Zur Bundestagswahl 2005 - Demokratie verteidigen - Große Koalition angreifen - von Links

 
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4                   „Ausrichtung Kommunismus“                                                       K 313

    Zur Bundestagswahl 2005
    Demokratie verteidigen – Große Koalition angreifen –
    von Links

    Das Ergebnis                                          räten bei der Deutschen Bank z.B., bei der
                                                          Münchner Rück, bei Bayer, bei Volkswagen, bei
       Sonntag, 18.9.2005 – ein Genuss zu sehen, wie      Hochtief, bei Thyssen-Krupp. Er ist ein
    die Gesichter der Volksbefrager und Volksver-         Schlüsselfunktionär des deutschen Großkapi-
    dummer immer länger wurden. Das hatten sie            tals mit CSU-Parteibuch.
    nicht erwartet: Die Linke-PDS mit 8,7 Prozent
    im Parlament, die schon bei 25 Prozent gesehe-        Vom Stellenwert der Parteien
    ne SPD mit 34,3 und die Grünen mit 8,1 Prozent.
    Die als sicher gehandelte und in den Medien           für das Kapital
    schon an die Regierung gehievte schwarz-gelbe
    Regierung war geplatzt. CDU und vor allem die             Pierer kennt aber auch den Stellenwert von
    CSU mit massiven Verlusten (- 9,4%) und star-         Parteien für das Kapital. Wenn es darum geht, die
    ker Dämpfer für die Nazi-Parteien NPD und Rep.        Arbeiter und die anderen Werktätigen mit sanf-
    Die Wut über das Einseifen der Schröder-Regie-        tem Druck, sprich mit „Reformen“, gegen das ei-
    rung hatte die Wähler doch nicht hinreißen las-       gene Interesse, das Geld aus der Tasche zu zie-
    sen, für die Vollrasur durch den reaktionären         hen, braucht das Kapital die SPD. So war er denn
    Bürgerblock zu stimmen – immerhin. Und eigent-        auch „Berater“ (also Tonangeber) von Gerhard
    lich ein deutlicher Ruck gegen Rechts, der sich       Schröder.
    schon im Wahlkampf mit dem Auftreten der neu-             Wenn sich das Kapital aber auf den Großangriff
    en Linkspartei abgezeichnet und alle Parteien         gegen die Arbeiterklasse vorbereiten will (mit allen
    veranlasst hatte, sich wieder Phrasen von sozia-      Auseinandersetzungen unter den führenden Kapita-
    ler Gerechtigkeit abzuquälen. Wenn in diesem          listengruppen selbst und im Lager der Reaktionäre
    Land der Wählerwille etwas gelten würde, wenn         und Faschisten); darauf, die ganze Last der Krise auf
    das „Volk“, von dem ja angeblich „alle Staatsge-      die Lohnabhängigen abzuwälzen, sie all ihrer demo-
    walt“ ausgeht, etwas zählen würde, wäre die lo-       kratischen Rechte, sozialen Errungenschaften und
    gische Konsequenz, eine Regierung aus SPD –           Organisationen zu berauben, um sie als willenlose
    Die Linke. PDS und den Grünen zu bilden. Und          Masse wieder gegen andere Völker und Nationen an
    wenn die Sprüche des Wahlkampfs zählten: Es           die Schlachtbank zu führen. Wenn es darum geht,
    würde eine Regierung gegen die obszöne Macht          dann reicht die SPD nicht mehr, und schon gar nicht
    des Reichtums und der Reichen, gegen die wach-        eine SPD, die an Einfluss in der Arbeiterklasse ver-
    sende Armut im Land, für die Stärkung der Ge-         loren hat.
    werkschaften, für mehr Solidarität, für mehr              Zu testen, wie viel an Einfluss die SPD be-
    Demokratie gegen Faschismus und Rassismus.            reits verloren hat, dazu sollten die vorgezogenen
                                                          Wahlen dienen. Zu diesem Zweck ließen die
    Die Macht schlägt zu                                  Herren Piech (der Enkel des „Wehrwirtschafts-
                                                          führers“ Ferdinand Porsche) und Pischetsrieder
       Am Sonntag, am 18.9.2005, hatte das Volk           (Stoiber-Förderer aus seiner Zeit bei BMW in
    dann aber auch seine Schuldigkeit getan. Die alt-     München) von VW die Affären ihres Betriebs-
    bekannten Kappen traten wieder ins Rampen-            ratsvorsitzenden auffliegen und gaben den Hel-
    licht. In der Gesprächsrunde bei ARD war              den und Namensgeber der gegen die Arbeiter-
    Schröder sich als Erstes mit Merkel einig, dass       klasse gerichteten Reformen, ihren sozialdemo-
    die Linkspartei außen vor bleibt bei allen Ko-        kratischen Arbeitsdirektor Peter Hartz, der so
    alitionsgesprächen, um sich dann zu balgen, wer       herzhaft und beflissen ihre Melodie gepfiffen
    denn nun den Auftrag für die Regierungsbildung        hatte, der öffentlichen Schande preis. Auch ein
    habe.                                                 Mohr, der gehen durfte.
       Am Montag, den 19.9., wurde dann deutlich,             Ungeniert durften auch die Paladine der CSU
    wer wirklich die Macht im Lande hat.                  und CDU ihr Kampfprogramm gegen das Volk
       Siemens kündigt die Streichung von mehr als        ausbreiten, über Mehrwertsteuererhöhung pala-
    10.000 Stellen seiner geschätzten Mitarbeiter         vern, über Beseitigung von Kündigungsschutz,
    an. Der Profit liege ja erst bei schlappen 3,4 Mil-   Steuerfreiheit für Zulagen, über den Neubau von
    liarden Euro. Verkündet wurden die neuerli-           Kernkraftwerken. Und die Demoskopen machten
    chen Grausamkeiten von Klaus Kleinfeld, der für       die Begleitmusik dazu: die Wähler würden all das
    diese „Arbeit“ mal so eben runde 3 Millionen          am Wahltag honorieren. In der verbreiteten Hoch-
    Euro pro Jahr kassiert. Sein Vorgänger als Sie-       stimmung darüber, dass die Kälber schon weich-
    mens-Boss war Heinrich von Pierer (offizielles        geklopft wären, ihre eigenen Metzger zu wählen,
    Gehalt 3,4 Millionen im Jahr 2004); der sitzt         wollte dann Ende August, Herr von Pierer auch
    jetzt im Aufsichtsrat von Siemens und darf – wie      öffentlich zeigen, wo er wirklich hingehört und
    man sieht – den Herrn Kleinfeld kontrollieren.        worauf das Kapital zu setzen gedenkt. Er ließ sich
    Aber damit es von Pierer nicht langweilig wird,       als künftiger Chef-Wirtschaftsberater einer Kanz-
    sitzt er auch noch in ein paar anderen Aufsichts-     lerin Angela Merkel feiern.
K 313                                             „Ausrichtung Kommunismus“                                                             5
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                                                                                                              ter der Flagge des Kapitals.
                                                                                                              (An ihrer Seite der Präsi-
                                                                                                              dent des Kapitalistenver-
                                                                                                              bands, Dieter Hundt)

Merkel und die Neuorientie-                             US-Imperialismus bei der Neuaufteilung der Welt,
                                                        nicht zuletzt der Ölquellen, erfordern (s. KAZ
rung in der Außenpolitik                                301). Das und nicht irgendwelche Friedensliebe
                                                        war die Motivation der Schröder/Fischer-Regie-
    Was macht denn den sprühenden Charme von            rung bei ihrer Positionierung gegen den – selbst-
Frau Merkel für so einen Strippenzieher wie Sie-        verständlich ungerechten – Krieg der USA gegen
mens-Pierer aus? Merkel hatte die Weiterführung         den Irak. Auch hier gilt: Der Mohr hat seine Schul-
des sozialen Kahlschlags versprochen – das gehört       digkeit getan, der Mohr kann gehen.
ja beim Kapital schon zu den Minimalvoraussetzun-
gen zur Regierungsfähigkeit. Wichtiger aber noch        Die Erfahrungen mit der
war die Neuorientierung in der Außenpolitik.
    Merkel – und hinter ihr Stoiber – stehen für eine   „Großen Koalition“ –
Wiederannäherung des deutschen Imperialismus            1966 und 1928
an den US-Imperialismus, um auf dieser Grundla-
ge wieder mehr Spielräume für den deutschen Im-             Schon in der Wahlnacht hatte sie etwa Olaf
perialismus in der Dominierung der europäischen         Henkel, der ehemalige Vorsitzende des Bundes-
Konkurrenten, vor allem Frankreichs und Eng-            verbands der deutschen Industrie (BDI) gefordert.
lands zu gewinnen.                                      Unwillkürlich denkt man an 1966. Der KZ-Bau-
    Nachdem Hoechst-Aventis an den französi-            meister Lübke ist Bundespräsident, Kiesinger, der
schen Konkurrenten Sanofi gegangen war, hatte           Abteilungsleiter aus dem Goebbelsschen Reichs-
Siemens eigentlich als Gegenleistung die Auslie-        propagandaministerium wird Bundeskanzler und
ferung des Alstom-Konzerns in deutsche Hand             Franz Strauß, der NS-Offizier für wehrgeistige
erwartet. Dem hatte sich die französische Regie-        Führung, wird Bundesfinanzminister. Willy
rung verwehrt. Dies war der Hintergrund, dass die       Brandt, der Widerstandskämpfer, aber auch be-
Anti-Irak-Kriegs-Koalition von Schröder, und            währte Antikommunist, reicht den ehemaligen
Chirac zu zerbröckeln begann.                           Nazi-Chargen die Hand. Er wird Außenminister,
    Seitdem verschärft sich der deutsche Kurs bei       um den Erosionsprozess im sozialistischen Lager
EADS (DaimlerChrysler, Lagardère, französischer         zu beschleunigen („Wandel durch Annnäherung“).
Staat mit je 30,17 Prozent).                            An seiner Seite Karl Schiller als Wirtschaftsmini-
    Der Einstieg des französischen Rüstungskon-         ster, der einstmals bei der Deutschen Bank die
zerns Thales beim U-Boot-Ausrüster Atlas Elek-          ökonomische Beute aus den Feldzügen der Nazi-
tronik in Bremen wird von Thyssen-Krupp, die in-        Wehrmacht berechnen und beurteilen durfte. Die
zwischen den U-Boot-Bau in der BRD vollstän-            herausragende Leistung dieser Koalition: Die Ver-
dig kontrolliert, zurückgewiesen.                       abschiedung der antidemokratischen Notstands-
    Und als strategische Gegenmaßnahme, um              gesetze – noch heute in Kraft, die Lebensmittel-
Frankreich unter Druck setzen zu können, ließ sich      marken sind schon gedruckt. Dagegen entwickel-
der Pierer-Zögling und -Nachfolger Klaus Klein-         te sich die außerparlamentarische Opposition und
feld in den Aufsichtsrat der weltgrößten Bank, der      die Studentenbewegung. Das politische Klima in
Citicorp, berufen, wo er nun mit Vertretern Ro-         Westdeutschland schlug um. Die große Koalition
ckefellers, der großen Rüstungskonzerne und der         zerbrach vorzeitig. Die
Chemiekonzerne des US-Monopolkapitals auf glei-         SPD ging gestärkt dar-
cher Augenhöhe sitzt.                                   aus hervor. Viele Linke     „Nachdem Stoiber noch nichts gesagt hat, weiß
    Den Weg dazu freigemacht hatte Schröder, der        schöpften Hoffnung,         ich nicht, was mein Wille ist“, so Günther Beck-
im Auftrag der deutschen Bosse mit dem langjäh-         dass die Zeichen auf        stein (Mittelbayrische Zeitung 22.9.2005). Da
rigen Boss und jetzigen Aufsichtsvorsitzenden der       Frieden, Demokratie         plädiert der mächtige Mann an den Schalthebeln
Citicorp, Sandy Weill, verkehrt (O-Ton: „Ich bin        und Sozialismus ge-         von Polizei, Gefängnissen und „Ausreisezen-
stolz darauf, dass er sagt, wir sind befreundet.“)      stellt würden. Das ist      tren“ jetzt schon auf Befehlsnotstand, wenn er
Schröder hatte mit seinem Auftreten gegen den           die eine historische        einmal für seine brutale Politik gegen Asylsu-
Irak-Krieg auch die längerfristigen Interessen des      Parallele.                  chende, Ausländer und Demokraten vor Ge-
deutschen Imperialismus vertreten, die ein zuneh-           Aber die SPD konn-
                                                                                    richt gestellt wird.
mend eigenständiges Auftreten gegenüber dem             te damals schon auf
6                                               „Ausrichtung Kommunismus“                                                     K 313

                                                                                    1928) gezogen.
                                                                                        „Beredt erklärten führende Sozialdemokraten,
                                                                                    das Volk müsse ein Machtwort sprechen, damit
                                                                                    der Bürgerblock beseitigt und der Ausplünderung
                                                                                    des Volkes durch Zölle und indirekte Steuern
                                                                                    (heute vor allem Mehrwertsteuer) ein Ende berei-
                                                                                    tet werde. Sie versprachen den Wählern, eine von
                                                                                    der SPD geleitete Regierung werde die Mittel für
                                                                                    die Reichswehr kürzen, die Besitzsteuern erhö-
                                                                                    hen, die gesetzliche Anerkennung des Achtstun-
                                                                                    dentages veranlassen, die Lohnsteuer und andere
                                                                                    Massensteuern senken, die in der Zeit des Bürger-
                                                                                    blocks beschlossenen Zölle abbauen und die Ren-
                                                                                    ten für Sozial- und Kleinrentner erhöhen.“ (aus
                                                                                    Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd.
                                                                                    8, Berlin 1968, S. 162) – Das kommt einem doch
                                                                                    irgendwie bekannt vor!
                                                                                        Bei den Wahlen im Mai 1928 wuchs die SPD
                                                                                    von 7,9 auf 9,2 Millionen Wähler, die KPD von
                                                                                    2,7 auf 3,3 Millionen. Die großen bürgerlichen
                                                                                    Parteien (DNVP, Zentrum/BVP, DVP, DDP) hat-
                                                                                    ten zusammen 13,3 Millionen Stimmen. Die Nazi-
Schröder: Je offener er un-      eine lange Tradition in Koalitionen mit bürger-    Partei erreichte gerade einmal 0,8 Millionen.
ter der Flagge des Kapitals      lichen Parteien zurückblicken. Sie begann mit          Gustav Stresemann (von der großbürgerlichen
segelt, desto mehr verliert er   der Zustimmung der SPD-Führer zu den Kriegs-       DVP; die heutige FDP sieht u.a. in dieser Partei
den Einfluss in die Arbei-       krediten zur Finanzierung des von Deutschland      ihre Wurzeln), ein Vertrauensmann des deutschen
terklasse und damit sein         vom Zaun gebrochenen 1. Weltkriegs im August       Finanzkapitals, unterstützte eine Koalition von
politisches Gewicht. (Ne-        1914. Sie wurde fortgesetzt zur Niederschla-       Parteien des Bürgerblocks mit der SPD: Die
ben ihm besagter Hundt)          gung der Revolution von 1918 und der folgen-       Linksentwicklung in den arbeitenden Klassen
                                 den Aufstände in Bayern 1919, in Sachsen, in       dürfe keinesfalls übersehen werden, und man
                                 der Niederwerfung der Roten Ruhrarmee 1920,        müsse beachten, „dass in dem Augenblick, wo die
                                 in Hamburg 1923. Als politische Vertreter der      Sozialdemokratie und der Kommunismus durch
                                 Arbeiteraristokratie, die sich im Kapitalismus     eine ablehnende Haltung des Bürgertums näher
                                 eingerichtet und mit den Monopolherrn verstän-     aneinander heranrücken..., eine ganz starke Ge-
Deshalb gilt die Losung,         digt hatte, hatten sie dem deutschen Monopol-      fährdung für die deutsche Politik und die deutsche
wie schon 1928: „Diesem          kapital Macht und Eigentum gerettet. Ab 1924       Wirtschaft zu erwarten ist.“ (G. Stresemann, Ver-
System keinen Mann und           war die SPD in der Opposition. Auf Druck ih-       mächtnis, Bd. 3, Berlin 1933, S. 315, zit. a.a.O., S.
keinen Groschen!“                rer eigenen Anhänger beteiligten sich einzelne     166). In einer Wirtschaftszeitung aus dem Jahr
                                                           SPD-Führer an der        2005 liest man als Überschrift: „Große Koalition
                                                           Kampagne zur Fürsten-    soll Linksruck der SPD verhindern“ (FTD 10.8.).
                                                           enteignung und gegen         So kam im Juni 1928 die von dem rechten Sozi-
                                                           den Bau von neuen        aldemokraten Herrmann Müller als Reichskanz-
                                                           Panzerkreuzern, die      ler geführte große Koalition zustande. Hermann
                                                           das Tor zur unum-        Müller war den Herrschaften durchaus als einer
                                                           schränkten Wiederauf-    bekannt, der im Zweifel rücksichtslos die Inter-
                                                           rüstung des deutschen    essen der Arbeiterklasse und die Selbstachtung für
                                                           Imperialismus aufsto-    das Kapital und das „Vaterland“ der Bourgeoisie
                                                           ßen sollten. Als 1927/   zu opfern bereit war. Sie hatten ihn 1919 als Au-
                                                           28, noch in Zeiten der   ßenminister vorgeschickt, um seine Unterschrift
                                                           Hochkonjunktur,          unter den Versailler Vertrag zu setzen. Er war
                                                           Streiks auf die Tages-   1920 Kanzler – unmittelbar nach der Niederschla-
                                                           ordnung kamen, hiel-     gung des Putschversuchs Kapp-Lüttwitz und noch
                                                           ten es die noch parla-   während des darauf folgenden Kampfs an der
                                                           mentarisch orientier-    Ruhr, als die SPD-Führung die in der Roten-Ruhr-
                                                           ten Teile der deut-      Armee kämpfenden Arbeiter an Reichswehr und
                                                           schen Hochfinanz und     Freikorps auslieferte.
                                                           Großindustrie für op-        Müller enttäuschte die Erwartungen der Bosse
                                                           portun, die SPD wie-     nicht. Gegen erheblichen Widerstand in der eige-
                                                           der in die Regierungs-   nen Partei setzte er durch: Statt Abrüstung Pan-
                                                           verantwortung zu neh-    zerkreuzerbau, statt Steuern auf Besitz Erhöhung
                                                           men.                     der Verbrauchssteuern, statt Einheitsfront der Ar-
                                                              Die SPD-Führung       beiterklasse Todesschüsse auf Arbeiter beim Ber-
                                                           war gegen die weitere    liner Blutmai (verantwortlich Müllers Innenmi-
                                                           Aufrüstung („Für Kin-    nister Carl Severing, SPD)
                                                           derspeisung – gegen          Als die mit dem Börsenkrach vom Oktober
                                                           Panzerkreuzerbau!)“,     1929 ausgelöste Große Krise auf Deutschland
                                                           für sozialen Ausgleich   übergriff, trat der Reichsverband der deutschen In-
                                                           und Wirtschaftsdemo-     dustrie mit einer Denkschrift „Aufstieg oder Nie-
                                                           kratie in den Wahl-      dergang?“ an die Öffentlichkeit. Kernsatz war:
                                                           kampf       (April/Mai   „Die deutsche Wirtschaft muss von allen unwirt-
K 313                                          „Ausrichtung Kommunismus“                                                              7
                                                                                                         Die Mehrheit der Gewerk-
                                                                                                         schafter bezieht Stellung
                                                                                                         gegen die Notstandsgesetze
                                                                                                         (1. Mai 1968, Köln)

schaftlichen Hemmungen befreit werden. Die           geblieben. Doch Geschichte wird von den Massen
Vorbelastung der Produktion durch Steuern ist        gemacht. Sie können lernen, damit das einmal
auf das unumgänglich notwendige Maß zurückzu-        Geschehene sich nicht wiederholt.
dämmen.“ (zit. Nach W. Ruge, Deutschland
1917-1933, Berlin, 1974, S. 345). Unter „unwirt-     Was ist zu lernen?
schaftlichen Hemmungen“ verstanden die deut-
schen Monopolherrn die erkämpften politischen            Der „parlamentarische Arm der Arbeiterbewe-
und sozialen Rechte. Zynisch griffen sie die Sozi-   gung“, wie Die Linke. PDS von Genossen wie
alleistungen als „Fürsorgestaat“ an.                 Klaus Ernst etwa gesehen werden will, muss ver-
    Die Regierung Müller zerbrach an den Aus-        dorren, wenn es nicht gelingt, in den Betrieben und
einandersetzungen um die Arbeitslosenversiche-       auf der Straße Gegenmacht gegen das reaktionäre
rung. Die SPD-Fraktion verweigerte Müller die        Programm einer Großen Koalition (s. den Artikel
Unterstützung angesichts der angestrebten Kür-       „Das Wirtschaftsprogramm der Reaktion“) aufzu-
zungen und mit Blick auf ihre Partei und die         bauen. Er wird verdorren, wenn in den Gewerk-
Wähler. Im März 1930 kapitulierte die Regierung      schaften nicht die Ideologie der Sozialpartner-
Müller. Die folgenden Reichstagswahlen brach-        schaft, des Sozialchauvinismus und Sozialimperia-
ten den vor allem von den Ruhrbaronen Thyssen,       lismus zurückgedrängt wird. Das heißt die Linie
Krupp u.a. geförderten Nazis den Durchbruch. Sie     von „sozial(istisch)“ in Worten, aber chauvini-
erhielten 6,4 Millionen Stimmen, achtmal soviel      stisch und imperialistisch in der Tat angreifen, eine
wie 1928, und zogen als zweitstärkste Fraktion       Linie, die gerade erst wieder so erbärmlich vor-
in den Reichstag                                     geführt wurde. Etwa bei VW, wo die IG-Metall-
    Das Folgende ist weitgehend bekannt. Es folg-    Führung sich erpressen ließ, um angeblich eine
te die Regierung von Heinrich Brüning, eines         Auslagerung der Produktion ( des „Marrakesch“)
Manns des Zentrums (auf diese Partei beziehen        nach Portugal zu verhindern. Oder bei Atlas Elek-
sich CSU und CDU gleichermaßen als ihre Wur-         tronik, wo man sich ausgerechnet hinter Thyssen-
zel), der die Geschäfte des Finanzkapitals unter     Krupp stellte, um eine Übernahme durch Thales
weitgehender Ausschaltung des Parlaments bei         zu verhindern.
Duldung durch die SPD-Führung und gestützt auf           Die Umarmung von
den Reaktionär im Reichspräsidentenamt, den Ge-      Monopolbourgeoisie            „Die Spitzenunternehmen der deutschen Wirt-
neralfeldmarschall von Hindenburg, führte. Er        und Arbeiteraristokra-        schaft haben eine Liquiditätsreserve von mehr
regierte bis die Würfel im Finanzkapital endgül-     tie, wie sie in einer Gro-    als 100 Milliarden Euro angesammelt und be-
tig gegen die Aufrechterhaltung des parlamenta-      ßen Koalition zelebriert      reiten nach Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis
rischen Scheins und für die Nazidiktatur gefallen    wird, heißt für die Ar-       neue Übernahmeoffensiven in konkurrierenden
waren, für die Vorbereitung des zweiten Anlaufs      beiter alles zu tun, sich     Nationalstaaten vor. Dies ist das Ergebnis ei-
zur Eroberung der Weltherrschaft, für Krieg und      aus dem Würgegriff der        ner soeben veröffentlichten Untersuchung deut-
Faschismus, für die Beseitigung der bürgerlichen     eigenen Herren zu lösen,      scher Firmenanalysten. ... Weitere Spielräume
Demokratie.                                          sich politisch selbstän-
                                                                                   eröffnen sich den Unternehmen durch hohe Pen-
    Die „Große Koalition“ von 1966-69 rief Wider-    dig auf eigener Grundla-
stand hervor und führte zu einer Bewegung nach       ge als Klasse zu organi-
                                                                                   sionsrückstellungen für die Betriebsrenten ihrer
Links. Die „Große Koalition von 1928-30 ebnete       sieren.     Und      diese    Mitarbeiter. Die entsprechenden Beträge sind
den Weg zu Faschismus und Krieg. Diese histori-      Grundlage kann nur            inzwischen zu einer Summe von rund 110 Milli-
schen Erfahrungen sind in Rechnung zu stellen,       sein: Proletarischer In-      arden Euro aufgelaufen. Zudem verbessert sich
wenn über die Perspektiven einer Großen Koali-       ternationalismus. Und         die Kassenlage der Konzerne im laufenden Jahr
tion im Jahr 2005 gesprochen wird.                   das heißt mehr, als auf       wegen der anhaltend guten Geschäftslage wei-
    Dass vieles aus den 20er Jahren zum Teil frap-   Demonstrationen               ter.“ (zit. Nach German Foreign Policy v.
pierende Ähnlichkeiten mit der heutigen Entwick-     „Hoch die internationa-       29.9.05; vgl. auch Handelsblatt vom 26.9.05:
lung aufweist, ist nicht verwunderlich. Die Eigen-   le Solidarität“ zu rufen.     „Deutschlands Konzerne sind gut bei Kasse“)
tumsverhältnisse sind ja im Wesen die gleichen       Das heißt sich als Teil
8                                            „Ausrichtung Kommunismus“                                                      K 313

                                                                                       Und: Jeder könnte wissen, dass die Massener-
                                                                                    werbslosigkeit nicht beseitigt werden kann, durch
                                                                                    kein Konjunkturprogramm oder Forschungs- oder
                                                                                    Bildungsprogramm, sondern nur entweder durch
                                                                                    einen neuerlichen Krieg – oder durch den Sozia-
                                                                                    lismus.
                                                                                       Um den Weg zu Frieden und Demokratie durch
                                                                                    den Sozialismus offen zu halten, dazu brauchen
                                                                                    wir eine starke kommunistische Partei.
                                                                                       Sie ist auch entscheidende Voraussetzung, um
                                                                                    den Herren von Hochfinanz und Großindustrie
                                                                                    den Weg in Faschismus und Krieg zu versperren.
                                                                                       Dazu braucht es betriebliche und gesellschaft-
                                                                                    liche Vertrauensleute und ihren Zusammen-
                                                                                    schluss, Räte, die in der Lage sind, die Arbeiter-
                                                                                    klasse und alle Kräfte aus der Bauernschaft und
                                                                                    dem Kleinbürgertum zu mobilisieren, die sich
                                                                                    nicht von der deutschen Finanzoligarchie in die
                                                                                    nächste Katastrophe führen lassen wollen. Volks-
Am 5. Oktober 2005 gelingt   des weltweiten Kampfs der Arbeiter und unter-          front hieß das früher einmal. Sie ist die Antwort
es 16oo AEG-Kollegen das     drückten Völker gegen den Imperialismus zu be-         auf den Lockruf der Faschisten von der „Volksge-
Nürnberger Werk für 24       greifen und vor allem die Besitzer der Banken und      meinschaft“, mit der sie uns als Kanonenfutter für
Stunden lahmzulegen.         Fabriken hier, im eigenen Land, anzugreifen mit        den Krieg gegen „den Rest der Welt“ abrichten
                             dem Ziel, ihnen die Macht zu entreißen, die wir        wollen.
                             selbst und die Völker der Welt so grausam gespürt         Und wir brauchen die Kommunistische Partei
                             haben und mehr und mehr wieder spüren.                 nicht zuletzt, um selbst bei einer (unwahrschein-
                                Von den Führern der neuen Linkspartei erwar-        lichen) Neuauflage der 1968er-Rebellion, nicht
                             ten wir diese Zielklarheit nicht. Was wir erwar-       noch einmal den Weg zu gehen: Zersplitterte lin-
                             ten ist, dass sie zu den im Wahlkampf gestellten       ke Zirkel und Parteien, die in der Friedens- oder
                             Forderungen stehen und ihnen allen Nachdruck           Öko-Bewegung aufgegangen und am Ende über-
                             verleihen.                                             wiegend bei den Grünen gelandet sind (siehe z.B.
                             Weg mit Hartz IV!                                      die Geschichte des KBW oder des KB), um in den
                             Besteuerung der Reichen!                               Wärmestuben der Parlamente und Regierungen
                             Rückruf aller deutschen Truppen aus dem Ausland!       schnell ihre Vorstellungen verdampfen zu lassen.

                                Wir wissen, dass diese Forderungen nicht im         Burgkrieg statt Burgfrieden!
                             Parlament durchgesetzt werden. Der alte Bundes-        Hinein in die Gewerkschaft – Kein Frieden mit
                             tag hat noch mit erdrückender Mehrheit die Aus-        dem Kapital!
                             weitung des Afghanistan-Mandats beschlossen.           Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
                             Man könnte das als Denkzettel für die Linke auf-       Volksfront statt Volksgemeinschaft!
                             fassen, dass man sich einig ist, uns zu ignorieren –   Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt
                             sobald die Wahl gelaufen ist. Im neuen Bundestag       deutscher Imperialismus!
                             erwarten wir also von der Fraktion der Linken,         Für den Wiederaufbau der Partei Rosa Luxem-
                             dass sie zum Sprachrohr der Proteste und Aktio-        burgs, Karl Liebknechts und Ernst Thälmanns, der
                             nen z.B. gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr         KPD!
                             wird, und nicht in SPD-Manier Abstimmung statt
                             Organisation von Aktionen predigt.                              Fraktion Ausrichtung Kommunismus
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