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2|17 1|17 2|21 Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung WWW.HOCHSCHULE-UND-WEITERBILDUNG.NET Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung
Impressum Die Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung (ZHWB) ist die führende deutschsprachige Zeitschrift für Themen der wissenschaftlichen Weiterbildung und erscheint halbjährlich als Open-Access-Journal. Herausgeber Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. Universitätsplatz 12 D-34109 Kassel Geschäftsführender Herausgeber Prof. Dr. Wolfgang Jütte Universität Bielefeld Redaktion zhwb@dgwf.net Wolfgang Jütte, Prof. Dr. Universität Bielefeld Maria Kondratjuk, JProf. Dr. Technische Universität Dresden Claudia Lobe, Dr. Universität Bielefeld Mandy Schulze, Prof. Dr. Hochschule Zittau/Görlitz Therese E. Zimmermann, Dr. Universität Bern Lektorat und Koordination Carolin Alexander, M.A. Hochschule Magdeburg-Stendal © Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung 2 | 2021 ! Januar 2022 e-ISSN 2567-2673 ISSN: 0174-5859 Satz Svenja Klau
Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung
2 ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
Inhaltsverzeichnis · 3 Inhaltsverzeichnis 7 Editorial 7 WOLFGANG JÜTTE, CLAUDIA LOBE Stichwort: Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung 11 Thema Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung 11 MORITZ BAUER, JULIA GNIBL Bilder von Universität und deren Relevanz für die wissenschaftliche Weiterbildung 19 DOLLHAUSEN Planungskulturen in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Überlegungen zur Weiterentwicklung eines Konzepts zur Analyse von Angebotsplanungen 26 ELISE GLASS, CHRISTINE BAUHOFER, GABRIELE GRÖGER, ANDREAS MAI, BENJAMIN KLAGES Sonderweg oder Königsweg: Ein akteurs- und prozessorientiertes Modell für die Entwicklung weiterbildender Studiengänge 35 CHRISTINE GÖBBELS, JESSIKA BERTRAM Programmplanung aus pädagogischer Perspektive Ein Modellierungsansatz wissenschaftlicher Weiterbildung 43 ULRICH IBERER Vom „ eLearning“ zum „ Hybrid Learning“: Adaptionsprozesse in der Studiengangsentwicklung 52 MICHAEL VOLLSTÄDT, TONI CHARLOTTE BÜNEMANN Zwischen Innovation und Stagnation Nachhaltige Angebotsentwicklung in der wissenschaftlichen Weiterbildung ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
4 · Inhaltsverzeichnis 60 Projektwelten 60 NICOLE HÖHN, MARTINA PIWONKA, CAROLA PREISS, SUSANNE KLIPPEL Erfolgsfaktoren in der wissenschaftlichen Weiterbildung Ergebnisse einer Erhebung an bayerischen Hochschulen 68 SANDRA SCHAFFRIN, SANDRA TSCHUPKE, MARTINA HASSELER, VERA THIES Programmplanung und Entwicklung interprofessioneller wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote für Gesundheitsfachpersonal 75 Aus der Fachgesellschaft 75 Digitales Lernen und Lehren ist gekommen um zu bleiben Bericht zur Jahrestagung Higher Education 2021 der European Association of Distance Teaching Universities (EADTU) 77 Kooperativ, vernetzt – agil? Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Weiterbildung Bericht zur DGWF Jahrestagung 2021 an der Philipps-Universität Marburg in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen 79 Verzeichnis der Autor*innen ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
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DOI: HTTPS://DOI.ORG/10.11576/ZHWB-5012 · EDITORIAL · 7 Stichwort: Programmplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung WOLFGANG JÜTTE CLAUDIA LOBE Zur thematischen Schwerpunktsetzung weit gemeinsamen Standards für die Micro-Credentials bis Angebotsentwicklung und Programmplanung gehören 2025 benannt. Hierdurch sollen die Möglichkeiten für Über- zweifelsohne zum beruflichen Kerngeschäft in der wissen- gänge zwischen Berufsbildung und akademischer Bildung schaftlichen Weiterbildung. Dabei werden beim Programm- erleichtert, Lernmöglichkeiten flexibilisiert und kürzere planungshandeln recht unterschiedliche Ebenen tangiert: Lernzyklen etabliert werden. so werden „System-, Organisations-, Interaktions- und In- dividuumperspektiven antizipiert, miteinander in Verbin- Aspekte der Programmplanung und Angebotsentwicklung dung gebracht und in ein konkretisiertes Programmangebot wurden in den letzten Jahren verstärkt Gegenstand von überführt“ (Feld & Seitter, 2017, S. 89). Insofern gibt es zahl- Forschung. Im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs reiche thematische Anschlüsse zu bisherigen Schwerpunkt- „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ (Cendon et themen der Zeitschrift von „Zielgruppen“ (ZHWB 2017/1) al., 2020) sind neue Einsichten zur Bedarfserfassung und über „Formate“ (ZHWB 2019/1) bis hin zu „Kooperation und Nachfrageorientierung (Seitter, 2020), Aushandlungspro- Vernetzung“ (ZHWB 2021/1). Es gibt kaum Handlungsauf- zessen und Passungsproblemen (Denninger, 2020), Be- gaben, die nicht direkt oder indirekt mit der Entwicklung darfs- und Zielgruppenanalysen (Unger & Sann, 2020) und eines Weiterbildungsangebots zu tun haben. Helmut Vogt regionalen Bedarfen (Rohs, Schmidt & Dallmann, 2020) (2013) entwickelte im Sinne einer Planungshilfe stichwort- generiert worden. artig folgende Aufgabenfelder der Angebotsplanung: Benen- nung, Inhaltliche Schwerpunkte, Kompetenzen/intendierte Zunehmend wird die Rolle der digitalen Medien auf die Ver- Lernergebnisse, Zielgruppen/Adressatenkreis, Bedarfsana- änderung der Angebotsformen beleuchtet (Zawacki-Richter lyse/Marktanalyse, Didaktik/Methodik, Studienformat, & Stöter, 2020). Angesichts der sich gegenwärtig vollzie- Studienumfang, Abschluss/Zertifikat, Teilnahmevoraus- henden digitalen Transformation – verschärft durch die setzungen, Werbung/Öffentlichkeitsarbeit, Kooperation, Pandemie – sind die vielfältigen Konsequenzen noch nicht Gruppengröße, Lehrpersonen, Rolle der Fakultät/des Fach- absehbar. Programminnovationen werden weiterhin eine be- bereichs, Struktur- und Entwicklungsplanung, Koordi- deutende Rolle spielen. nierung, Entwicklung, Finanzierung, Entgelte/Gebühren, Qualitätssicherung/Evaluation. Die Liste ließe sich um Be- Die Erwachsenenbildungswissenschaft kann bis in die Ge- ratung, gerade auch vor dem Hintergrund von Profilbildun- genwart auf eine intensive begriffliche und forschende Aus- gen (Klenk 2018), erweitern. einandersetzung mit Programmplanung und Angebotsent- wicklung zurückblicken (Käpplinger & Robak, 2019). Dies Der Blick auf Angebotsformen und Formate (Christmann, schlägt sich in Lehrbüchern (Fleige et al, 2019) bis hin zu 2020) ist vertraut. Vor allem die Reorganisation des Studi- aktuellen Schwerpunktheften zum Themenfeld Programm- ums im Rahmen des Bologna-Prozesses führte mit einiger planungsforschung in den Fachzeitschriften nieder (siehe zeitlicher Verzögerung zur intensiven Beschäftigung mit Hessische Blätter für Volksbildung 2019, H. 2 und aktuell die der Struktur von Angeboten und der Standardisierung. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung 2022, H. 2). Verbandspolitisch wurde die Frage relevant durch die Emp- fehlungen der DGWF zur „Struktur und Transparenz von Für die wissenschaftliche Weiterbildung ergeben sich aus Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hoch- diesen Arbeiten zahlreiche Anregungen für weitergehende schulen in Deutschland“ (2018). Gegenwärtig zeichnet sich Forschung. So führt Reich-Claassen (2020) in ihrem syste- ein neuer bildungspolitischer Impuls auf europäischer und matisierenden Handbuchartikel zur Angebotsentwicklung nationaler Ebene ab: der Fokus auf Micro-Credentials. „A und Programmplanung in der wissenschaftlichen Wei- European approach to micro-credentials“ (European Com- terbildung Diskussionsstränge der Erwachsenenbildung mission, 2020) wird als Ziel für die Entwicklung von europa- mit denen des Bildungsmanagements zusammen – unter ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
8 · EDITORIAL besonderer Berücksichtigung der spezifischen Struktur- Elise Glaß, Christine Bauhofer, Gabriele Gröger, Andreas Mai logiken des Lernorts „Hochschule“. Auch im vorliegenden und Benjamin Klages nehmen zunächst eine Bestandsaufnah- Heft gibt es Beispiele für dieses Vorgehen. Noch aber „ist me unterschiedlicher literaturbekannter und z.T. empirisch vergleichsweise wenig darüber bekannt, wie Angebote wis- induzierter Rahmen- und Prozessmodelle der Studiengan- senschaftlicher Weiterbildung in ihren unterschiedlichen gentwicklung vor. Diese werden anschließend daraufhin Formaten tatsächlich geplant, entwickelt und durchge- befragt, welche zentralen Merkmale auch für die Studien- führt werden“ (Reich-Classen, 2020, S. 294). gangentwicklung in der wissenschaftlichen Weiterbildung relevant sind und inwiefern diese in ein idealtpyisches, ak- Eine praxistheoretische Deutung planenden Handelns teurs- und prozessorientiertes Modell für die Entwicklung wei- (Freide, 2020), der Blick auf die Autonomie von Programm- terbildender Studiengänge überführt werden können. planenden (Stimm et al, 2020) oder die mikrodidaktischen Planungen von Lehrenden (Stanik 2016) wären erkennt- Christine Göbbels und Jessika Bertram beleuchten das Span- nisgenerierend. Und da wäre noch die ganze Bandbreite der nungsfeld zwischen ökonomischen Planungsprinzipien Programmanalysen (Nolda, 2018), die bisher eher noch ver- und pädagogischen Gestaltungsansprüchen. Sie entwerfen einzelt im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung auf- aus pädagogischer Perspektive einen Modellierungsansatz, genommen werden (Tschupke, 2020). Vor dem Hintergrund der das wertoffene Modell der beruflichen Handlungs- einer nachfrageorientierten Angebotsplanung wäre es ver- kompetenz mit dem Konzept der akademischen Bildung mutlich ebenfalls lohnenswert, sich mit „Inszenierungen“ verschränkt, so dass es eine normative Auslegung erhält. auf Basis von Bildanalysen (Dörner 2012) – sei es bspw. von Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung können Gebäude- und Seminarraumdarstellungen (Nolda 2016) bis durch die Einordnung in das Modell daraufhin befragt hin zu Visualisierungen vom Karriereaufstieg durch Weiter- werden, inwiefern sie ‚verwertbare‘ und ‚zweckfreie‘ Bil- bildung – auseinanderzusetzen dung enthalten. Ulrich Iberer macht Spuren von Planungsprozessen in den Zum vorliegenden Heft Veränderungen sichtbar, die Studienangebote der wissen- Die breite Resonanz auf den Call „Programmplanung und schaftlichen Weiterbildung über einen längeren Zeitraum Angebotsentwicklung in der wissenschaftlichen Weiterbil- hinweg erfahren. Am Beispiel des berufsbegleitenden Mas- dung“ zeugt von den unterschiedlichen Facetten und Pers- terstudiengangs „Bildungsmanagement“ an der PH Lud- pektiven, mit denen Programmplanungshandeln in der wis- wigsburg werden im Kontext der digitalen Transformation senschaftlichen Weiterbildung reflektiert werden kann. Adaptionsprozesse in der Studiengangentwicklung über einen Zeitraum von 16 Jahren aufgezeigt. Moritz Bauer und Julia Gnibl setzen an den Erwartungs- haltungen der Adressat*innen als Bezugspunkt für das Der Beitrag von Michael Vollstädt und Toni Charlotte Büne- Programmplanungshandeln in der wissenschaftlichen mann setzt das Konzept der Nachhaltigkeit in Bezug zur An- Weiterbildung an. Mithilfe von Expert*innen-Interviews gebotsentwicklung in der wissenschaftlichen Weiterbildung. arbeiten sie heraus, welche Bilder von Universität organisati- Über Verbindungen zur Entrepreneurship- und Organisati- onale Adressat*innen vor der ersten Kontaktaufnahme mit onsforschung und agilen Arbeitsformen, wird ein innovatives der wissenschaftlichen Weiterbildung haben. Die ambiva- Nachhaltigkeitsverständnis entworfen und drei aus dem ökolo- lenten Bilder von Distanziertheit und Praxisferne, Vertrau- gischen Diskurs entlehnte Nachhaltigkeitskategorien, Effi- enswürdigkeit und Kompetenz gepaart mit einer geringen zienz, Suffizienz und Konsistenz, für die Angebotsplanung Sichtbarkeit werfen die Frage auf, wie die Akteur*innen der vorgeschlagen. wissenschaftlichen Weiterbildung auf diese Bilder Bezug nehmen können. Die Beiträge in der Rubrik „Projektwelten“ greifen das Schwerpunktthema entlang unterschiedlicher Entwick- Mit dem Konzept der Planungskulturen lotet Karin Dollhau- lungsprojekte auf. sen theoretische und empirische Anknüpfungspunkte für die Erforschung von Angebotsplanungen in der wissen- Nicole Höhn, Martina Piwonka, Carola Preiss und Susanne schaftlichen Weiterbildung aus. In den Blick rücken die Klippel fragen nach Erfolgsfaktoren für die Etablierung von Wissensbestände, Deutungs- und Interpretationsleistungen Weiterbildungsangeboten in der wissenschaftlichen Wei- von Planungsverantwortlichen in den Aushandlungs- und terbildung. Vorgestellt werden Ergebnisse einer quantitati- Vermittlungsprozessen, die mit der Programmplanung ver- ven Befragung von Verantwortlichen für wissenschaftliche bunden sind. Planungskulturelle Typen, die aus einem DFG- Weiterbildung an Hochschulen im Freistaat Bayern, die aus Projekt im Bereich der allgemeinen Erwachsenenbildung einer Initiative der Landesgruppe Bayern hervorgegangen hervorgegangen sind, werden daraufhin befragt, welche ge- ist. Dabei wird die Bedeutung unterschiedlicher Faktoren genstandsbezogenen und theoretischen Anpassungen vorge- wie Reputation, Marketingansätze und -instrumente, Rah- nommen werden können, um aktuelle Entwicklungen in der menbedingungen und Qualität für den finanziellen Erfolg wissenschaftlichen Weiterbildung sichtbar zu machen. von Weiterbildungsangeboten ausgelotet. ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
EDITORIAL · 9 Sandra Schaffrin, Sandra Tschupke, Martina Hasseler und Vera Freide, S. (2020). Programmplanung als pädagogische Prak- Thies setzen sich mit dem Spannungsfeld zwischen einem tik. Überlegungen zu einer praxeologischen Deutung pla- steigenden gesellschaftlichen Bedarf an akademisch quali- nenden Handelns. Der Pädagogische Blick, H. 4, 228-237. fizierten Pflegefachpersonen und den Weiterbildungsbarri- eren und -anforderungen dieser Zielgruppe im Hinblick auf Käpplinger, B. & Robak, S. (2019). Editorial. Zur Verortung ihre Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung aus- von Programmplanung. Hessische Blätter für Volksbildung, einander. Anhand eines interprofessionellen Weiterbildungs- H. 2, S. 103–110. programms auf Fakultätsebene zeigen sie auf, inwiefern eine bedarfsgerechte Programmentwicklung umgesetzt werden Klenk, J. (2018). Angebots- und Profilentwicklung als Be- kann, die den besonderen Bedürfnissen der unterschiedli- ratungsanlass. Erfahrungen einer kleinen Weiterbil- chen Berufsgruppen in den Pflege- und Gesundheitsfachbe- dungseinrichtung. In J. Klenk (Hrsg.), Weiterbildung an rufen entspricht. Hochschulen gestalten: Fallstudien aus Baden-Württemberg (S. 167–176). Bielefeld: WBV. Literatur Nolda, S. (2016). Abbild und Konzept. Gebäudedarstellungen in Programmen der Erwachsenbildung/ Weiterbildung. Cendon, E., Wilkesmann, U., Maschwitz, A., Nickel, S., Hessische Blätter für Volksbildung, H. 1, 38–52. Speck, K., Elsholz, U. (Hrsg.). (2020). Wandel an Hoch- schulen? Entwicklungen der wissenschaftlichen Weiterbil- Nolda, S. (2018). Programmanalyse in der Erwachsenenbil- dung im Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: dung/Weiterbildung – Methoden und Forschungen. In offene Hochschulen“. Münster: Waxmann. https://doi. A. von Hippel & R. Tippelt (Hrsg.), Handbuch Erwachsenen- org/10.31244/9783830991069 bildung/Weiterbildung (S. 433–449). Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19979-5_22 Christmann, B. (2020). Angebotsformen und Formate wis- senschaftlicher Weiterbildung. In W. Jütte & M. Rohs Reich-Claassen, J. (2020). Angebotsentwicklung und Pro- (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung (S. 263– grammplanung in der wissenschaftlichen Weiterbildung. 278). Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978- In W. Jütte & M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche 3-658-17643-3_13 Weiterbildung (S. 279–297). Wiesbaden: Springer VS. https:// doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_14 Denninger, A. (2020). Bedarfstransformationsprozesse als Ursache von Passungsproblemen zwischen Angebot und Rohs, M., Schmidt, H.-J. & Dallmann, H.-U. (Hrsg.) (2020). Nachfrage. Ergebnisse einer unternehmensinternen Aufstieg durch Bildung? Regionale Bedarfe als Grundlage wis- Prozessanalyse. Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung senschaftlicher Weiterbildung. Bielefeld: wbv Media. (ZHWB), H. 1, 55–62. Seitter, W. (2020). Bedarfserfassung und Nachfrageorientie- DGWF. (2018). Struktur und Transparenz von Angeboten der rung in der wissenschaftlichen Weiterbildung. In W. Jütte wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen in Deutsch- & M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiter- land. Empfehlung. bildung (S. 315–328). Wiesbaden: Springer VS. https://doi. org/10.1007/978-3-658-17643-3_16 Dörner, O. (2012). Bildanalysen in der Erwachsenenbildungs- forschung. In B. Schäffer & O. Dörner (Hrsg.), Handbuch Stanik, T. (2016). Mikrodidaktische Planungen von Lehren- Qualitative Erwachsenen- und Weiterbildungsforschung den in der Erwachsenenbildung: Theoretische und empi- (S. 291–306). Opladen: Budrich. rische Annäherungen an ein Forschungsdesiderat. Zeit- schrift für Weiterbildungsforschung. Report, 39 (3), 317–330. European Commission. Directorate General for Education, https://doi.org/10.1007/s40955-016-0076-7 Youth, Sport and Culture. (2020). A European approach to micro-credentials: output of the micro credentials higher edu- Stimm, M., Gieseke, W., Thöne-Geyer, B. & Fleige, M. (2020). cation consultation group: final report. Luxembourg: Publi- Relative Autonomie von Programmplanenden in koopera- cation Office. tiven Beziehungen der Volkshochschulen. Hessische Blät- ter für Volksbildung, H. 4, S. 9–18. https://doi.org/10.3278/ Feld, T. C. & Seitter, W. (2017). Organisieren. Stuttgart: Kohl- HBV2004W002 hammer. Tschupke, S. (2020). Programmanalyse als methodischer Fleige, M., Gieseke, W., Hippel, A. von, Käpplinger, B. & Zugang zur Untersuchung pflegebezogener Studien- Robak, S. (2019). Programm- und Angebotsentwicklung in gänge für beruflich Qualifizierte. In W. Jütte, M. Kon- der Erwachsenen- und Weiterbildung. Bielefeld: wbv Media. dratjuk & M. Schulze (Hrsg.), Hochschulweiterbildung https://doi.org/10.36198/9783838552828 als Forschungsfeld. Disziplinäre, theoretische, empirische ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
10 · EDITORIAL und methodische Zugänge (S. 277–295). Bielefeld: wbv Media. Unger, F. & Sann, U. (2020). Empirische Forschung als Fun- dament gelingender Bedarfs- und Zielgruppenanalysen für wissenschaftliche Weiterbildungsformate sowie als Gestaltungselement teilnehmendenorientierter Lern- settings. In W. Jütte, M. Kondratjuk & M. Schulze (Hrsg.), Hochschulweiterbildung als Forschungsfeld. Disziplinäre, the- oretische, empirische und methodische Zugänge (S. 241–257). Bielefeld: wbv Media. Vogt, H. (2013). Planungshilfen für Weiterbildende Studien. Hochschule und Weiterbildung H. 2, 71–72. Zawacki-Richter, O. & Stöter, J. (2020). Angebotsformen des Fernstudiums mit digitalen Medien in der wissen- schaftlichen Weiterbildung. In W. Jütte & M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung (S. 299–314). Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3- 658-17643-3_15 Autor*innen Prof. Dr. Wolfgang Jütte wolfgang.juette@uni-bielefeld.de Dr. Claudia Lobe claudia.lobe @uni-bielefeld.de ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
DOI: HTTPS://DOI.ORG/10.11576/ZHWB-5013 · MORITZ BAUER, JULIA GNIBL · 11 Bilder von Universität und deren Relevanz für die wissenschaftliche Weiterbildung MORITZ BAUER JULIA GNIBL Abstract terbildung als vierte Kernaufgabe deutscher Hochschulen festgeschrieben wird, gewinnt die wissenschaftliche Weiter- Hochschulen sind immer mehr gefordert als eigenständige bildung1 spätestens seit der Jahrtausendwende zunehmend Anbieterinnen auf dem offenen Weiterbildungsmarkt zu an Relevanz. In Folge der Gesetzesnovelle, als auch der Emp- agieren. Wenngleich in den letzten Jahren ein leichter An- fehlung des Wissenschaftsrats im Jahr 2006, wonach „die stieg zu verzeichnen ist, machen Angebote wissenschaftli- akademische Weiterbildung […] zu einer Kernaufgabe der cher Weiterbildung jedoch noch immer einen nur geringen Universitäten werden [muss]“ (S. 4), operieren Hochschu- Marktanteil aus. Eine Vielzahl an Publikationen hat sich len immer mehr als eigenständige Anbieterinnen auf dem ursachenforschend mit dieser Divergenz zwischen politisch offenen Weiterbildungsmarkt2. In den letzten Jahren setzt forciertem Anspruch und marktwirtschaftlicher Realität sich die Auflösung traditioneller Grenzziehungen zwischen auseinandergesetzt. Aus Sicht der Autor*innen spielt insbe- hochschulischer Erstausbildung und wissenschaftlicher sondere die Sicht von Adressat*innen auf wissenschaftliche Weiterbildung fort. Der Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg Weiterbildung und Universität zu einem Zeitpunkt vor der durch Bildung: offene Hochschulen“ (Cendon et al., 2020) ersten Kontaktaufnahme eine entscheidende Rolle. Dement- unterstützt seit 2011 Hochschulen bei der Entwicklung und sprechend untersucht der vorliegende Beitrag bei organisati- Einrichtung von berufsbegleitenden und weiterbildenden onalen Adressat*innen vorherrschende Bilder von Universi- Angeboten. Die (geplanten) Neufassungen der Landeshoch- tät und fragt nach deren Relevanz für die wissenschaftliche schulgesetzte der letzten und kommenden Jahre untermau- Weiterbildung. In der explorativen Studie wurden insgesamt ern die anhaltende Entwicklung. elf Expert*inneninterviews durchgeführt, anhand derer in- duktiv Bilder über Universität herausgearbeitet werden. Uni- Im Widerspruch dazu steht jedoch der Anteil der Teilnahme- versität wird darin zugleich als renommierte, wie distanzierte fälle wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote. Am gesam- Institution beschrieben. Die Aussagen der Befragten zeigen ten Weiterbildungsmarkt liegt dieser aktuell nur im mittle- auch, dass die Universität nicht als Anbieterin wissenschaft- ren einstelligen Bereich. Je nach Publikation werden derzeit licher Weiterbildung wahrgenommen wird. Zahlen von 5 % bis 6 % (BMBF, 2019; Schäfer, 2017) genannt. Wenngleich diese ein leichtes Wachstum ausweisen und Wida- Schlagworte: Bilder, Hochschule, Universität, wissenschaft- ny, Wolter und Dollhausen (2020, S. 237) aufgrund einer un- liche Weiterbildung zureichenden und variierenden Datengrundlage vermuten, „dass an Hochschulen weit mehr Weiterbildung stattfindet“, so erscheinen Hochschulen nichtsdestotrotz nur als ‚Small Play- 1 Einleitung er‘ auf dem Weiterbildungsmarkt. Die politische Forderung Angetrieben durch den Bologna-Prozess und die Novellie- nach mehr wissenschaftlicher Weiterbildung führt also nicht rung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 1998, in der Wei- gleichermaßen zu einem Ausbau des Angebots. 1 In diesem Beitrag als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnah- me einer Erwerbs- oder Familientätigkeit, wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht“ (KMK, 2001, S. 2) verstanden. 2 Der offene Weiterbildungsmarkt ist allen Zielgruppen zugänglich, während am geschlossenen Weiterbildungsmarkt nur ein jeweils begrenzter Personen- kreis (z.B. die Belegschaft einer Organisation) partizipieren kann (Schaeper, Schramm, Weiland, Kraft & Wolter, 2006; von Hippel & Stimm, 2020). ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
12 · THEMA Zahlreiche Publikationen gehen den Ursachen für den gerin- Jedoch bleibt der Blick auf organisationale Adressat*innen gen Marktanteil deutscher Hochschulen am Weiterbildungs- und deren Bilder über Hochschule zu einem Zeitpunkt, an markt nach. Vielfach beleuchten diese bereits bestehende dem diese noch nicht mit der Hochschule als Anbieterin oder sich in der Entwicklung befindliche Angebotsformate wissenschaftlicher Weiterbildung in Berührung gekommen bzw. deren Rahmenbedingungen (Walber & Wistinghausen, sind, bisher eher unberücksichtigt. 2020). Aus organisationspädagogischer Perspektive spielt der Zeitpunkt der Untersuchung insofern eine entscheiden- Beispielsweise Habeck und Denninger (2015) zeigen in de Rolle, als eine zuvor erfolgte Interaktion zwischen Or- ihrer Potenzialanalyse zu Bedarfen an wissenschaftli- ganisations- und Hochschulvertreter*innen insbesondere cher Weiterbildung und Möglichkeiten kooperativer An- auf Seiten der organisationalen Adressat*innen zu einem gebotsentwicklung erste Merkmalsbeschreibungen von erweiterten (Erfahrungs-)Wissen (Göhlich, 2012, 2018) über Hochschulen durch institutionelle Stakeholder aus dem wissenschaftliche Weiterbildung und somit zu erneuerten vorwiegend (mittel-)hessischen Raum. Die Autorinnen Bildern führen kann. Da im vorliegenden Beitrag davon aus- zeichnen ein ambivalentes Bild aus „positive[n] als auch gegangen wird, dass ein Interesse an wissenschaftlicher Wei- negative[n] Zuschreibungen“ (S. 207) an Hochschulen nach. terbildung (das ggf. zu einer Teilnahmeentscheidung führen Hochschulen werden unabhängig von wissenschaftlicher kann) vor einem Erstkontakt auf grundlegenden Erfahrun- Weiterbildung wahrgenommen und als einerseits angese- gen, Vorstellungen und Stereotypen – kurzum: Bildern – über hene Bildungsträger mit neuestem Wissensstand, ande- Hochschule basiert, wird folgender Frage nachgegangen: rerseits als schwer zugänglich, bürokratisch komplex und praxisfern beschrieben. Die Stichprobenzusammenset- Welche Bilder von Hochschule (hier: Universität) liegen auf Seiten zung unterscheidet sich dabei von der dieses Beitrags in- organisationaler Adressat*innen vor und welche Relevanz haben sofern, als dass die „organisationalen Bezüge [der Befrag- diese für die Nachfrage wissenschaftlicher Weiterbildung? ten] in einem breiten Spektrum von bereits bestehenden Kooperationen […] bis hin zu fehlendem Bezug angegeben Der Beitrag referiert zunächst knapp den aktuellen Stand [werden]“ (Habeck & Denninger, 2015, S. 210). Wolf (2011) der Forschung (Kap. 2) und beschreibt anschließend das in untersucht aus einer marketingwissenschaftlichen Pers- der explorativen Studie gewählte methodische Vorgehen pektive die individuellen und persönlichen Teilnahmemo- (Kap. 3). Aus den Aussagen der Befragten werden daraufhin tive erwerbsfähiger Hochschulalumni. Ziel ihrer Arbeit Bilder über Universität herausgearbeitet (Kap. 4), ins Verhält- ist die Entwicklung und empirische Überprüfung eines nis zueinander gesetzt (Kap. 5) und ein damit verbundenes Erklärungsmodells für die Teilnahmeabsicht an wissen- Spannungsfeld für die wissenschaftliche Weiterbildung auf- schaftlicher Weiterbildung sowie – daran anschließend gezeigt (Kap. 6). – die Formulierung von Handlungsempfehlungen für ein entsprechendes Marketing. Dabei legt sie dar, dass das Hochschulimage einen signifikanten (je nach Bewertung, 2 Aktueller Stand der Forschung positiven oder negativen) Einfluss auf die (Nicht-)Teil- Die Sichtung wissenschaftlicher Publikationen zeigt eine – nahmeentscheidung der Adressat*innen hat. Von Hippel vor allem in den letzten 10 Jahren entstandene – Fülle an (2008) analysiert mittels einer Produktklinik Gründe für Veröffentlichungen, die sich mit wissenschaftlicher Weiter- ausbleibende Anmeldungen und Verbesserungspotenzial bildung befassen. In der näheren Betrachtung finden sich eines berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengangs an zumeist empirische Beiträge, die unter anderem Themen der Universität Zürich. Anhand von Gruppendiskussio- der Qualitätssicherung, Lehr-Lernformate oder Professio- nen mit Interessierten, die sich gegen eine Teilnahme am nalisierungstendenzen und -notwendigkeiten fokussieren entsprechenden Studiengang entschieden, zeigt sie auf, (Walber & Wistinghausen, 2020). Auch der Frage nach den dass das Image der Universität auf das der wissenschaftli- Ursachen für den geringen Marktanteil deutscher Hoch- chen Weiterbildung einwirkt – je nach Zielgruppe (mit bzw. schulen am Weiterbildungsmarkt sowie möglichen Lö- ohne Universitätsabschluss) dabei teilnahmefördernd bzw. sungsansätzen wurde in zahlreichen Publikationen nach- -hemmend. gegangen. So erfährt beispielsweise die bedarfsorientierte Angebotsgestaltung (u.a. Denninger, 2020; Rohs, Vogel & Die genannten Publikationen liefern somit erste und maß- Van de Water, 2018; Seitter, 2020) große Aufmerksamkeit, gebliche Hinweise auf Zuschreibungen organisationaler wie auch – unter den Stichworten der Öffnung und Re- Adressat*innen. Aufgrund der geringen Anzahl an Unter- Organisation der Hochschulen – die Frage nach Verände- suchungen, den unterschiedlichen Fokussen sowie Stich- rungsbedarfen auf Seiten der Hochschulen und der betei- probenzusammensetzungen erscheint in der Gesamtheit ligten Akteure (u.a. Dollhausen, 2015; Hanft & Maschwitz, die Datenlage jedoch noch zu unvollständig, um eine er- 2012; Pohlmann & Vierzigmann, 2020). Ferner stehen die schöpfende Klärung konstatieren zu können. Zielgruppen wissenschaftlicher Weiterbildung und deren Bedarfe im Mittelpunkt etlicher Publikationen (u.a. Lobe, 2020; Schwikal & Neureuther, 2020; Seitter, 2017). ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
MORITZ BAUER, JULIA GNIBL · 13 Weiterbildung und an die beteiligten Akteure in Erfahrung 3 Methodisches Vorgehen zu bringen. Die vorliegenden Daten stellen eine explorative Teilauswer- tung des empirischen Materials der Begleitforschung eines Die Auswertung erfolgt mittels der inhaltlich strukturie- Projekts3 an einer bayerischen Volluniversität mit einem renden qualitativen Inhaltsanalyse (nach Kuckartz, 2018). breiten Angebot an wissenschaftlicher Weiterbildung in Zunächst wurden drei Hauptkategorien mit zwei bzw. drei Form von Seminaren und weiterbildenden Studiengängen Subkategorien induktiv gebildet. Anschließend wurden an- dar. Ziel des Projekts ist die Reorganisation wissenschaftli- hand des entwickelten Kategoriensystems insbesondere die cher Weiterbildung, weg von der bis dato vorherrschenden Passagen mit den artikulierten Erwartungen an und Vor- Angebotsorientierung hin zu einer Bedarfsorientierung. stellungen von Universität als Anbieterin wissenschaftlicher Weiterbildung analysiert, um daraus ableiten zu können, In die Analyse gehen die Aussagen von insgesamt elf welche Bilder von Universität auf Seiten organisationaler Expert*inneninterviews mit Organisationsvertreter*innen Adressat*innen vorliegen und welche Relevanz diese für die ein (Zeitraum: Oktober 2019 bis März 2021). Es wurden Nachfrage wissenschaftlicher Weiterbildung haben. sieben Vertreter*innen aus drei Organisationen in der Re- gion der Universität befragt: Dabei handelt es sich jeweils um die Geschäftsleitung und eine*n für Weiterbildung 4 Ergebnisdarstellung zuständige*n Mitarbeiter*in eines mittelständischen Un- ternehmens im Bereich der Datenlogistik (Orga1), einer 4.1 Universität als unsichtbare Verwaltungsbehörde (Orga2) sowie die Geschäftsleitung Weiterbildungsanbieterin und zwei Mitarbeiter*innen einer kunst-/kulturpädago- Wenig sichtbar gischen Einrichtung (Orga3), so dass im Hinblick auf die Die Frage nach den Erwartungen der organisationa- Qualifikationen der Mitarbeitenden, den betrieblichen bzw. len Adressat*innen an wissenschaftliche Weiterbildung persönlichen Qualifikationsbedarf sowie die Branche und und an eine bedarfsorientierte Angebotsgestaltung ver- Betriebsgröße eine möglichst heterogene Stichprobenzu- weist zunächst auf den Umstand, dass wissenschaftliche sammenstellung gegeben ist.4 Des Weiteren wurden Inter- Weiterbildung bislang nur wenig bis gar keine Rolle im views mit drei Mitarbeiter*innen und der Leitung der für Weiterbildungsportfolio der befragten Organisationen wissenschaftliche Weiterbildung zuständigen Abteilung der spielt. Trotz der räumlichen Nähe zur Universität ist den Universität (HS) geführt. 5 Diese wurden gebeten, die Sicht- Adressat*innen das Angebot wissenschaftlicher Weiterbil- weisen organisationaler Adressat*innen auf wissenschaftli- dung nicht bekannt. Neben der Tatsache, dass die Universi- che Weiterbildung, die ihnen in ihrem Berufsalltag begeg- tät „in dem ganzen privaten Weiterbildungswald“ (Orga1B2, nen, widerzuspiegeln. 162) einfach untergeht, äußert sich in den Reaktionen der Befragten vor allem Überraschung darüber, dass ein sol- Den Befragten wird insofern Expert*innenstatus zuge- ches Angebot überhaupt und schon derart lange existiert schrieben, als dass sie aufgrund ihrer individuellen organisa- und von der Universität entsprechend forciert wird. Die tionalen Positionen über Spezialwissen verfügen (Meuser & Befragten sind „verblüfft“ (Orga3B2, 177) und „wäre[n] da Nagel, 2009). Als Geschäftsleitungen bzw. für Weiterbildung gar nicht draufgekommen“ (Orga3B1, 53). Begründet wer- zuständige Mitarbeiter*innen verfügen die Adressat*innen den diese fehlende Kenntnisse in der augenscheinlichen über ein spezifisches Wissen über ihre jeweilige Organisati- Geschlossenheit universitärer Angebote. Der politische on und deren Weiterbildungsbedarfe und treffen Entschei- Auftrag der Universitäten, sich als staatliche Einrichtun- dungen über Weiterbildungsteilnahmen. Die universitären gen auf dem offenen Weiterbildungsmarkt zu etablieren, Vertreter*innen zeichnen sich als Expert*innen aus, da sie scheint bei den befragten Organisationen nicht präsent qua ihrer Berufsrolle mit entsprechenden Zuschreibungen zu sein. Die fehlende Wahrnehmung der Universität als und Erwartungen von Adressat*innen konfrontiert werden. Weiterbildungsanbieterin bzw. die fehlende Kenntnis über das Angebot wissenschaftlicher Weiterbildung wird von Ziel der leitfadengestützten Interviews im Rahmen der oben einer*einem Befragten folgendermaßen begründet: genannten Begleitforschung ist es, die bisherigen Weiter- bildungsaktivitäten und Weiterbildungsbedarfe der Orga- „die außeruniversitäre Wahrnehmung ist, dass das die Uni- nisationen sowie deren Erwartungen an wissenschaftliche versität nicht macht, es praktisch das Angebot gar nicht gibt. 3 Förderprogramm STEPS 2018, getragen durch das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst; Ziel des Förderpro- gramms ist der strategische Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung und des lebenslangen Lernens an bayerischen Hochschulen; weitere Informati- onen finden sich auf https://www.km.bayern.de/pressemitteilung/11315/.html 4 Verschiedene Untersuchungen (z.B. BMBF, 2021; Käpplinger, 2007; Kaufmann & Widany, 2013) legen nahe, dass mit den entsprechenden Kriterien unter- schiedliche Logiken der (organisationalen und persönlichen) Weiterbildungspraxis einhergehen. 5 Die Personenbezeichnungen setzen sich aus der jeweiligen Kurzbezeichnung der Organisation bzw. der Hochschule sowie dem Kürzel „B“ und einer pro Organisation/Hochschule fortlaufenden Nummerierung zusammen (also z.B. Orga2B1 für die*den erste*n Befragten der Verwaltungsbehörde). ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
14 · THEMA Dass die sich nicht als Weiterbildungsinstitut sieht“ (Orga1B2, 4.2 Universität als renommierte Institution 175-177). Angesehen und vertrauenswürdig Die befragten organisationalen Adressat*innen charakteri- Die*Der Organisationsvertreter*in spricht hierbei die „au- sieren Universität generell als renommierte Institution, die ßeruniversitäre Wahrnehmung“ an und bemüht zugleich aufgrund ihres Universitätsstatus hohes Ansehen genießt ein von außen antizipiertes Selbstbild der Universität, um zu und der ein hohes fachliches Niveau zugeschrieben wird. So erklären, weshalb die Universität nicht als Weiterbildungs- genießt sie „selbstverständlich einen großen Vertrauens- anbieterin wahrgenommen wird: Sie sieht sich selbst nicht bonus“ (Orga3B1, 182), „hat ein gutes Renommee“ (Orga3B2, als solche. 290) und ist „natürlich eine Adresse“ (Orga2B2, 326). Auf- fällig ist hierbei die häufige Verbindung mit Adjektiven wie Distanziert „selbstverständlich“, „natürlich“ oder „grundsätzlich“. Ein*e Ein weiterer, der Universität in mehreren Interviews zuge- Befragte*r sieht sogar eine potenzielle Übervorteilung gegen- schriebener Aspekt ist eine starke Distanziertheit. So wird die über privaten Weiterbildungsorganisationen auf dem freien Universität als Weiterbildungsanbieterin von einer*einem Markt: Organisationsvertreter*in als „zu weit weg“ beschrieben. Sie*Er erklärt, dass man sich lieber einen „Schulungsanbie- „Wo doch wahrscheinlich viele Kunden sagen würden ‚Ach Mensch, ter aus Köln“ (Orga1B2, 94) suche, als auf die benachbarte die Uni – das ist ja quasi dann geadelt‚ dann buche ich doch lieber Universität zuzugehen. da“ (Orga3B1, 189-191). „Die Hürden sind zu hoch. Das ist zu unbekannt, zu unklar und Die Symbolik eines „quasi geadelten“ Angebots verweist auf die Hürden sind zu hoch. […] Das ist viel zu weit weg. Die bürokra- ein grundlegendes Vertrauen, welches der Universität ent- tischen Hürden – so weit komme ich gar nicht, vermute ich, ohne gegengebracht wird. Das Logo der Universität scheint den sie zu kennen – sind schon zu hoch“ (Orga1B2, 86-96). Eindruck von Qualität zu vermitteln und für Wertigkeit zu stehen, was insbesondere den Wert von Teilnahmebeschei- Die Universität erscheint in dieser Beschreibung als beson- nigungen oder Zertifikaten steigert, „wenn da [der Name der ders bürokratisch, was sich durch „zu hohe Hürden“ äußert Universität] draufsteht“ (Orga2B1, 192). und damit zugleich eine unüberwindbar scheinende Distanz schafft. Was sich hinter den genannten Hürden verbirgt, Kompetent kann die*der Befragte selbst nicht genau in Worte fassen. Vornehmlich die fachliche Kompetenz und das hohe Niveau Sie*Er vermutet, dass es bereits bei der Suche nach Weiter- der Universität werden in den Interviews fortwährend betont. bildungsmöglichkeiten beginne und dass das wenig präsente So wird „ein sehr hohes fachliches Niveau“ (Orga1B1, 204), Angebot der Universität auf dem Weiterbildungsmarkt dazu das man „den Uni-Leuten auch zuschreiben“ würde (Orga2B1, führe, dass gar nicht in diese Richtung weitergedacht wird 148), erwartet. (Orga1B2, 98). „Man hätte natürlich als Kunde, hat man natürlich das Vertrauen, Die Erfahrungen der Universitätsmitarbeiter*innen un- dass das [Weiterbildungsangebot; Anm. d. Autor*innen] absolu- terstreichen diesen Eindruck; fühlen sie sich doch immer te Top-Qualität ist; nach neuesten wissenschaftlichen Standards, wieder mit der auf Adressat*innenseite fehlenden Kenntnis methodisch abgesichert. Also ich würde mich natürlich als Kunde konfrontiert. Viele Unternehmen zeigen sich überrascht und sehr, sehr wohlfühlen“ (Orga3B1, 173-176). „wusste[n] gar nicht, dass [die Universität] Weiterbildung an- bietet“ (HSB2, 142-143). Das Vertrauen in die Qualität universitärer Weiterbildungs- angebote, die nach neuesten wissenschaftlichen Standards „Da sind Firmen – das hängt aber damit zusammen, dass die die entwickelt werden, basiert laut einer*einem Befragten auf Uni nicht als Anbieter wahrnehmen von Weiterbildung – die kom- der Annahme, dass Wissenschaftler*innen einen regelmä- men gar nicht auf den Trichter zu sagen ‚Ich habe so und so viele ßigen Austausch mit der Fach-Community pflegen und dass Akademiker in der Firma […] – ich müsste vielleicht auf akade- neueste Erkenntnisse sowie ein lebendiger Austausch in der mischem Niveau mal was anbieten.‘ Also das ist noch gar nicht Hochschulforschung „Gang und Gäbe“ sind, um sich „fri- etabliert oder sehr wenig. […] Also dieser Transfer findet quasi sches Wissen“ anzueignen (Orga2B1, 126-135). nicht statt, weil die Uni nicht als Anbieter wahrgenommen wird“ (HSB1, 167-181). „Also grundsätzlich hat natürlich Uni natürlich ein hohes Anse- hen, völlig klar, weil das ist ja Hochschulforschung. Ich denke Es scheint demnach, als seien „eher klassische private Bil- ein besseres Niveau kann man dann gar nicht herkriegen. (2 Sek.) dungsanbieter […] im Fokus“ (HSB3, 284-285) und die Uni- Man muss natürlich dann aufpassen, dass das Niveau nicht zu versität werde nicht als Weiterbildungsanbieterin wahrge- hoch ist.“ (Orga2B2, 318-321) nommen. Auch hier zeigt sich ein völlig selbstverständliches Vertrauen in die Kompetenz der Universität. Zugleich ist dies aber auch ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
MORITZ BAUER, JULIA GNIBL · 15 mit der Befürchtung verbunden, dass dieses Niveau für Ange- „Dann sitzt da halt der HiWi im dritten Semester und soll mir bote wissenschaftlicher Weiterbildung überhöht sein könnte, erklären, wie der Hase läuft. Dann sage ich als gestandener Ge- was bereits einen Hinweis auf die Ambivalenz des Bildes von schäftsmann, oder vielleicht auch meine Kollegen, die fünf Jahre Universität gibt und im weiteren Verlauf noch deutlicher her- Berufserfahrung haben, ‚Was erzählt denn der?‘. Das ist schwie- vortreten wird. rig“ (Orga1B2, 182-185). Einzigartig Von den befragten Adressat*innen wird zudem befürchtet, Das konstatierte hohe fachliche Niveau der Universität dass die gegenseitigen Erwartungen an die zu vermitteln- verbindet sich laut Aussagen der Befragten mit ihrer di- den Inhalte nicht korrespondieren. Auf der universitären daktischen Kompetenz zu einer besonderen Kombination, Seite steht die kritische Auseinandersetzung mit inhaltli- wodurch der Universität ein Alleinstellungsmerkmal zuteil- chen Themen auf einer Metaebene, während auf der Seite der wird. So assoziiert ein*e Befragte*r mit Universität „gut qua- Teilnehmenden die Vermittlung von „Handwerkszeug“ und lifizierte Lehrkräfte“ und „renommierte Professoren“, die „klarem Wissen“ verlangt wird. „So ganz klares Wissen. Rich- ein spezielles „Auswahlverfahren durchlaufen haben“ (Or- tig, falsch. Und das vermute ich jetzt bei einer Uni irgendwie ga2B1, 109-112). Ein*e weitere*r Organisationsvertreter*in nicht.“ (Orga2B1, 166-167). sieht die Besonderheit der Universität in der ihr eigenen Ver- bindung von Forschung und Lehre: Isoliert Weiterhin beschreiben die Adressat*innen eine augenschein- „Also eine Hochschule, oder eine Universität hat ja im Normalfall liche Isoliertheit der Universität und ihres Angebotes. zwei Aufträge: Das eine ist die Forschung, das andere ist die Leh- re. Und das geht Hand in Hand. Und wo läuft es denn besser zu- „Eben dieses Nach-Außen-Transportieren ist für uns neu. Das war sammen als dort? Will heißen, die fachliche Kompetenz in Kom- mir überhaupt nicht bewusst, dass sowas überhaupt angeboten bination mit Lehre, mit Didaktik, mit Pädagogik – ja natürlich wird. Weil es eben den Anschein macht, oder so das Wissen auch dort. Das hat ganz klar einen besonderen Stellenwert.“ (Orga1B1, bei uns war, ja das ist nach innen gerichtet, als Veranstaltung für 99-103) die Hochschule“ (Orga1B1, 104-107). Universitärer Lehre wird demnach eine grundlegend päda- Es wird implizit davon ausgegangen, dass die Universität ihr gogisch-didaktische Kompetenz beigemessen, die als Voraus- Angebot nur an Universitätsangehörige (also v.a. an klassi- setzung für die Vermittlung von Forschungserkenntnissen sche Studierende) richtet und nicht darüber hinaus an einen dient. größeren (externen) Adressat*innenkreis. Aus Sicht der orga- nisationalen Adressat*innen wirkt sie somit lediglich nach Auch von Seiten der Universitätsmitarbeitenden wird dieses innen, nicht jedoch auf dem offenen Weiterbildungsmarkt. Bild der renommierten Institution bestätigt. Die Befragten So erklärt ein*e andere*r Organisationsvertreter*in: haben die Erfahrung gemacht, dass mit Universität unhin- terfragt ein hohes Ansehen sowie Wissenschaftlichkeit ver- „Ich hätte tatsächlich gedacht, die Ressourcen der Uni, das sind bunden werden (HSB3, 262-265; HSB4, 159-163) und sie haben die Ressourcen der Uni und […] die wollen ihre Studenten fort- den Eindruck, „dass eine Zusammenarbeit mit der [Name der bilden. Die haben jetzt nicht noch Zeit was für [Orga3; kunst-/ Universität] ja auch so ein bisschen Ansehen widerspiegelt“ kulturpädagogischen Einrichtung] zu tun“ (Orga3B1, 149-153). (HSB3, 234-235). Diese der Universität und ihren Mitgliedern zugeschriebene 4.3 Universität als praxisferner Elfenbeinturm Isoliertheit verstärkt zugleich die reservierte Haltung, die Praxisfern gegenüber der Universität als Weiterbildungsanbieterin ein- Das der Universität zugeschriebene hohe Fachniveau wird von genommen wird. den organisationalen Adressaten nicht nur positiv gedeutet, sondern auch mit der Gefahr der Überhöhung und fehlender „Es kann schon sein, dass manche denken ‚Das sind wirklich ab- Praxisnähe assoziiert. Es werden Bedenken geäußert, dass die gehobene Leute, die da lehren, fernab von allem und in ihrem universitäre Wissensvermittlung nicht zu spezialisiert oder Elfenbeinturm‘. Und es gibt ja auch durchaus Lehrende und Pro- gar „zu abgehoben“ (Orga3B1, 201-204) sein dürfe. Ebenso fessoren, die sind ein bisschen eintöniger. Sie können fachlich könne man von den Lehrenden der Universität nicht erwar- sehr gut sein, aber haben es vielleicht didaktisch nicht so drauf. ten, dass sie auch den Transfer vermittelter Inhalte in die Pra- Und ich glaube, da muss schon auch was passieren, dass das xis liefern. Stattdessen – so ein*e Befragte*r – sei eine Tandem- wirklich die Leute mitnimmt und auch ein bisschen begeistert“ Lösung vorstellbar, bei der die*der Lehrende mit einer Person (Orga2B1, 199-205). der Organisation zusammenarbeitet, um den Transfer der „allgemeinen Sachverhalte“ in die Praxis zu leisten (Orga3B1, Bei dieser*m Befragten zeigt sich eine gewisse Ambivalenz 499-508). Ferner deutet sich in den Äußerungen eine vermu- in den Aussagen, da Lehrende einerseits als renommiert und tete Kluft zwischen (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen und gut qualifiziert angesehen werden, deren didaktische Kom- berufserfahrenen Kund*innen an: petenzen durch ein besonderes Auswahlverfahren geprüft ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
16 · THEMA wurden. Andererseits können fachliches und didaktisches Es kann konstatiert werden, dass „Organisationen […] Hoch- Können auch weit auseinanderliegen. schulen zunächst unabhängig vom Kontext wissenschaftli- cher Weiterbildung [wahrnehmen]“ (Habeck & Denninger, Die Erfahrungen der Beschäftigten der Universität bestä- 2015, S. 205) und „dass das Image der wissenschaftlichen Wei- tigen das Bild des Elfenbeinturms. Diese beschreiben, dass terbildung […] stark vom Image der Universität als Anbieter Universität von den Adressat*innen immer wieder als „wenig von grundständiger Lehre abhängt“ (von Hippel, 2008, S. 49). interaktiv“, „nicht praxisorientiert“, „nicht anwendungsori- Die Aussagen der organisationalen Adressat*innen zeigen entiert“, „viel zu theoretisch“ und „viel zu weit weg“ charakte- auch, dass ihnen – überrascht von einem universitären Wei- risiert wird (HSB1 222, 223, 249, 396; HSB3, 268). terbildungsangebot – Weiterbildung nicht als vierte Kernauf- gabe der Hochschulen bekannt ist. „Also wir werden immer noch in diesen Elfenbeinturm gesetzt. […] Da ist noch dieses alte Feindbild irgendwo. […] Von daher ist es Die Befragten übertragen ihre Bilder von Universität auf die einfach schade, dass das immer noch mit so viel (4 Sek.) Wider- wissenschaftliche Weiterbildung. Auf symbolischer Ebene willen ist der falsche Ausdruck, aber mit so viel (4 Sek.) Distanz sind die hier referierten Bilder, quasi als zwei Seiten einer irgendwie wahrgenommen wird und man ist eigentlich gar nicht Medaille, miteinander verbunden: Zuschreibungen, wie die bereit sich mal drauf einzulassen“ (HSB1, 267-277). des großen und stets aktuellen Fachwissens können sowohl die Entscheidung für eine Weiterbildungsteilnahme begüns- tigen, als auch ein Gefühl der Distanz erzeugen bzw. ver- 5 Interpretation: Zwischen renommiert und stärken. In ähnlicher Weise scheinen die Bilder der renom- distanziert – zwei Seiten ein- und derselben mierten Institution und des praxisfernen Elfenbeinturms Medaille hemmend auf die organisationalen Adressat*innen und de- Die Bilder von Universität, die sich in den Äußerungen der ren Interesse an wissenschaftlicher Weiterbildung zu wirken. Befragten zeigen, haben auch Auswirkungen auf die Wahr- nehmung der Universität als Anbieterin wissenschaftli- cher Weiterbildung. So wird sie als renommierte Instituti- 6 Fazit & Ausblick on, welche sich durch ein großes und aktuelles Fachwissen Der vorliegende Beitrag zeigt, dass die Befragten ihre am- auszeichnet, betrachtet. Der Universität wird ein generell bivalenten Bilder von Universität auf die wissenschaftliche hohes Ansehen zugeschrieben, was in der Konsequenz auch Weiterbildung übertragen. Dabei können Bilder zugleich zu einer besonderen Wertschätzung der von ihr verliehe- teilnahmefördernd (z.B. hohes Ansehen, was zu einer exklu- nen Zertifikate und Bescheinigungen führt. Die befragten siven Wertigkeit von Zertifikaten führt), als auch teilnah- Adressat*innen sprechen ihr diesbezüglich und aufgrund mehemmend (z.B. hohes Ansehen, was zur Befürchtung der der ihr eigenen Kombination aus Fach- und Lehrkompetenz Überforderung und/oder Praxisferne führt) wirken. Zudem prinzipiell ein Alleinstellungsmerkmal zu. Die Universität scheint den Adressat*innen die Weiterbildung nicht als wird jedoch auch als praxisfern und isoliert wahrgenom- (Kern-)Aufgabe von Universitäten präsent zu sein. men. Die Adressat*innen zeichnen das Bild einer nach in- nen gerichteten Institution, die sich zwar mit Fachfragen Die besondere Herausforderung für Universitäten liegt da- beschäftige, nicht jedoch mit der Praxis und dem Alltag der her im Spannungsfeld, einerseits das Bild der Distanziert organisationalen Adressat*innen. Die Universität wird als zu überwinden und gleichzeitig die den Hochschulen zuge- Wissenschaftsgemeinschaft gedacht, die kein Interesse an schriebenen Attribute, wie das der renommierten Institu- der Weiterbildung nicht-klassischer Adressat*innen (den tion mit der besonderen Kombination aus Fachwissen und sog. non-traditional Students) habe, da sie sich selbst nicht als Didaktik sowie die Wertigkeit von Hochschulzertifikaten Weiterbildungsanbieterin verstehe. weiter zu bespielen und sichtbar zu halten. Für die wissen- schaftliche Weiterbildung selbst impliziert gerade der Um- Ähnliche Befunde konstatieren Habeck und Denninger stand, dass sie bisher nicht (eigenständig) wahrgenommen (2015, S. 209) im Rahmen ihrer Potentialanalyse: Hochschu- wird, die Möglichkeit, verstärkt selbst zu wirken und ‚neue‘ len werden dort einerseits als angesehene Bildungsträger, Bilder zu schreiben. sinnbildlich stehend für Kreativität und Unabhängigkeit so- wie als „Haus der Wissenschaft“, andererseits jedoch auch als Im wissenschaftlichen Diskurs lassen sich bisher keine weite- bürokratisch komplex, schwer zugänglich und praxisfern be- ren Beiträge ausfindig machen, die den Zusammenhang von schrieben. Von Hippel (2008) und Wolf (2011) beschreiben das Bildern über Universität und deren Bedeutung für die wis- besondere Renommee von Hochschulen und damit verbun- senschaftliche Weiterbildung beleuchten. Eine solche Per- den deren Namen als Qualitätsmerkmal. Kamm, Schmitt, spektive, die die wissenschaftliche Weiterbildung in ihrem Banscherus und Wolter (2016) heben zudem, basierend auf organisationalen Kontext verortet, scheint insbesondere im Absolventenbefragungen, die Exklusivität der Titelvergabe Hinblick auf die Wahrnehmung und Akzeptanz der wissen- und die Wertigkeit von Hochschulzertifikaten hervor. Wie- schaftlichen Weiterbildung aufschlussreich. In der hier vor- derum von Hippel (2008) weist die befürchtete Praxisferne gestellten Forschung lassen sich trotz der heterogenen Stich- bzw. Theorielastigkeit als negative Zuschreibung aus. probenzusammensetzung (siehe Kap. 3) keine Unterschiede ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (2)
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