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2|17 1|17 1|21 Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung WWW.HOCHSCHULE-UND-WEITERBILDUNG.NET Kooperation und Vernetzung in der Hochschulweiterbildung
Impressum Die Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung (ZHWB) ist die führende deutschsprachige Zeitschrift für Themen der wissenschaftlichen Weiterbildung und erscheint halbjährlich als Open-Access-Journal. Herausgeber Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e.V. Universitätsplatz 12 D-34109 Kassel Geschäftsführender Herausgeber Prof. Dr. Wolfgang Jütte Universität Bielefeld Redaktion zhwb@dgwf.net Wolfgang Jütte, Prof. Dr. Universität Bielefeld Maria Kondratjuk, JProf. Dr. Technische Universität Dresden Claudia Lobe, Dr. Universität Bielefeld Mandy Schulze, Prof. Dr. Hochschule Zittau/Görlitz Therese E. Zimmermann, Dr. Universität Bern Lektorat und Koordination Carolin Alexander, M.A. Universität Bielefeld © Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung 1 | 2021 ! Juli 2021 e-ISSN 2567-2673 ISSN: 0174-5859 Satz Svenja Klau
Kooperation und Vernetzung in der Hochschulweiterbildung
2 ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
Inhaltsverzeichnis · 3 Inhaltsverzeichnis 7 Editorial 7 WOLFGANG JÜTTE, CLAUDIA LOBE Stichwort: Kooperation und Vernetzung in der Hochschulweiterbildung 11 Thema Kooperation und Vernetzung in der Hochschulweiterbildung 11 SANDRA HABECK Gemeinsam Lehre gestalten – Eine mikrodidaktische Fallanalyse der Lehrkultur in der wissenschaftlichen Weiterbildung 19 SUSANNE TIMM, JULIA FRANZ „ Alles unter einem Dach“: Empirische Einblicke in Chancen und Herausforderungen für die strukturelle interne Vernetzung von universitären Weiterbildungsakteur*innen 28 ANNIKA MASCHWITZ, KARSTEN SPECK, JULIA BÖK, KATRIN BRINKMANN Auswirkungen von Kooperationsverhältnissen auf die wahrgenommene Nachhaltigkeit in Verbundprojekten 36 PETER SCHLÖGL, THOMAS STANGL, BIRGIT SCHMIDTKE Eine bescheidene Profession mit hohen Ansprüchen Grundüberlegungen und Prinzipien einer Relationierung wissenschaftlichen und (beruf-)praktischen Wissens für die Qualifizierung von Bildungs- und Berufsberater*innen in Österreich 45 Projektwelten 45 GESA HEINBACH, SUSAN PULHAM, ROLAND BRÜNKEN Von der Kooperation zur kooperativen Praxis Der Entwicklungsprozess eines hochschulübergreifenden Weiterbildungszentrums im Saarland ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
4 · Inhaltsverzeichnis 51 GEROLD NIEMEYER, KARIN VON MOELLER Zertifikatsangebote zur wissenschaftlichen Weiterbildung von Gesundheitsfachkräften an niedersächsischen Verbundhochschulen Certificate of Basic Studies (CBS) und Diploma of Basic Studies (DBS) als neue Abschlussformate im Kontext einer spezifischen Hochschulkooperation 58 Publikationen 59 Buchbesprechungen 62 Aus der Fachgesellschaft 62 Raum und Region als Forschungsfeld in der wissenschaftlichen Weiterbildung Bericht zur 8. Forschungswerkstatt wissenschaftliche Weiterbildung der AG Forschung in der DGWF 64 Verzeichnis der Autor*innen ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
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DOI: HTTPS://DOI.ORG/10.11576/ZHWB-4587 · EDITORIAL · 7 Stichwort: Kooperation und Vernetzung in der Hochschulweiterbildung WOLFGANG JÜTTE CLAUDIA LOBE Vernetzung und Kooperation besitzen im Weiterbildungs- entwickelt die Hochschulrektorenkonferenz im Rahmen bereich allgemein einen hohen Stellenwert, wobei in den der Nationalen Weiterbildungsstrategie und mit Förderung letzten Jahren vor allem die bildungspolitisch verstärkte durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung Aufmerksamkeit auf lebenslange Lern- und Bildungsprozes- derzeit ein bundesweit zentrales Informationsportal der se die Diskussion prägte (Alke & Jütte, 2016). Dem Feld der Hochschulen für wissenschaftliche Weiterbildung („hoch & wissenschaftlichen Weiterbildung kann schon aufgrund sei- weit“). Ziele bestehen u.a. darin, „erstmalig alle Angebote der ner Spezifika „eine gewisse Kooperationsaffinität“ (Sweers, wissenschaftlichen Weiterbildung deutscher Hochschulen 2020, S. 538) bescheinigt werden. Dies greift auf unterschied- in einer Datenbank zu bündeln, deren Bekanntheit sowie die lichen Ebenen. Gesetzlich schlägt sich dies darin nieder, dass Transparenz in der Weiterbildungslandschaft zu erhöhen“2. Hochschulen Vereinbarungen mit Einrichtungen treffen, Unter Beteiligung der anbietenden Hochschulen geht es die hochschulnah oder in ihrem Auftrag Weiterbildung or- darum, Weiterbildungsangebote zu bündeln und Weiterbil- ganisieren. Des Weiteren gehört die kooperative Angebots- dungsinteressierten den Überblick über die wissenschaftli- entwicklung zu dem grundlegenden Handlungsmodus aller che Weiterbildungslandschaft zu ermöglichen. Beteiligten. Neben den eher organisch entstehenden Kooperationen auf Aktuelle Entwicklungen unterstreichen die ungebrochene Basis institutioneller Profilbildungen und persönlicher Kon- Relevanz des Themas. So findet bspw. die diesjährige DGWF- takte sind staatliche Förderprogramme ein wichtiger Trei- Jahrestagung unter folgendem Thema statt: „Kooperativ, ber für Kooperation und Vernetzung, wie es die aktuellen vernetzt – agil? Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Beispiele (s.o.) sichtbar machen. Dies zeigt auch ein Blick in Weiterbildung“. In der Ausschreibung wird darauf in fol- die Geschichte der Hochschulweiterbildung. Viele der in den gender Weise Bezug genommen: „Erwartet werden Vorträge, 1970er Jahren an den westdeutschen Universitäten gegrün- Workshops und Präsentationen, die sich mit den verschiede- deten Kontaktstellen oder Zentralstellen für wissenschaft- nen Formen wie auch Herausforderungen der Zusammenar- liche Weiterbildung entsprangen u.a. Modellprojekten der beit befassen – dies auf den Ebenen der kooperativen Ange- damaligen Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung botsentwicklung, der vernetzten Entwicklung von digitalen und Forschungsförderung (BLK) (Wolter & Schäfer, 2020, Lern- und Lehrmaterialien, der gemeinsamen Mittelakqui- S. 23). Erwähnt werden können in diesem Zusammenhang sition und strategischen Kooperation bis hin zu Formen der auch die in dieser Zeit entstandenen „Kooperationsstellen kooperationsbasierten Steuerung wissenschaftlicher Weiter- Hochschule und Gewerkschaften“ als eine Form der Öff- bildung.“1 Als weitere aktuelle Entwicklung kann die Einrich- nung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft (Beyers- tung von Vernetzungsstellen in Baden-Württemberg ange- dorf & Pape, 2016). Die Expansion des Weiterbildungsmarkts führt werden. Derzeit werden im Rahmen des landesweiten ab den 1980er Jahren ließ zahlreiche neue Institutionen im Vorhabens „Hochschulweiterbildung@BW“ an 25 Hochschu- Feld entstehen – von den Fachhochschulen, über private len in Baden-Württemberg Regional- und Fachvernetzungs- Business Schools bis hin zu Akademien, was sich in einer stellen eingerichtet. Neben dem Aufbau einer landesweiten Vielfalt der Kooperationen und Vernetzungen niederschlug. zentralen Plattform Hochschulweiterbildung@BW geht es in Bei der Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen ging es regionalen und fachbezogenen Clustern darum, die Zusam- u.a. um Wissens- und Technologietransfer oder mittlerweile menarbeit (Matching) zwischen Wirtschaft und Gesellschaft auch um die Entwicklung von gemeinsamen weiterbilden- sowie der Hochschulweiterbildung zu fördern. Schließlich den Studienprogrammen (Maschwitz, 2018). Ebenso stehen 1 https://dgwf.net/jahrestagung-2021.html, Letzter Zugriff 30.6.2021 2 https://www.hrk.de/themen/studium/weiterbildungsportal, Letzter Zugriff 30.06.2021 ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
8 · EDITORIAL Hochschulen im Feld der Weiterbildung in zahlreichen Ko- Zum vorliegenden Heft operationsbeziehungen mit ihrem regionalen Umfeld (Rohs In einer mikrodidaktischen Perspektive setzt sich Sandra & Steinmüller, 2020). Habeck mit dem Kooperationshandeln von Lehrenden in der wissenschaftlichen Weiterbildung auseinander. Ausgehend Strukturbildend – gerade auch hinsichtlich der Zusam- von der Annahme, dass eine kooperative Gestaltung von menarbeit in Verbundprojekten – erwies sich vor allem der Lehr-Lern-Settings in der Präsenzlehre der wissenschaftli- Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene chen Weiterbildung bereits angelegt ist, arbeitet sie durch Hochschulen“. In diesem Projektkontext sind zahlreiche die inhaltsanalytische Auswertung von Beobachtungspro- Forschungsarbeiten entstanden, die aktuelle und neue Ein- tokollen vier Relevanzbereiche lehrbezogener Kooperation sichten zu kooperativer Angebotsgestaltung in der Hoch- heraus: Übergangsmanagement, Teamteaching, räumlich- schulweiterbildung erbracht haben (bspw. Seitter, Friese & atmosphärische Kooperation und Supportstrukturen. Un- Robinson, 2018). terschiede zwischen den Lehr-/Lern-Arrangements der beiden untersuchten Masterstudiengänge werden abschlie- Die wissenschaftliche Begleitung zu dem Förderprogramm ßend in den Zusammenhang unterschiedlicher Fach- und „Offene Hochschulen“ hat die Kooperationsanlässe und -ge- Lehrkulturen in der wissenschaftlichen Weiterbildung ge- genstände ebenenspezifisch systematisiert: stellt. - inhaltlich-fachliche Ebene (Bündelung von fach- licher Expertise, gemeinsame Entwicklung und Susanne Timm und Julia Franz nehmen eine organisations- Durchführung von (Studien-)Angeboten wissen- theoretische Perspektive ein, um die strukturellen internen schaftlicher Weiterbildung) Vernetzungsprozesse von Weiterbildungsakteur*innen bei der Implementation einer zentralen Organisationsform für - organisatorisch-administrative Ebene (Zusam- wissenschaftliche Weiterbildung auszudeuten. Im Rahmen menführung administrativer Aufgaben, Nutzung ihrer qualitativ-rekonstruktiv orientierten Begleitforschung von Synergien) fragen sie danach, wie wissenschaftsstützende Akteur*innen - wirtschaftliche Ebene (Finanzierung, Gewinnung bei diesem Strukturaufbau miteinander kooperieren und von Teilnehmenden) kommunizieren, um das Handlungsfeld der wissenschaft- - (hochschul-)rechtliche Ebene (Nutzung verschiede- lichen Weiterbildung in die Kultur der Organisation zu in- ner rechtlicher Rahmenbedingungen) tegrieren. Eine Gruppendiskussion liefert Einsichten insbe- - bildungspolitische und gesellschaftliche Ebene sondere in die Zusammenarbeit in Verwaltungsstrukturen. (Erhöhung der Durchlässigkeit, Öffnung für neue Die Auswertung mithilfe der dokumentarischen Methode Zielgruppen)“ (Cendon et al., 2020, S. 18). macht u.a. die Eingebundenheit des Kooperationshandelns in hierarchische Ordnungen und organisationale Positio- In letzter Zeit – nicht zuletzt durch Veränderungen im Wis- nierungen sichtbar. Die Problematisierungen der beteiligten senschaftssystem selbst – werden Fragen des Wissenschaft- Akteur*innen weisen auf die Bedeutung transparenter Ziel- Praxis-Transfers systematischer beleuchtet (Vierzigmann & perspektiven und formalisierter Kommunikationswege hin. Lehmann, 2020). Dabei kommt kooperativen Arrangements eine besondere Bedeutung zu. Aus einer relationslogischen Interorganisationale Kooperationsstrukturen zwischen Perspektive nimmt Alexander (2018) die Beziehungsstruktu- Hochschulen stehen im Beitrag von Annika Maschwitz, ren des Transfers näher in den Blick. Karsten Speck, Julia Bök und Katrin Brinkmann im Mittel- punkt. Vor dem Hintergrund zunehmend verbundori- Bei der Skizzierung des Themenfelds Kooperation und entierter Förderlogiken gehen sie der Frage nach, welche Vernetzung in der Hochschulweiterbildung geht es nicht Auswirkungen die Kooperation in geförderten Verbund- zuletzt darum, auch die Rolle der Fachgesellschaft DGWF projekten auf die wahrgenommene Nachhaltigkeit von mit ihren verschiedenen Formen der Vernetzung und Zu- Förderprojekten hat. Anhand quantitativer Befragungs- sammenarbeit zu berücksichtigen. Diese community-bezo- daten aus „Offene Hochschule“-Verbundprojekten werden gene Wissenskooperation ist schon in der Verbandstruktur unterschiedliche Kooperations- und Nachhaltigkeitsdi- angelegt, wie den Arbeitsgemeinschaften, Landesgruppen mensionen zueinander in Bezug gesetzt. Regressionsana- und internationalen Vernetzungen (Hörr & Jütte, 2017; lysen zeigen dabei je unterschiedliche Konstellationen; Hörr, 2018). Neben der Publikationsarbeit durch Bücher beispielsweise ist für eine Nachhaltigkeit in der Zieler- und die vorliegende Zeitschrift, sind vor allem die Jahres- reichung vor allem eine (vorherige) Rollenerklärung und tagungen ein spezifisches Format für Wissensaustausch umfassende Beteiligung der Partner im Verbundprojekt und Vernetzung (Lobe & Walber, 2019). Wie sich Netzwerk- bedeutsam. Trotz der hohen Bedeutung der untersuchten arbeit bei Forschungsprojekten über die Projektlaufzeit mit Kooperationsmerkmale für die wahrgenommene Nachhal- Bezug auf die Community praktisch vollzieht, zeichnet tigkeit der Verbundprojekte werden im Beitrag auch Ko- Büechl (2020) nach. operationshemmnisse und -aufwände kritisch reflektiert. ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
EDITORIAL · 9 In einer professionstheoretischen Ausdeutung des Alke, M. & Jütte, W. (2016). Vernetzung und Kooperation in Schwerpunktthemas geht es Peter Schlögl, Thomas Stangl der Weiterbildung. In R. Tippelt & A. v. Hippel (Hrsg.), und Birgit Schmidtke um „die Konstitution von Profes- Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (S. 605–621). sionswissen im Sinne einer Relationierung von wissen- Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3- schaftlichem und (berufs-)praktischem Wissen durch ko- 531-19979-5_30 operativ angelegte wissenschaftliche Weiterbildung“ (lt. Einleitung des Beitrags). In ihrem theoretisch bzw. kon- Beyersdorf, M. & Pape, K. (2015). Kooperationsstellen zeptionell angelegten Artikel entfalten sie unter Rück- Hochschulen/ Gewerkschaften – Öffentliche Wissen- griff auf unterschiedliche professionstheoretische Zugän- schaft?! In P. Faulstich (Hrsg.), Öffentliche Wissenschaft ge (symbolischer Interaktionismus, Systemtheorie) eine (S. 147–162). Bielefeld: transcript Verlag. https://doi. interaktionsorientierte Perspektive auf die Entstehung org/10.14361/9783839404553-009 von Professionswissen. Anlässlich der Entwicklung eines wissenschaftlichen Lehrgangsangebots für Bildungs- und Büechl, E. (2020). Zwischen Kooperation und Konkurrenz: Berufsberater*innen in Österreich werden abschließend Netzwerkarbeit in Forschungsprojekten der wissen- Prinzipien für eine didaktisch angeleitete Relationierung schaftlichen Weiterbildung. In M. Bradshaw & A. Wur- von wissenschaftlichem und berufspraktischem Wissen dack (Hrsg.), Neue Impulse für die wissenschaftliche Wei- vorgeschlagen. So können beispielsweise Akteursnetz- terbildung in Ostbayern. Abschlussband Verbundprojekt werke im Feld der Bildungs- und Berufsberatung genutzt OTH mind. (S. 125–139). Bielefeld: wbv Media. https://doi. werden, um Lernenden die Teilhabe am relationalen Pro- org/10.3278/6004765w fessionswissen zu ermöglichen. Cendon, E., Elsholz, U., Speck, K., Wilkesmann, U. & Nickel, Die Beiträge in der Rubrik „Projektwelten“ greifen das S. (Hrsg.) (2020). Wissenschaftliche Weiterbildung an Hoch- Schwerpunktthema entlang unterschiedlicher Entwick- schulen: Herausforderungen und Handlungsempfehlungen. lungsprojekte auf. Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Bund-Län- der-Wettbewerbs: „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschu- Gesa Heinbach, Susan Pulham und Roland Brünken geben len“. Oldenburg. https://doi.org/10.31244/9783830991069 Einblicke in den noch laufenden Entwicklungsprozess ei- ner Einrichtung der wissenschaftlichen Weiterbildung im Hörr, B. (2018). Netzwerkstrukturen und Dimensionen bil- Saarland. Ihr Ziel besteht darin, Studienangebote hoch- dungspolitischen Handelns. Verbünde der wissenschaft- schulübergreifend zu organisieren. Die Kooperationsbe- lichen Weiterbildung auf nationaler, europäischer und ziehungen zwischen den beiden beteiligten Hochschulen internationaler Ebene. Zeitschrift Hochschule und Weiter- werden entlang der gemeinsamen Ziele ihrer Partnerschaft, bildung (ZHWB), 2, 33-40. https://doi.org/10.4119/ZHWB- den spezifischen Rahmenbedingungen, den Engstellen in 1147 der Praxis und den bisherigen Gelingensbedingungen aus- gewertet. Hörr, B., & Jütte, W. (Hrsg.). (2017). Weiterbildung an Hoch- schulen. Der Beitrag der DGWF zur Förderung wissen- Um eine hochschulübergreifende, kooperative Angebots- schaftlicher Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann entwicklung geht es auch im Beitrag von Gerold Niemeyer Verlag. https://doi.org/10.3278/6004479w und Karin von Moeller. Im Rahmen eines BMBF-geförderten Projektes wurde in einer Kooperation von fünf niedersächsi- Lobe, C., & Walber, M. (2019). Die DGWF-Jahrestagungen schen Hochschulen ein Baukastenprinzip bei der Durchfüh- als Format für Wissensaustausch und Vernetzung Eine rung wissenschaftlicher Zertifikatsangebote für Gesund- Zeitreihenanalyse unter Berücksichtigung der aktuellen heitsfachkräfte eingeführt und begleitend beforscht. Den Evaluationsdaten der DGWF-Jahrestagung 2018 an der Autor*innen geht es u.a. darum, eine „Blaupause“ für koope- Technischen Hochschule Köln. Zeitschrift Hochschule und rative Angebotsentwicklung in der wissenschaftlichen Wei- Weiterbildung (ZHWB), 1, 66–72. https://doi.org/10.4119/ terbildung anzubieten, wenn auch nicht ohne die Fragilität zhwb-1574 des Übergangs von der Projektförmigkeit in die Regelstruk- turen (Kooperationsvertrag, Strukturveränderung, Finan- Maschwitz, A. (2018). Kooperationen mit Wirtschaftsunter- zierung) in den Blick zu nehmen. nehmen in der Weiterbildung – Unternehmerische Kultur als Chance und Herausforderung. In N. Sturm & K. Spen- ner (Hrsg.), Nachhaltigkeit in der wissenschaftlichen Weiter- Literatur bildung (S. 253–269). Wiesbaden: Springer VS. https://doi. Alexander, C. (2018). Wissenschaftliche Weiterbildung org/10.1007/978-3-658-19180-1_14 als „Transfer”. Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung (ZHWB), 2, 41–47. https://doi.org/10.4119/zhwb-1148 Rohs, M. & Steinmüller, B. (2020). Wissenschaftliche Wei- terbildung und Region. In W. Jütte & M. Rohs (Hrsg.), ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
10 · EDITORIAL Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung (S. 195–213) Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3- 658-17643-3_36 Seitter, W., Friese, M., & Robinson, P. (Hrsg.). (2018). Wissen- schaftliche Weiterbildung zwischen Entwicklung und Implementierung. Wiesbaden: Springer VS. https://doi. org/10.1007/978-3-658-19650-9 Sweers, F. (2020). Kooperationen in der wissenschaftlichen Weiterbildung. In W. Jütte & M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wis- senschaftliche Weiterbildung (S. 537-552) Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17643-3_36 Wolter, A., & Schäfer, E. (2020). Geschichte der wissenschaft- lichen Weiterbildung – Von der Universitätsausdehnung zur Offenen Hochschule. In W. Jütte & M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung (S. 13–40). Sprin- ger Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3- 658-17643-3_1 Vierzigmann, G. & Lehmann, B. (2020). Wissenschaftliche Weiterbildung. Studieren zwischen Praxis und Forschung. Weiterbildung, 2, S. 30–33. Autor*innen Prof. Dr. Wolfgang Jütte wolfgang.juette@uni-bielefeld.de Dr. Claudia Lobe claudia.lobe@uni-bielefeld.de ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
DOI: HTTPS://DOI.ORG/10.11576/ZHWB-3600 · SANDRA HABECK · 11 Gemeinsam Lehre gestalten – Eine mikrodidaktische Fallanalyse der Lehrkultur in der wissenschaftlichen Weiterbildung SANDRA HABECK Abstract daktische Elemente, wie elektronisch gestützten Prüfungen (Müller & Sperl, 2018). Gleichwohl kann das Projekt Didaktik In der wissenschaftlichen Weiterbildung ist die Kooperation der wissenschaftlichen Weiterbildung weiterhin als offen von unterschiedlichen Lehrenden im Lehr-/Lernsetting gängig. gekennzeichnet werden. Ein in der Praxis der wissenschaftli- Bislang ist jedoch die kooperative Gestaltung von Präsenzlehre chen Weiterbildungslehre übliches Phänomen, welches bisher auf mikrodidaktischer Ebene in diesem Feld weitgehend un- kaum empirisch untersucht wurde, ist die kooperative Gestal- erforscht. Hier setzt der vorliegende Aufsatz an. Zunächst ar- tung von Lehre in der wissenschaftlichen Weiterbildung. beitet er heraus, dass eine Zusammenarbeit von Lehrenden im Format der wissenschaftlichen Weiterbildungslehre angelegt In der wissenschaftlichen Weiterbildungsforschung werden ist. Anhand einer ethnographischen Studie wird die komplexe Kooperationen in den letzten Jahren v.a. auf institutioneller Kooperationsstruktur in der wissenschaftlichen Weiterbildung Ebene betrachtet (Mickler, 2013; Habeck & Denniger, 2015; auf Lehrenden-Ebene näher betrachtet. Der Beitrag präsen- Sweers, 2019, Maschwitz, 2014). Innerhalb dieser organisa- tiert erste empirische Hinweise zu vier Relevanzbereichen tionsbezogenen Untersuchungen wird z.T. auch auf koope- lehrbezogener Kooperation – Übergangsmanagement, Team- rative Angebotsplanung, -gestaltung und -durchführung teaching, räumlich-atmosphärische Kooperation und Sup- auf makro- und mesodidaktischer Ebene Bezug genommen portstrukturen. Hier werden verschiedene – fachspezifische (z.B. Sweers, 2019; Habeck & Denninger, 2015). Jedoch stellt – Ausprägungsarten der Zusammenarbeit herausgearbeitet. Auf bislang die Betrachtung und Reflexion kooperativer Gestal- der Grundlage der empirisch generierten Befunde führt der tung von Lehr-/Lernarrangements auf mikrodidaktischer Beitrag schließlich aus, inwiefern die kooperative Gestaltung Ebene im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung eine der Lehr-/Lernarrangements durch unterschiedliche Lehrende Forschungslücke dar. In der Weiterbildungspraxis – insbe- als ein zentrales Merkmal der Lehrkultur in der wissenschaftli- sondere in der wissenschaftlichen Weiterbildung – findet im chen Weiterbildung erachtet werden kann und ein wesentliches Kontext von Präsenzlehre häufig eine Zusammenarbeit un- Element wissenschaftlicher Weiterbildungslehre darstellt. terschiedlicher Lehrpersonen statt1. Mit Blick auf die mikrodidaktische Forschungslandschaft 1 Einleitung rücken hinsichtlich der Fragestellung des Beitrags insbeson- Wissenschaftliche Weiterbildung wird im Kontext von Hoch- dere die erwachsenenpädagogische Kursforschung sowie die schuldidaktik u.a. als ein noch weitgehend „offenes Projekt“ Inklusionsforschung in den Fokus. Im Kontext der erwachse- (Meuler, 2011) dargestellt und als wenig bearbeitet erachtet nenpädagogischen Kursforschung widmet sich Herrle (2012) In- (Jütte, 2014). In der Zwischenzeit haben sich einige Studien teraktionszusammenhängen in Veranstaltungen der Erwach- diesem Themenfeld aus ganz unterschiedlichen Perspektiven senenbildung. Hier wird die Art und Weise des Agierens aller genähert, z.B. unter den Foki Fachkultur (Rumpf & Salland, Beteiligten in Veranstaltungen der organisierten Erwachsenen- 2017), Wissenschaftsorientierung und Praxisorientierung bildung/Weiterbildung untersucht (ebd.). Die Analyse nimmt (Baumhauer, 2017) oder auch im Hinblick auf bestimmte di- insbesondere Anfangsszenen und Etablierungsperioden in 1 Erste Hinweise vgl. Habeck, 2019. ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
12 · THEMA den Blick. Ein wesentlicher Befund ist hierbei, dass den Teil- lichen Weiterbildung durch das vorrangige Format der nehmenden in Weiterbildungsveranstaltungen eine gesteiger- Kompaktveranstaltungen. te Bedeutung für die Steuerung des Ablaufs zukommt und die Lehrer-Lerner-Asymmetrie abflacht (ebd.). Wissenschaftliche Weiterbildung, die aufgrund des Primats der Vollkostenfinanzierung wesentlich auf Kooperation Die Kooperation von Lehrenden untereinander gerät im angewiesen ist, steht auch im Kontext von Lehre gewissen Rahmen der Inklusionsforschung vorrangig in den Fokus Kooperationserwartungen gegenüber. Praxiseinrichtun- (u.a. Dexel, 2019; Abegglen, Schwab & Hessels, 2017). Betrach- gen erwarten von wissenschaftlicher Weiterbildung einen tet wird dabei die Zusammenarbeit von Regel- und Spezi- gegenseitigen Wissensaustausch zwischen Hochschule und alkräften im Schulunterricht, d.h. von Regellehrer*innen Unternehmen/Einrichtung. Gerade ein gegenseitiger Wis- und Sonderpädagog*innen. Diese Form der Kooperation senstransfer und eine Theorie-Praxis-Verzahnung stehen nimmt angesichts wachsender Heterogenität an Schulen in für kooperierende Unternehmen im Vordergrund. Sie sehen den vergangenen Jahren zu. Hier wird multiprofessionelle darin einen Gewinn für beide Seiten: „So haben Universitä- Zusammenarbeit als ein relevanter Aspekt von inklusivem ten auf der einen Seite das Wissen über aktuelle Forschungs- Unterricht erforscht (Dexel, 2019). Teamteaching, d.h. unter- ergebnisse, Theorien und Methoden sowie das didaktische richtsbezogene Kooperation, ist „auf heterogene Lern- und Know-How, um dieses Wissen zu vermitteln. Auf der ande- Leistungsvoraussetzungen und die Herstellung von gemein- ren Seite können kooperierende Unternehmen die Hoch- samen Lernsituationen ausgerichtet“ (Abegglen et al., 2017, schulen mit den aktuell relevanten Problemlagen des Feldes S. 437). Auch die wissenschaftliche Weiterbildung hat es mit – „was die Industrie wirklich umtreibt“ – versorgen (Habeck & einer heterogenen Teilnehmendenschaft zu tun. Offen ist Denninger, 2015, S. 235f.). Hier werden die gegenseitigen in der wissenschaftlichen Weiterbildungslehre noch, wann, Zuschreibungen offensichtlich, die dann in der konkre- wer, mit wem, aus welchem Grund zusammenarbeitet. Wel- ten Lehre eine Entsprechung finden sollten: Hochschulen che Formen der Kooperation finden sich in der wissenschaft- sollen ihre Expertise in den Bereichen Theorie, Methodik lichen Weiterbildungslehre und wie gestaltet sich Kooperati- und Didaktik einbringen, während Unternehmen und on der Lehrenden im Lehr-/Lernsetting in diesem Feld? Der Einrichtungen ihre Praxis-Expertise im Kontext von Leh- vorliegende Aufsatz liefert erste empirische Hinweise zur re zur Verfügung stellen. Diese Verknüpfung muss in der Schließung dieser Forschungslücke. Zunächst zeigt der Bei- hochschuldidaktischen Gestaltung der wissenschaftlichen trag auf, dass bereits im Format der wissenschaftlichen Wei- Weiterbildungsangebote realisiert werden. Hier stellt sich terbildung eine Zusammenarbeit der Lehrenden angelegt ist die Frage, wie diese Verzahnung in der Weiterbildungslehre (2). Mithilfe einer Fallanalyse werden daraufhin anhand von umgesetzt wird. Sweers (2019) führt in Ihrer Untersuchung vier Relevanzbereichen – Übergangsmanagement, Team- drei pädagogische Elemente zur Verzahnung von Wissen- teaching, räumlich-atmosphärische Kooperation und Sup- schaftsorientierung und Praxisorientierung aus, die Di- portstrukturen – erste empirische Befunde zur Kooperation daktik, das Curriculum und die Dozierendenauswahl (ebd.). der Lehrenden in der wissenschaftlichen Weiterbildungs- Praxiseinrichtungen erachten für eine inhaltliche Zusam- lehre präsentiert (3). Schließlich wird aufgezeigt, inwiefern menarbeit insbesondere den Einbezug von Praktiker*innen die gemeinsame Gestaltung der Lehre als ein zentrales Ele- in die Lehre als zielführend. Hier wird u.a. auf Tandem-Do- ment dieser Lehrkultur angesehen werden kann und ein be- zenten-Modelle verwiesen. Ein großes Potential wird dabei deutungsvolles Merkmal der wissenschaftlichen Weiterbil- in den möglicherweise ganz unterschiedlichen Positionen dungslehre darstellt (4). der Lehrenden gesehen, die aus der Praxis und aus der Wis- senschaft kommen (Habeck & Denninger, 2015). 2 Kooperation der Lehrenden als implizite Auf der Ebene der Lehrenden lässt sich des Weiteren eine au- Anforderung in der wissenschaftlichen ßergewöhnliche Diversität ausmachen (Fischer, 2014). In die Weiterbildung Weiterbildungslehre sind Hochschulprofessor*innen, wissen- Eine Kooperation der Lehrenden auf der mikrodidakti- schaftliche Mitarbeiter*innen, Berufspraktiker*innen und schen Ebene des Lehr-/Lernsettings ist bereits im Format z.T. Studiengangkoordinator*innen involviert (Habeck, 2019, der wissenschaftlichen Weiterbildung angelegt. Diese Sweers, 2019). Eine besondere Heterogenität zeichnet sich bei These soll im Folgenden entfaltet werden. Hierbei wird auf- den Lehrenden insbesondere hinsichtlich ihrer Legitimati- gezeigt, dass einerseits eine Kooperationsaffinität der wis- onsbegründungen und -voraussetzungen ab. Bei der Gestal- senschaftlichen Weiterbildungslehre aufseiten der koope- tung von Weiterbildungslehre arbeiten häufig unterschiedlich rierenden Praxiseinrichtungen sowie bei den Lehrenden zusammengesetzte Teams aus Studiengangkoordinator*in, ausgemacht werden kann. Zugleich besteht ein immanenter Hochschullehrer*in und/oder Berufspraktiker*in zusammen. Kooperationsbedarf in der Präsenzlehre2 der wissenschaft- Hinsichtlich der Konstituierung pädagogischen Lehr-/Lern- 2 Die Untersuchung von Kooperation im Kontext von Onlinelehre oder Blended Learning stellt ein weiteres Forschungsfeld dar und verspricht relevante, ergänzende Befunde. ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
SANDRA HABECK · 13 raums in der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigt sich men und welche Kooperationsausprägungen hier erkennbar beispielsweise, dass zwar – je nach Fachkultur – jeweils an- sind. Das zugrunde liegende Material stammt aus dem Ver- dere in die pädagogische Konstituierungsleistung involviert bundprojekt „WM³ Weiterbildung Mittelhessen“3. Zunächst sind, sie jedoch zumeist kooperativ geschieht (Habeck, 2019). wird das methodische Vorgehen der vorliegenden Analyse Unterschiedliche Kooperationen von verschiedenen (Lehr-) dargelegt und im Anschluss empirische Befunde unter den Personen im Bereich des Lehr-/Lerngeschehens erscheint in vier herausgearbeiteten Aspekten Übergangsmanagement, der wissenschaftlichen Weiterbildung an deutschen Hoch- Teamteaching, räumlich-atmosphärische Kooperation und schulen üblich. Supportstrukturen präsentiert. Nicht zuletzt kann ein immanenter Kooperationsbedarf 3.1 Methodisches Vorgehen der Lehrenden durch das in der Präsenzlehre der wissen- Bei dem vorliegenden Forschungsvorhaben handelt es sich schaftlichen Weiterbildung überwiegend gewählte Format um eine explorativ, hermeneutisch angelegte Studie, die kompakt konzipierter Veranstaltungen ausgemacht werden. eine Herausarbeitung erkenntnisrelevanter Informationen Die Lehre ist hier durch eine spezifische Verwobenheit von anstrebt. Als Auswertungsmethode wurde die qualitative In- Selbstlern- und Präsenzphasen gekennzeichnet (Habeck & haltsanalyse gewählt. Der empirischen Analyse liegen Beob- Rundnagel, 2017). Die Inhalte werden möglichst adäquat auf achtungsprotokolle aus dem Projekt „Fachspezifische Lehr-/ E-Learning-Content und Präsenzphase verteilt (Kahl u.a., Lernkulturanalyse“4 zugrunde. Zur kontrastiven Analyse 2015). Bei der Konzipierung von Präsenzveranstaltungen werden zwei weiterbildende Masterstudiengänge mit unter- müssen demnach auch Fragen der Vor- und Nachbereitung schiedlichem fachkulturellem Hintergrund für das Sampling mitbedacht werden (ebd.). Für die Lehrenden in den Präsenz- ausgewählt: ein rechtswissenschaftlicher und ein erziehungs- veranstaltungen zeigt sich demzufolge eine gewisse inhalt- wissenschaftlicher Weiterbildungsstudiengang. Diese beiden liche Transparenz und Informiertheit – was war vorher, was Angebote finden überwiegend in Präsenzlehre statt. Zur Un- kommt nachher – als unabdingbar. Es stellt sich die Frage tersuchung der Kooperation von Lehrenden werden in beiden nach einem Übergangsmanagement. An dieser Stelle wird Fällen Beobachtungsausschnitte aus jeweils zwei aufeinander nun ein Kooperationsbedarf der (unterschiedlichen) Leh- folgenden Seminartagen in einer Kompaktveranstaltung und renden deutlich. Es stellt sich dabei u.a. die Frage, wie und aus jeweils einer Anfangsphase in einer weiteren Blockveran- ob inhaltliche Bezüge durch die (verschiedenen) Lehrenden staltung gewählt. Auf diese Weise werden sowohl die pädago- in der wissenschaftlichen Weiterbildung hergestellt werden gische Veranstaltung selbst, d.h. das im Zentrum stehende (können). Des Weiteren ist bei den kompakten Zeitformaten Lehr-Lern-Geschehen, als auch Anfangs- und Etablierungs- der wissenschaftlichen Weiterbildungsangebote ein gewisses perioden näher betrachtet, „bei dem ein sich etabliertes päd- Maß an Abwechslung und Vielfalt von zentraler Bedeutung agogisches Geschehen mit anderen sozialen Kontexten „auf (Habeck & Rundnagel, 2017). Die Präsenzphasen sind durch Tuchfühlung“ geht und sich zugleich von ihnen, als etwas von inhaltlich „geballte Lehre“ (Kahl u.a., 2015, S. 348) gekenn- ihnen Unterschiedenem, abgrenzt“ (Herrle, 2012, S. 17). Bei zeichnet. Hinzu kommt, dass Weiterbildungsstudierende in dieser Samplezusammenstellung fällt bereits auf, dass eine Bezug auf die Dauer von Vorlesungseinheiten zumeist we- kooperative Gestaltung der Lehre hier auf vier unterschiedli- niger ausdauernd sind als grundständige Studierende (ebd.). chen Wegen stattfindet (vgl. Tabelle 1). Eine Möglichkeit, eine abwechslungsreiche Gestaltung des Blocks zu erreichen, stellt dabei der Einbezug unterschiedli- Ausgewählter Zwei aufein- Anfangsphase cher Lehrender dar. Inwiefern die einbezogenen Lehrenden Beobachtungs- anderfolgende dabei kooperieren, bleibt allerdings bislang ein Forschungs- protokoll- Seminartage desiderat. Ausschnitt Rechtswissen- Unterschiedliche Referent*innen- 3 Kooperation von Lehrenden in der schaftlicher Fall Lehrende nachein- Tandem wissenschaftlichen Weiterbildung – ander eine Fallanalyse Erziehungswissen- Ein Trainer und ein Kontinuierliches Anhand der folgenden Fallanalyse wird die Kooperation von schaftlicher Fall kontinuierliches Lehrenden-Team Lehrenden auf mikrodidaktischer Ebene in der wissenschaft- Lehrenden-Team und unterschiedli- che Referent*innen lichen Weiterbildung untersucht. Die ethnographische Studie für die einzelnen (Teilnehmende Beobachtung) erzielt erste Hinweise darauf, Einheiten welche Formen der Zusammenarbeit von Lehrenden in der Präsenzlehre der wissenschaftlichen Weiterbildung vorkom- Tab. 1: Fallauswahl 3 Weitere Informationen vgl. www.wmhoch3.de. 4 Das Projekt ist Teil des Verbundprojekts „WM³ Weiterbildung Mittelhessen“, das in der zweiten Förderphase (2015-2017) durch das BMBF finanzierte Programm „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschule“ gefördert wurde. ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
14 · THEMA Die teilnehmenden Beobachtungen zielen darauf ab, impli- eine prozessbegleitende Übergangsgestaltung durch den zites Wissen („tacit knowledge“) zu generieren, das heißt ein Studiengangkoordinator. Wissen, das unbewusst und nicht reflexiv-diskursiv aufzeig- bar ist (Schulz, 2014)5. Unbewusste Strukturen, Routinen und Wird der Übergang von den Referent*innen selbst maß- Ansichten werden durch die Teilnahme und Beobachtung ei- geblich gestaltet, so ist die Kommunikation zwischen den ner außenstehenden Person in den Blick genommen. In den durchführenden Lehrenden – als entscheidende Wissens- untersuchten Fällen wurden die jeweiligen Präsenzveranstal- und Inhaltsträger – von hoher Bedeutung. Im untersuchten tungen beobachtet und Beobachtungsprotokolle angefertigt. rechtswissenschaftlichen Fall findet beispielsweise eine Diese ordnen durch Strukturierung und Verdichtung das Kommunikation der jeweiligen Lehrenden zwischen de- Beobachtete und bringen es in eine „interpretierbare Form“ ren beiden Einheiten statt (vgl. Beobachtungsprotokoll 1, (Tervooren, 2011 n. Salland & Rumpf, 2018). Das Datenmateri- Z. 673-674). Der Übergang innerhalb einer Blockveranstal- al wurde für diese Untersuchung anhand der inhaltlich-struk- tung von einer Einheit zur nächsten erscheint so relevant, turierenden qualitativen Inhaltsanalyse kategorial untersucht dass manchem Lehrenden über das Kommunizierte hinaus (Kuckartz, 2018). Die vier Kategorien, die für die Fragestellung die persönliche Wahrnehmung des vorhergehenden Lehr-/ dieses Aufsatzes leitend sind, wurden dabei induktiv gebildet. Lernsettings wichtig ist. So verschafft sich beispielsweise ein Lehrender einen Eindruck, indem er sich am Ende der 3.2 Empirische Befunde vorherigen Einheit noch für einige Minuten dazu setzt und Die empirischen Befunde weisen darauf hin, dass die wis- beobachtet (vgl. Beobachtungsprotokoll 1, Z. 658-661). In ih- senschaftliche Weiterbildungslehre vielfältig kooperativ rer Lehr-/Lernveranstaltung gestalten die Lehrenden dann gestaltet wird. Dieser Aufsatz konzentriert sich auf die nä- aktiv die Übergänge, indem sie zu Beginn und am Ende der here Betrachtung der Zusammenarbeit der Lehrenden im einzelnen Einheiten auf die vorherige bzw. auf die folgende mikrodidaktischen Setting der Präsenzlehre6. In allen Beob- Einheit inhaltlich Bezug nehmen. Den Studierenden gegen- achtungsprotokollen zeigt sich, dass Lehrende in der wissen- über deuten sie dabei ihre Kenntnis über die Inhalte, über schaftlichen Weiterbildungslehre mit anderen Lehrenden personenbezogenes Wissen der anderen Lehrenden („Da kooperieren. Im Datenmaterial bilden sich dabei v.a. vier kommt unser Genie!“ (ebd.)) und Interessensschwerpunkte Relevanzbereiche ab, in denen Kooperation im mikrodidak- der Teilnehmenden an. Somit wird den Studierenden eine ge- tischen Setting der wissenschaftlichen Weiterbildungslehre wisse Kontinuität trotz wechselnden Lehrenden vermittelt. von besonderem Interesse sind: das Übergangsmanagement (1), das Teamteaching (2), eine räumlich-atmosphärische Eine andere Möglichkeit des Übergangsmanagements stellt Kooperation (3) und zuletzt lehrbezogene und gesellige Sup- eine prozessbegleitende Struktur dar. Der gesamte Lehr-/ portstrukturen (4). Im Folgenden werden diese Kooperations- Lernprozess im Weiterbildungsstudium wird von einem bereiche näher beleuchtet, wobei die ersten beiden aufgrund Lehrenden-Team aus Hochschulangehörigen begleitet, ihres expliziten Lehr-/Lern-Bezugs exemplarisch ausführli- zu welchem u.a. der Studiengangkoordinator gehört. Im cher dargestellt werden. untersuchten erziehungswissenschaftlichen Fall hat der Studiengangkoordinator eine entscheidende Rolle bei der 1) Übergangsmanagement Prozessbegleitung und Übergangsgestaltung inne. Für das Bei der als Kompaktveranstaltungen konzipierten Prä- Übergangsmanagement zeigen sich insbesondere der Beginn senzlehre gestalten verschiedene Lehrende bestimmte und das Ende der jeweiligen Kompaktveranstaltungen als Einheiten von unterschiedlicher Dauer: halbtagesweise, entscheidend. An diesen Stellen werden Bezüge hergestellt, tagesweise, ein Wochenende lang oder mehrere Tage am beispielsweise in Begrüßung, Vorstellung des Ablaufs, Feed- Stück. Die empirischen Befunde machen deutlich, dass zu- back und Verabschiedung. Die einzelnen Referent*innen nächst eine Kooperationsanforderung für die Lehrenden sind mit dem Studiengangkoordinator im Gespräch, mit in der wissenschaftlichen Weiterbildung darin besteht, die den weiteren Referent*innen scheinen sie nicht (unbedingt) Übergänge der jeweiligen Einheiten zu gestalten. Die Über- in direktem Kontakt zu sein. Die Kommunikation den Stu- gangsgestaltung bezieht sich dabei sowohl auf die Lehr- dierenden gegenüber in Bezug auf inhaltliche und personale Lern-Inhalte und die spezifischen Interessen der Studie- Verbindungen übernimmt ebenso der Studiengangkoordina- renden als auch auf die soziale Ebene, d.h. auf Angaben zu tor. Bei der Begrüßung zu Beginn einer Blockveranstaltung den jeweiligen Lehrenden. Im Datenmaterial zeichnen sich wird neben der Weitergabe von Informationen über fehlende zwei unterschiedliche Wege des Übergangsmanagements Studierende und Lehrende, Ablauf usw. beispielsweise auch ab, nämlich einerseits eine direkte Übergangsgestaltung der Mehrwert dieser speziellen Kompaktveranstaltung auf zwischen den jeweiligen Referent*innen und andererseits referentenbezogener und inhaltlicher Ebene hervorgeho- 5 In der ethnografischen Kurs- und Interaktionsforschung werden in den letzten Jahren unterschiedliche methodische Werkzeuge entwickelt, um Interaktionsgeschehen in Kursen der Weiterbildung zu analysieren (Kade & Nolda 2007; Herrle, Kade & Nolda 2010). 6 Die Darstellung der Befunde zu den weiteren Kooperationslinien (Lehrende und Studierende/Studierende untereinander) wäre zu umfassend für diesen Beitrag, verspricht jedoch weitere, wichtige und ergänzende Erkenntnisse. ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
SANDRA HABECK · 15 ben. Die Studierenden erhalten zu Beginn der Kompaktver- Alle Lehrenden haben im Lehr-/Lernsetting unterschiedli- anstaltung also Hinweise über den Mehrwert der jeweiligen che Rollen und Funktionen inne. In den beobachteten Ver- gewählten Lehrenden, als auch über den jeweiligen inhaltli- anstaltungen zeigt sich, dass das Kernteam grundsätzlich bei chen Mehrwert der vor ihnen liegenden Seminareinheiten. den Lehr-/Lernveranstaltungen möglichst vollzählig dabei Es zeigt sich, dass die inhaltlichen Einheiten und die einzel- ist. Zwar können nicht immer alle Teammitglieder anwesend nen Referent*innen in einen Gesamtprozess eingebettet wer- sein, jedoch wird üblicherweise von deren Präsenz ausgegan- den. Die Übergangsgestaltung hat demnach in diesem Feld gen und ein Fehlen des jeweiligen Lehrenden wird kommuni- vorrangig die Aufgabe, eine Einbettung in den Gesamtkon- ziert (vgl. Beobachtungsprotokoll 4, Z. 25-26). Hier zeigt sich, text herzustellen. dass der Einzelne sowohl als Person als auch in seiner Funk- tion im Team eine bedeutende Rolle spielt. Das Kernteam als 2) Teamteaching Ganzes nimmt die Funktion einer dreifachen Prozessbeglei- In der wissenschaftlichen Weiterbildung ist außerdem eine tung ein: Erstens begleiten sie den Gesamtprozess im Weiter- durch mehrere Lehrende gemeinsam und zeitgleich gestal- bildungsstudium durchgängig. Sie haben den Gesamthori- tete Durchführung von Lehr-/Lernveranstaltungen ver- zont des Studiums im Blick, schaffen eine Rahmung und eine breitet. Dieses sogenannte Teamteaching findet zum einen Kontinuität und stellen Bezüge her. Zweitens verantworten auf gleicher Hierarchie-Ebene und zum anderen hierarchie- sie die Lehr-/Lernprozesse in den einzelnen Lehr-/Lernver- übergreifend statt. Im vorliegenden Datenmaterial wird anstaltungen mit. In den Pausen nehmen sie beispielsweise eine Einheit im rechtswissenschaftlichen Fall in Form eines gemeinsam mit den externen Referent*innen Abstimmun- Teamteachings von zwei Referenten auf gleicher Hierarchie- gen für das weitere Vorgehen in der Veranstaltung vor (vgl. Ebene gestaltet. Im erziehungswissenschaftlichen Fall wer- Beobachtungsprotokoll 2, Z. 392-394; 396-389). Drittens den alle beobachteten Lehr-/Lernveranstaltungen von einem begleiten sie Studierende persönlich bei deren individuellen mehrköpfigen, hierarchieübergreifenden Lehrenden-Team Lernprozessen. Die Lehrenden aus dem Kernteam, teilweise mitgestaltet. auch der hinzugezogene Referent, stehen den Studierenden als individuelle Lernbegleiter*innen zur Verfügung, geben Im rechtswissenschaftlichen Fall gestalten beispielsweise Hinweise und Rückmeldung und stehen zum Gespräch be- während einer Beobachtungsphase zwei Praxisreferenten ge- reit. Neben der prozessbegleitenden Funktion übernehmen meinsam eine Vorlesung. Sie sind in der Lehr-/Lernsituation die Lehrenden aus dem Kernteam je nach Sozialform und auf der gleichen Hierarchie-Ebene, kommen beide aus dem Methodenwahl unterschiedliche Aufgaben wie beispielswei- gleichen beruflichen Arbeitskontext. Sie stellen den Studie- se die Moderation von Kleingruppen, das aktive Beobachten renden ein gemeinsames Handout zur Verfügung, haben oder Rückmeldung geben. Sie stehen des Weiteren den hin- einen gemeinsamen Ablauf, den sie gemeinsam im Vorfeld zugezogenen Referent*innen als Unterstützer*innen zur erarbeitet haben, sowie eine gemeinsame Präsentation zur Übernahme lehrbezogener Assistentenaufgaben zur Verfü- Visualisierung ihrer Vorlesung. Bei ihrem Vortrag wechseln gung, wie beispielsweise das Vorlesen von Namen. Auch die sie sich in kurzen Abschnitten von etwa fünf Minuten ab. akademische Leitung, eine Professorin, übernimmt selbst- Dies zeigt, dass sie beide in die kompletten Inhalte der Vorle- verständlich assistierende Aufgaben und lässt sich auf den sung eingearbeitet sind. Während einer der Lehrenden refe- Prozess, den der externe Referent gestaltet, ganz ein. Die hin- riert, steht der andere Lehrende vorne an der Seite neben ihm. zugezogenen Referent*innen gestalten als Expert*innen für Im Beobachtungsprotokoll fällt auf, dass die Rede häufiger ihr Feld ihre spezifische Lehr-/Lern-Einheit verantwortlich von „sie“ als Referenten ist. Die beiden Referenten scheinen und greifen hierbei auf das Kernteam zurück. Die jeweilige demnach eine derartige Einheit zu bilden, dass die Forsche- Rahmung und Einbettung der Einheit obliegt dem Lehren- rin zum Teil keine Unterscheidung mehr zwischen den bei- den-Team. Im Verlauf der Lehr-/Lernveranstaltungen sind den Referenten macht. das Kernteam und die hinzugezogenen Referent*innen ge- meinsam im Gespräch über den Prozess und das Vorgehen im Eine andere Form des Teamteachings in der wissenschaftli- Lehr-/Lernsetting. chen Weiterbildung zeichnet sich im erziehungswissenschaft- lichen Fall ab. Hier gibt es ein mehrköpfiges, hierarchieüber- 3) Räumlich-atmosphärische Kooperation greifendes Lehrenden-Team, welches kontinuierlich während In der wissenschaftlichen Weiterbildung zeigt sich außerdem des gesamten Studiums die Lehr-/Lernveranstaltungen (mit-) eine Kooperation hinsichtlich räumlich-atmosphärischer Ge- gestaltet bzw. begleitet. Dieses Kernteam besteht aus dem Stu- gebenheiten als bedeutungsvoll. Auch hierbei sind zwei Ziel- diengangkoordinator, der akademischen Leitung/Professorin, richtungen erkennbar: Zum einen geht es darum, dass sich die einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin und einer studenti- Lehrenden ganz auf die inhaltliche Vermittlung konzentrie- schen Hilfskraft (aus der grundständigen Lehre). Zusätzliche ren können. Für einen möglichst reibungs- und verlustfreien Referent*innen werden als Expert*innen für deren Spezial- Ablauf der Lehr-/Lernveranstaltung und für eine möglichst gebiet zu unterschiedlichen Einheiten hinzugezogen. Außer- gute Lehr-/Lernumgebung sorgen weitere Personen. Im un- dem kommen situativ weitere Personen wie wissenschaftliche tersuchten rechtswissenschaftlichen Studiengang kümmern Mitarbeiter*innen für bestimmte Sonderaufgaben hinzu, wie sich beispielsweise vorrangig das Hotelpersonal und die Stu- z.B. für das Filmen der Lehr-/Lernveranstaltung. diengangkoordinatorin um die Verpflegung, um räumliche ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
16 · THEMA Gegebenheiten und die benötigte Technik. Zum anderen steht um die Seminareinheiten selbst oder haben auch spontan die der Lehr-/Lernprozess im Vordergrund, der sich auch räum- Möglichkeit, sich in den entsprechenden Hotelbereichen ein- lich-atmosphärisch äußert. Hierbei kommt es situativ und zufinden. Im erziehungswissenschaftlichen Fall ist explizit spontan zu multiplen Kooperationsanforderungen. Im beob- in den Lehr-/Lernveranstaltungen Raum für Geselliges (z.B. achteten erziehungswissenschaftlichen Fall kommen im Ver- selbstentwickeltes Ritual der Studierenden, anlassbezogen lauf der Lehr-/Lernveranstaltung immer wieder neue Raum- einen bestimmten Cocktail zu servieren) bzw. für die Orga- anforderungen und raumbezogene Bedürfnisse auf, auf die nisation von Geselligem (u.a. Studienfahrt, Feste, Feiern). die Lehrenden entsprechend reagieren (müssen). Hier werden Die Lehrenden planen hierfür Zeitfenster in die Veranstal- immer wieder neu raumbezogene Absprachen getroffen, sei es tungen ein. Das Gesellige gehört teilweise explizit zum Stu- bei Methoden- und Sozialformwechsel, situativen Ereignissen dium, beispielsweise als Form der Übergangsgestaltung in (z.B. Lichteinfall) oder aus der Wahrnehmung heraus, atmo- die Masterarbeitsphase. Insbesondere das kontinuierliche sphärisch zum Lehr-/Lernsetting passendere Gegebenheiten Lehrenden-Team unterstützt hier die geselligen Anteile des oder mehr Platz zu benötigen. Ein Kommunikationsbedarf Weiterbildungsstudiums. entsteht so unter den Lehrenden, mit den Studierenden, mit weiteren Personen wie u.a. Raum-Verantwortlichen. Neben der Um die Kooperation der Lehrenden in der wissenschaftli- Abstimmung zeigen sich die Transparenz und das Informie- chen Weiterbildung noch einmal auf einen Blick wahrneh- ren über raumbezogene Entscheidungen als wichtige Punkte. men zu können, fasst die folgende Tabelle die Befunde auf die vier Relevanzbereiche bezogen zusammen (vgl. Tab. 2). 4) Lehrbezogene und gesellige Supportstrukturen Des Weiteren kann festgestellt werden, dass rund um und während der Präsenzlehre in der wissenschaftlichen Wei- 4 Kooperation der Lehrenden als Kennzeichen terbildung lehrbezogene und auch gesellige Supportstruktu- von wissenschaftlicher Weiterbildungslehre ren ihren Ort haben. Die lehrbezogenen Supportstrukturen Die aufgezeigten Fälle machen deutlich, dass es in der wis- (Prüfungsvorgespräche, -fragen bzw. Prüfungseinsichten, senschaftlichen Weiterbildungslehre eine komplexe Koope- Teilnehmerverwaltung usw.) werden entweder vorrangig rationsstruktur gibt. Mit Blick auf die Zusammenarbeit der von der Studiengangkoordination (rechtswissenschaftlicher Lehrenden zeigt sich dabei, dass diese durch das spezifische Fall) oder vom kontinuierlichen Lehrenden-Team (erzie- Format wissenschaftlicher Weiterbildung geprägt ist. Die hungswissenschaftlichen Fall) gestemmt. Die Unterstützung unterschiedliche Ausgestaltung deutet auf die jeweils fach- von Geselligem (Feiern, Feste, geselliges Beisammensein, spezifische Lehrkultur hin. Entlang der drei Dimensionen – Studienfahrt usw.) findet eher implizit oder explizit statt. Einbezug von Praxisreferent*innen/Externen, Diversität der Im rechtswissenschaftlichen Fall ist durch die Verortung im Lehrenden und Format Kompaktveranstaltung (vgl. Kap. 2) – Hotel bereits implizit Raum für geselliges Beisammensein wird im Folgenden die Kooperation der Lehrenden als zentra- rund um die Seminareinheiten, beispielsweise in Form von les Element der Lehrkultur in der wissenschaftlichen Weiter- ungezwungenen Treffen in der Hotelbar. Die angemessene bildung und als Merkmal dieses Formats dargelegt. Hotelwahl, das heißt auch Raum für Geselliges und Kulturel- les, wird im Vorfeld von der Studiengangkoordination über- Wie von den Praxiseinrichtungen erwünscht (Habeck & Den- nommen. Studierende und Lehrende organisieren sich rund ninger, 2015; Cendon & Flacke, 2013), werden in die Lehre Rechtswissenschaftlicher Fall Erziehungswissenschaftlicher Fall Übergangsmanagement Direkt durch die Referent*innen Prozessbegleitend durch den Studiengangkoordinator Teamteaching Auf gleicher Hierarchie-Ebene und Hierarchieübergreifend und kontinuierlich punktuell bei einzelnen Einheiten während des gesamten Weiterbildungs- studiums Räumlich-atmosphärische Kooperation Verantwortung: Verantwortung: Vorrangig weitere Personen, u.a. Vorrangig alle an der Lehr-/Lern- Hotelpersonal; Studiengangkoordination veranstaltung Beteiligten (Lehrende/ Ziel: Studierende), punktuell ggf. etwaige Inhaltliche Konzentration der Lehrenden Raumverantwortliche Ziel: Räumliche Adäquanz zum Lehr-/Lernprozess Lehrbezogene und gesellige Verantwortung: Verantwortung: Supportstrukturen vorrangig Studiengangkoordination vorrangig Lehrenden-Team Implizite gesellige Supportstruktur durch Explizite gesellige Supportstruktur durch Lehr-/Lernortwahl (Hotel) Zeiträume während der Veranstaltungen Tab. 2: Kooperationsbereiche und Gestaltungsweisen ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
SANDRA HABECK · 17 Praxisreferent*innen und Externe einbezogen. Die Befun- dierenden, sowie zur lehrbezogenen Kooperation der Studie- de weisen darauf hin, dass sich die externen Referent*innen renden untereinander, wichtige ergänzende Einsichten auf darauf konzentrieren, ihre je spezifische (Praxis-) Expertise mikrodidaktischer Ebene. in die Lehre einzubringen. Die weiteren Elemente des Lehr-/ Lernsettings werden überwiegend von hochschulischer oder anderer Seite getragen. In einem Fall stehen vorrangig die Literatur Studiengangkoordination und Hotelangestellte für räum- lich-atmosphärische, organisatorische und weitere Fragen zur Abegglen, H., Schwab, S., Hessels, M. (2017). Interdiszipli- Verfügung. Im anderen Fall dagegen unterstützt, rahmt und näres Teamteaching – Eine empirische Studie über die begleitet ein hierarchieübergreifendes hochschulisches Leh- Einstellung der Zusammenarbeit von Lehrkräften unter- renden-Team kontinuierlich die gesamten Veranstaltungen. schiedlicher Professionen. Zeitschrift für Pädagogik, (63)4, 437-456. Aus dem Material lässt sich außerdem ableiten, dass durch die Diversität der unterschiedlichen Lehrenden ein Mehr- Baumhauer, M. (2017). Berufsbezug und Wissenschaftsorientie- wert (Cendon & Flacke, 2013) für die Studierenden in der rung: Grundzüge einer Didaktik wissenschaftlich reflektier- wissenschaftlichen Weiterbildung erzeugt werden soll. Der ter (Berufs-) Praxis im Kontext der Hochschulweiterbildung. spezifische Mehrwert, den die einzelnen Referent*innen Detmold: Eusl. verheißen, wird in beiden Fällen explizit den Weiterbil- dungsteilnehmenden kommuniziert. Eine Zusammenarbeit Cendon, E. & Flacke, L. B. (2013). Praktikerinnen und Prak- zweier oder mehrerer Lehrender in Form von Teamteaching tiker als hochschulexterne Lehrende in der wissenschaft- kann sowohl dem fachlichen Anspruch als auch der Service- lichen Weiterbildung. Eine notwendige Erweiterung des orientierung der Studierenden (Salland & Rumpf, 2018) zu- Lehrkörpers. Hochschule und Weiterbildung,1, 36-40. geschrieben werden. Zum einen wird Teamteaching auf glei- cher Hierarchieebene genutzt, um die fachlich-inhaltliche Dexel, T. (2019). Multiprofessionelle Kooperation – eine wich- Fundierung zu multiplizieren. Zum anderen bietet gerade tige Gelingensbedingung für inklusiven Mathematikun- ein hierarchieübergreifendes Teamteaching zur Begleitung terricht. In A. Frank, S. Krauss & K. Binder (Hrsg.), Beiträ- der gemeinsamen und individuellen Lernprozesse durch die ge zum Mathematikunterricht (S. 955-958). Münster: WTM Mehrperspektivität einen gesteigerten Mehrwert. Verlag. Nicht zuletzt ist das überwiegend für Präsenzlehre in der Fischer, A. (2014). Lehrende in der Hochschulweiterbildung wissenschaftlichen Weiterbildung gewählte Format Kom- und ihr didaktischer Unterstützungsbedarf. Hochschule paktveranstaltung (Habeck & Rundnagel, 2017) für die und Weiterbildung, 2, 13-18. Kooperation der Lehrenden maßgeblich. Unter Einbezug unterschiedlicher Lehrender wird eine Abwechslung er- Habeck, S. & Rundnagel, H. (2017). Blockseminare in der wis- reicht und damit sowohl die „geballte Lehre“ (Kahl u.a. 2015) senschaftlichen Weiterbildung. In W. Seitter (Hrsg.), Zeit erleichtert als auch der Heterogenität der Weiterbildungs- in der wissenschaftlichen Weiterbildung (S. 119-140). Wiesba- studierenden (Lermen, Rübel & Schiefner-Rohs, 2016) Rech- den: Springer VS. nung getragen. Zugleich ist ein Übergangsmanagement zu Beginn und am Ende der Seminareinheiten oder der Block- Habeck, S. & Denninger, A. (2015). Potentialanalyse. For- veranstaltungen nötig. Dabei geht es entweder stärker um schungsbericht zu Potentialen institutioneller Zielgrup- die inhaltlichen Bezüge oder es geht neben der inhaltlichen pen. In W. Seitter, M. Schemmann & U. Vossebein (Hrsg.), Bezugnahme auch wesentlich um eine Bezugnahme auf sozi- Zielgruppen in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Empiri- aler (Lehr-/Lerngemeinschaft) und individueller Ebene (in- sche Studien zu Bedarf, Potential und Akzeptanz (S. 189-290). dividuelle Lernprozesse). Während ersteres vorrangig durch Wiesbaden: Springer VS. die Lehrenden der einzelnen Einheiten direkt geschieht, ist letzteres v.a. durch ein kontinuierlich begleitendes Lehren- Habeck, S. (2019). Lehr-/Lernkultur der wissenschaftlichen den-Team zu erreichen. Weiterbildung und ihre Räume. In W. Seitter & T. Feld (Hrsg.), Räume in der wissenschaftlichen Weiterbildung (S. 59- Die Ausführungen machen deutlich, dass eine Kooperation 82). Wiesbaden: Springer VS. der Lehrenden im Format der wissenschaftlichen Weiter- bildung angelegt ist und als ein Merkmal der Lehrkultur der Herrle, M. (2012). Ermöglichung pädagogischer Interaktion. Dis- wissenschaftlichen Weiterbildungslehre verstanden werden ponibilitätsmanagement in Veranstaltungen der Erwachse- kann. Inwiefern die Zusammenarbeit der Lehrenden fach- nen-/Weiterbildung. Wiesbaden: Springer VS. spezifisch geprägt ist, wurde in der Darlegung der verschie- denen kooperativen Gestaltungsarten herausgearbeitet und Herrle, M., Kade, J. & Nolda, S. (2010): Erziehungswissen- gilt es weiter zu verfolgen. Des Weiteren versprechen empiri- schaftliche Videographie. In B. Friebertshäuser, A. Lan- sche Befunde zur Zusammenarbeit von Lehrenden und Stu- ger & A. Prengel (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungs- ZHWB · Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung · 2021 (1)
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