ZOOM AUFS DENKMAL JAHRHEFT #84 2020 - Das Ritterhaus Bubikon
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Bildnachweis Seite 6: Zur Verfügung gestellt von der Schwei- zerischen Kommende des Johanniterordens Ritterhausstrasse 35 Seite 8: Zur Verfügung gestellt von der Schwei- 8608 Bubikon zerischen Kommende des Johanniterordens Tel. 055 243 39 74 Seite 9: Ritterhausgesellschaft Bubikon info@ritterhaus.ch Seite 11: Marco Zanoli www.ritterhaus.ch Seiten 13, 15, 17: Staatsarchiv Zürich Seiten 21, 23: Marco Zanoli ISSN 2235-4751 Seite 25: Reto Spinazzè Jahrheft der Ritterhausgesellschaft Bubikon Seite 26: Ritterhausgesellschaft Bubikon Seite 27: Ritterhausgesellschaft Bubikon Redaktion: Boris Bauer Seite 28: Reto Spinazzè Design und Layout: spinazze.ch, Rüti Seite 29: Meinrad Schade Druck: Eristra-Druck AG, Rüti Seite 31: Daniela Tracht Seiten 36–39: Marco Zanoli, Reto Spinazzè Ritterhausgesellschaft Seiten 46, 49: Marco Zanoli Bubikon, 2021 Seite 54: Reto Spinazzè 2
INHALT 6 Zum Gedenken an Kommendator Cornel Fürst 8 Nachruf auf Ehrenkommendator Fernand Oltramare 10 «durch die lieben fruentschaft» Die Grafen von Toggenburg und die Kommende Bubikon 20 Jahresbericht des Vorstandes 2020 24 Museumssaison 2020 30 Sanierungen im Ritterhaus Bubikon 2020 36 Ausflug der Betriebskommission nach St. Martin in Zillis 40 Protokoll 84. ordentliche Hauptversammlung 41 Jahresrechnung 46 Das Betriebsjahr 2020 50 Mitteilungen Organisatorisches 5
Von Rechtsritter Peter Ziegler ZUM GEDENKEN AN KOMMENDATOR CORNEL FÜRST 1931 geboren, wuchs Cornel Fürst in Wä- denswil am Zürichsee auf, studierte nach dem Besuch des Realgymnasiums Medizin an den Universitäten Zürich und Paris und legte 1955 das Staatsexamen ab. In Florenz lernte er Marie-Louise de Fraper du Hellen kennen, mit der er sich 1959 verheiratete, und die ihn, den Vater einer Tochter und zweier Söhne, unermüdlich lebenslang in seinen vielseitigen Tätigkeiten unterstützte. Der Entschluss, sich auf Rheumatologie und physikalische Medizin zu spezialisieren, führten Cornel Fürst u. a. ans Kantonsspital St. Gallen, in die Rheumaklinik in Zürich, an die Universität Montpellier und nach London. Der Sanitätsoffizier bei der Flieger- und Flabtruppe gründete die Gesellschaft Am 17. Mai 2020 starb Dr. med. Cornel für Rheumatologie des Kantons Zürich und Fürst, Kommendator der Schweizerischen übernahm 1960 im Auftrag des Interna Kommende des Johanniterordens in den tionalen Roten Kreuzes ein Behandlungs- Jahren 1991 bis 1998. Er war langjähri- zentrum zur Rehabilitation von mit Flugöl ges Mitglied der Ritterhausgesellschaft vergifteten Patienten in Marokko. 1970 Bubikon, nahm mit Interesse an den Haupt- baute er in Wädenswil das Institut für versammlungen Teil und kam mit vielen Physikalische Therapie, eine Gruppenpra- Leuten ins Gespräch. Er besuchte gerne xis, die er bis 1989 leitete. die Anlässe im Ritterhaus Bubikon und als Kommendator des Johanniterordens 1975 wurde Cornel Fürst in die Schweize- unterstützte er in den 1990er-Jahren die rische Kommende des Johanniterordens Neuschaffung des Museums. aufgenommen, 1990 zum Rechtsritter Jahrheft #84 | 2020 ZUM GEDENKEN 6
ER WAR JEMAND, DER ÜBER DEN TELLER RAND SEINER EIGENEN GENOSSENSCHAFT WEIT HINAUS ZU BLICKEN VERMOCHTE. geschlagen und 1991 zum Kommendator ordnen und in die Burgerbibliothek Bern bestimmt. Schon in der Subkommende überführen. Auch das Gesellige kam nicht Zürich wirkte er zukunftweisend mit. Sein zu kurz: so bei Kontakten zwischen den Wort hatte Gewicht und er verstand es, Subkommenden, auf Reisen ins Burgund, durch seine Kommentare unterschiedliche nach Rhodos und Malta. Meinungen zusammenzubringen. Auch als Kommendator setzte er Akzente. Er führte Wegen seiner zurückhaltenden Art war das Bulletin ein, das noch heute erscheint wenigen bekannt, dass Kommendator und vielseitige Informationen enthält. Viele Fürst auch im Gesamtorden ein gefragter Beiträge zeugen von seinem christlichen Mitarbeiter war. So gehörte er als Mitglied Denken, so 1992: «Oft überflutet mich ein der ersten Strategiekommission «Johanni- Gefühl des Ungenügens angesichts der ter 2000» an, die der designierte Herren- immensen Not in dieser Welt. Und doch meister Oskar Prinz von Preussen ins Leben scheint es unser aller Aufgabe zu sein, aus rief. Dieser würdigt den Verstorbenen wie einer kleinen Zelle heraus, jeder an seinem folgt: «Ich habe viel von seinem ebenso Platz, Not, die an uns herantritt, zu lindern bescheidenen wie klugen Rat gelernt. Die und den Geist der Liebe, des Glaubens und ganze Arbeitsgruppe hat von seinen Bei- der Hoffnung da und dort zu verbreiten.» trägen profitiert und das Ergebnis ist dem Gesamtorden zugutegekommen, denn er Es war Cornel Fürst ein Anliegen, das Or- war jemand, der über den Tellerrand seiner densleben in der Schweiz zu erneuern und eigenen Genossenschaft weit hinaus zu die Ziele durchzusetzen. Er aktualisierte alle blicken vermochte. Er war ein Vorbild in Merkblätter, machte reihum Besuche in den uneigennütziger und weitsichtiger johanni- Subkommenden und liess das Ordensarchiv terlicher Pflichterfüllung.» × 7
NACHRUF AUF EHRENKOMMENDATOR FERNAND OLTRAMARE Von Daniel Gutscher, Regierender Kommendator der Schweizerischen Kommende des Johanniterordens Zwei Jahre nach seinem Vater Hugo Oltramare war er in den Orden eingetre- ten, ein Jahr vor seinem Bruder Yves. Sie zusammen bildeten das «Triumvirat Oltra- mare», welches am Anfang einer Genfer Johanniter-Gruppe stand, bevor 1959 die Subkommende Genf entstand, die bis 1977 von Fernand Oltramare, dann von seinem Bruder Yves geleitet wurde. 1965 wurde Fernand Oltramare durch den Herrenmeis- ter S.K.H. Wilhelm-Karl Prinz von Preußen zum Rechtsritter geschlagen. Einige Stationen seines Wirkens im Orden: An der Seite und unter der Leitung des damaligen Kommendators Robert von Stürler wirkte er entscheidend mit an der Bildung der Allianz der Orden vom Heiligen Johannes von Jerusalem ab 1961. Auf Anfrage des Herrenmeisters S.K.H. Wilhelm- Am Samstag, 12. September 2020, hat Gott Karl von Preußen führte er Henrik Beer, Fernand Oltramare, Ehrenkommendator Generalsekretär des IKRK, sowie Visser ’t der Schweizerischen Kommende des Johan- Hooft, Sekretär des Ökumenischen Rates niterordens, zu sich heimgerufen. der Kirchen sowie auch dessen Mitarbeiter Axel von dem Bussche-Streithorst an den Ehrenkommendator Fernand Oltramare Orden heran; Letzterer einer der Heroen in war während 53 Jahren im Orden aktiv und der Widerstandsgruppe des 20. Juli 1944 trat als hervorragende Persönlichkeit in den gegen Adolf Hitler. ersten Jahren der Schweizer Johanniter hervor. Jahrheft #84 | 2020 NACHRUF 8
Von 1972 bis 1987 war Fernand Oltramare erst Vizepräsident der Allianz der Johan- niterorden und danach deren Präsident, gerade als diese 1981 in Bubikon ihr 20-jäh- riges Bestehen feierte. Anlässlich dieses Jubiläums und in Erinnerung an die ersten Allianz-Gespräche, die 1958 ebenfalls im Ritterhaus stattgefunden hatten, über- reichte er der Ritterhausgesellschaft eine Wappenscheibe, die im Rittersaal montiert wurde und bis heute dort zu sehen ist. Auf Anraten des Herrenmeisters war er auch derjenige, der massgebend für die Gründung der Französischen Kommende zuständig war (Saint-Jean de France). Er brachte dank seiner Aktivitäten in Paris eini- ge Freunde wie Jean-Pierre Mallet sowie die Herren Christian de Pourtalès, Antoine de Clermont und Pfarrer Hugues de Cabrol zum Orden; Persönlichkeiten, die als Väter der neuen Kommende gelten dürfen. Bis 1965 Fernand Oltramare war der Ritterhaus- war Fernand Oltramare selber ihr Mitglied. gesellschaft Bubikon auch persönlich verbunden und überliess dieser im Jahr Schliesslich ist ein dritter Strang zu erwäh- 1998, vermutlich anlässlich der Museums- nen: Auf Bitten des Ordenskanzlers Hans neugestaltung, wertvolle Bücher für die von Cossel wurde Fernand Oltramare 1965 Bibliothek, darunter die Bände 1 und 2 der Mitglied des Kuratoriums für die Kaiserin «Histoire des chevaliers de l’ordre de S. Jean Auguste-Victoria-Stiftung auf dem Ölberg de Hierusalem» von I. Baudoin, Paris 1659. zu Jerusalem. Dieses im Jahr 1910 eröffnete Unter dem Kommendator Vincent von ursprünglich deutsche Hospiz leistet medizi- Sinner wurde Fernand Oltramare zum Dank nische Versorgung für die Palästinenser im für sein Engagement für den Orden auf Westjordanland und dem Gazastreifen, ein- einstimmige Empfehlung des Konvents schliesslich spezialisierter Therapien in den 1987 zum Ehrenkommendator ernannt. Krebs-, Diabetes- und Kinderabteilungen. Sein Wirken bleibt in der Schweizerischen Für die etwa 4.5 Millionen Palästinenser, Kommende und auch in der Ritterhausge- die im Gazastreifen und im Westjordanland sellschaft Bubikon, die ihm so vieles verdan- leben, ist es die einzige medizinische Ein- ken, unvergessen. × richtung mit hohem Standard. Das aktuelle Engagement der Schweizerischen Kommen- de in dieser Stiftung dauert weiterhin an. 9
Von Jonas Krähemann und Noemi Bearth «DURCH DIE LIEBEN FRUENTSCHAFT»1 DIE GRAFEN VON TOGGENBURG UND DIE KOMMENDE BUBIKON Betritt man zu Beginn des Rundgangs lichen Toggenburger im Kontext des durch das Ritterhaus Bubikon die Kapelle Investiturstreits in den 1080er-Jahren eine der einstigen Johanniterkommende, so empfindliche Niederlage gegen das kai- sticht einem direkt das Wappen der Familie sertreue Kloster St. Gallen und Abt Ulrich von Toggenburg sowohl auf dem Stifterbild von Eppenstein (†1121) eingesteckt hatten, an der Chorwand wie auch auf einer Grab- blieben sie während des 12. Jahrhunderts platte, die sich in der Mitte des Raumes wohl eher passiv, was territoriale Ambi befindet, ins Auge. Unmittelbar stellt sich tionen anbelangte.3 Im Zuge des Macht also den Besuchenden des Ritterhauses die verlustes der Stauferkaiser gegen Ende des Frage nach der Verbindung zwischen der 12. Jahrhunderts bot sich aber vermehrt Familie von Toggenburg und der Johan- die Gelegenheit, den Herrschaftsraum niterkommende Bubikon. Die Ursprünge erneut durch Erwerb von Gütern nördlich dieser über Jahrhunderte andauernden des Zürichsees zu vergrössern. Mit diesen Verbindung sollen hier in den Ansätzen Ambitionen waren die Toggenburger rekonstruiert und die enge Beziehung allerdings nicht allein, was durchaus zu zwischen den Vertretern der Kommende Spannungen zwischen den verschiedenen Bubikon und Familienangehörigen der Adelsgeschlechtern führte. Trotzdem erho- Toggenburger mit einzelnen Urkunden ben sich die Toggenburger zu Beginn des beispielen veranschaulicht werden. 13. Jahrhunderts in den Stand der Grafen, was ihre Wiedererstarkung bezeugt. Wer waren die Toggenburger eigentlich? Das Freiherren- respektive ab 1209 Grafen Wie viele lokale Adelsgeschlechter ver geschlecht verfügte über ein familiäres suchten also auch die Toggenburger im Netzwerk sowie ein Wirkungsgebiet, das 13. und 14. Jahrhundert ihre herrschaft- von den Regionen St. Gallen, Wil (SG), liche Stellung auszubauen.4 Durch eine dem Unteren Toggenburg, dem Zürichgau, geschickte Heiratspolitik mit den Mont- Schaffhausen bis in den süddeutschen fortern, den Werdenbergern und den Raum reichte.2 Nachdem die papstfreund- Frohburg-Hombergern konnten sie sich Jahrheft #84 | 2020 GRAFEN VON TOGGENBURG 10
im Laufe des 13. Jahrhunderts erfolgreich Herrschaftsraum im 14. Jahrhundert im Unteren Toggenburg etablieren. Den durch den Kauf weiterer Besitzungen und Toggenburgern gelang es ab 1292 ausser- Pfänder nochmals markant vergrössern dem, zu den wichtigsten regionalen Mili- (Abb. 1). Mitte des 15. Jahrhunderts löste tärunternehmern zu werden. Dadurch war sich das Herrschaftsgebiet der Toggen- ihre Liquidität gewährleistet. Sie erwarben burger indes nach dem Tod des letzten weitere Herrschaftsrechte und standen männlichen Toggenburgers auf und in einem guten Verhältnis zu Zürich und die Streitfragen um das Toggenburger Rom. Zudem hatten sie eine zentrale Erbe mündeten in den Alten Zürichkrieg Funktion in der Friedenswahrung inne (1436–1450).5 Die Ära eines über gut und nahmen wichtige klerikale Ämter zweihundert Jahre erfolgreichen Grafen- wahr. Die Toggenburger konnten ihren geschlechts ging damit zu Ende. Abb. 1: Karte zum Herrschaftsgebiet der Familie von Toggenburg bis 1436 (Karte erstellt durch Marco Zanoli). → 11
Nachfolgend soll nun besprochen werden, umfangreichen Güter im Zürichseeraum welche Verknüpfungen sich zwischen der damit sozusagen auf den Markt kamen. Familie Toggenburg und der Kommende Die Toggenburger schienen sich im Zuge Bubikon finden lassen. Diese Frage wird ihrer Expansion in ebendiese Gegend dazu einerseits für den Zeitpunkt der Gründung ermächtigt gefühlt zu haben, Teile dieser und die unmittelbaren Folgejahre, ande- Erbmasse für sich zu beanspruchen. Einige rerseits für das 13. und 14. Jahrhundert Güter bei Hinwil, Kempten, Grüt und mit einem kurzen Einblick in ausgewähltes Alt-Hellberg befanden sich gemäss Erwin Urkundenmaterial erörtert. Eugster wohl im Besitz der Rapperswiler und wurden nach 1192 von den Toggen Die Gründung und die Folgejahre6 burgern an das Kloster St. Johann im Wie bereits erwähnt, versuchten sich die Thurtal gestiftet.9 Offenbar hatten also die Toggenburger gegen Ende des 12. Jahr- Toggenburger diese Güter von den Rap- hunderts in der Nordostschweiz vermehrt perswilern entweder geerbt oder einfach auszubreiten. Allerdings sahen sich die besetzt. Dass die Güter schon so bald an Toggenburger in diesem Unterfangen im ein Kloster gestiftet wurden, spricht für Osten von St. Gallen, im Norden von den letzteres. Interessant an dieser Stiftung ist Nellenburgern sowie im Süden und Westen der Fakt, dass mit den oben genannten von den Rapperswilern, den Kyburgern, Gütern auch Bubikon an das Kloster gestif- Zähringern und Regensbergern umringt tet wurde, was eine Rapperswiler Vergan- und begrenzt. Diese Geschlechter hatten genheit Bubikons zwar nicht belegt, aber zum Teil stark vom Aussterben der Lenz- diesen Schluss dennoch nahelegt.10 burger und der südlichen Nellenburger profitiert und konnten so ihre Macht Doch die Stiftung an das Kloster St. Johann ausbauen.7 Zu den Erben gehörten unter war bekanntlich noch nicht die Endstation anderen die Kyburger. Diese verfolgten des Guts in Bubikon. Um die weitere Grün- in der Folge eine Taktik, die in der Ge- dungsgeschichte besser nachvollziehen zu schichte der Entstehung der Kommende können, sollte eine gängige Taktik damali- in Bubikon von Bedeutung ist: Hatte ein ger Adelshäuser beachtet werden. Eugster Adelsgeschlecht von den obengenannten nennt diese Taktik «Neutralisation».11 Dabei Erbschaften in Form von Gütern profitiert, werden frei gewordene, territorial umstrit- so wurden diese Güter durch die Kyburger tene Güter vom schnellsten Kontrahenten beansprucht und besetzt, sobald auch diese besetzt und sogleich an unbeteiligte Dritte Geschlechter ausgestorben waren.8 (meist geistliche Institutionen) gestiftet. Gleichzeitig sicherte man sich dabei die Die Kyburger machten also aufgrund von Vogteirechte an den gestifteten Gütern früheren Erbschaften Ansprüche auf Güter und konnte somit vielseitig von den Gütern nun ausgestorbener Miterben geltend. Im profitieren: Erstens wurden die Güter so Zusammenhang mit Bubikon erlangt dieses dem Einfluss der adligen Konkurrenz ent- Vorgehen weitere Bedeutung, da im Jahre zogen. Zweitens warfen die Vogteirechte 1192 die Rapperswiler ausstarben und ihre der Güter Gewinn ab, ohne dass man diese Jahrheft #84 | 2020 GRAFEN VON TOGGENBURG 12
Abb. 2: Diethelm von Toggenburg stiftet dem Johanniterorden ein Haus und eine Kirche in Bubikon (Reproduktion des StAZH: Urkunde C II 3, Nr. 1, r (entspricht UBZ I, Nr. 354)). selbst bewirtschaften musste. Drittens versprach man sich von Stiftungen an geist- Ich, Diethelm von Toggenburg, habe für liche Orden immer auch eine Besserung das ewigwährende Heil meiner Seele und des eigenen Seelenheils. Viertens musste sowohl derer meiner ganzen vorange- man in Zukunft auch nicht damit rechnen, gangenen Verwandtschaft als auch der die Güter im Rahmen der Vogtei verteidi- darauffolgenden, so wie ich sie hatte gen zu müssen, da Besitztümer geistlicher und mit allem Recht, meinen Hof und Institutionen in der Regel nicht angegriffen Kirche in Bubikon, welche ich nach dem wurden – auch potenzielle Besetzer hatten Recht des Eigentums als Erbe besessen allerseits stets Angst vor negativen Folgen hatte, mit allen ihren Gütern drinnen und ihres Handelns auf das eigene Seelenheil. draussen, kultiviert und unkultiviert, dem Spital des hl. Johannes jenseits des Mee- Es ist also davon auszugehen, dass Diet- res [Johanniter] überschrieben. […] 13 helm V. von Toggenburg das Gut in Bubikon kurz nach der Besetzung an besagtes Klos- ter gestiftet hatte, da er es wohl aufgrund Hier gibt es einige Dinge hervorzuheben: hohen territorialen Drucks der Kyburger Diethelm nennt hier einen Grund für die und vielleicht auch anderer Geschlechter Vergabe – sein Seelenheil und das seiner selbst nicht hatte halten können. Neben Verwandtschaft – und verschweigt dabei dem Fakt, dass Bubikon heute eine Johan- jegliche politischen Motive. Dies ist für niterkommende und kein Kloster ist, belegt Urkunden dieser Zeit jedoch nicht unge- eine erhaltene Urkunde Diethelms V. die wöhnlich; die Urkunden bestehen über Stiftung des Hauses an den Johanniteror- weite Strecken aus Floskeln und Formeln. den (Abb. 2).12 Darin schreibt der Freiherr: Des Weiteren behauptet Diethelm, er habe das Gut als Erbe besessen, obwohl er es wahrscheinlich bloss besetzt hatte. Diese Behauptung führte in der Forschung zu diversen Thesen: Unter anderem wurde angenommen, Diethelms V. Sohn oder Enkel hätten vielleicht eine Rapperswilerin → 13
geheiratet und Bubikon sei deshalb als was dem Kloster möglicherweise ein Dorn Mitgift oder als normales Erbe an die Tog- im Auge war, weshalb es eventuell versuch- genburger gelangt. Diese Behauptungen te, von den Toggenburgern unabhängiger wurden jedoch nie bewiesen. Die Annah- zu werden.19 Jedenfalls hatte Diethelm das me, die Toggenburger könnten bereits Gut danach für zwei Jahre einem Verwal- früher – im 11. Jahrhundert – in Bubikon ter übergeben, bevor er es schliesslich begütert gewesen sein, bevor sie von dort (zwischen 1195 und 1198)20 auf Rat Papst verdrängt wurden, scheint aus den nach- Coelestins III. an die Johanniter stiftete. folgenden Gründen naheliegender: Ein Eintrag in den Einsiedler Traditionsnotizen Diesen Brief an Innozenz III. – und damit die besagt, dass ein Diethelm von Bubikon und wertvolle Schilderung der Geschehnisse – dessen Sohn Ulrich dem Kloster Güter ge- haben wir dem Umstand zu verdanken, dass stiftet haben.14 Der Name Diethelm in Ver- die Mönche aus dem Thurtal den Entzug bindung mit Bubikon lässt dabei aufhor- und die Stiftung an die Johanniter nur chen. Aus einer anderen Urkunde wissen wenige Jahre später derart energisch be- wir, dass sich zu derselben Zeit die ersten kämpften, dass man sich in Bubikon und im Toggenburger in den Urkunden als Zeugen Toggenburg zur Anrufung höherer Instan- zeigen: Diethelm (I.) von Toggenburg mit zen genötigt sah.21 Da die Angelegenheit in seinen Söhnen Ulrich und Berchtold.15 Die Rom offenbar keine unmittelbare Priorität Parallelen sind unübersehbar. Es wäre also genoss, dauerte der Streit mit den Benedik- durchaus möglich, dass sich die Toggenbur- tinern jedoch noch bis 1215 an. Auf dem ger als Erben Bubikons betrachteten, weil Konzil in Rom wurde dann entschieden, sie dort schon früher begütert waren. dass die Johanniter im Besitze Bubikons bleiben und die Benediktiner dafür mit Wie aber kommt es nun zu diesem erneu- 50 Mark Silber entschädigen sollten. So ten Besitzerwechsel? Diethelm verfasste kann Bubikon ab 1216 als gesicherter einige Jahre nach der Stiftung an die Besitz der Johanniter betrachtet werden. Johanniter – wohl kurz nach 1200 – einen Schon zu dieser frühen Zeit wurde die Brief an Papst Innozenz III.,16 in welchem Kommende mit den ersten Gütern ausge- er diesem die Geschichte Bubikons erläu- stattet, denn die Nachfolger der ausge- tert:17 Bald nach der Stiftung an das Kloster storbenen Rapperswiler – man bezeichnet St. Johann hatte Diethelm sich Bubikon sie ab etwa 1210 als Neu-Rapperswiler – wieder zurückholen müssen, da sich die hatten wohl im Rahmen eines Kompromis- Benediktiner offenbar nicht an eine (leider ses mit den Toggenburgern diverse Güter nicht genannte) Abmachung (pactio) ge- gestiftet. Sie verzichteten auf Bubikon, halten hatten.18 Vermutlich handelte es sich welches sie ursprünglich wohl beansprucht dabei um Vogteirechte, die den Toggen- hatten, da es vor 1192 noch ihren Vorgän- burgern nicht überlassen worden waren. gern gehört hatte. Sie erhielten dafür von Die Toggenburger waren wahrscheinlich den Toggenburgern Güter am Obersee und bereits in den 1190er-Jahren Vögte grosser wurden in der Kommende als Mitstifter Teile des Besitzes des Klosters St. Johann, verehrt.22 Jahrheft #84 | 2020 GRAFEN VON TOGGENBURG 14
Abb. 3: Friedrich und Wilhelm von Toggenburg übertragen die Vogtei über den Hof Hinwil an die Kommende Bubikon (Reproduktion des StAZH: Urkunde C II 3, Nr. 13, r (entspricht UBZ IV, Nr. 1496)). Einblick in die Beziehungsverhältnisse und der Kirche in Tobel als Ersatz für die im 13. und frühen 14. Jahrhundert zurückzugebenden Güter, andererseits die Für die weitere Entwicklung der Kommende nächsten beiden Urkunden (UBZ IV, Nr. 1495 Bubikon verlor ihre Stifterfamilie auch nach und Nr. 1496 (Abb. 3)) aus dem Jahr 1272 zu dem geschlichteten Streit mit dem Kloster zeigen.25 Darin verzichteten die Grafen von St. Johann im Thurtal nicht an Bedeutung, Toggenburg zu Gunsten der Kommende ganz im Gegenteil. Unterschiedliche Studien Bubikon auf die Vogteien über den Hof zu haben gezeigt, dass Kommenden sich Hittenberg26 und über den Hof des Meiers besser entwickeln konnten, wenn sie sich im in Hinwil, worauf das Kloster St. Johann Einflussgebiet ihrer Stifterfamilie befanden die Kommende Bubikon als neuen Vogt respektive auf deren Unterstützung zählen annahm.27 konnten.23 Dass dies für die Kommende Bubikon in einem hohen Masse der Fall war, So steht in der Urkunde UBZ IV, Nr. 1496 soll nachfolgend mit einigen besonders geschrieben: sprechenden Beispielen aus dem Bubiker Urkundenbestand gezeigt werden. Alle, die disen brief ane sehint alder hoerint lesin, den kiunde ich Fr[iedrich] Am Anfang manifestierte sich die Unter- und ich Wil[helm], wir gebrouder beide stützung der Kommende vor allem in der von Togginburch, de wir den broudern Schenkung des Guts in Bubikon. Wie aus von Boubinchon Santihannes ordines von der Urkunde UBZ I, Nr. 445 von 1228 her- dem spitale ze Ierusalem gegebin haben vorgeht, hat Diethelm von Toggenburg die vogteige uber den hof ze Hiunewille der Kommende wohl noch viele weitere und uber alle g. die liute und de gout Güter vermacht. Diese befanden sich in alliz, de in den selbin hof hoerit und den heutigen Kantonen Thurgau und zinshaft ist dem gotshuse ze Santihanne St. Gallen. In der genannten Urkunde wird in Turtal, […]. aber keinesfalls deren Schenkung besiegelt, sondern deren Rückgabe an Toggenburger- Familienangehörige infolge eines Erbstrei- Die Urkunde bezeugt, dass die Grafen von tes.24 Dies könnte den Eindruck erwecken, Toggenburg rund 80 Jahre nach der Grün- dass nach Diethelms Tod die Unterstützung dung der Kommende Bubikon wichtige der Kommende von Seiten der Toggen- Rechte in die Hände der Bubiker Johanniter burger endete. Dass dem nicht so war, übergaben und das Kloster St. Johann sich vermögen einerseits der Erhalt des Hofs wieder dem Orden unterzuordnen hatte. → 15
Die besitzpolitische Entwicklung der Kom- hätten wohl auch die Herrschaftsentwick- mende konnten die Toggenburger aber lung des Johanniterhauses positiv beein- nicht nur von aussen mittels Schenkungen, flusst. Die Quellenbasis ist zu schmal, um sondern auch von innen beeinflussen. So hier verlässliche Aussagen zu wagen. Dass liessen sie eigene Familienangehörige in gewisse Beziehungen und Kontakte nur den Orden eintreten und konnten so die aufgrund seines familiären Netzwerkes Politik der Kommende mitgestalten. Ein bestanden hätten, kann nicht bewiesen frühes Beispiel dafür ist Magister/Komtur werden. Fakt ist, dass die Kommende zum Heinrich von Toggenburg (1255–1265?).28 Zeitpunkt des Ordenseintritts Heinrichs Das Spezielle an ihm ist, dass er als erster noch nicht über ein Besitzvolumen – und Komtur Bubikons eine aktive Besitzpolitik dadurch auch nicht über Reichtum und vertrat. So erhielt er nicht Prestige – verfügte, wie nur Güter geschenkt oder verliehen, sondern er HEINRICH es in einer späteren Periode der Fall war. verkaufte 1259 ein Grund- stück in Schwarzenbach MISCHTE AKTIV Deshalb können diese Komponenten nicht als bei Hombrechtikon29 und IN DER BESITZ Gründe für Heinrichs beantragte im Jahr 1260 beispielsweise die Verlei- ENTWICKLUNG Ordenseintritt ausge- macht werden. Hinge- hung des Gutes in Bärets- wil an das Kloster Rüti DER KOMMENDE gen können politische Ambitionen, die die durch Abt Berthold von MIT. Familie Toggenburg St. Gallen.30 Auch konnte mit ihrer Stiftung und er sich innerhalb eines Güterstreits durch der Einsetzung Heinrichs ins Komturenamt setzen und tauschte sogar Güter und Rechte möglicherweise verfolgte, in Betracht gezo- mit dem Bischof Eberhard von Konstanz gen werden.33 (†1274).31 Demnach mischte Heinrich aktiv in der Besitzentwicklung der Kommende Wie bereits hervorgehoben wurde, ist aber mit, was ihn von vorherigen Komturen auch nach Heinrichs Amtszeit kein Abbruch unterschied. in den Beziehungen zur Familie von Toggen- burg erkennbar, wie das Beispiel aus dem Es ist bezeichnend, dass mit Heinrich an Jahr 1272 zeigte. Auch im 14. Jahrhundert der Spitze der Wandel der Kommende vom können solche Handänderungen oder Be- reinen Herrschaftsinstrument konkurren- günstigungen der Kommende Bubikon von zierender Adelsfamilien zum autonomen Seiten der Familie von Toggenburg bezeugt Herrschaftsträger auszumachen ist.32 werden. In den Jahren 1312 bis 1314 erhielt Deshalb könnte angenommen werden, die die Kommende weitere Schenkungen, wie Toggenburger hätten durch diverse Schen- beispielsweise eine Wiese am Egelsee in kungen nicht nur die Besitzentwicklung der Bubikon von Graf Kraft von Toggenburg.34 Kommende begünstigt, sondern Heinrichs Neben der Wiese am Egelsee, die hier ver- Netzwerk und das Ansehen seiner Familie mutlich wenig interessant scheint, bekam Jahrheft #84 | 2020 GRAFEN VON TOGGENBURG 16
das Johanniterhaus 1314 die Fischereirechte und die Präsenz der Kommende im umlie- in demselben See (Abb. 4). Graf Friedrich genden Gebiet dadurch gestärkt. Folglich von Toggenburg, als Pfleger der Herzöge wurde die Kommende auch lange nach von Österreich für Grüningen, beurkun- dem Stiftungsakt von der Familie Toggen- dete dabei, dass die Leute von Widenswil burg in verschiedener Weise unterstützt (Pfarrei Bubikon) nach einem langen Streit und es wurde ein freundschaftliches Ver- auf das Recht verzichteten, im Egelsee hältnis gepflegt. zu fischen und zu rossen. Dies war fortan nur noch dem Johanniterhaus erlaubt, da Fazit «der egenande Egelse ir [der Kommende] Dieser Beitrag widmete sich der Beziehung eingenlich ist».35 zwischen der Kommende Bubikon und den Grafen von Toggenburg. Aus der Analyse Ein letztes, auf den ersten Blick unbedeu- des Bubiker Urkundenbestandes geht klar tendes Beispiel soll hier noch angeführt hervor, dass die einstige Stiftung der Grafen werden: 1327 erhielt die Kommende von von Toggenburg bis zu deren Aussterben Graf Kraft von Toggenburg das Wegrecht aktiv durch Schenkungen und weitere Be- über eine Wiese in Hombergrain, west- günstigungen unterstützt und die Besitz- lich von Bubikon. Interessant ist dabei politik zeitweise mit einem Toggenburger der Hinweis, dass dies «durch die lieben an der Spitze der Kommende beeinflusst fruentschaft» geschehen sei, was wohl das wurde. Es scheint, als habe die Kommende Verhältnis der Kommende von Bubikon Bubikon – anders als das Kloster St. Johann mit Graf Kraft von Toggenburg prägnant – ein gutes Verhältnis zu ihren Stiftern zusammenzufassen vermag.36 Durch die gepflegt und von diesen wohl auch sehr Toggenburger wurde im ersten Drittel des profitiert. Diese wertvolle Unterstützung 14. Jahrhunderts die Kommende Bubikon ist bis heute vor Ort und in den Urkunden nachweislich immer noch aktiv unterstützt überliefert. → Abb. 4: Graf Kraft von Toggenburg beurkundet den Entscheid über die Fischereirechte im Egelsee (Reproduktion StAZH: Urkunde C II 3, Nr. 42, r (entspricht UBZ IX, Nr. 3312)). 17
Anmerkungen bearb. v. Otto Clavadetscher, Bd. 3., St. Gallen Vgl. Urkundenbuch der Stadt und Landschaft 1 1983, Nr. 1031, S. 101. Ulrich behauptet in dieser Zürich (UBZ), hg. v. Jakob Escher u. Paul Schweizer, Urkunde, Rudolf habe nach seinem Tod das Gut bei 13. Bde., Bd. 1–13, Zürich 1888–1957, hier UBZ XI, Illnau jemandem rechtens (iure) vererbt bevor er Nr. 4111. selbst (Ulrich) die Güter dieses Erben geerbt habe. Vgl. Eugster, Erwin: Toggenburg, von (SG), in: 2 Ebd.: […] nobilis vir Vlricus comes de Chiburch […] HLS 12, 2012, S. 414f. Zwischen 1228 und respondit quod possessionem eiusdem predii ab eo 1292/1299 verloren die Toggenburger Vogteien aceperit, qui ipsum predium iure hereditavit […]. einiger ihrer Herrschaftsgebiete sowie auch die vier Um das Gut nun selbst besitzen zu können, stellt Festungen Alt-Toggenburg, Luterberg, Lütisburg er nun (etwa 60 Jahre später) die Urteilsfähigkeit und Uznaberg. Infolgedessen wurde Neu-Toggen- Rudolfs von Weisslingen aufgrund einer angebli- burg zu ihrem Herrschaftszentrum. chen Senilität oder Geisteskrankheit in Frage und Vgl. Clavadetscher, Otto Paul: Aufstieg, Macht 3 will dadurch dessen Stiftung an das Kloster für bereich und Bedeutung der Grafen von Toggen- nichtig erklären lassen, wodurch das Gut Ulrich burg, in: Ders. et al. (Hg.): Die Stadt Uznach und selbst zugeführt würde, denn er sah sich als legiti- die Grafen von Toggenburg. Historische Beiträge men Erben der Rapperswiler Güter. zum Uznacher Stadtjubiläum 1228–1978, Uznach 9 Vgl. Eugster, Territorialpolitik, S. 260. 1978, S. 9–36. 10 Vgl. ebd. S. 259–261. Vgl. Sablonier, Roger: Adel im Wandel. Eine 4 11 Vgl. ebd. S. 10. Untersuchung zur sozialen Situation des ost- 12 UBZ I, Nr. 354, S. 235. schweizerischen Adels um 1300, Göttingen 1979 13 Ebd.: Ego Diethelmus de Togginburch ob remedium (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für anime mee sempiternum ac totius parentele mee Geschichte 66), S. 254–259. tam precessorum quam succedentum curiam meam 5 Vgl. Eugster, Toggenburg, S. 414f. Ende des et ecclesiam in Bubinchon, que iure proprietatis ex 14. Jahrhunderts wurde das Erbe zwischen den hereditate possederam, cum omnibus pertinentiis zwei männlichen Erben Donat (erw. 1353–1400) suis, intus et foris, cultis et incultis, ad hospitale und Friedrich VII. (†1436) aufgeteilt. Nach Donats transmarinum sancti Iohannis cum omni iure, sicut Tod kaufte Friedrich VII. fast das gesamte Erbe habueram, prorsus contuli […], Übers. von Jonas auf. Dadurch kam es zu einer Verschiebung des Krähemann. Wirkungsraums nach Osten, insbesondere durch 14 Vgl. Quellenwerk zur Entstehung der schweizeri- weitere Erwerbungen aus dem Erbe der Matschs, schen Eidgenossenschaft. Urkunden, Chroniken, seiner Gattin Elisabeth von Matschs Familie. Nach Hofrechte, Rödel und Jahrzeitbücher bis zum dem Tod Friedrichs gab sich die Alleinerbin Elisa- Beginn des XV. Jahrhunderts. Abt. II: Urbare und beth von Matsch unter den Schutz der Stadt Zürich. Rödel bis zum Jahr 1400, Bd. 3: Rödel von Luzern Grund dafür waren Forderungen Österreichs, des (Kloster im Hof und Stadt), Muri und Rathause nun Reiches und von Verwandten. Vgl. ebd., S. 414f. der Herren von Rinach, Nachträge, bearb. v. Paul Vgl. zu diesem Abschnitt Krähemann, Jonas: 6 Kläui, Aarau 1951, S. 372: Diethelmus de Bubinckon Hintergründe und Ursachen der Stiftung der dedit praedium in Kentbraten. Udalricus de Bu- Johanniterkommende in Bubikon, binckon Diethelmi filius dedit dimidiam hubam in https://doi.org/10.5167/uzh-194584. villa Volchlinkon, vgl. ebd. Anm. 13. Vgl. Eugster, Erwin: Adlige Territorialpolitik in der 7 15 UBZ I, Nr. 233, S. 127: […] Diethelm et filii eius Ostschweiz. Kirchliche Stiftungen im Spannungs- Berchtoldt et Uodalrich de Toccanburg […]. feld früher landesherrlicher Verdrängungspolitik, 16 UBZ I, Nr. 357, S. 237–239. Zürich 1991, S. 221–223. 17 Eine gut verständliche Übersetzung und Erläu- Der Kyburger Ulrich III. zweifelte beispielsweise 8 terung des Briefes liefert Schmid, Bruno: Der irgendwann zwischen 1209 und 1216 eine Stiftung kirchenrechtliche Streit um die Gründung des an, die Rudolf, der letzte Weisslinger, noch vor Johanniterhauses Bubikon, in: Jahresheft der seinem Tod (ca. 1152) ans Benediktinerkloster Ritterhausgesellschaft Bubikon 56, 1992, S. 13–33. St. Johann im Thurtal getätigt hatte. Vgl. Chartu- 18 UBZ I, Nr. 357, S. 238: […] mihi pactionem infringe- larium Sangallense (CS), hg. v. Herausgeber- und rent […]. Verlagsgemeinschaft Chartularium Sangallense, Jahrheft #84 | 2020 GRAFEN VON TOGGENBURG 18
Dem Kloster ging es unter den Toggenburger 19 könnte der «hoff in Herdiberg» auch als Hof in Vögten offenbar nicht sehr gut. Vgl. Eugster, Erwin: Herrliberg identifiziert werden. Vgl. UBZ XIII, Die Anfänge des Klosters St. Johann im Thurtal, Nr. 1644c. Aufgrund der geografischen Nähe in: Werner Vogler (Hg.): Das Kloster St. Johann im und der Berücksichtigung des Einflussgebiets der Thurtal. Eine Ausstellung des Stiftsarchivs St. Gallen Toggenburger, wurde hier Hittenberg gewählt. im Nordflügel des Regierungsgebäudes, St. Gallen, 27 Vgl. UBZ IV, Nr. 1495, Nr. 1496; UBZ XIII, Nr. 1496b, vom 13. April bis 5. Mai 1985. Katalog, St. Gallen Nr. 1644c. 1985, S. 25–32, hier S. 30. 28 Vgl. Feller-Vest, Veronika: Bubikon, in: Petra Für einen detaillierteren Datierungsversuch vgl. 20 Zimmer/Patrick Braun (Hg.): Die Johanniter, die Krähemann, Ursachen, S. 22–26. Templer, der Deutsche Orden, die Lazariter und Damals war es nicht unüblich, sich mit solchen 21 Lazariterinnen, die Pauliner und die Serviten in der Streitigkeiten an den Papst zu wenden – hatte Schweiz, 2 Bde., Bd. 1, Basel 2006 (Helvetia Sacra doch die Macht und Entscheidungsgewalt dessel- IV/7), S. 135–165, hier S. 145f. ben seit dem Investiturstreit stetig zugenommen. 29 Vgl. UBZ III, Nr. 1075. Aufgrund der Menge an eingehenden Anfragen 30 Vgl. UBZ III, Nr. 1128. Die Urkunde dokumentiert wurden seit Alexander III. (1159–1181) zu ihrer die Bitte des ursprünglichen Lehnsnehmers, Ritter Erledigung höhere Geistliche beordert (iurisdictio Walter Meyer von Dürnten, an den Abt Berchtold delgata). Vgl. Feine, Hans Erich: Kirchliche Rechts- von St. Gallen, das Gut – wie es auch von Hein- geschichte. Die Katholische Kirche, Köln, Wien rich, dem Magister von der Kommende Bubikon 5 1972, S. 336f. gewünscht wurde – an das Kloster Rüti weiter zu Dieser Verehrung wird auf dem Stifterbild in 22 verleihen. der Kapelle der Kommende eindrücklichen Aus- 31 Vgl. UBZ III, Nr. 1243; UBZ IV, Nr. 1309. In beiden druck verliehen. Vgl. dazu Krähemann, Ursachen, Urkunden wird Heinrich nicht namentlich genannt, S. 16–18; 65–70. sondern es wird lediglich auf den Meister von der Vgl. Starnawaska, Maria: Die Johanniter in der 23 Kommende Bubikon verwiesen. Kirchenprovinz Gnesen und im Bistum Kammin 32 Eugster setzt den Beginn dieses Prozesses ab 1260 gegenüber der weltlichen Macht. Amtsträger, an. Vgl. Eugster, Erwin: Vom Herrschaftsinstrument Berater der Herrscher, Landesherren, übers. v. zum Symbol adlig-klerikaler Lebensführung – die Beata Górska, in: Roman Czaja/Jürgen Sarnowsky Johanniterkommende Bubikon von 1190 bis zur (Hg.): Die Ritterorden als Träger der Herrschaft. frühen Neuzeit, in: Ritterhausgesellschaft Bubikon Territorien, Grundbesitz und Kirche, Toruń 2007 (Hg.): Ritterhaus Bubikon. 75 Jahre Ritterhausge- (Ordines militares. Colloquia Torunesia Historica 14), sellschaft Bubikon. 1936–2011. Festschrift, Bubikon S. 237–256, hier S. 240. 2011, S. 60–81, hier S. 70. Vgl. UBZ I, Nr. 445. Die Kommende hatte Besitz 24 33 Vgl. Bearth, Noemi: Durch Besitzakkumulation in Gampen (nordöstlich von Wil SG), Honvere (als zu Macht und Herrschaft. Eine Untersuchung Hohfuri/Homberg bei Braunau TG identifiziert), der Johanniterkommende Bubikon von der Landolswalt (evtl. Lanterswil), Märwil (TG), Wise Gründung bis zur Konventsauflösung, (evtl. Hubwiesen südwestlich von Märwil), in https://doi.org/10.5167/uzh-194009, S. 44. Affeltrangen, Buch (bei Affeltrangen TG), Langnau 34 Vgl. UBZ IX, Nr. 3144. (bei Märwil), Sedel (TG), Ebenholz, Leutswil, Stett- 35 Vgl. UBZ IX, Nr. 3312, S. 174. × furt (TG) sowie im nicht lokalisierbaren Einoede. Vgl. UBZ IV, Nr. 1495. 25 Vgl. ebd.; bei Feller-Vest, Bubikon, S. 136 wie auch 26 Fröhlich, Eigenleute, S. 56 und Eugster, Territo- rialpolitik, S. 259 als Alt-Hellberg (Gem. Gossau) identifiziert. Das in der Quelle genannte «Hede- berg» wurde im UBZ IV, Nr. 1495, S. 210, Anm. 6 als Hittenberg, Pfarrei Wald deklariert. Leider geht aus den anderen Forschungspositionen nicht hervor, weshalb sie von der ursprünglichen Lokalisierung abweichen. Im Vergleich mit weiteren Urkunden 19
JAHRESBERICHT DES VORSTANDES 2020 Von Marco Zanoli Das Jahr 2020 begann für die Betriebs- tion in der langjährigen Geschichte der kommission mit einer Strategiesitzung Ritterhausgesellschaft (RHG) und für uns zum Thema Museumsneugestaltung und alle eine sehr anspruchsvolle Zeit, da sich Finanzierung. Wie vorgesehen hatten wir die behördlichen Auflagen von Woche zu Ende 2019 die Anträge für die Weiterfüh- Woche änderten und immer wieder Anpas- rung der Betriebsbeiträge im bisherigen sungen in der Planung nötig waren. Rahmen an Kanton und Gemeinde gestellt. Eigentlich war geplant, das Jahr 2020 zu Als das Museum schliesslich am 16. Mai nutzen, um Anpassungen im Museumskon- früher als erwartet mit Schutzmassnahmen zept vorzunehmen und das Planerwahlver- wieder geöffnet werden konnte, waren wir fahren in Abstimmung mit der kantonalen erleichtert. Trotzdem blieb die Situation Denkmalpflege wieder aufzunehmen. Auch anspruchsvoll für die Mitarbeitenden und war mit der Ausstellung «Zoom» und den die Beko. Die Schutz- und Gastrokonzepte anstehenden Restaurierungen ein span- mussten ständig angepasst und die finan- nendes Museumsjahr in Vorbereitung. An zielle Situation im Auge behalten werden. der Sitzung der Betriebskommission (Beko) Dank Kurzarbeits- und Ausfallentschädi- Ende Februar dachten wir, alles sei gut gungen des Kantons kamen wir aber mit aufgegleist. einem blauen Auge davon. Die Absage aller grösseren Veranstaltungen und der Wegfall Doch dann kam plötzlich das anfänglich der Hochzeiten und Anlässe hinterliessen erst am Rand wahrgenommene Corona- jedoch Spuren in der Bilanz. Immerhin Virus in unsere Mitte und der Bundesrat erfreute sich das Museumsbistro in der Zeit, verhängte am 13. und 16. März einen in der es geöffnet werden konnte, regen Lockdown, so dass die Museumseröffnung Zuspruchs durch die zahlreichen Flanieren- verschoben werden musste, die Beko- den, Wandernden und lokalen Touristen, Sitzungen als Videokonferenzen stattfan- die sich bei schönstem Frühlings- und den und die Hauptversammlung sowie die Frühsommerwetter in der Gegend vom Vorstandssitzungen per Post durchgeführt Corona-Stress erholten. werden mussten. Eine einmalige Situa- Jahrheft #84 | 2020 JAHRESBERICHT 2020 20
Schutzkonzept im Ritterhaus – Führerinnen mit Maske. Während der Kanton die beantragten Tracht eine Vertretung zu suchen. Sie wird Mittel für die kommenden vier Jahre Ende nach 15 Jahren Ritterhaus eine Weiterbil- 2020 bewilligte, konnte die Gemeinde dung im Bereich Denkmalpflege besuchen Bubikon die Anträge wegen der Absage und in dieser Zeit nur in reduzierter Form der Gemeindeversammlung nicht mehr tätig sein, vor allem in der Koordination der behandeln. Der Gemeinderat bot der RHG Bau- und Restaurierungsmassnahmen. Aus während des Lockdowns an, mit 50’000 zahlreichen guten Bewerbungen wählten Franken den maximal möglichen jährlichen wir Noemi Bearth aus, die bereits über das Beitrag auszurichten, den der Gemeinderat Ritterhaus geforscht und Führungen im ohne Gemeindeversammlung sprechen Museum übernommen hatte. Sie übernahm könnte. Im Jahr 2021 soll die Gemeinde- die Museumsleitung im Oktober und konnte versammlung jedoch über den ursprüngli- sich bereits bei der Ausarbeitung der neuen chen Beitrag von 100’000 Franken pro Jahr Webseite, bei den Arbeiten am Museums- entscheiden. Wir müssen im Jahr 2021 also konzept sowie der anstehenden Publikation zusätzlich 50’000 Franken mit Einsparun- der «Neuen Beiträge zur Geschichte des gen und zusätzlichen Mitteln ausgleichen. Ritterhauses» einbringen. Umso wichtiger wird es, einen einiger massen geregelten Betrieb in diesem Jahr Die per E-Mail und Post durchgeführte sicher zu stellen. 84. Hauptversammlung brachte inhaltlich keine Überraschungen, wir erhielten aber Nach der Wiederaufnahme des Betriebes erstaunlich viele Rückmeldungen. Der ging ein Personalausschuss der Beko daran, bisherige Präsident, Marco Zanoli, sowie die für die langjährige Museumsleiterin Daniela Vorstandsmitglieder Christine Bernet, Jürg → 21
A. Meier und Richard Kälin wurden für eine werden konnte. Wir planen diesen Anlass weitere Amtszeit bestätigt. Miroslav Chra- nächstes Jahr in dieser Form erneut durch- mosta trat aus dem Vorstand zurück und zuführen. Ebenfalls konnten wir vor der wurde verabschiedet, ebenso die Revisorin zweiten Welle auch die Vortragsreihe zur Irmgard Stutz. Wir hoffen, beide vielleicht Geschichte des Ritterhauses durchführen. an der nächsten ordentlichen Hauptver- Mitglieder des Vorstandes und der Beko sammlung in Präsenz noch einmal verab- konnten auch am 19. September unter schieden zu können. Neu gewählt wurde der Leitung von Andreas Franz die Kirche Katrin Schubiger aus Hombrechtikon als in Zillis besuchen, deren Decke – ohne Revisorin. Der ebenfalls zur Wiederwahl an- Bemalung – Vorbild für die Decke der stehende Revisor, Andreas Sprenger, s tellte Kapelle des Ritterhauses war. Die geplante sich verdankenswerter Vorstandsreise nach Weise für eine weitere Amtszeit zur Verfügung ES IST DAMIT ZU Zypern musste leider abgesagt werden. Das und wurde ebenfalls bestätigt. RECHNEN, DASS Jahr ging schliesslich ohne den gewohnten DAS JAHR 2021 Mitarbeitenden-Anlass Im Baubereich konn- ten wir trotz Corona- EBENFALLS KEIN zu Ende, da die erneut verschärften Massnah- Massnahmen wichtige Schritte umsetzen. Die NORMALES JAHR men eine Versamm- lung im Kämmoos-Saal Fassadenrenovation WERDEN WIRD. unmöglich machten. wurde mit letzten Umge- Wir hoffen diesen bungsarbeiten abgeschlossen und im Juni Anlass für die zahlreichen ehrenamtlichen konnte die Ausschreibung für die nächs- Mitarbeitenden, die Nachbarn und die te Etappe der Sanierung erfolgen. Diese Angestellten 2021 nachholen zu können. betrifft die Innenräume und die Kachelöfen und war Gegenstand der Sonderausstel- Es ist damit zu rechnen, dass das Jahr 2021 lung «Zoom». Am 8. Juli erreichte uns die ebenfalls kein normales Jahr werden wird. frohe Botschaft, dass der Regierungsrat Wir sind dankbar für die grosse Unterstüt- die entsprechenden Mittel in der Höhe zung durch den Kanton, die Gemeinde und von 3’882’692 Franken bewilligt hatte. Die die zahlreichen ehrenamtlichen Helfenden Arbeiten werden voraussichtlich noch die und werden den Betrieb soweit möglich Jahre 2021/22 betreffen. Eine letzte Sanie- aufrechterhalten. Wo immer es geht, rungsetappe mit Kapelle und Vorhalle ist werden wir die Zeit nutzen, Bauarbeiten in Vorbereitung. und die Vorarbeiten für das neue Museum voranzutreiben. Dieses soll nach neuesten Ein Höhepunkt des Vereinsjahres war der Planungen 2025 eröffnet werden. Wenn Mitgliederanlass, der am Denkmaltag vom alles klappt, werden in diesem Jahr auch die 12. September mit viel Publikum und in letzten Restaurierungen und Sanierungen relativ freier Atmosphäre durchgeführt abgeschlossen. × Jahrheft #84 | 2020 JAHRESBERICHT 2020 22
Impressionen vom Mitgliederanlass. 23
MUSEUMS- SAISON 2020 Von Daniela Tracht Für die Museen in der Schweiz war das Jahr Mit der Museumsöffnung war auch sofort 2020 ebenso von Überraschungen und die diesjährige Sonderausstellung «Zoom Einschränkungen im Zusammenhang mit aufs Denkmal – Ein Baustellen-Parcours» zu der Covid-19-Pandemie geprägt wie für alle besichtigen. Diese Ausstellung lud an neun anderen Betriebe. Nachdem der Bundesrat Stationen, die im Ritterhaus verteilt waren, am 16. März die «ausserordentliche Lage» Kinder und Erwachsene dazu ein, mit offe- erklärt hatte, wurden diverse Massnahmen nen Augen durch das Haus zu gehen, um zu zur Eindämmung des Coronavirus ergriffen. sehen und zu erleben, was in dem histori- Darunter fiel auch die Schliessung sämtli- schen Gebäude getan werden muss und was cher Museen. Deshalb konnte erstmals die getan wird. Für den Rundgang erhielten Museumssaison im Ritterhaus nicht am 1. Besuchende ein Handbuch zur Ausstellung, April eröffnet werden. Die Museen mussten das sie selbstverständlich mit nach Hause ihre Funktionsweise der neuen Situation nehmen konnten. Eine Ausstellungsbox anpassen und haben dabei unterschiedliche als Begleiter bot die Möglichkeit, durch Initiativen ergriffen. Im Ritterhaus Bubi- Diagucker in die Vergangenheit zu blicken kon haben wir beispielsweise die geplante und vergangene Zustände des Hauses zu Ausstellung fertig vorbereitet, das Füh- erkennen. Diesen Rundgang haben viele rungskonzept für Schulklassen grundlegend Besuchende während der Museumssaison überarbeitet sowie die Sanierungsarbei- genossen und wir freuen uns sehr über die ten weiter vorangetrieben. Aufgrund des positiven Rückmeldungen, die wir erhalten Entscheides des Bundesrates vom 29. April haben. Da einerseits die Sanierungsarbeiten durften Museen dann im Mai wieder öffnen. im Inneren des Hauses in der Museumssai- So konnten wir das Ritterhaus am Samstag, son 2021 fortgesetzt werden und anderer- den 16. Mai, u nter Berücksichtigung der seits die Saison gravierenden Einschränkun- vorgeschriebenen Schutzmassnahmen, die gen unterlag, wird diese Ausstellung eine Besuchende und Mitarbeitende gleicher- weitere Saison gezeigt. massen schützten, eröffnen. Hierfür waren natürlich Mehraufwände und organisatori- Als die Tage im Spätsommer kürzer wurden, sche Massnahmen notwendig, die sich klar konnte die Stimmung im Ritterhaus und auf der Ausgabenseite des Museumsbetrie- dem Epochen-Kräutergarten weiterhin bes zeigten. genossen werden. Am 12. und 13. Septem- ber fanden die Europäischen Denkmaltage Jahrheft #84 | 2020 MUSEUMSSAISON 2020 24
statt. Unter dem Motto «Weiterbauen» konservatorische Fachrichtungen wie Textil- konnte man in diesem Jahr erleben, wie restaurierung, Buchrestaurierung, Gemäl- unsere wertvollen Städte, Dörfer und derestaurierung sowie Putz-Stuck und Bau- Häuser erhalten und gleichzeitig neue, forschung vorgestellt werden konnten. Bei qualitätvolle Wohn- und Freiräume im strahlendem Sonnenschein und dank eines bebauten Raum geschaffen werden kön- konsequenten Schutzkonzeptes, das NIKE nen. Im Ritterhaus Bubikon selbst boten Kulturerbe allen Beteiligten zur Verfügung geführte Rundgänge Einblicke in die Bau- gestellt hat, konnten an diesem Tag auch und Nutzungsgeschichte des Ritterhauses Gespräche, Workshops und sechs geführte und Fachleute des Schweizerischen Verban- Rundgänge durch das Haus stattfinden. Ich des für Konservierung und Restaurierung danke den Fachpersonen des SKR für ihr (SKR) informierten vor Ort über die beson- Engagement und freue mich auf weitere deren Anforderungen und Aufgabenfelder gute Zusammenarbeit. Insgesamt haben in diesem Gebäude. Wir haben uns sehr 100 Gäste an diesem Tag das Ritterhaus gefreut, dass an diesem Tag verschiedene besucht. → Die Sonderausstellung nimmt die Besucher*innen bereits im Hof mit der ersten Station in Empfang. 25
Neben den umfangreichen Restaurierungs- Leider konnten aufgrund der Pandemie- und Sanierungsarbeiten, die neue Erkennt- situation, die die ganze Saison anhielt, nisse zur Baugeschichte des Hauses liefern, Führungen, Workshops und alle anderen wird auch die Geschichte des Ritterhauses Veranstaltungen wie Feste, Hochzeiten, genauer erforscht. Im Staatsarchiv Zürich Konzerte usw. nur bedingt durchgeführt (StAZH) sind zahlreiche Urkunden erhalten, werden. Insgesamt haben in der Saison 2020 die spannende Einblicke in die Geschichte 2’870 Gäste das Museum des Ritterhauses des Ritterhauses bieten. Im Rahmen von besucht und wir konnten 62 Gruppenfüh- Masterarbeiten wurde der Urkundenbe- rungen durchführen. Immerhin konnten fast stand des StAZH genauer untersucht und alle Nachtführungen für Kinder stattfinden, einzelne Themenfelder minuziös erforscht. da die jüngste Schliessung des Museums Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden ab dem 22. Dezember erst nach den geplan- als vierteilige Vortragsreihe in der Kapelle ten Angeboten griff und im Übrigen für des Ritterhauses im September vorgestellt. Veranstaltungen für Kinder und Jugend- So konnten die neuesten Forschungsstän- liche immer Ausnahmeregelungen in Kraft de zur Gründungsgeschichte, den Herr- traten. schaftszentren und Besitzungen und zur Stellung der Johanniterkommende Bubikon Der Epochen-Kräutergarten bildete wäh- sowie zur Bau- und Restaurierungsge- rend der unberechenbaren Saison 2020 für schichte vorgestellt werden. Jeweils viele Menschen eine kleine Oase am Rande 20–30 Personen haben die Vorträge mit Bubikons. Nachdem das ehrenamtlich Spannung verfolgt. Um diese Beiträge tätige Gartenteam unter der Leitung von einem breiten Publikum zugänglich zu Susan Mullarkey Mitte März die Winterab- machen und die Forschungsgeschichte deckung entfernt hatte, konnten sofort die des Ritterhauses zu dokumentieren, sind blühende Alraune, das Lungenkraut und diese Beiträge in Form einer Publikation auch die blauen Veilchen bewundert wer- erschienen, die im Ritterhaus erworben den. Bis April war der Garten bereit, aber werden kann. Besucher durften nicht empfangen werden. Jahrheft #84 | 2020 MUSEUMSSAISON 2020 26
Legende Die Frühlingsblumen winkten mit ihrer Pflanzen wachsen nicht immer gleich. Blütenpracht quasi über den Zaun. Umso So bildete der Färbewaid in diesem Jahr mehr freute mich ein kurzes Gespräch mit keine Blüten. Dahingegen war die Römi- Vorbeikommenden, die erzählten: «Wir sche Kamille lange zu bewundern. Die gehen hier fast jeden Tag spazieren und Witterung des Jahres machte die Garten es ist jeden Tag ein wunderbarer Anblick, arbeit äusserst angenehm, denn es regnete der uns Mut macht.» so oft, dass wenig gewässert werden musste, aber auch nicht so Der Lockdown hat die Pflanzenbeschaffung, DER LOCKDOWN häufig, dass Schäd- lings- oder gar Schne- die nach wie vor von Hans Frei offeriert wird, HAT DIE PFLAN ckenbefall bekämpft werden mussten. deutlich erschwert, ZENBESCHAF denn nicht alle Pflan- zen sind in der Schweiz FUNG DEUTLICH Das Gartenteam hat festgestellt, dass der erhältlich und «Ausflü- ge» ins angrenzende ERSCHWERT. Garten nicht nur für Menschen eine Oase Ausland waren nicht möglich. Trotz einer darstellt, sondern auch für Tiere: Die Katzen- reduzierten Anzahl dieser zumeist einjäh- minze wirkte stets gedrückt und konnte sich rigen Pflanzen präsentierte sich der Garten nicht richtig entfalten. Es stellte sich dann im Sommer dann prachtvoll. Lediglich eine heraus, dass eine Katze regelmässig ihr Son- «Corona-Lücke» konnte nicht gefüllt wer- nenbad auf dieser Minze liegend einnahm. den: Der Krause Salbei war nicht erhältlich. Tatsächlich kommt der Name wohl daher, Dank der intensiven Vorarbeit des Garten- dass der Hauptgeruchsstoff der Katzen teams konnten auch Pflanzen aus eigenem minze (Nepetalacton) Katzen anzieht, die Bestand nachgezogen werden, insbeson das Kraut fressen oder sich darin wälzen. dere das Bilsenkraut. Offenbar besteht diese Wirkung sogar bei Grosskatzen wie Löwen und Jaguaren. → 27
Wieder unter warmer Sonne konnte Leider haben mit Saisonende auch drei Anfang November der Garten für den kom- Gärtnerinnen ihren Abschied eingereicht: menden Winter vorbereitet werden. Doch Theres Schwegler und Pia Hättenschwiler es herrschte noch nicht sogleich Winterru- haben vier Jahre lang bei Regen und unter he im Garten: Vom 3. bis zum 7. Dezember brennender Sonne ihren Einsatz für den bezogen Samichlaus und Schmutzli eine Garten unter Beweis gestellt und Kati Bern- Hütte im Garten, um dort die Kinder und hard hat in den Jahren 2019 und 2020 die ihre Eltern zu empfangen. Wegen der ehrenamtliche Arbeit im Garten tatkräftig Corona-Situation durften keine Hausbesu- unterstützt. Im Namen der Ritterhausge- che durchgeführt werden und so war dies sellschaft danke ich allen drei Mitarbei- eine ideale Lösung! terinnen für ihren Einsatz und ihr jeweils individuelles Engagement für und im Gar- ten des Ritterhauses und wünsche ihnen alles Gute. Susan danke ich für die Planung und Organisation aller Arbeiten und den Bericht, den sie für diese Zusammenfassung zur Verfügung gestellt hat. Leider hat sich auch ein Museumsführer verabschiedet: Kurt Graf war von 1988 bis 2003 im Vorstand der RHG und hat nach den Festspielen 1992 begonnen, Füh- rungen durch das Museum im Ritterhaus zu machen und dabei die verschiedenen Museumsneuerungen und Anpassungen mitgetragen. Ausserdem hat er sich in die Themen der Sonderausstellungen einge- arbeitet, um auch diese den Besuchenden näherbringen zu können. Seine Führungen haben stets ihr Zielpublikum begeistert und die Freude am Haus deutlich gespie- gelt. Kurt erzählte mir, dass das grösste Lob von einer Teilnehmerin war, die ihm in Basler Dialekt sagte: «Herr Graf, Sie sind der geborene Museumsführer.» Im Namen des Vorstandes danke ich Kurt Graf für seinen zuverlässigen Einsatz und sein Engagement, das Ritterhaus Bubikon zu repräsentieren. Der Epochen-Kräutergarten nach der Museumsöffnung im Mai Jahrheft #84 | 2020 MUSEUMSSAISON 2020 28
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