Zur Bundestagswahl 2005 - Demokratie verteidigen - Große Koalition angreifen - von Links
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4 „Ausrichtung Kommunismus“ K 313 Zur Bundestagswahl 2005 Demokratie verteidigen – Große Koalition angreifen – von Links Das Ergebnis räten bei der Deutschen Bank z.B., bei der Münchner Rück, bei Bayer, bei Volkswagen, bei Sonntag, 18.9.2005 – ein Genuss zu sehen, wie Hochtief, bei Thyssen-Krupp. Er ist ein die Gesichter der Volksbefrager und Volksver- Schlüsselfunktionär des deutschen Großkapi- dummer immer länger wurden. Das hatten sie tals mit CSU-Parteibuch. nicht erwartet: Die Linke-PDS mit 8,7 Prozent im Parlament, die schon bei 25 Prozent gesehe- Vom Stellenwert der Parteien ne SPD mit 34,3 und die Grünen mit 8,1 Prozent. Die als sicher gehandelte und in den Medien für das Kapital schon an die Regierung gehievte schwarz-gelbe Regierung war geplatzt. CDU und vor allem die Pierer kennt aber auch den Stellenwert von CSU mit massiven Verlusten (- 9,4%) und star- Parteien für das Kapital. Wenn es darum geht, die ker Dämpfer für die Nazi-Parteien NPD und Rep. Arbeiter und die anderen Werktätigen mit sanf- Die Wut über das Einseifen der Schröder-Regie- tem Druck, sprich mit „Reformen“, gegen das ei- rung hatte die Wähler doch nicht hinreißen las- gene Interesse, das Geld aus der Tasche zu zie- sen, für die Vollrasur durch den reaktionären hen, braucht das Kapital die SPD. So war er denn Bürgerblock zu stimmen – immerhin. Und eigent- auch „Berater“ (also Tonangeber) von Gerhard lich ein deutlicher Ruck gegen Rechts, der sich Schröder. schon im Wahlkampf mit dem Auftreten der neu- Wenn sich das Kapital aber auf den Großangriff en Linkspartei abgezeichnet und alle Parteien gegen die Arbeiterklasse vorbereiten will (mit allen veranlasst hatte, sich wieder Phrasen von sozia- Auseinandersetzungen unter den führenden Kapita- ler Gerechtigkeit abzuquälen. Wenn in diesem listengruppen selbst und im Lager der Reaktionäre Land der Wählerwille etwas gelten würde, wenn und Faschisten); darauf, die ganze Last der Krise auf das „Volk“, von dem ja angeblich „alle Staatsge- die Lohnabhängigen abzuwälzen, sie all ihrer demo- walt“ ausgeht, etwas zählen würde, wäre die lo- kratischen Rechte, sozialen Errungenschaften und gische Konsequenz, eine Regierung aus SPD – Organisationen zu berauben, um sie als willenlose Die Linke. PDS und den Grünen zu bilden. Und Masse wieder gegen andere Völker und Nationen an wenn die Sprüche des Wahlkampfs zählten: Es die Schlachtbank zu führen. Wenn es darum geht, würde eine Regierung gegen die obszöne Macht dann reicht die SPD nicht mehr, und schon gar nicht des Reichtums und der Reichen, gegen die wach- eine SPD, die an Einfluss in der Arbeiterklasse ver- sende Armut im Land, für die Stärkung der Ge- loren hat. werkschaften, für mehr Solidarität, für mehr Zu testen, wie viel an Einfluss die SPD be- Demokratie gegen Faschismus und Rassismus. reits verloren hat, dazu sollten die vorgezogenen Wahlen dienen. Zu diesem Zweck ließen die Die Macht schlägt zu Herren Piech (der Enkel des „Wehrwirtschafts- führers“ Ferdinand Porsche) und Pischetsrieder Am Sonntag, am 18.9.2005, hatte das Volk (Stoiber-Förderer aus seiner Zeit bei BMW in dann aber auch seine Schuldigkeit getan. Die alt- München) von VW die Affären ihres Betriebs- bekannten Kappen traten wieder ins Rampen- ratsvorsitzenden auffliegen und gaben den Hel- licht. In der Gesprächsrunde bei ARD war den und Namensgeber der gegen die Arbeiter- Schröder sich als Erstes mit Merkel einig, dass klasse gerichteten Reformen, ihren sozialdemo- die Linkspartei außen vor bleibt bei allen Ko- kratischen Arbeitsdirektor Peter Hartz, der so alitionsgesprächen, um sich dann zu balgen, wer herzhaft und beflissen ihre Melodie gepfiffen denn nun den Auftrag für die Regierungsbildung hatte, der öffentlichen Schande preis. Auch ein habe. Mohr, der gehen durfte. Am Montag, den 19.9., wurde dann deutlich, Ungeniert durften auch die Paladine der CSU wer wirklich die Macht im Lande hat. und CDU ihr Kampfprogramm gegen das Volk Siemens kündigt die Streichung von mehr als ausbreiten, über Mehrwertsteuererhöhung pala- 10.000 Stellen seiner geschätzten Mitarbeiter vern, über Beseitigung von Kündigungsschutz, an. Der Profit liege ja erst bei schlappen 3,4 Mil- Steuerfreiheit für Zulagen, über den Neubau von liarden Euro. Verkündet wurden die neuerli- Kernkraftwerken. Und die Demoskopen machten chen Grausamkeiten von Klaus Kleinfeld, der für die Begleitmusik dazu: die Wähler würden all das diese „Arbeit“ mal so eben runde 3 Millionen am Wahltag honorieren. In der verbreiteten Hoch- Euro pro Jahr kassiert. Sein Vorgänger als Sie- stimmung darüber, dass die Kälber schon weich- mens-Boss war Heinrich von Pierer (offizielles geklopft wären, ihre eigenen Metzger zu wählen, Gehalt 3,4 Millionen im Jahr 2004); der sitzt wollte dann Ende August, Herr von Pierer auch jetzt im Aufsichtsrat von Siemens und darf – wie öffentlich zeigen, wo er wirklich hingehört und man sieht – den Herrn Kleinfeld kontrollieren. worauf das Kapital zu setzen gedenkt. Er ließ sich Aber damit es von Pierer nicht langweilig wird, als künftiger Chef-Wirtschaftsberater einer Kanz- sitzt er auch noch in ein paar anderen Aufsichts- lerin Angela Merkel feiern.
K 313 „Ausrichtung Kommunismus“ 5 Merkel: Sie segelt offen un- ter der Flagge des Kapitals. (An ihrer Seite der Präsi- dent des Kapitalistenver- bands, Dieter Hundt) Merkel und die Neuorientie- US-Imperialismus bei der Neuaufteilung der Welt, nicht zuletzt der Ölquellen, erfordern (s. KAZ rung in der Außenpolitik 301). Das und nicht irgendwelche Friedensliebe war die Motivation der Schröder/Fischer-Regie- Was macht denn den sprühenden Charme von rung bei ihrer Positionierung gegen den – selbst- Frau Merkel für so einen Strippenzieher wie Sie- verständlich ungerechten – Krieg der USA gegen mens-Pierer aus? Merkel hatte die Weiterführung den Irak. Auch hier gilt: Der Mohr hat seine Schul- des sozialen Kahlschlags versprochen – das gehört digkeit getan, der Mohr kann gehen. ja beim Kapital schon zu den Minimalvoraussetzun- gen zur Regierungsfähigkeit. Wichtiger aber noch Die Erfahrungen mit der war die Neuorientierung in der Außenpolitik. Merkel – und hinter ihr Stoiber – stehen für eine „Großen Koalition“ – Wiederannäherung des deutschen Imperialismus 1966 und 1928 an den US-Imperialismus, um auf dieser Grundla- ge wieder mehr Spielräume für den deutschen Im- Schon in der Wahlnacht hatte sie etwa Olaf perialismus in der Dominierung der europäischen Henkel, der ehemalige Vorsitzende des Bundes- Konkurrenten, vor allem Frankreichs und Eng- verbands der deutschen Industrie (BDI) gefordert. lands zu gewinnen. Unwillkürlich denkt man an 1966. Der KZ-Bau- Nachdem Hoechst-Aventis an den französi- meister Lübke ist Bundespräsident, Kiesinger, der schen Konkurrenten Sanofi gegangen war, hatte Abteilungsleiter aus dem Goebbelsschen Reichs- Siemens eigentlich als Gegenleistung die Auslie- propagandaministerium wird Bundeskanzler und ferung des Alstom-Konzerns in deutsche Hand Franz Strauß, der NS-Offizier für wehrgeistige erwartet. Dem hatte sich die französische Regie- Führung, wird Bundesfinanzminister. Willy rung verwehrt. Dies war der Hintergrund, dass die Brandt, der Widerstandskämpfer, aber auch be- Anti-Irak-Kriegs-Koalition von Schröder, und währte Antikommunist, reicht den ehemaligen Chirac zu zerbröckeln begann. Nazi-Chargen die Hand. Er wird Außenminister, Seitdem verschärft sich der deutsche Kurs bei um den Erosionsprozess im sozialistischen Lager EADS (DaimlerChrysler, Lagardère, französischer zu beschleunigen („Wandel durch Annnäherung“). Staat mit je 30,17 Prozent). An seiner Seite Karl Schiller als Wirtschaftsmini- Der Einstieg des französischen Rüstungskon- ster, der einstmals bei der Deutschen Bank die zerns Thales beim U-Boot-Ausrüster Atlas Elek- ökonomische Beute aus den Feldzügen der Nazi- tronik in Bremen wird von Thyssen-Krupp, die in- Wehrmacht berechnen und beurteilen durfte. Die zwischen den U-Boot-Bau in der BRD vollstän- herausragende Leistung dieser Koalition: Die Ver- dig kontrolliert, zurückgewiesen. abschiedung der antidemokratischen Notstands- Und als strategische Gegenmaßnahme, um gesetze – noch heute in Kraft, die Lebensmittel- Frankreich unter Druck setzen zu können, ließ sich marken sind schon gedruckt. Dagegen entwickel- der Pierer-Zögling und -Nachfolger Klaus Klein- te sich die außerparlamentarische Opposition und feld in den Aufsichtsrat der weltgrößten Bank, der die Studentenbewegung. Das politische Klima in Citicorp, berufen, wo er nun mit Vertretern Ro- Westdeutschland schlug um. Die große Koalition ckefellers, der großen Rüstungskonzerne und der zerbrach vorzeitig. Die Chemiekonzerne des US-Monopolkapitals auf glei- SPD ging gestärkt dar- cher Augenhöhe sitzt. aus hervor. Viele Linke „Nachdem Stoiber noch nichts gesagt hat, weiß Den Weg dazu freigemacht hatte Schröder, der schöpften Hoffnung, ich nicht, was mein Wille ist“, so Günther Beck- im Auftrag der deutschen Bosse mit dem langjäh- dass die Zeichen auf stein (Mittelbayrische Zeitung 22.9.2005). Da rigen Boss und jetzigen Aufsichtsvorsitzenden der Frieden, Demokratie plädiert der mächtige Mann an den Schalthebeln Citicorp, Sandy Weill, verkehrt (O-Ton: „Ich bin und Sozialismus ge- von Polizei, Gefängnissen und „Ausreisezen- stolz darauf, dass er sagt, wir sind befreundet.“) stellt würden. Das ist tren“ jetzt schon auf Befehlsnotstand, wenn er Schröder hatte mit seinem Auftreten gegen den die eine historische einmal für seine brutale Politik gegen Asylsu- Irak-Krieg auch die längerfristigen Interessen des Parallele. chende, Ausländer und Demokraten vor Ge- deutschen Imperialismus vertreten, die ein zuneh- Aber die SPD konn- richt gestellt wird. mend eigenständiges Auftreten gegenüber dem te damals schon auf
6 „Ausrichtung Kommunismus“ K 313 1928) gezogen. „Beredt erklärten führende Sozialdemokraten, das Volk müsse ein Machtwort sprechen, damit der Bürgerblock beseitigt und der Ausplünderung des Volkes durch Zölle und indirekte Steuern (heute vor allem Mehrwertsteuer) ein Ende berei- tet werde. Sie versprachen den Wählern, eine von der SPD geleitete Regierung werde die Mittel für die Reichswehr kürzen, die Besitzsteuern erhö- hen, die gesetzliche Anerkennung des Achtstun- dentages veranlassen, die Lohnsteuer und andere Massensteuern senken, die in der Zeit des Bürger- blocks beschlossenen Zölle abbauen und die Ren- ten für Sozial- und Kleinrentner erhöhen.“ (aus Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 8, Berlin 1968, S. 162) – Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor! Bei den Wahlen im Mai 1928 wuchs die SPD von 7,9 auf 9,2 Millionen Wähler, die KPD von 2,7 auf 3,3 Millionen. Die großen bürgerlichen Parteien (DNVP, Zentrum/BVP, DVP, DDP) hat- ten zusammen 13,3 Millionen Stimmen. Die Nazi- Schröder: Je offener er un- eine lange Tradition in Koalitionen mit bürger- Partei erreichte gerade einmal 0,8 Millionen. ter der Flagge des Kapitals lichen Parteien zurückblicken. Sie begann mit Gustav Stresemann (von der großbürgerlichen segelt, desto mehr verliert er der Zustimmung der SPD-Führer zu den Kriegs- DVP; die heutige FDP sieht u.a. in dieser Partei den Einfluss in die Arbei- krediten zur Finanzierung des von Deutschland ihre Wurzeln), ein Vertrauensmann des deutschen terklasse und damit sein vom Zaun gebrochenen 1. Weltkriegs im August Finanzkapitals, unterstützte eine Koalition von politisches Gewicht. (Ne- 1914. Sie wurde fortgesetzt zur Niederschla- Parteien des Bürgerblocks mit der SPD: Die ben ihm besagter Hundt) gung der Revolution von 1918 und der folgen- Linksentwicklung in den arbeitenden Klassen den Aufstände in Bayern 1919, in Sachsen, in dürfe keinesfalls übersehen werden, und man der Niederwerfung der Roten Ruhrarmee 1920, müsse beachten, „dass in dem Augenblick, wo die in Hamburg 1923. Als politische Vertreter der Sozialdemokratie und der Kommunismus durch Arbeiteraristokratie, die sich im Kapitalismus eine ablehnende Haltung des Bürgertums näher eingerichtet und mit den Monopolherrn verstän- aneinander heranrücken..., eine ganz starke Ge- Deshalb gilt die Losung, digt hatte, hatten sie dem deutschen Monopol- fährdung für die deutsche Politik und die deutsche wie schon 1928: „Diesem kapital Macht und Eigentum gerettet. Ab 1924 Wirtschaft zu erwarten ist.“ (G. Stresemann, Ver- System keinen Mann und war die SPD in der Opposition. Auf Druck ih- mächtnis, Bd. 3, Berlin 1933, S. 315, zit. a.a.O., S. keinen Groschen!“ rer eigenen Anhänger beteiligten sich einzelne 166). In einer Wirtschaftszeitung aus dem Jahr SPD-Führer an der 2005 liest man als Überschrift: „Große Koalition Kampagne zur Fürsten- soll Linksruck der SPD verhindern“ (FTD 10.8.). enteignung und gegen So kam im Juni 1928 die von dem rechten Sozi- den Bau von neuen aldemokraten Herrmann Müller als Reichskanz- Panzerkreuzern, die ler geführte große Koalition zustande. Hermann das Tor zur unum- Müller war den Herrschaften durchaus als einer schränkten Wiederauf- bekannt, der im Zweifel rücksichtslos die Inter- rüstung des deutschen essen der Arbeiterklasse und die Selbstachtung für Imperialismus aufsto- das Kapital und das „Vaterland“ der Bourgeoisie ßen sollten. Als 1927/ zu opfern bereit war. Sie hatten ihn 1919 als Au- 28, noch in Zeiten der ßenminister vorgeschickt, um seine Unterschrift Hochkonjunktur, unter den Versailler Vertrag zu setzen. Er war Streiks auf die Tages- 1920 Kanzler – unmittelbar nach der Niederschla- ordnung kamen, hiel- gung des Putschversuchs Kapp-Lüttwitz und noch ten es die noch parla- während des darauf folgenden Kampfs an der mentarisch orientier- Ruhr, als die SPD-Führung die in der Roten-Ruhr- ten Teile der deut- Armee kämpfenden Arbeiter an Reichswehr und schen Hochfinanz und Freikorps auslieferte. Großindustrie für op- Müller enttäuschte die Erwartungen der Bosse portun, die SPD wie- nicht. Gegen erheblichen Widerstand in der eige- der in die Regierungs- nen Partei setzte er durch: Statt Abrüstung Pan- verantwortung zu neh- zerkreuzerbau, statt Steuern auf Besitz Erhöhung men. der Verbrauchssteuern, statt Einheitsfront der Ar- Die SPD-Führung beiterklasse Todesschüsse auf Arbeiter beim Ber- war gegen die weitere liner Blutmai (verantwortlich Müllers Innenmi- Aufrüstung („Für Kin- nister Carl Severing, SPD) derspeisung – gegen Als die mit dem Börsenkrach vom Oktober Panzerkreuzerbau!)“, 1929 ausgelöste Große Krise auf Deutschland für sozialen Ausgleich übergriff, trat der Reichsverband der deutschen In- und Wirtschaftsdemo- dustrie mit einer Denkschrift „Aufstieg oder Nie- kratie in den Wahl- dergang?“ an die Öffentlichkeit. Kernsatz war: kampf (April/Mai „Die deutsche Wirtschaft muss von allen unwirt-
K 313 „Ausrichtung Kommunismus“ 7 Die Mehrheit der Gewerk- schafter bezieht Stellung gegen die Notstandsgesetze (1. Mai 1968, Köln) schaftlichen Hemmungen befreit werden. Die geblieben. Doch Geschichte wird von den Massen Vorbelastung der Produktion durch Steuern ist gemacht. Sie können lernen, damit das einmal auf das unumgänglich notwendige Maß zurückzu- Geschehene sich nicht wiederholt. dämmen.“ (zit. Nach W. Ruge, Deutschland 1917-1933, Berlin, 1974, S. 345). Unter „unwirt- Was ist zu lernen? schaftlichen Hemmungen“ verstanden die deut- schen Monopolherrn die erkämpften politischen Der „parlamentarische Arm der Arbeiterbewe- und sozialen Rechte. Zynisch griffen sie die Sozi- gung“, wie Die Linke. PDS von Genossen wie alleistungen als „Fürsorgestaat“ an. Klaus Ernst etwa gesehen werden will, muss ver- Die Regierung Müller zerbrach an den Aus- dorren, wenn es nicht gelingt, in den Betrieben und einandersetzungen um die Arbeitslosenversiche- auf der Straße Gegenmacht gegen das reaktionäre rung. Die SPD-Fraktion verweigerte Müller die Programm einer Großen Koalition (s. den Artikel Unterstützung angesichts der angestrebten Kür- „Das Wirtschaftsprogramm der Reaktion“) aufzu- zungen und mit Blick auf ihre Partei und die bauen. Er wird verdorren, wenn in den Gewerk- Wähler. Im März 1930 kapitulierte die Regierung schaften nicht die Ideologie der Sozialpartner- Müller. Die folgenden Reichstagswahlen brach- schaft, des Sozialchauvinismus und Sozialimperia- ten den vor allem von den Ruhrbaronen Thyssen, lismus zurückgedrängt wird. Das heißt die Linie Krupp u.a. geförderten Nazis den Durchbruch. Sie von „sozial(istisch)“ in Worten, aber chauvini- erhielten 6,4 Millionen Stimmen, achtmal soviel stisch und imperialistisch in der Tat angreifen, eine wie 1928, und zogen als zweitstärkste Fraktion Linie, die gerade erst wieder so erbärmlich vor- in den Reichstag geführt wurde. Etwa bei VW, wo die IG-Metall- Das Folgende ist weitgehend bekannt. Es folg- Führung sich erpressen ließ, um angeblich eine te die Regierung von Heinrich Brüning, eines Auslagerung der Produktion ( des „Marrakesch“) Manns des Zentrums (auf diese Partei beziehen nach Portugal zu verhindern. Oder bei Atlas Elek- sich CSU und CDU gleichermaßen als ihre Wur- tronik, wo man sich ausgerechnet hinter Thyssen- zel), der die Geschäfte des Finanzkapitals unter Krupp stellte, um eine Übernahme durch Thales weitgehender Ausschaltung des Parlaments bei zu verhindern. Duldung durch die SPD-Führung und gestützt auf Die Umarmung von den Reaktionär im Reichspräsidentenamt, den Ge- Monopolbourgeoisie „Die Spitzenunternehmen der deutschen Wirt- neralfeldmarschall von Hindenburg, führte. Er und Arbeiteraristokra- schaft haben eine Liquiditätsreserve von mehr regierte bis die Würfel im Finanzkapital endgül- tie, wie sie in einer Gro- als 100 Milliarden Euro angesammelt und be- tig gegen die Aufrechterhaltung des parlamenta- ßen Koalition zelebriert reiten nach Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis rischen Scheins und für die Nazidiktatur gefallen wird, heißt für die Ar- neue Übernahmeoffensiven in konkurrierenden waren, für die Vorbereitung des zweiten Anlaufs beiter alles zu tun, sich Nationalstaaten vor. Dies ist das Ergebnis ei- zur Eroberung der Weltherrschaft, für Krieg und aus dem Würgegriff der ner soeben veröffentlichten Untersuchung deut- Faschismus, für die Beseitigung der bürgerlichen eigenen Herren zu lösen, scher Firmenanalysten. ... Weitere Spielräume Demokratie. sich politisch selbstän- eröffnen sich den Unternehmen durch hohe Pen- Die „Große Koalition“ von 1966-69 rief Wider- dig auf eigener Grundla- stand hervor und führte zu einer Bewegung nach ge als Klasse zu organi- sionsrückstellungen für die Betriebsrenten ihrer Links. Die „Große Koalition von 1928-30 ebnete sieren. Und diese Mitarbeiter. Die entsprechenden Beträge sind den Weg zu Faschismus und Krieg. Diese histori- Grundlage kann nur inzwischen zu einer Summe von rund 110 Milli- schen Erfahrungen sind in Rechnung zu stellen, sein: Proletarischer In- arden Euro aufgelaufen. Zudem verbessert sich wenn über die Perspektiven einer Großen Koali- ternationalismus. Und die Kassenlage der Konzerne im laufenden Jahr tion im Jahr 2005 gesprochen wird. das heißt mehr, als auf wegen der anhaltend guten Geschäftslage wei- Dass vieles aus den 20er Jahren zum Teil frap- Demonstrationen ter.“ (zit. Nach German Foreign Policy v. pierende Ähnlichkeiten mit der heutigen Entwick- „Hoch die internationa- 29.9.05; vgl. auch Handelsblatt vom 26.9.05: lung aufweist, ist nicht verwunderlich. Die Eigen- le Solidarität“ zu rufen. „Deutschlands Konzerne sind gut bei Kasse“) tumsverhältnisse sind ja im Wesen die gleichen Das heißt sich als Teil
8 „Ausrichtung Kommunismus“ K 313 Und: Jeder könnte wissen, dass die Massener- werbslosigkeit nicht beseitigt werden kann, durch kein Konjunkturprogramm oder Forschungs- oder Bildungsprogramm, sondern nur entweder durch einen neuerlichen Krieg – oder durch den Sozia- lismus. Um den Weg zu Frieden und Demokratie durch den Sozialismus offen zu halten, dazu brauchen wir eine starke kommunistische Partei. Sie ist auch entscheidende Voraussetzung, um den Herren von Hochfinanz und Großindustrie den Weg in Faschismus und Krieg zu versperren. Dazu braucht es betriebliche und gesellschaft- liche Vertrauensleute und ihren Zusammen- schluss, Räte, die in der Lage sind, die Arbeiter- klasse und alle Kräfte aus der Bauernschaft und dem Kleinbürgertum zu mobilisieren, die sich nicht von der deutschen Finanzoligarchie in die nächste Katastrophe führen lassen wollen. Volks- Am 5. Oktober 2005 gelingt des weltweiten Kampfs der Arbeiter und unter- front hieß das früher einmal. Sie ist die Antwort es 16oo AEG-Kollegen das drückten Völker gegen den Imperialismus zu be- auf den Lockruf der Faschisten von der „Volksge- Nürnberger Werk für 24 greifen und vor allem die Besitzer der Banken und meinschaft“, mit der sie uns als Kanonenfutter für Stunden lahmzulegen. Fabriken hier, im eigenen Land, anzugreifen mit den Krieg gegen „den Rest der Welt“ abrichten dem Ziel, ihnen die Macht zu entreißen, die wir wollen. selbst und die Völker der Welt so grausam gespürt Und wir brauchen die Kommunistische Partei haben und mehr und mehr wieder spüren. nicht zuletzt, um selbst bei einer (unwahrschein- Von den Führern der neuen Linkspartei erwar- lichen) Neuauflage der 1968er-Rebellion, nicht ten wir diese Zielklarheit nicht. Was wir erwar- noch einmal den Weg zu gehen: Zersplitterte lin- ten ist, dass sie zu den im Wahlkampf gestellten ke Zirkel und Parteien, die in der Friedens- oder Forderungen stehen und ihnen allen Nachdruck Öko-Bewegung aufgegangen und am Ende über- verleihen. wiegend bei den Grünen gelandet sind (siehe z.B. Weg mit Hartz IV! die Geschichte des KBW oder des KB), um in den Besteuerung der Reichen! Wärmestuben der Parlamente und Regierungen Rückruf aller deutschen Truppen aus dem Ausland! schnell ihre Vorstellungen verdampfen zu lassen. Wir wissen, dass diese Forderungen nicht im Burgkrieg statt Burgfrieden! Parlament durchgesetzt werden. Der alte Bundes- Hinein in die Gewerkschaft – Kein Frieden mit tag hat noch mit erdrückender Mehrheit die Aus- dem Kapital! weitung des Afghanistan-Mandats beschlossen. Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Man könnte das als Denkzettel für die Linke auf- Volksfront statt Volksgemeinschaft! fassen, dass man sich einig ist, uns zu ignorieren – Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt sobald die Wahl gelaufen ist. Im neuen Bundestag deutscher Imperialismus! erwarten wir also von der Fraktion der Linken, Für den Wiederaufbau der Partei Rosa Luxem- dass sie zum Sprachrohr der Proteste und Aktio- burgs, Karl Liebknechts und Ernst Thälmanns, der nen z.B. gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr KPD! wird, und nicht in SPD-Manier Abstimmung statt Organisation von Aktionen predigt. Fraktion Ausrichtung Kommunismus
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