Intensivkurs zur Vorbereitung auf das Abitur Arbeitsskript Biologie Part Evolution

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Intensivkurs zur Vorbereitung auf das Abitur Arbeitsskript Biologie Part Evolution
Intensivkurs zur Vorbereitung
         auf das Abitur

                Arbeitsskript Biologie

                             Part Evolution

Nachhilfe für die Besten | Skript: Evolution |Biologie Abitur Hamburg, Stand 2021
                                                                                    S. 1
Intensivkurs zur Vorbereitung auf das Abitur Arbeitsskript Biologie Part Evolution
Inhalt
1. Physikalische, chemische und biologische Evolution                               S. 3
2. Stammesgeschichte                                                                S. 4
3. Biologische Systematik                                                           S. 4
4. Prokaryoten / Eukaryoten                                                         S. 5
5. Endosymbiontentheorie                                                            S. 6
6. Evolutionstheorien                                                               S. 6
6.1 Lamarck                                                                         S. 6
6.2 Darwin                                                                          S. 7
6.3 Synthetische Theorie                                                            S. 8
6.4 Isolation                                                                       S. 9
6.5 Gendrift                                                                        S. 9
7. Verwandtschaftsbestimmungen                                                      S. 10
7.1 Fossilien                                                                       S. 10
7.2 Brückentier / Mosaikform                                                        S. 10
7.3 Altersbestimmung durch radioaktiven Zerfall                                     S. 11
7.4 Leitfossilien                                                                   S. 11
7.5 DNA-Hybridisierung                                                              S. 12
7.6 Serum-Präzipitintest                                                            S. 12
7.7 Kettenabbruchverfahren / DNA-Sequenzierung                                      S. 13
8. Homologie, Analogie und Konvergenz                                               S. 13
8.1 Homologie                                                                       S. 13
8.2 Analogie                                                                        S. 14
8.3 Konvergenz                                                                      S. 14
8.4 Rudimente, Atavismus, Regressionsreihe                                          S. 15
9. Art, Population, Genpool und Allelfrequenz                                       S. 17
9.1 Artbegriff                                                                      S. 17
9.2 Population                                                                      S. 17
9.3 Genpool                                                                         S. 17
9.4 Häufigkeit / Allelfrequenz                                                      S. 17
10. Faktoren, die den Genpool beeinflussen                                          S. 18
10.1 Mutation                                                                       S. 18
10.2 Rekombination der Erbanlagen                                                   S. 18
10.3 Selektion                                                                      S. 19
10.4 Genetische Drift                                                               S. 19
10.5 Isolation                                                                      S. 19
10.6 Intrachromosomale Rekombination                                                S. 19
10.7 Interchromosomale Rekombination                                                S. 19
11. Selektion                                                                       S. 20
12. Artbildung                                                                      S. 23
12.1 Allopatrische Artbildung                                                       S. 23
12.2 Sympatrische Artbildung                                                        S. 23
12.3 Gründereffekt                                                                  S. 24
12.4 Adaptive Radiation                                                             S. 24
12.5 Beispiel Darwin-Finken                                                         S. 24
13. Bekannte Beispiele                                                              S. 24
13.1 Archaeopteryx                                                                  S. 25
13.2 Quastenflosser                                                                 S. 26
13.3 Schnabeltier                                                                   S. 26
13.4 Tanganijka-Schuppenfresser                                                     S. 27

Impressum                                                                           S. 28

Nachhilfe für die Besten | Skript: Evolution |Biologie Abitur Hamburg, Stand 2021
                                                                                        S. 2
Intensivkurs zur Vorbereitung auf das Abitur Arbeitsskript Biologie Part Evolution
1. Physikalische, chemische und biologische Evolution
Nach der Bibel wurde die Welt in sechs Tagen geschaffen. Die „Schöpfungsgeschichte“ dauert in der
Naturwissenschaft ein bisschen länger. Rund dreieinhalb Milliarden Jahre brauchte die Evolution, bis
sich aus den ersten, einfachsten Anfängen des Lebens im Meer schließlich der Mensch entwickelte.

Die physikalische Evolution
beschreibt den Anfang von
allem, nämlich der Entwicklung
des Weltalls. Diese beginnt mit
dem Urknall. Dabei wurde
spontan so viel Materie frei,
dass sich diese heute noch
durchs Universum bewegt, mit
der Antriebsenergie von vor
Milliarden Jahren. Das
Universum wird, so vermuten
Forscher, auch noch weiter
wachsen, sich also ausdehnen.

Darauf folgte die Entstehung von Subteilchen (Elementarteilchen) wie Quarks und Antiquarks. Diese
bestehen aus Energie. Aus diesen bildeten sich die ersten Atome, also Teilchen (Materie), aus denen
wiederum die ersten Moleküle entstanden.

Nach der physikalischen Evolution folgt die chemische Evolution1.
Dabei werden organische Moleküle aus anorganischen Molekülen gebildet.

Aus einfacheren Verbindungen der Atmosphäre und
des Meeres sollen organische Verbindungen
synthetisiert worden sein. Die nötige Energie wurde
durch die sehr intensive UV-Strahlung geliefert, die
durch mangelndes O2 und O3 ungehindert in die
Atmosphäre eindringen konnte.
1953 wurde diese Hypothese vom Chemiker Stanley
Miller und von Harold C. Urey durch das Ursuppen-
Experiment (Miller-Urey-Experiment) überprüft.
In dem Versuch beweisen sie, dass in einer den
angenommenen, präbiotischen Bedingungen
ähnlichen Umgebung mittels Zufuhr von Energie
(Blitzen) aus anorganischen Verbindungen (Wasser,
Ammoniak und Wasserstoff) sowie Methan
komplexere organische Verbindungen wie Aminosäuren und niedere Carbon- und Fettsäuren
entstehen können. In späteren, meist komplizierter aufgebauten Ursuppenversuchen konnten
sowohl alle wesentlichen Bausteine der Lebewesen, Aminosäuren, Lipide, Purine (Nucleotidbasen)
und Zucker, als auch die komplizierten organischen Verbindungen Porphyrine und Isoprene erzeugt
werden.

1   Bildquelle: http://slideplayer.com/slide/1589546/5/images/9/Miller+and+Urey%E2%80%99s+Experiment.jpg

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                                                                                                           S. 3
Intensivkurs zur Vorbereitung auf das Abitur Arbeitsskript Biologie Part Evolution
Darauf folgt eine biologische Evolution, welche auch heute noch vorkommt:
die optimale Anpassung von Lebewesen an veränderte Zustände in deren Umwelt.

Biologische Evolution ist die Entwicklungsgeschichte der Lebewesen.

Zufällig entstandene Merkmale, welche für die gegebenen Umweltbedingungen vorteilhaft sind,
werden durch Auslesevorgänge/Selektion bevorzugt. Diese werden durch geschlechtliche/sexuelle
Fortpflanzung weitergegeben. Dies wird genauer im Teil der darwinschen Evolutionstheorie und
synthetischen Evolution erklärt.

2. Stammesgeschichte
Die ältesten Spuren von Lebewesen sind Fossilreste, die in etwa 3,5 Milliarden alten
Gesteinsschichten gefunden wurden. Es sind Reste von blaualgenartigen Lebewesen des Meeres.
Allmählich formten sich größere leistungsfähigere Zellen, deren Erbanlagen in einem Zellkern
eingeschlossen waren. Auch die Entwicklung mehrzelliger Pflanzen und Tiere begann zu dieser Zeit.

Als erste Landtiere erschienen Skorpione und Tausendfüßer. In ihrem Chitinpanzer waren sie vor
Austrocknung geschützt. Weitere Arten entstanden, entwickelten sich weiter oder starben wieder
aus. Die ist ein andauernder Prozess.

Die Entwicklung des Menschen begann vor etwa 10 bis 20 Millionen Jahren. Die frühesten Zeugnisse
menschlicher Entwicklung stammen aus Afrika. Während der Evolution des Homo erectus
vergrößerte sich im Laufe der Zeit das Hirnvolumen.

3. Biologische Systematik
Ziel der biologischen Systematik ist die Ordnung der Lebewesen nach ihrer stammesgeschichtlichen
Verwandtschaft. Die Art ist die grundlegende Einheit der Systematik. Im Gegensatz zur Art lassen sich
höhere systematische Kategorien nicht eindeutig definieren.
Die Lebewesen werden in drei Domänen eingeteilt: Archaea, Bacteria und Eukarya.
Die Domäne Eukarya wird in vier Reiche unterteilt: Protista (Begründer), Plantae (Pflanzen), Fungi
(Pilze) und Animalia (Tiere).

Die phylogenetische Systematik bemüht sich um eine Ordnung entsprechend der
stammesgeschichtlichen Verwandtschaft.

Systematik grenzt die Mannigfaltigkeit der Organismen (Biodiversität) gegeneinander ab und ordnet
die Gruppen (Taxon) in einem hierarchischen System (Klassifikation). Als Begründer der biologischen
Klassifikation gilt Aristoteles, der erkannte, dass „Tiere nach ihrer Beschaffenheit und nach ihren
Körperteilen gekennzeichnet werden“ können, und bereits bestimmte Einheiten voneinander
abgrenzte, für die er heute noch gültige Bezeichnungen (z.B. Coleoptera, Diptera) einführte. Einen
wesentlichen Fortschritt brachte Carl von Linné, der die binäre Nomenklatur einführte und ein
„Systema Naturae“ (1735, für die Nomenklatur maßgebende 10. Auflage 1757–59) für Pflanzen und
Tiere schuf. Hauptaufgabe dieses Systems war eine rasche und eindeutige Identifikation
(Bestimmung) eines gefundenen Individuums, wobei man sich auf möglichst leicht zu erkennende
Einzelmerkmale (Schlüsselmerkmale) bezog.

Die „evolutionäre Klassifikation“ berücksichtigt dagegen auch den Grad der genetischen
Übereinstimmung und das Ausmaß des phylogenetischen Wandels zwischen verschiedenen
Artengruppen bei deren Zuordnung zu übergeordneten Taxa.

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                                                                                                      S. 4
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4. Prokaryoten / Eukaryoten

Prokaryoten besitzen keinen
und Eukaryoten haben einen
Zellkern.

Somit werden zu den
Prokaryoten vor allem
Bakterien gezählt.
In die Gruppe der Eukaryoten
gehören einzellige und höhere
Lebewesen aus den Reichen der Pflanzen, Pilze und Tiere.
Neben dem bereits erwähnten Merkmal unterscheiden sich die Zellen der beiden Gruppen noch in
einigen anderen Punkten:

 Prokaryoten                    Eukaryoten
            -                   Zellkern
            -                   Mitochondrien
            -                   Endoplasmatische
                                Retikulum
             -                  Golgi-Apparat
 Plastide                                 -
 DNA zirkulär, selten linear          DNA linear

Ebenfalls gibt es in beiden Gruppen sehr starke Unterschiede in der DNA-Sequenzierung und im
Aufbau der DNA.

Neben den Pro- und Eukaryoten existieren noch die Archaeen. Dies sind hochspezialisierte einzellige
Lebewesen, die v.a. in extremen Ökosystemen (extreme Hitze, sehr hoher Salzgehalt etc.) existieren
können und Untersuchungsgebiet von Astrobiologen sind. In der Schule werden sie nicht behandelt.

 https://www.planet-wissen.de/natur/mikroorganismen/bakterien_urkeime_helfer_erreger/bakterientierzellewdrgjpg100~_v-
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                                                                                                                S. 5
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5. Endosymbiontentheorie
= Theorie zur Entstehung der Organellen der eukaryotischen Zelle.
Bereits 1883 waren A.W. F. Schimper und F. Schmitz zur Ansicht gelangt, dass Plastiden an eine
intrazelluläre Symbiose (Endosymbiose, Endocytobiose) zwischen einem autotrophen
(Photosynthese-) Endosymbionten und einer heterotrophen (Nahrungsaufnahme) Wirtszelle
erinnern.

Heute werden als Vorläufer der Plastiden Cyanobakterien angesehen, wohingegen die
Mitochondrien aus dem Ast der Proteobakterien entstammen. Diese Annahme wird auch durch den
Vergleich der Sequenzen ribosomaler RNA-Gene gestützt, der z.B. ergab, dass die plastidären
Ribosomen und diejenigen von Cyanobakterien am nächsten miteinander verwandt sind.

Endosymbiontentheorie2:
Gezeigt wird die Evolution der Mitochondrien.
Eine eukaryotische Zelle nimmt durch Phagocytose ein aerobes
Bakterium auf (1-3).
Es wird jedoch nicht der intrazellulären Verdauung zugeführt, sondern
behauptet sich dauerhaft im Cytoplasma. Dort versorgt es als
Endosymbiont die Wirtszelle mit ATP. Wichtig ist, dass es von einer
zweiten Membran umgeben ist.
Im weiteren Verlauf der Evolution des Endosymbionten, zur
semiautonomen Organelle, wird der Großteil der DNA in den Zellkern
verlagert

6. Evolutionstheorien

            6.1 Lamarck

Für Jean-Baptiste de Lamarck galt das Kontinuitätsprinzip von Lyell, welches besagte, dass Arten
veränderlich sind und diese Veränderung in kleinen Schritten erfolgt, Arten aber nicht aussterben
können.

            ➔ Vervollkommnungstheorie: Je vollkommener eine Art ist, umso länger muss ihre
              Evolution gedauert haben und umso älter ist sie; neue Arten sind deshalb immer wieder
              durch Urzeugung entstanden. Es werden verschiedenen Stationen im Laufe der
              Vervollkommnung durchlaufen.
            ➔ Mechanismus des Artwandels: Vererbung erworbener Eigenschaften. Individuell
              erworbenen Veränderungen können an die Nachkommen vererbt werden, was zur
              Veränderung der Art führt. Organismen haben einen "Vervollkommungstrieb", der sie
              dazu antreibt.
            ➔ Verwendung modifiziert Gestalt und Funktion: Gebrauch und Nichtgebrauch von
              Organen führen zur Rück- oder Ausbildung und damit zur Anpassung an die Erfordernisse
              der Umwelt.

2   https://www.spektrum.de/lexika/images/biok/fff396_w.jpg

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                                                                                                    S. 6
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6.2 Darwin

Stellte nach einer mehrjährigen Weltreise auf der
„Beagle“ mit dem Buch "Survival of the fittest"
seine bekannte Evolutionstheorie auf.

Darwins Theorie besteht aus mehreren Annahmen:

        ➔ Reproduktion/Überproduktion von Nachkommen: Individuen einer Population
          erzeugen immer mehr Nachkommen, als zu ihrer Arterhaltung eigentlich notwendig
          wären.
        ➔ Variabilität/Variation: Die einzelnen Individuen in einer Population sind nie gleich. Sie
          unterscheiden sich in mehreren Merkmalen.
        ➔ Selektion/natürliche Auslese: Diejenigen Individuen, welche zufällig an die vorhandenen
          Umweltbedingungen besser angepasst sind als andere, haben einen Selektionsvorteil
          und überleben häufiger/länger.
        ➔ Vererbung: Die Individuen, welche am besten angepasst sind, geben ihre Merkmale
          weiter.

Grundannahme der natürlichen Selektion ist die Tatsache, dass Individuen die länger leben, ihre
Gene öfter weitervererben können (Achtung – Darwin wusste noch nix von Genen. Er sprach von
Merkmalen). Umso besser ein Organismus an seine natürliche Umgebung angepasst ist, desto
häufiger wird er also seine Gene in die nächste Generation weitergeben können. Man spricht auch
vom Begriff der Fitness.

 "Survival of the Fittest" = Überleben der am besten angepassten Individuen

 "Struggle for life" = Wettbewerb um lebenswichtige Ressourcen (z.B. Wasser, Nahrung etc.)

 Organismen erzeugen mehr Nachkommen als erforderlich.

 Individuen einer Art gleichen sich nie ganz.

 Individuen, die durch Zufall besser an die Umweltbedingungen angepasst sind, haben die Chance
 mehr Nachkommen zu zeugen.

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                                                                                                      S. 7
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6.3 Synthetische Theorie

Darwin erkannte zwar das zufällige Auftreten neuer Merkmale innerhalb der jeweiligen Arten,
konnte aber nicht begründen, woher diese Veränderung kommt. Erst die Genetik im 20.
Jahrhunderts konnte diese zufällige Veränderung der Merkmale durch Mutation und Rekombination
erklären und Darwins Theorie wissenschaftlich bestätigen.
Die Synthetische Evolutionstheorie vereint die Erkenntnisse aus Darwins Evolutionstheorie mit denen
der Ökologie, Paläontologie, biologischen Systematik und der Genetik.

        ➔ Mutation: Unter einer Mutation (lat. mutare = ändern) versteht man die Veränderung
          des Erbguts. Mutationen haben zwei Merkmale: Sie treten zufällig und ungerichtet auf.
          Das bedeutet so viel wie, dass ihr Auftreten keinen direkten Zweck verfolgt. Außerdem
          treten Mutationen zeitlich spontan auf.
          Mutation ist einer der wichtigsten Evolutionsfaktoren, denn dadurch gelangen neue
          Allele in den Genpool von Population. Eine Mutation kann für ein Individuum von Vorteil,
          von Nachteil oder aber unbedeutend sein.

        ➔ Rekombination: Unter Rekombination versteht man die Neuverteilung von Erbgut
          während der Meiose. Die Rekombination macht es quasi unmöglich, dass zwei identische
          Nachkommen gezeugt werden und ist somit maßgeblich für eine hohe genetische
          Variabilität.

Im Gegensatz zum Evolutionsfaktor Mutation, die neue Variationen schafft, sorgt die Rekombination
nur für eine Umverteilung des vorhandenen genetischen Materials. Damit findet keine Veränderung
des Genpools statt.

        ➔ Selektion:(lat. selectio = Auswahl) besteht in weitem Sinne aus drei Formen:
        Natürliche Selektion: An ihre Umwelt besser angepasste Lebewesen, erhöhen die
        Wahrscheinlichkeit zur Weitergabe ihrer Gene als schlechter angepasste Lebewesen
        (Erläuterung s. Kapitel 11).
        Sexuelle Selektion: Innerartliche Auswahl von Sexualpartnern, die sich aus der Konkurrenz
        um Fortpflanzungspartnern ergibt. Sexuelle Selektion erklärt auch zahlreiche phänotypische
        Ausprägungen, die im Sinne der natürlichen Selektion eigentlich von Nachteil wären (z.B. das
        Federkleid des Pfaus. Dieses ist hinderlich bei der Flucht vor Räubern, ist aber wichtiges
        "Balzmittel").
        Künstliche Selektion: vom Menschen gesteuerte Selektion zur Förderung bestimmter
        Merkmale bei Tier- und Pflanzenarten (z.B. höhere Milchleistung von Kühen, gegen
        Krankheiten resistente Nutzpflanzen wie Weizen oder Kleintierzucht).

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                                                                                                       S. 8
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6.4 Isolation: Voraussetzung für die Entstehung von Arten

Bei einer reproduktiven Isolation besteht kein Genfluss mehr durch eine, oder mehrere
Fortpflanzungsbarrieren. Fortpflanzungsbarrieren können intraspezifisch/innerartlich, aber auch
interspezifisch/zwischen zwei Arten wirken und führen dauerhaft zum Entstehen einer neuen Art
(Ausnahme: Isolation durch Sterilität).

Zeitliche Isolation: Arten können sich nicht miteinander fortpflanzen, weil sie sich während
unterschiedlicher Jahreszeiten/Tageszeiten fortpflanzen (z.B. bei Froscharten, deren Paarungszeit in
unterschiedlichen Monaten liegt).

Genetische Isolation: Durch zufällige Mutationen können Individuen nicht mehr mit der
Ursprungspopulation fortpflanzungsfähig sein.

Physiologische Isolation: Aufgrund der unterschiedlichen Form der Korpulationsorgane können sich
bestimmte Arten nicht miteinander fortpflanzen (z.B. bei nah verwandten Insektenarten).

Ökologische Isolation: Durch das Ausnutzen von unterschiedlichen ökologischen Nischen im selben
Gebiet kommt es zu einer reproduktiven Isolation (z.B. Darwin-Finken).

Geografische Isolation: Wegen geografischen Barrieren können Teilpopulationen einer Art sich nicht
untereinander fortpflanzen (z.B. durch Kontinentaldrift oder der Erhöhung des Meeresspiegels).

Verhaltensisolation: Unterschiedliches Verhalten während der Paarungszeit isoliert Arten
voneinander (z.B. haben nah verwandte Vogelarten, die sich zur selben Zeit paaren, einen
unterschiedlichen Balzruf).

Sterilität: Bei der Kreuzung von zwei nicht verwandten Arten können Individuen mit einem
ungeraden Chromosomensatz entstehen, die nicht fortpflanzungsfähig sind (z.B. bei einer Kreuzung
aus Esel und Pferd sind die Nachkommen allesamt unfruchtbar, weil sie einen ungeraden
Chromosomensatz besitzen, der eine Bildung von Gameten unmöglich macht).

Polyploidie: Unter Polyploidie versteht man das Vorhandensein von mehr als zwei
Chromosomensätzen. Fortpflanzung ist nur unter Individuen mit identischer Anzahl von
Chromosomensätzen möglich (z.B. bilden Pflanzen häufig triploide oder tetraploide
Chromosomensätze und sind somit von ihrer Ursprungsart mit haploidem Chromosomensatz
genetisch isoliert).

 Durch reproduktive Isolation wird der Genfluss zwischen zwei oder mehreren Populationen bzw. einem
 oder mehreren Individuen mit einer Population verhindert.

 Beispiele für Isolationsmechanismen sind:
 Zeitliche-, physiologische-, ökologische-, geografische-, verhaltensbedingte- und genetische Isolation.

         6.5 Gendrift
Unter Gendrift versteht man die zufällige Veränderung der Genhäufigkeit eines bestimmten Allels
innerhalb einer Population. Besonders bei kleinen Populationen ist der Gendrift bedeutend, weil
Allele relativ schnell aus dem Genpool der Population verschwinden können. Aber auch das genaue
Gegenteil ist möglich, nämlich, dass bestimmte Gene plötzlich extrem häufig in einer Population
auftauchen, etwa nach Naturkatastrophen, wenn nur wenige Individuen überlebt haben und viele
von ihnen ein zuvor noch seltenes Allel in sich tragen.

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                                                                                                       S. 9
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7. Verwandtschaftsbestimmungen

Die Evolution ist die stammesgeschichtliche Entwicklung der Lebewesen.
Für das Nachvollziehen des Evolutionsverlaufs sind Fossilien und Brückentiere eine große Hilfe.

7.1 Fossilien3
(lat. fossilis = ausgegraben) sind erhaltene
Spuren von Pflanzen und Tieren
vergangener Erdzeitalter.
Dabei können Fossilien als Körperfossil (das
Lebewesen selbst) oder als Spurenfossil
(Spuren des Lebewesens, etwa Abdrücke
oder z.B. Muschelschalen) auftreten.

Evolutionär verdeutlichen Fossilien den
Artenreichtum und das Auftreten und
Verschwinden von Individuen der
vergangenen Erdgeschichte. Außerdem
helfen sie bei der Erstellung von phylogenetischen Systematiken, wo es u.a. darum geht, welche
Organismen sich woraus entwickelt haben.

             7.2 Brückentier / Mosaikform

Unter einem Brückentier versteht man in der Biologie ein Tier, das Merkmale zweier
unterschiedlicher Tiergruppen (z.B. Säugetiere, Fische, Amphibien, Vögel) in sich vereinigt.
Für die Evolutionstheorie ist die Existenz von Mosaikformen ein wichtiges Faktum, weil sie die
Verwandtschaft zweier Tiergruppen zueinander belegt und so davon auszugehen ist, dass Arten sich
nicht nebeneinander, sondern auseinander entwickelt haben.

Man unterscheidet zwischen fossilen, also bereits ausgestorbenen Brückenformen (z.B. dem
Archaeopteryx) und rezenten, heute noch lebenden Mosaikformen (z.B. das Schnabeltier).
Rezente Brückentiere werden auch lebende Fossilien genannt.

3   https://www.sofatutor.com/biologie/evolutionsbiologie/evolution-des-lebens-auf-der-erde/rekonstruktion-der-stammesgeschichte

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                                                                                                                                   S. 10
7.3 Altersbestimmung durch radioaktiven Zerfall

Radiokarbonmethode: Hiermit lässt sich das Alter organischer Stoffe ermitteln.
Lebewesen nehmen das radioaktive Kohlenstoffisotop C14 über die Nahrung auf. Stirbt ein
Lebewesen nimmt er kein C14 mehr auf, es wird dann nur noch abgebaut. Die Halbwertszeit beträgt
5730 Jahre. Anhand der Menge des noch vorhandenen Kohlenstoffisotops C14 kann nun ziemlich
genau (aber niemals exakt!) das Alter bestimmt werden.
Der Nachteil dieser Methode ist die Begrenzung des zeitlichen Anwendungsbereichs, denn bei
Funden die älter als 50.000 Jahre sind, ist C14 nur noch so gering vorhanden, dass keine
zuverlässliche Messung mehr möglich ist.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Messmethoden, die anhand von zerfallenen Isotopen das Alter
bestimmen können. Jedoch wählt man dann Isotope mit einer deutlich größeren Halbwertszeit (z.B.
Kalium-Argon-Datierung; Halbwertszeit 1,25 Milliarden Jahre).

        7.4 Leitfossilien

Bezeichnung für Fossilien, die für
bestimmte stratigraphische
Einheiten, d.h. Schichten mit
gleichem geologischem Alter,
charakteristisch sind und die
Datierung isolierter Reste solcher
Schichten erlauben. Leitfossilien
müssen einerseits geographisch
weit verbreitet gewesen sein,
andererseits dürfen sie nur während
der Zeit der Ablagerung „ihrer“
Schicht gelebt haben. Wichtige
Leitfossilien sind u.a. die Ammonoidea für das Erdmittelalter (Mesozoikum) oder die Trilobita für das
Kambrium.

Auch Erkenntnisse der Molekularbiologie dienen der Verwandtschaftsforschung.

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                                                                                                        S. 11
7.5 DNA-Hybridisierung

Der DNA-Doppelstrang von zwei zu vergleichenden Lebewesen wird durch Erhitzen auf über 90°C
getrennt und zerfällt in die zwei Einzelstränge. Nun wird der Einzelstrang des ersten Lebewesens mit
dem Einzelstrang des zweiten Lebewesens bei der Abkühlung zusammengefügt. Kommt es zur
Verbindung zweier Einzelstränge mit nur teilweise komplementären Basensequenzen, nennt man
dies Hybridisierung.

Je höher die Anzahl der komplementären Basensequenzen ist, desto schneller bildet sich der neue
DNA-Doppelstrang und ist umso hitzeresistenter. Eine hohe Schmelztemperatur ist ein Indiz für einen
hohen Verwandtschaftsgrad.

        7.6 Serum-Präzipitintest

Der Serum-Präzipitin-Test ist eine serologische Methode zum Nachweisen von Verwandtschaft, bei
der die Proteinähnlichkeit durch Antigen-Antikörper-Reaktion untersucht wird. Da jede Art
spezifische Proteine hat, ermittelt der Test einen Vergleich der Struktur der Eiweiße, welche
Rückschlüsse auf die genetische Übereinstimmung zulässt.

Verfahren (zur Untersuchung der Verwandtschaft zum Menschen):

Einem Testtier, welches nicht näher mit dem Menschen verwandt sein sollte, wird das aus dem
menschlichen Blut entnommene Humanserum injiziert. Im Zwischenorganismus kommt es zu einer
Immunabwehrreaktion gegen die ihm körperfremden Proteine.

Einige Wochen später wird nun wiederum aus dem Blut des Testtieres ein neues Serum, das
Antihumanserum mit den enthaltenen Antikörpern gegen menschliche Eiweiße, gewonnen. Kommt
dieses Antihumanserum nun mit menschlichem Blut in Kontakt, bekämpfen die Antikörper die
Antigene und es kommt aufgrund des Schlüssel-Schloss-Prinzips zu einer 100-prozentigen
Verklumpung der Proteine.

Gibt man das Testserum zu den Blutproben mutmaßlicher zum Menschen verwandter Arten,
erfolgen jeweils unterschiedlich starke Verklumpungen. Der Grad der Ausfällung ermöglicht
Rückschlüsse auf den Grad der Verwandtschaft.

        ➔ Hoher Verklumpungsgrad --> große Ähnlichkeit der Proteine --> hoher
          Verwandtschaftsgrad
        ➔ Geringer Verklumpungsgrad --> geringe Ähnlichkeit der Proteine --> geringer
          Verwandtschaftsgrad
        ➔ Keine Verklumpung --> keine Ähnlichkeit der Proteine --> Keine Verwandtschaft

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                                                                                                       S. 12
7.7 Kettenabbruchverfahren / DNA-Sequenzierung

Zunächst werden vier separate Reaktionslösungen aus der unbekannten DNA, einem Primer, den
Nucleotiden Thymin, Adenin, Guanin und Cytosin, und ein Didesoxynucleotid hergestellt. Jedes Mal,
wenn sich während der Reaktion ein Didesoxynucleotid an ein Thyminnucleotid bindet, kommt es zu
einem Kettenabbruch.

Die so entstandenen vier Fragmente werden nun mittels der Gelelektrophorese aufgetrennt und man
kann durch das Bandenmuster auf die Sequenz der DNA schließen und eine Verwandtschaft
überprüfen.

8. Homologie, Analogie und Konvergenz

Ähnlichkeiten in der Gestalt/Morphologie, im inneren Bau/Anatomie, im Stoffwechsel/Biochemie
und Erbgut/Genetik gelten als Belege für Verwandtschaft.

Es wird zwischen Homologie und Analogie unterschieden, wobei nur homologe Merkmale der
Erforschung von Verwandtschaftsbeziehungen dienen.

       8.1 Homologie
Unter homologen Organen versteht man die Organe von Organismen, die auf einen gemeinsamen
Grundbauplan zurückzuführen sind, sich in der Funktion und im Aussehen aber deutlich
unterscheiden können.

                                  Anatomische Ähnlichkeiten sind auf einen gemeinsamen
                                  Vorfahren in der Evolution zurückzuführen, aus dem sich die
                                  rezenten Arten entwickelten. Homologe Organe können - im
                                  Gegensatz zu analogen Organen - unterschiedliche Funktionen
                                  haben (z.B. Handknochen bei Pferd und Mensch haben gänzlich
                                  unterschiedliche Funktionen).
                                  Der Biologe Adolf Remane stellte dazu drei Homologiekriterien
                                  auf, anhand auf Verwandtschaft geschlossen werden kann:
                                  1. Kriterium der Lage: Organe sind dann homolog, wenn sie
                                  dieselbe Lage einnehmen; z.B. der Aufbau des Herzens ist bei fast
                                  allen Säugetieren identisch.
                                  2. Kriterium der spezifischen
                                  Qualität: Organe sind auch dann
                                  homolog, wenn sie sich nur in
                                  vielen komplexe                      Haifischschuppe und Zahn
         http://www.bio-          Einzelmerkmalen gleichen.
         kompakt.de/images/storie                                      https://biologie-
                                  3. Kriterium der Kontinuität:        lernprogramme.de/daten/progra
         s/evolution/homologie_vo
         rdergliedmaen.jpg        Organe   sind homolog,  wenn sich    mme/js/homologer/daten/img/h
                                  deren Entwicklung durch die          aizahn.png
        Verknüpfung von Zwischenformen erklären lässt.

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                                                                                                       S. 13
8.2 Analogie

Trotz ihrer Ähnlichkeiten haben sich die Flügel von Flugsaurier, Fledertieren und Vögeln unabhängig
voneinander entwickelt und stellen somit ein analoges Organ dar.

Analoge Organe haben zwar dieselbe Funktion, ihren Ursprung jedoch nicht in einem gemeinsamen
Vorfahren, sondern in ähnlichen Umweltbedingungen, die zu einer ähnlichen Entwicklung führten.
Analogien lassen demnach auch keine Rückschlüsse auf etwaige Verwandtschaftsbeziehungen zu. Es
wird angenommen, dass ähnliche ökologische Nischen mit ähnlichem Selektionsdruck zu der
Ausbildung von analogen Organen bei unterschiedlichen Arten führen, dies nennt sich konvergente
Entwicklung (z.B. die Flugunfähigkeit bei Laufvögeln). Weitere Beispiele für analoge Organe sind zum
Beispiel: Vorderbeine von Maulwurf und Maulwurfsgrille; hydrodynamische Körperform bei Delfinen,
Pinguinen und Haien; Flossen bei Fischen und Walen (Vorfahren der Wale waren landlebende
Säugetiere)

        8.3 Konvergenz
Konvergenz beschreibt die voneinander unabhängige Entwicklung analoger Organe bei
verschiedenen Arten aufgrund von ähnlichen Umweltbedingungen.

             Homologe Organe sind auf einen gemeinsamen Grundbauplan
             zurückzuführen (gemeinsamer Vorfahre).

             Analoge Organe haben sich aufgrund von ähnlichen Umweltbedingungen
             entwickelt und gleichen sich in ihrer Funktion (kein gemeinsamer Vorfahre).

             Konvergenz beschreibt die unabhängige Entwicklung von analogen Organen

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                                                                                                      S. 14
8.4 Rudimente, Atavismus, Regressionsreihe

Rudimente

Bei vielen Organismen treten Merkmale auf, die nur unvollständig ausgeprägt sind oder keine
Funktion mehr besitzen. Dieses Phänomen kann Organe ebenso wie Verhalten betreffen und ist ein
                                                   wesentlicher Beleg für die Evolutionstheorie.
                                                   Durch die im Laufe der Evolution veränderten
                                                   Lebensbedingungen wurden manche Organe (z.B.
                                                   beim Menschen die Körperbehaarung) überflüssig
                                                   und entwickelten sich zurück, da sie keinen
                                                   Evolutionsvorteil mehr boten. Manche Organe
                                                     erwiesen sich sogar als Nachteil, wie z.B. die
   http://nextews.com/images/b8/6e/b86e15c370350ea   Hinterläufe der Vorfahren des Wals. Die frühen
   2.jpg
                                                     Vorfahren des Wals waren landlebende, auf vier
Beinen laufende Säugetiere. Im Laufe der Evolution haben bestimmte Faktoren dazu geführt, dass
der Vorfahre des Wals seinen Lebensraum wieder ins Wasser verlagerte. Die Hinterläufe wurden
damit überflüssig und entwickelten sich mit der Zeit zurück und sind heute als Rudiment im Skelett
des Wals sichtbar:

Weitere Rudimente beim Menschen sind z.B.:

    -    das Steißbein, an dem früher der typische Affenschwanz hing.
    -   zurückgebildete Schwimmhäute an Händen und Füßen.
    -    Wurmfortsatz des Blinddarms, der früher eine wichtige Verdauungsfunktion innehatte
        (Nahrungsumstellung der menschlichen Vorfahren führte zur Rückbildung des Blinddarms)

Unter einem Atavismus versteht man nun das zufällige Auftreten eines anatomischen Merkmals, das
im Laufe der Stammesgeschichte schon einmal vorhanden war, dann aber irgendwann im Laufe der
Evolution phänotypisch verloren ging.

Atavismen deuten darauf hin, dass die Gene von früheren Merkmalen weiter im Genotyp vorhanden
sind. Diese Gene wurden aber blockiert/ausgeschaltet und durch eine Mutation, welche bestimmte
Gene ein- oder ausschaltet oder die Genregulation beeinflusst. Auch können blockierte Gene durch
die Kreuzung zweier verwandter Arten wieder aktiviert werden.

Beispiele für Atavismen sind zum Beispiel:

    -   Hypertrichose (Ganzkörperbehaarung)
    -   Dritte Brustwarze (weist auf eine frühere Milchleiste hin)
    -   überzähliger Huf am Griffelbein des Pferds

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                                                                                                      S. 15
Regressionsreihe [ regressio = Zurückgehen]

Die Entwicklungsreihe eines Organismus kann über die homologen Merkmale konstruiert werden,
wobei eine schrittweise Vereinfachung zu beobachten ist. Im Verlauf der Evolution von Organismen
werden nicht nur „evolutive Neuheiten“ entwickelt, wie z.B. die Federn bei der Evolution zu den
Vögeln, sondern auch in Anpassung an veränderte Lebensbedingungen bei den Ahnenformen
entwickelte Eigenschaften sekundär wieder abgebaut. Im Gegensatz zur „aufbauenden“,
progressiven Evolution spricht man bei einem sekundären Abbau von regressiver Evolution. Wenn
eine Eigenschaft/Merkmal seine Funktion verliert unterliegt es nicht mehr der stabilisierenden
Selektion. Da die Ausbildung funktionslos gewordener Organe in der Embryonalentwicklung Energie
kostet, wirkt zusätzlich ein Selektionsdruck auf den Abbau funktionslos gewordener Organe.

Beispiele

- die Schlangen durch Reduktion der Extremitäten charakterisiert

- die Landwirbeltiere (Vierfüßer) durch die Reduktion der Kiemen.

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                                                                                                   S. 16
9. Art, Population, Genpool und Allelfrequenz

        9.1 Artbegriff

Es gibt verschiedene Definitionen des Artbegriffs:

Morphologisch: Eine Art stimmt in gewissen äußeren
(morphologischen) Merkmalen überein, Unterschiede
können teilweise schwer zu erkennen sein.

Biologisch/genetisch: Eine Art ist eine Gruppe von
Individuen, die sich fruchtbar untereinander
fortpflanzen können (mit fruchtbaren Nachkommen,
Fertilität).

Der schwedische Naturwissenschaftler Carl von Linné legte mit seinem Werk 'Systema Naturae' den
wesentlichen Grundstein zur wissenschaftlichen Klassifikation und Benennung von Tier-, sowie
Pflanzenarten. Er führte die binäre Nomenklatur ein, nach der Organismen mit einem Doppelnamen
aus Gattung und Art (z.B. Mobula munkiana) benannt werden. Die Klassifizierung nach Linné sieht
folgendermaßen aus: Reich (Tiere, Pflanzen, Mineralien), Klasse (Amphibien, Fische, Insekten,
Säugetiere, Würmer, Vögel), Ordnung, Gattung, Art und Varietät. Aber Achtung, denn diese
Einteilung ist nicht mehr zeitgemäß. Die höchste Kategorie zur Klassifizierung stellt nun die Domäne
(Archaeen, Bakterien, Eukaryoten) dar. Des Weiteren konnten sich Mineralien als eigenes Reich nicht
durchsetzen. Zuletzt fällt auch die Varietät komplett aus der aktuell gültigen Nomenklatur.

        9.2 Population
Die Population wird in der Ökologie definiert als
die Gesamtheit aller Individuen einer Art, die ein
zusammenhängendes, geschlossenes Areal
besiedeln und damit geographisch von anderen
Populationen getrennt sind (Separation).
Artgleiche Populationen lassen sich nicht derart
scharf voneinander trennen, weil Immigrations-
(Immigration) und Emigrationsphänomene
(Emigration) von benachbarten Populationen
auftreten (Metapopulation).

        9.3 Genpool
Der Genpool ist an sich im Großen und Ganzen die Gesamtheit aller Gene und Genvariationen einer
Population. Es handelt sich dabei um Allele, welche auf den Genen liegen. Ein Allel ist die Ausprägung
eines Gens und befindet sich auf einem bestimmten Punkt auf einem Chromosom. Jede Population
hat Gene, beziehungsweise Allele, zur Verfügung, die untereinander Generation für Generation
ausgetauscht werden, um sich ihrer Umwelt optimal anzupassen.

Bsp. Händigkeit: Wenn es ein Gen für die Händigkeit gibt und es gibt in einer Population von
Menschen beispielsweise nur ein Rechtshändergen, dann nennt man das Gen monomorph, also gibt
es nur Rechtshänder. Gibt es das Händigkeits-Gen mit den Allelen „Rechtshänder“ und
„Linkshänder“, dann ist das Gen polymorph. Es gibt also bei Rekombination der Gene die
Möglichkeit, dass das neu entstehende Individuum ein Rechtshänder oder ein Linkshänder ist.

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                                                                                                       S. 17
9.4 Häufigkeit / Allelfrequenz

Genfrequenz oder Allelfrequenz ist ein Begriff der Populationsgenetik, der die relative Häufigkeit der
Kopien eines Allels in einer Population bezeichnet. Die Genfrequenz beschreibt die genetische
Vielfalt einer Population.

Die Genfrequenz berechnet sich aus der Zahl der Kopien eines bestimmten Allels dividiert durch die
Gesamtzahl der Kopien aller Allele, die in der Population vorhanden sind.

Evolution findet statt, wenn sich die Genfrequenz einer Population ändert. Mögliche Ursachen
hierfür sind natürliche Selektion oder Gendrift.

10. Faktoren, die den Genpool beeinflussen

        10.1 Mutation

Gen-, Chromosomen- und Genommutationen führen ständig zu richtungslosen Änderungen der
Erbanlagen, Chromosomenstrukturen und Chromosomenzahlen. Die hierdurch innerhalb von
Populationen hervorgerufene genetische und phänotypische Variabilität wird durch die
Rekombination der Erbanlagen vergrößert.

        10.2 Rekombination der Erbanlagen

Rekombination beschleunigt unter anderem deshalb die Evolutionsvorgänge, weil sie in
verschiedenen Chromosomenabschnitten, Chromosomen oder Individuen entstandene
Mutantenallele vereinigt. Dadurch wird die gegenseitige Konkurrenz der Erbanlagen dieser
Eigenschaften eingeschränkt.

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                                                                                                         S. 18
10.3 Selektion

Der Bestand der Erbanlagen der Population verändert sich durch die Selektion. Selektion bedeutet
bevorzugtes Überleben und überdurchschnittliche Vermehrung der am besten angepassten
Individuen entsprechend den jeweiligen Umweltverhältnissen.

        10.4 Genetische Drift

Die genetische Drift führt zu einer genetischen Veränderung einer Population in der
Generationsfolge. Es kann zu einem Allelverlust zum Beispiel bei der Abspaltung einer
Gründerpopulation kommen.

        10.5 Isolation

Z.B. Geographische Isolation ist ein für die Evolution sehr wesentlicher Faktor. Sie ist eine
Voraussetzung für die Bildung neuer Arten, d.h. für das Entstehen genetisch bedingter reproduktiver
Isolation zwischen Populationen.

             Während Mutation, Rekombination der Erbanlagen, genetische Drift und Isolation
             in Bezug auf die Lebensverhältnisse mehr oder weniger zufällig und richtungslos
             sind, ist die Selektion bestimmend für die stammesgeschichtliche Entwicklung

             Gegenstand der Evolution ist nie das Individuum, sondern immer die Population!

Durch das Zusammenwirken der Faktoren wird die Evolution vorangebracht; hierbei setzt durch die
Auslese (Selektion) die Auswahl primär am Phänotyp (Erscheinungsbild) an und gibt der Evolution die
Richtung, während die Mutation das Material liefert (neue Gene). Die Gene werden durch die
Rekombination zu neuen Varianten kombiniert und führen so über neue Genotypen zu neuen
Phänotypen. Die Isolation, d. h. die Trennung der Gruppen in Teilpopulationen, kann ebenfalls zu
völlig verschiedenen Entwicklungstendenzen in den Teilgruppen führen, wobei in der Regel neue
Arten (Spezies) entstehen können. Man spricht vom Prozess der Artbildung.

        10.6 Intrachromosomale Rekombination

Hierunter versteht man die Rekombination, also eine Neuverteilung der genetischen Informationen,
zwischen den homologen Chromosomen in der Meiose. Väterliche und mütterliche homologe
Chromosomen (z.B. beide Chromosomen 12, eines stammt vom Vater, eines von der Mutter)
tauschen mehr oder weniger lange Bereiche untereinander durch Crossing-Over aus. "Intra", da dies
nur innerhalb dieser zwei homologen Chromosomen stattfindet.

        10.7 Interchromosomale Rekombination

Darunter versteht man die zufällige Verteilung der jeweiligen homologen Chromosomen auf die
Keimzellen in der Meiose. Welches, ob das väterliche oder das mütterliche homologe Chromosom, in
welche Keimzelle übergeht, ist bei jedem Chromosom rein zufällig. Es gibt daher für diese
Rekombination alleine 2^23 Variationen. Da hier mehrere verschiedene Chromosomen am
Rekombinationsereignis beteiligt sind, nennt man das "inter".

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                                                                                                      S. 19
11. Selektion

Anpassungsselektion an biotische/abiotische Faktoren

Unter Selektionsfaktoren versteht man jene
Umweltbedingungen/faktoren, die auf die
Individuen, und damit auf deren Fitness
einwirken. Dabei wird zwischen abiotischen
(unbelebte) und biotischen (belebte)
Selektionsfaktoren unterschieden.

Abiotische Umweltfaktoren: Alle
Selektionsfaktoren, die von der unbelebten
Umwelt ausgehen. Dies können sein:

Beispiel Temperatur: Individuen einer Tierart sind in der Regel in wärmeren Gebieten kleiner, als ihre
Verwandten in kälteren Breitengraden -> Galapagos-Pinguin bewohnt die Galapagosinseln und ist
etwa 50cm groß, der in der Antarktis lebende Kaiserpinguin kommt dagegen auf ungefähr 110cm
(Bergmannsche Regel)

Beispiel Wind: Die Flügel der Kerguelenfliege (bewohnen die Kerguelen Inselgruppen im Indischen
Ozean) haben sich im Laufe der Evolution zu Stummeln zurückgebildet. Fliegen mit ausgebildetem
Flügelpaar wurden häufig durch Stürme auf das offene Meer herausgeweht. Auf windigen Inseln
kann es daher ein evolutionärer Vorteil sein, verkümmerte Flügel zu besitzen.

Biotische Umweltfaktoren: Sämtliche Selektionsfaktoren, die von der belebten Umwelt ausgehen.
Diese können zwischen Intraspezifischen (innerartlich) und Interspezifischen (außerartlich) Faktoren
unterschieden werden.

Intraspezifische Selektionsfaktoren:

Sexuelle Selektion: Auswahl eines Sexualpartners anhand von bestimmten Merkmalen (z.B. Gesang
bei Singvögeln, Geweihgröße bei Hirschen oder Federkleid der Pfauen; siehe auch
Sexualdimorphismus)

Interspezifische Selektionsfaktoren: z.B. durch Jäger-Beute-Beziehung

        ➔ Nachahmung der Umweltumgebung, etwa durch Adaptierung von Farbe und Gestalt
          (Mimese); Beispiele: Wandelnde Blätter, Lebende Steine, Chamäleon

 Nachahmung einer anderen Art, die sich z.B. durch Gifte schützt. So wird bei Fressfeinden der
Eindruck erweckt, das harmlose Tier sei gefährlich (Mimikry); Beispiel: Die harmlose Schwebfliege
sieht der Wespe zum Verwechseln ähnlich, und wird so von eventuellen Fressfeinden gemieden.

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                                                                                                         S. 20
Voraussetzung für Selektion ist Variabilität

Stabilisierende Selektion: extreme Phänotypen werden elimiert (an den Enden der Kurve),
durchschnittliche Individuen werden begünstigt -> Vorläufige Verringerung der Merkmalsvarianz,
wird aber durch die Rekombination wieder ausgeglichen

Transformierende (gerichtete) Selektion: Mittelwert des Merkmals wird verschoben -> Verschiebung
der Verteilungskurve

Disruptive Selektion: extreme Phänotypen werden bevorteilt (Polymorphismus) -> Entstehung von
Unterpopulationen durch Teilung der Stammpopulation

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                                                                                                 S. 21
Gendrift ist die zufällige Veränderung des Genpools wie zum Beispiel bei einer Naturkatastrophe ->

Wenn der Großteil der Population stirbt bleibt nur ein kleiner Teil der Population zurück. Durch das
zufällige sterben können gerade in sehr kleinen Populationen einige Merkmale bzw. Allele, verloren
gehen. Durch neue Umweltbedingungen können sich die früher unvorteilhafteren Merkmale nun als
vorteilhaft erweisen und die reproduktive Fitness erhöhen. Bei gesteigerter Fitness werden mehr nun
vorteilhafte Gene in den Genpool dieser Population eingebracht und so wird der Anteil dieser Gene
vergrößert (Flaschenhalseffekt). Diese Veränderungen des Genpools sind meist Resultat einer
Katastrophe oder Neubesiedlung eines Lebensraums.

Beispiel für Gründereffekt:

Es gibt in den USA ein Reptil (Seitenfleckenleguan), welches eigentlich braun ist und so auf den
Steinen nicht auffällt. Auf Inseln im Kalifornischen Golf gibt es die gleiche Echse, nur in grün. Die
Farbe hat nur irgendwie keinen Nutzen, weder zur Balz noch zur Abschreckung. Deswegen geht man
davon aus, dass es auch auf dem Festland durch Zufall auch Grüne gibt, die jedoch aufgrund der
auffälligeren Farbe schnell gefressen werden. Auf den Inseln jedoch haben sie keine Feinde, so
konnten sie sich vermehren.

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                                                                                                        S. 22
12. Artbildung

Isolation und Artbildung: Gemeinsamer Genpool -> durch Isolation entstehende Teilpopulationen
(noch keine Mutationen); Genfluss zwischen den Teilpopulationen -> isolierte Populationen: mit
Mutationen -> isolierte Populationen werden Unterarten: Mutationen werden vererbt,
Fortpflanzungsschranke entsteht -> Art, Art A und B können sich untereinander nicht mehr
vermehren (komplette Fortpflanzungsschranke)

12.1 Allopatrische Artbildung
Durch Isolation hervorgerufene Trennung eines Genpools und Ausbildung von Teilpopulationen mit
anschließender Separation des Genpools

        ➔ erst Isolation, dann Separation

12.2 Sympatrische Artbildung

Durch genetische Isolation hervorgerufen, Artbildung ohne direkte Separation, hauptsächlich im
Pflanzenreich

2n (diploid) über Polyploidisierung -> 4n (tetraploid) -> Meiose: 2n x 2n -> Zygote: 4n -> 4n x 2n
(Autosomen) -> Meiose: 2n x 1n -> Zygote: 3n (triploid)

        ➔ erst Separation, dann daraus folgend Isolation

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                                                                                                     S. 23
12.3 Gründereffekt
Der Gründereffekt beschreibt einfach die Isolation einer Gruppe von Individuen von der Population,
zum Beispiel die Abwanderung einer Teilpopulation oder weniger Individuen. Zum Beispiel die
deutschen Waschbären. Diese stammen von nur 2 Waschbären ab, die 1977 in Nordhessen
freigelassen (Ursprung: Nordamerika) wurden -> alle deutschen Waschbären stammen nur von
diesen zwei Individuen ab und somit ist die genetische Variabilität der dt. Waschbären deutlich
geringer als die der amerikanischen Artgenossen.

12.4 Adaptive Radiation
Bedeutet, dass diese Gründerpopulation sich dann wiederum auf viele Nischen aufteilt, also sich
spezialisiert (z.B. bei den Darwin-Finken). Die Besonderheit bei der adaptiven Radiation besteht
darin, dass eine große Vielfalt der Arten entsteht. Dieser Vorgang geschieht meist in einem evolutiv
kurzen Zeitraum und ist nur möglich, wenn die Ausgangspopulationen in eine neue natürliche
Umgebung gerät mit wenig Konkurrenz und vielen ökologischen Nischen.

12.5 Beispiel Darwin-Finken

                                         Die Darwin-Finken sind ein absolutes Musterbeispiel wenn es um
                                         die Erklärung einer adaptiven Radiation geht. Insgesamt gibt es
                                         14 nah verwandte Arten, die allesamt von einem gemeinsamen
                                         Vorfahren abstammen. Auffallend sind vor allem die
                                         unterschiedlichen Schnäbel der Darwin-Finken, die auf
                                         unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten hinweisen. Die
                                         Hauptnahrungsquelle des Geospiza magnirostris (1) sind Samen,
                                         während der Certhidea olivacea (4) ein Insektenfresser ist. Dies ist
                                         ein Prinzip der Konkurrenzvermeidung durch das Anpassen an
                                          unterschiedliche ökologische Nischen.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia
/commons/0/0e/FMIB_47321_Finches_
                                    Wenige Gründerindividuen bildeten eine Gründerpopulation auf
from_Galapagos_Archipelago.jpeg     einer der Galapagos-Inseln. Durch Zufall gelangten Individuen
                                    dieser Stammart auf eine weitere Insel und waren
vorübergehend geografisch isoliert. Mit der Zeit entwickelten sich die beiden Populationen derart
auseinander, dass sie voneinander reproduktiv isoliert waren. Erneut durch Zufall gelangte die zweite
Art zurück auf die Ursprungsinsel und konkurrierte dort entweder mit der Ursprungsart um eine
ökologische Nische oder besetzte eine andere ökologische Nische. Dieser Vorgang der adaptiven
Radiation (Auffächerung einer Art) hat sich mehrmals wiederholt.

13. Bekannte Beispiele

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                                                                                                            S. 24
13.1 Archaeopteryx

Geologisch ältester, ausgestorbener Vogel.
Archaeopteryx weist ein Mosaik reptil- und vogelhafter Merkmale auf und gilt deshalb als
Bindeglied/Brückentier zwischen beiden Gruppen. Reptilmerkmale: Reptilartiges Gehirn, bezahnte
Kiefer (auch noch bei Vögeln der Kreide), freie bekrallte Finger, flaches, ungekieltes Brustbein, langer
Reptilschwanz aus freien Wirbeln, Bauchrippen und Saurierbecken. Vogelmerkmale sind die Federn,
Gabelbein, Tarsometatarsus (im Alter zunehmend verwachsene Mittelfußknochen) und nach hinten
gerichtete Großzehe, die sich aber auch bei einigen theropoden Dinosauriern (Theropoda) finden, die
in die nähere Verwandtschaft von Archaeopteryx gestellt werden. Die Hohlknochen waren noch nicht
pneumatisiert (pneumatische Knochen), so dass fraglich ist, ob bereits Luftsäcke und eine Vogellunge
ausgebildet waren. Asymmetrische Schwungfedern und Gabelbein (als Ansatz für Flugmuskulatur;
Flugmuskeln) sprechen für einen aktiven, wenn auch nicht ausdauernden Schlagflug. Die spitzen,
sichelartigen Krallen mit scharfen Innenkanten dürften Archaeopteryx befähigt haben, auf Bäume zu
                                                           klettern und von dort fortzufliegen. Nach
                                                           einer gängigen Theorie hat man sich die
                                                           Evolution des Vogelflugs über ein solches
                                                           baumkletterndes, primär gleitfliegendes
                                                           Stadium vorzustellen (Arborealtheorie).
                                                           Wegen der gut ausgeprägten Laufbeine des
                                                           Archaeopteryx wird andererseits diskutiert,
                                                           ob der Luftraum nicht von flinken
                                                           Bodenläufern erschlossen wurde, die mit
                                                           aufgespannten Vorderbeinen Insektenbeute
                                                           jagten und kurze Distanzen springend
                                                           überwanden (Cursorialtheorie).

 https://www.spektrum.de/lexika/showpopup.php?lexikon_id=
 9&art_id=4762&nummer=1661

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                                                                                                       S. 25
13.2 Quastenflosser

Ein anderes Beispiel für ein Brückentier zwischen zwei Tiergruppen ist der Quastenflosser. Dieser lebte
vor ca. 350 Millionen Jahren und gilt als Brückentier zwischen Wasser und Landleben, genauer
                                   zwischen Fisch und Kriechtier (Amphibie). Er besaß Flossen, Reste
                                   von Kiemendeckeln und ein fischähnliches Gebiss. Merkmale, die
                                   den Amphibien zuzuordnen sind, waren das knöcherne Grundgerüst,
                                   knochige Kopfskelett und Schulterknochen, sowie einer zur
                                   Luftatmung befähigte Schwimmblase. Quastenflosser konnten an
                                   der Luft atmen und mit ihren starken Stützflossen das Wasser
 Mauritius/Gerard Lacz
                                   verlassen.

                                  Die ersten fossilen Belege für seine Existenz zeigen, dass dieser
Knochenfisch bereits vor mehr als 360 Millionen Jahren die Weltmeere bevölkerte. Damit ist er über
290 Millionen Jahre älter als so bekannte Dinosaurier wie der Tyrannosaurus Rex. Doch ebenso wie
dieser galt der Quastenflosser lange als ausgestorben – bis ins Jahr 1938. Damals wurde in etwa 70
Metern Tiefe vor der südafrikanischen Küste (in der Nähe von East London) ein unbekannter Fisch
gefangen mit 1,50 Meter Körperlänge und etwa 52 Kilogramm Gewicht. Als der Fisch an die Oberfläche
geholt wurde, war er durch den ungewohnten Druckverlust bereits gestorben. Das Tier wurde als
eindeutiger Nachfahr eines Quastenflossers, der in der späten Kreidezeit vor etwa 80 Millionen Jahren
gelebt hatte. Ein kleines wissenschaftliches Wunder, denn man dachte bis zu diesem Zeitpunkt, dass
der Quastenflosser etwa in diesem Zeitraum ausgestorben sei.

13.3 Schnabeltier

Das Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus) wurde vor gut 200 Jahren in Australien entdeckt. Als
                                          Seeleute im Jahre 1798 den Tierkadaver eines
                                          Schnabeltieres aus Australien mitbrachten, glaubten die
                                          Wissenschaftler eines Londoner Museums zuerst, dass es
                                          sich um eine Fälschung handelt.

                                                Es hat einen schnabelartigen Kiefer, Fell und die aus Eiern
                                                schlüpfenden Jungen werden gesäugt: Das Schnabeltier
                                                sieht aus wie eine Laune der Natur und gilt als eine Art
                                                Brückentier zwischen Vögeln, Reptilien und Säugern.
                                                Schnabeltiere gibt es auch als Fossilien aus der
 Nicole Duplaix/National Geographic/Getty       Kreidezeit. Die damaligen Tiere sahen bereits so aus wie
 Images
                                                die heute noch lebenden. Damit gilt das Schnabeltier als
                                                lebendes Fossil.

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                                                                                                          S. 26
Beispiel Tanganijka-Schuppenfresser

                                     Die      häufigkeitsabhängige      Selektion    bedeutet     das
                                     Polymorphismen durch die Selektion begünstigt werden, die
                                     Fitness des einen Genotyps bzw. Phänotyps ist abhängig von der
                                     Häufigkeit des anderen Genotyps/Phänotyps und umgekehrt.
                                     Das wird in diesem Beispiel gut beschrieben. Ein Beispiel für die
                                     häufigkeitsabhängige Selektion ist eine kleine Buntbarschart aus
                                     dem Tanganijkasee in Ostafrika. Die Mundöffnung dieses
                                     Tanganijka-Schuppenfressers (Perissodus microlepis) zeigt
                                     infolge eines asymmetrischen Kiefergelenks entweder nach
                                     rechts oder links; die Richtung der Öffnung ist genetisch
                                      festgelegt. Dieser Buntbarsch nähert sich seinen Opfern von
                                      hinten und versucht blitzschnell von deren Flanke einige
  Aus Purves et al., 2010
                                      Schuppen abzubeißen. „Rechtsmünder“ greifen ihre Opfer stets
von der linken Seite an und „Linksmünder“ von der rechten Seite. Durch die Mundstellung können
mehrere Zähne mit der Seite des Opfers in Kontakt kommen, aber nur wenn der Schuppenfresser von
der richtigen Seite her angreift. Da die Beutefische aufmerksam darauf achten, ob sich
Schuppenfresser nähern, sind die Erfolgschancen größer, wenn sich die potenziellen Opfer zu beiden
Seiten hin absichern müssen. Die Wachsamkeit der Beutefische begünstigt eine gleiche Zahl von
Rechtsmündern und Linksmündern unter den Schuppenfressern, denn wenn eine Form häufiger wäre
als die andere, würden sich die Beutefische mehr auf die Absicherung der entsprechenden Seite
einstellen. Der Polymorphismus erwies sich über die 11 Jahre, die dieses Phänomen beobachtet wurde,
als stabil: beide Formen blieben etwa gleich häufig.

Nur ein paar Fragen, die man vielleicht auch stellen könnte?

    -   Welches sind die wichtigsten Komponenten von Darwins Evolutionstheorie?
    -   Was bezeichnet man als Phänotyp eines Organismus?
    -   Die geeignete Einheit, um genetische Variabilität zu definieren und zu ermitteln ist…?
    -   Die biologische Fitness eines Genotyps wird bestimmt durch…?
    -   Man kann mithilfe von radioaktivem Kohlenstoff das Alter fossiler Organismen datieren,
        weil…?
    -   Eine Art ist eine Gruppe von natürlichen Populationen, deren Mitglieder…?
    -   Zur allopatrischen Speziation kann es kommen, wenn…?
    -   Auf den Galapagos Inseln kam es zur Speziation der Finken, weil…?
    -   Welcher ist ein wichtiger Faktor für die sympatrische Artbildung?
    -   Speziation ist ein wichtiger Bestandteil der Evolution, weil…?
    -   Homologe Merkmale sind…?

Nachhilfe für die Besten | Skript: Evolution |Biologie Abitur Hamburg, Stand 2021
                                                                                                     S. 27
Impressum

        Nachhilfe für die Besten
        Desiree Hollender & Team

        Rutschbahn 8
        20146 Hamburg

        www.NFDB.info
        kontakt@nfdb.info

        Skript: Evolution und Zukunftsfragen.
        Erste Version erstellt von Desiree Hollender (Biologin, Uni HH). Überarbeitung und
        Einarbeitung weiterer Kapitel durch Nathalie Porsiel (Biologin, Uni HH).
        Selbstgezeichnete Grafiken von Judith Scheja (Biologin, Uni HH).

        Stand: Februar 2021

Nachhilfe für die Besten | Skript: Evolution |Biologie Abitur Hamburg, Stand 2021
                                                                                             S. 28
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