ZFAZeitschrift für Allgemeinmedizin / German Journal of Family Medicine
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ZFA 5 I 2021 97. JAHRGANG Zeitschrift für Allgemeinmedizin / German Journal of Family Medicine Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung SEITE 195 Wenn Ärzt*innen auf internetinformierte Patienten treffen SEITE 210 30. Heidelberger Tag der Allgemeinmedizin SEITE 216 Entwicklung der Coronavirus-Epidemie SEITE 223 This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/LIVIVO.
HERAUSGEBENDE GESELLSCHAFTEN / PUBLISHING INSTITUTIONS ZFA Organ der/des ... / Official journal of the ... Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) German College of General Practitioners and Family Physicians Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA) Society of Professors and University Lecturers of Family Medicine Niederösterreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (NÖGAM) Lower Austrian Society of Family Medicine Österreichischen Instituts für Allgemeinmedizin (ÖIfAM) Austrian Institute of Family Medicine Salzburger Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (SAGAM) Salzburg Society of Family Medicine Steierischen Akademie für Allgemeinmedizin (STAFAM) Styrian College of Family Medicine Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM) Southern Tyrolean Society of Family Medicine Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (TGAM) Tyrolean Society of Family Medicine Vorarlberger Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (VGAM) Vorarlberg Society of Family Medicine Titelbildhinweis: Thomas Ledig © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
EDITORIAL / EDITORIAL 193 Wie gefährlich ist Gewichtszunahme nach Rauchstopp? Dass Rauchen zu einem der größten Gesundheitsrisiken zählt, ist eine Binsen- weisheit. Laut einer kürzlichen Aufstellung des Deutschen Krebsforschungs- zentrums sind bis zu 90 % aller Lungenkrebsfälle, aber auch die meisten Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs oder des kompletten Gastrointestinaltrakts auf das Rauchen zurückzuführen. Fast noch bedeutender ist die Verursachung kardio- und zerebrovaskulärer Krankheiten oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen. Die dauerhafte Nikotinentwöhnung bringt nicht nur einen gewaltigen Nut- zen bei der Risikoverminderung der erwähnten chronischen Erkrankungen, sondern auch einen eher unangenehmen, möglicherweise nicht ganz ungefähr- lichen Nebeneffekt: Gewichtszunahme. Untersuchungen von Millionen Studienteilnehmern erbrachten, dass ein Body Mass Index (BMI) zwischen 20 und 25 keine Auswirkungen auf die Gesamt- sterblichkeit hat. Jede weitere Erhöhung des BMI um Fünfer-Schritte jedoch erhöhte die Mortalität (alleine bei kardiovaskulären Erkrankungen bis zu 49 %, wobei Männer stärker betroffen waren als Frauen). Eine Metaanalyse britischer und französischer Wissenschaftler von 62 Studi- en zeigte, dass Abstinente 12 Monate nach Rauchstopp im Mittel 4–5 kg an Foto: Carla Rosendahl Gewicht zulegten. Wird die Nachverfolgung auf mehrere Jahre ausgedehnt, steigt das erreichte Gewicht noch weiter an. Wie gefährlich ist eine solche Gewichtszunahme? Die bisherigen Analysen haben sich meist nur auf kardio- vaskuläre Erkrankungen und Diabetes konzentriert; wie es mit den gesamt- gesundheitlichen Auswirkungen steht, blieb bislang relativ unklar. Australische Autoren haben jetzt etwas mehr Klarheit in diese Problematik gebracht. Sie interviewten 16.663 Personen über 18 Jahre (8082 Männer, 8581 Frauen; mittleres Alter 43,7 Jahre), die für die australische Bevölkerung reprä- sentativ waren (Antwortrate zwischen 66,5 und 74 %). Die Zeit zwischen Ent- zug und Befragung betrug bei über der Hälfte der Teilnehmer mehr als sechs Jahre. Die Gewichtszunahme betrug bei rund 25 % der Abstinenten zwischen 0,1 und 5,0 kg, bei 12 % zwischen 5,1 und 10 kg und bei 8,8 % über 10 kg. Beim Rest bleib das Gewicht entweder gleich (25 %) oder sank sogar (29 %). Verglichen mit denjenigen, die weiter rauchten verminderte sich das Risiko (Hazard Ratio) für den Tod bei allen Teilgruppen – und zwar • bei Personen, die trotz Nikotinentzug abgenommen hatten auf 0,50 (95%-Konfidenzintervall: 0,36–0,68), • bei Menschen, deren Gewicht gleich geblieben war auf 0,79 (95%-KI: 0,51–0,98), • bei Teilnehmern mit einer Gewichtszunahme zwischen 0,1 und 5,0 kg um 0,33 (95%-KI: 0,21–0,51), zwischen 5,1 und 10 kg um 0,24 (95%-KI: 0,11–0,53) und bei mehr als 10 kg Zunahme um 0,36 (95%-KI: 0,16–0,82). Die Autoren gehen dann auch noch auf einzelne Krankheitsentitäten ein: Die Ergebnisse lassen sich demnach auch auf kardiovaskuläre Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Krebs und COPD übertragen. Quintessenz: Abstinenzwillige Raucher mögen zwar im Hinblick auf die Zunahme ihres Gewichts Probleme mit ihrem Körperbild haben. Das Krank- heits- und Todesrisiko einer Gewichtszunahme nach Nikotinverzicht aber bleibt vernachlässigbar. Der Gewinn in Bezug auf die gewonnene Lebenszeit ist eindeutig: Positiv! Herzlich Ihr Michael M. Kochen © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
194 INHALTSANGABE / TABLE OF CONTENTS EDITORIAL / EDITORIAL Michael M. Kochen 193 Wie gefährlich ist Gewichtszunahme nach Rauchstopp? ORIGINALARBEIT / ORIGINAL ARTICLE Olga A. Sawicki, Angelina Müller, Anastasiya Glushan, Renate Klaaßen-Mielke, Ferdinand M. Gerlach, Martin Beyer, Kateryna Karimova 195 Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung in und außerhalb der HZV in Baden-Württemberg Influenza Vaccination Coverage in the Older Population In- and Outside Family Physician-Centered Health Care in Baden-Wuerttemberg DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE Anne Messemaker, Ulrike Sonntag, Miriam Schwär, Sabine Winkler, Daniela Mauer, Marischa Fast 200 Intensivierter Austausch statt „distancing“: Wie Zusammenarbeit überregional funktionieren kann Fostering Exchange Instead of “Distancing”: How to Cooperate Successfully Across Federal Borders ORIGINALARBEIT / ORIGINAL ARTICLE Simon Schwill, Lia Pauscher, Thomas Ledig, Katharina Dippel, Gregor Feldmeier, Bert Huenges, Lydia Roßkamp, Sophie-Anabelle Rösel, Marco Roos, Jost Steinhäuser, Ulrike Sonntag 204 Train-the-Trainer-Seminare für Weiterbildende an Kompetenzzentren Weiterbildung – ein bundesweiter Ist-Stand Train the Trainer-Courses for Family Medicine Trainers at Competence Centers – a Nationwide Current Status M. Alexander Graafen, Monika Sennekamp, Anne Messemaker 210 „Also, im Internet steht …“ – Wenn Ärztinnen und Ärzte auf internetinformierte Patienten treffen “Well, the Internet Says …” – Physicians Dealing with Internet-informed Patients Sandra Stengel, Annika Baldauf, Joachim Szecsenyi, Frank Peters-Klimm 216 30. Heidelberger Tag der Allgemeinmedizin – Hausarztpraxen und Universitätsabteilung gemeinsam 30. Heidelberg Day of Family Medicine – Family Practices and Department of University Hospital Together Levente Kriston 223 Entwicklung der Coronavirus-Epidemie in den deutschen Bundesländern bis Juli 2020 Development of the Coronavirus Epidemic in the German Federal States up to July 2020 DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE Franziska Särchen, Susanne Springborn 229 Telemedizin erlernen in der Hausarztpraxis Erfahrungen aus dem Fernpraktikum für Allgemeinmedizin Learning Telemedicine in a Family Practice Experiences of a Remote Medical Internship in Family Medicine KOMMENTAR/MEINUNG / COMMENTARY/OPINION Jörg Schelling, Kerstin Püllmann, Julia Nonnenmann 233 Wiederverwendung von FFP2-Masken in der Praxisrealität – ein Rückblick Re-Use of N95-Masks in Primary Care – a Retrospect 235 NACHRICHTEN AUS DER DEGAM UND IHRER STIFTUNG / NEWS FROM DEGAM AND ITS FOUNDATION 238 GHA-NACHRICHTEN / GHA NEWS 240 IMPRESSUM / IMPRINT © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
ORIGINALARBEIT / ORIGINAL ARTICLE 195 Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung in und außerhalb der HZV in Baden-Württemberg Influenza Vaccination Coverage in the Older Population In- and Outside Family Physician-Centered Health Care in Baden-Wuerttemberg Olga A. Sawicki1, Angelina Müller1, Anastasiya Glushan1, Renate Klaaßen-Mielke2, Ferdinand M. Gerlach1, Martin Beyer1, Kateryna Karimova1 Hintergrund Background Die ständige Impfkommission (STIKO) zählt ältere Menschen The standing committee on vaccination (STIKO) recommends ab 60 Jahren zu der Risikogruppe, die jährlich gegen die saison- that older persons are vaccinated against seasonal influenza ale Influenza geimpft werden sollte. Die Impfung gilt als wirk- because they are at higher risk of developing complications. samste Maßnahme zur Prävention der Influenza, insbesondere The vaccination is considered the most effective means of pre- um die Komplikationsrate zu senken und damit das Gesund- venting influenza, and especially of reducing the rate of com- heitssystem zu entlasten. Trotzdem bestehen in Deutschland plications and relieving the burden on the health system. deutliche Impfdefizite im höheren Lebensalter. Den Hausärz- Nevertheless, there is a significant vaccination deficit in higher ten kommt bei der Durchführung von Impfungen eine Schlüs- age groups. Family physicians play a key role in carrying out selstellung zu. Durch die kontinuierliche hausärztliche Betreu- vaccinations. By providing continuous health care, the family ung in dem Versorgungsmodell der hausarztzentrierten Ver- physician-centered health care model (HZV) can be expected sorgung (HZV) ist eine höhere Durchimpfungsrate zu erwar- to result in higher vaccination coverage. The aim of this study ten. Ziel dieser Arbeit ist es, die Auswirkungen der HZV in Ba- is to examine the effects of HZV in Baden-Wuerttemberg on den-Württemberg auf die Häufigkeiten von Influenza-Impfun- the frequency of influenza vaccinations in older insured per- gen bei älteren Versicherten zu untersuchen. sons. Methoden Methods Die Auswertung basiert auf Routinedaten der AOK Baden- The evaluation is based on routine data of persons over 65 Württemberg von Versicherten jenseits des 65. Lebensjahres. years of age provided by the AOK Baden-Wuerttemberg Versicherte in der HZV werden mit Versicherten in der Regel- healthcare fund. Persons receiving HZV are compared with in- versorgung verglichen. Es erfolgt eine längsschnittliche Analy- sured persons receiving usual care. A longitudinal analysis is se der Influenzasaisons 2011/12 bis 2017/18. Die Impfraten carried out for the influenza seasons from 2011/12 to werden deskriptiv und mittels multivariater Regressionsmodel- 2017/18. Vaccination rates are described both descriptively le zur Adjustierung wesentlicher Einflussfaktoren analysiert. and using multivariate regression models to adjust for signifi- Ergebnisse cant influencing variables. Über die betrachteten sieben Saisonjahre zeigte sich ein deut- Results licher Unterschied bei den Influenza-Impfraten der über There was a considerable difference in vaccination rates of over 65-Jährigen (n = 628.523) zugunsten der HZV mit einer unad- 65 years old persons (n = 628,523) in favor of HZV (unadjusted justierten Impfrate von 33–39 % versus 29–34 % in der Regel- vaccination rate 33–39 % versus 29–34 % in persons receiving versorgungsgruppe. Die adjustierten Differenzen zwischen usual care. Adjusted differences were 3–5 %. The overall trend den Gruppen lagen bei 3–5 %. Der Gesamttrend zeigt sich in both groups over the complete time of investigation was über den Untersuchungszeitraum sowohl in der HZV als auch slightly declining (OR 0.98). Baden-Wuerttemberg does not in der Regelversorgung mit einer OR 0,98 leicht absteigend. come close to achieving the vaccination rates recommended Den anzustrebenden Impfquoten der Europäischen Union by the European Union. kommt Baden-Württemberg nicht nahe. Conclusions Schlussfolgerungen The results of the study show that the continuous health care Die Studienergebnisse zeigen, dass eine kontinuierliche haus- coverage provided by the HZV can lead to higher vaccination ärztliche Versorgung im Rahmen der HZV zu einer höheren coverage in older insured persons. Durchimpfungsrate der älteren Versicherten im Vergleich zur Keywords Regelversorgung führen kann. influenza; vaccination; family physician; family physician- Schlüsselwörter centered health care; health services research Influenza; Impfung; Hausarzt; Hausarztzentrierte Versorgung; Versorgungsforschung 1Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität, Frankfurt am Main 2Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Ruhr-Universität, Bochum Die Verwendung des männlichen Geschlechts geschieht zur besseren Lesbarkeit des Artikels, meint aber gleichberechtigt alle Geschlechter. Peer reviewed article eingereicht: 30.11.2020, akzeptiert: 13.01.2021 DOI 10.3238/zfa.2021.0195–0199 © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Sawicki et al.: Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung 196 Influenza Vaccination Coverage in the Older Population Hintergrund handlungskette definiert, um die Pa- beit und Entwicklung (OECD) als ein In Deutschland wird die Impfung ge- tientenversorgung zu verbessern und Indikator für die Qualität der Ge- gen Influenza von der Ständigen die Ressourcen möglichst effizient zu sundheitsversorgung benannt wurde. Impfkommission (STIKO) am Robert- nutzen. Die Teilnahmevorgaben für Die verabreichte Influenza-Impfun- Koch-Institut (RKI) als jährliche Stan- Ärzte beinhalten dabei bestimmte gen wurden als Zielvariable durch dardimpfung der älteren Bevölkerung Qualitätsanforderungen wie die regel- den einheitlichen Bewertungsmaß- ab dem 60. Lebensjahr empfohlen [1]. mäßige Teilnahme an strukturierten stab (EBM) Nummer 89.111 in ihrer Die Impfung gilt als die effektivste Qualitätszirkeln sowie die Qualifizie- dichotomen Ausprägung abgebildet. primär-präventive Maßnahme gegen rung nichtärztlicher Mitarbeiter [8]. Die Impfrate für die jeweilige Influen- Influenza und kann vor allem in Risi- Das Honorierungsprinzip basiert auf za-Saison wurde aus dem vierten kopopulationen Komplikationen wie Pauschalvergütungen. Ein spezi- Quartal eines Kalenderjahres und Hospitalisierungen und Mortalität fischer finanzieller Anreiz wurde nur dem jeweils ersten Quartal des fol- reduzieren [2]. In der COVID-Pande- für die Influenza-Impfquote durch ei- genden Kalenderjahres zusammenge- mie kommt der Influenza-Impfung nen Quartalszuschlag gesetzt, wenn fasst. Zum Vergleich zwischen HZV bei der Vermeidung einer Überlas- für mindestens 55 % der beim Haus- und der Regelversorgung erfolgte die tung des Gesundheitssystems eine arzt eingeschriebenen HZV-Versicher- Zuordnung der Versicherten zur HZV- besondere Bedeutung zu. Ein flächen- ten ab 60 Jahren eine Grippeschutz- Gruppe, wenn diese in der HZV ein- deckender Immunschutz der deut- impfung durchgeführt wurde [8]. In geschrieben waren. Versicherte wur- schen Bevölkerung ist jedoch nicht dieser Studie werden die Auswirkun- den der Regelversorgung zugeordnet, vorhanden. Solide Daten über ver- gen der HZV auf die saisonale Influ- wenn eine hausärztliche Leistung in abreichte Influenza-Impfungen sind enza-Impfrate der älteren Versicher- der Regelversorgung in Anspruch ge- zudem spärlich, und systematische ten ab dem 65. Lebensjahr längs- nommen wurde und sie einen nicht Erhebungen fehlen, weil es keine zen- schnittlich untersucht. an der HZV teilnehmenden Hausarzt trale Dokumentation in Deutschland besuchten. Ein- und Ausschlusskrite- gibt. Nach Schätzungen des RKI liegt Methoden rien wurden zum jeweiligem Erhe- die Durchimpfung gegen die saison- Die Evaluation basiert auf Routine- bungszeitpunkt angewendet und in ale Influenza bei den über 60-jäh- daten der AOK Baden-Württemberg. der eAbbildung 1 für die Influenzasai- rigen bei maximal 40–55 % [3], in Dabei wurden Daten über alle Ver- son 2017/18 aufgeführt. europäischen Ländern wie Spanien sicherten für den Zeitraum zwischen Neben der deskriptiven Auswer- und Großbritannien ist sie deutlich dem 01.10.2011 und 31.03.2018 zur tung wurde eine längsschnittliche höher [4]. Verfügung gestellt. Die Influenza- Analyse durchgeführt. Die Zielvaria- Dem Hausarzt wird bei der Ver- Impfung der über 65-Jährigen wurde ble sowie die zeitveränderlichen Ko- anlassung und Durchführung der In- betrachtet, da diese von der Organisa- variaten wurden jährlich erfasst. Alle fluenza-Impfung eine Schlüsselpositi- tion für wirtschaftliche Zusammenar- im jeweiligen Jahr infrage kommen- on zugeschrieben [5]. Studien zeigen, dass ein gezieltes Ansprechen und ei- ne enge Hausarztbindung mit einer höheren Impfmotivation assoziiert sind [5]. Basierend auch auf der inter- nationalen Literatur [6] erwarten wir durch die kontinuierliche hausärzt- liche Betreuung im Versorgungs- modell der hausarztzentrierten Ver- sorgung (HZV) eine höhere Durch- impfungsrate, fraglich ist vor allem die Größe des Unterschieds. Die HZV wurde zur Stärkung der hausärzt- lichen Grundversorgung vom Gesetz- geber eingeführt (§ 73b Sozialgesetz- buch Fünftes Buch). Die AOK Baden- Württemberg hat bereits 2008 die HZV eingeführt. Ab 2011/12 waren bereits mehr als 50 % der AOK-Ver- sicherten in die HZV eingeschlossen. 2018 versorgten rund 4000 Hausärzte sowie hausärztlich tätige Kinder- und Jugendärzte 1,6 Millionen Versicherte Abbildung 1 Ergebnisse der längsschnittlichen Analyse: Vorhersagen für Anteile in der HZV [7]. der Patienten mit Influenza-Impfung in einer standardisierten Population für die In der HZV wird die Rolle des hausarztzentrierte Versorgung (HZV) sowie Regelversorgung (Querschnitt je Influenza- Hausarztes als Koordinator in der Be- Saison und Trendschätzung) [9] Abb.: Sawicki et al. © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Sawicki et al.: Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung Influenza Vaccination Coverage in the Older Population 197 Beobachtet Ergebnisse der Modellberechnung Influenza- HZV Anteil Regel- Adjustierte Differenz Odds Ratio [KI] p-Wert Saison (%) versorgung HZV-Regelversorgung (%) HZV versus Anteil (%) Regelversorgung 2011/12 36,0 31,6 4,92 1,25 [1,24; 1,24] < 0,0001 2012/13 36,3 31,9 4,41 1,22 [1,21; 1,21] < 0,0001 2013/14 38,7 33,5 5,10 1,26 [1,24; 1,24] < 0,0001 2014/15 32,9 29,1 4,09 1,22 [1,21; 1,21] < 0,0001 2015/16 33,0 29,4 4,04 1,22 [1,20; 1,20] < 0,0001 2016/17 33,5 29,9 4,22 1,23 [1,21; 1,21] < 0,0001 2017/18 33,6 30,4 3,27 1,17 [1,16; 1,16] < 0,0001 Tabelle 1 Beobachtete Anteile und geschätzte Differenzen in der jeweiligen Influenza-Saison bei älteren Versicherten ≥ 65 Jahre den Versicherten wurden berücksich- Jahre in der eTabelle 1 dargestellt. Der Trend in beiden Gruppen der über tigt (offene Kohorte). Unterschiede weibliche Anteil mit insgesamt 59 % 65-jährigen (Abb. 1), wobei sich von zwischen HZV- und Vergleichsgruppe war sowohl in der HZV- als auch in Beginn des Beobachtungszeitraums wurden im Rahmen eines erweiterten der Regelversorgungsgruppe höher. an ein deutlicher Unterschied zu- verallgemeinerten linearen Modells Das Durchschnittsalter der Versicher- gunsten der HZV zeigt (OR 1,25). Von untersucht, während die Parameter- ten war 77 Jahre. Die HZV-Versicher- der Saison 2011/12 bis 2013/14 stieg schätzungen mittels verallgemeiner- ten (n = 399.804) hatten mehr Ko- die Impfrate und nahm in der Saison ten Schätzungsgleichungen (generali- morbiditäten und waren im Schnitt 2014/15 ab. Das etwas niedrigere Ni- zed estimation equations, GEE) mit ei- etwas krankheitsbelasteter, gemessen veau hielt sich in der Folgesaison. In ner Logit-Link-Funktion erfolgten. am Charlson-Index (2,8 ± 2,6 versus den darauffolgenden Saisons ist ein Um die Vergleichbarkeit zwischen 2,3 ± 2,4), sowie häufiger im Disease- Wiederanstieg der Rate zu verzeich- den Gruppen sicherzustellen, erfolgte Management-Programm (DMP) für nen. Der Gesamttrend zeigt sich über eine Adjustierung für relevante Ein- koronare Herzkrankheiten einge- den Untersuchungszeitraum sowohl flussfaktoren (eTab. 2, 3). Gegenstand schrieben (15 % versus 8 %). In der in der HZV als auch in der Regelver- der ersten Analyse waren Schätzer für Regelversorgung (n = 228.719) liegt sorgung mit einer OR 0,98 leicht ab- den Effekt der HZV-Versorgung in der der Anteil von Versicherten mit Pfle- steigend. In der multivariaten Ana- jeweiligen Influenza-Saison (Quer- gegrad höher, während weitere Cha- lyse ergaben alle einbezogenen Kova- schnitt je Influenza-Saison). Die Er- rakteristika sich weitgehend gleich- riaten ausgenommen der chro- gebnisse der saisonbezogenen Schät- mäßig zwischen den Vergleichsgrup- nischen Niereninsuffizienz einen sig- zungen werden als Odds Ratios (OR) pen verteilen. nifikanten Einfluss auf die Zielvaria- mit den jeweiligen 95%-Konfidenz- ble (eTab. 3). intervallen, den zugehörigen p-Wer- Saisonbezogene Schätzungen ten (für multiples Testen nach Tukey Über die betrachteten sieben Saison- Diskussion adjustiert) und den durch das Modell jahre zeigte sich ein deutlicher Unter- Die retrospektive Beobachtungsstudie vorhergesagten Differenzen berichtet. schied bei den Influenza-Impfraten über die Winter 2011/12 bis 2017/18 Darüber hinaus wurde eine Trendana- der über 65-jährigen zugunsten der zeigt in der HZV eine durchweg hö- lyse durchgeführt. In der Abbildung 1 HZV (Tab. 1) mit einer unadjustierten here Impfrate der über 65-jährigen als werden die Ergebnisse der Modell- Impfrate von 33–39 versus 29–34 % in der Regelversorgung. Darüber hi- berechnungen visualisiert. in der Regelversorgungsgruppe. Die naus zeigen die Analysen einen säku- Die Studie folgt den STROBE- adjustierten Differenzen zwischen laren Rückgang der Impfraten. Der (Strengthening the reporting of obser- den Gruppen lagen bei 3–5 %. In den Zusammenhang zwischen HZV-Ein- vational studies in epidemiology-)Richt- multivariaten Analysen waren die schreibung und höherer Impfchance linien für Beobachtungsstudien. Die meisten chronischen Komorbiditäten bleibt im zeitlichen Trend relevant Berechnungen und statistischen Aus- sowie ein höheres Patientenalter, und statistisch signifikant. Angesichts wertungen wurden mit SAS 9.4. und männliches Geschlecht und höherer der hohen Anzahl von Versicherten SPSS Statistics Version 25 erstellt. Charlson-Score mit einer höheren lässt sich ermessen, dass die Differenz Impfchance assoziiert (eTab. 2). der Impfrate als versorgungsrelevant Ergebnisse einzustufen ist. Vorherige Evaluatio- Beispielhaft für die Influenzasaison Trendschätzungen nen weisen zudem auf eine reduzierte 2017/18 sind die Charakteristika der Für den gesamten Untersuchungszeit- Hospitalisierungsrate bei Älteren [9], insgesamt 628.523 Versicherten ≥ 65 raum ergab sich ein abnehmender eine verringerte Mortalität und einge- © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Sawicki et al.: Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung 198 Influenza Vaccination Coverage in the Older Population sparte Gesundheitskosten in der Schutz gegen den kursierenden Vi- gungsbedarf während der aktuellen HZV-Gruppe [7]. In früheren ver- russtamm bestand [17]. Dies könnte COVID-19-Pandemie zu vermeiden. gleichbaren Studien [10] wurde sogar die Impfbereitschaft negativ beein- Limitationen dieser Analyse se- abgeschätzt, dass bei hochaltrigen, flusst haben. Weiterhin könnten hen wir in der Verwendung vertrags- vulnerablen Patienten eine Erhöhung kontroverse Diskussionen über Risi- ärztlicher Abrechnungsdaten und in der Impfquote mit einer etwa einpro- ken zu dem Rückgang der Impfraten einem möglichen Selektionsbias. Ob- zentigen Mortalitätsreduktion ver- beigetragen haben [18]. gleich Hausärzte die Mehrzahl der In- bunden war. Die hier beobachteten Trotz variabler Schutzwirkung ist fluenza-Impfungen durchführen, Assoziationen zwischen höherer eine möglichst hohe Impfrate die werden mit den AOK-Abrechnungs- Impfchance und den Einflussfaktoren wirksamste Maßnahme zur Influen- daten die Impfdaten aus der Praxis höheres Patientenalter, männliches zaprävention sowie zur Verbesserung und anderen Einrichtungen etwa aus Geschlecht sowie chronische Erkran- der Ressourcennutzung. Die Erhö- öffentlichen Gesundheitsdiensten kung konnte in anderen Studien be- hung der Impfquoten erfordert daher nicht erfasst, sodass die tatsächlichen legt werden [11]. effiziente Strategien. Barrieren kön- Impfraten unter Umständen höher Die Spanne der Impfquoten der nen durch die Hausarztpraxen auf- liegen könnten, jedoch dürfte der über 65-jährigen in Baden-Württem- grund der hohen Kontaktfrequenz Einfluss der betriebsärztlichen Impf- berg reichte in dem betrachteten Zeit- tätigkeit bei über 65-jährigen zu ver- raum von 29–39 %. Bei den über nachlässigen sein. Die Gefahr eines 60-jährigen werden vom RKI in den Selektionsbias kann sowohl auf Pra- Influenza-Saisons 2010/11 bis xis- als auch auf der Patientenebene 2016/17 bundesweit höhere Impf- bestehen. Bei der HZV-Gruppe han- quoten von 35–44 % angegeben [12]. delt es sich möglicherweise um eine Jedoch liegen im regionalen Ver- Auswahl von Praxen mit einer bes- gleich die Impfraten in vielen Kreisen seren Organisation und solider Impf- Süddeutschlands unter dem Bundes- dokumentation. Auch auf Patienten- durchschnitt [13]. Nationale Trend- ebene könnten Selektionseffekte eine analysen weisen analog zu unseren Rolle spielen, da die HZV-Teilnahme Ergebnissen auf einen rückläufigen sowie Impfungen auf Freiwilligkeit Dr. med. Olga A. Sawicki, MScPH … Trend der Impfrate seit 2010/11 hin basieren. Für wesentliche Versicher- … ist stellvertretende Leiterin des [16]. Damit liegt Deutschland deut- tencharakteristika wurde jedoch ad- Arbeitsbereichs Versorgungs- lich hinter den erwünschten Min- epidemiologie am Institut für justiert. destquoten. In einer Resolution for- Allgemeinmedizin Frankfurt. Sie Ein wesentlicher Vorteil der auf dert die Europäische Union seit der studierte Medizin in Berlin sowie Routinedaten basierenden Auswer- Saison 2014/15 eine Influenza-Impf- Paris und war für den postgradualen tung ist die meist vollständige Erfas- Masterstudiengang Public Health an quote von 75 % für die ältere Bevöl- sung der betreffenden Zielpopulation der London School of Hygiene & kerung [14]. In der Bevölkerungs- Tropical Medicine. In ihrer Funktion im Datenkörper. Auch lassen sich die gruppe jenseits des 65. Lebensjahres als Gesundheitsberaterin arbeitete Impfungsverläufe über einen länge- bleibt jedoch die Impfsituation in sie von 2016–17 bei den Vereinten ren Zeitraum solide darstellen und Europa suboptimal. Laut einer Studie Nationen in Genf. zugrundeliegende Einflussfaktoren Abb.: privat wurde in der Saison 2014/15 die Ziel- analysieren. impfquote nur von Schottland er- Die anzustrebende Zielimpfquote reicht [15]. Unter den 33 europäi- bei älteren Menschen wird in Baden- schen Ländern, die für Ältere eine Württemberg verfehlt. Für den Beob- Impfempfehlung aussprechen, lag systematisch abgebaut werden. Be- achtungszeitraum ist innerhalb der Deutschland mit der erreichten Impf- sonders die HZV ist auf eine stringen- HZV die Impfrate höher als in der Re- rate an 17. Position [15]. te Behandlungskontinuität ausgerich- gelversorgung bei einem rückläufigen Die Gründe für den Rückgang tet. Sicherlich macht sich auch die Gesamttrend. der Impfraten können anhand der gezielte Förderung der Impfungen vorliegenden Daten nicht erklärt durch den finanzielle Anreiz für HZV- Danksagung: Wir danken der AOK werden. Nach dem Influenza-Saison- Ärzte bemerkbar [19]. Ein weiterer Baden-Württemberg für die Unter- bericht des RKI war die Intensität der Ansatz der HZV sind die strukturier- stützung des Evaluationsprojektes. Influenzawelle 2013/14 schwach ten regionalen Qualitätszirkel zur Weiterhin danken wir Dr. Claudia [16]. Insbesondere bei älteren Patien- Pharmakotherapie, in denen auf die Witte aus dem aQua-Institut für das ten ergaben Schätzungen bundes- Impfungen hingewiesen werden Datenmanagement und Phillip Elliott weit niedrige Werte für Exzess-Hos- kann. Durch die in der HZV verfolgte für die Übersetzung der Zusammen- pitalisierungen. 2014 traten nach Impfstrategie kann eine Durchimp- fassung ins Englische. der Genehmigung der Stammanpas- fung von älteren Patienten gegen die sung für die Impfstoffe neue Muta- saisonale Influenza offenbar gestei- Rolle der Sponsoren: Die Evaluation tionen auf, sodass in der Influenza- gert werden, was auch dazu beiträgt, der HZV Baden-Württemberg wurde saison 2014/15 kein effektiver einen potenziell vermehrten Versor- durch die AOK Baden-Württemberg, © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Sawicki et al.: Influenza-Impfrate in der älteren Bevölkerung Influenza Vaccination Coverage in the Older Population 199 den Hausärzteverband Baden-Würt- 5. Müller D, Wutzler P, Szucs TD. Influ- 13. Bätzing-Feigenbaum J, Schulz M, temberg und MEDI Baden-Württem- enza vaccination coverage rates in Schulz M, Acet S, Gisbert-Miralles J. berg gefördert. Germany a population-based cross- Entwicklung der saisonalen Influenza- sectional analysis of the seasons standardimpfraten im kassenärzt- 2002/2003 and 2003/2004. Med lichen Versorgungssektor in Deutsch- Zusatzmaterial im Internet Klin 2005; 100: 6–13 land seit der Pandemie 2009: Zen- (www.online-zfa.de) tralinstitut für kassenärztliche Versor- 6. Banach DB, Ornstein K, Factor SH, gung in der Bundesrepublik Deutsch- eAbbildung 1 Flussdiagramm Gruppen- zuordnung für die Influenzasaison Soriano TA. Seasonal influenza vacci- land, Berlin, 2015 2017/18 nation among homebound elderly receiving home-based primary care 14. Europäischer Rat. Empfehlung des eTabelle 1 Charakteristika der Versi- in New York City. J Comm Health Rates vom 22. Dezember 2009 zur cherten der AOK Baden-Württemberg ab 2012; 37: 10–14 Impfung gegen die saisonale Grippe. dem 65. Lebensjahr für die Influenzasai- https://eur-lex.europa.eu/legal-con son 2017/18 7. Universitätsklinikum Heidelberg, Goe- tent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009 the-Universität Frankfurt am Main. H1019&from=EN (letzter Zugriff am: eTabelle 2 Multivariate Analyse der sai- Evaluation der Hausarztzentrierten 27.10.2020) sonbezogenen Schätzungen bei AOK- Versorgung (HZV) in Baden-Württem- Versicherten mit Influenza-Impfung ab 15. Jorgensen P, Mereckiene J, Cotter S, berg. https://aok-bw-presse.de/file dem 65. Lebensjahr in Baden-Württem- Johansen K, Tsolova S, Brown C. How admin/mediathek/dokumente/hzv- berg close are countries of the WHO Euro- evaluation_2018.pdf (letzter Zugriff pean Region to achieving the goal of am: 23.10.2020) eTabelle 3 Multivariate Analyse der In- vaccinating 75% of key risk groups fluenza-Impfungsrate (Trendschät- 8. AOK Baden-Wuerttemberg, HÄVG, against influenza? Results from natio- zungen) bei AOK-Versicherten ab dem MEDI Verbund. Vertrag zur Hausarzt- nal surveys on seasonal influenza vac- 65. Lebensjahr für die Influenzasaisons zentrierten Versorgung in Baden- cination programmes, 2008/2009 to 2011/12 bis 2017/18 in Baden-Württem- Württemberg vom 08.05.2008 i.d.F. 2014/2015. Vaccine 2018; 36: berg vom 01.10.2019 gemäß § 73b SGB 442–452 V. www.hausarzt-bw.de/website/var/ 16. Buda S, Köpke K, Prahm K, et al. Be- Interessenkonflikte: assets/6.hzv-vertraege/hzv-vertraege/ richt zur Epidemiologie der Influenza F.M.G. erhielt ein Honorar als Vorsitzen- vertragsunterlagen/aok/vertrag-zur- in Deutschland Saison 2013/14. Ber- der des Sachverständigenrates zur Begut- hausarztzentrierten-versorgung-in-ba- lin: Robert-Koch-Institut, 2014 achtung der Entwicklung im Gesund- den-wuerttemberg/hauptvertrag-aok- heitswesen. O.A.S., A.G., A.M., M.B. und 17. Hagel S, Ludewig K, Moeser A, et al. bw.pdf (letzter Zugriff am: K.K. haben über die Goethe-Universität Characteristics and management of 23.10.2020) Mittel der AOK-Baden-Württemberg er- patients with influenza in a German halten. R.K.-M. gibt keine Interessenskon- 9. Universitätsklinikum Heidelberg, Insti- hospital during the 2014/2015 influ- flikte an. tut für Allgemeinmedizin der Goethe- enza season. Infection 2016; 44: Universität Frankfurt. Evaluation der 667–672 Hausarztzentrierten Versorgung Literatur 18. Böhmer MM, Walter D, Falkenhorst (HZV) in Baden-Württemberg. www. G, Müters S, Krause G, Wichmann O. 1. Ständige Impfkommission. Empfeh- neueversorgung.de/images/PDF/ Barriers to pandemic influenza vacci- lungen der Ständigen Impfkommis- 201210-HZV-Evaluation_Broschuere_ nation and uptake of seasonal influen- sion beim Robert-Koch-Institut – HZV-Evaluation_2020.pdf (letzter Zu- za vaccine in the post-pandemic sea- 2019/2020. Berlin: Robert-Koch-Insti- griff am: 21.12.2020) tut, 2019 son in Germany. BMC Public Health 10. Nichol KL, Nordin J, Mullooly J, Lask 2012; 12: 938 2. Ahmed AH, Nicholson KG, Nguyen- R, Fillbrandt K, Iwane M. Influenza 19. Kroneman M, Paget WJ, van Essen Van-Tam JS. Reduction in mortality associated with influenza vaccine du- vaccination and reduction in hospita- WA. Influenza vaccination in Europe: ring 1989–90 epidemic. Lancet lizations for cardiac disease and stro- an inventory of strategies to reach 1995; 346: 591–595 ke among the elderly. N Engl J Med target populations and optimise vac- 2003; 348: 1322–1332 cination uptake. Euro Surveill 2003; 3. AG Influenza der Ständigen Impf- kommission (STIKO). Wissenschaftli- 11. Ives DG, Lave JR, Traven ND, Kuller 8: 130–138 che Begründung für die Empfehlung LH. Impact of Medicare reimburse- des quadrivalenten saisonalen Influ- ment on influenza vaccination rates enzaimpfstoffs. Berlin: Robert-Koch- Korrespondenzadresse in the elderly. Preventive Med 1994; Institut, 2018 Dr. med. Olga A. Sawicki 23: 134–141 4. Blank PR, Schwenkglenks M, Szucs Institut für Allgemeinmedizin TD. Influenza vaccination coverage 12. Rieck T, Feig M, Siedler A, Wichmann Goethe Universität rates in five European countries du- O. Aktuelles aus der KV-Impfsurveil- Theodor-Stern-Kai 7 ring season 2006/07 and trends over lance – Impfquoten ausgewählter 60590 Frankfurt am Main six consecutive seasons. BMC Public Schutzimpfungen in Deutschland. sawicki@allgemeinmedizin. Health 2008; 8: 272 Berlin: Robert-Koch-Institut, 2018 uni-frankfurt.de © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
200 DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE Intensivierter Austausch statt „distancing“: Wie Zusammenarbeit überregional funktionieren kann Fostering Exchange Instead of “Distancing”: How to Cooperate Successfully Across Federal Borders Anne Messemaker1, Ulrike Sonntag2, Miriam Schwär1, Sabine Winkler3, Daniela Mauer4, Marischa Fast1 Zusammenfassung Summary Aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie standen bundesweit alle As a result of the SARS-CoV-2 pandemic, all competence Kompetenzzentren für die Facharztweiterbildung Allgemein- centers for specialist training in family medicine faced similar medizin (KW) vor ähnlichen Herausforderungen, das Mento- challenges of converting their mentoring programs to digital ringprogramm in digitale Formate umzuwandeln. Die vorhan- formats. Existing communication structures based on the denen Kommunikationsstrukturen durch den bundesweiten national integration of the responsible organizers for the men- Zusammenschluss der zuständigen Mentoringprogramm-Ko- toring program, helped to make it possible for resources to be ordinatoren/innen im Arbeitskreis Mentoring halfen, innerhalb pooled and available resources to be exploited. The working kürzester Zeit Synergien zu nutzen und Ressourcen zu bün- group‘s way of operation might serve as an example for other deln. Die Arbeitsweise des Arbeitskreises kann beispielhaft für working groups. andere Arbeitsgruppen wirken. Keywords Schlüsselwörter specialist training; mentoring; networking; SARS-CoV-2 Weiterbildung; Mentoring; Vernetzung; SARS-CoV-2-Pandemie; pandemic; online formats Onlineformate Hintergrund aufgrund der SARS-CoV-2-Pande- Wie arbeitet der Arbeitskreis Seit dem 1. Juli 2017 werden Kom- mie das Mentoringprogramm in- Mentoring der DEGAM? petenzzentren für die Facharztweiter- nerhalb kürzester Zeit – soweit Der AK Mentoring wurde beim Sekti- bildung Allgemeinmedizin (KW) möglich – in ein Onlineformat um- onstreffen Weiterbildung der DEGAM nach § 75a SGBV bundesweit geför- zuwandeln. Bundesweit entstanden im März 2016 gegründet und besteht dert. Sie bieten neben einem Semi- sehr ähnliche Fragen zur tech- aus aktuell 29 Mitglieder (Stand Sept. nar- und einem Train-the-Trainer-An- nischen Umsetzung, den Möglich- 2020) aus 13 KWs bzw. 17 Stand- gebot ein strukturiertes Mentoring- keiten und Grenzen der digitalen orten. Seitdem gibt es einen regel- programm für Ärzte/innen in Weiter- Durchführung von Gruppentreffen, mäßigen Austausch in Form von per- bildung (ÄiW) an [1]. Zur Förderung der Akquise und Einbindung neuer sönlichen Treffen z.B. beim Sektions- der Qualität der KW-Mentoringpro- Teilnehmenden sowie der Evalua- treffen Weiterbildung der DEGAM gramme hat sich der Arbeitskreis (AK) tion. Durch die schon vorhandenen bzw. Telefonkonferenzen oder im of- Mentoring der Sektion Weiterbildung Strukturen im AK Mentoring konn- fenen E-Mail-Verteiler. Seit 2018 fin- der Deutschen Gesellschaft für All- ten innerhalb kürzester Zeit bun- det außerdem jährlich ein zweitägiges gemeinmedizin und Familienmedizin desweit Kommunikationsstrukturen Netzwerktreffen statt, um Themen (DEGAM) den regelmäßigen Aus- ausgebaut, Räume für vernetzten wie organisatorische, inhaltliche so- tausch der KW untereinander zu best Austausch geschaffen, Synergien wie evaluative Aspekte rund um das practices zur Aufgabe gemacht. genutzt und eine breite gegenseiti- Mentoring voranzutreiben. Das ge- Im März 2020 standen alle KW ge Unterstützung angeboten wer- plante Netzwerktreffen im April 2020 vor der gleichen Herausforderung den. 1 Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main 2 Institut für Allgemeinmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin 3 Selbstständige Abteilung für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät der Universität Leipzig 4 Studiendekanat der Medizinischen Fakultät, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Peer reviewed article eingereicht: 21.12.2020, akzeptiert: 11.01.2021 DOI 10.3238/zfa.2021.0200–0203 © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Messemaker et al.: Intensivierter Austausch statt „distancing“: Wie Zusammenarbeit überregional funktionieren kann Fostering Exchange Instead of “Distancing”: How to Cooperate Successfully Across Federal Borders 201 musste kurzerhand aufgrund von ten und Grenzen diskutiert. Doku- füllt zurückgesendet (Rücklaufquo- COVID-19 abgesagt werden. mentiert werden diese sowie alle ge- te = 56,7 %). Alternativ traf sich der AK Mento- meinsam erprobten Methoden zur Zur geschlossenen Frage „Wie ring bereits im April, Mai und Sep- Gruppenmoderation und -aktivie- zufrieden bist Du mit der Zusam- tember 2020 für jeweils ca. drei Zeit- rung in einem digitalen Methoden- menarbeit im Arbeitskreis Mento- stunden online. Darüber hinaus wur- reader, auf den alle Mitglieder des ring?“ gaben alle teilnehmenden den in mehreren Kleinteams mit ent- AK zugreifen können. Hierdurch AK Mitglieder an, zufrieden sprechenden regelmäßigen Online- kann eine hohe Methodenvielfalt (17,6 %) bis sehr zufrieden (82,4 %) Konferenzen wichtige Themen wie auf die Eignung für ein Onlineset- mit der bisherigen Zusammenarbeit Methoden im Online-Mentoring, ting und für diverse Anwendungs- zu sein. Gruppen, die online starten, Mento- kontexte (online und präsent) im Im nächsten Schritt wurden die renschulungen und Evaluations- Mentoring getestet und die Syner- offenen Fragen inhaltsanalytisch aspekte erarbeitet bzw. weiterent- gien bundesweit gebündelt und ge- nach Kuckartz [2] mittels MAXQDA wickelt und dem gesamten AK zur nutzt werden. 2020 von zwei Personen ausgewertet. Verfügung gestellt. Die Fragen bildeten hierbei die vor- Online-Befragung zur gegebenen Hauptkategorien, zu de- Methodenfrühstück Zusammenarbeit während nen induktiv Subkategorien definiert Als ein niedrigschwelliges Angebot der SARS-CoV-2-Pandemie im wurden. In Abbildung 1 findet sich für alle Mitglieder des AK Mento- AK Mentoring eine Übersicht zum gebildeten Kate- ring wurde ab Juni 2020 ein alle 2 Zur Reflexion der Zusammenarbeit goriensystem. bis 4 Wochen stattfindendes Metho- im AK Mentoring führten wir eine In der Hauptkategorie 1 „Was denfrühstück initiiert. Ziel dieses Online-Befragung mittels LimeSur- schätzt Du an der Arbeit im AK morgendlichen halbstündigen Tref- vey im Herbst 2020 durch. Die Um- Mentoring?“ konnten induktiv vier fens ist ein niedrigschwelliger digi- frage bestand aus einer geschlosse- Subkategorien gebildet werden. Die- taler Austausch zu neuen Online- nen und fünf offenen Fragen. Alle se beziehen sich auf „Organisation“, methoden für digitale Mentoring- 29 Mitglieder hatten die Möglich- „Ziel/Interesse an der Sache“, „eige- treffen. Vielfältige Methoden wer- keit vom 23. September bis 7. Okto- ner Gewinn“ (weitere Subkategorien den in diesem geschützten Rahmen ber 2020 an der Befragung teil- s. Abb. 1) und „Austausch“. Beson- direkt erprobt sowie anschließend zunehmen, 17 Mitglieder haben ders hervorzuheben sind hier die bezüglich deren Einsatzmöglichkei- den Umfragebogen komplett ausge- Kategorien „eigener Gewinn“, der Abbildung 1 Kategoriensystem aus der Online-Befragung zur Zusammenarbeit im AK Mentoring Abb.: Messemaker et al. © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Messemaker et al.: Intensivierter Austausch statt „distancing“: Wie Zusammenarbeit überregional funktionieren kann 202 Fostering Exchange Instead of “Distancing”: How to Cooperate Successfully Across Federal Borders der Hälfte der Teilnehmenden posi- tiv hervorgehoben: „Kurze und un- komplizierte Methoden für Online-Sit- zungen“ – A20. Kategorie 4 „Was wünschst du dir für die Arbeit im AK Mentoring für die Zukunft?, Was möchtest Du bei- behalten, was möchtest du ändern?“ beinhaltet unter der Subkategorie „ändern“ den Wunsch nach regel- mäßigen Präsenztreffen plus Online- Treffen, weitere Inhalte, wie zum Bei- spiel die Abgrenzung zu anderen For- maten und Vertiefung der Themen- zentrierten Interaktion, gemeinsame Studien und Publikationen, alle Standorte einzubeziehen und die ge- meinsame Online-Plattform noch in- tensiver zu nutzen. Der Wunsch nach „Beibehaltung“ entspricht der Art und Weise der Zusammenarbeit („weiterhin Austausch auf Augenhöhe, niedrigschwellig, gemeinsam Lösungen entwickeln, hierarchiefreies Miteinander arbeiten“ – A26), der Häufigkeit der Abbildung 2 Visualisierung der konkreten Aussagen aus der Online-Befragung zur Treffen und des Methodenfrühstücks Zusammenarbeit im AK Mentoring nach Häufigkeit Abb.: Messemaker et al. und die intensive zusätzliche Zusam- menarbeit in den Kleinteams. Die Wortwolke in Abbildung 2 gibt einen inhaltlichen Überblick über die ge- darin gesehen wurde, dass der AK rie „Online – positive Faktoren“ die troffenen Aussagen. eine Plattform für die Unterstüt- häufigeren Treffen („Der Austausch zung in Form von Informationen, fand öfters statt, dadurch waren die ge- Schlussfolgerungen Materialien, Methoden und die ge- meinsame Treffen rund um das Mento- Die Schaffung von regelmäßigen, genseitige „Unterstützung und Empo- ring präsenter und wurden intensiver be- überregionalen Kommunikations- werment der Kolleginnen untereinan- arbeitet“ – A30) und die „intensivere strukturen im AK Mentoring ermög- der“ – A31 bietet und „Austausch“. Zusammenarbeit“ – A32 und ins- lichten auch in herausfordernden Der Austausch innerhalb des AKs besondere das Methodenfrühstück Zeiten die KW-Mentoringprogram- wird als sehr wertschätzend, inter- sehr hervorgehoben („Es war schön, me für unsere ÄiW im Fach All- disziplinär, bundesweit, offen, kol- sich regelmäßig virtuell zu sehen und gemeinmedizin in angepasster Form legial, hierarchiearm, authentisch, kreative Ansätze wie das Methodenfrüh- umzusetzen und zu optimieren. Ne- unkompliziert und konkurrenzfrei stück zu gestalten“ – A26). Nur wenige ben dem Bereitstellen von Materia- beschrieben. Mit der Organisation Aussagen beziehen sich darauf, dass lien und Methoden auf der Online- und klaren Strukturierung der regel- der Schwerpunkt ein anderer gewor- Plattform und dem Austausch von mäßig stattfindenden AK-Sitzungen den ist oder sich nichts verändert Erfahrungswissen wurde das Erpro- sind die Teilnehmenden zufrieden hat. ben von Online-Methoden im digi- und betonen das gemeinsame Ziel: In Kategorie 3 „Welche Anregun- talen Mentoring in Form eines Me- „Interesse am Mentoring und der gro- gen aus dem AK Mentoring hast Du thodenfrühstücks als positiv hervor- ßen gemeinsamen Idee des Unterstüt- für die Durchführung von Mento- gehoben. Grundlegend für die ge- zens der ÄiW“ – A32. ringsitzungen anwenden können?“ lungene Zusammenarbeit war nach In Kategorie 2 „Was hat sich für wurden die Aussagen sechs Subkate- Angaben der teilnehmenden AK- Dich in der Arbeit im AK Mentoring gorien zugeordnet: Methoden (on- Mentoring-Mitglieder der wertschät- während der SARS-CoV-2-Pandemie line), Strukturierung von Mentoring- zende, interdisziplinäre, bundeswei- verändert?“ spielt vor allem die Um- sitzungen, Formalitäten/Datenschutz, te, offene, kollegiale, hierarchiearme, stellung auf regelmäßige Online-Tref- Digitale Tools, Abgleich unter KW authentische, unkomplizierte und fen eine Rolle. Nur wenige Aussagen Reduzierung von Vorbehalten, Tipps konkurrenzfreie Austausch. Gleich- fallen in die Subkategorie „Online – Einzelmentoring. Insbesondere die wohl bedauerten die AK-Mitglieder negative Faktoren“ und beziehen sich Vermittlung von Online-Methoden die durch die Pandemie bedingte Ab- meistens auf die fehlende Präsenz. im regelmäßig stattfindenden Me- sage des jährlichen Netzwerktreffens. Hingegen wird unter der Subkatego- thodenfrühstück wird von mehr als Zukünftig wünschen sich die AK- © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
Messemaker et al.: Intensivierter Austausch statt „distancing“: Wie Zusammenarbeit überregional funktionieren kann Fostering Exchange Instead of “Distancing”: How to Cooperate Successfully Across Federal Borders 203 Mentoring-Mitglieder eine Mischung Interessenkonflikte: aus digitalen Austauschtreffen und Keine angegeben. einem jährlichen Präsenztreffen un- ter Beibehaltung des Arbeitens in Literatur Kleinteams und des weiterhin regel- mäßig stattfindenden Methoden- 1. Vereinbarung zur Förderung der Wei- terbildung gemäß § 75a SGB V (Fas- frühstücks. Engagement für die sung vom 9. Dezember 2019). (Weiterbildung im Fach) Allgemein- www.kbv.de/media/sp/Foerderung_ medizin ist ein wichtiger Treiber der Allgemeinmedizin.pdf Dr. rer. med. Anne Messemaker … intensivierten Zusammenarbeit. An 2. Kuckartz U. Qualitative Inhaltsana- … ist Psychologin und wissenschaft- dieser Stelle sei noch auf einen mög- lyse. Methoden, Praxis, Computer- liche Mitarbeiterin am Kompetenz- lichen Selection Bias hingewiesen, da unterstützung. Weinheim: Beltz, zentrum Weiterbildung Hessen. Seit 2012 nicht alle aktiven AK-Mentoring- 2015 begleitet und organisiert sie das Mentoring für Ärztinnen und Mitglieder an der Umfrage teil- Ärzte in Weiterbildung im Fach All- genommen haben. Zusammenfas- Korrespondenzadresse gemeinmedizin mit. Neben Marischa send lässt sich sagen, dass die vor- Fast und Ulrike Sonntag fungiert sie Dr. rer. med. Anne Messemaker gestellte Arbeitsweise und Strukturie- Institut für Allgemeinmedizin als Sprecherin des Arbeitskreises rung dieses bundesweiten Arbeits- Goethe-Universität Frankfurt am Main Mentoring der DEGAM-Sektion Weiterbildung. kreises beispielhaft für andere Ar- Theodor-Stern-Kai 7 Foto: Adams Foto, Frankfurt am Main beitsgruppen wirken kann. 60590 Frankfurt am Main 46. GHA-Symposium Kernkompetenzen Allgemeinmedizin und Digitalisierung – „neue Normalitäten“ im Medizinstudium? Termin: 26./27. Juni 2021 Online-Veranstaltung Es geht im diesjährigen Symposium vor allem um Konzepte und Ideen zur digitalen Lehre im Studium und um unseren „Dauerbrenner“, die Umsetzung der neuen Ärztlichen Approbationsordnung (ÄApprO). Ihre Teilnahme haben u.a. zugesagt: Prof. Dr. med. Jana Jünger, MME, Direktorin des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP); Prof. Dr. med. Stephanie Joos, Ärztliche Direktorin, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung und Vorsitzende des Zentrums für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen (ZÖGV), Universitätsklinikum Tübingen; Prof. Dr. med. Attila Altiner, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Rostock, Studiendekan der Universitätsmedizin Rostock; Prof. Dr. med. Jost Steinhäuser, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck sowie Stella Schayan-Araghi und Tobias Henke, Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd), Berlin. Außerdem gibt es Beiträge von erfahrenen ärztlichen Lehrenden sowie Nachwuchs-Lehrenden aus dem akademischen Mittelbau. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme, interessante Beiträge und engagierte Diskussionen. Programm und Anmeldung ab sofort unter www.gha-info.de © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
204 ORIGINALARBEIT / ORIGINAL ARTICLE Train-the-Trainer-Seminare für Weiterbildende an Kompetenzzentren Weiterbildung – ein bundesweiter Ist-Stand Train the Trainer-Courses for Family Medicine Trainers at Competence Centers – a Nationwide Current Status Simon Schwill1, Lia Pauscher2, Thomas Ledig1, Katharina Dippel2, Gregor Feldmeier3, Bert Huenges4, Lydia Roßkamp5, Sophie-Anabelle Rösel4, Marco Roos6, Jost Steinhäuser7, Ulrike Sonntag8 Hintergrund Background Train-the-Trainer-Seminare (TtT-Seminare) für Weiterbildungs- Train the Trainer (TtT)-courses for trainers in family medicine (TFM) befugte (WBB) sind Bestandteile der nach § 75 SGB V eingerichte- form a mandatory component of German competence centers for ten Kompetenzzentren Weiterbildung Allgemeinmedizin (KW). post-graduate medical education (CC) in regard to legal require- Ziele der vorliegenden Studie waren die Analyse der bestehenden ments. Aims of this study were to analyse the current status of TtT- TtT-Angebote in Deutschland und die darauf aufbauende Überar- courses in Germany and to revise the TtT-checklist of the German beitung der Checkliste TtT der Sektion Weiterbildung der DEGAM. College of General Practitioners and Family Physicians. Methoden Methods In einer interprofessionellen Arbeitsgruppe wurde ein an der An interprofessional working group developed a structured in- Checkliste TtT (Version 1, 2017) orientierter, strukturierter In- terview-guideline which incorporated items of the TtT checklist terviewleitfaden konzipiert, konsentiert und mit zwei Testinter- (version no. 1, 2017). After group consensus, it was piloted in views pilotiert. Über vier Monate (1.3.–30.6.2019) wurden alle two test-interviews. In between four months (March 1st–June KW mehrfach via E-Mail und telefonisch zur Teilnahme einge- 30th 2019) all CC were invited to participate, multiple times via laden. Die Auswertung der Ergebnisse der Befragung erfolgte e-mail and telephone. Data was analysed descriptively by an inter- deskriptiv und wurde durch Vertreter*innen der KW auf dem professional team and validated during the annual meeting of the Jahreskongress der DEGAM inhaltlich bestätigt. German College of General Practitioners and Family Physicians. Ergebnisse Results 15 von 16 KW (94 %) nahmen an der Befragung teil. An 13 KW 15 of 16 CC participated in the study (response rate 94 %). (81 %) sind TtT-Seminare implementiert. 2018 starteten acht 81 % (n = 13) of CC offered TtT-courses. 53 % (n = 8) had (53 %) KW mit dem Angebot, drei KW (20 %) führten schon vor initiated TtT-courses in 2018, 20 % (n = 3) had started pre- 2017 Seminare durch. Die Zahl der Durchführungsorte schwankte viously. Locations of regional TtT-courses varied from one to von eins bis sieben, die Anzahl der bisherigen Seminare zwischen eins seven per CC. Experience differed from one up to 17 TtT- und 17. Die maximale Teilnahmezahl variierte von 12–40. Zusätzlich courses performed. The range of attendants was from twelve zu WBB der Allgemeinmedizin ermöglichten elf KW (78 %) WBB to 40. 78 % (n = 11) offered the courses to TFM as well as of anderer Gebiete die Teilnahme. Die Dozierendenteams waren inter- other specialties. Lecturers mainly operated interprofessional. disziplinär zusammengesetzt. Die Checkliste TtT wurde unter Be- Checklist TtT was adopted and revised by the help of 13 CC teiligung von 13 KW angepasst und im Dezember 2019 konsentiert. and consensus was found in December 2019. Schlussfolgerungen Conclusions Die meisten KW boten im Befragungszeitraum TtT-Programme At time of the study, the majority of CC offered TtT-courses, an, die Inhalte orientieren sich an der Checkliste TtT. Die didakti- predominantly in accordance with the TtT-checklist. Length of sche Ausgestaltung und der zeitl. Umfang der Seminare sind he- time as well as teaching techniques of TtT-courses differed in terogen. Die Implementierung von TtT-Seminaren in den KW All- between the CC. In summary, implementation of TtT-courses gemeinmedizin ist erfolgreich umgesetzt. Die überarbeitete in CC for family medicine has been completed. The revised DEGAM-Checkliste TtT kann zur Sicherstellung von Mindeststan- TtT-checklist could proof useful to ensure minimum standard. dards genutzt werden. Der nächste Schritt ist die Anbindung der The next steps include stable integration of TFM by broad im- WBB durch eine breite Implementierung von TtT-Folgetreffen. plementation of iterative TtT-courses . Schlüsselwörter Keywords Allgemeinmedizin; Train-the-Trainer-Seminare; didaktische Family Medicine; train the trainer; teaching skills; postgraduate Qualifikation; Facharztweiterbildung; Kompetenzzentrum medical education/vocational training; Competence-Centers Weiterbildung Allgemeinmedizin for post-graduate medical education 1 Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung; 2 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Allgemeinmedizin; 3 Universitätsmedizin Rostock, Institut für Allgemeinmedizin; 4 Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin; 5 Vernetzungsstelle Weiterbildung Allgemeinme- dizin, Lübeck; 6 Universitätsklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut; 7 Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Institut für Allgemeinmedizin; 8 Charité-Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin Peer reviewed article eingereicht: 06.11.2020, akzeptiert: 05.01.2021 DOI 10.3238/zfa.2021.0204–0209 © Deutscher Ärzteverlag | ZFA | Zeitschrift für Allgemeinmedizin | 2021; 97 (5)
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