Zu Fuß durch Malaysia Porträt Rudolf Schlechter 25 Jahre Kärntner Orchideenverein
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MÄRZ/APRIL 3/08 Vereinsblatt der Österreichischen Orchideengesellschaft Zu Fuß durch Malaysia Porträt Rudolf Schlechter 25 Jahre Kärntner Orchideenverein Außerdem: Blütenbiologie heimischer Cephalanthera-Arten Pflanzenporträts Corallorhiza trifida, Paradisanthus micranthus Buchbesprechung, Termine und mehr Titelfoto: P. micranthus von Werner Blahsl
ZU DIESER AUSGABE ÖSTERR. ORCHIDEEN - GESELLSCHAFT Liebe Leser! PRÄSIDENT Diese Ausgabe ist ja wirklich viel zu spät bei Ihnen zu Hause gelan- Kurt Opitz, 2604 Theresienfeld, Bir- det. Doch diesmal trifft uns keine Schuld! Wir hatten den Auftrag, keng. 2, kurtopitz@gmx.at, noch auf die Zusammenfassung der Generalversammlung zu war- ten, bevor wir den Orchideenkurier in Produktion gaben. Dafür Tel./Fax: 02622/713 69 haben wir dieses Mal auch wieder eine voll gepackte Ausgabe VIZEPRÄSIDENTEN zusammengestellt. Besonders freuen uns dabei die Beiträge aus Kärnten und Vorarlberg über die jeweiligen Orchideenausstellun- gen als Antwort auf unseren Aufruf, uns doch Beiträge aus den Dr. Hubert Mayr, 07252/441 29, mayrhubert@aon.at; Heinz Mik, 01/203 34 97, heinzmik@aon.at; DI Zu Fuß Bundesländern zu schicken. Vielen Dank! Doch den Aufruf wieder- holen wir trotzdem! Hören Sie nicht auf, liebe Leser! Schicken Sie Erich Wildburger, Tel.: SCHRIFTFÜHRER/KASSIER/ unterwegs uns auch weiterhin Ihre Berichte, Fotos und Leserbriefe! Und herzli- che Glückwünsche nachträglich zum 25 Jährigen Jubiläum des Kärntner Orchideenvereins! MITGLIEDERSERVICE Erika Tabojer, Birkeng. 3, 2601 Solle- nau, Tel. & Fax: 02628/472 09, in Malaysia Die Redaktion E-Mail: orchidee@air-line.at Mit tiefem Bedauern geben wir CARSTEN HAMMER besuchte dieses bekannt, dass unser Ehrenmit- SONSTIGE KONTAKTE: schöne Land und fand einige glied Herr Rudolf Wagenknecht MITGLIEDERSERVICE WIEN Orchideen am Rande der am 17. Februar 2008 verstorben Monika Ahl, Maschlgasse 28, 1220 Wanderrouten. ist. Er wurde am 23. August 1922 Wien, Tel.: 01/282 55 68, Fax: 01/282 im Sudetenland geboren und 55 68-15, machte eine Ausbildung zum E-Mail: service.ahl@inode.at Gärtner. Nach dem Krieg kam er nach Österreich und fans in REDAKTION OK Bruck an der Glocknerstraße Thomas Seidl, Geblergasse 82/3, seine neue Heimat. 1170 Wien, Tel.: 01/974 28 27 Seine Leidenschaft waren immer orchideenkurier@gmx.a Nachdem eine geplante Orchideenreise nach die Blumen, seine ganze Energie Ecuador nicht zustande gekommen war, widmete er dem Auf- und Aus- t brachte mich ein, Orchideenfreund auf die bau der „Caritas-Gärtnerei“. Nach Weitere Kontaktadressen finden Sie Idee, doch mal einen Trip nach Malaysia zu seiner Pensionierung baute er in ab Seite 26 und auf unternehmen. seinem Garten ein Glashaus, welches voll mit Orchideen bestückt www.orchideen.at Da ich auch schon 2002 auf dem WOK war, die er bis zum Schluss pflegte. in Shah Alam gewesen war, wusste ich Rudolf Wagenknecht leitete die Salzburger Orchideengruppe schon in etwa, wie man sich im Land zehn Jahre und wurde 1994 zum Ehrenmitglied ernannt. Redaktionsschluss für Heft 4/08: bewegen kann. Nach kurzer Information Er liebte es zu reisen und die Orchideen an den Naturstandorten zu Montag, 1.6.08 über das Internet waren der Flug und die besuchen. Erich Havlicek erinnert sich an eine gemeinsame Reise erste Hotelübernachtung gebucht, alles nach Neuguinea, die für Rudolf Wagenknecht sehr anstrengend und KLEINANZEIGEN andere lässt sich vor Ort regeln. beschwerlich wurde. Trotz eines Risses der Achillessehne setzte er Nachzuchten diverser tropischer Orchi- Orchideengarten Kuala Lumur Trotz vieler Bedenken von Freunden und die Reise fort und gemeinsam machten sie sich auf zu einem 30 km deen in Bechern bzw. Gläsern. Tel.: Verwandten beschloss ich, dieses Mal allei- langen Fußmarsch. Dies war natürlich nicht das einzige Erlebnis auf 02167/202 75. www.orchideenvermeh- ne loszuziehen. Also bestieg ich am 4. 2. 07 dieser Reise, auch die Fahrt mit dem Langboot war für alle ein rung.at. Wir sind am 17.+18.5. auf der den Flieger nach Kuala Lumpur. Nach der gefährliches Unterfangen. Rudi, wie ihn seine Freunde nannten, war Haustier aktuell in Wr. Neustadt ersten Nacht besuchte ich den Orchideen- ein sehr gläubiger Mensch und vertraute wie immer auf die Hilfe des garten in Kuala Lumpur. Hier werden heiligen Antonius. Wegen Glashausauflassung div. Orchi- hauptsächlich Vanda- oder Ascocenda- Rudolf Wagenknecht war als herzlicher Familienmensch bekannt, deen u. Tillandsien günstig bis gratis Hybriden präsentiert und es gibt einen klei- liebte seine Familie über alles und war sehr stolz auf seine Enkelkin- abzugeben. Josef KLANG, Hollenstein nen Verkauf. Naturformen sucht man aber der. 37, 3710 Ziersdorf NÖ, fast vergebens. Menschen, die wir lieben, bleiben für immer, denn sie hinterlassen 02956/27 19 od. 0676 573 66 06 Bei einer kleinen Reiseagentur buchte ich ihre Spuren in unseren Herzen. Mitglieder der ÖOG können gratis dann einen Trip in den Taman-Negara- Kleinanzeigen im OK schalten! Nationalpark für den nächsten Tag. Früh Der Vorstand morgens traf man sich an der Agentur und 2 3
ein Bus fuhr erst mal ca. drei Stunden nach Kuala Tembeling. An diesem Ankunftsort gab es in älteren Bäumen auch schon die ersten Dendrobien zu sehen, leider ohne Blüten. Nach einer Mittagspause fuhren wir weiter per Boot auf einem Urwaldfluss – eine echt abenteuerliche Atmos- phäre – bis nach Kuala Tahan. Am nächsten Tag beschloss ich, einen Trip ganz alleine zu unternehmen. Zunächst führte mich dieser zum Canopy Walk, gerade mal eine halbe Stunde vom Ressort entfernt. Aber durch die hohen Tempe- raturen (mehr als 30° C) und unbekannte Spinne bei die hohe Luftfeuchtigkeit war Kuala Tahan Canopy Walk man da schon durchge- unterwegs nach Kuala Tahan schwitzt. Der Canopy Walk ist gegen eine geringe Gebühr begehbar und auch durchaus interessant. Danach unternahm ich eine Wanderung zum Bukit Indah, die war mit 2 Stunden ange- setzt, doch man musste schon ganz schön über umgestürzte Bäume klettern, und der Weg ging andauernd auf und ab. Auf den umgestürzten Bäumen fand ich aber die eine unterwegs nach Kuala Tahan oder andere Orchidee, wie Dendrobien oder Coelogynen, Arundina graminifolia leider alle ohne Blüten. Bis zum höchsten Punkt musste ich den letzten Kilometer über Coelogyne spec. auf dem Weg zum Bukit Indah Steine klettern, und da sah die schwimmenden Restaurants von Kuala Tahan Bulbophyllum auf dem Weg zum Bukit Indah man rechts und links lauter Bulbophyllum und andere Orchideen, hier auch nur mit Samenstand oder schon abge- blüht. Der Ausblick war sehr schön und nach kurzer Rast ging es auf den Rückweg. Auf der ganzen Tour begegnete ich nicht einem Menschen. Von Kuala Tahan fuhr ich dann zwei Tage später mit dem Boot wieder zurück nach 4 5
Kuala Tembeling und von dort mit dem Bus in die Cameron Highlands nach Tanah Rata. Unterwegs sah man Lkws Die heimischen Cephalanthera-Arten mit gigantischen Mengen an Urwaldholz, leider. und ihre Blütenbiologie In den Cameron Highlands ging ich Als Fortsetzung der Serie über Blütenbiologie und Orchideenpollen unter dem Mikroskop am Ankunftstag noch einen Kurzwander- beschäftigt sich Matthias Svojtka im vorliegenden Beitrag mit den drei einheimischen weg. Auch hier sah man ohne Probleme Waldvöglein-Arten. die Orchideen auf den Bäumen, nur leider so hoch, dass man für gute Fotos gar „My dear Hooker“, schrieb Charles Darwin (Dactylorhiza- und Orchis-Arten) und Sexual- nicht ran kam. Bei einem Versuch an (1809–1882) am 17. Juni 1860 an Joseph Dalton täuschblumen (Ophrys-Arten, siehe OK 6/06) wer- einen Standort besser ranzugehen, brach Hooker (1817–1911), „I have re-read your paper den die Bestäuberinsekten somit unter Vorspiegelung ich in den angeblich festen Untergrund on Listera & have been looking at specimens, & falscher Tatsachen zum Blütenbesuch angelockt, ein und schlug mir das Knie an. have hardly ever been more amused. In ohne die erwartete Belohnung (Pollen, Nektar, Trotzdem wanderte ich am nächsten Cephalanthera grandiflora the pollen-masses are Sexualpartner) zu erhalten. Bei Cephalanthera imi- Tag allein zum Gunung Beremban. shed in bud & stand close in two friable column tieren gelbe Lippenflecken und Papillen das Unterwegs sah ich schon die ersten close to upper edge of stigma; & this upper edge, Vorhandensein von Pollen, den die Bestäuber als Arundina graminifolia. (which I presume answers to rostellum) whilst in vermeintliche Nahrung nützen könnten; tatsächlich Die Wanderung war dann die reinste Coelogyne spec. auf dem Weg zum Gunung Beremban bud-state, ejects fluid (without touch) on each side erhalten die Insekten jedoch weder Pollen noch Hölle. Es ging extrem steil hinauf, und & glues the pollen-masses there“. Die beiden Nektar als Belohnung. Cephalanthera damasonium mitten drin lagen ein paar umgefallene Herren korrespondierten damals brieflich mit ist bereits autogam (selbstbestäubend) und folglich Bäume. Trotz des schmerzenden Knies erkennbarem Vergnügen über die Blütenbiologie hinsichtlich der Fortpflanzung nicht mehr auf blü- musste ich die Bäume untersuchen und der heimischen Orchideenarten Listera ovata tenbesuchende Insekten angewiesen; die gelbe ich fand auch einige Coelogynen, Erien, (Groß-Zweiblatt) und Neottia nidus-avis (Vogel- Lippenzeichnung findet sich jedoch noch immer. Dendrobien, Bulbophyllum etc. Weiter Nestwurz), im Vergleich dazu auch über die heimi- Das Schmalblatt-Waldvöglein, Cephalanthera longi- den Weg hoch, kommt man durch einen schen Waldvöglein-Arten (Cephalanthera sp.). Das folia, hingegen ist auf Fremdbestäubung angewiesen Mooswald, auch dort gab es viele bei Berührung explosionsartige Auspressen einer und imitiert erfolgreich mit gelborange gefärbten Orchideen zu sehen. Oben angekommen, klebrigen Flüssigkeit aus dem Rostellum von Papillen auf dem Labellum (Lippe) das hatte ich einen fantastischen Ausblick, Listera, das Hooker in seiner Arbeit von 1854 Vorhandensein von Pollen. In Israel wurde dieses und nach kurzer Rast ging es dann auf beschrieb (auf die sich auch Darwin in obigem Brief Täuschungsmanöver an den Arten Cistus salviifo- der anderen Seite genauso steil bergab. bezieht), habe ich schon beschrieben (OK 4/06), lius (Salbeiblättrige Zistrose / Cistaceae; imitierte Nach 7 Stunden Wanderung war ich nähere Details können dort nachgesehen werden. In Pflanze) und Cephalanthera longifolia sowie Wild- dann wieder in Tanah Rata gelandet und der vorliegenden Arbeit möchte ich einige Aspekte bienen der Gattung Halictus (Furchenbienen) genau buchte die Tour für die kommenden Tage der Blütenbiologie der Waldvöglein-Arten beleuch- dokumentiert (Dafni & Ivri 1981). In Österreich im Internetcafé. ten und die in der heimischen Flora vorkommenden wurden (nach Vöth 1999) Bienen der Gattungen Von Tanah Rata fuhr ich mit dem Bus Arten kurz vorstellen. Andrena (Sandbienen) und Lasioglossum (Furchen- nach Penang. Unterwegs gab es nur Die Gattung Cephalanthera wurde im Jahr 1817 bienen) beim Blütenbesuch beobachtet. Nahrungs- Ölpalmen- und Gummibaumplantagen zu für mich unbekannte Orchidee in der Nähe des Gunung von Louis Claude Marie Richard (1754–1821) pflanzen dieser Insekten sind Helianthemum num- sehen. Kurz vor dem Ziel entdeckte ich Beremban (Anm.: wahrscheinlich Dendrobium spec.) errichtet; der Name, abgeleitet von gr. kephalé mularium (Gewöhnlich-Sonnenröschen / Cistaceae) dann einige Warane – allerdings im (Kopf; aber auch Spitze, Giebel) und antherós (blü- und Potentilla neumanniana (Eigentliches Frühlings- Straßengraben. Wahrscheinlich suchten Ausblick vom Gunung Beremban hend), weist auf die aufrecht hoch über der Lippe Fingerkraut / Rosaceae). Das Purpur-Waldvöglein, die Tiere etwas Essbares. stehende Säule hin. Die hauptsächlich eurasisch Cephalanthera rubra, imitiert Blüten von Glocken- Penang sollte eigentlich nur eine (inklusive Nordafrika) verbreitete Gattung umfasst blumen (Campanula sp. / Campanulaceae; siehe Zwischenstation sein, um weiterzugehen derzeit etwa 15 Arten; der einzige Gattungsvertreter Nilsson 1983). Da die Augen der bestäubenden nach Langkawi. Langkawi war aber in Nordamerika ist Cephalanthera austinae, die Wildbienen in einem anderen Wellenlängenbereich komplett ausgebucht, denn das chinesi- „phantom orchid“. Die wahrscheinlich älteste des Lichtes als unser menschliches Auge empfind- sche Neujahrsfest stand kurz bevor. Nach Abbildung einer Waldvöglein-Art, es handelt sich lich sind, werden die für uns unterschiedlichen kurzer Bedenkzeit beschloss ich, den um Cephalanthera rubra, gibt uns Carolus Clusius Blütenfarben von den Bienen als gleichartig wahrge- botanischen Garten in Penang zu besu- (1526–1609) in seiner österreichisch-ungarischen nommen. Bestäuber von Cephalanthera rubra sind chen und organisierte danach die Flora aus dem Jahr 1583 (Rariorum aliquot stir- vor allem männliche Wildbienen der Gattungen Rückkehr nach Kuala Lumpur. Obwohl pium, per Pannoniam, Austriam, et vicinas quas- Chelostoma (Scherenbienen) und Dufourea (Glanz- die Reise so zwei Tage früher als dam Provincias observatarum Historia; er nennt die bienen). Auf der Suche nach Weibchen und Nahrung ursprünglich geplant zu Ende ging, waren Art hier „Elleborine“, siehe Abb. 1). patroullieren diese Bienenmännchen normalerweise die Eindrücke fantastisch. Alle heimischen Waldvöglein-Arten sind Pollen- auf bestimmten Flugbahnen zwischen einzelnen täuschblumen; ebenso wie bei Nektartäuschblumen Campanula-Blüten. In dieses System schaltet sich 6 7
die Orchidee ein und lockt Männchen an, indem sie Simonkai, C. ensifolia (J. A. Murray) L. C. M. die Campanula-Blüten imitiert und das Vorhanden- Richard, C. xiphophylla (Carl Linné filius) sein von Nahrungspollen vortäuscht. Auf der Suche Reichenbach filius, Serapias grandiflora Linné p.p., nach Pollen in den Orchideenblüten stoßen die S. grandiflora Oeder. Bestäuber dann unweigerlich am mittleren Das Schmalblatt-Waldvöglein wächst an Wald- Narbenlappen an, der eine klebrige Flüssigkeit pro- lichtungen und Rändern von Laubmischwäldern, duziert. Bei den Cephalanthera-Arten ist ein eigent- seltener auf waldnahen Mähwiesen und Trocken- liches Rostellum, also eine differenzierte Klebdrüse, rasen. Die Art bevorzugt mäßig trockene bis mäßig noch nicht ausgebildet (wie schon Darwin und feuchte Standorte in der collinen bis obermontanen Hooker beobachtet hatten); die Insekten werden Höhenstufe. Die Blütezeit erstreckt sich von Mai bis mit klebriger Narbenflüssigkeit überzogen, woran Juni (Juli). Mit Cephalanthera rubra bildet C. longi- dann auch die Pollinien haften bleiben. Die folia die seltene Hybride Cephalanthera x otto- Pollinien selbst sind weich, sie bestehen aus nur hechtii. schwach miteinander verklebten, einzelnen Purpur-Waldvöglein – Cephalanthera rubra Pollenkörnern (Monaden; siehe Abb. 4 und 5), die (Linné) L. C. M. Richard (Abb. 1) etwa 20 µm klein sind. Wie auch der Violette Abb. 2: Cephalanthera longifolia (Obere Dingel (Limodorum abortivum, OK 4/07) besitzen Carl von Linné, Systema naturae, ed. 12, 2, S. 594 Lobau, Wien, 15. 5. 2005) sie eine rundliche Keimstelle (einen Ulcus), aus dem (1767); Louis Claude Marie Richard, De Orchideis der Pollenschlauch auswächst (siehe Abb. 5, Ap). europaeis annotationes, S. 38 (1817). Synonym ist Sowohl das Vorliegen von Monaden (sonst nur Epipactis purpurea Crantz. beim Frauenschuh / Cypripedium calceolus, Das Purpur-Waldvöglein wächst in collinen bis OK 2/06, und beim Violetten Dingel) als auch das untermontanen, lichten Buchen- und Fehlen einer echten Klebdrüse (Rostellum) kenn- Buchenmischwäldern sowie in mit Eichen und zeichnen die Waldvöglein-Arten als evolutiv sehr Buchen bestandenen Schwarzföhrenwäldern; es ursprüngliche Orchideen. bevorzugt trockene, kalkreiche und durchwegs nährstoffarme Böden, auf feuchten Standorten Breitblatt-Waldvöglein – Cephalanthera damaso- gedeiht die Art nicht. Blütezeit ist, je nach nium (Miller) Druce (Abb. 3) Höhenlage des Standortes, Mai bis Juli (August). Philip Miller, Gardener’s Dictionary, ed. 8 (1768); Eine weißblühende forma alba wie auch eine forma George Claridge Druce, The annals of Scottish comosa („Cephalanthera comosa“ Tineo) sind in natural history, 1906, S. 220 (1906). Synonyme der Literatur beschrieben. sind Cephalanthera alba (Crantz) Simonkai, C. grandiflora S. F. Gray, C. lancifolia (F. W. Literatur Schmidt) Dumortier, C. latifolia (Miller) Janchen, Dafni, A. / Ivri, Y. (1981): The Flower Biology of C. ochroleuca (Baumgarten) Reichenbach, C. pal- Cephalanthera longifolia (Orchidaceae) – Pollen Abb. 1: Cephalanthera rubra („Elleborine“) Abb. 3: Cephalanthera damasonium lens (Swartz) L. C. M. Richard, Serapias grandiflo- Imitation and Facultative Floral Mimicry. – Plant aus Clusius (1583) (Gumpoldskirchen, NÖ, 23. 5. 2003) ra Linné p.p., S. tota-alba Gilibert. Systematics and Evolution, 137: 229–240, Wien/New York. Das Breitblatt-Waldvöglein wächst in collinen bis untermontanen (bis 900 m Seehöhe), schattigen Fritsch, K. (1888): Zur Nomenclatur unserer Cephalanthera-Arten. – Österreichische Botanische Laubwäldern und an Wegrändern sowie (seltener) Zeitschrift, 38 (3): 77–81, Wien. in verbuschten Steinbrüchen. Es bevorzugt basische, Halbritter, H. (2000): Cephalanthera longifolia.- mäßig trockene bis mäßig feuchte, nährstoffarme IN: Buchner, R., Weber, M. (2000 onwards): Standorte. Blütezeit von Mitte Mai bis Mitte Juli, PalDat – a palynological database: descriptions, zumeist im Juni. Mit Cephalanthera rubra bildet illustrations, identification, and information retrie- val. http://www.paldat.org/ C. damasonium die Hybride Cephalanthera x may- eri, mit C. longifolia die Hybride C. x schulzei. Nilsson, L. A. (1983): Mimesis of bellflower (Campanula) by the red helleborine orchid Auch mit Epipactis atrorubens ist eine Hybride Cephalanthera rubra. – Nature, 305: 799–800, bekannt, x Cephalopactis speciosa. London. Schmalblatt-Waldvöglein – Cephalanthera longi- Svojtka, M. (2000): Cephalanthera damasonium, Cephalanthera rubra. – IN: Buchner, R., Weber, M. folia (Linné) Fritsch (Abb. 2) (2000 onwards): PalDat – a palynological database: descriptions, illustrations, identification, and infor- Carl von Linné, Species plantarum, 2, S. 950 mation retrieval. http://www.paldat.org/ (1753); Karl Fritsch, Österreichische Botanische Vöth, W. (1999): Lebensgeschichte und Bestäuber Abb. 4: Pollenkorn (Monade) von Abb. 5: Pollenkorn (Monade) von Zeitschrift, 38 (3), S. 81 (1888). Synonyme sind der Orchideen am Beispiel von Niederösterreich. – Cephalanthera damasonium. Cephalanthera damasonium. Ap = Cephalanthera acuminata Lindley, C. angustifolia Stapfia, 65: 1–257, Linz. 8 9 7
Neukaledonien. Ziel war es erneut, Nutz- 1918 wurde von Schlechter pflanzen der Gegend zu erforschen. Dabei die Gattung Eurychone schenkte er immer auch der Flora, und begründet. Im selben Jahr besonders den Orchideen der jeweils noch wurde die Art E. galean- bereisten Gegend, seine Aufmerksamkeit. drae (ursprünglich von Seiner Zeichengabe und ausführlichen Reichenbach f. erstbeschrie- Die Väter des Dokumentation der Expeditionen verdan- ben) in die neue Gattung ken wir noch heute viel Wissen um den O rchideenfiebers: Lebensraum der Orchideen in ihrer übergeführt verändert aus Jones, H. G. (1973): The Genus Schomburgkia. Heimat. A study in the history and bibliography of plant taxonomy. Auch auf dieser Reise wurde er immer wieder von heftigen Fiberanfällen geplagt Schlechter beschrieb 1914 Encyclia und kehrte 1903 nach Berlin zurück. Sein Rudolf umfangreiches Wissen über die Pflanzen Neukaledoniens publizierte er als Dissertation und erlangte 1904 die erubescens. Erst 1971 wurde diese Art von Dressler & G.E. Pollard in die neue Schlechter Doktorwürde. 1904 bereiste er noch Kamerun, 1906 Borneo und Sumatra, 1907 bis 1909 monotypische Gattung Artorima gestellt. Kaiser-Wilhelms-Land (Deutsch-Neu- WERNER BLAHSL wid- guinea, der nordöstliche Teil der Insel met sich in dieser Neuguinea) und 1910 Indonesien. Auch Serie den Pionieren diese Reisen dienten vorwiegend der der Orchideenkunde. Erforschung von Nutzpflanzen, insbeson- dere Kautschuk. Doch hielt er sich immer wieder wochenlang in Gebieten mit reich- lichen Orchideenvorkommen auf, um zu sammeln und zu dokumentieren. Gastrorchis schlechteri wurde 1910 kehrte er nach Hause zurück, hei- 1930 von H. Perrier nach Rudolf In den letzten Ausgaben des Orchideenkuriers Während der dreieinhalbjährigen Reise besuchte er ratete bald, kämpfte vier Jahre im Ersten Weltkrieg für sein Heimatland, wurde Schlechter benannt. Diese haben wir bereits John Lindley und Reichenbach fast alle Küstengebiete Südafrikas und machte fil. vorgestellt. Beide waren große Pioniere der unzählige Expeditionen in die angrenzenden 1921 zum Kustos (Kurator) ernannt und Orchidee ist auch unter dem Orchideenkunde, bedeutende Botaniker, aber sie Länder. Außerdem versah er damals das Amt eines widmete den Rest seines Lebens der Synonym Phaius schlechteri waren so genannte Schreibtischtäter. Keiner von Reblaus-Inspektors in Südafrika. Bearbeitung seiner umfangreichen bekannt, allerdings werden beiden hatte große Reisen unternommen, keiner 1894 und 1895 erschienen seine ersten größeren Pflanzensammlung, insbesondere der heutzutage die madagassi- von beiden war je in den Tropen oder Subtropen Abhandlungen über die Flora Südafrikas. Aus sei- Orchideensammlung und der unzähligen schen Phaius-Arten zu gewesen und hatte eine Orchidee epiphytisch an ner ersten Reise stammen ungefähr 7000 Herbarbelege. Die Qualität seiner Gastrorchis gezählt einem Baum wachsen gesehen. Pflanzenbeschreibungen und Herbarbelege. Arbeiten war so hoch, dass bis heute Rudolf Schlechter war anders. Er war ein großer Bald nach seiner Rückkehr nach Deutschland seine Untersuchungen über Neuguinea Reisender, er nahm an zahlreichen Expeditionen bereitete er seine zweite große Südafrikareise vor, trotz deren Alter (und der deutschen Nachdem bereits 1838 von Bateman nach einer Guatemala- teil, leitete sogar viele selbst und widmete erst seine mit dem Ziel, eine noch umfangreichere botanische Sprache) noch immer internationale Reise Cattleya skinneri beschrieben worden war (zu Ehren von späteren Jahre der Detailarbeit am Schreibtisch. Sammlung in die Heimat mitzubringen. Von man- Standardwerke für Bestimmungen sind. George Ure Skinner) wurde erst 1914 von Schlechter der Albino Er unternahm sogar so viele Expeditionen, dass chen gefundenen Arten (nicht nur Orchideen) legten Auch sein Versuch, das gesamte Wissen dieser Art als Cattleya skinneri f. alba beschrieben man bei Literaturrecherchen immer wieder auf sie mehr als 100 Einzelexemplare an. Während die- über Orchideen in einem Werk zu- Reiseberichte und Tagebuchaufzeichnungen stößt, ser zweieinhalbjährigen Reise fand er viele sammenzufassen, darf nicht unerwähnt aber so gut wie nie auf einen ausführlichen Angraecum- und Aerangis-Arten, konnte aber nicht bleiben. „Der Schlechter“ ist bis heute ein Lebenslauf: so viel sammeln, wie er wünschte, da ihn immer Begriff für jeden Orchideensammler. Rudolf Schlechter wurde am 16. Oktober 1872 häufiger heftige Fieberanfälle plagten. Wenig Zeit Sein Körper war durch die zahlreichen in Berlin geboren. Von seinem Vater erbte er sicher- gönnte er seinem Körper zur Ausheilung der Tropenkrankheiten geschwächt, und so lich das Zeichentalent und die Liebe zur Natur. So Tropenkrankheiten, da brach er 1899 erneut zu starb Rudolf Schlechter im Alter von 53 begann er nach der Schule auch eine Gärtnerlehre, einer Reise nach Afrika auf. Diesmal verschlug es Jahren am 15. November 1925. die ihn als Gehilfen in den Berliner Universitäts- ihn eineinhalb Jahre nach Westafrika, mit dem Ziel, Seine umfangreiche Pfanzensammlung garten brachte. Bereits mit 19 Jahren, im November Kautschuk und seine Nutzung zu erforschen. und das Herbar gingen bei der 1891, begann er seine erste große Reise nach Bereits im Jahre 1900 erfolgte die nächste große Bombardierung Berlins im Zweiten Südafrika zur Erforschung der kapländischen Flora. Reise – diesmal nach Neuguinea, Indonesien und Weltkrieg für immer verloren. 10 11
Eurychone citrina Paphiopedilum-Hybride Schaustand von Pazuzu-Extremeflora Disa spec. 25 Jahre Kärntner Orchideenverein – Dendrobium thyrsiflorum Ausstellung im Stadtgarten Villach ERIKA TABOJER besuchte Villach und reite sich in die Schar der Gratulanten. Die Kärntner Gruppe feierte am 18. April im Orchideenausstellung im neuen Stadtgarten in Gasthof Bacher ihr 25-jähriges Bestehen, zu dem Villach statt. Zahlreiche Mitglieder hatten mit auch der Vorstand der Orchideengesellschaft einge- ihrem körperlichen Einsatz und mit ihren privaten laden war. „Schätzen“ eine wunderschöne Ausstellung gestal- Erich Wildburger ernannte Christine Wiegele, die tet. Zahlreiche Besucher konnten sich von der von Anfang an die Gruppe unterstützte und auch gelungenen Orchideenausstellung selbst überzeugen Christine Wiegele und August Landesleiterin war, und August Maratschniger zu und es wurde in vielen die Freude an Orchideen Ehrenmitgliedern der Kärntner Gruppe. geweckt. Dies konnte man auch daran erkennen, Maratschniger mit Obmann Es wurde ein Video über die erste Orchideen- dass viele Besucher sich bei den Orchideengärtnern Erich WIldburger ausstellung der Kärntner Gruppe gezeigt. Bei dem Pflanzen erwarben. Ebenso konnten neue Anblick der Bilder sind in manchen Mitgliedern Mitglieder gewonnen werden. schöne Erinnerungen geweckt worden. Unser Wir gratulieren nochmals der Kärntner Gruppe Präsident Kurt Opitz gratulierte der Kärntner zu ihrem 25-jährigen Bestehen und wünschen ihnen Gruppe zu ihren bisherigen Erfolgen und wünschte weiterhin so gute Zusammenarbeit und noch viele ihnen auch für die Zukunft alles Gute. schöne Orchideenausstellungen. An diesem Wochenende fand auch die 12 13
Seltenheiten in Kultur Paradisanthus micranthus WERNER BLAHSL stellt in dieser Serie eine zu Unrecht selten kultivierte Orchidee vor. Auf den ersten Blick könnte man meinen, eine Verwandte unserer einheimischen Epipactis vor sich zu haben, aber weit daneben. Paradisanthus ist am nächsten verwandt mit Zygopetalum und Promenaea. Derzeit werden vier Paradisanthus-Arten unterschieden, wobei hin und Panerorchis species wieder P. micranthus in Kultur auftaucht. Diese Art kommt aus dem Südosten Brasiliens, aus Für manche eine Gelegenheit, die erste Orchidee mit nach den Bundesstaaten Rio de Janeiro und Parana. Hause zu nehmen – Verkaufsstand auf der Ausstellung Paradisanthus wächst dort terrestrisch und hat ovale Pseudobulben von bis zu 4 cm Länge. Der bis zu 45 cm hohe Blütenstand überragt die wenigen Blätter und trägt bis zu 12 Blüten, die maximal 2 cm breit sind. Die Blüten sind langlebig und halten bis zu 2 Monate an der Pflanze. Auffallend ist das intensive Apfelgrün der Blüten mit den roten Sprenkeln auf der inneren Hälfte der Blütenblätter. In der Kultur werden die Pflanzen ebenfalls getopft gehalten, mit Substrat mittlerer Körnung. Für die flei- schig dicken Wurzeln sollte man nicht allzu kleine Töpfe wählen. Gegossen wird regelmäßig ohne eine deutliche Ruhezeit. Die Blüte kann von Jänner bis April dauern. In letzter Zeit ist eine interessante Hybride im Handel aufgetaucht: Paradisanthus micranthus x Auch das Feiern kam nicht zu kurz – 25 Jahre Kärntner Orchideenverein Acacallis cyanea (Foto unten). Paradisanthus vererbt dabei die Mehrblütigkeit und den kompakten Wuchs. Zum Glück ist der unsympathische kletternde Wuchs mit langen Rhizomen zwischen den Bulben von Acacallis rezessiv und wird nicht vererbt. Dagegen schlägt die blaue Blütenfarbe der Acacallis cyanea in die- ser Hybride deutlich durch. Eine interessante Kreuzung, die hoffen lässt, dass Paradisanthus und sei- nen Hybriden zukünf- tig mehr Beachtung geschenkt wird. 14 15
Corallorhiza trifida die Korallenwurz WALTER BAUER stellt in dieser Serie die schönsten heimischen Arten vor. Zu den seltsamsten Gestalten in der heimischen Pilzhyphen die Funktion der Wurzeln und – eigent- Flora zählen sicher die blattgrünlosen Orchideen. lich könnte man hier sogar von Schmarotzertum Die wohl bekannteste und auch häufigste Art, die sprechen – die Orchidee verdaut zu ihrem Überle- Vogelnestwurz – Neottia nidus-avis – wurde in die- ben Teile des Pilzes. Gut in diese Wechselwirkung sem Rahmen bereits vorgestellt. Noch eingespielt, erreichen die Pflanzen mit drei andere Arten besiedeln die heimi- ihrem Stängel 5 bis etwa 30 cm schen Gefielde: der prächtige Dingel Höhe, nur von den bereits erwähnten mit seiner mediterranen Herkunft als schuppenartigen Blattresten begleitet. am meisten Wärme liebender Nur ein bis zwei Millimeter messen Vertreter, der mystische Wiederbart, die Tragblätter, welche an der Basis den nur wenige Menschen zu Gesicht jeder Blüte sitzen. Die Zahl der bekommen, und die Korallenwurz, Blumen variiert von zwei bei jungen Corallorhiza trifida. Um ihr zu begeg- und schwachen Pflanzen bis zu einem nen, muss man sich meist ins Gebirge Dutzend bei den kräftigeren begeben. In schattigen Wäldern mit Exemplaren. Der Fruchtknoten ist nicht zu trockenem Boden kann man zum Stiel hin deutlich verjüngt und oben: Blüten mit typischer Färbung oben: Einzelblüte im Frühsommer dann Ausschau nach erreicht in seiner Länge kaum einen der kleinen, unauffälligen Art halten. Zentimeter. Auch die Größe und unten: Schattiger Hang im dichten Buchen- unten: Nach der Befruchtung beginnen die wach- Vor allem in der Nähe von oder an Färbung der einen knappen Fichtenwald mit gutem Bestand der Korallenwurz senden Früchte vornüber zu hängen den Abhängen zu Bächen stehen die Zentimeter großen Blüten lässt die Chancen gut, hier finden die zarten Pflanzen meist nicht gerade aus der Pflanzen die zu ihrem Überleben not- Umgebung hervorleuchten. Die läng- wendige Feuchtigkeit sowohl im lich-spitzen Sepalen und Petalen tra- Boden als auch in der Luft. Oft mehr gen dieselbe gelblich-grüne Farbe wie zufällig als bewusst stößt man dann der Rest der Pflanze. Sie messen etwa auf die fingerlangen Stiele, die beinahe einen halben Zentimeter und sind unsichtbar zwischen der umgebenden gelegentlich gegen ihre Spitzen hin Vegetation aus dem Laub, der bräunlich oder rötlich überlaufen. Die Nadelstreu oder dem Moos empor- seitlichen Sepalen sind nach seitlich wachsen. unten gerichtet, Petalen und die mitt- Ihren deutschen Namen trägt die lere Sepale bilden einen lockeren Pflanze dank ihrer unterirdischen Helm. Die schwach dreilappige Lippe Teile. Ihr Rhizom erinnert in seiner ist weiß gefärbt und zum Grund hin Form an eine Koralle und trägt keine rot gefleckt. Gelegentlich kann diese wirklichen Wurzeln. Allein daraus rote Färbung fehlen. Dies trifft nach könnte man schon sehen, dass es bei dieser Pflanze eigenen Beobachtungen immer nur bei Blüten mit nicht wirklich mit rechten Dingen zugeht. Folgt auch rein grünen oder gelblichen Tepalen zu – hier man nun aber dem Stängel über die Erde, wird man könnte man von albinotischen Pflanzen sprechen. in dieser Meinung bestärkt, trägt er doch kein einzi- Die Seitenlappen sind kurz und spitz und nur bei ges Organ, welches als echtes Laubblatt anzuspre- genauerem Hinsehen auszumachen. Auf der Lippe chen wäre. Nur ein paar wenige scheidige sind zwei längliche Schwielen zu sehen, die Rille Schuppenblätter begleiten den gelblich-grünen Stiel dazwischen mag laut Delforge Nektar bildend oder auf seinem Weg nach oben. Sie sind ein weiteres führend sein. Am Grund endet das Labellum in Zeichen dafür, dass diese Art auch als erwachsene einem kurzen Sporn. Die Säule wölbt sich bogen- Pflanze im höchsten Maße von einem Pilz als förmig über der Lippe und ist bei färbigen Blüten Symbiosepartner abhängt. Hier übernehmen die unterseits oft zartrot gestreift. Corallorhiza trifida 16 17
besitzt vier Pollinien, nach der Bestäubung Orchideenatlas BUCHBESPRECHUNG neigen sich die Fruchtknoten und die wel- Manfred Wolff, Olaf Gruss. 2007. kenden Blüten beginnen an den schwellen- 468 Seiten, 49,90 Euro den Kapseln zu hängen. ISBN-13: 978-3800138708 Die Bestäubung erfolgt anscheinend sel- ten durch Insekten; weitaus häufiger fin- det Selbstbestäubung statt. Dieser Um- Dennoch findet man, wenn man nur will – und genauestens nachgeprüfte und taxonomisch bear- stand führt zu einem guten Ansetzen von ich bin ja als pingeliger Rezensent bekannt – ein beitete Floren herauszugeben. Da man die florenüb- Früchten, dank derer die Pflanzen nach paar Haare in der Suppe. Diese betreffen haupt- lichen Fehler unüberprüfter Merkmalskombina- der eigentlichen Blütezeit in ihrer sächlich das, was man so unter Systematik versteht. tionen vermeiden wollte, war die Österreichflora Umgebung oft besser auszumachen sind. Abgesehen von so „Kleinigkeiten“ wie der die letzte Europas – dennoch war auch sie noch Die Korallenwurz hat eine zirkumpola- Verwechslung von Befruchtung und Bestäubung. voller abgeschriebener Fehler und falscher re Verbreitung, außer in Nord-, Mittel- (Blüten können sich selbst bestäuben, aber nicht Merkmale. Erst in der zweiten Auflage wurde etwa und dem nördlichen oder gebirgigen befruchten. Natürlich passiert danach auch die Anemone alpina mit ihren Unterarten bestimmbar. Südeuropa findet sie sich auch noch in Befruchtung mit eigenen Keimzellen.) Hier wurde uns bei Verwendung der ersten Auflage Asien und Nordamerika. Relativ sonderbar ist das systematische klar, dass es mehr Sippen als angenommen geben Hauptsächlich in Laub- oder Nadel- Empfinden der Autoren im Bereich der Formen musste. Doch nicht „wir“ lösten das Problem wäldern vorkommend. ist die Korallen- (forma). So wird bei einigen Arten darauf verwie- „unserer“ Sippen, sondern ein Kollege im Ausland, wurz gelegentlich auch in Mooren an sen, dass die innerartliche Variation groß ist und ihr der sich einer europaweiten Überarbeitung der trockeneren Stellen, selten sogar auf offe- keine taxonomische Wertigkeit zukommt, anderer- Gruppe annahm. Das Phantom „Caltha palustris“, neren, aber dennoch meist sehr schattigen seits werden Neukombinationen bei Albinos in vermutlich eine hybridogene Sippe, existiert noch Flächen zu finden. An ihren Standorten Form einer Reduktion zur forma durchgeführt. immer als Überbegriff für mehrere unerforschte bevorzugt sie nährstoffärmere, leicht saure Nun ist die Rangstufe der Form systematisch zwar Arten in der dritten Auflage. An einer „kritischen“ Böden. Besonders gerne kommt sie mit Manche Bücher sehen aus wie Standardwerke. Wenn irrelevant (und daher eine Herabstufung von der Flora wird seit fast zwei Jahrzehnten gearbeitet, der Buche oder noch mehr mit der Fichte aber Wörter oder Wortteile wie „große“ oder Überbewertung als Varietät grundsätzlich sinnvoll), ohne dass davon bisher Teile publiziert wären. vor, in deren Streu sie manchmal umfang- „Atlas“ enthalten sind, ist oft Vorsicht geboten. der doch fragt sich, warum die Autoren die taxonomi- Grundsätzlich ist daher immer der reichere Kolonien bildet. In den Alpen bei Ulmer erschienene Orchideen-Atlas scheint aber sche Benennung von Albinos als berechtigter anse- Bearbeitungsstand der Floren zu beachten und steigt sie bis knapp gegen 2000 m auf. alle Kriterien eines Standardwerkes zu erfüllen: Der hen als die von Blonden, Brünetten, … Prinzipiell detaillierte Bearbeitungen von außen, wie die von Bei uns eher eine Bewohnerin höherer Umfang an Seiten und Inhalt, in der Fachwelt wäre es wünschenswert, mit dem Pseudovarietäten- Christenson, nicht einfach ohne Überprüfung abzu- Lagen, findet sie sich weiter nördlich und bekannte Autoren – was will man mehr? Andere und Formendschungel aufzuräumen und allgemein, tun. Selbst wenn man die Sachlage aus der Literatur im atlantisch beeinflussten Klima auch in Bücher im selben Umfang sind zudem meist Überset- wenn es die Liebhaber schon brauchen, wie bei für geklärt hält, sollte eine derartige, nicht auf der den Ebenen bis auf Meeresniveau hinab. zungen aus dem Englischen, da die eigene Cattleyen schon lange üblich, ohne taxonomische Hand liegende Umkombination etwas ausführlicher Im Süden hingegen, wo sie bis Mittel- Produktion derart umfangreicher Bücher zu teuer für Basis von Alba- oder Semialba-Formen etc. zu spre- diskutiert werden, als es in einer Artvorstellung mit italien und Nordgriechenland verbreitet kleine Märkte erscheint, wohl auch von hochrangi- chen. Es fällt den Liebhabern sicher leichter, über Fußnote in einem Sachbuch, das sich ja auch nicht ist, ist sie ein Kind der Hochlagen bis gen Fachleuten geschrieben, aber mit kleinen Über- Alba-Formen bei Aerides zu reden, als von Ae. an Botaniker wendet, möglich ist. 2300 m. setzungsfehlern und meist nomenklatorisch etwas lawrencae f. fortrichtii, Ae. odorata f. immaculata Weiters wird die weltweit anerkannte Gattung In ungünstigen Jahren (nach trockenen veraltet. Dieses Buch aber ist ein „heimisches“. Ist es und Ae. quinquevulnera f. farmeri. Liebe Rhyncholaelia eingezogen. Begründung: Das bei der Herbst-, Winter- oder Frühlingsmonaten) deswegen besser und standardtauglicher? Orchideologen: Schickt sie in die ewigen Gattungsbeschreibung angegebene differentialdiag- sind selbst an individuenreichen Stand- Tatsächlich unterscheidet sich das Werk von ähn- Jagdgründe! Außerdem fragt sich, ob ein Buch, das nostische Merkmal zu Brassavola sei kein solches, orten oft nur einzelne Pflanzen der lichen Artensammlungen dadurch, dass auf sich vorwiegend an Liebhaber richtet, der richtige da es bei der Typusart von Brassavola auch zu fin- Korallenwurz zu finden. Gattungs- und Artniveau bei großer beschriebener Ort für eine taxonomische Umkombination ist. den sei. Dies mag ein Fehler sein, der aber bei Bei uns gehört diese Art nicht zu den Artenfülle relativ genaue Kulturanleitungen angege- Sehr vertrauensselig sind die Autoren, was die Erstbeschreibungen neuer Taxa häufig vorkommt. gefährdeten, obwohl sie anscheinend ben werden, was es allein schon aus dem Konvolut Eigenständigkeit so mancher Publikation betrifft. So Auch bei heute als sehr weit getrennt angesehenen momentan gerade von den Fichtenauf- an Orchideenliteratur hervorstechen lässt. Erfreulich reduzieren sie ohne weitere Vergleiche auf pure Taxa halten die bei der Erstbeschreibung angegebe- forstungen der letzten Jahrzehnte profitiert die klare Strukturierung der Beschreibungen, sehr Mutmaßungen hin Christensons Ascocentrum nen Unterscheidungsmerkmale oft nicht. Habituell und sich dadurch immer wieder neue erfreulich die Angabe der Blütezeiten sowie die garayi auf eine Varietät von A. miniatum. Als sind beide Gattungen jedenfalls recht unterschied- Lebensräume erschließen konnte. Doch Anmerkungen zur Etymologie, die üblicherweise Begründung dient ihr naiver Glaube daran, dass lich. Doch auch hier mag der Schein trügen. sind die Pflanzen an Schatten und gerne unter den Tisch gekehrt werden. Angenehm sich sämtliche Lokalfloren nicht der Merkmale der Jedenfalls ist eine derartige Rückstufung ohne gene- Feuchtigkeit gebunden und ein einziger fällt auf, dass kontroversielle Ansichten in der Erstbeschreibungen bedienen würden, sondern die tische Untersuchung unverantwortlich. In einer Waldschlag kann die Lebensgrundlage von Fachwelt nicht unter den Tisch gekehrt, sondern Autoren die Flora jeweils ihres Landes kennen wür- Zeit, wo die Systematik im Umbruch ist, gibt es hunderten Exemplaren vernichten. Wo angesprochen werden. Und schließlich lässt die den. Als Koautor der Exkursionsflora von Öster- genug umzulernen, da muss man nicht noch unnö- aber der Wald stehen bleibt und Schatten Artenauswahl keine „wichtige“ Art vermissen und reich und der Flora von Istrien darf ich darauf hin- tig Verwirrung stiften. Auch die völlig unnötige und Feuchtigkeit garantiert, kann man spannt einen breiten, sehr gelungenen Bogen. Also weisen, dass nicht einmal ein derart neue Hybride, rechts:artenarmes und Wiederbelebung der Gattung Euanthe fällt unter Jahr für Jahr auf die zarten interessanten auch auf den zweiten Blick durchaus standardwerk- Paradisanthus botanikerreiches Gebiet wie Mitteleuropa über micranthus die Publikumsverwirrung. Pflänzchen treffen. tauglich. x Acacallis verfügt, finanziellen und personellen Ressourcen cyanea Gregor Dietrich 18 19
Orchideen zu Gast in der inatura Auf Einladung der inatura in Dornbirn prä- sentierte der Vorarlberger Orchideenclub unter dem Motto „Königinnen aus dem Regenwald“ vom 14. bis 24. März exotische Orchideenschönheiten. Ein Bericht von FRANZ HARTMANN. Ausstellungsstand des VOC Nicht nur Orchideenfreunde aus dem Ländle haben sich an der Blütenpracht dieser Sonder- ausstellung erfreut, auch viele Urlauber, die in Vorarlberg ihre Osterferien verbrachten, nutzten die Gelegenheit für einen Besuch unserer Orchideenausstellung. Die Clubmitglieder waren wieder mit viel Begeisterung am Aufbau und der Dekoration der zwei Blumeninseln dabei. So waren unter den exotischen Schönheiten, die wieder von vielen Clubmitgliedern zur Verfügung gestellt worden waren, so manche Besonderheiten, wie z. B. tolle Exemplare von Paphiopedilum, Hoffmann- seggella oder Sophronitis, zu entdecken. Der angebotene Beratungs- und Umtopfservice konnte sich über regen Zulauf freuen, es zeigte Paphiopedilum micranthum sich, dass bei den Besuchern ein großes Bedürfnis an Informationen rund um das Thema „Orchideenpflege“ besteht. Mit so manchen Tipps und Tricks der Clubmitglieder konnte den Orchideenfreunden geholfen werden. Speziell für die jüngsten Besucher waren auch Dschungelbewohner in der inatura zu Gast: Die Farbenpracht der lebenden Papageien war genauso faszinierend wie ihre Kletterkünste und so wurde manche Bekanntschaft mit den klugen Graupapageien und Amazonen geschlossen. Im Innenhof der inatura erwartete die Kinder ein ganz spezielles Programm. Sie konnten unter Anleitung von Experten im Stadtgarten handzah- Sophronitis spec. me Lamas spazieren führen Hoffmannsegella- Die Firma Röllke bot während der gesamten Arrangement Ausstellungsdauer ein vielseitiges Pflanzensortiment zum Verkauf an. Wer weiß, vielleicht für manche Besucher der Beginn einer neuen „Leidenschaft“? Höhepunkt und Abschluss der Ausstellung bil- dete das Orchideenkino, in dem die Besucher die Entwicklung dieser Pflanzen vom Samen bis zur Blüte mitverfolgen konnten. 25
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