Zündstoff - Theater Junge Generation
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Zündstoff. Theaterpädagogisches Material zum Aufhorchen, Anpacken, Ausschweifen Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA von Lydia Huller, Jan Preißler, Paula Thielecke und Ensemble ~ Schauspiel 14+ Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Auf die Plätze – Zündstoff – los! Ein Theaterbesuch – egal ob im Klassenverbund, als Familie oder mit Freund*innen: Wir möchten Sie und Euch mit diesem Material dazu einladen, sich aufhorchend einen ersten Impuls zur Inszenierung zu holen, sich anpackend in direkte thematische Auseinandersetzungen zu stürzen oder sich abschweifend zu theoretischen Exkursen verführen zu lassen. Aufhorchen Anpacken Abschweifen Wir wünschen Ihnen und Euch eine gute Lektüre, erfrischende Gespräche und einen anregenden Theaterbesuch. Das Team der tjg.-Theaterakademie #tjgtheaterakademie Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Zur Inszenierung Im Zentrum der aktuellen Shell-Jugendstudie 2019 steht die These, dass junge Menschen sich gegenwärtig stärker politisieren und sich aktiv mit der Gestaltung der Gesellschaft auseinandersetzen. Ihnen ist der gegenseitige Respekt und die Achtsamkeit vielfältiger Lebens- formen wichtig. Sie haben einen starken Sinn für Gerechtigkeit und den Drang, sich aktiv für diese Belange einzusetzen. Auch wir haben während unserer Recherchen im Vorfeld der Insze- nierung „Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt.“ UA und in der Zusammenarbeit mit Schulklassen im Rahmen der Probenbe- gleitung Jugendliche erlebt, die großes Interesse daran haben, die Gesellschaft und ganz konkret ihr tägliches Lebensumfeld in den Blick zu nehmen. Fragen um Geschlechtergerechtigkeit bewegen sie nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch in ihrem Alltag. Sie blicken kritisch auf Strukturen und befragen sich selbst hinsichtlich ihres eigenen Umgangs mit Geschlechterstereotypen, ihrer Vorur- teile und Handlungsroutinen. Das Thema „Feminismus“ ist ein zu weites, um es erschöpfend und differenziert in einer einzigen Inszenierung zu behandeln. Zu viele inhaltliche Aspekte und unterschiedliche Positionen prägen die Dis- kurse. Deshalb haben wir ein junges künstlerisches Team eingeladen, zusammen mit Schauspieler*innen unseres Ensembles eine ganz subjektive Sicht zu dem Themenkomplex zu formulieren. Anknüpfend an das Interesse und die Bedürfnisse der Jugendlichen hoffen wir, dass die entstandene Inszenierung Ausgangspunkt und Impuls für Auseinandersetzung mit eigenen Haltungen, Erfahrungen und Positionen ist. Anlass auch, sich selbst vertiefend mit dem Thema zu beschäftigen, sich miteinander zu unterhalten oder auch zu streitend. Denn – um mit einer Songzeile aus der Inszenierung zu enden – „Gesellschaftlicher Wandel macht sich nicht von allein.“ Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Fragen für davor, danach und mittendrin ~ Was ist eine richtige Geschichte für Dich? ~ Wie muss für Dich eine Geschichte beginnen: Es war einmal ... Vielleicht war es einmal … Ganz anders ... ~ Was ist Feminismus? Hast Du schon einmal davon gehört? Wann und warum? ~ Wann hast Du das letzte Mal ein Buch von einer Autorin gelesen? ~ Welches Thema, das Dich oft bewegt, fehlt Dir im Unterricht? ~ Wo befinden sich die vier Freund*innen? ~ Mit wem telefonieren die vier Freund*innen? Wer ist die Stimme am Telefon? ~ Welche Assoziationen hast du zu der Leuchtschrift „The End“? ~ Was fordern die Kakerlaken? ~ Warum wollen die Kakerlaken das Patriarchat abschaffen? ~ Was glaubst Du, warum werden die Feminist*innen als Kakerlaken dargestellt? ~ An welcher Stelle könnte es in Eurer Klasse mehr Gleichberechtigung geben? Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Der Anfang Von Ute Daensche und Kerstin Lücker Eine Weltgeschichte muss mit »vielleicht« beginnen. Vielleicht begann alles Leben auf der Erde mit einem Knall, dem Ur- knall. Vielleicht war am Anfang alles wüst und leer. Dann entwickel- ten sich aus winzigen Einzellern riesige Dinosaurier. Irgendwo erhob sich ein Affe auf zwei Beine und begann, Werkzeug zu benutzen. Irgendwann entstand der erste Mensch. Vielleicht. Vielleicht spielte sich aber auch alles ganz anders ab. Oder es spielte sich ähnlich ab, aber eben nicht genauso. Man muss häufig »vielleicht« sagen, wenn man über Geschichte spricht, über das, was vergangen ist. Weil es vieles gibt, was wir nicht wissen. Die meisten Tatsachen, von denen wir annehmen, dass sie wahr sind, sind eigentlich nur Vermutungen. Meistens gibt es jedoch gute Gründe für unsere Schlussfolgerungen. Denn die Vergangenheit hat Spuren hinterlassen, und wir finden überall Hinweise. Manche sind unscheinbar und undeutlich. Die Historikerinnen und Historiker, die die Geschichte aufschreiben, müssen sich durch dieses verwirrende Geflecht kämpfen. Sie müs- sen entscheiden, welchen Zeugen sie vertrauen und welche Beweise sie für glaubwürdig halten. Daraus entsteht ein Urteil. Sie werden jedoch nie „die Wahrheit“ herausfinden, sondern immer nur neue Möglichkeiten, das zu betrachten, was wir über die Vergangenheit wissen. Ihre mühsame Puzzlearbeit macht aus dem „vielleicht“ ein „wahrscheinlich“. Leider fehlten in den Puzzles der Weltgeschichte, so, wie wir sie kennen, an vielen Stellen ausgerechnet jene Teile, die etwas über die Frauen verraten. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Wenn wir Welt- geschichte erzählen, konzentrieren wir uns auf das Außergewöhnli- che, auf Ereignisse, die die Welt verändert haben. Wir konzentrieren uns auf Kriege und die Gründung von Staaten, auf neue Religionen Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
und technische Erfindungen. Dafür aber waren überwiegend Männer zuständig, die Frauen dagegen kümmerten sich um den Haushalt, die Küche, die Kinder. Und da dies für lange Zeit und mehr oder we- niger überall auf der Welt so war, hatten die Männer weitaus bessere Möglichkeiten, berühmt zu werden und sich in die Geschichtsbücher einzuschreiben. Doch das ist nicht alles. Denn immer wieder haben Frauen die Grenzen des ihnen zugedachten Bereichs durchbrochen; sie haben getan, was sie für richtig hielten und wozu sie begabt wa- ren: Sie regierten und kämpften in Kriegen, waren Philosophinnen, Schriftstellerinnen, Komponistinnen oder Ärztinnen und bewiesen ihre Fähigkeiten, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu bot. Es hat in der Geschichte mehr bedeutende Frauen gegeben, als man denkt, nur fehlt es oft an Informationen über sie. Und das liegt daran, dass die Menschen es als nicht richtig empfanden, wenn Frauen außer- gewöhnliche Dinge taten. Es widersprach ihrer Vorstellung von der Ordnung der Welt: Für das Außergewöhnliche waren die Männer zuständig, für den Haushalt die Frauen. Deshalb passierte es immer wieder, dass jene Männer, die die Ereignisse ihrer Zeit dokumentier- ten, den Beitrag der Frauen einfach leugneten. Wagte eine Frau es doch einmal, in die Geschichte einzugreifen, be- schrieb man sie als intrigant und grausam, als unehrlich und böse. In der ganzen Welt verfolgten Chronisten damit ein ähnli-ches Ziel: Sie versuchten mit allen Mitteln zu belegen, dass eine Frau, die sich einmischte, Unheil brachte.Leider ging die Strategie durchaus auf. Von berühmten Schriftstellerinnen wissen wir oft nur noch, dass sie berühmt waren. Ihre Texte sind verschwunden, während man die Schriften ihrer männlichen Kollegen wieder und wieder abschrieb und bis heute aufbewahrte. Es gibt Briefwechsel, von denen nur der Teil des männlichen Schreibers noch vorhanden ist, die Beiträge sei- ner weiblichen Korrespondentin wurden vernichtet oder gingen aus Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Unachtsamkeit verloren. So legte sich im Laufe der Geschichte das Vergessen wie ein Schleier über das Leben und Wirken der Frauen. Andererseits haben Historiker auf der ganzen Welt damit begonnen, nach noch vorhandenen Spuren zu suchen, so dass wir heute viel mehr wissen als vor 50 oder 100 Jahren. Durch ihre Arbeit bekommt der Schleier, der unsere Sicht auf die Frauen in der Geschichte ver- deckt, allmählich Risse. in: Lücker, Kerstin; Daensche, Ute: Weltgeschichte für junge Leserinnen. Zürich - Berlin, 2017 Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Wünsch Dir Was ~ Übung für Klein- und Großgruppen Art Vor- und Nachbereitung Dauer 45 Minuten Anforderungen Zettel und Stifte Ziel Empowerment, soziales Miteinander, Idee einer solidarischen Welt In der Inszenierung „Was fehlt? - Die große Show über das, was bleibt UA“ werden die gesellschaftlichen Machtverhältnisse unter die Lupe genommen. Geschlechterrollen, Ungleichheit, Diskriminierung und Sexismus werden von „Kakerlaken“ befragt. In einer queer-fe- ministischen Revolution wollen sie das Patriachat abschaffen. Sie fordern Verantwortung, Fürsorge, Solidarität und Gleichberechtigung aller Menschen. Auch kritisieren sie, dass im Unterricht zu wenige „lebenspraktische“ Dinge unterrichtet werden, die ihnen helfen diese Ungleichheit zu hinterfragen und ein soziales Miteinander zu gestal- ten. Welche Themen würdet Ihr gerne im Unterricht behandeln? Sucht Euch eine*n Gesprächspartner*in und unterhaltet Euch kurz darüber, welche Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Diskriminie- rungen Ihr kennt und in welchem Unterrichtsfach Ihr diese gerne be- handeln würdet. Vielleicht fallen Euch auch noch andere Themen ein, mit denen Ihr Euch auseinandersetzen wollt. Erfindet ein neues Un- terrichtsfach. Wie könnte es heißen und wer sollte es unterrichten? Denkt Euch für das Unterrichtsfach einen eigenen Namen mit einem Leitsatz aus, der das Stärkende des Themas und des Unterrichts für Euch angemessen wiederspiegelt. Präsentiert der Gruppe nun Euer Wunschfach mit dem Leitsatz. Sammelt am Ende all Eure Unterrichtswünsche auf einem Plakat und erstellt Euren eigenen Wunschstundenplan. In der Mitte des Zündstoffs findet Ihr eine Kopiervorlage für einen Stundenplan. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Warum in der Schule nur männliche Autoren gelesen werden von Simon Sales Prado Sie hat wirklich viel zu tun mit den Kindern, die ihr Vater gezeugt hat, ohne sie versorgen zu wollen. Neun Kinder insgesamt, sie selbst ist die Älteste. Da tritt dieser junge Mann in ihr Leben, er will sie, ohne sie zu kennen, aber dafür ganz dringend. Die interessanten Unterhal- tungen führt er allerdings lieber mit ihrem Verlobten und ihrem Vater als mit ihr. Wie kam er überhaupt auf sie? Irgendwas am Brotschnei- den hat ihn verzaubert, sie versteht es nicht. Er will sie für immer lieben, betet sie an, schreibt Briefe, nervt, knallt ihr seine Gefühle hin zu all der Care-Arbeit, ganz nach seinen Bedürfnissen. Was für eine Anmaßung. Aber mit der kleinen Flirterei von ihrer Seite kann er dann nicht umgehen, er bringt sich um. Ein deutscher Klassiker, aber aus Frauenperspektive. Kaum wieder- zukennen, wie der Werther auch gewirkt haben könnte, wenn man nicht nur ihm folgte, wie er sich an seinen Launen berauscht, sondern dem Gegenüber: Lotte. Womöglich eine bessere Protagonistin für die große Unfreiheit. Eine Perspektive, die deutsche Klassiker kaum bieten. Bei denen wird die Welt aus Männersicht erzählt. Was Frauen treiben, was sie wollen, was sie fühlen - man weiß es nicht. Und das ist ein Problem. Und, bei allem Föderalismus, bei der Übergehung von Frauen sind sich alle Bundesländer einig. Wer in Deutschland Abitur macht, liest in der Schule vielleicht kein einziges Buch einer Frau. Wie in Baden Würtemberg sind auch in Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und im Saarland unter den verpflichtenden Lektüren, die während der letzten Schuljahre in den Deutsch-Grundkursen für das Abitur 2020 gelesen werden, keine Romane von Autorinnen. In Sachsen, Bremen und Nordrhein-Westfalen jeweils eine: Corpus Delicti von Juli Zeh beziehungsweise Sommerhaus, später von Judith Hermann. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Dabei geht es bei der Frage nach der Abitur-Lektüre um viel mehr als Bücher. Es geht um Repräsentation und Vorbilder. Darum, wer mit- reden darf und wer nur zuhören, wessen Geschichte erzählt wird und wessen Perspektive außen vor bleibt. Schaut man sich die diesjäh- rigen Leselisten an, lautet die Botschaft, mit der junge Erwachsene ins Leben geschickt werden: Erzählen ist männlich, was ihr kennen müsst, ist die Welt, wie Männer sie sehen, wie Männer sie einschät- zen, was ihr nachvollziehen sollt, ist, woran Männer leiden und was sie beglückt. Die Schulen setzen die Unterdrückung weiblicher Stim- men ganz wissentlich fort. Alle Gespräche über Schullektüren führen zu diesem Begriff, dem Kanon. Der Kanon wird als oberste Instanz angeführt, als Totschlag- argument, als etwas, dem man sich unterwerfen müsse. Aber ein Kanon ist nicht einfach, er wird gebildet. Als entschieden wurde, dass Goethe ein Genie ist und Walsers Werke anspruchsvoll, waren Frauen in Deutschland per Gesetz noch gar keine gleichberechtigten Menschen. Somit wäre der Kanon kein Argument, sondern vielmehr Beweis für einen Missstand. Eine Spielregel, die ausgehandelt wur- de, als die Hälfte nicht mitspielen durfte. Und wenn sich die Zeiten ändern, dann nur langsam. Wie entstehen denn Klassiker? „Durch die Kommunikation über Texte“, erklärt Andrea Geier, Professorin für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Trier. So gebe es Werke, die eine besonders ausführliche Interpretations- geschichte haben, die zitiert und überliefert werden, übersetzt und wiederverlegt. Und es gebe Werke über die Gespräche abbrechen, und diese abgebrochenen Gespräche beträfen besonders häufig Autorinnen. Geier führt das auch auf einen männlich geprägten Li- teraturbetrieb zurück. Wie eine „unsichtbare Hand“ wirkten Kräfte wie der Büchermarkt, die Verlage und die Feuilletons zusammen und bildeten einen Kanon. Der Schulkanon ist wie ein Finger dieser unsichtbaren Hand. Was in Schulen gelesen wird, wirkt sich auf Unterrichtsmaterialien, Verlags- programme und Theaterspielpläne aus, also weit über das Klassen- Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
zimmer hinaus. Ganz zu schweigen von der Aufwertung, die damit einhergeht, wenn eine Generation mit einem bestimmten Buch auf- wächst. Literatur gibt Halt. Wer ein Buch liest, kann sich wiederfinden, Orien- tierung erfahren. Und man kann die Welt mit anderen Augen sehen, Empathie entwickeln. Die Schriftstellerin Ruth Klüger schreibt in ih- rem Essay Frauen lesen anders, dass Frauen das schon als Mädchen lernen. Weil sie sich von klein auf daran gewöhnen müssen, Texte von Männern zu verstehen. Bis zum Abitur lesen sie zahlreiche Ent- wicklungsromane mit männlichen Protagonisten. Mädchen lernen, was es heißt, als Mann erwachsen zu werden, als Mann zu zweifeln, als Mann zu herrschen. Jungen sind auf einen solchen Perspektiv- wechsel nicht angewiesen. So werden gesellschaftliche Schieflagen reproduziert: Männerprobleme werden zu Menschheitsproblemen, alles andere zur Nebensache. Fiktionen können helfen, das zu ändern, zu sensibilisieren und jungen Männern die Gelegenheit geben, die Welt durch weibliche Augen zu sehen. Mittels Frauenfiguren, aber natürlich auch mittels Männerfi- guren, die von Frauen entworfen wurden. Das Heranwachsen wäre dafür die ideale Zeit, das Klassenzimmer der ideale Ort. Weil hier Neugierde, Frust und Unsicherheit zusammentreffen, weil hier für viele die Auseinandersetzung mit der Welt beginnt. Diese Mischung aus Deutungshoheit, die den Schulen zu eigen ist, und der Beeinflussbarkeit von Heranwachsenden verleiht dem Kanon seine Wucht. Und wenn man das weiterdenkt: Wer wird hier noch vergessen, wenn die Deutsch-LK-Welt die Welt der Männer aus dem 18. Jahrhundert ist? Mädchen und Jungen, Frauen und Männer, Au- torinnen und Autoren, die Unwucht beginnt schon in dieser binären Geschlechterlogik, die alle darüber hinaus übersieht. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Auch das Schreiben über Autorinnen und Autoren in einem Text wie diesem legt nahe, dass es einen Unterschied gebe zwischen „der schreibenden Frau“ und „dem schreibenden Mann“. Die einen sagen: Es gibt keinen. Es sei egal, ob ein Buch von einer Autorin oder einem Autor stammt. Wer gute Bücher schreibt, wird gelesen. Die anderen sagen: Da gibt es sehr wohl einen Unterschied, schließlich findet Literatur nicht im luftleeren Raum statt. Ob eine Person schreiben kann, hängt auch mit Geschlecht, Herkunft, Klasse, also mit Macht- fragen zusammen. Zu letzteren gehört Enis Maci, 27 Jahre alt, Schriftstellerin und The- aterautorin: „Das Problem am Kanon ist nicht, dass er kanonisch ist, sondern dass es ein einziger ist, und dass undurchsichtig bleibt, wa- rum ausgerechnet er so relevant ist, und für wen, und unter welchen Umständen. Es geht um Erfahrungen, die sich in Texten spiegeln oder nicht spiegeln, was im Übrigen nicht nur eine Frage von Protagonistin und Plot ist, sondern auch von Form, von ästhetischen Mitteln, von Struktur. Es geht darum, mehr Wirklichkeit zuzulassen.“ Schließlich ist die Realität in der Welt der Literatur und an den deutschen Schu- len längst eine andere, als es die Leselisten suggerieren. https://sz-magazin.sueddeutsche.de/literatur/frauen-literatur-schullektuere-88783?reduced=true (01.10.2020 10:21) Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Enzyklopädie der Lücken ~ Übung für Klein- und Großgruppen Art Vor- und Nachbereitung Dauer 90 Minuten Anforderungen Zettel und Stifte Ziel Recherche, Beschäftigung mit Marginalisierung, Geschichtsbewusstsein, Selbtermächtigung „Wo sind die ganzen Geschichten der Frauen? Warum fehlen die? Was ist da los? Auf jeder Seite zig Männernamen und nur alle 50 Seiten mal der einer Frau. Da stimmt doch was nicht.“ Erinnerst Du Dich an die Szene, in der die „Kakerlaken“ beanstanden, dass hauptsächlich Männer in Kunst, Wissenschaft und der Gesell- schaft präsent sind und sich im Anschluss auf die Suche nach den Lücken in unserer Geschichte machen? Welche Lücken empfindest Du in der Geschichte? Fällt Dir eine Frau ein, die Du aus der Ge- schichte oder aus dem Alltag kennst, die Dich besonders beeindruckt oder beeinflusst hat? Welche Frau fehlt Deiner Meinung nach in Dei- nem Geschichtsbuch? Such Dir eine historische Frauenfigur, eine Künstlerin oder Wissen- schaftlerin aus, recherchiere über sie und gestalte eine Seite über sie. Du kannst einen Artikel über sie schreiben oder eine Collage kleben. Vielleicht findest Du auch ein Foto oder eine Zeichnung von ihr. Wa- rum ist sie wichtig? Was konnte sie besonders gut und warum hatte sie historische Bedeutung? Präsentiert nun die Frauen und Eure gestalteten Seiten in einer kur- zen, flammenden Rede. Sammelt im Anschluss alle gestalteten Sei- ten und macht Euer eigenes Buch der Lücken. Vielleicht fallen Euch ja auch im Laufe der Zeit noch mehr Frauen ein, die größere Bekanntheit verdient hätten. So könnt Ihr die Enzyklopä- die immer weiter ergänzen. Am Ende haben wir eine Liste mit Büchern angehängt, anhand derer Ihr Euch mit Frauenfiguren beschäftigen könnt. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Stunden MONTAG DIENSTAG
MITTWOCH DONNERSTAG FREITAG
Warum sollten wir uns mit Feminismus beschäftigen? ~ Übung für Klein- und Großgruppen Art Vor- und Nachbereitung Dauer 90 Minuten Anforderungen Zettel und Stifte Ziel Selbstermächtigung, Selbstbefragung, Auseinandersetzung mit einem gesellschaftlich relevanten Thema Wichtige Anliegen des Feminismus sind die Auseinandersetzung mit der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, mit Geschlecht- errollen, Sexismus und strukturellen Machtverhältnissen. In der In- szenierung wird erwähnt, dass es trotzdem negative Vorstellung von Feminismus gibt. Oft wird auch gefragt, warum man sich überhaupt mit Feminismus beschäftigen sollte. Wie seht Ihr das? Warum sollten wir uns mit dem Thema Feminis- mus beschäftigen? Stellt Euch in Kleingruppen die Frage, wann und wie Ihr mit dem Thema Feminismus schon einmal in Berührung gekommen seid und was Euch daran interessiert. Besprecht auch die negativen Assoziati- onen, die Ihr mit Feminismus und Feminist*innen verbindet. Überlegt Euch dann, warum es wichtig sein könnte, über Feminismus und die damit verknüpften Themen zu sprechen. Der Song „Die großen Fra- gen der Menschheit“, den die „Kakerlaken“ in der Inszenierung singen wirft Fragen auf, die Euch eine Hilfe beim Überlegen sein können. Sucht Euch nun einen Ort, an dem jede*r von Euch ungestört folgen- de Sätze auf Zetteln beendet: Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
- Feminismus ist wichtig, weil… - Über Sexismus muss gesprochen werden, weil … - Über Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen muss gesprochen werden, weil… - Über Geschlechterstereotype oder Rollenbilder muss gespro- chen werden, weil… Sammelt diese Zettel in einem Behälter und kommt als Gruppe wie- der zusammen. Zieht nun jeweils einen Zettel aus dem Behälter und lest ihn still. Verteilt Euch im Raum, so dass Ihr Euch alle gut sehen und hören könnt. Beginnt nun nacheinander die Sätze vom Zettel zu sprechen. Sprecht laut und deutlich, Ihr tragt eine wichtige Botschaft in die Welt. Im Anschluss könnt Ihr darüber sprechen, welche Erfahrungen Ihr gemacht habt: Welche Aussagen haben Euch besonders berührt? Hat sich Eure Meinung vielleicht geändert? Steht Ihr dem Thema jetzt anders gegenüber? Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Die großen Fragen der Menschheit Warum war Eva schuldig und Adam eh ganz cool? Ist die Freiheit eingeschränkt mit kurzem Rock und hohen Schuhen? Warum sollten nur Männer auf der Jagd gewesen sein? Und sind deswegen Kaufhausabteilungen in Pink und Blau eingeteilt? Und ich frag mich, wer weiß eigentlich Bescheid? Wie frage ich nach der größten Frage der Menschheit? Können Frauen echt besser putzen oder den Kochlöffel rühren? Warum können nicht Girls mit Hanteln und Jungs mit Puppen spielen? Warum sind mehr Männer in Chefetagen drin als Frauen? Warum sollen Mädchen vorsichtig sein und Jungs sich alles trauen? Und ich frag mich wer weiß eigentlich Bescheid? Wie frage ich nach der größten Frage der Menschheit? Und ich frag mich wer und warum und wieso und überhaupt weswegen wann und wohin woher wozu und was hast du dagegen Sag mal in echt jetzt wo und was und when und why Weiß eigentlich irgendwer Bescheid? Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Eine Poesie des „Fuck You“ von Margarete Stokowski Wir haben alle Momente, in denen wir stark sind, und solche, in den wir schwach sind. In den schwachen Momenten neigen wir dazu, unsere Haltung hinter einen Satz zu schieben, der mit „eigentlich“ an- fängt, und dabei zu vergessen, was unsere Handlungsmöglichkeiten wären, das heißt: was unsere Freiheit ist. Für diese Momente hilft es, eine Poesie des „Fuck you“ zu entwickeln und in sich zu tragen wie ein Mantra. Ein Großteil feministischen Handelns besteht darin, sich nicht ver- arschen zu lassen, und zum Verarschen gehören auch Ablenkung, Beschimpfung und die Verbreitung von Mythen, Vorurteilen und Klischees. Sie zu kennen und zu kategorisieren hilft, besser auf sie reagieren zu können. Es sind sowieso immer die gleichen. Es gibt konstruktive Kritik, und es gibt „Fuck-you“-Anwärter*innen. Letztere erkennt man daran, dass sie uns zeigen wollen, in welche Ecke wir gehören: Sie wollen unsere Selbstbestimmung eintauschen gegen Fremdbestimmung, unsere Freiheit einschränken, uns zum Objekt und zum Mittel von etwas machen, das anderen Zwecken dienen soll, und sei es der Dekoration. Immer ist die Botschaft: Ich will bestimmen, wie du zu leben hast und welche deiner Worte ge- hört werden sollen. Das kann sich im Kleinen und im Großen zeigen, und es kann dementsprechend kleine und große „Fuck yous“ geben, sanfte und harte, laute und leise, ein „nö“ oder ein „Alter, bitte komm klar“ oder ein „Never ever lasse ich das durchgehen“. Das ist nicht immer einfach, denn wir wollen geliebt werden. Wenn wir Frauen sind, haben wir eventuell sogar gelernt, dass darin unsere Bestimmung liegt. Aber wir haben sowieso schon verloren, wenn wir denken, wir könnten es allen recht machen. Niemand kann das. Wenn jemand mich beleidigt, belästigt oder volllabert, dann kann ich schweigen und lächeln und drüberstehen, das kann ein schützender Reflex sein. Aber ich sollte nicht dabei lächeln. Es mag diese unan- genehmen Situationen geben, in denen es das Einfachste ist, nichts zu sagen. Ich mache das selbst auch oft genug. Wir müssen unsere Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Kraft einteilen, aber auf Dauer bringt Weglächeln nichts. Mir ist kein einziger Fall in der Weltgeschichte bekannt, in dem ein schweigendes Lächeln eine Ungerechtigkeit abgeschafft hätte. Eine Haltung zu haben bedeutet auch, dass man nicht „eigentlich“ für etwas ist, sondern wirklich. Dass man seine Werte in Konfliktfall ver- teidigt und nicht ausblendet. Das heißt nicht, dass man den ganzen Tag mit Leuten streiten muss, denn das hält keine Sau aus, und man stirbt dann an einem Magengeschwür, bevor die Revolution fertig ist. Genau wie Wissen ist Gesundheit eine Ressource, die man braucht, um im Leben klar- und weiterzukommen, egal was für große Ziele man hat. Dass wir mit den Zielen, die wir haben, übertreiben, werden wir oft hören. Wir hören dann entweder, dass wir uns unrealistisch viel vorgenommen haben und es ein solches Maß an Freiheit nie ge- ben wird. Fuck it, geschenkt. Niemand weiß, was in zehn oder hun- dert Jahren sein wird. Alle politischen Kämpfe wirken unrealistisch, wenn man keine Phantasie hat. Oder wir hören, es sei vielleicht ein bisschen übertrieben für die Gleichberechtigung zu kämpfen im 21. Jahrhundert, in Europa, denn so schlimm ist es hier ja wohl auch nicht. „Wozu braucht man heute überhaupt noch Feminismus?“ ist eine sehr schlichte, naheliegende Frage, die Feminist*innen oft gestellt wird, und ich beantworte sie gern ausführlich. Aber wenn die Frage so gemeint ist, dass doch ei- gentlich längst alles okay ist, dann lässt sie sich am besten mit einer Gegenfrage beantworten: Wenn du glaubst, dass wir keinen Femi- nismus mehr brauchen, heißt das, du glaubst, das hier ist der Endzu- stand? Es kann auch sein, dass die Frage, „Wozu noch Feminismus?“, nicht suggerieren soll, dass der jetzige Zustand das Paradies der Gleichheit ist, sondern dass sich das bisschen Ungleichheit mit der Zeit geben wird. Aber auch das glaube ich nicht. Was ist das für ein Bild von Geschichte, in dem Ungerechtigkeiten von allein weggehen? Das wird nicht passieren, solange nicht ein Virus oder ein Meteorit die Menschheit auslöscht. Also machen wir weiter, und wir brauchen keine Erlaubnis dafür. in: Stokowski, Margarete: Untenrum frei, Hamburg, 2016 Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Eine Poesie des „Fuck you“ ~ Übung für Klein- und Großgruppen Art Nachbereitung Dauer 30 Minuten Anforderungen Zettel und Stifte Ziel Bewusstsein, Selbstermächtigung, Beschäftigung mit Ungleichbehandlung und Diskriminierung In einer Szene beanstanden die Figuren vehement mit einem „Fuck you“, was sie in unserer Gesellschaft alles nicht richtig finden. Sie feuern diese „Fuck yous“ nacheinander ins Publikum. Vielleicht sind Euch ein paar Sätze im Gedächtnis geblieben, die Ihr schon immer mal in die Welt schreien wolltet. Überlegt Euch in Kleingruppen, was Eure „Fuck yous“ sein könnten. Was nervt Euch in Bezug auf das Thema Feminismus besonders? Formuliert einen Satz und probiert aus, ob Ihr ihn lieber leise oder laut sprechen wollt, schnell oder langsam oder als Frage. Welche Körperhaltung oder Geste passt zu Eurem Satz? Teilt Euch in zwei Gruppen, in die, die sprechen und die, die zuhören. Die Gruppe, die beginnt, feuert nun ihre „Fuck yous“ nacheinander in die Welt. Tauscht dann die Gruppen, so dass alle einmal Sprecher*innen und einmal Hörer*innen sind. Im Anschluss könnt Ihr über die Übung sprechen und Euch über Eure unterschiedlichen Erfahrungen austauschen. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Feminismus und Gender von A bis Z Cis, Gender, Empowerment: Diese Wörter fallen häufig in der Sexis- mus-Debatte. Doch was bedeuten sie eigentlich genau? Da der Fe- minismus- und Geschlechterdiskurs durch viele Neologismen und neuen englischsprachigen Begriffen geprägt ist, haben wir ein Glos- sar mit wichtigen Definitionen erstellt zum Überblick über wichtige feministische und Gender-theoretische Begriffe: #MeToo Ursprung: Tarana Burke / Alyssa Milano 2017 Zwei Worte, mit denen tausende Frauen (und Männer) auf ihre Er- fahrungen mit sexuellem Missbrauch aufmerksam machten. Zwei Worte, die schnell überall zu lesen waren: in den sozialen Netzwer- ken, in den Schlagzeilen, in den Tweets bekannter Hollywood Schau- spielerinnen und Politikerinnen. Sie zeigten das Ausmaß des Macht- missbrauchs in unserer Gesellschaft auf – und ließen eine Debatte über Sexismus entflammen, eine Debatte, die noch nicht beendet ist. Solange in Sachen Gleichberechtigung noch Missstände herrschen, herrscht auch Redebedarf. Die Dinge anzusprechen, ihnen einen Namen zu geben – das ist manchmal der erste Schritt, wie die #Me- Too-Bewegung gezeigt hat. Cat-Calling Als Cat-Calling bezeichnet man folgendes Verhalten: Ein Mann pfeift einer Frau in der Öffentlichkeit hinterher, macht unerwünschte (häu- fig sexuelle) Anmerkungen zu ihrem Körper oder berührt sie sogar. Cat-Calling ist eine Form von sexueller Belästigung gesehen. Cis Das Adjektiv cis beschreibt Personen, deren eigene Geschlechte- ridentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Das passende Nomen lautet Cisgender. Trans ist das Antonym von Cis und bedeutet: Zwischen dem Selbst- gefühlten und dem bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht be- steht ein Widerspruch. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Consent Culture Eine Consent Culture ist eine Kultur, in der gegenseitiges Einver- ständnis Grundlage von sexuellen Handlungen und generell von allen zwischenmenschlichen Interaktionen ist. „Einverständnis” wird hierbei nicht nur die Abwesenheit eines Nein definiert, sondern durch ein klares Ja, das aus eigenem Willen geäußert wird. In einer Con- sent Culture herrscht Respekt vor der absoluten Notwendigkeit der körperlichen Autonomie. Empowerment Empowerment beschreibt Mut machende Prozesse der Selbstbe- mächtigung, durch die benachteiligte Gruppen sich ihrer eigenen Kräfte bewusst werden, ihre Fähigkeiten entwickeln und lernen, die- se zu einer selbstbestimmten Lebensführung zu nutzen. Frauenquote Die Frauenquote ist eine Richtlinie, die festlegt, wie viele Stellen oder Gremien innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation durch Frauen besetzt werden müssen. Es gibt viele verschiedene Ar- ten von Quoten: Quoten mit oder ohne Qualifikationsbezug, rechtlich oder wirtschaftlich bindende Quoten oder solche, die lediglich als Orientierungsmaßstab gelten. Gender Gender bezeichnet im wissenschaftlichen Sprachgebrauch das sozi- ale Geschlecht: Welche Eigenschaften werden einer Person in einer Kultur auf Grund ihres Geschlechts zugeschrieben? Welche Rollen, Normen und Erwartungen gehen damit einher? Es ist abzugrenzen vom biologischen Geschlecht (dem englischen sex) und kann von die- sem abweichen. Gender Pay Gap Gender Pay Gap beschreibt die Differenz zwischen den Lohn-Beträ- gen, die Männer und Frauen für die gleiche Arbeit erhalten. Im Jahr 2019 war der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen um 20 Prozent niedriger als der von Männern. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Hepeating Hepeating beschreibt das Phänomen, wenn die Aussage einer Frau ignoriert wird, später aber plötzlich Gehör erhält, wenn ein Mann sie wiederholt. Intersektionalität Intersektionalität ist ein soziologisches Konzept, das Identität als vielschichtiges Konstrukt versteht. Der Begriff wurde ursprünglich von schwarzen Feministinnen in den USA geprägt: Sie brachten damit zum Ausdruck, dass schwarze Frauen spezifische Diskrimi- nierungserfahrungen machen, die sich von denen weißer Frauen un- terschieden. Sie litten unter einer Mehrfachunterdrückung, sowohl durch sexisitische, als auch durch rassistische Strukturen. Intersekti- onalität ist bedeutend, um zu verstehen, dass es auch innerhalb einer benachteiligten Gruppe privilegierte Untergruppen geben kann. So haben weiße, heterosexuelle Frauen häufig Privilegien (siehe Privile- gien), die schwarze, behinderte oder Queer-Frauen nicht haben. Lookism Lookism bezeichnet die Stereotypisierung beziehungsweise Diskrimi- nierung einer Person aufgrund ihres Aussehens. Es ist die Annahme, dass Aussehen ein Indikator für den Wert einer Person ist. Mansplaining Männer erklären Frauen die Welt, auch wenn die Frau mehr darüber weiß. Sie nehmen damit eine Autorität gegenüber Frauen ein, die ihnen inhaltlich nicht zusteht. Das Phänomen ist oftmals verbunden mit dem Ignorieren von Argumenten und dem Habitus, Frauen zu unterbrechen. Nicht-binär Nicht-binär ist ein Sammelbegriff für viele verschiedene Geschlech- teridentitäten. Die Identitätsbezeichnung widerspricht der Annahme, Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
dass es lediglich zwei Geschlechter gibt, nämlich männlich und weib- lich. Dies geht auch mit der Ablehnung von traditionellen geschlecht- lichen Rollenzuschreibungen und Stereotypen einher. Menschen, die sich als nicht-binär bezeichnen, lehnen eine geschlechtliche Zweitei- lung ab. Patriarchat Das Patriarchat beschreibt ein System, das von Männern geschaffen, kontrolliert und repräsentiert wird. Im Gegensatz dazu wird im Ma- triachat der Frau die wichtigste Stellung in Staat und Familie einge- räumt. Postfeminismus Der Postfeminismus dekonstruiert den Feminismus. Er sagt aus, dass sowohl das soziale, als auch das biologische Geschlecht gesellschaft- liche Konstrukte sind und deswegen als Klassifikationseinheiten ab- gelehnt werden sollten. Der Postfeminismus sieht den Feminismus als überflüssig an. Privileg Ein Privileg ist ein Vorteil, der einer bestimmten Gruppe aufgrund von gesellschaftlichen Einflüssen zugute kommt. So haben Männer eini- ge Privilegien, die Frauen nicht haben, aber auch Mittelschichtfrauen sind gegenüber ärmeren Frauen privilegiert. Slut Shaming Slut Shaming bezeichnet das Phänomen, bei dem Frauen für ihre ausgelebte Sexualität, aber auch für ihr Auftreten oder ihre Kleidung angegriffen oder beschuldigt werden. Slut Shaming geht oft Hand in Hand mit Victim Blaming. Hier wird das Opfer von sexuellem Miss- brauch selber für das Vergehen beschuldigt. Als Gründe werden bei- spielsweise eine falsche Kleidungs- oder Verhaltensweise angeführt Nach: https://enorm-magazin.de/gesellschaft/gleichstellung/feminismus/feminismus-von-bis-z (29.09.2020 12.31) Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Links: Hier findet Ihr einen guten Überblick über verschiedene Strömungen des Feminis- mus und eine Linkliste zur weiterführenden Beschäftigung: http://bit.ly/wasistfem Die Nigerianerin Chimamanda Ngozi Adichie ist eine der großen Stimmen der Weltliteratur. Mit ihrem TED-Talk „We should all be Feminists“ / „Mehr Feminis- mus! Ein Manifest und vier Stories“ schafft sie einen persönlichen Zugang zum Thema Feminismus: http://bit.ly/mehrfeminismus Julia Korbrik ist eine deutsche Journalistin, die zahlreiche Bücher auch für Jugend- liche zum Thema Feminismus verfasst hat. Auf Ihrer Website informiert sie über ganz unterschiedliche Aspekte zum Thema: http://bit.ly/tjgkorbik In diesem Blog werden immer freitags Bücher von und/oder über interessante Frauen vorgestellt: http://bit.ly/bücherblog Weiterführende Literatur zum Thema Feminismus: Adichie, Chimamanda Ngozi : Mehr Feminismus! Ein Manifest und vier Stories. Frankfurt, 2016. Bagieu, Pénélope: Unerschrocken. Fünfzehn Porträts außergewöhnlicher Frauen. Berlin 2017 Lee, Mackenzie: Kick-Ass Women: 52 Heldinnen, Frankfurt a.M. 2019 Eismann Sonja: Ene, mene Missy. Die Superkräfte des Feminismus. Frankfurt, 2017 Korbrik, Julia: Stand up. Feminismus für Alle. Zürich, 2014. Stokowski, Magarete: Untenrum frei. Hamburg, 2016 Strömquist, Liv: Der Ursprung der Welt. Berlin, 2017. Strömquist, Liv: Der Ursprung der Liebe. Berlin, 2018. Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
Notizen: Theaterpädagogisches Begleitmaterial kinder- und jugendtheater dresden Der Gewitterbahnhofstrand Was fehlt? – Die große Show über das, was bleibt UA theatre for children and young audiences
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