Zwischennutzung Was ist im Zusammenhang mit Zwischennutzungen speziell zu beachten?
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Zwischennutzung Was ist im Zusammenhang mit Zwischennutzungen speziell zu beachten? lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
I. Was ist eine Zwischennutzung Bei einer Zwischennutzung geht es um eine vorüber- gehende Nutzung von leerstehenden Objekten (Räume, Wohnungen, Gebäude, Areale, Brachflächen). Es geht um die Überbrückung des Zeitraums, bis eine vorgesehene, neue Nutzung umgesetzt werden kann. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Typischerweise kommen Zwischennutzungen in folgenden Fällen vor: a) Überbrückung des Zeitraums zwischen einer Kündigung des Mietverhältnisses und der Realisierung eines Bauvorhabens (Abbruch / Neubau oder umfassende Sanierung), wobei die Kündigung entweder von Mieterseite ausgehen kann oder auch im Rahmen einer Sanierungskündigung vom Vermieter. Von einer Sanierungskündigung spricht man dann, wenn der Vermieter im Hinblick auf ein konkretes Sanierungsvorhaben sämtliche Mietverhältnisse in einer Liegenschaft kündigt. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Das Bundesbericht erachtet Sanierungskündigungen unter folgenden Voraussetzung für zulässig: – Die geplanten Sanierungsarbeiten schränken die Weiterbenutzung des Mietobjekts erheblich ein, was namentlich dann der Fall ist, wenn die Sanierungsarbeiten nach dem Auszug der Mieter rascher und günstiger ausgeführt werden können. – Zum Zeitpunkt der Kündigung muss ein ausgereiftes Sanierungs- projekt vorliegen, welches es erlaubt, zu beurteilen, ob der Auszug des Mieters aufgrund der vorgesehenen Sanierung notwendig ist. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
b) Projektentwicklungen, die noch nicht abgeschlossen sind oder die aufgrund von fehlenden Rahmenbedingungen oder fehlenden Be- willigungen noch nicht umgesetzt werden können. In diesen Fällen geht es darum, vorausschauend zu planen und die Zwischen- nutzung so auszugestalten, dass sie einer späteren Umsetzung des Projekts nicht im Wege steht. c) Vorübergehende Nutzung von Leerständen bei Neubauten bis ein definitiver Mieter gefunden werden kann. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
II. Vorteile / Nachteile einer Zwischennutzung Eine Zwischennutzung bringt für den Eigentümer folgende Vorteile: – Vermeidung der Besetzung von leerstehenden Liegenschaften – Vermeidung von Vandalen-Akten – Pflege des Gebäudes – Standortaufwertung bei Neubauobjekten oder sanierten Liegen- schaften mit Leerständen – Generierung von Einnahmen (abhängig von der rechtlichen Aus- gestaltung der Zwischennutzung) – Allenfalls positives Image in der Öffentlichkeit lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Die Zwischennutzung kann für den Eigentümer jedoch auch mit Nachteilen/Risiken verbunden sein. Das grösste Risiko in diesem Zusammenhang ist die Gefahr, dass die Nutzer nicht auf den vorgesehenen Termin ausziehen und das Sanierungsprojekt dadurch eine Verzögerung erfährt. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Zwischennutzungsverträge unsorgfältig ausgearbeitet worden sind und der Nutzer von Wohn- und Geschäftsräumen in den Genuss der Kündigungsschutz- bestimmungen des Mietrechts kommt oder wenn der Nutzer auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nutzung das Objekt nicht verlässt und Ausweisungsverfahren notwendig werden lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Die Zwischennutzung ist für die Nutzer mit folgenden Vorteilen verbunden: – Günstige Konditionen für die Zwischennutzung, welche in der Regel weit unter dem Marktpreis liegen (ideal für Studenten, Kultur- schaffende, Startup‘s, Kleingewerbe) – Grösseres Mass an Flexibilität und Eigeninitiative wie bei einer normalen Nutzung lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Die Zwischennutzung hat für den Nutzer jedoch den Nachteil, dass die Nutzung zeitlich beschränkt ist und je nach Ausgestaltung des Zwischennutzungsvertrags relativ kurzfristig und plötzlich zu Ende gehen kann. Zudem sind die Zwischennutzungsverträge in der Regel so ausgestaltet, dass die Beendigung des Nutzungsverhältnisses weder angefochten noch eine Erstreckung verlangt werden kann. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
III. Parteien einer Zwischennutzung Eigentümer Nutzer Nutzer Nutzer lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Eigentümer Zwischennutzungsorganisation Nutzer Nutzer Nutzer lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Im Bereich der Zwischennutzung sind vermehrt Organisationen aktiv, welche sich auf die Zwischennutzung von leerstehenden Objekten spezialisiert haben. Sie stellen dem Eigentümer im Zusammenhang mit der Zwischennutzung umfassende Dienstleistungen zur Verfü- gung und übernehmen für ihn die ganze Bewirtschaftung der Zwischennutzung. Sie bilden quasi die Verbindung zwischen Eigen- tümer und Nutzer und organisieren die Zwischennutzung für den Eigentümer. Beispiele für Zwischennutzungsorganisationen: Verein Zwischennutzungen Basel, Verein Unterdessen, Projekt Interim GmbH, WoVe (Verein Studentische Wohnvermittlung). lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Vorteile für den Eigentümer: – Zwischennutzung kann outgesourct werden / kein Aufwand für den Eigentümer – Zwischennutzungsorganisation verfügt über ein Netzwerk poten- tieller Zwischennutzer – Zwischennutzungsorganisation ist spezialisiert auf Zwischen- nutzungen – Zwischennutzungsorganisation hat ein Interesse am Funktionieren der Zwischennutzung, um wieder berücksichtigt zu werden – Kein direktes Vertragsverhältnis zwischen Eigentümer und Nutzer lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
IV. Rechtliche Ausgestaltung der Zwischennutzung Aus Sicht des Eigentümers ist insbesondere die fristgerechte Rück- gabe des zwischengenutzten Objekts von zentraler Bedeutung. Es muss somit, wenn immer möglich, sichergestellt werden, dass der Nutzer die Beendigung der Zwischennutzung nicht anfechten oder eine Erstreckung verlangen kann. Eine Verzögerung eines Bauprojekts kommt in der Regel teuer zu stehen. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Für die Zwischennutzung stehen grundsätzlich zwei Rechtsverhältnisse zur Verfügung: – Gebrauchsleihe (Art. 305 ff OR) – Miete (Art. 253 ff OR) lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Gebrauchsleihe Die Gebrauchsleihe wird vielfach als die ideale Vertragsform für die Zwischennutzung angesehen. a) Unter Gebrauchsleihe versteht man die unentgeltliche Über- lassung einer Sache zum Gebrauch. Gegenstand einer Gebrauchs- leihe können bewegliche und unbewegliche Sachen – Immobilien – sein. b) Unentgeltlichkeit bedeutet, dass der Entlehner (Nutzer) dem Verleiher (Eigentümer) für den Gebrauch der Sache keine Gegenleistung, namentlich kein Entgelt erbringen darf. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Die Gebrauchsleihe ist für den Nutzer zwar unentgeltlich, aber nicht kostenlos, denn gewisse Kosten, dürfen im Rahmen der Gebrauchs- leihe auf den Nutzer überwälzt werden. – Der Eigentümer darf dem Nutzer die Kosten, welche mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen (=Nebenkosten), in Rechnung stellen bzw. ihm überbinden. – Der Eigentümer darf dem Nutzer grundsätzlich auch die Kosten für den gewöhnlichen Unterhalt in Rechnung stellen, bzw. überbinden. Der ausserordentliche Unterhalt in Form von grösseren Reparaturen oder dem Ersatz von Einrichtungen, Geräten und Apparaten geht jedoch zu Lasten des Eigentümers. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Achtung: Werden dem Nutzer mehr als die Nebenkosten und die Kosten des gewöhnlichen Unterhalts überbunden, so liegt keine Unentgelt- lichkeit mehr vor und das Rechtsverhältnis ist als Mietverhältnis zu qualifizieren. Namentlich die Überbindung des gesamten Unterhalts der Liegenschaft bzw. des Nutzungsobjekts an den Nutzer ist im Rahmen der Gebrauchsleihe nicht möglich. Wird dies trotzdem so vereinbart, geht die Praxis von einer Entgeltlichkeit aus und kommt Mietrecht zur Anwendung. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
c) Der grosse Vorteil der Gebrauchsleihe gegenüber dem Mietrecht besteht darin, dass die mietrechtlichen Kündigungsschutzbestim- mungen bei der Gebrauchsleihe von Wohn- oder Geschäfts- räumen nicht zur Anwendung kommen. Die Parteien sind bei der vertraglichen Gestaltung vollkommen frei: Es bestehen keine gesetzlichen Formvorschriften Es können beliebige Befristungen oder Kündigungsmöglich- keiten vereinbart werden. Wird diesbezüglich nichts verein- bart, so kann die Sache namentlich jederzeit zurückgefordert werden Kündigungsschutz und Erstreckungsmöglichkeiten gibt es bei der Gebrauchsleihe nicht. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
d) Bei der vertraglichen Ausgestaltung der Gebrauchsleihe ist insbesondere dem Aspekt der Unentgeltlichkeit grosse Beachtung zu schenken, denn es ist auf jeden Fall zu vermeiden, dass bei einer gerichtlichen Überprüfung des Gebrauchsleihvertrags eine Entgeltlichkeit angenommen wird. Dies hätte fatale Folgen, weil dann das Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Nutzer – ungeachtet der im Vertrag gewählten Bezeichnung – als Miete qualifiziert wird. Bilden Wohn- oder Geschäftsräume Gegenstand der Vereinbarung, so führt dies zur Anwendung der Kündigungs- schutzbestimmungen des Mietrechts (Formularpflicht, Möglich- keit der Kündigungsanfechtung, Erstreckung). lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
e) Die Gebrauchsleihe ist deshalb für Zwischennutzungen gut geeignet, weil damit die mietrechtlichen Kündigungsschutz- bestimmungen vermieden werden können und man ein hohes Mass an Flexibilität zur Verfügung hat. Aufgrund der Möglichkeit, die Sache jederzeit zurückzuverlangen, können auch unbefristete Gebrauchsleihverträge abgeschlossen werden, was insbesondere bei längerfristigen Zwischennutzungen aufgrund einer laufenden Projektentwicklung (z. B. Umnutzung eines ganzen Areals) von Vorteil ist. Mit der Gebrauchsleihe kann auch ein Teil der Liegenschafts- kosten auf den Nutzer überwälzt und damit eine Kostenersparnis erreicht werden. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Miete Auch die Miete kommt für die rechtliche Umsetzung von Zwischen- nutzungen grundsätzlich in Frage. a) Die Miete ist insbesondere bei Wohn- und Geschäftsräumen mit erheblich mehr Risiken behaftet als die Gebrauchsleihe. Das Miet- recht ist gespickt mit formellen Bestimmungen und insbesondere die Kündigungsschutzbestimmungen (Kündigungsanfechtung und Erstreckung) stellen für Zwischennutzungen ein erhebliches Pro- blem dar, welches insbesondere die termingerechte Rückgabe des Mietobjekts erheblich gefährdet. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
b) Das Risiko von Kündigungsanfechtungen kann damit ausgeschaltet werden, dass im Rahmen von Zwischennutzungen nur befristete Mietverträge abgeschlossen werden, welche von sich aus und ohne Erfordernis einer Kündigung auf den vereinbarten Termin zu Ende gehen. Die Befristung kann auf ein bestimmtes Datum oder auf eine bestimmte Dauer erfolgen. Die Befristung des Mietvertrags kann aber auch so ausge- staltet werden, dass das Mietverhältnis bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses zu Ende geht. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
c) Auch bei befristeten Mietverhältnissen hat der Mieter bei Wohn- und Geschäftsräumen grundsätzlich die Möglichkeit, spätestens 60 Tage vor Ablauf der Vertragsdauer ein Erstreckungsbegehren zu stellen. Der Gesetzgeber hat jedoch mit Artikel 272a Abs. 1 lit. d OR eine Bestimmung geschaffen, die es erlaubt, im Hinblick auf ein bevor- stehendes Umbau- oder Abbruchvorhaben Mietverträge nur für die begrenzte Zeit bis zum Baubeginn oder bis zum Erhalt der erforderlichen Bewilligung abzuschliessen und eine Erstreckung auszuschliessen. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Damit der Erstreckungsausschlussgrund von Art. 272a Abs. 1 lit. d OR zum Tragen kommen kann, muss zum Zeitpunkt des Abschlus- ses des Mietvertrags eine einigermassen konkretisierte Planung hinsichtlich des Umbau- oder Abbruchvorhabens vorliegen. Die Planung muss einen Konkretisierungsgrad aufweisen, der es er- laubt, abzuschätzen, was der Vermieter konkret realisieren will und wann dies in etwa der Fall sein wird. Ein Baubegehren muss jedoch noch nicht eingereicht sein. Der Erstreckungsausschluss von Art. 272a Abs. 1 lit. d OR ist somit nicht anwendbar für Fälle, wo sich das Projekt erst in einer Entwicklungsphase befindet und noch nicht konkret feststeht, was schlussendlich realisiert werden soll. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Das Gesetz nennt als Umstände, welche die Auflösung des Miet- vertrags bewirken und im Anschluss daran die Erstreckung aus- schliessen, den Baubeginn und den Erhalt der erforderlichen Bewilligung. Der Baubeginn kann von den Parteien bei Abschluss des Mietvertrags genauer definiert werden und wenn er zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags bereits klar absehbar ist, zeitlich festgelegt werden. Bei der Bau- oder Abbruchbewilligung verlangt die Mehrheit der Lehre, dass eine rechtskräftige Bewilligung vorliegen muss. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Beispiel 1 für eine Zwischennutzungsklausel: „Die Mietpartei hat Kenntnis davon, dass die Vermieterin die Liegenschaft, in welcher sich das vorgenannte Mietobjekt befindet, abbrechen und durch einen Neubau ersetzen will, und anerkennt, dass diesbezüglich eine konkrete Planung vorliegt. Das vorliegende Mietverhältnis wird im Hinblick auf das bevorstehende Abbruch- und Bauvorhaben der Vermieterin abgeschlossen und ist bis zum Erhalt der rechtskräftigen Abbruchbewilligung befristet. Die Mietpartei verpflichtet sich, das Mietobjekt innerhalb von 30 Tagen ab Vorliegen der rechtskräftigen Abbruchbewilligung definitiv zu verlassen. Auf diesen Zeitpunkt geht das Mietverhältnis von sich aus, ohne Kündigung und ohne Möglichkeit einer Erstreckung definitiv zu Ende. Die Parteien dieses Mietvertrags sind sich einig, dass es sich beim vorliegenden Vertrag um einen Vertrag gemäss Art. 272a Abs. 1 lit. d OR handelt und dass eine Erstreckung des Mietverhältnisses ausgeschlossen ist.“ lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Beispiel 2 für eine Zwischennutzungsklausel: „Die Mietpartei hat Kenntnis davon, dass die Vermieterin im Frühjahr des Jahres 2019 eine umfassende Sanierung der Liegenschaft vornimmt, welche aufgrund der erheblichen Eingriffe in die Bausubstanz und die Wohnungen nur im unbewohnten Zustand vorgenommen werden kann, und anerkennt, dass diesbezüglich eine konkrete Planung vorliegt. Das vorliegende Mietverhältnis wird deshalb im Hinblick auf die vorgenannte, umfassende Sanierung der Liegenschaft abgeschlossen und ist bis zum 31. März 2019 (Baubeginn) befristet. Auf diesen Zeitpunkt geht das Mietverhältnis von sich aus, ohne Kündigung und ohne Möglichkeit einer Erstreckung, definitiv zu Ende. Die Parteien dieses Mietvertrags sind sich einig, dass es sich beim vorliegenden Mietvertrag um einen Zwischennutzungsvertrag gemäss Art. 272a Abs. 1 lit. d OR handelt und dass eine Erstreckung des Mietverhältnisses ausgeschlossen ist.“ lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Weitere Punkte von rechtlicher Relevanz – Es empfiehlt sich, für Zwischennutzungen spezielle Verträge auszu- arbeiten und keine Formularverträge zu verwenden. – Insbesondere wenn es um die Zwischennutzung von Abbruchob- jekten oder stark sanierungsbedürftigen Objekten geht, sind auch spezielle Regeln betreffend Gebrauchstauglichkeit und Ausmass des Unterhalts aufzunehmen, da der Eigentümer in einem solchen Fall nicht mehr bereit ist, grössere Unterhaltarbeiten zu leisten. – Ebenfalls zu beachten ist, dass gewisse Zwischennutzungen weitere behördliche Bewilligungen bedürfen. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
V. Restrisiko Zwischennutzung Das grösste Risiko einer Zwischennutzung ist die nicht termingerechte Rückgabe des Zwischennutzungsobjekts und die damit verbundene Bauverzögerung. Dieses Risiko kann durch die sorgfältige Auswahl der Zwischennutzer sowie eine sorgfältige Vertragsgestaltung minimiert werden. Doch alle Sorgfalt bei der Auswahl der Zwischennutzer und der Ver- tragsgestaltung kann das Risiko, dass der Nutzer bei Ablauf der Zwi- schennutzung einfach im Objekt bleibt und dieses nicht wie vertrag- lich vereinbart zurückgibt, nicht vollkommen ausschliessen. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
In diesem Fall muss der Eigentümer staatliche Hilfe in Anspruch nehmen und gegen den Nutzer, der das Zwischennutzungsobjekt nicht termingerecht abgegeben hat, ein Ausweisungsverfahren einleiten. Die Zivilprozessordnung stellt dafür im Rahmen des Rechtsschutzes in klaren Fällen ein summarisches Verfahren zur Verfügung, welches zu einem schnellen richterlichen Entscheid führen soll. Die Raschheit des Verfahrens zeigt sich insbesondere in verkürzten Fristen und teilweise auch in Beweisbeschränkungen. Das summarische Verfahren für den Rechtsschutz in klaren Fällen kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn es sich sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht um einen klaren Fall handelt. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Die Tatsache, dass das summarische Ausweisungsverfahren nur dann zur Verfügung steht, wenn ein rechtlich und tatsächlich klarer Fall vorliegt, zeigt auf, wie wichtig die sorgfältige Vertragsgestaltung bei der Zwischennutzung ist. Ebenfalls wichtig ist, dass man bei der Ausgestaltung des Vertrags z. B. bei der Gebrauchsleihe nicht zu weit in die Grenzbereiche zwischen Gebrauchsleihe und Miete vordringt und insbesondere dem Aspekt der Unentgeltlichkeit grosse Bedeutung einräumt. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Auch wenn der Gesetzgeber mit dem Verfahren für den Rechtsschutz in klaren Fällen ein relativ schnelles Verfahren zur Verfügung stellt, so muss der Begriff Schnelligkeit bei gerichtlichen Verfahren erheblich relativiert werden. Auch bei einem optimalen Verlauf dauert ein Ausweisungsverfahren in erster Instanz mehrere Monate und die Verfahrensdauer fällt unter Umständen noch länger aus, wenn der Nutzer die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpft. Dieses Risiko kann man wie folgt minimieren: – Baubeginn so terminieren, dass noch Luft für ein allfälliges Ausweisungsverfahren besteht. – Vereinbarung einer Konventionalstrafe im Zwischennutzungsvertrag lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Beispiel für die Formulierung einer Konventionalstrafe: «Verletzen die Nutzer ihre Verpflichtung, die Räumlichkeiten spätestens am 31. März 2019 geräumt und besenrein gereinigt zurückzugeben, so schulden sie in solidarischer Haftbarkeit ab dem ersten Tag, d.h. ab 1. April 2019, für jeden Tag um den das Objekt verspätet zurückgegeben wird, eine Konventionalstrafe von Fr. 500.00. Die Bezahlung der Konventionalstrafe entbindet nicht von der Verpflichtung, das Objekt zurückzugeben und der Eigentümer ist ungeachtet der Konventionalstrafe berechtigt, umgehend die Ausweisung zu beantragen. Weitergehende Schadenersatzansprüche bleiben vorbehalten.» lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
VI. Fazit Auch wenn bei einer Zwischennutzung Risiken bestehen, so ist doch festzuhalten, dass eine Zwischennutzung grundsätzlich eine gute Lö- sung darstellt, um leerstehende Objekte bis zur Realisierung eines Bauprojekts zu nutzen, allfällige Besetzungen und Vandalen-Akte zu verhindern sowie die Liegenschaftskosten zu reduzieren und je nach vertraglicher Ausgestaltung sogar noch einen gewissen Ertrag zu er- zielen. Wie die Zwischennutzung schlussendlich konkret ausgestaltet wird und welche Rechtsform die Geeignete ist, hängt wesentlich auch vom Konkretisierungsgrad des vorgesehenen Bauprojekts ab und es ist in der Regel im Einzelfall zu klären, welche rechtliche Ausgestal- tung für die konkrete Zwischennutzung am besten passt. lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Danke für Ihre Aufmerksamkeit! lic. iur. Marco Giavarini, Advokat, Basel
Sie können auch lesen