Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges. Die Kunstsammlung des Komponisten Georg Reutter d. J. (1708-1772)

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Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges. Die Kunstsammlung des Komponisten Georg Reutter d. J. (1708-1772)
Gernot Mayer

Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges.
Die Kunstsammlung des Komponisten
Georg Reutter d. J. (1708–1772)

Seit Theodor von Frimmels Studien,1 folglich seit mehr als hundert Jahren, gab es keine
Bemühungen, die Geschichte des Sammlungswesens in Wien umfassend, über Einzel-
studien hinausgehend, zu untersuchen.2 Neben Sammlern und Sammlerinnen blieben
auch viele weitere Akteure des Wiener Kunsthandels – die für den Import und Verkauf,
für die Versteigerung, Schätzung oder Vermittlung von Kunstwerken verantwortlich
zeichneten – unbeachtet. Auf der Landkarte der jüngeren Kunstmarkt-Forschung ist der
Handelsplatz Wien folglich nur als Terra incognita vermerkt.
     Thomas Ketelsen und Tilmann von Stockhausen wiesen bereits in ihrem Standard-
werk, dem Verzeichnis der verkauften Gemälde im deutschsprachigen Raum vor 1800, auf
fehlende Grundlagenforschung für den Wiener Raum hin. Von den etwa 300 in diesem
Kompendium ausgewerteten Verkaufskatalogen stammten lediglich zwei aus Wien, beide
aus den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts. Ketelsen und Stockhausen folgerten daraus:
   Das größte Desiderat bilden vermutlich die Auktionen in Wien. Obwohl die Kaiserstadt seit
   dem 16./17. Jahrhundert als Zentrum des Kunsthandels gilt, konnten im Rahmen dieser Un-
   tersuchung nur zwei Auktionskataloge aus Wien aufgefunden werden […].3

Die mangelhafte Überlieferung von Verkaufskatalogen – die als Grundlage von Daten-
banken wie Art Sales Catalogues Online oder dem Getty Provenance Index dienen – führte
zu einem Zerrbild des Kunstmarkts vor 1800, in dem Wien neben den dominanten
Handelszentren Hamburg, Frankfurt oder Leipzig nur eine äußerst marginale Rolle als
Umschlagplatz zukommt.4 Weitet man jedoch den verengten Blick auf gedruckte Ver-
kaufsverzeichnisse, bezieht also ein breiteres Spektrum an Quellen – wie Reisebeschrei-
bungen, Verlassenschaftsabhandlungen oder Lizitationsankündigungen – mit ein, relati-
viert sich dieser Befund.5 Obgleich sich das Auktionswesen offenbar erst später als etwa
in Hamburg durchsetzen konnte, war der Wiener Kunstmarkt im 18. Jahrhundert doch
von einer großen Dynamik geprägt: Zahlreiche Sammlungen entstanden hier und wur-
den wieder aufgelöst, ein stationärer Kunsthandel begann sich zu etablieren, und das
Sammeln von Kunst kam auch über Standesgrenzen hinaus in Mode. Im Zuge meiner
Recherchen in österreichischen, tschechischen, slowakischen, ungarischen oder rumäni-
schen Archiven und Bibliotheken konnte ich zahlreiche handschriftliche Sammlungsver-
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     zeichnisse – darunter Nachlassinventare und Lizitationsprotokolle – aber auch bislang
     unbekannte gedruckte Kataloge auffinden. Diese Quellenfunde rücken heute weitgehend
     vergessene Sammlerpersönlichkeiten ins Bewusstsein, wie Georg Reutter d. J., der im
     Folgenden exemplarisch vorgestellt werden soll. Zu dessen umfangreichen Sammlung von
     Gemälden, Zeichnungen und Kupferstichen haben sich bislang unbeachtet gebliebene
     Verkaufskataloge erhalten, die zu den ältesten ihrer Art aus dem Wiener Raum zählen.

     Zur Überlieferung Wiener Auktionskataloge6
     Die ältesten uns heute bekannten gedruckten Auktionskataloge Europas datieren in die
     2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, und sind in Antwerpen, London und Rotterdam erschie-
     nen.7 Im Laufe des 18. Jahrhunderts nimmt die Anzahl der erhaltenen Exemplare stetig
     zu, wobei ein Großteil dieser Kataloge Auktionen in den Niederlanden, in Frankreich
     und England dokumentiert. Im deutschsprachigen Raum lassen sich derartige Verzeich-
     nisse zunächst nur äußerst sporadisch nachweisen, so wurden die meisten der von Lugt8
     und später Ketelsen und Stockhausen aufgenommenen deutschen Kataloge nach 1760
     gedruckt.9 Zu den frühen Ausnahmen zählen zwei Kataloge aus Prag – die der Gemäl-
     desammlungen Wrschowetz/Vršovec (1723)10 und Nostitz/Nostic (1739)11 – was nahe-
     legt, dass Kunstauktionen zu dieser Zeit ebenso in Wien gebräuchlich waren12 und hier
     möglicherweise auch entsprechende Verkaufsverzeichnisse gedruckt wurden.13 Wohl
     gab es einen gedruckten Verkaufskatalog der Sammlung von Prinz Eugen von Savoyen
     (1737), doch ist dieser verschollen und nur durch eine spätere Edition bekannt.14 Auch
     aus Anzeigen des Wienerischen Diariums geht hervor, dass in Wien bereits in der ersten
     Hälfte des 18. Jahrhunderts gedruckte Versteigerungskataloge angeboten wurden,15 bis-
     lang war jedoch keiner von diesen aufzufinden. Für Theodor von Frimmel stellte somit
     das Verzeichnis der Sammlung Mechetti von 1790 den „ältesten selbstständigen Wiener
     gedruckten Auctionskatalog“ dar.16
         Nach eigener Angabe stützte sich Frimmel bei seinen Studien auf Auktionskataloge
     aus dem Firmenarchiv Artaria, aus dem Besitz des Kunsthändlers Eduard Hirschler
     sowie aus solchen aus seiner eigenen Bibliothek.17 Als vielleicht wichtigste Grundlage
     seiner Forschungen dienten ihm jedoch die Exemplare der Königschen Katalogsamm-
     lung – waren diese doch oftmals mit Käufernamen und Preisen annotiert oder mit
     Notizen Königs versehen.
         Moritz König (1815–1894), Kunstkenner und Sekretär des Österreichischen Kunstver-
     eins, hat mit dieser, die wohl bedeutendste Sammlung Wiener Auktionskataloge begrün-
     det. Nach seinem Tod wurde ein erheblicher Anteil der Kataloge von der Wiener Akademie
     der bildenden Künste erworben und befindet sich noch heute in deren Bibliothek (Abb. 1).18
     Zahlreiche Auktionskataloge blieben jedoch zunächst noch im Familienbesitz, wobei die
     Sammlung durch Moritz’ Sohn, Karl König19, offenbar noch erweitert wurde. Neben
     dessen Kunstsammlung20 wurde auch die reichhaltige Bibliothek, zu der 1500 Auktions-
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Abb. 1 Beispiel eines Auktionskataloges aus
der Sammlung König, Universitätsbibliothek
der Akademie der bildenden Künste, Wien

kataloge zählten, 1917 durch Gilhofer & Ranschburg verauktioniert.21 Dieses zweite Kö-
nig-Konvolut dürfte zum Großteil, eventuell auch zur Gänze, in die Grafische Sammlung
Albertina gelangt sein und wird bis heute in der Bibliothek des Museums verwahrt.22
    Frits Lugts Referenzwerk, der Répertoire des Catalogues de Ventes Publiques, basiert,
was die Wiener Kataloge betrifft, auf eben dieser Katalogsammlung König. Für Lugt
hatte der Direktor der Wiener Akademie-Bibliothek, Otto Reich, recherchiert23 und die
Bestände seiner eigenen Bibliothek (Répertoire Siegel: AKW) wie jene der Albertina
(ALW) ausgewertet, folglich hauptsächlich Kataloge mit König Provenienz. Da Lugts
Répertoire zur Grundlage von Nachschlagewerken, wie jenem von Thomas Ketelsen und
Tilmann von Stockhausen, wurde und auch als Ausgangspunkt der Datenbank Art
Sales Catalogues Online dient, kann festgestellt werden, dass sich die sammlungsge-
schichtliche Forschung seit über 100 Jahren geradezu ausschließlich auf denselben
Quellenbestand – eben jene Kataloge der Sammlung König – bezieht.
    Versucht man nun diesen Corpus zu erweitern, ist man mit erheblichen Schwierig-
keiten konfrontiert. Die Verkaufsverzeichnisse – zumeist handelte es sich um einfache
Broschüren, eventuell nur um Einblattdrucke – wurden, war ihr ursprünglicher Zweck
erfüllt, in der Regel nicht aufbewahrt. In den reichen Beständen der Österreichischen
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     Nationalbibliothek (ÖNB) findet sich etwa kein einziger Wiener Kunstauktionskatalog,
     der vor 1809 datiert. Es ist jedoch bezeichnend, dass sich eine größere Anzahl von der-
     artigen Verkaufskatalogen in der Familien-Fideikommissbibliothek der ÖNB erhalten
     hat. Diese, zum Großteil bislang noch nicht katalogisierten Verzeichnisse, sind nämlich
     Zeugnis der privaten Sammeltätigkeit Kaiser Franz I.,24 auf dessen Bibliothek der Fidei-
     kommissbestand basiert.25 Es sind folglich die Bibliotheken von Kunstsammlern und
     Sammlerinnen, in denen man bei der Suche nach Auktionskatalogen fündig wird. Ein
     größeres Konvolut von – teils bisher unbekannten – Verkaufsverzeichnissen findet sich
     etwa in der Bibliothek des Innsbrucker Ferdinandeums, wohin sie als Teil des Legats
     Tschager gelangten.26 Diese Kataloge aus dem Zeitraum 1819–1836 verdeutlichen, dass
     die später nach Innsbruck gelangte Kunstsammlung von Josef Tschager (1778–1856)
     hauptsächlich in Wien entstanden ist.27 Ähnlich wie mit dem Ferdinandeum verhält es
     sich mit der Biblioteca Brukenthal im rumänischen Sibiu. Samuel von Brukenthal
     (1721–1803) ließ im späten 18. Jahrhundert nicht nur seine Kunst- sondern auch seine
     Büchersammlung aus Wien in die einstige siebenbürgische Kapitale Hermannstadt
     transferieren. Mit seiner Bibliothek gelangten auch Wiener Auktionskataloge nach Si-
     biu, die in Folge weiter vermehrt wurden, da Brukenthal auch von Siebenbürgen aus
     durch Agenten am Wiener Kunstmarkt kaufte und sich entsprechende Verzeichnisse
     nach Hermannstadt senden ließ.28 Unter den Katalogen, die noch heute im Muzeul
     Național Brukenthal verwahrt werden, finden sich die ältesten derzeit bekannten Auk-
     tionsverzeichnisse aus Wien: Der Katalog der Kupferstichsammlung des Baron Paul
     Anton von Gundel von 1786,29 das Verzeichnis der Kunstwerke von Luigi Girolamo
     Malabaila conte di Canale von 177430 sowie der Auktionskatalog der Gemäldesamm-
     lung Georg Reutters von 1772.31 Bislang konnte nur ein Wiener Katalog, der früher als
     jener Reutters gedruckt wurde, aufgefunden werden.32 Neben dem Exemplar des Reut-
     terschen Gemälde-Verzeichnisses in Sibiu hat sich noch ein weiteres in der Sächsischen
     Landesbibliothek in Dresden erhalten,33 wo zudem auch der ebenfalls 1772 erschienene
     Verkaufskatalog von Reutters Handzeichnungen und Druckgraphiken verwahrt wird.34
         Diese bisher unbeachtet gebliebenen Kataloge dokumentieren eine äußerst umfang-
     reiche und bedeutende Kunstsammlung im Wien des 18. Jahrhunderts. Ihr Besitzer,
     Georg Reutter d. J. (Abb. 2), ist allenfalls als Komponist und Lehrer Haydns in die
     Musikgeschichte eingegangen, als Kunstkenner und -Sammler ist er aber heute, so wie
     seine Sammlung, weitgehend vergessen.

     Komponist, Kapellmeister und Kunstkenner:
     Johann Georg Reutter d. J.

     Abschätzig urteilte Charles Burney in seiner Musikalischen Reise über ein Te Deum von
     Georg Reutter (d. J.?), das er während seines Wien-Aufenthaltes 1772 in St. Stephan
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                   Abb. 2 Porträt Georg Reutter d. J., 2. Hälfte
                   18. Jahrhundert, New York, The New York
                   Public Library

gehört hatte: „The music was by Reüter, an old German composer, without taste or
invention.“35
   Auch Wilhelm Ludwig Wekhrlin fand in seiner Beschreibung Wiens kein Lob für
den Komponisten:

   Damals lebte Fuchs noch, dem man den Contrapunkt, die Schikane der heutigen Tonsetzer,
   zu danken hat. Einer seiner berühmtesten Schüler war Reutter. Es ist merkwürdig, daß Reutter,
   Meytens und Weiskern, drey Pedanten, die den Geschmack in den schönen Künsten zu Wien
   verdarben, Zeitgenossen waren.36

Was Martin van Meytens (1695–1770) für die Malerei und Friedrich Wilhelm Weis-
kern (1711–1768) für Literatur und Theater gewesen seien, das – so Wekhrlin – wäre
Georg Reutter d. J. (1708–1772) für die Musik: Ein Vertreter der alten Generation,
pedantisch einem überkommenen Regelwerk verpflichtet, ohne Innovationsgeist.
    Urteile wie diese dürften das Bild Reutters nachhaltig geprägt haben, jedenfalls er-
fuhr sein Werk bis heute wenig Resonanz in der musikwissenschaftlichen Forschung.37
Zweifelhaften Ruhm erlangte Reutter bestenfalls als unbedeutender Lehrer von Joseph
Haydn mit einem „rücksichtslosen, habgierigen und aufgeblasenen Charakter“38 sowie
als Widersacher von Christoph Willibald Gluck.39
    Steht er heute als Komponist folglich im Schatten seiner ungleich berühmteren
Zeitgenossen, war Reutter im 18. Jahrhundert durchaus erfolgreich, vielbeschäftigt und
äußerst produktiv. Er schuf zahlreiche musikdramatische Werke, v. a. nach Libretti von
Giovanni Claudio Pasquini und Pietro Metastasio, komponierte Tafel- und insbeson-
dere Kirchenmusik: Allein über 500 sakrale Werke – Messen, Motetten und Kirchen-
sonaten – umfasst sein Œuvre.40
    Georg Reutter (auch Reuter, Reiter oder Reitter geschrieben) wurde 1708 in Wien
als Sohn des Musikers und Komponisten Georg Reutter d. Ä. (1656–1738) geboren.
Neben seinem Vater prägte ihn sein Lehrer Antonio Caldara, der ihm möglicherweise
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     auch den Zugang zu den ersten höfischen Aufträgen für Opern und Oratorien vermit-
     telte. 1729–1730 unternahm Reutter eine Reise nach Italien, die ihn nach Venedig und
     Rom führte. Zurückgekehrt heiratete er 1731 die erfolgreiche Sopranistin Anna The-
     resia Holzhauser (1708–1782), damals berühmt für ihren Stimmumfang und ihre tech-
     nische Bravour. Im selben Jahr wurde Georg Reutter zum Hofkomponisten ernannt.
         Nach dem Tod seines Vaters 1738 folgte er diesem als erster Domkapellmeister von
     St. Stephan nach, womit sich sein kompositorisches Schaffen verstärkt von der welt-
     lichen zur Sakralmusik verlagerte. Als Domkapellmeister war Reutter auch für die Aus-
     bildung der Chorknaben von St. Stephan zuständig. 1739 soll er durch einen Zufall auf
     den jungen Joseph Haydn aufmerksam geworden sein, wie sich Haydn später selbst
     erinnerte:

        in dem 7. Jahre meines alters hörte der Sel. Herr Kapell Meister von Reutter in einer Durchreise
        durch Haimburg von ungefähr meine schwache doch angenehme Stimme, Er nahme mich
        alsogleich zu sich in das Capell Hauß, allwo ich nebst dem Studiren die singkunst, das Clavier
        und die Violin von sehr guten Meistern erlehrnte.41

     Neben seiner Stelle als Domkapellmeister – die er stets vernachlässigt haben soll42 –
     wirkte Reutter auch weiterhin für den Hof: Er schuf Kantaten, die etwa von Maria
     Theresia interpretiert wurden, und Festkompositionen, wie 1739 die Festa di Camera per
     Musica L’Eroina d’Argo (Libretto Giovanni Claudio Pasquini) anlässlich des Namenstags
     derselben. Kurz darauf, 1740, verlieh ihm Karl VI. das Adelsprädikat „Edler von“. 1747
     wurde er zum 2. Hofkapellmeister ernannt und zeichnete als solcher für die sakrale Hof-
     musik verantwortlich, zudem war er ab 1750 auch als Gesangslehrer der Töchter Maria
     Theresias tätig.43 Diese Nähe zum Kaiserhof erklärt wohl auch, weshalb man sich 1751
     gerade für Reutter als Pächter der nunmehr ausgelagerten Hofmusik entschied. Laut
     Vertrag sollte Reutter für die ihm jährlich ausgezahlten 20.000 Gulden das höfische
     Musikwesen (von der Kirchen- bis zur Tafelmusik) mit allen anfallenden Kosten bestrei-
     ten.44 Analog zu ähnlichen Privatisierungsprojekten Maria Theresias – wie etwa die Ver-
     pachtung des Hoftheaters oder der Hofzuckerbäckerei – handelte es sich auch bei der
     Ausgliederung der Hofmusik um eine Sparmaßnahme, in diesem Fall auf Kosten der
     Musiker. Ein visuelles Zeugnis von Reutters Tätigkeit für den Hof stellt ein Detail aus
     dem großformatigen Gemälde aus der Werkstatt Martin van Meytens dar, das das Souper
     nach der Hochzeit Erzherzog Josephs am 6. Oktober 1760 im Großen Redoutensaal
     vorstellt und im Vordergrund Reutter als Leiter der Tafelmusik zeigt (Abb. 3).45
         Jenseits seines Wirkens als Kapellmeister und Komponist ist wenig über die Lebens-
     umstände Reutters bekannt. Mit seiner Frau Anna Theresia hatte er zwei Kinder: eine
     Tochter, Elisabeth, und einen Sohn, Karl, der später als P. Marian in das Zisterzien-
     serstift Heiligenkreuz eintrat, zu dessen Abt er 1790 gewählt wurde.
         Als Hauptwohnsitz dürfte den Reutters die „Kapellmeisters-Wohnung“ in unmittel-
     barer Nähe zu St. Stephan (Singerstraße Nr. 858) gedient haben. 1749 erwarb Georg
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                   Abb. 3 Martin van Meytens und Werkstatt, Festtafel im Großen Redoutensaal
                   anlässlich der Hochzeit von Joseph (II.) und Isabella von Bourbon-Parma 1760
                   (Detail), 1763, Wien, Schloss Schönbrunn

zudem ein ansehnliches Gartengebäude im Vorort Landstraße, in unmittelbarer Nach-
barschaft zu Palästen der Hocharistokratie. Auf dem Huber-Plan scheint das Garten-
palais Reutter als dreiflügelige Anlage mit zur Rabengasse (heute Beatrixgasse) geöffne-
tem Ehrenhof, sowie einem langgestreckten Formalgarten auf (Abb. 4).46 Ob dieses

Abb. 4 Das Gartenpalais Reutter in der Rabengasse (grau markiert), Detail aus: Joseph Daniel Huber,
Vogelschauplan von Wien, 1769–1773
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                                                      Abb. 5 Friedrich August Brand nach
                                                      Jacob Toorenvliet, Das Frühstück, vor 1772,
                                                      Philadelphia Museum of Art

     Gebäude auf den Vorbesitzer, Weihbischof und Domprobst zu St. Stephan Josef Hein-
     rich von Breitenbücher, zurückgeht oder aber erst im Auftrag Reutters errichtet wurde,
     ist ebenso unklar, wie der Name des planenden Architekten. Jedenfalls verdeutlicht
     dieses Palais, dass Reutter Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem beachtlichen Wohlstand
     gekommen sein muss. War es ihm und seiner Frau Anna Theresia 1731 noch nicht
     möglich gewesen, bei ihrer Eheschließung durch „Abgang deren erforderlichen Mitteln
     einen förmlichen Heyrathsbrieff“ zu errichten, hatten sie 15 Jahre später „sowohl ad St.
     Stephanum als auch bey vorig und jezt regirenden kayserlich-königlichen Hoff durch
     göttliche Disposition einige Mittel erworben“, wie sie in ihrem wechselseitigen Testa-
     ment von 1746 bekunden.47 In diesen Jahren der Prosperität, in die auch die Adelser-
     hebung (1740) fällt, dürfte der Komponist auch die Kunstsammlung begründet ha-
     ben.48
         Dass sich Georg von Reutter, dessen Name gemeinhin nur im musikhistorischen
     Kontext geläufig ist, auch als Kunstsammler betätigte, wurde bislang nur von Theodor
     von Frimmel registriert. Ihm war jedoch lediglich eine graphische Reproduktion nach
     einem Gemälde aus Reutters Besitz bekannt: Friedrich August Brands Stich Das Früh-
     stück nach Jacob Toorenvliet (Abb. 5),49 mit dem Hinweis in der Adresse: „Das Urbild
     ist in der Sammlung des Herrn von Reüthern K. K. Kapellmeister“. Allein von dieser
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Graphik ausgehend mutmaßte Frimmel, dass Reutter eine größere Gemäldesammlung
besessen und dass diese die Chorknaben Joseph und Michael Haydn beeinflusst habe;
er schließt seine Überlegungen vieldeutig vage: „Die Psychologie ahnt noch kaum die
verbindenden Fäden, die von der Welt der Töne zum Reiche der Farben und Formen
herüberreichen.“50
    Die Frimmel noch unbekannten Verkaufskataloge von 1772, die heute in Sibiu und
Dresden verwahrt werden, verleihen der Sammlung Reutter nun deutlichere Konturen.
Überraschen mag bereits der große Umfang dieser Sammlung, verzeichnen die genann-
ten Kataloge doch immerhin 484 Gemälde, 3.124 Handzeichnungen und 11.284 Kup-
ferstiche.

Die Sammlung Reutter und ihre Kataloge
Im Mai 1772 – einige Wochen nach dem Tod Reutters – findet sich im Wienerischen
Diarium die Anzeige, dass bei dem Verleger Ghelen „der vollständige Katalogus der
Zeichnungen und Kupferstiche des weil. Herrn Georg von Reutter, k. k. Kapellmeisters
sel. Kabinets unentgeltlich zu haben“ sei.51 Tatsächlich kam es jedoch erst zwei Jahre
später zur Versteigerung der Kunstsammlung. Damals erschien in derselben Zeitung
folgende Ankündigung:

   Dem Publikum wird Anzeige gemacht, daß des gewesten k .k. Hofkapellmeisters Herrn Georg
   von Reutter seel. durch viele Jahre mit wahrer Kenntniß, ausnehmender Mühe und grossen
   Unkosten gesammelte Kunstsachen den 7. November dies Jahrs und folgende Täge hier in der
   Singerstrasse im Mannerischen Haus Nro. 931 im zweyten Stock an die Meistbietende gegen
   gleich baare Bezahlung verkauft werden. Selbe bestehen laut der Anno 1772 gedruckt und
   ausgetheilten besondern drey Katalogen in 484 beßtens konservirten Originalgemälden der
   größten Meister aus den bekannten 4 Schulen, in 3124 Originalzeichnungen der berühmtesten
   Künstler, und in 11284 derley der schönsten Kupferstiche, so von den Liebhabern mit Begierde
   aufgesucht werden. Zu diesem Verkauf werden daher alle sowohl hiesige als auswärtige Lieb-
   haber, welche letztere ihre Kommissionen an derselben Bestellte einsenden können, eingeladen,
   und man schmeichelt sich eines zahlreichen Zuspruchs der Herren Käufer um so mehr, als eine
   so zahlreiche und kostbare Sammlung selten zum Verkauf vorkömmt. So jemand Belieben trägt
   noch vor der Licitation im Ganzen zu kaufen, oder zu sehen, kann sich den Tag vorher im
   bemeldten Ort anmelden, um dieserwegen die behörige Anstalt treffen zu können.52

Bedeutend ist diese Anzeige, da sie uns genau über die Rahmenbedingungen des Ver-
kaufs informiert.53 Die bereits 1772 gedruckten Kataloge nennen nämlich weder einen
Verkaufsort noch einen konkreten Termin; auch Rufpreise bzw. Schätzungen fehlen.
Folglich bestätigt erst diese Annonce des Wienerischen Diariums, dass die Sammlung
Reutter versteigert wurde, und die Verzeichnisse als Auktionskataloge zu werten sind.
Die drei in der Anzeige erwähnten Kataloge sind mit dem Catalog über die Kupferstiche-
Sammlung, dem an diesen angeschlossenen Catalog über die Zeichnungsammlung – beide
von dem Künstler Andreas Massinger d. Ä. (1734–1786) verfasst – sowie mit dem von
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                                                     Abb. 6 Titelblatt: Catalog über das
                                                     Bildercabinet, welches der Hr. Georg von
                                                     Reutter […], 1772, Sibiu, Biblioteca
                                                     Brukenthal

     dem Maler Johann Christian Brand (1722–1795) erstellten Catalog über das Bilder-
     cabinet (Abb. 6) zu identifizieren.
         Das Verzeichnis der Kupferstiche umfasst 26 Portefeuilles, 3 Rollen, sowie 49 (teils
     mehrbändige) Tafelwerke. Dem Katalog ist eine bemerkenswerte Notiz vorangestellt,
     laut der die gesamte Sammlung „nach Vorschrift des d’Argensville […] in ihre Schulen
     mittels Portefeuillen eingetheilet“ und alle Druckgraphiken „auf Regalbogen ordentlich
     und fürsichtig wegen Erhaltung angehäftet“ seien.
         Tatsächlich folgt die Ordnung der nun verzeichneten Druckgraphiken exakt jenem
     Schulensystem, das als Grundgerüst dem Vitenkompendium Antoine Joseph Dézallier
     d’Argenvilles, dem Abrégé de la Vie des plus fameux Peintres (EA 1745/1752), dient.54 So
     werden etwa wie bei Dézallier D’Argenville Bolognesische Künstler zur Lombardischen
     Schule gezählt oder Neapolitanische und Spanische Schulen zusammengefasst. Selbst
     die Reihenfolge der Künstlernamen entspricht genau jenem der Viten-Abfolge im
     Abrégé. Reutter hatte die Portefeuilles wahrscheinlich mithilfe der erweiterten Neuaus-
     gabe von 1762 oder aber deren deutschen Übersetzung von 1767 zusammengestellt.55
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges             95

Die 20 nach Schulen geordneten Portefeuilles stellen sich folgendermaßen zusammen:
   Italienische Schulen Gesamt (1822 Stk.)
         Römische Schule (321 Stk.)
         Florentinische Schule (558 Stk.)
         Venezianische Schule (281 Stk.)
         Lombardische Schule (407 Stk.)
         Neapolitanische und Spanische Schule (142 Stk.)
         Genuesische Schule (113 Stk.)
   Deutsche und Schweizer Schule (944 Stk.)
   Holländische Schule (823 Stk.)
   Flämische Schule (1023 Stk.)
   Französische Schule (1065 Stk.)

Außerhalb der Schulenordnung sind die Druckgraphiken in Portefeuilles mit den Be-
zeichnungen „Nach Antiken“ (449 Stk.), „Von Berühmtesten französischen modernen
Kupferstechern“ (90 Stk.) sowie „Verschiedene Meister“ (564 Stk., darunter u. a. Por-
träts) zusammengefast; hinzu kommen umfangreiche Tafel- und Galeriewerke.
    Einige datierbare Blätter zeigen auf, dass Reutter offenbar bis zu seinem Tod gesam-
melt hat, und auch über aktuelle Tendenzen in Malerei und Druckgraphik stets unter-
richtet blieb. So finden sich etwa in seiner Sammlung die meisterhaften Reproduktions-
stiche von Jean Jacques Flipart Le paralytique (1767) und L’Accordée de village (1770)
nach Jean-Baptiste Greuze. Reutter dürfte einige Stiche über den in Paris ansässigen
Johann Georg Wille erworben haben, der in seinem Tagebuch zumindest eine Lieferung
an den Komponisten erwähnt.56
    Auf die Druckgraphik folgt im Katalog die erstaunlich umfangreiche Sammlung von
3.124 Handzeichnungen. Andreas Massinger betont in seinem kurzen Vorwort die he-
rausragende Stellung von Reutters Zeichnungen:
   Diese Sammlung ist von einer solchen Seltenheit, daß weder ein Privatmensch bisher sich
   beyfallen lassen, selbe zu unternehmen, noch ein Staat dermalen sich unterziehen kann, wenn
   er sich nicht der Gefahr aussetzen will, daß nicht statt Originalen Schülerkopien unterschoben
   werden. Diese Sammlung ist ein Schatz, der nicht mehr zu finden, und eben darum einen
   Werth enthält, der fast unbestimmlich ist.

Hat dieses überschwängliche Lob auch gewiss topischen Charakter, scheint Reutters
Zeichnungssammlung in Wien um 1770 tatsächlich einzigartig gewesen zu sein. Sollten
hier auch wenige Jahre später bedeutende Sammlungen dieser Art entstehen – etwa
Sachsen-Teschen, Fries oder Esterházy – scheint gerade zu Lebzeiten Reutters in Wien
das Sammeln von Zeichnungen wenig verbreitet gewesen zu sein.57
    Die Angaben zu den einzelnen Blättern sind leider äußerst vage: zumeist ist gar nur
ein Künstlername und die Stückanzahl vermerkt, während Informationen zu Darstel-
lungsinhalt, Technik oder Maßen fehlen. Innerhalb der lapidaren Namensliste stechen
96      Gernot Mayer

     jedoch manche Einträge hervor. So etwa die Nennung von 3 Bänden mit 835 Zeich-
     nungen, „welche Sig. Giuseppe Camercati gesammelt, und von der Mahlerakademie zu
     Pologna als ächt mit Unterschrift und Fertigung 1712 approbirt worden“. Bislang
     konnte der genannte Sammler „Camercati“ nicht identifiziert werden; möglicherweise
     handelt es sich aber um den Maler und Stecher Giuseppe Camerata, der nachweislich
     ab 1742 in Wien tätig war.58 Camerata war als Stecher auch an dem Prachtband La
     Gerusalemme liberata di Torquato Tasso con le figure di Giambatista Piazzetta (EA Vene-
     dig 1745) beteiligt, von dem sich ein Exemplar im Besitz Reutters nachweisen lässt.
     Zudem stach Camerata während seines Wienaufenthalts auch nach Zeichnungen von
     Antonio Daniele Bertoli, mit dem Reutter gewiss in engerem Kontakt stand. Nicht nur
     war Bertoli als Entwerfer von Bühnenkostümen ein Berufskollege des Komponisten
     und dessen Frau Anna Theresia, Reutter besaß zudem 85 Zeichnungen Bertolis, wie der
     Verkaufskatalog belegt.59 In demselben Band (Nr. XVII) begegnen wir ferner 57 Zeich-

                                                    Abb. 7 Hans Holbein d. J. (Umkreis),
                                                    Hl. Andreas, 1527, London, British Museum
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges            97

nungen von Franz Stampart sowie 79 Blätter von Tobias Pock, von denen zumindest
eines 1673 datiert war.60
    Hervorzuheben ist ferner der Eintrag: „Von einem alten Deutschen 1527 die Apo-
steln 9 st.“, könnte es sich doch hier um jene neunteilige Apostelserie handeln, die mit
Hans Holbein d. J. in Verbindung gebracht wird und von der sechs Blätter auffällig mit
1527 datiert sind.61 Möglicherweise befand sich also der heute u. a. zwischen Rotterdam
(Museum Boijmans Van Beuningen), New York (Metropolitan Museum) und London
(British Museum, Abb. 7) verteilte Zyklus einst geschlossen in Reutters Besitz.
    Ein weiterer Eintrag gibt Rätsel auf: „Thulden. Ovid. Concepte. 83 st.“. Könnte er
auf Skizzen zu Rubens Torre de la Parada-Zyklus nach Ovid Motiven verweisen, an des-
sen Umsetzung Theodoor van Thulden beteiligt war? Oder aber vielmehr auf Godfried
Maes’ 83-teiligen Ovid-Illustrationszyklus, der noch 1762 geschlossen bei einer Auktion
in Amsterdam aufscheint?62 Eventuell ist der Hinweis auf Ovid jedoch auch irreführend
und es sind vielmehr Zeichnungen Thuldens gemeint, die im Zusammenhang seiner
Druckgraphikserie Les Travaux d’Ulysse nach Fresken Francesco Primaticcios in Fontaine-
bleau entstanden. Die Albertina verwahrt ein etwa 80 Blätter umfassendes Set an derar-
tigen Zeichnungen, das von der Forschung teils van Thulden, teils Abraham van Diepen-
beeck zugeschrieben wird und aus der Sammlung Albert von Sachsen-Teschens stammt.63
Ob es sich um die Zeichnungen aus dem Besitz Georg Reutters handelt?
    Obgleich die Angaben in Johann Christian Brands Gemäldeverzeichnis ungleich
präziser sind, fällt es auch hier schwer, einzelne Werke zu identifizieren. Während in
Paris schon Jahrzehnte zuvor durch Edmé-François Gersaint der Auktionskatalog zum
Medium des kennerschaftlichen Diskurses geworden war,64 gleicht Brands Verzeichnis
doch eher einem nüchternen, alles andere als geistreichen Inventar. Nur äußerst selten
wird die Qualität eines Werkes betont oder eine Zuschreibung bekräftigt.65 Die wenig
exakten Angaben zur Ikonographie, fehlende oder schwer nachvollziehbare Zuschrei-
bungen, bezeugen vor allem die Grenzen Johann Christian Brands Fachwissen. Ein
kurzer Ausschnitt soll einen Eindruck von dem Charakter dieses frühen Wiener Ver-
kaufskatalogs (und zugleich auch der Sammlung Reutter) vermitteln:
    1. Der verlohrne Sohn von Jordans 1. Schuh 6. Zoll lang, 1. Schuh 3. Zoll breit.
    2. Ein Cavalier zu Pferd. Hamilton. 2. Sch. 6. Zoll lang, 3. Sch. breit.
    3. Drey Bilder, eines ein Marienbild mit dem Kind. Das zweyte die H. Cäcilia von Solimena.
       Das dritte die ruhende Flucht in Aegypten, jedes 1. Sch. 6. Z. lang, 1. Sch. 3. Z. breit.
    4. Zwey Köpfl in Pastell. 1. Sch. lang, 10. Sch. br.
    5. Zwey Stücke, eines mit Geflügl von Dam. Das zweyte mit einem Hund und Katze von
       Fyt. 2. Sch. 6. Z. lang, 3. Sch. 5. Z. breit.
    6. Christus den Gichtbrüchigen heilend von van Dyck. 4. Sch. lang, 5. Sch. breit.
    7. Eine Mahlerin von Calabrese. 3. Sch. lang, 2. Sch. 8. Z. breit.
    8. Ein schönes Marienbild mit einem fingirten Nebenwerke von Albert Dürer. 4. Sch. 5. Z.
       lang, 3. Sch. 10. Z. breit.
    9. Ein Architecturstückel, von de Neuf. 9. Sch. lang, 11. Zoll breit.
98      Gernot Mayer

        10. Zwey kleine Golcius auf Glas. 9. Z. lang, 1. Sch. breit.
        11. Ein alter Kopf. 2. Sch. 6. Z. lang, 2. Sch. br.
        12. Zwey Stücke, ihre geistliche Uebungen verrichtende Einsiedler, von Alexandrino. 2. Sch.
            6. Z. lang, 3. Sch. breit.
        13. Ein Früchtestuck von Georg v. Son. 2. Sch. 5. z. lang, 3. sch. breit
        14. Laakon mit seinen 2. Söhnen in Lebensgröße von Carraccio. 5 sch. lang, 7. sch. 6 z. br.
        15. Der sitzende Mars nackend, von Guido. 5 sch. lang, 7 sch. breit.
        […]

     Bei dem hier erwähnten Gemälde Van Dycks (Lot 6) handelte es sich wohl um eine
     Variante von bzw. eine Kopie nach der gleichformatigen Heilung des Lahmen in der
     Royal Collection (RCIN 405325). Das ungewöhnliche Sujet des Bildes von „Carraccio“
     (Lot 14) – die Geschichte Laokoons wurde in der Malerei kaum dargestellt66 – sowie
     dessen auffällige Maße (158 × 237 cm) lassen darauf schließen, dass es als Variante einer
     heute Pieter Claesz. Soutman zugeschriebenen Bildidee zu identifizieren ist. Scheidet
     das Gemälde Soutmans in Kassel (Museumslandschaft Hessen Kassel, GK 947) wegen
     seiner Provenienz aus, so die Teilkopie in Würzburg (Martin von Wagner Museum,
     Inv.-Nr. F 446) aufgrund ihres Formats. Die Maße der Fassung in Bordeaux (Musée des
     Beaux-Arts, Inv.-Nr. Bx 1980 1 1) stimmen hingegen mit dem Gemälde aus Reutters
     Sammlung weitgehend überein.67 Viele weitere Einträge geben Anlass zur Spekulation,
     wobei die unspezifischen Angaben letztlich keine Identifikationen zulassen.
         Verlagert man den Fokus vom Einzelwerk auf die Analyse der gesamten Sammlung,
     zeigt sich, dass in ihr die unterschiedlichen Genres recht ausgewogen vertreten waren

     Abb. 8   Auswertung des Gemäldekatalogs nach Genre
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges        99

(Abb. 8), wobei Landschaften und religiöse Historienbilder leicht überwogen. Von den
484 Gemälden68 kann die Mehrzahl den nordischen Malerschulen zugewiesen werden
(Abb. 9). Auffallend viele Bilder, beinahe ein Viertel, sind als Werke der deutschen bzw.
österreichischen Schule zu klassifizieren. Ins Auge sticht hier die häufige Nennung von
in Wien tätigen Künstlern, bei denen es sich teils um Zeitgenossen Reutters handelte:
Peter Strudel, Martino bzw. Bartolomeo Altomonte, Daniel Gran, August Querfurt,
Christian Hilfgott und Johann Christian Brand, Franz de Paula Ferg oder Franz Mi-
chael Sigmund von Purgau. Da sich besonders viele Skizzen in der Sammlung nachwei-
sen lassen, scheint es denkbar, dass Reutter aus Künstlernachlässen gekauft hat oder aber
über freundschaftliche Beziehungen zu Malern seiner Zeit in Besitz dieser Entwürfe
gelangte.
    Reutter konnte bei dem Erwerb seiner Sammlung jedenfalls auf einen Grundstock
aufbauen, den er von seinem Vater geerbt hatte. Georg Reutter d. Ä. bedachte nämlich
seinen Sohn laut Testament von 1738 neben einem Marketerie-Tisch oder einem Cla-
vicembalo auch mit „unterschidene[n] Mahlereien“.69 Fehlen leider genauere Angaben,
die Rückschlüsse auf Umfang und Qualität dieser älteren Sammlung Reutter zulassen
würden, finden sich zumindest an anderer Stelle des Testaments Hinweise zu deren
Charakter: Namentlich werden zwei Gemälde von Adriaen de Grijef mit der Darstel-
lung von Hunden sowie ein Bild von Jan van Ossenbeeck erwähnt.70 Die ältere Samm-
lung Reutter scheint mit einem Schwerpunkt auf holländischer und flämischer Genre-
und Landschaftsmalerei ganz dem im Wien des späten 17. Jahrhunderts
vorherrschenden Geschmack entsprochen zu haben. Dem Namen Ossenbeeck begegnet

Abb. 9   Auswertung des Gemäldekatalogs nach Schulen
100      Gernot Mayer

      man besonders oft in Sammlungsverzeichnissen aus dem Wiener Raum, zählte der aus
      Rotterdam stammende Maler doch zu jenen niederländischen Künstlern, die ab etwa
      1660 in der kaiserlichen Residenzstadt tätig waren und hier zahlreiche Werke hinterlie-
      ßen.71 Zu dieser Gruppe gehört auch Jacob Toorenvliet, dessen Genrebilder insbeson-
      dere in mitteleuropäischen Sammlungen vertreten sind. Möglicherweise stammte das
      bereits genannte Gemälde Toorenvliets (vgl. Abb. 5) – wie auch sein mutmaßliches
      Pendant72 – aus dem Besitz des älteren Reutters, mit dessen Sammlung auch weitere
      Werke im Katalog von 1772 geschmacksgeschichtlich in Verbindung gebracht werden
      können: neben mehreren Toorenvliets, auch Bilder von Hamilton, Tamm, Schoonjans
      oder Feistenberger.
         Diesen Nukleus erweiterte Georg d. J. um Werke zeitgenössischer Künstler – wie
      Jean-Baptiste Pillement, Christian Seybold oder Franz Anton Palko – und um Gemälde
      Alter Meister, darunter wohl auch die im Katalog verzeichneten italienischen Histori-
      enbilder. Auf italienische Erwerbungen des Kapellmeisters lässt jedenfalls eine etwas
      kuriose Anzeige im Wienerischen Diarium schließen. 1766 hatte Reutter Abbate Anto-
      nio Maria Triulzi73 beauftragt, für ihn Gemälde in Venedig zu erwerben, wobei ihm
      zwar eine Kiste mit Bildern gesandt wurde, eine Rechnung aber ausblieb:

         Es habe der Herr Georg von Reutter […] angezeiget, wie selbe schon Anno 1766 den Eingangs
         benannten Anton Maria Triuzzi weltlichen Priester, da selber nach Venedig abgereiset, die
         Commission gegeben, einige Mahlereyen einzukaufen, und zu dem Ende ihme durch den
         hiesigen Banquier Hr. von Riesch 147 fl. übermachet worden wäre. Er Herr von Reutter habe
         zwar ein Kasten mit Bildern erhalten, ohne jedoch benachrichtiget zu werden, von wem oder
         wie hoch sothane Bilder behandelt worden wären […].74

      Spätestens ab den 1760er Jahren scheint Reutter folglich konsequent gesammelt zu
      haben, wobei er sich auch Agenten für internationale Akquisen bediente. 1768 findet
      sich Reutter unter den ersten Ehrenmitgliedern der kurz zuvor gegründeten Wiener
      Kupferstecherakademie.75 Zur Aufnahme waren laut Satzungen neben Hochadeligen
      und Gelehrten auch „Liebhaber der Künste, welche Sammlungen von Gemälden, Kup-
      ferstichen, Zeichnungen, und anderen Kunstwerken besitzen, und die Künste zu schät-
      zen wissen“76 zugelassen. Reutters Nähe zur Kupferstecherakademie lässt sich auch über
      Reproduktionsgraphiken nach Gemäldevorlagen aus seinem Besitz nachweisen. Neben
      der bereits erwähnten Druckgraphik von Friedrich August Brand, sind Radierungen
      Ferdinand Landerers nach Werken des 1763–1765 in Wien tätigen Jean-Baptiste Pille-
      ments zu nennen. Auf einem dieser Drucke wird Georg Reutter explizit als Eigentümer
      der Gemäldevorlage bezeichnet (Abb. 10), auf vier weiteren Radierungen nach Land-
      schaften Pillements scheint in der Adresse ein gewisser „M. de Reiter“ als Besitzer auf,
      womit wohl ebenfalls der Kapellmeister gemeint ist.77
          Wohin die Werke Pillements nach Reutters Tod gelangten, ist ungewiss. Generell
      können das Schicksal dieser Sammlung und die Ergebnisse deren Versteigerung von
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges         101

Abb. 10 Ferdinand Landerer nach Jean-Baptiste Pillement, Landschaft, um 1768, Privatsammlung

1774 kaum rekonstruiert werden. Als Käufer wird sich wohl Samuel von Brukenthal an
der Auktion beteiligt haben, schließlich sind in seinem Exemplar des Gemäldekatalogs
zahlreiche Einträge markiert. Trotz dieser Annotationen kann nicht eindeutig bestimmt
werden, welche Werke aus Reutters Besitz nach Sibiu kamen. Denkbar wäre etwa, dass
das Gemälde „160. Ein Geiger, von Gerhard Douw. 1 sch. 1 z. lang, 1 sch. 6 z.
breit.“ – im Auktionskatalog durch Brukenthal markant mit Feder markiert – mit ei-
nem heute Pieter Cornelisz van Slingelant zugeschriebenen Bild (Muzeul Național Bru-
kenthal, Inv.-Nr. 1102) ident ist, auch wenn die Maße leicht variieren.78
    Als weiterer Käufer bei der Auktion von 1774 kommt Johann Melchior von Birken-
stock in Frage. So dürfte etwa ein Paolo Veronese zugeschriebenes Gemälde, Das Urteil
des Salomon, das in der Birkenstock Auktion 1810 (Lot 521) aufscheint, aus Reutters
Sammlung stammen.79 Selbiges könnte auch für ein großformatiges Gemälde von Frans
Snyders gelten, das mehrere Adler und einen toten Wolf zeigt (vgl. Aukt. Kat. Reutter
1772a, Lot 244) und durch Jacob Matthias Schmutzer gestochen wurde, als es sich
bereits im Besitz Birkenstocks befand.80
    Auch der hannoverische Gesandte Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn könnte
Bilder aus Reutters Nachlass ersteigert haben, so etwa ein im Katalog von 1772 Anni-
102      Gernot Mayer

                                                    Abb. 11 Unbekannter Künstler,
                                                    Porträt Georg Reutter d. J., um 1770,
                                                    Sammlungen Stift Heiligenkreuz

      bale Carracci zugeschriebenes Gemälde „Samson die Philister schlagend“ oder die Dar-
      stellung einer Malerin, angeblich von Mattia Preti.81
          Nicht auszuschließen ist ferner, dass einige Gemälde der Sammlung Reutter in die
      Kunstsammlungen des Stiftes Heiligenkreuz Eingang fanden.82 Über den Sohn des Ka-
      pellmeisters, den späteren Abt Marian, kam nachweislich ein großes Konvolut von
      Musikhandschriften aus Reutters Besitz nach Heiligenkreuz. Abgesehen von einem
      Pastellbildnis, das Georg Reutter d. J. darstellen soll (Abb. 11), könnten auch einige
      Werke der Stiftsgalerie, die hinsichtlich ihres Bildinhalts oder ihrer Entstehungszeit mit
      dem Kapellmeister in Verbindung gebracht werden können, ihren Weg über Abt Ma-
      rian in das Zisterzienserkloster gefunden haben.83

      Fazit
      Wenngleich die Sammlung Reutter in ihrer Gesamtheit heute nur ansatzweise rekon-
      struiert werden kann, so verdeutlicht die Auswertung der Auktionskataloge doch ihre
      herausragende Stellung. Bemerkenswert ist nicht nur ihre Größe sondern auch ihre
      ausgesuchte Zusammenstellung, die Reutter als regelrechten connaisseur ausweist: Er
      sammelte Handzeichnungen, noch bevor dies in Wien verbreitet war, er war mit aktu-
      ellen Tendenzen in der Kunstproduktion vertraut – so kaufte er etwa die neusten Kup-
      ferstiche aus Paris – und er ordnete seine Druckgraphiksammlung nach kennerschaft-
      lichem Prinzip als Künstlergeschichte.84 Mag Reutters musikalisches Schaffen am Ende
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges       103

seines Lebens auch aus der Mode gekommen sein, als Sammler war er bis zuletzt offen
für das Neue.
     Mit Georg Reutter d. J. ist folglich ein besonders faszinierender Protagonist der
Geschichte des Wiener Sammlungswesens nachzutragen, einer Geschichte, die im Rah-
men des Vienna Center for the History of Collecting neu erkundet wird. Dieser Beitrag
präsentiert Zwischenergebnisse eines laufenden Arbeitsprozesses, dessen Fortsetzung
uns vielleicht erlaubt, die Anfänge des Wiener Auktionskataloges wesentlich weiter
zurückzuverfolgen, als dies bislang möglich ist.
104       Gernot Mayer

       1 Unter den zahlreichen Publikationen Frimmels zur Geschichte der Wiener Kunstsammlungen
         sei auf seine Blätter für Gemäldekunde (1904–1912), die Studien und Skizzen zur Gemäldekunde
         (1913–1922) und schließlich das zweibändige Lexikon der Wiener Gemäldesammlungen
         (1913/1914) hingewiesen. Für einen allgemeinen Überblick siehe die Einleitung in: T. von
         Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen, 1.3, Leipzig, Mayer, 1899, S. 1–89.
       2 Einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu diesem Thema bietet: F. Polleroß,
         Kunstsammlungen in Österreich. Literatur- und Forschungsüberblick, in „Frühneuzeit-Info“, 25,
         2014, S. 7–44.
       3 T. Ketelsen und T. von Stockhausen, Verzeichnis der verkauften Gemälde im deutschsprachigen
         Raum vor 1800, i, München, Saur, 2002, S. 13.
       4 M. North, Auctions and the Emergence of an Art Market in Eighteenth-Century Germany, in Map-
         ping Markets for Paintings in Europe 1450–1750, hg. v. N. De Marchi und H. J. Van Miegroet,
         Turnhout, Brepols, 2006, S. 285–304.
       5 Vgl. dazu: G. Mayer, Collecting Old Masters in the Age of Brukenthal. Some Remarks on Vienna as
         an Art Market Place in Late 18th Century, in „BRVKENTHAL. ACTA MVSEI“, xii, 2, 2017,
         S. 183–195.
       6 Ich beschränke mich im Folgenden auf gedruckte Auktionskataloge, weder handschriftliche
         Inventare noch andere gedruckte Sammlungsverzeichnisse oder Bilderlisten werden berücksich-
         tigt. Bezieht man hingegen auch Bilder-Lotterien mit ein, dürfte es sich bei dem Verzeichnis der
         Gemälde von Franz von Imstenraedt (1670) um den ältesten Wiener „Katalog“ handeln: Cata-
         logus von verschiedlichen Raren, Künstlichen und von den besten Meistern verfertigten Gemählen /
         alle Original-Stuck/ welche auß einem Glücks-Hafen den 21. April 1670 sollen in der Kayserlichen
         Residenz-Statt Wienn bey Alexander Hartnig aushegoben werden […] [siehe etwa das Exemplar in:
         Wien, OeStA, AVA, FA Harrach, K. 775]. Zu Bilderlotterien siehe zuletzt S. Raux, Lotteries, Art
         Markets, and Visual Culture in the Low Countries, 15th–17th Centuries, Leiden/Boston, Brill,
         2018.
       7 Vgl. D. Lyna, Rubens For Sale. Art Auctions in Antwerp during the Seventeenth and Eighteenth
         Centuries, in Art auctions and dealers. The dissemination of Netherlandish art during the ancien
         régime, hg. v. D. Lyna, F. Vermeylen und H. Vlieghe, Turnhout, Brepols, 2009, S. 139–153, hier
         S. 144.
       8 F. Lugt, Répertoire des Catalogues de Ventes Publiques, i, Den Haag, Nijhoff, 1938.
       9 Ketelsen/Stockhausen, Verzeichnis der verkauften Gemälde a. a. O., S. 21. Vgl. dazu T. Ketelsen,
         Barthold Heinrich Brockes „irdisches Vergnügen“ in Gemälden und Zeichnungen. Ein Beitrag zum
         Sammlungs- und Auktionswesen im frühen 18. Jahrhundert, in „Das achtzehnte Jahrhundert“, 21,
         2, 1997, S. 153–175; Id., Art Auctions in Germany during the Eighteenth Century, in Art Markets
         in Europe, 1400–1800, hg. v. M. North und D. Ormrod, Aldershot/Brookfield, Ashagte, 1998,
         S. 143–152; T. von Stockhausen, Formen des Ordnens. Auktionskataloge des 18. Jahrhunderts als
         Beginn der modernen Kunstgeschichte, in Räume der Kunst. Blicke auf Goethes Sammlungen, hg. v.
         M. Bertsch und J. Grave, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, S. 89–101.
      10 Catalogus Derjenigen rahren / und kostbahren Mahlereyen / und Bildern / von denen besten alt- und
         neuen Meistern […] Welche (Tit:) Ihro Excell. der Gottseelige Herr Graff von Werschowitz hinterlas-
         sen […], Prag 1723. Siehe dazu: Hugo Toman, Das Verzeichnis der gräfl. Wrschowetz’schen Bilder-
         sammlung in Prag vom Jahre 1723, in „Repertorium für Kunstwissenschaft“, 10, 1887, S. 14–24.
      11 Specification Verschiedener Mahlereyen / Welche in dem Graf-Nostitzischen Prager-Majorat-Hauß
         auf der Klein-Seithen an den Meist-bietenden gegen bare bezahlung verkauffet werden, Prag 1739.
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges                  105

     Zur Sammlung Nostitz siehe u. a.: L. Slavíček, Barocke Bilderlust. Holländische und flämische
     Gemälde der ehemaligen Sammlung Nostitz aus der Prager Nationalgalerie, Ausst. Kat., Braun-
     schweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, 1994; sowie Id., Sobě, umění, přátelům. Kapitoly z
     dějinsběratelství v Čechách a na Moravě 1650–1939, Brno, Společnost pro Odbornou Literaturu,
     2007, S. 57–79. Allgemein zu Inventaren und Katalogen aus Böhmen und Mähren (mit weiter-
     führender Literatur): Id., Bludiště seznamů. Inventáře jako pramen k dějinám sběratelství v Čechách
     a na Moravě v 17.–19. Století, in Hortus inventariorum. Statě k problematice inventářů pro dějiny
     umění, hg. v. J. Roháček und L. Slavíček, Prag, Artefactum, 2018, S. 53–91.
12   So wissen wir etwa, dass im November 1733 im Wiener Schottenstift Gemälde aus der Samm-
     lung Buquoy versteigert wurden. Vgl. L. Machytka, Zum Verkauf Waldsteinischer Bilder nach
     Dresden im Jahre 1741, in „Jahrbuch der staatlichen Kunstsammlungen Dresden“, 18, 1986,
     S. 67–73, hier S. 68; siehe auch: Ketelsen/Stockhausen, Verzeichnis der verkauften Gemälde
     a. a. O., S. 30.
13   Christian Ludwig von Hagedorn bezieht sich etwa in einem Brief 1748 auf den Preis eines
     Bildes aus der „gräfl. Sinzendorffischen Verlassenschaft“ in Wien. Es ist anzunehmen, dass ihm
     ein gedruckter (uns heute unbekannter) Katalog der Versteigerung des Besitzes von Kardinal
     Philipp Ludwig von Sinzendorf (gest. 1747) vorlag. Briefe über die Kunst von und an Christian
     Ludwig von Hagedorn, hg. v. T. Baden, Leipzig, Weidmann, 1797, S. 55.
14   Catalogue des Tableaux trouvés dans l’hoirie de S. A. S. le grand Prince Eugène de Savoye. Ceux qui
     voudrons en acheter en gros ou en detail pourront s’adresser au S. Vinzelli Banquier à Vienne en
     Autriche, Wien 1737, ediert bei J. F. von Retzer, Gemähldesammlung des Prinzen Eugen von Sa-
     voyen in Wien, in „Miscellaneen artistischen Innhalts“, 15, 1783, S. 152–168. Christian Ludwig
     von Hagedorn, der 1737 in Wien weilte, bezieht sich in einem Brief auf eben diesen (schon
     damals sehr seltenen) Katalog: „Ich habe den Catalogum mit den Preisen (so eine Rarité) von
     dem Eugenischen Cabinet […]“, zitiert nach C. S. Cremer, Hagedorns Geschmack. Studien zur
     Kunstkennerschaft in Deutschland im 18. Jahrhundert, Univ. Diss., Bonn 1989, S. 339, Anm.
     27. Vgl. dazu auch Ketelsen, Barthold Heinrich Brockes a. a. O., S. 170.
15   Im Wienerischen Diarium finden sich etwa Anzeigen von Bücherverzeichnissen, die auch Kunst-
     werke umfassten (vgl. Wienerisches Diarium, Nr. 17, 26. 2. 1744 oder Nr. 57, 18. 7. 1753). Als
     frühes Beispiel eines gedruckten Verkaufskataloges, der offenbar ausschließlich Kunstwerke be-
     inhaltete, sei auf ein Verzeichnis verwiesen, das 1760 bei einem gewissen Herrn Dominicus Roth
     unentgeltlich zu haben war: Catalogus verschiedener Mahlereyen, und Originalien von Virtuosen,
     als: künstlichen Meistern, und andern guten Schiltereyen, Italiänisch, Holländischen, Niederländi-
     schen, auch andern unterschiedlichen Orten (Wienerisches Diarium, Nr. 84, 18. 10. 1760).
16   Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen a. a. O., S. 63. Dieses Verzeichnis entspricht
     jedoch gattungstypologisch keineswegs einem Auktionskatalog. Ergänzend sei noch auf einen
     sehr allgemeinen, auf das 19. Jahrhundert beschränkten Beitrag zu diesem Thema hingewiesen:
     R. Till, Wiener Auktionskataloge. Eine kaum beachtete Quelle zur neueren Geschichte Wiens, in
     „Wiener Geschichtsblätter“, lxix, 1954, 3, S. 49–53.
17   T. von Frimmel, Gemäldesammlungen in Wien, in „Repertorium für Kunstwissenschaft“, 13,
     1890, S. 136–151, hier S. 137. Während Artaria-Bestände heute in der Wienbibliothek verwahrt
     werden, einige Kataloge aus dem Besitz Frimmels in das Rijksbureau voor Kunsthistorische Docu-
     mentatie (RKD) gelangten (vgl. J. Kosten, Het ‚Zettelnotizen-Archiv‘ van Theodor von Frimmel
     (1853–1928) in het archief van het RKD, in „RKD Bulletin“, 2, 2004, S. 52–60), konnte der
     Verbleib der Bibliothek Eduard Hirschlers bislang nicht eruiert werden. Siehe zu Hirschler:
106        Gernot Mayer

           D. J. Hecht, Spuren und Boten. Die Kunsthandlung E. Hirschler & Comp., in Kunst sammeln,
           Kunst handeln (Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung, 3), hg. v. E. Blimlinger
           und M. Mayer, Wien/Köln/Weimar, Böhlau, 2012, S. 79–90.
      18   Vgl. Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen a. a. O., S. 77–78.
      19   Der Architekt Karl König (1841–1915) war Professor an der Technischen Universität und
           Entwerfer von prominenten Wiener Bauten wie der Produktenbörse oder dem Haus der Industrie.
      20   Katalog der Kunstsammlungen des Hofrats Karl König […], Aukt. Kat., Gilhofer & Ranschburg
           (11.–12. 5. 1917), Wien 1917.
      21   Katalog der Sammlungen des Architekten Hofrat Professor Karl König. I. Abteilung: Literarische
           Seltenheiten aus dem Gebiete der Architektur und der Kunst, Aukt. Kat., Gillhofer & Ranschburg
           (23.3–24. 3. 1917), Wien 1917, siehe hier S. 113–114, Lot 1020: Versteigerungskataloge des
           18.–20. Jahrhunderts.
      22   Zumindest lässt der Eintrag: „Die Sammlung wird nur als Ganzes abgegeben.“ vermuten, dass
           nicht nur ausgewählte Exemplare in die Albertina gelangten. Für die freundliche Hilfestellung
           bei meinen Recherchen in der Bibliothek der Albertina danke ich Cosima Richter und Leopold
           Kudrna.
      23   Lugt, Répertoire des Catalogues a. a. O., S. VII.
      24   Zu dieser siehe: T. Huber-Frischeis, N. Knieling und R. Valenta, Die Privatbibliothek Kaiser
           Franz’ I. von Österreich 1784–1835. Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung
           zwischen Aufklärung und Vormärz, Wien/Köln/Weimar, Böhlau, 2015 und P. Poch, Porträtgale-
           rien auf Papier. Sammeln und Ordnen von druckgrafischen Porträts am Beispiel Kaiser Franz’ I. von
           Österreich und anderer fürstlicher Sammler, Wien/Köln/Weimar, Böhlau, 2018.
      25   Ich danke Alexandra Smetana für ihre freundliche Hilfe bei den Recherchen in der Fideikom-
           miss-Bibliothek der ÖNB.
      26   Zum Legat Tschager siehe: G. Ammann, „… die Gemälde nach Übernahme vorteilhaft aufzuhän-
           gen, der Provenienz nach deutlich zu machen u. für Conservierung zu sorgen …“. Die Legate Josef
           Tschager, Johann Wieser, Ludwig von Wieser, Leander Rigel, Caspar Jele und Bernhard Höfel – Zur
           Geschichte der Niederländer-Sammlung, in „Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Fer-
           dinandeum“, 85, 2005, S. 5–36.
      27   Für Ihre freundliche Hilfestellung bei der Recherche im Ferdinandeum danke ich Christina Zenz
           und Peter Scholz.
      28   Wie aus seiner Korrespondenz geschlossen werden kann, vgl. zu dieser: H. Herbert, Briefe an
           den Freiherrn Samuel von Brukenthal, in „Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde“,
           31, 1903, S. 7–369. Siehe dazu auch E. Sigerus, Nachrichten aus dem Wiener Kunsthandel im
           XVIII. Jahrhundert, in „Beilage der Blätter für Gemäldekunde“, 1, 1905, S. 1–5 und E. Sigerus,
           Nachrichten über den Wiener Kunsthandel im 18. Jahrhundert, in „Studien und Skizzen zur Ge-
           mäldekunde“, 2, 1916, S. 113–116; sowie G. Mayer, Collecting Old Masters a. a. O. Auf die
           Auktionskataloge in Sibiu wiesen bereits Ordeanu und Lapping hin, siehe: M. Ordeanu, Samuel
           von Brukenthal, his Dutch and Flemish paintings and their study, in „Ars Transsylvaniae“, 10/11,
           2000/2001, S. 171–184; C. Lapping, Die Sammlung des Freiherrn Samuel von Brukenthal. Eine
           Untersuchung zur Geschichte und zum Charakter der Sammlung Hermannstädter Museum, Kron-
           stadt, Aldus, 2004.
      29   Sibiu, Biblioteca Brukenthal, V. II. 6661/2, Inv.-Nr. 129608: Aukt. Kat. Gundel 1786: Ver-
           zeichniß von alten und neuen zum Theil seltenen Kupferstichen aus der italienischen, deutschen […]
           so von dem seligen wirkl. Hofrath und Reichsreferendarius, Herrn von Gundl […], Wien 1786.
Zu den Anfängen des Wiener Auktionskataloges                   107

     Lapping verweist zudem auf einen Gundel-Katalog von 1784 [Lapping, Die Sammlung des
     Freiherrn a. a. O., S. 71], den ich in Sibiu allerdings nicht finden konnte. Ich danke Daniela
     Dâmboiu für ihre Hilfe bei meinen Recherchen im Brukenthal-Museum.
30   Sibiu, Biblioteca Brukenthal, V. II. 6662/2, Inv.-Nr. 122483: Aukt. Kat. Canale 1774: Ver-
     zeichniß der von Sr. Excellenz weyl. Herrn Grafen von Canal hinterlassenen Kupferstiche, Zeichnun-
     gen und Gemählde […], Wien 1774. Silvia Tammaro bereitet derzeit eine Studie zu der Kunst-
     sammlung des sardisch-piemontesischen Botschafters Graf Canale (1704–1773) vor.
31   Sibiu, Biblioteca Brukenthal, V. II. 6662/2, Inv.-Nr. 122484, Aukt. Kat. Reutter 1772a: Catalog
     über das Bildercabinet, welches der Hr. Georg von Reutter, kaiserl. königl. Capellmeister unterlassen.
     Verfasset von Joh. Christ. Brand, k. k. Cammermahler […], Wien 1772.
32   Es handelt sich um ein Verzeichnis von 1768 ohne Hinweis auf Sammlungseigentümer.
33   Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB), Art.
     plast.1943, misc.8.
34   Dresden, SLUB, Art.plast.1943, misc.7: Aukt. Kat. Reutter 1772b: Catalog über die Kupfersti-
     che-Sammlung welche der Hr. Georg von Reütter, kaiserl. königl. Capellmeister unterlassen / Catalog
     über die Zeichnungsammlung, welche der herr Georg von Reüttern […] von Andreas Massinger,
     Wien 1772.
35   C. Burney, The Present State of Music in Germany, the Netherlands, and United Provinces […], i,
     London, Travis & Emery Music Bookshop, 1773, S. 356–357.
36   [Wilhelm Ludwig Wekhrlin], Denkwürdigkeiten von Wien. Aus dem Französischen übersetzt, o. O.
     1777, S. 154.
37   Zu Georg Reutter siehe: C. F. Pohl, Joseph Haydn, i, Berlin, Sacco, 1875, S. 37–44; R. Eitner,
     Reutter, Georg, in „Allgemeine Deutsche Biographie“, 28, 1889, S. 330–331; L. Stollbrock, Le-
     ben und Wirken des k. k. Hofkapellmeisters Johann Georg Reuter jun., in „Vierteljahresschrift für
     Musikwissenschaft“, 8, 1892, S. 161–203 und 289–306; H. Federhofer, Georg Reutter der Jün-
     gere als Mittler zwischen Johann Joseph Fux und Wolfgang Amadeus Mozart, in „Mitteilungen der
     Kommission für Musikforschung“, 35, 1983, S. 51–58; D. W. Jones, Reutter, (Johann Adam Jo-
     seph Karl) Georg (II), in „Grove Music Online“, 2001 (http://www.oxfordmusiconline.com/);
     M. Ebenbauer, Zur Geschichte der Dommusik, in M. Jahn, Die Musikhandschriften des Domarchivs
     St. Stephan in Wien, Wien, Verl. Der Apfel, 2005, S. 11–51, hier S. 27–29.
38   Pohl, Joseph Haydn a. a. O., S. 37.
39   Als 1760 Graf Giacomo Durazzo zum Cavaliere di Musica ernannt wurde, kam es zum Konflikt
     zwischen ihm und dem damaligen Pächter der Hofmusik Reutter: Durazzo umging die Autori-
     tät Reutters, er engagierte eigenständig Virtuosen und übertrug mehrfach Christoph Willibald
     Gluck die Leitung von höfischen Musikveranstaltungen. Vgl. R. Haas, Gluck und Durazzo im
     Burgtheater. Die opera comique und Wien, Zürich/Wien/Leipzig, Amalthea, 1925, S. 37–51.
40   Jones, Reutter a. a. O.
41   Pohl, Joseph Haydn a. a. O., S. 382. Vgl. H. C. R. Landon, Haydn. The Early Years 1732–1765
     (Haydn. Chronicle and Works, i), London, Thames and Hudson, 1980, S. 37. Einige Jahre später
     kam auch Josephs Bruder Michael als Chorknabe nach Wien.
42   Pohl, Joseph Haydn a. a. O., S. 40.
43   Stollbrock, Leben und Wirken a. a. O., S. 179.
44   Ivi, S. 181–182; E. T. Hilscher, Mit Leier und Schwert. Die Habsburger und die Musik, Graz/
     Wien/Köln, Styria, 2000, S. 83–84 und 182–183; E. T. Fritz-Hilscher, Die Privatisierung der
     kaiserlichen Hofmusikkapelle unter Maria Theresia 1751–1772, in Die Wiener Hofmusikkapelle,
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