskauz genügend Altholz vor und immer wieder offene Flächen, die aus- reichend Mäuse beherbergen. Der euro- päische Brutbestand hat in den vergange- nen Jahrzehnten wieder zugenommen. Im Bayerischen Wald wurde vor knapp 30 Jah- ren ein kleiner Brutbestand etabliert, eben- so in Niederösterreich. Ein Nistkasten- Netzwerk versucht jetzt die Siedlungslücke zwischen den zentraleuropäischen Wald- beständen und dem Balkanvorkommen zu schließen. Mehr als 100 Nistkästen warten zur Zeit in den weitläufigen Wäldern im Wienerwald und um Dürnstein in Nieder- auf die Augen trifft, verengt die Eule die Pu- Eulen nicht nur ein empfindliches Innen- österreich. pille und kneift die spaltförmigen Augen- ohr. Das dichte Gefieder mit den speziell Der erste Winter ist die größte Hürde im lider zusammen. So geschützt kann sie dann ausgefransten, schallschluckenden Federn Leben aller Jungkäuze. Sie müssen den auch tagsüber gut sehen. Doch immer sind erlaubt einen stillen Flug ohne Eigenge- saisonalen Nahrungsengpass selbständig die Augen auf etwa zwei bis sechs Dioptrien räusche, der Gesichtsschleier leitet Schall- meistern. Gute Ortskenntnisse sind dabei eingestellt, das entspricht einer deutlichen wellen zu den Ohren und die Ohröffnungen überlebenswichtig. Richard Zink, der Ko- Altersweitsichtigkeit beim Menschen. Um liegen leicht asymmetrisch am Kopf. Zu- ordinator der österreichischen Habichts- dennoch Gegenstände in der Nähe erken- dem kann die Eule ihren Kopf fast völlig kauz-Initiative, ist überzeugt, dass die nen zu können, trippeln sie manchmal vor nach hinten drehen und so eine Geräusch- Vögel eine Art geographisches Gedächtnis dem Objekt vor und zurück. quelle besser orten. Das erlaubt ein „3-D- besitzen, indem sie sich die mäusereichs- Auch ihr Gehör ist eines der feinsten und Hören“ und genaue räumliche Ortung eines ten Ecken ihres Reviers merken: zum Bei- schärfsten in der Vogelwelt. Sternenlicht Geräusches. Der markante Gesichtsschleier spiel Gebiete mit viel Totholz oder Wild- genügt, um dahinhuschende Beute zu er- besteht aus einer Hautfalte und in mehreren fütterungen, Lichtungen oder Böschungen spähen. Die Spezialisten für Jagd in stock- Reihen eng angeordneten, besonders dich- entlang von Forststraßen. Strenge Winter dunkler Nacht, wie Bart- und Raufußkauz, ten Federn. Nur die Federohren haben gar treiben die Käuze aus den Wäldern in of- erkennen selbst das leise Trippeln kleiner nichts mit dem Hören zu tun. Sie dienen fenere Landschaften. Da sind sie dann Mäusebeine unter der Schneedecke. Für ein allein als Signale von Eule zu Eule – so eine gelegentlich auch tagsüber zu sehen. Ge- derartiges Hochleistungsgehör besitzen die Art „Eulen-Geweih“. schickt nutzt der Habichtskauz auch an- 16 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Fotolia
Die Entscheidung zu TREFFEN Kodiak.de 2014 Abgabe von Waffen nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis. In der Natur gibt es viele Liebhaber von Jungeulen, ob Marder, Krähe, Fuchs oder Katze. deres Wild. Richard Zink berichtet, dass die Gegenwart von Habichtskäuzen oft ein Zeichen für nahendes Schwarzwild ist. Jahr über zu besetzen. Und weil zwei stär- Denn vor der wühlenden Rotte flüchtende ker sind als einer allein, leben die meisten Mäuse sind für den Kauz leichte Beute. „Grundbesitzer“ auch treu jahrelang mit ihrem Partner zusammen. Diese Zweisam- keit sollen auch die Jungen nicht stören, die Kühle Lust schnell und konsequent im Spätsommer Wer in diesen Wochen nachts im Wald un- aus dem Revier vertrieben werden. Neben terwegs ist – nicht erschrecken, wenn ein dem Uhu und dem Sperlingskauz leben dumpfes, aber kräftiges „Bu ho“ erklingt. auch Steinkauz, Habichts- und Waldkauz Der Uhu ruft nach seiner Braut. Die größte nach diesem Muster. Eule beginnt im Februar mit der Balz. Wie Schon Wochen vor der Eiablage singen die bei anderen großen Nachtgreifen bleiben Männchen in ihren Revieren. Wer noch Uhumännchen und Uhuweibchen oft meh- keine Partnerin gefunden hat, oft mehrere rere Jahre beieinander. Aber auch der nur Stunden lang. Uhupärchen kräftigen ihre faustgroße Sperlingskauz hält nichts von Bindung zusätzlich mit Duettgesängen und PROFESSIONAL flüchtigen Beziehungen und knüpft lang- präsentieren dabei ihren weißen Kehlfleck. SUCCESS jährige Bindungen. Doch zwingt die hohe Zur eigentlichen Kopulation schreiten sie Dank völlig neu konzipierter Sterblichkeit die kleinste Eule immer wie- erst kurz vor der Eiablage. Uhu, Wald- und Schäftung bleiben Schießhand der zu Partnerwechsel. Habichtskauz sitzen dann oft schon ab Fe- und -arm bei jeder Anschlagsart Grundsätzlich gibt es bei unseren Eulen- bruar auf den Eiern in der Bruthöhle. völlig entspannt. Die wichtigste arten „Grundbesitzer“ und „Landstreicher“. Lockere Sitten herrschen bei den anderen Voraussetzung für konstant So beschreibt der Eulenfachmann Theodor Eulen: Sperbereule, Sumpf- und Waldohr- gutes Treffen. Mebs die verschiedenen Lebensstrategien. eule, Bartkauz und Schleiereule. Sie stellen Dabei ist die Entscheidung für das eine in der Regel keine besonderen Ansprüche oder andere Verhalten keine Frage der Mo- an ihren Nistplatz, streichen im Wald oder Der R8 Professional Success Film: ral, sondern eher des Wohlstandes. Große in offenen Landschaften umher, knüpfen eine wahre Begebenheit aus den Eulen und solche, die im Wald leben, ha- Beziehungen, die meist nur einen Früh- Tiroler Alpen auf www.blaser.de ben Vorteile, wenn sie ihre Jagdgebiete sehr ling halten, und verlassen ihre Brutgebiete, genau kennen. Diese Ortskenntnis schlägt wenn dort die Mäusedichten zusammen- sich in höherem Jagderfolg nieder, sie wis- brechen. Diese Opportunisten ziehen das sen, wo sich günstige Brutplätze befinden Beste aus einer günstigen Situation. Wenn und wo sie Ruhe vor Nachstellungen ha- es reichlich Nahrung gibt, ziehen sie ein www.blaser.de ben. Hier lohnt es sich, ein Revier das ganze großes Gelege – bis zu 14 Eier bei der NEU! Auch als Linksausführung Import und Fachhandels-Auskunft: Idl GmbH · Südbahnstr. 1 Foto: Albert Mächler A-9900 Lienz · office@waffen-idl.com
JÄGER& &ÖKOLOGIE WILD REVIER BELLETRISTIK EULEN tur gibt es viele Liebhaber von Jungeulen, ob Marder, Krähe, Fuchs oder Katze. Ent- sprechend aggressiv stürzen sich die Alt- eulen auf jede Bedrohung – egal wie groß diese ist. Die Jungen dagegen pflegen über Stunden intensiv ihr sprossendes Gefie- der mit Sonnen-, Sand- und Regenbädern, durch Beknabbern, Putzen und Glätten der dunigen Federn. Angst und Aberglaube Ein Feind, der Schwächen zeigt, lebt gefähr- lich. So perfekt die Eule an ihre vorwiegend nächtliche Lebensweise angepasst ist, tags- über sollte sie so wenig Blicke wie möglich auf sich ziehen. Singvögel sehen sehr gut und die charakteristische Silhouette einer Eule erregt die harmlosen Sänger so sehr, dass aus ihnen wütende Bestien werden. Sie rotten sich über dem vermeintlichen Feind Auch für den Waldkauz gehören Wühlmäuse zur zusammen und attackieren ihn wütend mit Standardbeute. Angriffen. In Ermangelung scharfer Krallen und Schnäbel, muss auch die unangenehme gen. Während die Eulin die ganze Zeit bis Vogellosung als Waffe dienen. Mit einem zum Flüggewerden der Jungen bei der Brut Steinkauz wurden so früher Drosseln ge- Sumpfohreule – und wenn möglich, wird bleibt, übernimmt der Eulenmann die Ver- fangen. Die Hüttenjagd auf Krähenvögel mit gleich noch eine zweite Brut hinten nach sorgung der Familie mit Beute. Je größer dem lebenden Uhu war noch bis vor weni- geschoben. Geht unterwegs der Beutenach- die Jungen werden, desto größer auch die gen Jahrzehnten bei uns üblich und erlaubt. schub aus, dann können die ersten Jungen, Beutebrocken, die ihnen die Altvögel vor- Auch bei Menschen waren die Eulen die verhungern, gleich an die stärkeren Ge- setzen. Während der „Ästlingsphase“, wenn schlecht beleumundet. Lags an den düs- schwister verfüttert werden. die kleinen Eulen zwar schon von Ast zu teren Rufen, der nächtlichen Lebensweise Nur beim Raufußkauz und zum Teil bei Ast hüpfen, auch mit Krallen und Schnabel oder dem „menschlichen“ Blick, beim Uhu der Schleiereule gibt es einen Rollentausch. an Bäumen hochklettern, aber noch nicht gar aus feuerroten Augen – Totenvogel oder Das kleinere Männchen bleibt meist stand- fliegen können, verschlingen sie bereits „Leichenhuhn“ sind noch die freundlichs- orttreu in seinem Revier. Die größeren ganze Beutetiere wie Mäuse. Die Fürsorge ten Bezeichnungen. So wurde er dann – am Weibchen streifen umher, orientieren sich der Euleneltern für ihren Nachwuchs hat besten noch lebend – auch an Scheunentore am Mäuse-Angebot und interessanten schon mancher Jäger hautnah miterlebt. genagelt. Selbst bei uns ist dieser Brauch Männchen. In guten Jahren erlaubt sie sich Wenn er zum Beispiel dem Horst unbeab- noch vor einigen Jahrzehnten lebendig ge- sogar einen fliegenden Wechsel zwischen sichtigt zu nahe gekommen ist, fliegen die wesen, um auf diese Weise, Blitze, Unglück zwei Partnern für Erst- und Zweitgelege. Eltern wütende Attacken und fahren dabei und den bösen Blick von Mensch und Vieh Doch ob ortstreu oder Streuner – der auch ungeniert ihre Krallen aus. In der Na- abzuwehren. ❙ frühe Brutbeginn der Eulen ist genau geplant. Wenn die Jungen groß genug sind, um erste Versuche beim Mäuse- Brutpaare in fang zu machen, dann sollte es an Klein- Art Spannweite in cm Reviergöße in Brutpaare pro 100 Österreich, säugern nicht mangeln. Im Spätsom- Hektar Quadratkilometer geschätzt (2008) mer ist das Beuteangebot am höchs- Uhu 150 - 175 500 - 1000 bis 26 400 ten und in diesen Zeitraum fallen auch die ersten „Gehversuche“ der Jungen als selbst- Habichtskauz 115 - 125 300 - 700 bis 20 0-5 versorgende Greife. Waldkauz 90 - 100 10 - 500 bis 78 9.000 - 16.000 Das Eulenweib legt jetzt ihre weißen run- Sumpfohreule 95 - 105 10 - 200 bis 50 0 - 15 den Eier. Jeden zweiten Tag ein Ei, so viel Waldohreule 95 100 - 200 bis 50 2.000 - 5.000 wie ihre „Strategie“ vorschreibt. Entspre- chend verzögert schlüpfen auch die Jun- Schleiereule 95 90 - 600 bis 42 20 - 40 gen. Deshalb sind in Eulenhorsten die Steinkauz 55 1,6 - 50 bis 80 70 - 100 verschieden großen Nestlinge typisch. Bei Raufußkauz 55 10 - 200 bis 40 1.100 - 2.200 großen Gelegen kann der Altersunter- Zwergohreule 50 - 55 1 - 50 bis 70 40 - 60 schied zwischen dem Erstgeschlüpften und dem Jüngsten zwei bis drei Wochen betra- Sperlingskauz 35 45 - 120 bis 42 2.000 - 3.500 18 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Albert Mächler
BELLETRISTIK STEINWILD WILD JÄGER& ÖKOLOGIE & REVIER Sonnenanbeter Ein Sonnenbad bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt klingt nicht besonders einladend, aber es stellt einen wichtigen Teil der Überlebensstrategie des Steinwilds im Winter dar. Nahrungsknappheit und begrenzte Fettvorräte zwingen die Tiere zu einer enormen Reduktion des Stoffwechsels, weshalb sie jede Winternacht auskühlen. Die Wiedererwärmung erfolgt am Morgen mit Hilfe der Sonne. Das Säugetier Steinbock überlebt den harten alpinen Winter also, indem es sich auf uraltes Reptilienerbe besinnt. Autor: Walter Arnold & Claudio Signer Foto: Signer
JÄGER& &ÖKOLOGIE WILD REVIER BELLETRISTIK STEINWILD D er Steinbock verkörpert wie kein anderes Tier die Anpas- nie Albris im Kanton Graubünden, um herauszufinden, wie die- sung an den unwirtlichen Lebensraum Hochgebirge. Da er se Tiere die lebensfeindlichen alpinen Winter überstehen. Unser auch den Winter in großer Höhe überdauert, ist er monate- dreijähriges Forschungsprojekt, das wir in enger Zusammenarbeit lang extremer Kälte, Wind, Schnee und Nahrungsknappheit aus- mit dem Amt für Jagd und Fischerei in Graubünden durchführten, gesetzt. Zu dieser Zeit steht den Tieren kaum Grünäsung zur Ver- erbrachte sensationelle Ergebnisse, die nicht nur die Fachwelt auf- fügung und so ernähren sie sich vorwiegend von den spärlichen, horchen ließen, sondern auch für das richtige Management dieser vertrockneten Resten der Sommervegetation, die sie vom Schnee Art im Hochgebirge wichtig sind, wo selbst entlegenste Gegenden freischlagen oder auf windverblasenen Steilhängen finden. Der heute intensiv durch Freizeitaktivitäten genutzt werden. Steinbock muss über ganz besondere Fähigkeiten verfügen, um solch lebensfeindlichen Bedingungen zu trotzen. Vermutlich des- halb rankten sich um ihn Legenden wie um kein anderes einhei- Hightech-Wildbiologie misches Tier: Blut, Haare, Bezoare, fast alles vom Steinbock wur- Möglich wurden diese Erkenntnisse durch ein Telemetriesystem, de als Heilmittel in der traditionellen Medizin eingesetzt. Dieser welches am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie Aberglaube und die im Vergleich zu anderen Wildarten oft relativ (FIWI) in Wien entwickelt wurde und an den Steinböcken der leichte Bejagbarkeit führten fast zum Aussterben der Art. Es ist Kolonie Albris erstmals in freier Wildbahn eingesetzt wurde. kein Zufall, dass „Ötzi“, der steinzeitliche Gletschermann, ge- Das Telemetriesystem besteht aus einer kleinen Sonde, die dem trocknetes Steinbockfleisch als Proviant bei sich trug. Steinböcke narkotisierten Tier über den Schlund in den Pansen eingebracht verhalten sich häufig vertraut gegenüber dem Menschen und las- wird. Wir wussten aus der veterinärmedizinischen Praxis, dass sen diesen nahe an sich herankommen. Es scheint, als würde das derartige Fremdkörper im Netzmagen verbleiben und von Wie- Steinwild jede unnötige Bewegung und die damit verbundene derkäuern problemlos vertragen werden. Die Sonde ist mit einem Energieausgabe vermeiden wollen. Auch der vergleichsweise ru- hochempfindlichen Bewegungssensor ausgestattet, der die kleinen hige Ablauf der Brunft passt in das Bild: Der Steinbock scheint ein mechanischen Erschütterungen des schlagenden Herzens erfasst. Leben in Zeitlupe zu führen. Das einst durch den Menschen bei- Natürlich registriert der Sensor jede Erschütterung, weshalb die nahe ausgerottete Tier konnte mittlerweile dank der Bemühungen Herzschlagrate nur im ruhenden Tier verlässlich gemessen wer- vieler im ganzen Alpenraum seine alte Heimat wiederbesiedeln. den kann. Aber das ist genau der physiologische Wert, der uns Wir nutzten die seit Jahrzehnten gut gedeihende Steinbock-Kolo- interessiert, denn die Pulsrate in Ruhe ist ein gutes Maß für den Um den Steinbock rankten sich Legenden wie um kein anderes einheimisches Tier. 20 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Signer
BELLETRISTIK STEINWILD WILD JÄGER& ÖKOLOGIE & REVIER Abb.1 oben: Jahreszeitliche Veränderungen der Lufttemperatur (Tagesmittelwerte als Punkte und dazugehörige Tagesmaxima und -minima als senkrechte Linien) und der total akkumulierten Schneehöhe während des Untersuchungszeitraumes im Lebensraum der besenderten Steinböcke. unten: Pulsrate, Körpertemperatur im Pansen und Aktivität der besenderten Tiere. Hier stellt jeder Punkt den Tagesmittelwert aus Hunderten von Messungen an den 20 untersuchten Tieren dar. Die Striche über und unter den Punkten sind ein Maß für die individuellen Unterschiede zwischen den Tieren. Grundstoffwechsel, d.h. für den Energieverbrauch, der für die Aufrechterhaltung der minimalen Lebensvorgänge erforder- lich ist. Neben der alle 12 Minuten gemessenen Pulsrate regis- triert die Sonde mit einem zweiten, temperaturempfindlichen Sensor alle 3 Minuten die Körpertemperatur. Die Messwerte aus dem Inneren des Tieres werden per Funk an das Halsband übertragen und dort zusammen mit der durch Sensoren im Halsband gemessenen Bewegungsaktivität des Tieres gespei- chert. Die Batterieausstattung dieses Systems ermöglicht einen kontinuierlichen Betrieb von bis zu 2 Jahren. Die zweite, nicht mindere Herausforderung, die es in diesem Projekt neben der technischen zu meistern galt, war die Immobilisation von je 10 Steinböcken und -geißen mit dem Narkosegewehr, um sie mit dem Telemetriesystem auszustatten, vor allem aber deren erneute Immobilisation nach 2 Jahren, um die Halsbänder mit den darin gespeicherten Daten wieder abzunehmen. Diese Meisterleistung ist zu einem großen Teil der professionellen Bündner Wildhut zu verdanken. Nicht ein Halsband ging ver- loren, selbst diejenigen von den 5 Tieren, welche während der Studie eines natürlichen Todes starben, konnten aus teilweise extremen alpinen Lagen geborgen werden. Überleben auf Sparflamme Die erste Erkenntnis aus der immensen Datenmenge: Stein- böcke senken im natürlichen Lebensraum während des Win- ters die Pulsrate auf etwa die Hälfte des Sommerniveaus (Abb. 1). Jede Nacht kühlen die Tiere aus, im Winter aber beinahe dop- pelt so stark wie im Sommer (Abb. 2). Offensichtlich lösen niedrige Temperaturen nicht höhere innere Wärmeproduk- tion und vermehrte Nahrungssuche aus, sondern genau das Gegenteil passiert, nämlich ein Absenken der Stoffwechselak- tivität, um Fettverbrauch und Nahrungsbedarf zu reduzieren. Eine verminderte Durchblutung der äußeren Körperteile in kalten Winternächten, um die Wärme im Körperinneren zu halten, war uns schon vom Rothirsch aus Gehegeversuchen bekannt. Steinböcke verringern die innere Wärmeproduktion aber offenbar in einem Ausmaß, dass sogar die Temperatur im Pansen deutlich zurückgeht und im Winter im Tagesmittel um ca. 1,5 °C geringer ist als im Sommer (Abb. 1). Für die Tempe- ratur in den Extremitäten bedeutet dies wahrscheinlich Werte im einstelligen Bereich, so wie es von Rentieren im arktischen Winter bekannt ist. Kein Wunder, dass Steinwild im Winter auch deutlich weniger aktiv ist (Abb. 1) – mit klammen Bei- nen lässt es sich schlecht laufen. Im Winter 2008/09, der be- deutend kälter und schneereicher war als der Winter 2007/08, waren diese Reaktionen sogar noch ausgeprägter. Dies beweist, Grafik: Signer & Arnold JAGD IN TIROL 03 | 2015 21
JÄGER& &ÖKOLOGIE WILD REVIER BELLETRISTIK STEINWILD Abb. 2: Der tageszeitliche Verlauf der Körpertemperatur und der Aktivität während eines typischen Winter- (Februar) und Sommermonats (August). Um die Veränderungen deutlicher darzustellen, sind die 24, über alle Tage eines Monats ge- rechneten, stündlichen Mittelwerte zweimal hintereinander gezeichnet. Die Striche über und unter jedem Punkt sind ein Maß für individuelle Unterschiede zwischen den 20 untersuchten Tieren. Die senkrechte, gestrichelte Linie kennzeichnet den Sonnenaufgang. Da die Sonne im August früher aufgeht als im Winter, ist die Zeitachse für die August- werte so weit nach links verschoben, dass der Sonnenaufgang für beide Monate mit einer Linie dargestellt werden kann. Im Winter spiegelt die Bewegungsaktivität der Tiere offensicht- lich die Funktionsfähigkeit der Muskulatur wider. Diese reicht in den frühen Morgenstunden anscheinend nur aus, um einen wet- terschützenden Einstand zu verlassen und sich in die Sonne zu stellen. Anschließend hilft dann das morgendliche Sonnenbad entscheidend mit, den Körper wieder auf Betriebstemperatur zu bringen. Obwohl sich die Lufttemperaturen nach Sonnenaufgang häufig erst um den Gefrierpunkt bewegen, spielt das Sonnenbad im Aufwärmeprozess eine entscheidende Rolle. Folgerichtig ist der Anstieg der Pulsrate während der Morgenstunden im Winter deutlich geringer als im Sommer, obwohl der Körper viel mehr erwärmt werden muss. Ohne Zweifel ist das Sonnenbad bei schö- nem Wetter am wirksamsten. Doch selbst bei bedecktem Himmel wärmt die Sonne, denn auch bei schlechtem Wetter ist es tagsüber in der Regel wärmer als nachts. Von Reptilien ist ihre Abhängigkeit dass Steinwild die Reduktion des Energieverbrauchs durch Tole- ranz geringerer Körpertemperatur sehr flexibel einsetzt, je nach Erfordernis. Allerdings stellten wir auch fest, dass der Rückgang der Pulsrate im Winter viel bedeutender ist, als durch geringere Aktivität und niedrigere Körpertemperatur erklärt werden kann. Die Steinböcke setzen also noch weitere Tricks ein, um Energie zu sparen – aber welche? Sonnenbad am Vormittag Die Lösung des Rätsels liegt darin, wie die Tiere von der nied- rigen Körpertemperatur am Ende einer Winternacht wieder auf normale Werte kommen. Wir bemerkten einen engen Zusammen- hang zwischen den Veränderungsmustern der Körpertemperatur, der Aktivität und der Sonneneinstrahlung. Nach Sonnenaufgang steigt die Körpertemperatur rasch an, im Winter aber schnel- ler und mehr als im Sommer. Besonders aufschlussreich ist ein genauer Blick auf den zeitlichen Verlauf: Die Körpertemperatur steigt im Februar erst nach Sonnenaufgang an, im August dage- gen schon vorher, offenbar im Zusammenhang mit dem mor- gendlichen Aktivitätsgipfel (Abb. 2). Der für die Sommerzeit so typische Aktivitätsschub um den Zeitpunkt des Sonnenaufgangs Energiezehrende Fluchten fehlt im Winter völlig. Die Aktivität der Tiere nimmt im Winter im Winter kann sich der ganz langsam zu, parallel zur Körpertemperatur, und erreicht das Steinbock nur begrenzt leisten Tageshoch am Nachmittag, gleichzeitig mit der Körpertemperatur. 22 JAGD IN TIROL 03 | 2015 Foto: Albert Mächler, Ernst Rudigier (re) Grafik: Signer & Arnold
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