Uniulm intern - Universität Ulm

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Uniulm intern - Universität Ulm
Nr. 333 (45. Jg.) I August 2015

                                   uniulm intern      Das Ulmer Universitätsmagazin

                                   25
Nach 25 Jahren: Ingenieure und Informatiker feiern                   Seite 42
Nach 48 Jahren: Uni-Geburtstag im Zeichen der E-Mobilität            Seite 4
Nach 12 Jahren: Präsident Prof. Ebeling verabschiedet sich           Seite 22
Nach x-Jahren: Wiedersehen mit der Alma Mater                        Seite 58
Uniulm intern - Universität Ulm
2 | Editorial
Foto: Eberhardt/kiz

                                                            Liebe Leserinnen und Leser!                         den desiginierten Präsidenten, Professor Micha-
                                                                                                                el Weber, verstehen. Kurz vor Redaktionsschluss
                                                            Das Semesterende hält für viele Uni-Mitglieder      dieser Ausgabe wurde der Informatiker im ers-
                                                            Strapazen bereit: Klausuren müssen korrigiert,      ten Anlauf gewählt. Die zahlreich zum öffentli-
                                                            Projekte abgeschlossen werden – und das bei         chen Teil der Wahl erschienenen Uni-Mitglieder
                                                            teils tropischen Temperaturen. Dementspre-          beklatschten diese Entscheidung ausführlich,
                                                            chend sieht man beim Jahrestag der Universität      beendete sie doch monatelange, teils in der
                                                            Mitte Juli ganz schön viele gestresste Gesichter,   Lokalpresse ausgetragene Spekulationen über
                                                            bevor sich dann tatsächlich die Bibliotheken        die Ebeling-Nachfolge.
                                                            leeren, die Schlange in der Mensa kürzer wird       Einige Absolventen, die am Schwörwochenende
                                                            und man auch noch nach 8:00 Uhr einen Park-         zum ersten offiziellen Alumni-Treffen der 48-jäh-
                                                            platz vor der Zentralen Universitätsverwaltung      rigen Uni angereist waren, hatten noch den
                                                            bekommt. Einer, der die Universität Ulm in den      Ulmer Gründungsrektor Professor Ludwig Heil-
                                                            letzten 12 Jahren maßgeblich gestaltet hat, ver-    meyer erlebt. Vor allem Mediziner der ersten
                                                            abschiedet sich im Oktober sozusagen in die         Stunde erinnerten sich an abenteuerliche Studi-
                                                            ewigen Semesterferien: „Ich werde in Zukunft        enbedingungen in den Anfangsjahren und zeig-
                                                            etwas anderes tun: Nämlich nicht mehr so viel“,     ten sich von der Entwicklung ihrer Alma Mater
                                                            sagte Universitätspräsident Professor Karl Joa-     entsprechend begeistert. Und auch sonst gibt es
                                                            chim Ebeling bei der Wahl seines Nachfolgers.       wieder viel vom Eselsberg zu berichten: Von
                                                            Nach der Amtsübergabe wird der 65-Jährige ans       kommunizierenden Autos, tatkräftigen Haus-
                                                            Institut für Optoelektronik, das er ab 1989/90      meistern und verkannten Kriegszitterern. In die-
                                                            aufgebaut hat, zurückkehren und dort mindes-        sem Sinne wünschen wir Ihnen einen erholsa-
                                                            tens ein weiteres Jahr forschen. Somit ist der      men Sommer. Ob Sie dieses Heft oder den neuen
                                                            Schwerpunkt dieses Hefts – das Jubiläum zum         Wissenschaftskrimi des Ulmer Seniorprofessors
                                                            25-jährigen Bestehen der Fakultät für Ingenieur-    Wolfgang Schmickler, vorgestellt auf S. 60, als
                                                            wissenschaften, Informatik und Psychologie –        Strandlektüre bevorzugen, bleibt Ihnen überlas-
                                                            in gewisser Weise ein Abschiedsgeschenk an          sen.
                                                            Karl Joachim Ebeling, der von einem Professo-
                                                            renkollegen als „Urahn der Ingenieure“ bezeich-
                                                                                                                Ihre
                      uni ulm intern 1989: Die September-   net worden ist. Den Blick in die Fakultätsge-
                      Ausgabe war den Neuzugängen, den
                      Ingenieuren und Informatikern,        schichte und auf aktuelle Forschungsprojekte
                      gewidmet                              kann man jedoch auch als Willkommensgruß an

                                                               Ihr Sanitätshaus
                        Ganzheitliche

                        ALS-Versorgungen
                        Unser Spezialistenteam versorgt Sie individuell und fachgerecht
                        mit Beatmungsgeräten, Mobilitätshilfen, Hilfsmittel zur                     Gut für die Bildung.
                        Umfeldsteuerung, individuellen Kommunikationsgeräten ...                    Gut für die Wirtschaft.
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                        Jägerstr. 6, 89081 Ulm-Weststadt    am RKU
                        Telefon 07 31/1 40 02-0             Oberer Eselsberg 45, 89081 Ulm
                        www.haeussler-ulm.de                Telefon 07 31/ 5 70 01

                                                                                                                                      uni ulm intern 333/August 2015
Uniulm intern - Universität Ulm
Inhalt | 3

        Inhalt
2       Editorial                                 Forschen & entdecken
                                                  42    Ingenieure, Informatiker und Psychologen
        Campus                                           feiern 25-jähriges Fakultätsjubiläum
4	48. Jahrestag der Uni                           44     Das U-Boot vom Eselsberg:
        zur Mobilität der Zukunft                         Tüftler entwickeln autonomen Tauchroboter
13	EU-Kommissar Günther Oettinger                46     Große Ingenieurskunst:
        zu Besuch im IQST                                 Kleinstes Retina-Implantat schafft Sehkraft
14	„Uni hilft“: Ein Leukämiepatient               48     Zur Psychologie des Autofahrens:
        wird Krebsforscher                                Wenn der Computer zum Chauffeur wird
16	Lernen, Wohnen und Spielen:                    50     30 Semester Informatik:
        Studierendenwohnhaus mit Kinderkrippe             Vom Langzeitstudenten zum IT-Berater
17	Offenes Ohr für Doktoranden:                  52 	Neuer HIV-Hemmstoff:
        Promovierendenkonvent gegründet                 Körpereigenes Peptid blockiert Viren
18	Neuer Masterstudiengang:                      53 	Auf dem Weg in die digitale Zukunft:
        „Nachhaltige Unternehmensführung“               Arbeitskreis Industrie 4.0
20	Kooperatives Fahren:                          54 	Helmholtz-Institut Ulm (HIU) nimmt
        Zweites Testauto an der Uni                     Solarstromspeicheranlage in Betrieb
                                                  56 	Irrläufer im Gehirn:
                                                        „Verirrte“ Nervenzellen stören Gehirnentwicklung
        Persönlich
                                                  57 	Biodiversitäts-Exploratorien:
22	Portrait zum Abschied:                            Landnutzung kann ökologische Vielfalt fördern
        Unipräsident Prof. Karl Joachim Ebeling
26	Bringt Licht ins Gehirn:
        Juniorprof. Dennis Kätzel
                                                        Uni (er)leben
28	Immer im Einsatz:                          58    
                                                        Zurück an die Alma Mater:
        Die Hausmeister an der Uni Ulm                  Erstes Alumni Homecoming
32	Managerin im Hochschulsport:                  61 	Vegan an der Uni:
        Dr. Nanette Erkelenz                            Schulungsköchin in der Mensa
                                                  63 	Mit Elektroschocks und Exerzierübungen:
                                                        Tagung „Medizin im Zeitalter der Weltkriege“
                                                  64 	Unter Strom: Bachelorstudentin Salome Wörner
                                                        forscht zum elektrischen Schlag im Alltag
                                                  66 	Ohne Angst zum Arzt:
                                                        Teddyklinik im Kornhaus

 Titelbild:
 Die Fakultät für Ingenieurwis-
 senschaften, Informatik und
 Psychologie feierte im Juni
 ihr 25-jähriges Bestehen

 Grafik:
 Sabine Geller/kiz

uni ulm intern 333/August 2015
Uniulm intern - Universität Ulm
Foto: XXXXXXXXXXXXXXX
Foto: Thomas Suurland/Bosch

                                          48. Jahrestag mit Antrittsvorlesungen und Festakt

                                          Uni-Geburtstag im Zeichen
                                          der Mobilität der Zukunft
Uniulm intern - Universität Ulm
Jahrestag | 5

Im 48. Jahr nach ihrer Gründung präsentiert sich

                                                                                                                                                  Fotos: Eberhardt/kiz
die Universität Ulm als forschungsstarke Hoch-
schule mit exzellenten Zukunftsperspektiven.
Zum Uni-Geburtstag gratulierte unter anderem
Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäfts-
führung der Robert Bosch GmbH, mit einem
Vortrag zur Mobilität im Wandel.

Mitte Juli wurden die Erfolge der letzten Monate
beim Jahrestag gefeiert – mit Antrittsvorlesun-
gen und einem Festakt. In seiner Begrüßung
hatte Universitätspräsident Professor Karl Joa-
chim Ebeling einige Rekorde zu vermelden: 2014
sind die Drittmittel auf 99,7 Millionen Euro
gestiegen (2013: 86,5 Millionen Euro) und
gleichzeitig erreichten die Studierendenzahlen
einen Höchststand von über 10 300. Gemäß
einer Publikationsanalyse des Medienkonzerns
Thomson Reuters gehören zudem mehrere der
weltweit einflussreichsten Wissenschaftler ihres
jeweiligen Fachgebiets der Uni Ulm an – allen
voran der Leukämieforscher Professor Hartmut
Döhner, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik   sitzender der Geschäftsführung der Robert           Protagonisten beim Festakt:
für Innere Medizin III, Physikprofessor Fedor        Bosch GmbH, im Zentrum der Nachmittagsver-          1. Reihe (v.l.): Hans Hengartner, Vor-
                                                                                                         sitzender der Ulmer Universitätsge-
Jelezko sowie Heiko Braak, der als Seniorprofes-     anstaltung. Das Thema: „Mobilität im Wandel“.       sellschaft, mit den Promotionspreis-
sor an der Uniklinik für Neurologie forscht.                                                             trägern Dr. John Kauffman, Dr. Malte
                                                     Der promovierte Physiker machte klar: Die Elekt-    Steiner, Dr. Vera Gramich, Dr. Florian
Der Universität, die kürzlich den Titel „beste       rifizierung des Antriebs kommt. Daran werden        Schaub und dem Vorsitzenden der
junge Uni Deutschlands“ im Ranking „THE 100          auch die aktuell niedrigen Rohölpreise nichts       Geschäftsführung der Robert Bosch
                                                                                                         GmbH, Dr. Volkmar Denner
Under 50“ verteidigen konnte, eng verbunden          ändern. Bosch rechnet damit, dass im Jahr 2025
                                                                                                         2. Reihe (v.l.): Promotionspreisträger
sind die ebenfalls gelisteten Professoren Jürgen     rund 15 Prozent aller weltweit produzierten Nutz-   Dr. Lisa-Katharina Maier, Dr. Stephan
Garche (ehemals Zentrum für Sonnenenergie-           fahrzeuge mindestens einen Hybridantrieb            Fackler, Dr. Stefan Pfattheicher, Dr.
und Wasserstoffforschung/ZSW, Seniorprofes-          haben. In Europa wird dann sogar mehr als ein       Johannes Rausch und Universitäts-
                                                                                                         präsident Prof. Karl Joachim Ebeling
sor Uni Ulm) und Bruno Scrosati vom Helmholtz-       Drittel aller Neuwagen zumindest teilelektrisch
Institut Ulm für elektrochemische Energiespei-       angetrieben. Bis es so weit ist, müsse vor allem
cherung (HIU), Honorarprofessor an der Univer-       die Batterietechnologie weiterentwickelt wer-
sität. Als Herausforderungen und Zukunftspers-       den. Denner, der in der Bosch-Geschäftsführung
pektiven nannte Ebeling die Profilierung durch       auch Forschung und Vorausentwicklung verant-
Forschungsstärke – vor allem in den bereits          wortet, erwartet, dass Energiespeicher bis
exzellenten Bereichen Batterietechnologien,          2020 bei doppelter Energiedichte nur noch
Bioquantensysteme und automatisiertes Fah-           halb so viel kosten werden wie heute. „Das
ren. Dazu kommen die vor einigen Monaten
durch einen Sonderforschungsbereich geadelte
Traumaforschung sowie die wissenschaftliche                                          Das vernetzte Elektroauto ist
Arbeit in der Hämatologie/Onkologie und Neuro-                                          das beste Elektroauto
logie.
                                                     vernetzte Elektroauto ist das beste Elektroau-
„In Zukunft gilt es, außeruniversitäre Forschung
                                                     to“, sagte der Festredner. Allerdings sei das
in Ulm zu fördern – insbesondere in der Medizin
                                                     Laden aktuell noch kompliziert: Als Lösung
– und sich für die Fortsetzung der Exzellenziniti-
                                                     bietet „Bosch Software Innovations“ eine App
ative des Bundes und der Länder zu positionie-
                                                     an, die das Buchen und Bezahlen an Ladesäu-
ren“, sagte der Präsident. Weiterhin nannte er
                                                     len verschiedener Anbieter entscheidend ver-
den strategischen Ausbau internationaler Part-
                                                     einfacht. Neben der Alltagstauglichkeit spielen
nerschaften als Ziel. Es war Ebelings letzter Jah-
                                                     laut Denner auch Emotionen und Fahrspaß eine
restag als Universitätspräsident.
                                                     wesentliche Rolle bei der Elektromobilität. Er
Neben der Verleihung der Promotionspreise            verwies auf das erfolgreiche Geschäft mit
stand ein Vortrag von Dr. Volkmar Denner, Vor-       eBike-Antrieben („Das eBike ist das erfolg-

uni ulm intern 333/August 2015
Uniulm intern - Universität Ulm
6 | Campus

                               reichste Elektrofahrzeug in der Europäischen        John Gabriel Kauffman und der Psychologe Dr.
                               Union“), durch das ein vermeintlich gesetzter       Stefan Pfattheicher ausgezeichnet. Dazu kamen
                               Markt völlig neu definiert wurde. Er betonte,       Promotionspreise für Dr. Stephan Fackler (Fakul-
                               dass es mit dem Elektroauto – unter Mitwirkung      tät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaf-
                               von Bosch – ähnlich laufen könnte.                  ten) sowie für die Naturwissenschaftlerinnen Dr.
                                                                                   Vera Gramich und Dr. Lisa-Katharina Maier. Für
                               Zuvor hatte Hans Hengartner, Vorsitzender der
                                                                                   seine numerischen Untersuchungen zum Frak-
                               Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG), acht Pro-
                                                                                   turheilungsverlauf wurde Dr. Malte Steiner
                               motionspreise à 1500 Euro verliehen. Dr. Florian
                                                                                   ebenso ausgezeichnet wie sein Fakultätskolle-
                               Schaub, der am Institut für Medieninformatik
                                                                                   ge, der Mediziner Dr. Johannes Rausch.
                               promoviert hat, stellte seine Arbeit exempla-
                               risch vor. Thema der Dissertation ist die dynami-   Am Morgen hatten sich mit Professorin Simone
                               sche Privatsphären-Anpassung beim Ubiqui-           Sommer, Professor Frank Kargl und Professor
                               tous Computing, bei dem physische und virtuel-      Meinrad Beer drei Forscherpersönlichkeiten mit
Dr. Volkmar Denner
                               le Welten verschwimmen. Inzwischen forscht          Antrittsvorlesungen vorgestellt. Die Themen
                               Schaub an der renommierten US-Universität           reichten vom gläsernen Autofahrer bis zu Rönt-
                               Carnegie Mellon unter anderem über die „Daten-      gens Erben. Alle Vortragenden waren von ihren
                               sammelwut“ von Apps. Von der Fakultät für           Dekaninnen und Dekanen vorgestellt worden.
                               Ingenieurwissenschaften, Informatik und Psy-        Ein Ensemble des Uni-Orchesters begleitete
                               chologie wurden weiterhin der Ingenieur Dr.         den Jahrestag musikalisch.              ab/eb

Antrittsvorlesung Prof. Frank Kargl

Das Elektrofahrzeug als Datenkrake
Das Auto wird immer mehr zum

                                                                                                                                          Foto: Pressebild, Archiv Bosch
rollenden Computernetzwerk

                               Schöne neue Autowelt: Schon längst sind             Verkehrsteilnehmern Kontakt aufnehmen und
                               Fahrzeuge keine mechanischen Fortbewe-              sogar Ampeln zum Umschalten bringen. Doch
                               gungsmittel mehr, sondern rollende Compu-           der zunehmende Datenaustausch hat eine
                               ternetzwerke. Sie werden nicht nur im Inneren       Kehrseite: Um die Privatsphäre des „gläsernen
                               immer intelligenter und vernetzter, sondern         Autofahrers“ drehte sich die Antrittsvorlesung
                               kommunizieren auch mit ihrer Umwelt. Künftig        von Professor Frank Kargl beim Jahrestag.
                               könnten sich beispielsweise Rettungswagen           Denn die Vernetzung birgt durchaus Gefahren:
                               nicht mehr nur per Sirene ankündigen, son-          Der Leiter des Instituts für Verteilte Systeme
                               dern zusätzlich über Funkmodule mit weiteren        zitierte eine US-Studie, wonach Hacker einen

                                                                                                         uni ulm intern 333/August 2015
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Jahrestag | 7

                      Jeep über dessen Internetanbindung manipu-

                                                                                                                                                                                  Foto: Eberhardt/kiz
                                                                                                                         Foto: Kargl
                      lieren und beispielsweise die Bremsen
                      abschalten konnten. „Auf der einen Seite
                      möchten viele Autofahrer personalisierte
                      Dienste nutzen, und auf der anderen Seite
                      haben sie Angst vor Datendieben und dem
                      Verlust ihrer Privatsphäre“, verdeutlichte der
                      Informatiker das Dilemma.

                      Am Beispiel Elektromobilität erklärte der Pro-
                      dekan der Fakultät für Ingenieurwissenschaf-
                      ten, Informatik und Psychologie, dass Nutzer-
                      komfort und Privatheit keine Gegensätze sein                                                                       Zur Person
                      müssen. Das Szenario: Halterinnen und Halter                                                                       Frank Kargl (Jahrgang 1972) lei-
                      eines Elektroautos melden sich an jeder Lade-                                                                      tet seit 2012 das Institut für
                      säule für den Bezahlvorgang an, weshalb Fahr-                                                                      verteilte Systeme. Als er in den
                      zeuge geortet und bei relativ häufigen Lade-                                                                       90er-Jahre an der Uni Ulm Infor-
                      vorgängen detaillierte Bewegungsprofile                                                                            matik studierte, steckte das
                      erstellt werden können. Die Systembetreiber                                                                        Internet noch in den Kinder-
                      erhalten so viele Informationen über unser                                                                         schuhen. Doch schon damals
                      Mobilitätsverhalten: wann wir im Urlaub sind                                                                       beschäftigte er sich mit dem
                      oder welche Krankenhäuser wir besuchen –                                                                           Datenschutz im Netz, entwi-
                      eine Einladung zum Missbrauch. Um dies zu                                                                          ckelte das erste Online-Ban-
                      verhindern, haben Forscher um Kargl das                                                                            king-System Deutschlands und
                      zugrunde liegende Protokoll des Normierungs-     Mit solchen Modellfahrzeugen wurde das POPCORN-                   gründete mit Freunden das
                      gremiums ISO so umgebaut, dass es keine          Protokoll getestet
                                                                                                                                         Startup arago, spezialisiert auf
                      unnötigen Informationen mehr herausgibt:                                                                           IT- und Sicherheitsfragen im
                      Nutzer können also anonym aufladen, den-                                                                           Finanzbereich. Nach Promotion
                      noch laufen Anmeldung und Bezahlung voll-        von uns durchgeführte Sicherheitsbeweis hat                       und Habilitation (2009) an der
                      ständig automatisch ab – eine zusätzliche        gezeigt: Komfortabel nutzbare Internetdienste                     Uni Ulm forschte der Familien-
                      Zahlinstanz und Unterschriften per „Gruppen-     sind technisch möglich, ohne die Privatsphäre                     vater im niederländischen
                      signatur“ machen es möglich. Nur wenn es         zu verletzen. Inzwischen hat die ISO-Gruppe                       Twente, kehrte jedoch bald
                      dabei zu Unregelmäßigkeiten kommt, wird der      unsere Vorschläge akzeptiert und teilweise                        nach Ulm zurück. Seit 2013 ist
                      Klarname des Anwenders aufgedeckt. „Der          umgesetzt“, sagte der Professor.          ab                     Frank Kargl zudem Prodekan
                                                                                                                                         seiner Fakultät.             ab
Foto: Eberhardt/kiz

                                                                                                                                       Die Antrittsvorlesungen beim Jahres-
                                                                                                                                       tag 2015 hielten Prof. Simone Som-
                                                                                                                                       mer (1. Reihe ganz links), Prof. Frank
                                                                                                                                       Kargl (2. Reihe, 2.v.l.) und Prof. Mein-
                                                                                                                                       rad Beer (1. Reihe ganz rechts), flan-
                                                                                                                                       kiert von den Dekanen Prof. Joachim
                                                                                                                                       Ankerhold (2. Reihe ganz links), Prof.
                                                                                                                                       Tina Seufert (1. Reihe 2.v.r.) und Prof.
                                                                                                                                       Thomas Wirth (2. Reihe ganz rechts)
                                                                                                                                       sowie vom Universitätspräsidenten
                                                                                                                                       Prof. Karl Joachim Ebeling (1. Reihe
                                                                                                                                       2.v.l.)

                      uni ulm intern 333/August 2015
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                Antrittsvorlesung Prof. Meinrad Beer

                Röntgens Erben setzen auf Hybridtechnik
                Hybrid-Operationssaal in der

                                                                                                                                                               Foto: Uniklinik Ulm
                Uniklinik Ulm

                                                  Vor rund 120 Jahren entdeckte Wilhelm Conrad          In der Antrittsvorlesung durfte natürlich auch die
Foto: Wolfson

                                                  Röntgen die nach ihm benannten Strahlen. Seit-        Magnetresonanztomographie (MRT) nicht feh-
                                                  dem hat sich in der Radiologie viel getan. Bei        len: Dabei machen sich Radiologen das Verhal-
                                                  seiner Antrittsvorlesung am Jahrestag der Uni-        ten von Wasserstoffatomen in einem starken
                                                  versität Ulm schickte Professor Meinrad Beer,         Magnetfeld zunutze, um so Organe und Weich-
                                                  Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Dia-   teile besonders gut abzubilden. Professor Beer
                                                  gnostische und Interventionelle Radiologie, sein      und seine Kollegen wenden das Verfahren
                                                  Publikum auf eine Zeitreise. Noch in den 1970er-      zudem für die Erstellung metabolischer Landkar-
                                                  Jahren haben „Röntgens Erben“ mit viel Chemie         ten an und hoffen, schon bald in einzelne Mole-
                                                  gearbeitet, um ihre Bilder zu entwickeln. Inzwi-      küle schauen zu können. Und auch das gute alte
                                                  schen ist die Digitalisierung weit vorangeschrit-     Ultraschallgerät hat weiterhin seine Berechti-
                                                  ten: „Aufnahmen aus dem Körperinneren                 gung: In einer Körperregion wird ein Impuls
                                                  bekommen wir schon lange direkt auf den Com-          gesetzt und geschaut, wie er sich ausbreitet und
                                                  puterbildschirm. Dank mobiler Endgeräte kön-          im Gewebe reflektiert wird. In den letzten zwei
                 Zur Person
                                                  nen wir Befunde so am Patientenbett erklären          Jahrzehnten haben außerdem minimalinvasive
                 Prof. Meinrad Beer (Jahrgang     und besprechen“, beschrieb Beer, der sein             radiologische Verfahren zur Behandlung akuter
                 1968) ist seit 2013 Ärztlicher   Handwerk am Entdeckungsort der Röntgenstrah-          und chronischer Erkrankungen an Bedeutung
                 Direktor der Ulmer Universi-     len in Würzburg gelernt hat. Bereits der Unter-       gewonnen.
                 tatsklinik fur Diagnostische     schied zwischen einem konventionellen und
                                                                                                        Die Zukunft gehört ganz klar der Hybridtechnik,
                 und Interventionelle Radiolo-    einem digitalen Röntgenbild verblüffte das Pub-
                                                                                                        bei der Untersuchungs- und Behandlungsmetho-
                 gie. Nach 15 Jahren an der       likum beim Jahrestag.
                                                                                                        den kombiniert werden: Mit bildgebenden Ver-
                 Universitätsklinik Würzburg
                                                  „Mittlerweile hat die Computertomographie das         fahren lassen sich im Operationssaal kleinste
                 war Beer zuletzt Chefarzt der
                                                  Röntgen auf die Spitze getrieben“, sagte der          Strukturen wie Metastasen darstellen – und
                 Klinischen Abteilung für Kin-
                                                  Mediziner. Bei einer Untersuchung im CT entste-       minimalinvasiv entfernen. Kurzum: „Die Radiolo-
                 derradiologie an der Medizi-
                                                  hen bekanntlich hunderte Schnittbilder, die am        gie wird immer molekularer, immer sanfter und
                 nischen Universität Graz. Für
                                                  Computer zusammengesetzt werden. Jetzt ist            interdisziplinärer“, sagte Beer beim Jahrestag.
                 die neue Herausforderung ist
                                                  aus dieser Bildgebung sogar eine echte Volu-          Als Herausforderungen sieht er die Weiterent-
                 der gebürtige Regensburger
                                                  menmethode geworden: Liegt der Patient einmal         wicklung der Hybridverfahren, eine europaweite
                 mit seiner Familie nach Ulm
                                                  in der „Röhre“, wird blitzschnell ein Datenvolu-      Harmonisierung der Ausbildung und zudem die
                 gezogen.                   ab
                                                  men erzeugt, aus dem sich Schnitte in allen           zunehmende Digitalisierung mit einem freien
                                                  Raumebenen darstellen lassen.                         Austausch von Bilddaten weltweit.           ab

                                                                                                                              uni ulm intern 333/August 2015
Uniulm intern - Universität Ulm
Jahrestag | 9

                                 Antrittsvorlesung Prof. Simone Sommer

                                 Lemuren, Geparde und Stadtmäuse
                                 beim Gesundheitscheck
                                 Seit Anfang 2014 leitet Professorin Simone Sommer das Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik der Uni Ulm. In ihrer
                                 Antrittsvorlesung beim Jahrestag hat die Biologin erläutert, was Geparde, Lemuren und Kleinsäuger im Botanischen Garten verbindet.
                                 Kurzum: Sie verdeutlichte das Konzept Ecohealth und erklärte, inwiefern Umweltveränderungen die Fitness von Lebewesen beeinflussen.

                                 Frau Prof. Sommer, in Ihrer Antrittsvorlesung      dass das Töten assoziierter Arten – beispielswei-
                                 geht es um „Ecohealth“. Was verbirgt sich hinter   se von Fledermäusen während der Ebola-Epide-
                                 diesem Begriff?                                    mie – Zoonosen nicht verhindert. Nur durch
                                 Sommer: „Ecohealth ist ein gemeinsames Kon-        Umweltschutz und damit verbundene Ökosys-
                                 zept der Biologie und Medizin. Der Begriff         temfunktionen kann die Gesundheit von Tier und
                                 beschreibt, wie aufgrund von Umweltverände-        Mensch langfristig gewährleistet werden.
                                 rungen die Gesundheit von Tier und Mensch
                                 beeinflusst wird. Mit solchen Veränderungen        Wie beeinflussen denn nun Umweltveränderun-
                                 verbunden sind natürlich auch der Verlust der      gen die Gesundheit von Tier und Mensch?
                                 Biodiversität und der genetischen Variabilität,    „Da gibt es verschiedene Szenarien: Wird zum
                                 Veränderungen der Artenhäufigkeit und somit        Beispiel ein Waldgebiet durch Abholzung zer-
                                 der Kontaktwahrscheinlichkeit unter den Lebe-      schnitten, können sich die Bewohner nicht mehr
                                 wesen. Das arten- und länderübergreifende Kon-     frei verpaaren – mit negativen Auswirkungen auf
                                 zept umfasst zudem sogenannte Zoonosen.            die genetische Variabilität und Immunabwehr
                                 Dabei handelt es sich um Krankheiten, die die      der Tiere. Ein anderes Beispiel ist die veränderte
                                 Artengrenze zwischen Tier und Mensch über-         Landnutzung – etwa in Namibia durch Rinderfar-
                                 schreiten wie MERS, HIV, Ebola oder auch die       men im ursprünglichen Wildtierlebensraum.
                                 Masern. Am Institut für Evolutionsökologie und     Tiere, die auf engem Raum zusammenleben, und
                                 Naturschutzgenomik erforschen wir in Koopera-      Menschen haben vermehrt Kontakt, was die
                                 tion mit Medizinern Mechanismen, die der           Infektionswahrscheinlichkeit mit Krankheitser-
                                 erhöhten Mutationsrate der Krankheitserreger       regern und Parasiten beeinflusst. Hingegen kön-
                                 zugrunde liegen und so die Entstehung von Zoo-     nen sogenannte Game Farms für Jagd- und Öko-
                                 nosen begünstigen. Wir möchten verdeutlichen,      touristen gleichzeitig Einkommensquellen für
Foto: Maggy Meyer/shutterstock

                                                                                                                                         Das Konzept Ecohealth ist auf alle
                                                                                                                                         Tiere anwendbar – vom afrikani-
                                                                                                                                         schen Raubtier bis zum Kleinsäuger
                                                                                                                                         im Botanischen Garten

                                 uni ulm intern 333/August 2015
Uniulm intern - Universität Ulm
10 | Campus

                                                        die Bevölkerung und Lebensraum für Wildtiere     Ihre Vorgängerin, Professorin Elisabeth Kalko,
Foto: Eberhardt/kiz

                                                        bieten. Das dritte Szenario dreht sich um den    stand für die Fledermausforschung. Worauf sind
                                                        Zusammenhang des Verlusts der Artendiver-        Sie spezialisiert?
                                                        sität mit Veränderungen der Artenhäufigkeiten    „Wie gesagt: Ecohealth ist ein allgemeingültiges
                                                        und der damit verbundenen Zunahme der            Konzept. Welche Art wir untersuchen ist zweit-
                                                        Infektionsrate: In diesem Fall greift nämlich    rangig – von madagassischen Lemuren über
                                                        der sogenannte Verdünnungseffekt nicht           Raubtiere in Namibia und Mäuse in Parkanlagen
                                                        mehr. Allerdings gibt es unter den Tieren auch   sind viele verschiedene Tierarten dabei, auch
                                                        Generalisten, die problemlos mit Umweltver-      Fledermäuse. Im Mittelpunkt eines neuen Pro-
                                                        änderungen fertig werden und sogar von           jekts stehen Flamingos im Mittelmeerraum, die
                                                        ihnen profitieren. Beispiele sind Waschbären     in teils durch Schwermetalle verdreckten Lagu-
                                                        und Füchse, die Großstädte erobern. Wichtige     nen brüten. Die Forschungsfrage lautet natür-
                                                        Marker für den Gesundheitscheck und die Fit-     lich: Wie wirkt sich dieser Lebensraum auf ihren
                                                        ness der Tiere sind der Wurm- und Virenbefall,   Gesundheitszustand aus?
                       Zur Person
                                                        die Zusammensetzung der Bakteriengemein-
                       Die     Biologie-Professorin     schaft im Darm sowie die Immungen-Variabili-     Für Ihre Doktorarbeit haben Sie im madagassi-
                       Simone Sommer (Jahrgang          tät.“                                            schen Trockenwald geforscht, danach Projekte
                       1967) promovierte an der Uni-                                                     in Brasilien, Südostasien und im südlichen Afri-
                       versität Tübingen über die       Und welche Methoden wenden Sie bei Ihrer         ka geleitet und später gemeinsam mit Ulmer
                       Populationsökologie       und    Forschung an?                                    Wissenschaftlern das Fledermaus- und Klein-
                       -genetik    madagassischer       „Am Institut kombinieren wir Feld- und Labor-    säuger-Projekt in Panama angestoßen. Wie viele
                       Springratten. Habilitiert hat    arbeit. Vor Ort werden Wildtiere in Lebendfal-   Wochen im Semester sind Sie heute noch zu
                       sie sich 2004 an der Universi-   len gefangen, um Proben zu nehmen und sie        Forschungszwecken im Feld?
                       tät Hamburg und hatte ab         gegebenenfalls zu markieren. Im Labor findet     „Leider nicht mehr besonders häufig – ich bin
                       2006 eine außerplanmäßige        dann ein Gesundheitsscreening statt. Wir         mit den Aufgaben einer Institutsleiterin sehr
                       Professur in Potsdam inne.       untersuchen zum Beispiel Kotproben mit klas-     eingespannt. Dafür habe ich aber hervorragende
                       Zudem leitete die Mutter         sischer Mikroskopie auf Wurmbefall, beson-       Doktoranden und Postdocs, die selbst im Feld
                       einer Tochter die Forscher-      ders mit sogenannten Helminthen, die offen-      forschen und Proben für unsere Projekte sam-
                       gruppe Evolutionäre Genetik      bar das Immunsystem schwächen. Dazu              meln. Aber Ecohealth-Forschung kann man
                       am Berliner Leibniz-Institut     kommt eine Analyse des Mikrobioms, also der      natürlich auch an Kleinsäugern im Botanischen
                       für Zoo- und Wildtierfor-        bakteriellen Darmflora. Um den Zusammen-         Garten betreiben – dort betreue ich studenti-
                       schung. 2013 lehnte Simone       hang zwischen Würmern und Bakterien sowie        sche Projekte.“                            ab
                       Sommer den Ruf auf eine          Vireninfektionen zu untersuchen, setzen wir
                       W3-Professur für Molekulare      auf neueste Sequenzierungsmethoden, das
                       Ökologie und Evolution in        sogenannte Next Generation Sequencing.
                       Potsdam ab, und nahm den         Zudem analysieren wir die Immungen-Variabi-

                                                                                                                                                                    Foto: Dr. Thomas Püttker
                       Ruf an die Universität Ulm an.   lität der Tiere mit diesen neuen Hochdurch-
                       Sie ist seitdem Leiterin des     satzsequenziertechnologien. Der Immunkom-
                       Instituts für Experimentelle     plex MHC hat sich nämlich als sehr guter
                       Ökologie, das sie in „Institut   Marker für den Gesundheitszustand heraus-
                       für Evolutionsökologie und       gestellt: Offenbar besteht ein Zusammenhang
                       Naturschutzgenomik“ umbe-        zwischen immungenetischer Variabilität und
                       nannte.                    ab   dem Parasiten- und Pathogenbefall, der wie-
                                                        derum Hinweise auf die Fitness gibt.

                                                        Für diese Forschung haben wir unser ,Conser-
                                                        vation Genomics-Labor‘ an der Uni Ulm einge-
                                                        richtet. Geht es darum, wie sich ein Erreger
                                                        und die Immungene seines Wirts im Laufe der
                                                        Jahre verändern, kooperieren wir auch mit
                                                        Professor Christian Drosten aus Bonn, der
                                                        kürzlich als SARS- und MERS-Experte sehr
                                                        gefragt war. Durch gemeinsame interdiszipli-
                                                        näre Ansätze können wir Mechanismen der
                                                        Zunahme und Diversifizierung von Krankheits-
                                                        erregern im Wildtierreservoir verstehen.“        Brasilianischer Beutler

                                                                                                                                   uni ulm intern 333/August 2015
Jahrestag | 11

Promotionspreisträger Dr. Florian Schaub

Mit Privacy-Forschung über den Atlantik
und in die Schlagzeilen
Spiegel Online, CNN und das ZDF: Das Medienecho      der Bildschirminhalt den anwesenden Personen

                                                                                                                                                 Foto: Eberhardt/kiz
war riesig, als Florian Schaub und seine Forscher-   und ihren Privatsphäre-Präferenzen anpasst. Das
kollegen 2011 eine Sicherheitslücke in Googles       Ergebnis der dreiwöchigen Feldstudie, für die
Smartphone-Betriebssystem Android aufdeckten.        Schaub ganz schön viele Kabel verlegen und Sen-
Inzwischen forscht der Medieninformatiker in den     soren installieren musste: Die dynamische Privat-
USA und ist den Themen Privatheit und Daten-         sphäre-Adaptation wird von Nutzern akzeptiert
schutz treu geblieben. Zum Jahrestag der Univer-     und unterstützt sie bei der Kontrolle ihrer Daten.
sität Ulm ist er an seine Alma Mater zurückge-
                                                     „Bereits in der Endphase meiner Doktorarbeit
kehrt und wurde wie sieben weitere Nachwuchs-
                                                     wurde mir eine Postdoktorandenstelle in einer
wissenschaftler mit einem Promotionspreis der
                                                     der führenden Forschergruppen im Bereich Priva-
Ulmer Universitätsgesellschaft (UUG) über 1500
                                                     cy an der Carnegie Mellon University in den USA
Euro ausgezeichnet. Seine Doktorarbeit zur dyna-
                                                     angeboten. Ich musste also einige Nachtschich-
mischen Privatsphären-Anpassung im Internet                                                               Dr. Florian Schaub
                                                     ten einlegen, um meine Arbeit rechtzeitig Ende
der Dinge („Ubiquitous Computing“) stellte
                                                     Dezember 2013 abzuschließen.“ Der Schritt über
Schaub stellvertretend für die Preisträger vor.
                                                     den Atlantik hat sich offenbar gelohnt, denn
Beim sogenannten Ubiquitous Computing ver-
                                                     schon wieder haben Florian Schaub und seine
schwimmen physische und virtuelle Welten:
                                                     Kollegen mit einer Studie zur „Datensammelwut“
Rechner sind in den Alltag integriert und mitein-
                                                     von Smartphone-Apps Schlagzeilen gemacht –
ander vernetzt. Ein Beispiel ist das mit Sensoren                                                                 QR-Code: Arbeiten
                                                     unter anderem im Wall Street Journal. Weiterhin              der anderen Promo-
und Kameras ausgestattete, smarte Haus, das                                                                       tionspreisträger
                                                     beschäftigt sich der gebürtige Hesse mit der Mög-
seinem Besitzer viele Annehmlichkeiten bietet –
                                                     lichkeit, Datenschutzbestimmungen auf Websei-
ihn beispielsweise warnt, wenn der Kühlschrank
                                                     ten verständlich für Nutzer zusammenzufassen.
fast leer ist, oder nach einem anstrengenden
                                                     Denn oft werden aus Zeitmangel oder Bequem-
Arbeitstag ein Bad vorbereitet. Dabei sammelt
                                                     lichkeit wichtige Informationen – zum Beispiel
das Computernetz allerdings mehr Informationen
                                                     zur Weitergabe von Mailadressen – übersehen.
über die Bewohner, als ihnen womöglich lieb ist
                                                     Der Medieninformatiker will übrigens nicht errei-
– über ihren Aufenthaltsort, Aktivitäten und Ver-                                                                  http://tinyurl.com/pxp7ugq
                                                     chen, dass Nutzer keine Daten mehr preisgeben.
haltensmuster.
                                                     Vielmehr sollen sie informierte Entscheidungen
Wie kann man Nutzern helfen, ihre Privatsphäre       treffen. Und wie hält es der Ulmer Absolvent
zu kontrollieren? Dieser Frage ging Dr. Florian      selbst mit Privatheit und Datenschutz? „Ich
Schaub in seiner Dissertation (Doktorvater: Prof.    mache mir schon Gedanken, was ich auf mein
Michael Weber) nach. „Die Informatik bietet hier     Smartphone lade. Von meinen eigenen Erfahrun-
gute technische Lösungen an, die jedoch nicht        gen lasse ich mich für meine Forschung inspirie-
immer den Kontext berücksichtigen. Dabei ist die     ren“, so Dr. Schaub.                          ab
dynamische Privatsphären-Anpassung ein hoch-
                                                                                                                                                Foto: pixabay

gradig interdisziplinäres Thema zwischen Psycho-
logie, Rechtsfragen und Mensch-Maschine-Inter-
aktion“, erklärt der 32-Jährige. Basierend auf
sozialpsychologischen Erkenntnissen hat er ein
Modell entwickelt, das dank verschiedener Erfas-
sungs- und Kommunikationsmöglichkeiten
erkennt, wenn sich der Kontext ändert. Daraufhin
macht es dem Nutzer individuelle Vorschläge für
die Anpassung der Privatsphären-Einstellungen
und „erlernt“ mit der Zeit die Vorlieben des
Anwenders. Am Institut für Medieninformatik hat
der Nachwuchsforscher das Modell anhand eines
Kalenderanzeigesystems getestet, bei dem sich

uni ulm intern 333/August 2015
12 | Campus

                                                         Benefizkonzert des Uni-Orchesters im Jubiläumsjahr
                                                                                                                 Wolf drei Stücke, die den sakralen Bau und dessen
Foto: Schellenberg

                                                                                                                 Atmosphäre würdigten. Anton Bruckners Komposi-
                                                                                                                 tion „locus iste“ ließ dann nicht nur die Instrumente
                                                                                                                 der Musiker, sondern – für das Publikum überra-
                                                                                                                 schend – auch ihre Stimmen erklingen. Das Stück
                                                                                                                 schrieb Bruckner nämlich für einen vierstimmigen
                                                                                                                 Chor zur Einweihung einer Votivkapelle in Linz. Mit
                                                                                                                 der Uraufführung des Stückes „Klangturm“ erkun-
                                                                                                                 deten die über 80 Musiker des Orchesters akustisch
                                                                                                                 die Architektur des Münsters. Die Komposition
                                                                                                                 stammt aus der Feder des Esslingers Frieder Kögel,
                      Das Ensemble des Uni-Orchesters    Und plötzlich singen sie! Inspiriert vom 125-jährigen   der sich von der Baugeschichte als auch vom
                      spielte zum Semesterabschluss im   Münsterjubiläum hat das Universitätsorchester ein       Gebäude selbst dazu inspirieren ließ. Das Haupt-
                      Münster
                                                         Benefizkonzert im Ulmer Münster zugunsten der           werk des Konzerts bildete Anton Bruckners Sinfonie
                                                         Musik am Münster gegeben. Anfang Juli spielte das       Nr.3 in d-Moll. Dieses Stück ist Richard Wagner
                                                         Ensemble aus Studierenden, Uni-Mitarbeitern und         gewidmet und wurde in dieser Fassung vor fast 125
                                                         Professoren unter der Leitung von Dirigent Burkhard     Jahren das erste Mal in Wien aufgeführt.         mb

                                                          Letzte Meldung
                                                          Prof. Michael Weber neuer Universitätspräsident
                                                          Diese letzte Meldung erreichte uns nach Redakti-       informatik. Seit 2010 ist der Informatiker gewähl-
Foto: Eberhardt/kiz

                                                          onsschluss und ist doch die wichtigste im Unima-       tes Mitglied im Senat für die Gruppe der Profes-
                                                          gazin: Professor Michael Weber, Leiter des Insti-      soren.
                                                          tuts für Medieninformatik, wird ab 1. Oktober
                                                                                                                 Die Wahl des Präsidenten vorbereitet hatte eine
                                                          neuer Präsident der Universität Ulm. Der 55-Jähri-
                                                                                                                 Findungskommission, die der Vorsitzende des
                                                          ge ist am 28. Juli in einer gemeinsamen Sitzung
                                                                                                                 Universitätsrats, Dr. Dieter Kurz, leitete. Die Stel-
                                                          des Universitätsrats und des Senats bereits im
                                                                                                                 le wurde im Dezember 2014 öffentlich ausge-
                                                          ersten Wahlgang gewählt worden (Senat: 11 Ja-
                                                                                                                 schrieben, woraufhin 15 Bewerbungen eingegan-
                                                          Stimmen, 4 Gegenstimmen, 4 Enthaltungen /
                                                                                                                 gen sind. Fünf Bewerber wurden zu Vorstellungs-
                                                          Unirat: 7 Ja-Stimmen, 1 Enthaltung). Professor
                                                                                                                 gesprächen eingeladen.
                                                          Weber dankte allen, die ihm das Vertrauen ausge-
                                                          sprochen haben, und fügte hinzu: „Wir haben eine       Die Findungskommission – bestehend aus
                                                          gute Universität, für die sich der Einsatz lohnt.“     jeweils drei Mitgliedern des Universitätsrats und
                                                                                                                 des Senats sowie einem Vertreter des Wissen-
                                                          Michael Weber forscht und lehrt seit mehr als 20
                                                                                                                 schaftsministeriums mit beratender Funktion –
                       Prof. Michael Weber
                                                          Jahren an der Universität Ulm. Seine Forschungs-
                                                                                                                 hat daraufhin einen Wahlvorschlag mit zwei
                                                          schwerpunkte sind allgegenwärtige Computer-
                                                                                                                 Namen erarbeitet, dem die Wissenschaftsminis-
                                                          systeme („Ubiquitous Computing“), die Mensch-
                                                                                                                 terin des Landes Baden-Württemberg, Theresia
                                                          Computer-Interaktion und adaptive multimodale
                                                                                                                 Bauer, zustimmte. Kurz vor dem Wahltermin zog
                                                          Systeme wie beispielsweise Lernspiele („Serious
                                                                                                                 eine Kandidatin ihre Bewerbung jedoch überra-
                                                          Games“).
                                                                                                                 schend zurück.
                                                          Darüber hinaus hat Michael Weber verschiedene
                                                                                                                 Professor Michael Weber war daher der einzige
                                                          Ämter ausgefüllt und so die Entwicklung der Uni-
                                                                                                                 Kandidat im Wahlverfahren und musste die
                                                          versität Ulm mitgestaltet: Als Dekan (2008-2010)
                                                                                                                 absolute Mehrheit jedes Wahlgremiums auf sich
                                                          und zuvor Prodekan der Fakultät für Ingenieur-
                                                                                                                 vereinen. Der scheidende Präsident, Professor
                                                          wissenschaften und Informatik wirkte er maß-
                                                                                                                 Ebeling, gratulierte seinem Nachfolger und
                                                          geblich bei der Einrichtung des Fachs Psycholo-
                                                                                                                 drückte seine Freude über dessen Wahl aus.
                                                          gie mit. In Webers Zeit als Studiendekan (1998–
                                                          2002) fielen unter anderem die erfolgreiche            In einer der nächsten Ausgaben von uni ulm
                                                          Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse          intern werden wir Professor Weber ausführlich
                                                          sowie die Einrichtung des Studiengangs Medien-         vorstellen.                               ab

                                                                                                                                          uni ulm intern 333/August 2015
Campus | 13

EU-Kommissar Günther Oettinger zu Besuch im IQST

„Ulm und Stuttgart spielen
gemeinsam in der ersten Liga“
Günther Oettinger, EU-Kommissar für digitale

                                                                                                                                           Foto: Eberhardt/kiz
Wirtschaft und Gesellschaft, war Mitte Juli zu
Gast an der Universität Ulm. Der ehemalige
Ministerpräsident des Landes besuchte das
„Zentrum für integrierte Quantenwissenschaft
und -technologie“ (IQST). Dort forschen Wis-
senschaftler der Universitäten Ulm und Stutt-
gart mit Fachkollegen des Stuttgarter Max-
Planck-Instituts für Festkörperforschung an
interdisziplinären Projekten der Quantenwis-
senschaften.

„Ich bin sehr froh, dass die Universitäten Ulm
und Stuttgart so eng zusammenarbeiten. Denn
die Konkurrenz sitzt nicht in Baden-Württemberg,
sondern in den USA und Asien“, so Oettinger. Mit
den beiden Standorten nehme das Land mittler-
                                                    rale Anwendungsfelder neben der Entwicklung        EU-Kommissar Günther Oettinger am
weile eine Spitzenstellung in diesem Hochtech-                                                         IQST
                                                    von Quantencomputern auch die Quantenkom-
nologiebereich ein und habe beträchtliche Erfol-
                                                    munikation und -sensorik, die durch Miniaturi-
ge vorzuweisen. Der gebürtige Schwabe sieht in
                                                    sierung auf dem Nano-Level möglich werde. Die
der Europäisierung des Quanten-Netzwerkes
                                                    internationale Wettbewerbsfähigkeit der For-
gute Chancen für die Zukunft. „Europa ist Spitze
                                                    schung zeige sich nicht nur an zahlreichen Wis-
in der Grundlagenforschung, doch die Früchte
                                                    senschaftspreisen und hochdotierten Förderpro-
ernten Firmen in den USA“, warnt der EU-Politiker
                                                    grammen, sondern auch an den bereits bewillig-
und spielt dabei auf Konzerne wie Google und
                                                    ten Millionengeldern, die für Bauvorhaben in
Apple an. „Wir brauchen eine starke Brücke für
                                                    Stuttgart und Ulm bereitstünden. So soll auf
den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und
                                                    dem Campus Oberer Eselsberg bis 2017 für 27         Kooperationspreis
Industrie“, mahnt der EU-Politiker.
                                                    Millionen Euro das neue Zentrum für Quanten-        Wissenschaft – Wirtschaft
Die Europäische Union werde die Wissenschaft        Biowissenschaften (ZQB) entstehen.
                                                                                                        Die Stiftung „Kooperation Wis-
dabei unterstützen. In der jetzigen Haushalts-
                                                    Beim anschließenden Laborrundgang konnten           senschaft – Wirtschaft“ zeich-
planung seien für 2017/18 insgesamt eine Milli-
                                                    sich die Gäste – darunter neben zahlreichen         net Mitglieder der Universität
arde Euro für die digitale Forschung vorgesehen.
                                                    universitären Amts- und Würdenträgern auch der      Ulm aus, die besonders erfolg-
„Ulm und Stuttgart haben hier beste Chancen“,
                                                    Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner, Vertreter       reich mit Unternehmensver-
so das Kommissionsmitglied. Oettinger fordert
                                                    aus dem Landeswissenschaftsministerium, der         tretern zusammenarbeiten. So
die Wissenschaftler auf, sich aktiv an der Mann-
                                                    Firma Bosch GmbH und der regionalen Medien          sollen anwendungsnahe For-
schaftsaufstellung zu beteiligen und auch die
                                                    – im Keller Eindrücke über die laufende wissen-     schung und Entwicklung
europäische Industrie bei der Verbundforschung
                                                    schaftliche Arbeit des Zentrums verschaffen.        gefördert werden. Der Preis ist
mit ins Boot zu holen.
                                                    Dort stellte Doktorand Thomas Unden in einem        mit 8000 Euro dotiert. Über
Was sich hinter dem Kürzel IQST eigentlich ver-     abgedunkelten, fensterlosen Raum, der nur vom       die Vergabe entscheiden der
steckt und welche globalen Herausforderungen        Licht grüner Laser beleuchtet war, ein Experi-      Universitätspräsident, die
mit der Quantentechnologie verbunden sind,          ment aus der Arbeitsgruppe von Professor Fedor      Dekane und der Vorsitzende
darüber hatte zuvor Professor Tilman Pfau           Jelezko (Institut für Quantenoptik) vor. Dabei      der Ulmer Universitätsgesell-
gesprochen. Der Leiter des 5. Physikalischen        geht es darum, bei Raumtemperatur einzelne          schaft (UUG). Bewerbungen
Instituts der Universität Stuttgart ist Sprecher    Atome in künstlichen Diamanten mit Hilfe elek­      sind an den Präsidenten der
des gemeinsamen Quantenforschungszentrums.          tromagnetischer Felder zu kontrollieren. Für den    Universität Ulm (Helmholtzstr.
„Die Gesetze der Quantenmechanik schaffen           EU-Kommissar war dies eine gute Gelegenheit,        16, 89081 Ulm) zu richten. Ein-
ganz neue Möglichkeiten der Informationsverar-      einmal den Kohlenstoffatomen beim Quanten-          sendeschluss ist der 5. Okto-
beitung“, sagt Pfau. Der Physiker nennt als zent-   sprung zuzuschauen.                          wt    ber.

uni ulm intern 333/August 2015
14 | Campus

Ulmer Doktorand war Auslöser für „Uni hilft“

Vom Krebsforscher zum Leukämiepatienten
und wieder zurück
Blutabnahme für eine Typisierung

                                                                                                                                             Foto: Eberhardt/kiz
bei der Aktion „Uni hilft“

                                   Stolze 244 Typisierungen verzeichneten die         (B-ALL). Innerhalb von wenigen Stunden war
                                   Organisatoren bei der fünften Auflage von „Uni     Fabian Mohr also vom Leukämieforscher zum
                                   hilft“ im Mai. Womöglich sind darunter poten-      Krebspatienten geworden. Seine Laborkolle-
                                   zielle Lebensretter: Bei den vergangenen Aktio-    gen waren auf einmal seine Ärzte – und die
                                   nen konnten immerhin 12 Stammzellspender           hatten keine guten Nachrichten für ihn. „Nach
                                   für Patienten mit Leukämien und anderen            zahlreichen Tests stand fest, dass ich zur Hoch-
                                   Krankheiten des blutbildenden Systems gefun-       risikogruppe gehöre und nach einer intensiven
                                   den werden. Auslöser für die erste Aktion 2011     Chemotherapie eine Knochenmarktransplanta-
                                   war die Blutkrebserkrankung des Ulmer Dokto-       tion benötige“, erinnert sich Mohr. Seine Kom-
                                   randen Fabian Mohr, der in diesen Tagen seine      militonen aus der Medizinischen Fakultät woll-
                                   Dissertation am Institut für Experimentelle        ten helfen, starteten Typisierungsaufrufe per
                                   Tumorforschung erfolgreich beendet hat. Seine      Rundmail und beschlossen schließlich in
                                   Geschichte zeigt: Wird für Leukämiepatienten       Zusammenarbeit mit der Deutschen Stamm-
                                   zeitnah ein passender Spender gefunden, kön-       zellspenderdatei Süd (DSSD), eine große Akti-
                                   nen sie nach der Therapie ein normales Leben       on an der Uni durchzuführen – „Uni hilft“.
                                   führen.
                                                                                      Doch als die ersten Freiwilligen im Mai 2011
                                   Blaue Flecken, Müdigkeit und vergrößerte           den berühmten „kleinen Pieks“ über sich erge-
                                   Lymphknoten. Der Molekularmediziner Fabian         hen ließen, durfte Fabian Mohr das Kranken-
                                   Mohr promovierte im Bereich Leukämiefor-           haus bereits verlassen. „Ich hatte großes
                                   schung als er diese Symptome bei sich fest-        Glück: Nur etwa zwei Wochen nachdem fest-
                                   stellte: „Ich hatte mich schon einige Monate       stand, dass ich eine Transplantation benötige,
                                   lang mit Blutkrebs befasst und diese körperli-     hatte man drei passende Spender für mich
                                   chen Veränderungen machten mir Sorgen“,            gefunden. Ich musste nur noch eine hochdo-
                                   erinnert sich Mohr. Die ärztliche Untersuchung     sierte Chemotherapie und eine intensive Ganz-
                                   in der Universitätsklinik für Innere Medizin III   körperbestrahlung für die Transplantation
                                   bestätigte den schrecklichen Verdacht: Der         überstehen. Der eigentliche Vorgang im April
                                   junge Mann litt an einer der tödlichsten Krank-    war unspektakulär und glich einer Bluttransfu-
                                   heiten, der Akuten Lymphatischen Leukämie          sion“, so der Molekularmediziner.

                                                                                                            uni ulm intern 333/August 2015
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Nachdem das Schlimmste überwunden war,                waren übrigens Juniorprofessor Vijay Rawat

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stand Fabian Mohr vor einer schwierigen Frage:        sowie Professor Hartmut Döhner, Ärztlicher
Sollte er, der Krebspatient, in die Leukämiefor-      Direktor der Klinik für Innere Medizin III und einer
schung zurückkehren? Durch die Krankheit war er       der führenden Leukämieforscher.
aus dem Fast-track-Programm für besonders leis-
                                                      Und noch eine Erfolgsmeldung: Ende des Jahres
tungsstarke Molekularmediziner gefallen, das
                                                      fällt Fabian Mohr aus der Krebsstatistik und gilt
eine frühzeitige Promotion ermöglicht, und
                                                      somit fünf Jahre nach der Diagnose als geheilt.
musste zunächst seinen Master abschließen.
                                                      Seine eigene Geschichte betrachtet er als bestes
Doch bereits im Januar 2012 nahm Mohr – zum
                                                      Beispiel für die personalisierte Medizin. „Immer
Erstaunen seiner Ärzte und Kollegen – die Arbeit
                                                      wenn bei mir neue Krebszellen gefunden worden
am Institut für Experimentelle Tumorforschung
                                                      sind, habe ich die für mich zusammengestellte
wieder auf („Nach einigen Wochen zu Hause
                                                      Therapie wiederaufgenommen“, so Mohr. Beden-
wurde es langweilig“). Konkret beschäftigt sich
                                                      ken einiger Kommilitonen von damals („Ich lasse
der heute 29-Jährige in seiner Dissertation mit
                                                      mich nicht typisieren, denn es ist so unwahr-
einem Gen, das eine Rolle im blutbildenden Sys-
                                                      scheinlich, dass ich der richtige Spender für
tem spielt. Ist es deaktiviert, steigt offenbar die                                                          Fabian Mohr
                                                      Fabian bin“) kann er nicht verstehen.
Wahrscheinlichkeit, an Blutkrebs zu erkranken.
Da Leukämie multifaktoriell bedingt ist, trägt        Mit ein paar Stammzellen, die aus dem Blut
jeder Baustein zu einem besseren Verständnis          oder dem Knochenmark entnommen werden,
der Krankheit bei. Im vergangenen Sommer durf-        kann vielleicht irgendwo auf der Welt ein
te der gebürtige Hesse sogar an der Nobelpreis-       Mensch gerettet werden. Wer sich typisieren
trägertagung in Lindau (wir berichteten) teilneh-     lassen möchte, kann sich jederzeit an die DSSD
men und dort die Internationale Graduierten-          Süd in Ulm wenden. Fabian Mohr steht inzwi-
schule für Molekulare Medizin vertreten – eine        schen wieder mitten im Leben: Bald fängt er in
Ehre, die nur den besten Nachwuchsforschern           einer Münchner Unternehmensberatung an und
zuteil wird. Kürzlich hat Fabian Mohr seine Dok-      wird sich dort um die Schwerpunkte Medika-
torarbeit verteidigt – nur drei Jahre nach der        mentenentwicklung und Biotechnologie küm-
Wiederaufnahme seiner Forschung. Betreuer             mern.                                       ab

 „Uni hilft“: Im 5. Jahr auf der Suche nach Lebensrettern
 In diesem Jahr haben die „Uni hilft“-Organisa-       Deutschland e. V. (bvmd), findet „Uni hilft“
 toren 244 Neu-Typisierungen und 254 Blut-            bundesweit an mehreren Uni-Standorten statt.
 spenden gezählt – entgegen des rückläufigen          Typisierungen für die Deutsche Stammzell-
 Trends fast genauso viele wie im Jahr zuvor. An      spenderdatei (DSSD Süd) sind am Institut für
 der Uni Ulm wird die Blutspende- und Typisie-        Klinische Transfusionsmedizin und Immunge-
 rungsaktion seit 2011 einmal im Jahr von Stu-        netik (IKT) (DRK-Blutspendedienst/Uniklinik
 dierenden der Fachschaften Medizin und               Ulm) möglich.
 Molekulare Medizin sowie Doktoranden der
 Medizinischen und Naturwissenschaftlichen
 Fakultät organisiert. Das Ziel der Aktion Mitte      Allgemeine Infos:
 Mai: Passende Stammzellspender für Leukä-            IKT Ulm: 0731-150-527,
 mie-Kranke finden. Bei den letzten vier „Uni         http://tinyurl.com/qdhwfrv
 hilft“-Aktionen in Ulm ließen sich insgesamt
 fast 1500 potenzielle Stammzellspender regis-        Spenden an „Uni hilft“:
 trieren. In zwölf Fällen konnte so dank „Uni         Begünstigter:
 hilft“ Leukämie-Kranken oder Patienten mit           ARGE KMSB g.e.V. Arbeitsgemeinschaft
 anderen Störungen des blutbildenden Sys-             der Knochenmarkspende
 tems geholfen werden. Die lebensrettenden            IBAN:
 Stammzellen werden vom Spender mit Hilfe             DE91 5007 0024 0723 6680 04
 eines Filterverfahrens aus dem Blut gewon-           Kreditinstitut:
 nen. Eine Operation zur Entnahme ist nicht           Deutsche Bank Frankfurt
 mehr nötig. Ins Leben gerufen von der Bundes-        Verwendungszweck
 vertretung der Medizinstudierenden in                (wichtig, bitte so angeben): Uni hilft        mb

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Lernen, Wohnen und Spielen auf dem Campus unter einem Dach

Spatenstich für Studierendenwohnhaus
mit Kinderkrippe
Vertreter der Uni und Stadt Ulm beim

                                                                                                                                                      Foto: Silke Schröder
Spatenstich für das neue Wohnheim-
gebäude: Auch Bürgermeisterin Iris
Mann, Universitätspräsident Prof.
Karl Joachim Ebeling, Wilmuth Lin-
denthal, Leiter des Amtes Vermögen
und Bau Baden-Württemberg (Mitte
v.l.), und Claus Kaiser, Geschäftsfüh-
rer Studierendenwerk (2.v.r.), halfen
tatkräftig

                                         Bald rücken die Baukräne wieder auf dem Esels-       Das neue Gebäude mit 88 Wohneinheiten
                                         berg an, denn Ende Juni wurde der erste Spaten-      unterschiedlicher Art soll hier weitere Abhilfe
                                         stich für das neue Studierendenwohnhaus              schaffen. Seine 3266 Quadratmeter Nutzflä-
                                         getan. Ab dem Sommersemester 2017 finden             che werden über Fernwärme mit Energie ver-
                                         hier 98 Studierende eine Unterkunft – ganz in        sorgt. Es entsteht südlich der beiden vorhan-
                                         der Nähe der Uni auf dem Campus Oberer Esels-        denen Studierendenwohnhäuser und wurde
                                         berg mit guter Anbindung an die Stadt. Im Erd-       wie diese vom Münchner Architekturbüro
                                         geschoss des Gebäudes wird es eine Krippe für        Bogevisch mit dem gleichen klaren Baustil als
                                         20 Kinder von Studierenden geben. Bauherr ist        Stahlbetonkonstruktion geplant. Das einfa-
                                         das Studierendenwerk Ulm, das die Kosten von         che, sich wiederholende Raster kann wirt-
                                         fast 10 Millionen Euro hauptsächlich aus Eigen-      schaftlich mit Fertigteilen gebaut werden. So
                                         mitteln, einem KfW-Kredit sowie einem Landes-        komplettiert das neue Gebäude die „Upper
                                         zuschuss in Höhe von 784 000 Euro bestreitet.        West Side“. Diese von Studierenden so
                                                                                              benannte Wohnanlage wurde 2014 für den
                                         Neuer Wohnraum – vor allem auf dem Campus –
                                                                                              renommierten Hugo-Häring-Architekturpreis
                                         wird dringend benötigt: Die Uni Ulm wächst und
                                                                                              nominiert.
                                         zählt mittlerweile über 10 000 Studierende. Viele
                                         von ihnen suchen ein Zimmer und trotz der beiden     Im Mittelpunkt des Gebäudekonzepts steht das
                                         2013 fertig gestellten Wohnhäuser auf dem Cam-       soziale Miteinander. Die Räume und Gänge
                                         pus, der neun weiteren Studierendenwohnheime         schließen sich um einen Innenhof. Dort werden
                                         im Stadtgebiet Ulm und der Vermittlung privater      den Krippenkindern ein Spielplatz und eine
                                         Zimmer, stehen regelmäßig zu Semesterbeginn          Sinneslandschaft zur Verfügung stehen. Für
                                         hunderte Studierende auf den Wartelisten des         Bürgermeisterin Iris Mann ist dies eine konse-
                                         Studierendenwerkes Ulm. Uninaher Wohnraum sei        quente Fortsetzung der bisherigen Arbeit des
                                         jedoch beim Werben um internationale Studieren-      Studierendenwerks für die Vereinbarkeit von
                                         de ein entscheidender strategischer Standortfak-     Familie und Beruf. Darüber hinaus können die
                                         tor, erklärte Universitätspräsident Professor Karl   Bewohner die Fitness-, Gemeinschafts- und
                                         Joachim Ebeling beim Spatenstich. Das Wohnen         Lernräume im Haus selbst oder der gesamten
                                         auf dem Campus sei in anderen Ländern normal.        Anlage nutzen.                Silke Schröder / mb

                                                                                                                     uni ulm intern 333/August 2015
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Promovierendenkonvent an der Uni Ulm

Ein offenes Ohr und praktische
Hilfe für Doktoranden
Doktorandinnen und Doktoranden der Universi-

                                                                                                                                                  Foto: Nadja Müller
tät Ulm haben den ersten Promovierendenkon-
vent des Landes gegründet. Die Vorstandsmit-
glieder wollen ihren Kommilitonen vor allem in
Ordnungsfragen und bei organisatorischen Din-
gen rund um die Promotion zur Seite stehen, sie
beispielsweise gegenüber Doktormutter oder
-vater vertreten. Das erste wichtige Projekt des
Vorstands ist die Mitarbeit an der Rahmenpro-
motionsordnung.

Was tun, wenn der Doktorvater die dringend
benötigte Rückmeldung zum Versuchsaufbau
verweigert? Oder das Promotionsvorhaben der
angehenden Medizinerin einfach fallen lässt? In
solchen Fällen verhindern oft Abhängigkeiten
eine direkte Aussprache. „Bisher hatten Dokto-
randen an der Uni keine Interessenvertreter.
Wer als Promotionsstudent eingeschrieben war,
wandte sich womöglich an die Studierendenver-         Das Problem an der Uni Ulm: Bisher sind Dokto-       Der Gründungsvorstand des landes-
tretung. Doch für viele Probleme – zum Beispiel       randinnen und Doktoranden nicht zentral              weit ersten Promovierendenkon-
die Promotionsordnung betreffend – gab es                                                                  vents (v.l.): Alexandra König, Maxi-
                                                      erfasst, was einen Austausch erschwert. Einge-
                                                                                                           milian Bonk, Michael Gentner, Ben-
keine Ansprechpartner“, umreißt Benjamin              schrieben sind rund 800 von ihnen, dazu kom-         jamin Menhorn, Juliane de Vries,
Menhorn die Ausgangslage. Deshalb hat der             men etliche Externe und internationale Promo-        Julius Gröne und Melina Klepsch
Doktorand am Institut für Eingebettete Syste-         vierende, die für eine begrenzte Zeit in Ulm sind.
me/Echtzeitsysteme mit Kommilitonen den               Ab sofort versucht der ProKo-Vorstand, diese
wohl ersten Promovierendenkonvent (ProKo)             Zielgruppe bei der Einschreibung über die Pro-
Baden-Württembergs ins Leben gerufen. Das             motionssekretariate zu erreichen. Außerdem
neue Landeshochschulgesetz (LHG) machte die           informieren sie über eine „Werbekampagne“ an
Gründung möglich.                                     der Uni, ihre Webseite und sie planen einen
                                                      Stammtisch: „Ich selbst promoviere in Mathe-
Der Konvent ist eine Plattform für alle, die an der
                                                      matik mit Anknüpfungspunkten zur Informatik.
Uni Ulm eine Promotion anstreben oder bereits
                                                      Womöglich arbeitet ein Informatiker oder eine
an ihrer Doktorarbeit schreiben. Die sieben Vor-
                                                      Informatikerin an einem verwandten Thema und
standsmitglieder wollen ihren Kommilitonen vor
                                                      wir könnten von einem Erfahrungsaustausch
allem in Ordnungsfragen und bei organisatori-
                                                      profitieren“, sagt etwa Michael Gentner, Vor-
schen Dingen rund um die Promotion zur Seite
                                                      standsmitglied des Promovierendenkonvents.
stehen, sie beispielsweise gegenüber Doktor-
mutter oder -vater vertreten und die Vernetzung
                                                      Fachspezifische Probleme lösen
untereinander vorantreiben. Zudem halten sie
                                                      Andere Fächer, andere Herausforderungen: Im
eine Liste mit Ansprechpartnern bereit – von der
                                                      siebenköpfigen Gründungsvorstand des Promo-
Gleichstellungsbeauftragten bis zur Schwerbe-
                                                      vierendenkonvents sind Doktoranden aller
hindertenvertretung.
                                                      Fakultäten und aus der Internationalen Graduier-
„Oft hilft es schon, ein Problem mit anderen          tenschule für Molekulare Medizin vertreten. Als
Doktoranden zu besprechen“, sagt Benjamin             angehender Arzt weiß etwa Maximilian Bonk,
Menhorn, dem sein kürzlich abgeschlossenes            welche Schwierigkeiten auf seine promovieren-
Fernstudium in Rechtswissenschaften bei Fra-          den Kommilitonen zukommen können: „In der
gen zur Promotionsordnung und sonstigen               Medizin laufen viele Doktorarbeiten neben dem
rechtlichen Hintergründen zugutekommt.                Studium ab. Dadurch ist nicht immer eindeutig,

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