Zündstoff. erinnern. Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA - Theaterpädagogisches Material zum Aufhorchen, Anpacken, Abschweifen - Theater ...

Die Seite wird erstellt Malte Zander
 
WEITER LESEN
Zündstoff. erinnern. Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA - Theaterpädagogisches Material zum Aufhorchen, Anpacken, Abschweifen - Theater ...
Zündstoff.
     erinnern. Theaterpädagogisches Material zum
                                           Aufhorchen, Anpacken, Abschweifen

     Als ich mit Hitler
     Schnapskirschen aß UA
     nach Manja Präkels ~ in einer Fassung von Nils Zapfe
     Schauspiel ~ Kleine Bühne ~ 14+

                                Bit
                               wendteen
                                        !

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                              kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                    theatre for children and young audiences
Auf die Plätze – Zündstoff – los!

    Ein Theaterbesuch – egal ob im Klassenverbund, als Familie oder mit Freund*in-
    nen: Wir möchten Sie und Euch mit diesem Material dazu einladen, sich aufhor-
    chend einen ersten Impuls zur Inszenierung zu holen, sich anpackend in direkte
    thematische Auseinandersetzungen zu stürzen oder sich abschweifend zu theore-
    tischen Exkursen verführen zu lassen.

        Aufhorchen                         Anpacken         Abschweifen

    Wir wünschen Ihnen und Euch eine gute Lektüre, erfrischende Gespräche und
    einen anregenden Theaterbesuch.

    Das Team der tjg.-Theaterakademie

     #tjgtheaterakademie

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                            kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                  theatre for children and young audiences
Zündstoff.
     erinnern.
     Dieser Teil des Zündstoffs bezieht sich konkret auf die Inszenierung „Als ich mit
     Hitler Schnapskirschen aß UA“ und fragt, wie man Erinnerung und geschichtliche
     Ereignisse auf der Bühne erzählen kann.

     Der andere Teil des Zündstoffs befragt die eigene Haltung und beschäftigt sich mit
     Rechtsextremismus heute. Es folgen nicht nur eine Begriffserklärung, sondern
     auch Handreichungen für einen angemessenen Umgang mit rechtspopulistischen
     Äußerungen oder rechtsextremen Vorfällen im Alltag.

     Zur Inszenierung
     „Schlaflos hocke ich auf dem durchgesessenen Sofa und schicke meine Gedanken auf
     die Reise.“

     Dieser Satz ist der Ausgangspunkt für Mimi, die Protagonistin des Romans „Als ich mit
     Hitler Schnapskirschen aß“, sich an ihre Kindheit und Jugend zu erinnern. An Orte und
     Menschen, mit denen sie aufgewachsen ist, an die Schule, an Ferienlager und an ihre
     Freundschaft mit Oliver, dem Nachbarsjungen, mit dem sie zusammen Skat spielte und
     Angeln ging. Sie erinnert sich aber auch an pubertäre Verunsicherungen, die sozialen
     Auflösungsprozesse in der Wendezeit und daran, wie aus Mitschüler*innen, Nach-
     bar*innen und Freund*innen gewaltbereite Neonazis wurden. Schicht um Schicht legt
     Präkels Mimis Erinnerungen frei, erzählt von alltäglichen Gewalterfahrungen bis hin
     zum traumatischen Kern, dem Tod zwei ihrer Freunde und ihrer Flucht nach Berlin. Der
     autobiografisch geprägte Roman beschreibt exemplarisch eine Biografie, verweigert
     sich gleichzeitig einer verallgemeinernden Einordnung oder dem Versuch, rückblickend
     Begründungszusammenhänge herzustellen.

     In der Inszenierung bleibt der tastende Ton des Erinnerns stets spürbar, die mal vor-
     sichtige, mal offensive Selbstbefragung wird zum Spielprinzip. Auf der Bühne finden
     vier Schauspieler*innen Bilder für diese Erinnerungsarbeit, dafür, welche Anstrengung
     es kosten kann, das Schweigen zu brechen, sich der Vergangenheit zu stellen und den
     Versuch zu unternehmen, Dinge zu verstehen, die sich dem Verständnis so lange entzo-
     gen haben.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
30 Jahre nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung ist ein neues Interesse
     spürbar, sich mit den gesellschaftlichen Transformationsprozessen der Wendezeit zu
     beschäftigen. Eine Vielzahl von Publikationen, Filmen und Büchern bündeln Geschich-
     ten und Erinnerungen zu diesem Themenkomplex. Es scheint, als würden gerade neue
     Sagbarkeitsräume aufgehen und Sprachlosigkeit überwunden. In diesem Kontext
     verstehen wir die Inszenierung „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ nicht nur als
     Auseinandersetzung mit Rechtsradikalismus und Gewalterfahrungen in Ostdeutsch-
     land, sondern vor allem als Beitrag zum Dialog der Generationen. Die Geschichte von
     Mimi, einer Protagonistin, die der Elterngeneration der heute 15-jährigen angehört,
     kann Anlass sein, Jugendliche dafür zu interessieren, was ihre Eltern oder andere Er-
     wachsene erlebt haben, als diese in ihrem Alter waren. Nachzufragen, sich Geschichten
     erzählen zu lassen und herauszufinden, welche Erinnerungen sie teilen können. Durch
     die persönliche Anbindung kann sich das Geschichtsbild der Jugendlichen anreichern
     und ausdifferenzieren, in der kommunikative Praxis können Erfahrungen zugleich in die
     Gegenwart überführt werden.

     #tjgkirschen

     Aufgrund des Themenkomplexes bieten wir Ihnen verschiedene Nachbereitungs-
     formate im Zusammenhang mit dem Inszenierungsbesuch an
     - siehe auch „Zündstoff. gestalten.“.

     Theaterpädagogische Nachbereitung zur Inszenierung

     Auf Anfrage bietet das tjg. durch die begleitende Theaterpädagogin Dorothee Paul
     eine theaterpädagogische Nachbereitung der Inszenierung in Ihrer Schule an!

     Anmeldung -> Dorothee Paul, dorothee.paul@tjg-dresden.de /
                  Tel. 0351 . 320 42 506

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
Fragen für davor, danach und mittendrin

     ~ Wer erzählt Dir die Geschichte?

     ~ Von welcher Zeit wird erzählt?

     ~ Weißt Du, welche politischen und gesellschaftlichen Ereignisse in diesen Zeit-
       raum fallen?

     ~ Woran erinnern Dich die Stoffbahnen auf der Bühne? Welche Assoziationen
       hast Du zu ihnen?

     ~ Wofür steht für Dich der Glaskasten?

     ~ Welche Figuren bleiben Dir besonders stark in Erinnerung und warum?

     ~ Von welchen Gefühlen erzählen die Figuren in der Inszenierung? Kannst Du
       sie beschreiben?

     ~ Was verändert sich im Laufe der Inszenierung in Mimis Umfeld? Wie verändert
       sie sich dadurch?

     ~ Wie reagiert Mimi auf die Gewalt, die sie erfährt?

     ~ Fallen Dir Beispiele körperlicher oder psychischer Gewalt ein? Sind Dir selbst
        schon Formen von Gewalt widerfahren oder kennst Du Fälle aus Deiner
     		 unmittelbaren Umgebung? Wie bist Du oder sind andere Personen damit umge-
        gangen?

     ~ Was definierst Du als rechtsextrem?

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                      theatre for children and young audiences
„In meiner Erinnerung…“
     ~ Übung für Einzelpersonen, Groß- und Kleingruppen

     Art 			                               Vor- und Nachbereitung
     Dauer 			                             30 Minuten
     Anforderungen		                       Papier, Stift oder ein Aufnahmegerät / Aufnahmetool auf
     			                                   dem Handy
     Ziel			                               generationenübergreifender Dialog, persönlicher
     				                                  Zugang zu Geschichte, Reflexion der Interviewsituation

     In der Inszenierung „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ geht es um das
     erinnernde Erzählen. Mit dem Satzanfang „In meiner Erinnerung…“ wird eine Situ-
     ation aus verschiedenen Perspektiven gleichzeitig ganz unterschiedlich beschrie-
     ben. Weißt Du noch, worum es dabei ging?

     Das Erleben von Ereignissen ist so vielfältig, wie die Menschen selbst. Es gibt kein
     Richtig und kein Falsch, sondern viele individuelle Erfahrungen. Diese Übung gibt
     Dir die Möglichkeit, in die Erinnerungen anderer einzutauchen und kann dabei ein
     Anfang sein, mehr über Dich selbst herauszufinden.

     Hast Du schon mal darüber nachgedacht, was Deine Mutter, Dein Vater, Deine
     Großeltern oder andere ältere Bezugspersonen gemacht haben, als sie so alt
     waren wie Du? Frag doch mal nach!

     Genauso wichtig wie die Antworten Deiner*s Interviewpartnerin*s, sind die Um-
     stände, unter welchen die Fragen gestellt werden. Erstelle zunächst ein Protokoll,
     in dem Du den Ort, den Raum, das Licht und die Stimmung beschreibst, in der Du
     die Fragen stellst. Welches Verhältnis hast Du zu der Person, die Du befragst? Seid
     Ihr verwandt oder befreundet? Notiere die Uhrzeit. Wie klingt der Raum? Mach
     davon eine Aufnahme. Dann kann das Interview beginnen:

     ~ Wann und wo sind Deine Eltern/ Deine älteren Bezugspersonen geboren?
     ~ Was gibt es heute nicht mehr, was für sie damals total normal war?
     ~ Was haben sie zur Zeit der Wende gemacht? Schule? Ausbildung? Beruf?
     ~ Wo waren sie zum Zeitpunkt des Mauerfalls? Wie und wo haben sie davon
       erfahren?
     ~ Was haben sie nach dem Mauerfall gemacht?
     ~ Was hat sich durch die Wende für sie verändert?
     ~ Welches Gefühl beschreibt die Zeit der Wende für sie am besten?
     ~ Haben sie die Neunziger Jahre auch als gewaltvoll erlebt, so wie Mimi, die
       Protagonistin? Wenn ja, was haben sie erlebt?

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                           kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                                 theatre for children and young audiences
Halte die Antworten fest, indem Du sie aufschreibst oder mit einem Aufnahmege-
     rät / einem Aufnahmetool Deines Handys aufnimmst. Frag unbedingt nach, was
     Du von dem Interview einem größeren Kreis erzählen darfst und was nicht. Hört es
     Euch dafür ein mal gemeinsam an.

     Welche Fragen hast Du wie gestellt? Welche fielen Dir leicht zu stellen, welche
     eher schwer?

     Stellt Euch in der Klasse die Ergebnisse der Interviews vor.
     Nutzt dafür die Aufnahme der Raumatmosphäre und des Interviews und sucht
     Euch einen Platz im Raum, der Euch als „Bühne“ dient. Entscheidet, wo das
     Publikum sitzen soll. Stellt zum Beispiel zwei leere Stühle einander gegenüber. In
     Betrachtung der Stühle kann zum Beispiel die Raumatmosphäre abgespielt wer-
     den. Nach einem Moment wird diese durch das Vorlesen der Raumbeschreibungen
     ergänzt. Einer der beiden Stühle wird von der*dem Interviewer*in mit Blick auf den
     leeren Stuhl eingenommen, während ein Teil des Interviews abgespielt wird. Die
     Aufnahme könnte gestoppt und die Erinnerungen der Eltern/ Bezugspersonen so
     nacherzählt werden, als wären es die eigenen. „Mein Name ist… Ich bin … geboren.
     Ich bin der Vater/ die Mutter/… von… Vom Fall der Mauer habe ich… gehört.“

     Die Erinnerung der Dinge
     ~ Übung für Groß- und Kleingruppen

     Art 			                               Vor- und Nachbereitung
     Dauer 			                             90 Minuten
     Anforderungen		                       drei Erinnerungsstücke, z.B. Lied, Objekt, Text, Bild pro
     				                                  Person
     Ziel			                               biografisches Arbeiten mit Materialien

     Wie erzählt man Erinnerungen auf der Bühne?

     In der Inszenierung „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ werden Stoffbahnen
     auf die Bühne gezogen. Was wurde noch mit ihnen gemacht? Was erzählen Euch
     die Bilder, die daraus entstanden sind?

     Persönliche Gegenstände können ein erster Impuls sein, sich eigenen Erinnerungen
     anzunähern und sie zu erzählen. Was erzählen diese Gegenstände von der Zeit, an
     die Du Dich durch sie erinnerst?

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                               kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                                     theatre for children and young audiences
Bring drei verschiedene Dinge von zu Hause mit, mit denen Du eine Erinnerung
     verbindest, zum Beispiel ein Lied, ein Objekt, einen Text oder ein Bild, die für eine
     positive Erinnerung stehen. Vielleicht erinnert Dich das Erinnerungsstück an einen
     Urlaub, eine Person, Deine Kindheit, einen Geburtstag… Folge bei der Auswahl
     der ersten, schnellen Assoziation. Achte aber darauf, dass Dich die Dinge zwar an
     etwas erinnern, aber entscheide, welche persönlichen Gedanken und Geschichten
     Du mit den anderen teilen möchtest.

     Bildet Gruppen von je drei Personen. Stellt einander die drei mitgebrachten Erin-
     nerungsstücke vor. Beschreibt erst, was das jeweilige Erinnerungsstück ist und
     erzählt dann, woran es Euch erinnert. Nach den Erzählungen habt Ihr die Möglich-
     keit, zwei Erinnerungsstücke gegen die der anderen Personen zu tauschen. Alle
     haben dann ein eigenes Erinnerungsstück und zwei von den anderen.

     In der biografischen Theaterarbeit können auch biografische Erinnerungen anderer
     erzählt werden, so als wären es die eigenen. Außerdem wird das Publikum nicht
     wissen, welches die eigene Erinnerung ist und welche, die der anderen.

     Ab jetzt arbeitest Du allein weiter. Entwickle mit diesen drei Erinnerungsstücken
     und den dazugehörigen Geschichten eine einminütige Präsentation. Nimm Dir
     dazu 30 min Zeit. Wähle einen Ort aus. Nimm Dir Zeit, Dich an die Geschichten zu
     erinnern und überlege, wie Du eine der Geschichten oder eine Mischung aus den
     Geschichten mit Hilfe der Erinnerungsstücke erzählen kannst. Es kann helfen, sich
     zu überlegen, welche Funktion das Erinnerungsstück hat.

     Eine Muschel liegt z.B. am Strand. In dem Fall könntest Du alle an den Strand
     einladen. Du legst die Muschel vor Dich und beschreibst den Sand, auf dem Du
     stehst, weist auf das Rauschen der Wellen hin, das Du hörst. An diesem fiktiven
     Ort erzählst Du die Erinnerungen als Ich-Erzähler*in. Erzähle sie so, als würden sie
     gerade eben passieren.

     Zeigt Euch gegenseitig die einminütigen Erinnerungspräsentationen, indem Ihr von
     Ort zu Ort geht - wie in einem Museum von erzählten Erinnerungen und Erinne-
     rungsstücken!

     Habt Ihr gemerkt, welche Erinnerungen der Person wirklich gehörten und welche
     nicht? Woran habt Ihr das bemerkt? Und was macht es schwer, das zu herauszu-
     finden?

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
Die Würde des Menschen...
    ~ Übung für Groß- und Kleingruppen

    Art 			                                Vor- und Nachbereitung
    Dauer 			                              45 Minuten
    Anforderungen		                        Platz im Raum, Zweier-Gruppen, pro Gruppe ein Stuhl,
    			                                    Briefumschlag 1 mit Art. 1 - 3 der Menschenrechte
    			                                    und Briefumschlag 2 mit Beispielen rechtsextremer
    			                                    Übergriffe in den Neunzigerjahren - siehe Kopiervorlage in
    			                                    der Mitte des Heftes
    Ziel			                                performative Annäherung an geschichtliche Ereignisse

    Mimi und Oliver, die Protagonist*innen der Inszenierung, sind befreundet seit sie
    Kinder sind. Während der Wendezeit zerbricht diese Freundschaft, weil die Gewalt
    untereinander zunimmt und sich Oliver immer mehr radikalisiert. Irgendwann wird
    Oliver nur noch „Hitler“ genannt.

    Wie kann man sich im Theater geschichtlichen und auch gewaltvollen Ereignisse
    nähern? Wie kann man das Unsagbare sagbar machen? Fallen Euch Möglichkeiten
    ein, die Ihr vielleicht in dieser Inszenierung, aber auch bei anderen Theaterbesuchen
    gesehen habt?

    Einen Zugang können zum Beispiel Chroniken, Statistiken oder Sammlungen in
    Bezug auf geschichtliche Ereignisse liefern.
    Unter dem Hashtag #baseballschlaegerjahre sammeln sich biografische Erfah-
    rungen von rechtsextremer Gewalt, Übergriffen und staatlicher Ignoranz. Es zeigt
    ein Bild einer Generation, die täglich rechte Gewalt erfahren hat. Rechtsextre-
    mist*innen haben in Deutschland seit 1990 dutzendfach getötet - laut Bundeskri-
    minalamt sind es 85, laut Amadeu-Antonio-Stiftung 198 Morde - dazu kommen
    Tausende Verletzte und Traumatisierte.

    Kommt zu zweit zusammen. Als Zweiergruppe braucht Ihr nun drei Dinge: einen
    Stuhl, einen einzelnen Textausschnitt aus einem Briefumschlag und einen Platz im
    Raum. In den vorbereiteten Briefumschlägen sind die drei Artikel der Menschen-
    rechte, im anderen Umschlag sind Texte zu Beispielen rechtsextremer Übergriffe in
    den Neunziger- und Nullerjahren (siehe Kopiervorlage in der Mitte des Heftes). Ihr
    müsst Euch entscheiden! Wollt Ihr zu den Menschenrechten ein Standbild bauen
    oder zu einem Text zu rechtsextremen Übergriffen? Nehmt Euch einen einzelnen
    Textausschnitt aus einem Umschlag und sucht Euch mit einem Stuhl einen Platz im
    Raum.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                             kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                                   theatre for children and young audiences
Lest Euch nun den einen Textausschnitt vor, den ihr gezogen habt. Diskutiert,
     welches Gefühl das Gelesene in Euch auslöst. Überlegt, wie Ihr diesen Textaus-
     schnitt in ein Standbild, eine Art Foto oder ein eingefrorenes Bild übersetzen könnt.
     Es kann auch das Gegenteil von dem sein, was Ihr gelesen habt. Nutzt dafür den
     Stuhl als Ort. Nehmt ihn und positioniert Euch zu ihm. Ihr könnt auf ihm stehen,
     unter ihm liegen, neben ihm hocken, auf ihm sitzen, beide das Gleiche tun oder
     Verschiedenes, je nachdem, was Ihr für in Standbild zeigen wollt. Wenn das Stand-
     bild einen Moment lang gestanden hat, lest den gezogenen Text vor. Versucht da-
     bei in der körperlichen Haltung zu bleiben oder danach wieder in Position zu gehen.
     Auch hier könnt Ihr entscheiden, ob Ihr allein, gemeinsam oder sogar gleichzeitig
     den Text lesen wollt.

     Präsentiert Euch jetzt Eure Standbilder nacheinander in der Gruppe. Dabei könnt
     Ihr Euren Platz im Raum nutzen. Wenn möglich, können die Standbilder zu rechts-
     extremen Übergriffen in den Neunziger- und Nullerjahren abwechselnd zu den
     Standbildern zu den Menschenrechten gezeigt werden.

     		 TIPP         Jedes Standbild kann mit einem imaginären Scheinwerfer und den
     		              Worten „Spot on!“ anmoderiert und mit „Danke“ abmoderiert werden.

     Kommt danach im Kreis zusammen und sprecht über die gefundenen Standbilder.
     Was ist Euch dabei aufgefallen? Ist es Euch schwer oder leicht gefallen, ein Stand-
     bild zu finden? Habt Ihr von den Ereignissen schonmal gehört? Hier bietet es sich
     an, sich über die sogenannten Baseballschlägerjahre und über Kontinuitäten von
     rechtsextremen Übergriffen bis heute zu informieren.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
„Sehr viel schöpft aus meinem Erleben“
     Über die Autorin Manja Präkels

     Manja Präkels, die Autorin des autobiografisch geprägten Romans „Als ich mit
     Hitler Schnapskirschen aß“, wurde 1974 in Zehdenick in Brandenburg geboren. Von
     1993 bis 1997 arbeitete sie als Journalistin für die Märkische Allgemeine Zeitung.
     Nach massiven Drohungen verließ sie Brandenburg, ging nach Berlin und studierte
     Philosophie, Soziologie und Osteuropäische Geschichte. Manja Präkels arbeitete
     als Puppenspielerin für ein fahrendes Theater und gründete 2001 das Erich Müh-
     sam Fest und die Band Der Singende Tresen. Als Journalistin hat Manja Präkels
     immer wieder über ihre Erlebnisse in Brandenburg in den 1990er Jahren geschrie-
     ben, im Jahr 2000 führte sie auch Interviews mit Jugendlichen für die ZDF-Doku-
     mentation „Die Zecken von Zehdenick“. Bereits 2011 schrieb sie eine Kurzgeschich-
     te mit dem Titel „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“, die in der Anthologie
     „Kaltland“ veröffentlicht wurde. Für ihr gleichnamiges Romandebüt wurde sie
     2018 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und mit dem Anna-Seghers-Preis
     ausgezeichnet.

     In einem Gespräch mit Andrea Gerk im Deutschlandfunk spricht sie über das Ver-
     hältnis von biografischem Erleben und Fiktion:

     Gerk: Wie eng ist der Roman an dem, was Sie tatsächlich erlebt haben?

     Präkels: Das ist schwer zu sagen, so fifty-fifty. Sehr viel schöpft tatsächlich aus
     meinem Erleben, aus dem, was mir geschehen ist und anderen Leuten, mit denen
     ich aufgewachsen bin. Aber über die Jahre haben sich zum Glück die Figuren auch
     verselbstständigt, und die Geschichte hat auch andere Wege genommen, als ich
     sie anfangs vermutet hätte. (…) Ich finde es sehr befreiend, in die Kunst zu gehen.
     Ich habe ja auch viele Jahre als Journalistin gearbeitet und einfach gemerkt, dass
     es da einfach Grenzen gibt, also an Sagbarkeiten oder dass es auch in dem Fak-
     tischen allein zu wenig zeigbar ist. Ich wollte einfach auch Gefühle, Atmosphären,
     Figuren zeichnen. Und da bin sehr froh über die Form.

     Gerk: Und was einen ja auch wundert, ist, dass da doch so wenig Widerspruch
     dann auch kam, so wenig Gegenwehr. Wie erklären Sie sich das?

     Präkels: Das ist wirklich bemerkenswert, und ich bemerke das bei den Lesungen,
     die zum Glück gut besucht sind und wo viele Leute meines Alters auch kommen

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                      theatre for children and young audiences
und anschließend wirklich Debatten losgehen, was war da eigentlich mit den
     Erwachsenen los? Was war eigentlich mit der Gesellschaft los? Aber, ja klar, ein
     System wechselt oder ein System bricht zusammen, das andere kommt, und es
     entsteht eine Art von Vakuum.(…) Ich bin da nicht ohne Mitgefühl, was die Haltlo-
     sigkeit der Situation Einzelner betrifft, bin aber schon radikale Gegnerin von dieser
     menschenverachtenden Haltung und vor allen Dingen von den folgenden Taten. Es
     ist ambivalent, finde ich. Ich finde, wichtig ist, dass man heute das aufbricht, darü-
     ber spricht, sich erinnert. Weil ich glaube, auch für damalige Täter ist das wichtig.

     In: https://www.deutschlandfunkkultur.de/jugendliteraturpreis-fuer-roman-von-manja-prae-
      kels-sehr.1270.de.html?dram:article_id=407507 (19.01.2020, 23:08)

     Wenn Heimat Angst macht.
     Von Anna Fastabend

     (…) Manja Präkels hat das meiste in den Neunzigern selbst so erlebt, in Zehde-
     nick im Landkreis Oberhavel, eine gute Stunde von Berlin entfernt. Im Buch ist es
     verdichtet und zugespitzt, aber wahr. Die besonders verstörenden Geschichten
     habe sie ausgelassen, sagt die Autorin. Weil ihr dafür die Sprache fehle. (…) Manja
     Präkels erlebte mit, wie nach der Wende Bekannte zu Neonazis wurden. Wie sie
     Schwarze, Homosexuelle, Punks und alle, die nicht bei ihnen mitmachen wollten,
     zu Feinden erklärten. Wie sie mit Baseballschlägern in Diskotheken stürmten,
     Präkels Freundinnen durch die Straßen jagten und ihre Freunde zusammenschlu-
     gen. Präkels wollte etwas dagegen unternehmen - als Lokalreporterin für die Mär-
     kische Allgemeine Zeitung. Sie ergänzte Polizeiberichte, in denen verschwiegen
     wurde, wenn Rechtsradikale für einen Überfall verantwortlich waren. (…)“In meiner
     ersten Zeit in Berlin habe ich darauf verzichtet, meinen Namen an die Klingel zu
     schreiben. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass jemand hinter mir her ist. So ganz
     verschwunden ist es nie.“ (…) Als Präkels durch den Kräutergarten des Ziegelhofs
     läuft, die handgeschriebenen Schildchen in den Beeten bewundert, den kleinen
     Glasvogel, der auf einer Vogeltränke sitzt, und vor dem Wasserschildkrötenhaus
     stehen bleibt, wird sie wehmütig. Sie vermisst Brandenburg: „Ich kann mir fast
     nichts Schöneres vorstellen, als hier über die Felder zu laufen oder im Wald Pilze
     zu suchen. Ich komme gerne her, mir gefällt der Landstrich. Ich mag Gegend und
     Menschen. Aber hier leben, das ist vorbei. Dafür ist zu viel passiert.“
     In: https://www.sueddeutsche.de/kultur/reportage-zurueck-in-zehdenick-1.3785516 (19.01.2020,
      22:56)

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                         kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                               theatre for children and young audiences
In der Konfliktzone
     Auszüge aus einem Interview mit der Autorin Manja Präkels und dem Rechtsex-
     tremismusexperten David Begrich

     von Cornelius Pollmer und Alex Rühle

     Begrich: Die aktuelle Elterngeneration in Ostdeutschland hat eine extreme gesell-
     schaftliche Umbrucherfahrung gemacht, die kaum Orte hat, an denen sie heute re-
     flektiert wird: die zwischenzeitliche Abwesenheit aller gesellschaftlichen Normen
     und Autoritäten; eine Situation, in der der alte Staat nicht mehr und der neue noch
     nicht da war, ob das nun Polizei, Staatsanwaltschaft, Lehrer oder Eltern betrifft.
     Leute und Institutionen, die normalerweise die Sozialisation begleiten, brachen
     hier weg oder zogen sich ins Schweigen zurück.

     In Ihrem Roman, Frau Präkels, bricht direkt nach der Wende in einer brandenbur-
     gischen Kleinstadt die Gewalt los. Auffallend ist, dass ab dem Moment eigentlich
     keine Erwachsenen mehr vorkommen.

     Präkels: Diese tobende Zeit, der Furor der Ereignisse - mir kommt es im Nachhi-
     nein vor, als wären wir Jugendliche Medien gewesen, die mitgerissen wurden von
     den aufbrechenden Konflikten, von stummer Aggression und Hass. Am ersten
     Tag der Einheit gab es in meiner Heimatstadt Zehdenick einen Anschlag auf das
     Asylbewerberheim - das waren 12-, 13-jährige Kinder. Ich habe erlebt, wie sie uns
     attackierten. Das bleibt allen Beteiligten für immer in den Knochen. Es schien sich
     etwas Bahn zu brechen, das viel größer war als die Konflikte, für die es gar keine
     Worte gab. Die Leute waren kollektiv unfähig, über das zu reden, was ihnen wi-
     derfährt. Es war, als gebe es keine Urteilsfähigkeit mehr. Es war ja auch alles weg.
     Was bisher gegolten hatte, galt nicht mehr. Da war ein Vakuum. Systemkonforme
     und Gegner der gerade untergegangenen DDR waren gleichermaßen ohrenbetäu-
     bend still, als Heime brannten und Jagd auf Menschen gemacht wurde.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
Sie sagen, die Sprachlosigkeit, die Unfähigkeit, über die Gewalt von damals mitei-
     nander zu reden, selbst mit ehemaligen Freunden, dauere eigentlich bis heute an.
     Woran liegt das?

     Präkels: Einer der Gründe liegt darin, dass wir gemeinsam traumatisiert wurden.
     Ich hab‘ noch immer guten Kontakt zu einigen Jugendfreunden von damals, und
     wir können einander kaum aushalten. Gerade weil wir einander an die schreckliche
     Zeit erinnern und beim jeweils anderen diese Erinnerungen triggern.

     Begrich: Dass Neonazis mit Gehwegplatten nach Jugendlichen warfen, die nicht in
     ihr Raster passten, war ja nicht als Begrüßungszeichen zu verstehen - die wollten
     uns töten. Mit wem kann diese Erfahrung geteilt werden? Das ist so existenziell,
     dass sie deinen Blick auf die Realität für immer ändert. An welchen Orten soll ich
     das thematisieren?

     Präkels: Bei meinen Lesungen sagen mir die Leute: Wir unterhalten uns nicht mit-
     einander. Wir stellen uns nicht unser eigenen Geschichte. Wir kriegen es ja nicht
     mal hin, uns im Gespräch über unsere Erfahrungen auszutauschen. Ich habe den
     Eindruck, dass die ostdeutsche Gesellschaft über ein Nicht-wahrgenommen-Wer-
     den und Nicht-Stattfinden sich auch selbst verloren hat. Man ist so lange ignoriert
     worden, bis man sich selbst irgendwann ignoriert hat.

     Begrich: Es macht natürlich etwas mit den Leuten, dass ihre Art zu denken und
     ihre Erfahrung seit so langer Zeit überhaupt keine Rolle spielen. Unter anderem
     immunisiert es sie gegen Kritik von denen, die sonst nie über einen reden, sondern
     nur kommen, wenn die Nazis Randale machen.

     Wie kann Augenhöhe entstehen, wie eine größere Berücksichtigung des Ostens?

     Begrich: Es soll eben keine „Berücksichtigung“ sein! Wir sind an einem zeitge-
     schichtlich wichtigen Punkt. 30 Jahre, also eine halbe Generation nach der Wie-
     dervereinigung, bricht da gerade etwas auf. Ein Gespräch beginnt.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                      theatre for children and young audiences
Worüber genau?

     Begrich: Zum einen müsste ein innerostdeutscher Generationenkonflikt mit un-
     seren Eltern aufgearbeitet werden, über ihre Verantwortung in der DDR: Warum
     habt ihr euch so angepasst, unangepasst oder irgendwie dazwischen verhalten?
     Und das andere: Die Transformationsgesellschaft müsste Thema sein, und das
     nicht nur in Berlin oder Leipzig auf hochkarätigen Podien irgendwelcher politischen
     Stiftungen, sondern überall, gerade in der Provinz.

     Präkels: Ich halte Leute, die sich ostentativ nicht für den Osten interessieren für
     genauso gefährlich wie frustrierte Ostdeutsche, die AfD wählen. Weil man sich
     füreinander interessieren muss. Genau das ist Demokratie. Wir müssen gemein-
     sam klären, was das hier für eine Gesellschaft sein soll.

     Begrich: Es bräuchte eine ganz andere Art des Sprechens. Als die sächsische Inte-
     grationsministerin Petra Köpping loszog in diese ganzen Orte, in denen Betriebe
     geschlossen worden waren und dort auf Veranstaltungen sprach, kamen ganz viele
     Leute, die von ihren Erfahrungen in den Neunzigern erzählt haben. Da brach offen-
     kundig etwas auf. Das war nicht so das übliche: Politiker kommt, hält eine Rede,
     fährt wieder fort. Da wurde wirklich miteinander gesprochen. Überhaupt haben
     wir in Sachsen im Zusammenhang mit Pegida eine Vielzahl Versuche beobachtet,
     miteinander neu und anders ins Gespräch zu kommen. Das Wichtigste an dem
     „anderen Sprechen“ wäre wahrscheinlich die Anerkennung, dass es eine fortwir-
     kende, eigenständige ostdeutsche Geschichte gibt, die sich nicht abhandeln lässt
     in den Kategorien der westdeutschen politischen Kultur.

     Präkels: Vielleicht reißen es ja die Jüngeren. Bei Schullesungen erlebe ich sehr
     aufgeweckte junge Menschen, die an der eigenen Geschichte interessiert sind, sich
     zum Teil die Bücher für ihre Eltern signieren lassen, um mit ihnen darüber zu reden.

     In: Süddeutsche Zeitung, 06.02.2019.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
„Lütten Klein“ Leben in der ostdeutschen Transforma-
     tionsgesellschaft
     von Steffen Mau

     In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 stand ich als Soldat der
     Nationalen Volksarmee, mit Stahlhelm und munitionierter Kalaschnikow, vor der
     Werderkaserne in Schwerin. 48-stündiger Wachdienst zur Sicherung des Objekts.
     Das bedeutete zwei Stunden im Regen vor der Kaserne Wache stehen, dann zwei
     Stunden Bereitschaftsdienst, dann zwei Stunden schlafen, dann ging der Reigen
     von vorne los. Jemand hatte unter der Hand ein kleines, batteriebetriebenes Radio
     besorgt, das wir uns bei der Wachablösung heimlich zusteckten, damit die Zeit
     nicht zu lange wurde.

     Ein Westsender war eingestellt, dort wurde hektisch per Liveschaltung von der
     Öffnung der Mauer in Berlin berichtet. Ein Kommentator ließ sich zu der
     weitsichtigen Prophezeiung hinreißen: „Die Mauer ist auf, das ist das Ende der
     DDR.“ Es dauerte zwar noch ein paar Wochen, bis wir wirklich begriffen hatten,
     was passiert war und welche Konsequenzen Günter Schabowskis Pressekonfe-
     renz haben sollte, aber schon in dieser Nacht war an Ausruhen oder Schlafen nicht
     zu denken. Nach der Wache hockten wir um das Radio wie um ein Lagerfeuer und
     versuchten, das, was sich da gerade abspielte, zu verstehen. Größer konnte der
     Kontrast nicht sein: Hier die triste Soldatenstube, dort die jubelnden Massen und
     hupenden Trabbis auf der Bornholmer Brücke. Wohl jeder ehemalige DDR-Bürger
     erinnert sich daran, wie diese eine Nacht so vieles veränderte: ein Moment, in dem
     die Geschichte, wie von unsichtbarer Hand geleitet, plötzlich eine ganz andere
     Bahn einschlug.

     Systemwechsel, so nennen Sozialwissenschaftler den Übergang von einer Gesell-
     schaftsformation zu einer anderen. Systemwechsel, das war das, was uns völlig
     unvorbereitet traf und nun biografisch bevorstand. Der Fall der Berliner Mauer
     markierte gewissermaßen die politische Stunde null, die ein Davor und ein Danach
     trennte. Das Davor war die wirtschaftlich wie ideologisch abgewirtschaftete DDR,

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                               kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                     theatre for children and young audiences
das Danach der Weg in die deutsche Einheit. Zwar haben wir uns angewöhnt, „die
     Wende“ vor allem als Moment der Diskontinuität zu verstehen, diese Sicht ver-
     deckt aber, wie stark – bei allen Brüchen und allen sich vollziehenden Wandlungen
     – die Verbindung zwischen dem Vorher und dem Nachher ist. Menschen und
     ihre Biografien, Mentalitäten und sozialen Praktiken stellen diesen Zusammen-
     hang her. Selbst auf der Ebene von Institutionen und Strukturen verbindet sich
     das, was war, mit dem, was ist und sein wird. Mit „Transformationsgesellschaft
     Ostdeutschland“ ist kein Übergang von einem Anfangs- zu einem Endzustand
     gemeint, sondern eine andauernde Restrukturierung und Veränderung. (…)

     Um viele Diskrepanzen in der Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu verstehen, ist
     der Begriff der gesellschaftlichen Fraktur hilfreich. Unter einer Fraktur versteht
     man in der Medizin den Bruch eines Knochens. Viele Frakturen sind unter der Haut
     verborgen und äußerlich nicht erkennbar, manche aber liegen offen. Oft verheilen
     sie, wenn es aber zu Verschiebungen kommt, muss man mit Funktionseinschrän-
     kungen leben. Eine frakturierte Gesellschaft, so meine ich, verliert an Robustheit
     und Flexibilität, auch wenn oberflächlich alles in Ordnung scheint. Durch Frakturen
     können die Belastbarkeit, die Beweglichkeit und die Anpassungsfähigkeit eines
     gesellschaftlichen Gebildes noch über lange Zeiträume eingeschränkt bleiben.

     In: „Lütten Klein“ Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft
     von Steffen Mau, Suhrkamp Verlag, Berlin 2019.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                             kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                                   theatre for children and young audiences
Kopiervorlage 1

     Briefumschlag 1:
     Die Menschenrechte
     Die Menschenrechte - Artikel 1: Alle Menschen sind von Geburt an gleich und frei
     Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit
     Vernunft und Wissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit
     begegnen.
     Kommentar: In diesem Artikel steht die Grundüberzeugung der Menschenrechte:
     Alle Menschen haben die gleichen Rechte und sind gleich wertvoll.
     Eine Rassenideologie wie in der NS-Zeit, die „höhere“ und „niedere“ Rassen defi-
     nierte, steht diesem Artikel also grundlegend entgegen. Ein anderes Beispiel waren
     die Apartheidgesetze in Südafrika, die Weiße bevorzugt haben.

     Die Menschenrechte - Artikel 2: Niemand darf diskriminiert werden
     Wir alle haben ein Recht auf Gleichbehandlung. Die Menschenrechte gelten für alle
     Menschen gleichermaßen. Niemand darf benachteiligt werden wegen seines Ge-
     schlechts, seiner Hautfarbe, Religion, seiner nationalen Zugehörigkeit, politischen
     Überzeugung, seines Besitzes oder anderer Unterschiede.
     Kommentar: Das ist auch der Grund dafür, dass die Menschenrechte, die in
     unserem Grundgesetz verankert sind, nicht nur für deutsche Staatsangehörige
     gelten, sondern für alle Menschen, egal welcher Nationalität. Ein Beispiel für einen
     Verstoß: In der DDR musste man zum Teil parteitreu sein und in der Jugendor-
     ganisation mitmachen, wenn man aufs Gymnasium gehen oder später studieren
     wollte.

     Die Menschenrechte - Artikel 3: Jeder hat das Recht auf Leben
     Jeder hat ein Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
     Kommentar: Wenn also Ungeborene in Indien abgetrieben werden, nur weil sie
     Mädchen sind, ist das ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte. Ein
     anderes trauriges Beispiel war die Tötung von 6 Millionen Juden, Sinti und Roma,
     behinderten Menschen, Homosexuellen und politisch Andersdenkenden während
     des Nationalsozialismus.

     In: https://www.menschenrechte.jugendnetz.de/menschenrechte/artikel-1-30/ (19.01.2020, 20:30)

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                         kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                               theatre for children and young audiences
Kopiervorlage 2

     Briefumschlag 2:
     Beispiele rechtsextremer Übergriffe seit 1990
     Hoyerswerda, September 1991: Randalierer*innen attackieren in der sächsischen
     Stadt eine von Asylbewerber*innen bewohnte Unterkunft. Sie werfen Molo-
     tow-Cocktails und Stahlkugeln. Zahlreiche Anwohner*innen beobachten das Ge-
     schehen ungerührt und applaudieren den Täter*innen. Bei den Angriffen werden
     32 Menschen verletzt.

     Hünxe, Oktober 1991: Drei rechte Skinheads zünden in der niederrheinischen
     Gemeinde mit einem Molotow-Cocktail ein Asylbewerber*innenheim an. Zwei
     libanesische Mädchen erleiden schwere Brandverletzungen.

     Rostock, August 1992: Eine Aufnahmestelle für Asylbewerber*innen und ein
     Wohnheim für Vietnames*innen in Rostock-Lichtenhagen werden von mehreren
     hundert rechtsextremen Täter*innen angegriffen. Sie stecken das Wohnheim in
     Brand, angefeuert von Tausenden Schaulustigen, die den Einsatz von Polizei und
     Feuerwehr behindern. Die Bewohner*innen können sich in letzter Sekunde retten.
     Diese Übergriffe gelten als die massivsten rassistisch motivierten Ausschreitungen
     der deutschen Nachkriegsgeschichte.

     Mölln, November 1992: Bei einem Brandanschlag auf ein von Türk*innen be-
     wohntes Haus in der schleswig-holsteinischen Stadt kommen drei Frauen ums
     Leben. Neun Menschen werden verletzt.

     Solingen, Mai 1993: Vier junge Neonazis stecken das Haus einer türkischen Groß-
     familie in Brand. Fünf Bewohnerinnen im Alter von vier bis 27 Jahren sterben. Acht
     Menschen werden schwer verletzt, drei von ihnen lebensgefährlich.

     Magdeburg, Mai 1994: Rechtsextreme Jugendliche jagen eine Gruppe Menschen,
     aus rassistischen Gründen stundenlang durch das Zentrum der Hauptstadt von
     Sachsen-Anhalt. Sechs Menschen werden verletzt
     In: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1089400.rechtsextreme-uebergriffe-seit-eine-auswahl.
      html (19.01.2020, 18:30 Uhr)
     Siehe auch: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/todesopfer-rechte-gewalt-kar-
      te-portraet (19.01.2020, 18:30 Uhr)

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                         kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                               theatre for children and young audiences
Links

    90er Jahre

    bit.ly/JugendOstdt

    Akzeptierende Jugendarbeit

    bit.ly/akzptierendeJugendarbeit

    Baseballschlägerjahre

    bit.ly/baseballschlaegerjahre

    DDR und rechtsextreme Kontinuitäten

    bit.ly/DDRrechteKontinuität

    „Mädchen wie Zschäpe gab es viele“ Frankfurter Rundschau vom 04.05.2018.

    bit.ly/zschäpe

    Buchempfehlung:

    „Lütten Klein: Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft“, Steffen
    Mau, Suhrkamp Verlag, Berlin, 2019.

Theaterpädagogisches Begleitmaterial                             kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                   theatre for children and young audiences
theatre for children and young audiences                       Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                        Theaterpädagogisches Begleitmaterial
      Links gegen Rechts
      All thatweshare – drei Minuten zum Thema Gruppenzugehörigkeit
      bit.ly/gruppenzugehötigkeit
      Bei Fragen zum Thema Extremismus:
      bit.ly/violencepreventionnet
      bit.ly/exitdeutschland
      Demokratie macht Schule – Netzwerk für Demokratie und Courage!
      bit.ly/DemokratieHandreichung
      fluter Nr. 42: Geht’s noch? (Thema Nazis)
      bit.ly/flutergehtsnoch
      MUT – Fortbildung, Beratung, Strategieentwicklung in Sachsen
      bit.ly/agjfmut
      Radikale Höflichkeit gegen rechtspopulistische Äußerungen:
      bit.ly/argumentationstechniken
      Rechtsextreme Inhalte Online melden bzw. Anzeigen
      bit.ly/inhaltemelden
      tolerantes Sachsen – Gemeinsam stark für Demokratie und gegen Rassismus in
      Sachsen
      bit.ly/tolerantesSachsen
      Vielfalt Mediathek – kostenlose Materialien zum Download zum Thema Rechts-
      extremismus
      bit.ly/vielfaltmediathek
      Was weißt Du über Rechtsextremismus?
      bit.ly/wasweißtdu
      Buchempfehlungen
      „standhalten 2“- neue erweiterte Materialpublikation zum Umgang mit Rassismus
      zwischen Rechtsradikalität und Rechtspopulismus von Ramses Michael Oueslati
      Marcin Michalski, Ramses Michael Oueslati (Hg.), Hamburg 2016.
      „Sag was – radikal höflich gegen Rechtspopulismus argumentieren“ von Philipp
      Steffan, Tadel verpflichtet! e.V. (Herausgeber), Oetinger Taschenbuch Verlag, Ham-
      burg 2019.
Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
theatre for children and young audiences                                 Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
      kinder- und jugendtheater dresden                                  Theaterpädagogisches Begleitmaterial
    Positionieren
    Das Wichtigste im Umgang mit Rechtspopulist*innen ist die eigene Haltung:
    Wofür stehe ich/stehen wir, wie will ich leben, in was für einer Gesellschaft? Dies
    sollte stets offensiv nach außen vertreten werden, statt sich an den Rechtspopu-
    list*innen und deren Themen abzuarbeiten. Parteien, Medien, Wirtschaft, Gewerk-
    schaften, Sportverbände, zivilgesellschaftliche Initiativen und staatliche Verwal-
    tungen sollten sich klar menschen- und freiheitsrechtlich positionieren und eigene
    attraktive gesellschaftliche Entwürfe einbringen. Demokratie muss auch im Alltag
    und im Internet verteidigt werden: Erkennen Sie Desinformation, tragen Sie nicht
    zu ihrer Verbreitung bei und gehen Sie gegen Hate Speech vor.
    Widersprechen
    Ob im eigenen Verein, im Gespräch mit Nachbar*innen oder der Vorsitzenden einer
    rechtspopulistischen Partei: Bei Positionierungen, die Sie als falsch oder gar men-
    schenverachtend erachten, gilt es zu widersprechen. Nicht immer geht es darum,
    das Gegenüber zu überzeugen. Wichtiger ist oft, gegenüber Umstehenden, die un-
    sicher sind, deutliche Positionierungen, gute Argumente und eine klare Haltung zu
    zeigen. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und demokratisches Miteinander sollten
    in den Vordergrund gerückt werden.
    Menschenrechte verteidigen
    Ein demokratisches, offenes Weltbild spricht nicht automatisch für sich. Für eine
    solidarische Gesellschaft muss gewaltfrei gestritten werden. Demokratische
    Streitkultur muss wieder gelernt werden. Andere Positionen sind legitim und wich-
    tig. Jedoch gibt es Grenzen. Die Menschenrechte müssen stets Grundvorausset-
    zung für den demokratischen Diskurs sein. Diese Grenzen des Sagbaren sind dort
    erreicht, wo Menschen aus rassistischen Gründen ausgegrenzt werden.
    Gegenentwürfe entwickeln
    Das Entwickeln eigener Strategien erleichtert Organisationen, Verbänden und
    Netzwerken den Umgang mit rechtspopulist*ischen und rechtsextremen Ak-
    teur*innen. So können Sie als Verein beispielsweise eine eigene Satzung verab-
    schieden oder einen Verhaltenskodex entwickeln.
    In: https://www.deutschlandfunk.de/die-ddr-und-ihre-neonazis-real-existierender.862.de.htm-
     l?dram:article_id=460746 (17.01.2020, 21:00)
                                                                            kinder- und jugendtheater dresden
                                                                      theatre for children and young audiences
theatre for children and young audiences                                Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                                 Theaterpädagogisches Begleitmaterial
      Der Begriff Rechtsextremismus
      ist ein Oberbegriff für politische Einstellungen, die die Demokratie und die Gleich-
      wertigkeit aller Menschen ablehnen. Wichtiger Bestandteil dieser Ideologie ist
      die Orientierung an einer ethnischen Zugehörigkeit. Rechtsextreme teilen die Idee
      einer „Volksgemeinschaft“, die rassistisch definiert ist, d.h. andere nicht als gleich-
      wertig betrachtet. Die eigene Nation wird für höherwertig und überlegen gehalten
      (Chauvinismus); die repräsentative Demokratie, also das System, in dem wir leben,
      wird abgelehnt.
       Zur rechtsextremen Ideologie gehören Ablehnung und Gewalt gegen Gruppen, die
       als nicht ins Weltbild passend gesehen werden. Formen dieser gruppenbezogenen
       Menschenfeindlichkeit sind Rassismus - Diskriminierung von Menschen wegen
       äußerer Merkmale, Antisemitismus - Feindschaft gegen Jüd*innen und Juden, An-
       tiziganismus - Feindschaft gegen Sinti / Sinteza und Roma / Romania, Islamfeind-
       lichkeit - Feindschaft gegen Muslime, Sexismus - Diskriminierung aufgrund des
       Geschlechts und Homo- und Trans*feindlichkeit sowie Obdachlosen- und Behin-
       dertenfeindlichkeit. Weitere Bestandteile sind Sozialdarwinismus - eine Gesell-
       schaft, in der das Recht des Stärkeren gilt, und ein Autoritarismus - diktatorische
       Form der Herrschaft. Typisch ist außerdem eine Verharmlosung des Nationalsozia-
       lismus, ein Geschichtsrevisionismus und ein Hang zu Verschwörungsideologien.
      In: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/rechtsextremismus-rechtspopulismus/was-ist-rechtsex-
       tremismus/ (19.01.2020, 18:50)
      Das können Sie gegen Rechtsextremismus und
      -populismus tun
      Eine Handreichung für Erwachsene von der Amadeu-Antonio-Stiftung
      Solidarisieren
      Immer und überall als erstes: mit Personen solidarisieren, die von diskriminie-
      renden und menschenverachtenden Anfeindungen betroffen sind. Sie können Ihre
      Unterstützung zeigen, indem Sie sich mit ihnen gegen Anfeindungen verbünden -
      sowohl mit direktem Zuspruch als auch mit öffentlichen Statements.
      Analysieren
      Rechtspopulistische, nationalistische Akteur*innen im eigenen Umfeld erst einmal
      einschätzen: Wer ist aktiv? Gibt es Netzwerke? Wie agieren sie? Wie argumen-
      tieren sie? Welche Inhalte vertreten sie? Was sind ihre Strategien? Zeigen Sie
      Versuche der Instrumentalisierung auf.
Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
theatre for children and young audiences         Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
      kinder- und jugendtheater dresden          Theaterpädagogisches Begleitmaterial
    Kopiervorlage 2
                         Moderieren           Argumentieren
                        Solidarisieren          Ironisieren
                          Ignorieren        Melden / Anzeigen
                         Nachfragen        Emotionen ansprechen
                      „Weiche Wand“         eigene Erfahrungen
                                                    kinder- und jugendtheater dresden
                                              theatre for children and young audiences
theatre for children and young audiences                       Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                        Theaterpädagogisches Begleitmaterial
      Kopiervorlage 1
      Kritische Situationen in der Schule
      1. Du siehst, dass ein*e Freund*in von Dir die Fahrradständer vor der Schule mit
      Stickern beklebt. Auf dem Sticker steht „Rapefugees not welcome“. Was kannst Du
      machen?
      2. Ein*e Schüler*in trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Bei Opa war noch Ordnung“
      und einem Bild aus dem Nationalsozialismus drauf. Sie erzählt stolz, dass sie den
      von ihrem Onkel zum Geburtstag bekommen hat. Was kannst Du als nächstes
      tun?
      3. Ein geflüchtetes Mädchen erzählt, dass ihr Vater noch im Kriegsgebiet in Syrien
      lebt. Sie versuchen, ihn nach Deutschland zu holen. Ein*e Mitschüler*in entgeg-
      net, dass er*sie ja nichts gegen Ausländer habe, aber Deutschland könne ja nicht
      die ganze Welt aufnehmen. Wie willst Du darauf reagieren?
      4. In einem vertrauten Gespräch erzählt Dir ein*e Schüler*in, dass seine*ihre
      Schwester jetzt mit Syrern befreundet sei. Er*sie habe Angst um seine Schwester
      und befürchte, dass etwas Schlimmes passiert. Wie willst Du darauf reagieren?
      5. Nach dem Geschichtsunterricht sagt eine Schüler*in, dass man mal endlich
      aufhören müsse, ständig über die NS-Zeit und den Holocaust zu reden. Es wäre
      schon genug darüber gesprochen worden. Es müsse doch mal Schluss damit sein.
      Wie kannst Du reagieren?
Theaterpädagogisches Begleitmaterial
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
theatre for children and young audiences                                 Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                                  Theaterpädagogisches Begleitmaterial
      Was tun?
      ~ Übung für Groß- und Kleingruppen
      Art 			                               Nachbereitung
      Dauer 			                             45 Minuten
      Anforderungen		                       Platz im Raum,
      Ziel			                               Möglichkeiten aufzeigen und Diskussion anregen
      Habt Ihr Euch schon einmal in einer Situation wieder gefunden, in der Ihr nicht
      wusstet, wie Ihr reagieren sollt? In der Euch Argumente gefehlt haben oder Ihr
      Euch nicht getraut habt, zu handeln, obwohl Ihr es gerne getan hättet?
      In der nächsten Übung werden Situationen im Schulalltag beschrieben, die so
      passieren können.
      Lest Euch in einem ersten Schritt Alltagssituationen aus der Schule vor, die von
      der Aktion Zivilcourage e.V. zusammengestellt wurden und ergänzt ggf. eigene.
      Besprecht die Situationen in der Gruppe.
      Kommt dann zu zweit zusammen und schaut Euch die Möglichkeiten, zu reagieren,
      an. Welche Vor- und Nachteile haben diese Reaktionsmöglichkeiten?
      Wählt nun zwei der gesammelten Situationen aus dem Schulalltag aus.
      Findet jeweils vier Möglichkeiten, zu reagieren. Welche Reaktionen erscheinen
      euch am Sinnvollsten? Notiert die Möglichkeiten auf einem großen Blatt Papier.
      Präsentiert Eure Ergebnisse der Gruppe und diskutiert gemeinsam die entstanden
      Ideen.
      Warum wurde sich für diese Möglichkeiten entschieden?
      Sehen andere vielleicht weitere Möglichkeiten?
Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                         kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                               theatre for children and young audiences
theatre for children and young audiences                          Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                           Theaterpädagogisches Begleitmaterial
           ~ Hast Du das Gefühl, schon mal jemanden diskriminiert zu haben, ohne dass
            Du das wolltest?
           ~ Weißt Du, was die Menschenrechte sind?
           ~ Glaubst Du, dass alle Menschen die gleichen Rechte besitzen sollten?
       Die Fragerunde kann auch geöffnet werden. Vielleicht möchte jemand selbst eine
       Frage stellen.
      Reflexion
      Die*der Spielleiter*in befragt die Teilnehmenden danach zu deren Eindrücken, zum
      Beispiel:
           ~ Warst Du Dir bei jeder Aussage gleich sicher?
           ~ Was war einfacher, was schwerer zu beantworten?
           ~ Was hat Euch erstaunt?
           ~ Gab es Fragen, die Du Dir davor noch nie gestellt hast?
      Es können auch sehr gern die Beobachtungen der*des Spielleiters*in geteilt wer-
      den. Warum haben zum Beispiel bei einzelnen Fragen so wenige zugestimmt? An
      welchen Stellen gab es viel Zustimmung? Dadurch werden Fragen gestellt, deren
      Antworten die Teilnehmenden von den Anderen interessieren. Die*der Spiellei-
      ter*in sollte sich im Anschluss an die Übung auf Diskussionen gefasst machen. Es
      sollte immer klargestellt werden, dass es (bis auf menschen- und grundgesetz-
      feindliche Aussagen) kein Richtig oder Falsch gibt.
      bit.ly/tandemnrw (17.01.2020, 15:30)
Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                  kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                        theatre for children and young audiences
theatre for children and young audiences                                Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                                 Theaterpädagogisches Begleitmaterial
      Wofür stehst Du?
      ~ Übung für Groß- und Kleingruppen
      Art 			                               Vor- und Nachbereitung
      Dauer 			                             45 Minuten
      Anforderungen		                       Platz im Raum,
      Ziel			                               Überprüfung der eigenen Haltung, Annäherung an und
      			                                   Positionierung zu einem Thema
      Herasuzufinden, wo man selbst steht, das immer wieder zu hinterfragen und sich
      selbst zu positionieren, ist unglaublich wichtig. Die folgende Übung soll dazu anre-
      gen, sich zu positionieren und diese zu befragen.
      Stellt Euch in einem leeren Raum auf der längsten Seite in einer Reihe auf. Ein*e
      Spielleiter*in sollte die folgenden Fragen nacheinander vorlesen. Bei „Jetzt“ gehen
      alle los, die die Frage mit „JA“ beantworten würden. Alle die mit „NEIN“ antworten
      würden, bleiben einfach stehen. So funktioniert es auch bei allen folgenden Fra-
      gen. Geht wirklich erst, wenn „JETZT“ gesagt wurde. Gehen bedeutet „JA“, stehen
      bleiben, egal wo, bedeutet „NEIN“. Versucht während der Fragen nicht zu reden
      oder zu kommentieren. Merkt Euch am besten alles, was Euch in dem Moment
      dazu auf- und einfällt. Das kann sehr gut in der darauffolgenden Reflexionsrunde
      besprochen werden.
           ~ Hast Du ein Vorbild?
           ~ Bist Du in einem Verein aktiv?
           ~ Informierst Du Dich täglich über aktuelle Nachrichten?
           ~ Glaubst Du, dass Du ein wichtiger Teil der Gesellschaft bist?
           ~ Sind Deine Interessen wichtiger als die der anderen?
           ~ Kannst Du dir vorstellen, in einem anderen Land zu leben?
           ~ Warst Du schon mal auf einer Demonstration?
           ~ Gehst Du Konflikten aus dem Weg?
           ~ Würdest Du dich einmischen, wenn jemand in der S-Bahn blöd angemacht
             wird?
Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                        kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                              theatre for children and young audiences
theatre for children and young audiences                         Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA
       kinder- und jugendtheater dresden                          Theaterpädagogisches Begleitmaterial
      Die Aktion Zivilcourage e.V.
      ist eine überparteiliche und zivilgesellschaftliche Organisation im Bereich Bildungs-
      und Beratungsarbeit. Ende der 1990er Jahre wurde sie als Initiative von engagier-
      ten jungen Menschen gegründet. Hintergrund waren hohe Kommunalwahlergeb-
      nisse rechtsextremer Parteien im damaligen Landkreis Sächsische Schweiz und
      eine zunehmende Gewaltbereitschaft junger Menschen. Um Angst und Gewalt,
      Demokratie- und Menschenfeindlichkeit zu begegnen, holten sie alle an einen
      Tisch, die sich für eine offenere, freundlichere und wertschätzendere Gesellschaft
      einsetzen wollten. Daraus ist ein starkes Bündnis entstanden, das sich langfristig
      und nachhaltig für Demokratie einsetzt und demokratische Werte wie Engage-
      ment, Menschenwürde und kontroversen Meinungsaustausch vorlebt.
      Heute bietet der Verein eine breite Palette an Bildungsangeboten für alle Alters-
      gruppen, von Kitas bis Senior*innengruppen. Sowohl Bildungseinrichtungen,
      Vereine als auch kommunale Strukturen nutzen die vielfältigen Angebote und
      Projekte. Dabei ist das Ziel,Perspektiven für gesellschaftliches Engagement zu
      eröffnen und Demokratie erlebbar zu machen. Die Arbeit findet sachsenweit statt
      und will besonders Menschen im ländlichen Raum stärken. Durch Begegnung,
      Dialog und Austausch auf Augenhöhe sollen Menschen jeder Altersgrupe ermu-
      tigt werden, Verantwortung für eine friedliche Gestaltung ihres sozialen Umfelds
      zu übernehmen, Herausforderungen anzusprechen und gemeinsam anzupacken.
      Dafür bietet der Verein eine Anlaufstelle.
      bit.ly/aktionzivilcourage (19.01.2020, 15:00)
Theaterpädagogisches Begleitmaterial                                 kinder- und jugendtheater dresden
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß UA                       theatre for children and young audiences
Sie können auch lesen