10 Titelstory Digitalisierung im Gesundheitswesen Das neue Fujitsu Industrie Portfolio - MED-engineering
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
12 Medizintechnik aus den Fokusregionen When safety matters 34 MED Fertigung 3D-Druck revolutioniert die Medizintechnik 77 MED Bildung Fortbildungen und Studien- 5 | 2 018 gänge in der Medizintechnik 10 Titelstory Digitalisierung im Gesundheitswesen Das neue Fujitsu Industrie Portfolio
FAULHABER BHx Neue Antriebskraft in Ihren Händen NEU FAULHABER Bürstenlose DC-Servomotoren Serie 1660 ... BHx In der Medizin liegt große Verantwortung in der Hand des Einzelnen. Die neue Serie 1660 ... BHx setzt in diesem Bereich neue Maßstäbe: Bezogen auf Bauraum und Gewicht liefert sie in Punkto hoher Dreh- zahl, bei geringer Geräusch- und Wärmeentwicklung, Werte die bis vor kurzem unvorstellbar waren. Damit ist diese Antriebsserie prä- destiniert für medizinische Handstücke mit hohem Leistungsbedarf WE CREATE MOTION bei limitiertem Bauraum. www.faulhaber.com/bhx/de/
Editorial Sensorik für sterile Einsätze K ünstliche Intelligenz kann inzwischen Sprache in Echtzeit erkennen und auswerten. Deshalb spielt die Sprachassis- tenz schon heute vielfach eine wichtige Rolle. Zugleich steigen die Erwartungen an die Reaktionsgeschwindigkeit und an das natürliche Erleben. Und das, obwohl viele Menschen derzeit noch Berührungsängste mit den digitalen Assistenten haben. Un- geachtet dessen halten humanoide Roboter auch im Bereich der Medizintechnik und in der Pflege vermehrt Einzug. Schließlich än- dern sich die Gewohnheiten schnell, sobald sich Dinge bequemer erledigen lassen. Allerdings muss sich erst noch zeigen, wofür sich die humanoiden Blechkameraden tatsächlich eignen. Und schließ- lich sollte der pflegebedürftige Patient entscheiden können, ob er lieber von einem Roboter oder von einem Menschen aus Fleisch und Blut versorgt wird. Sprich! DIREKTUMSPRITZUNG Autoklavierbarer Schutz Ihrer Elektronik mit biokompatiblem Auch gilt es herauszufinden, wie sich Dialoge mit einem Roboter Polymer von den Dialogen zwischen Menschen unterscheiden. Um die Sprachsteuerungen den Anforderungen entsprechend weiterent- wickeln zu können, ist es erforderlich, Gespräche aufzuzeichnen. Dabei stellt sich allerdings die Frage des Datenschutzes. Weil die Stimme sehr individuell ist, fallen Daten an, die gemäß DSGVO der Zustimmung des Urhebers verlangen. Aber nicht nur hierfür braucht die Branche eine Lösung. Es gilt weitere Fragen zu beant- worten wie etwa: Vertraut man einer Maschine mehr an oder sicher- heitshalber weniger? Und ist der Nutzer vielleicht sogar ehrlicher gegenüber einem künstlichen Wesen? Hinzu kommt, die Sprach- assistenten ticken anders als gewohnt. Während eine Suche auf Google lange Ergebnislisten auswirft, geben digitale Sprachassis- tenten entweder/oder Antworten. Also nur eine oder vielleicht auch mal zwei. Infolgedessen sind neue Konzepte bzw. eine neue Heran- gehensweise an die Kommunikation erforderlich. Entwicklern und Konstrukteuren eröffnet das natürlich beste Chancen, sinnvolle Einsatzmöglichkeiten zu kon- zipieren und damit den Benchmark in ihrem Segment zu setzen! Sprechen Sie uns an! Wir setzen Ihre Idee um. @ www.med-eng.de/ m.med-eng.de Carola Tesche, Chefredakteurin c.tesche@mgo-fachverlage.de www.med-eng.de 3 www.turck-duotec.com
Inhalt Mitten ins Herz: Virtuelle Reise in den Körper Eine spannende virtuelle Reise in den Körper veranschaulicht Kindern das wichtigste Organ des Menschen, das Herz. 26 Kontakt zum Verlag: Redaktion: Carola Tesche (verantwortlich) Tel. +49 (0) 9221 949-238 Fax +49 (0) 9221 949-377 c.tesche@mgo-fachverlage.de „Ein Schlaraffenland für Anzeigen: Ingenieure“ Daniela Höhn Tel. + 49 (0) 9221 949-253 Ein kleines Start-up wirbelt ge- d.hoehn@mgo-fachverlage.de rade den Markt für Handprothe- Abo/Vertrieb sen durcheinander. Mit Innova- Rowena Piskol Tel. +49 (0) 9221 949-311 tionswillen, kompakten DC-Mo- Fax +49 (0) 9221 949-377 toren und einer Tastfunktion. vertrieb@mgo-fachverlage.de Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co.KG E.-C.-Baumann-Str. 5 54 Bildung 95326 Kulmbach Aus- und Weiterbildung & Studiengänge in der Medizintechnik www.med-eng.de d Print un 2 018 E- P a p e r MED Bildung Die MED engineering Bildung informiert über Aus- und Weiter- bildungsangebote rund um das Thema Medizintechnik. 77 MEDengineering 5/2018 4 www.med-eng.de
Inhalt FIX& MED Szene 06 Was ist ein „Medical Grade“- Polymer? 48 Präzise Planung für Instrumente 51 SMD-Strommess-Widerstände 52 Anwenderfreundlichkeit im Fokus FERTIG MED Komponenten MED Elektronik Antriebe LEE 10 Leistungsschub für Mainboards 11 OLED: kompakt, sparsam, 54 Ein Schlaraffenland für Ingenieure 56 Extrem hohes Drehmoment in IMH Blenden in kontraststark einem kompakten Bauraum 56 Kompakter bürstenloser DC-Servo- vielen Bauformen Medizintechnik aus der motor mit integriertem Controller Fokusregion 57 Qualität mit kleinem Querschnitt 58 Sicheres Handling in der Diagnostik Deutschland 61 Produktmeldungen 12 When safety matters Bediensysteme 14 Der frühe Entwickler holt sich die 62 XXL-Industriemonitore Marktanteile 65 Produktmeldungen 17 Die digitale Revolution 66 Biegen ohne Brechen 19 Neuronales Netz blickt in die Lunge 67 Platz, Zeit, Energie und Kosten 20 20 Jahre Soft- und Hardwareent- sparen wicklung Verbindungstechnik 22 Vom Hühnerstall zur Reinraum- 68 Produktmeldungen produktion 69 Zuverlässige Ethernetübertragung 24 Ein glückliches Lächeln 69 Wärmeübergang perfektioniert! Österreich 70 Produktmeldungen 26 Mitten ins Herz Linearsysteme Schweiz 71 Auf den richtigen Hub kommt es an 28 Medizintechnik mit bahn- 74 Lineartechnik im Dienste der brechenden Technologien Gesundheit 76 Perfekte Bewegung auf Zug und MED Fertigung auf Druck 76 Schienen für besondere Prototypen Anforderungen 30 Muster, Prototypen, Vorserie und MED Bildung Serienproduktion 33 Modulare optische Systeme in Innen- Ø 1bis 0,1 mm Rekordzeit Fortbildung 34 3D-Druck revolutioniert die 78 Tissue Engineering Medizintechnik Studiengänge und noch kleiner S I N C E 19 4 8 36 Sichere Signalübertragung mit 79 Medizintechnik – Wege in den Beruf Schleifringen 80 Workshop und Zertifikatslehrgang 38 Große Vorteile für User Auftrags- und Kleinserienfertigung 81 Medizintechnik-Studium mit neuem Konzept für Gase und 39 Produktmeldungen 40 Potenzial für die Medizintechnik Markt 82 Zukunftstrends jenseits der Flüssigkeiten 42 Neueste Gleitschleiftechnologie Technologie-Buzzwords 44 Freiformen für die Medizintechnik 83 Duales Studium T H E L E E C O M PA N Y 46 Agile Produktionsoptimierung Bildungsangebote Titelseitenhinweis Fujitsu Mainboards für eine Vielzahl von Anwendungen Fujitsu entwickelt und produziert in seinem Werk in Augsburg nicht nur eigene IT-Systeme, sondern auch Mainboards „Made in Germany“ und 12 Medizintechnik aus bietet als EMS-Dienstleister auch externen Kunden an, ihre Lösungen den Fokusregionen When safety matters 34 MED Fertigung 3D-Druck revolutioniert dort fertigen zu lassen. Eine weitere Besonderheit ist das eigene Product die Medizintechnik 71 MED Komponenten Auf den richtigen Hub 5 | 2 018 kommt es an Compliance Center zur Prüfung von Funktionalitäten und Einhaltung zahlreicher internationaler Standards sowie kundenspezifischer Anfor- derungen. Forschung, Entwicklung, Produktion und Compliance Center an einem Ort sorgen für kurze Wege und schnelle Abstimmungen vor Ort. 10 Titelstory Digitalisierung im Gesundheitswesen LEE Hydraulische Das neue Fujitsu Industrie Portfolio Fujitsu Technology Solutions GmbH Miniaturkomponenten GmbH 86199 Augsburg Tel.: +49 821 80 40 Am Limespark 2 · 65843 Sulzbach www.fujitsu.com/de Telefon 06196 / 773 69 - 0 E-mail info@lee.de www.lee.de www.med-eng.de 5
MED Szene Recht & Normen Warum Materiallieferanten und Produkthersteller von einer Begriffsbestimmung profitieren würden Was ist ein „Medical Grade“-Polymer? D as Gesundheitswesen und die Medizinprodukteindustrie waren, kam der Skandal 2010 ans Licht. Bis heute beschäftigt sind streng reguliert, um Qualität, Nachhaltigkeit und er die Gerichte. Erst im Februar 2017 entschied der Europäi- vor allem den Schutz menschlichen Lebens sicherzu- sche Gerichtshof im Fall des TÜV Rheinland, dass Benannte stellen. Dies macht die Produktentwicklung aufwendig und Stellen zwar die Aufgabe haben, die Endverbraucher medizini- komplex – mit strengen Compliance-Regelungen, langfristigen scher Geräte zu schützen, aber nicht gesetzlich haftbar sind. Tests, Qualitätsprüfungen und Zertifizierungen. Dennoch gibt es bisher keine Antwort auf eine scheinbar einfache Frage: Was Der PIP-Skandal ist nur der jüngste in einer Reihe von Vorfäl- genau ist ein „Medical Grade“-Polymer? Der Verein Deutscher len, die in den vergangenen Jahrzehnten in der gesamten Ingenieure (VDI) hat nun die Definition eines Standards in An- Branche für Aufsehen sorgten. Noch einmal hat er eindrück- griff genommen. Der erste Entwurf wurde im April 2018 auf der lich gezeigt, wie groß die ungelösten Probleme und Unsicher- VDI-Fachtagung in Friedrichshafen vorgelegt. heiten bei allen Beteiligten sind. Von orthopädischen und chirurgischen Instrumenten über Ähnliche Vorkommnisse in den 1990er Jahren veranlassten Ausrüstungen für Diagnostik und Medikamentenabgabe hin viele Polymerlieferanten, sich aus der Medizinbranche zu- zu Implantaten und Sehhilfen finden Polymere im Gesund- rückzuziehen. Um den Markt wieder in Gang zu bringen, ver- heitswesen schon seit Langem Anwendung. Verringerung von abschiedete der US-Kongress 1998 den „Biomaterials Ac- Gewicht und Größe, einfachere Verarbeitung, Flexibilität, Bi- cess Assurance Act“. Danach haften Rohstofflieferanten okompatibilität, strengere Hygieneauflagen, der Bedarf an nicht mehr für Produktversagen, sofern sie „die geltenden ver- Einweginstrumenten – Anforderungen wie diese wären ohne traglichen Anforderungen oder Spezifikationen einhalten“. den Einsatz von Polymeren kaum zu bewältigen. Es über- Seither mussten Medizinproduktehersteller hohe Investitio- rascht also nicht, dass rund 50 % der bei der Medizinprodukte- nen tätigen, um die Regelkonformität und anwendungsspezi- herstellung verwendeten Materialien Kunststoffe sind. fische Sicherheit ihrer Produkte zu gewährleisten. Doch eine nationale oder gar internationale Definition für „Medical Gra- Doch das richtige Polymer für eine bestimmte medizinische de“-Polymere steht nach wie vor aus. oder pharmazeutische Anwendung zu finden, kann schwierig sein. Trotz hoher Anforderungen sowie strikter internationaler Anwendungseinschränkungen als Selbstschutz und nationaler Regularien wird die Sache auch dadurch ver- kompliziert, dass es bislang keine universell anerkannte Defi- Als Reaktion auf aufsehenerregende und kostspielige Ge- nition für „medizinische“ Kunststoffe gibt. richtsverfahren in den 1990er Jahren haben Polymerherstel- ler, die aktiv die Medizinbranche ansprechen, Strategien ent- Frühere Herausforderungen wickelt, um bestimmte Anwendungen zuzulassen, andere auszuschließen. „Die Bandbreite der „Regeln“, die dabei zur Zuletzt hat der so genannte „PIP-Skandal“ um den französi- Anwendung kommen, ist groß“, weiß Siobhan Bastiansen, schen Implantathersteller Poly Implant Prothèse (PIP) die Market Manager Medical Plastics VELOX GmbH. „Häufig be- Medizinbranche aufgewirbelt – mit weitreichenden finanziel- ruhen Einschränkungen weniger auf der erwarteten Leis- len, rechtlichen und personellen Konsequenzen für PIP, die tungsfähigkeit des Polymers in der Zielanwendung als auf der Materiallieferanten, Benannte Stellen und Patienten. Für Unternehmenskultur und Entscheidungen der Rechtsabtei- Brustimplantate war gewöhnliches Industriesilikon verwen- lung. So kann es vor allem um das gefühlte Risiko eines späte- det worden. Nachdem zahlreiche dieser Implantate gerissen ren Rechtsstreits gehen.“ MEDengineering 5/2018 6 www.med-eng.de
MED Szene Einige typische Einschränkungen: + Nicht für den medizinischen Einsatz zugelassen + Nur Hautkontakt + Kein direkter Kontakt mit Flüssigkeiten, die in den Blut- kreislauf gelangen + Maximal 24 Stunden innerhalb des Körpers + Maximal 29 Tage innerhalb des Körpers Natürlich ist es eine große Herausforderung für Medizinpro- duktehersteller und OEMs, zumal kleinere Spezialunterneh- men, den Überblick über all diese komplexen Regelungen und Haftungsausschlüsse zu behalten. „Als Distributor für medi- zinische Spezialpolymere sehen wir uns als wichtiges Binde- glied zwischen Polymerlieferanten und unseren Kunden, den Medizinprodukteherstellern, um die Polymerauswahl zu ei- nem sicheren, erfolgreichen, tragfähigen und möglichst ein- fachen Prozess zu machen“, so Bastiansen. • Medizintechnik-Kompetenz auf 20.000 m² Beispielsweise gibt es derzeit nur eine sehr kleine Polymer- • Ausstellerfokus auf Zulieferer und auswahl für Produkte, die länger als 30 Tage im Körper ver- Dienstleister bleiben sollen und bei denen eine vertrauensvolle Bezie- hung zum Rohmateriallieferanten besonders wichtig ist. • Umfangreiches Know-how durch intern. „Unser Partner Lubrizol LifeSciences ist einer der wenigen Messebeirat mit Ausstellern, Besuchern, Polymerlieferanten, die den Einsatz ihrer thermoplasti- Verbänden und Medien schen Polyurethane (TPU) nicht auf 30 Tage im Körper be- schränken“, erläutert Bastiansen. „Stattdessen erinnert der • VDMA – Arbeitsgemeinschaft Medizin- Disclaimer daran, dass die Polymerauswahl dem Geräteher- technik als ideeller Träger steller überlassen bleibt. Produktentwickler können aus ei- nem großen TPU-Sortiment die je nach Anwendung vielver- • Swiss Medtech vereint Verband auf sprechendsten Typen auswählen und testen.“ Benötigt an- Gemeinschaftsstand dererseits ein Kunde nur geringe Mengen eines farbiges Materials für ein nichtinvasives Gerät, können wir entspre- Wichtig: chend den Mindestbestellmengen der Lieferanten unter- schiedliche Optionen vorschlagen oder in Zusammenarbeit mit IPC, unserem Partner für medizinische Compoundie- t rung, auf eine langfristige Lösung hinarbeiten.“ .u. hbucherrabat Die MDR und ihre Auswirkungen auf Fr m Medizinproduktehersteller endet a 2018 ! Während Polymerhersteller eigene Kriterien für medizinge- eptem ber eignete Polymere aufgestellt haben, steht es Medizinproduk- teherstellern theoretisch frei, jedes beliebige Polymer einzu- 30. S setzen, solange es den geltenden Vorschriften entspricht. Je- doch tragen sie dabei das Haftungsrisiko. So haben sich viele Gerätehersteller bei der Auswahl des Materials auf die Einhal- tung der geltenden Normen wie USP Class VI und ISO 10993 in Bezug auf Biokompatibilität verlassen. Tanja Wendling Die neue EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR – Projektleiterin 2017/745), die am 25. Mai 2017 verabschiedet wurde und ab dem 26. Mai 2020 zur Anwendung kommt, legt großes Ge- t4m@messe-stuttgart.de wicht auf Risikomanagement und Sicherheit. Im Vergleich zu bisher geltenden Richtlinien wie die MDD – 93/42/EWG ent- hält sie 100 zusätzliche Artikel, zwei zusätzliche Anhänge, » www.t4m-expo.de www.med-eng.de
MED Szene Recht Normen neue Klassifizierungsregeln sowie erweiterte Anforderungen anwendungen fließen – „verschwindend wenig“, meint Basti- an die Berichterstattung. Darüber hinaus stärkt sie die Rolle ansen. Für viele Polymerlieferanten, die volumenstarke Bran- Benannter Stellen „in Bezug auf ihr Recht bzw. ihre Verpflich- chen wie Automobilbau, Lebensmittel, Verpackung und Bau tung, unangekündigte Vor-Ort-Audits sowie physische Kon- beliefern, ist es nicht wirtschaftlich, in einen Markt mit so ge- trollen oder Laboruntersuchungen an Produkten durchzufüh- ringen Stückzahlen zu investieren. Jedoch sind einige ver- ren, um sicherzustellen, dass die Hersteller auch nach der ur- meintliche Industrietype in Produkte eingegangen, die als sprünglichen Zertifizierung die Vorschriften jederzeit Medizinprodukte gelten und als solche der MDR bzw. den US- einhalten“. amerikanischen FDA-Vorschriften unterliegen. „Insbesondere für viele kleine bis mittelständische Medizin- Für Medizinproduktehersteller birgt dies verschiedene Risi- produktehersteller kann das neue, anspruchsvolle Gesetz ken und Herausforderungen. Haben sie erst ein Material sorg- das Aus bedeuten, denn es wird den Markteintritt für ihre fältig ausgewählt und getestet, das all die komplexen Regula- Produkte extrem schwierig und teuer machen“, kommen- rien für medizinische Kunststoffe und obendrein die Anforde- tiert Bastiansen. rungen für die gewünschte Anwendung erfüllt, müssen sie sich auf langfristige Lieferfähigkeit und Planbarkeit verlassen Allerdings: Auch die MDR bringt (wie schon die MDD) keiner- können. Plötzliche Lieferausfälle oder unangekündigte Pro- lei Fortschritt im Sinne einer industrieweiten Standarddefini- duktionsänderungen, bei industriellen Polymeren an der Ta- tion für medizinische Polymere. Spezielle Polymertypen für gesordnung, können sich als fatal erweisen, da sie den Pro- medizinische Anwendungen sind also nicht zwingend vorge- dukthersteller zwingen, den ganzen komplizierten und teuren schrieben, solange geltendes Recht eingehalten wird. „Rattenschwanz“ an Tests, Qualifizierungsmaßnahmen und Zertifizierungsprozessen, der Jahre dauern kann, von vorne zu Erster Schritt in Richtung einer verbindlichen beginnen. Definition „In dieser schwierigen Lage haben Polymerhersteller, die Doch zumindest in Deutschland ist nun der Stein ins Rollen Spezialpolymere für medizinische Anwendungen anbieten, gekommen. Im Dezember 2016 gründete der VDI einen eine Möglichkeit entdeckt, den Medizinprodukteherstellern Richtlinienausschuss zur Standardisierung von „Medical echten Mehrwert zu bieten“, so Bastiansen. „Lieferanten wie Grade“-Polymeren. Der Verband kommentierte: „Ziel soll es Repsol oder Lubrizol LifeSciences, mit denen wir seit vielen sein, die Anforderungen an den Werkstoff Kunststoff für den Jahren zusammenarbeiten, haben transparente Mechanis- Einsatz in Medizinprodukten zu definieren und damit einen men eingeführt, um den Change-Control-Prozess für OEMs zu Standard zu erarbeiten, der für Rohstoffproduzenten und Her- erleichtern und langfristige Lieferfähigkeit sicherzustellen.“ steller von Medizinprodukten als Leitfaden genutzt werden So profitieren beide Seiten von einer engen Zusammenarbeit kann. Durch die Richtlinie werden die Bereiche Entwicklung, mit gegenseitigen Einblicken und dem Austausch von Know- Logistik, Beschaffung und Einkauf gleichermaßen erfasst.“ how und schützen gleichzeitig ihr Unternehmen und ihre Pro- Ein erster Entwurf wurde auf der VDI-Fachtagung „Kunststof- dukte vor teuren Ausfällen. fe in der Medizintechnik“, die am 10. und 11. April in Fried- richshafen stattfand, vorgestellt. Die finale Richtlinie soll nach Ablauf einer sechsmonatigen Einspruchsfrist Ende 2018 vorliegen. „Wir unterstützen das VDI-Ziel voll und ganz und glauben, dass die Definition eines Standards mehr Zuverlässigkeit, Autorin: Stabilität und langfristiges Engagement für alle Parteien zum Siobhan Bastiansen, Market Manager Medical Plastics Ergebnis hätte“, betont die Expertin für medizinische Kunst- VELOX GmbH stoffe bei VELOX. „Davon würden Polymer- und Medizinpro- duktehersteller gleichermaßen profitieren.“ Veränderungsmanagement und langfristiges KONTAKT Engagement als Alleinstellungsmerkmale VELOX GmbH Brandstwiete 1 Indessen haben spezialisierte Hersteller medizinischer Poly- D-20457 Hamburg mere bereits die Gelegenheit ergriffen, wichtige Wertbeiträge Tel. +49 40 369 68 80 für Verarbeiter und OEMs zu schaffen. www.velox.com Diese Tatsache ist umso erwähnenswerter, als nur ca. 3 % der weltweiten Polymerproduktion in Medizin- und Gesundheits- MEDengineering 5/2018 8 www.med-eng.de
Unverzichtbares Wissen aus der Medizintechnik MEDengineering Die Fachzeitschrift für Konstrukteure und Entwickler von Medizingeräten MARKET MARKET 2018 2019 SAUBERE, SCHNEL SICHERERE KON LERE UND Leistungsverzei izintech nik aus NEK TOREN FÜR Das Leistungsportfolio 12 Med n MEDIZINISCHE GER chn der Medizintechn is sregione XX Rubrik den Fokuy matters When safet Thema ÄTE. ik Thema g Fertigun 34 MEDruck revolutioniert XX Rubrik 3D-D zintechnik Thema die Medi enten Thema Kompon 71 MEDden richtigen Hub XX Rubrik der Medizintechnik- Auf Thema es an kommt 4 | 2 018 Thema 8 5 | 2 01 Für Ihre Anwen dungen können Konnektoren von die hochwertige unternehmen in einer CPC einen n und moder nachhaltigen Unters nen Egal für welches Anwendungsgeb spezifischen Anforde iet – CPC bietet chied ausmachen. Ihnen hochwer XX Titelstory Konnektoren rungen gerecht tigen Konnekt zählen: Kupplun werden. Zu unserem oren, die Ihren Kupplungen mit gen ohne Ventil, umfangreichen niedrigem oder Kupplungen mit Sortiment an Standard- SOIC-Sensoren für den Einweg-Kupplun gen. hohem Durchflu Non-Spi ss, wiederverwendba ll-Technologie, re Kupplungen gesunden Schlaf Ebenfalls können sowie handlichen Pocket- wir auf Wunsch individuellen kundenspezifisch Anforderungen Qualität von entsprechen. Überzeu e Konnektoren anfertigen, CPC. gen Sie sich selbst die Ihren von der hervorra Weitere Informa genden tionen finden Sie unter cpcworl dwide.com/med elstoimryGesundheitswese izin. n 10 Tit ©2017 Colder Products Company ausgabe g lio isierun Digital rie Portfo Indust www.med e Fujitsu -eng.de Das neu www.med-eng.de Das Informationsportal mit aktu- ellem Wissen für Konstrukteure und Entwickler – egal ob News, Branchenverzeichnis, Social Media die neuesten Xing-Follower werden und Produkte oder unser keine aktuellen News mehr Zeitschriftenarchiv. verpassen. Diskutieren Sie Branchennews in Ihrem Netzwerk! Social Media Newsletter Folgen Sie der Aktuelle Informationen MEDengineering über Komponenten und auf Facebook! Systeme für medizini- sche Applikationen, Entwicklungsmöglich- keiten sowie aktuelle Trends u.v.m. Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG · E.-C.-Baumann-Straße 5 · 95326 Kulmbach · Tel.: +49 9221 949-311 · Fax: +49 9221 949-377
MED Elektronik Baugruppen/Boards Neue Mainboards der Fujitsu Industrial Series für Intel Core i3, i5 und i7-CPUs der 8. Generation („Coffee Lake“) mit bis zu sechs Rechenkernen für eine optimale Performance Leistungsschub für Mainboards F ujitsu hat die Reihe seiner Mainboards der Industrial Se- in kompaktere Gehäuse verbauen. Darüber hinaus können ries um vier Modelle erweitert. Sie lassen sich mit Intels die beiden Mini-ITX-Modelle dank der Dual Power Supply- aktuellen Prozessoren der achten Generation („Coffee Funktion sowohl mit einem ATX-kompatiblen Netzteil als Lake“) bestücken. Diese CPU-Familie zeichnet sich durch eine auch über den internen 12-V-DC-Stromanschluss mit einem erhöhte Anzahl an CPU-Kernen aus und eignet sich für beson- AC-Adapter betrieben werden. ders fordernde Aufgaben im industriellen Umfeld wie in Indus- trie-PCs und Digital-Signage-Systemen. Im Vergleich zu Intels siebter Generation („Kaby Lake“) stehen beim Core i7 und i5 sechs statt bisher vier und Bild: Fujitsu Technology Solutions GmbH beim i3 vier statt bisher nur zwei Kerne zur Verfügung. Dank des LGA1151 CPU-So- ckels sind alle neuen Fujitsu Main- boards hinsichtlich CPU-Performance, Leistungsaufnahme und Systempreis flexi- bel skalierbar. Die neuen Boards stehen in mehreren Formfaktoren zur Verfügung: das D3633-S und D3634-S im kompakten Mini- ITX Format, das D3641-S als Micro-ATX-Version. Hinzu kommt mit dem D3646-S ein Modell im klassischen ATX- Mainboard D3642-B Formfaktor. Vielzahl von Zusatzfunktionen Neue zusätzliche Chipsätze Ebenso wie die bereits verfügbaren Mainboards für Industrie- Die achte Generation der Intel Core-Technologie basiert ne- Rechner hat Fujitsu auch die neuen Modelle mit einer breiten ben den neuen CPUs auch auf einer Vielzahl neuer Chipsät- Palette von Zusatzfunktionen ausgestattet: ze: Mit dem Intel Express C246 Chipsatz an Bord eignen sich das D3646-S und D3641-S nicht nur für die aktuellen + Hoch effiziente Spannungsversorgung: Das spezielle De- Intel-Prozessoren der Core i-Reihe der achten Generation. sign der Spannungswandler garantiert in allen Betriebsar- Systemdesigner können auch zu Server-CPUs der Xeon-Fa- ten eines Rechners einen extrem niedrigen Stromver- milie von Intel mit ECC-Support greifen. Beide Boards bie- brauch. So beträgt die Leistungsaufnahme im Ruhezu- ten dank der sieben beziehungsweise vier Erweiterungsslots stand (Idle Mode) eines Systems und bei Einsatz umfangreiche Ausbaumöglichkeiten. Beim D3646-S ste- entsprechender Netzteile nur 8-10 Watt. hen auch zwei PCI-Schnittstellen für ältere Erweiterungs- + Dreistufiger Hardware-Watchdog: Sowohl der Pre-Boot- karten zur Verfügung. Die kompakteren Modelle D3633-S als auch der eigentliche Boot-Vorgang sowie das Betriebs- mit Q370-Chipsatz und das D3634-S mit dem Intel H310 system werden über einen integrierten System-Monito- Express-Chipsatz unterstützen dagegen ausschließlich die ring-Controller überwacht. Bei Problemen mit einer Soft- Core i- und Pentium-CPUs von Intel. Zudem lassen sie sich ware führt dieser automatisch einen Neustart durch. MEDengineering 5/2018 10 www.med-eng.de
MED Elektronik Baugruppen/Boards » ter wird durch regelmäßige Überprüfung beim Booten erkannt und dem Nutzer mitgeteilt. „Die Anforderungen an Sys- + Umfangreiche Sicherheitsfunktionen: Die Mainboards sind mit einem Trusted Platform Module (TPM) ausgerüs- teme, die in der Industrie tet. Außerdem hat Fujitsu das BIOS um Sicherheitsfunk- zum Einsatz kommen, stei- tionen erweitert. Dazu zählen ein Schutz vor Boot-Sektor- Viren und die Möglichkeit, ein schadhaftes BIOS aus ei- gen ständig. Deshalb hat Fu- nem Backup-File wiederherzustellen. Mit dem Tool „EraseDisk“ mit Encryption-Technologie können Admi- jitsu Mainboards herausge- nistratoren zudem sämtliche Speichermedien wie HDDs bracht, die nun die achte Ge- + und SSDs auf sichere Weise zuverlässig löschen. Kostenlose Tools: Zur Anpassung von BIOS-Default Set- neration der Core i-Prozes- tings, der LVDS-Settings und der Lüfterkennlinien sowie soren von Intel unterstützen. zur Einbindung von Kundenlogos auf dem Boot-Bild- schirm bietet Fujitsu umfangreiche kostenlose Tools wie Damit haben Designer von „SystemGuard“ für professionelle Nutzer. Industrie-Rechnern deutlich Entwicklung und Fertigung in Deutschland mehr Optionen, um maßge- Ein Pluspunkt der Fujitsu Mainboards der Industrial Serie ist, schneiderte Lösungen für dass sie in Deutschland entwickelt und gefertigt werden. Dies er- ihre Kunden zu entwickeln folgt im hoch modernen Werk von Fujitsu in Augsburg. Nutzer ha- ben dadurch die Gewähr, dass sie qualitativ hochwertige Produkte –und das mit Boards, die erhalten, die zudem über alle relevanten Zertifizierungen und Zu- lassungen verfügen. Ein weiterer Vorteil sind die kurzen Wege. Be- höchsten Qualitätsanforde- nötigt ein Hersteller von Industrie-Rechnern weitere Boards oder rungen gerecht werden.” Ersatzkomponenten, erhält er diese innerhalb kürzester Zeit. « Verfügbarkeit Peter Hoser, Director Sales OEM bei Fujitsu Die Modelle D3646-S und D3641-S aus der Industrial Series von Fujitsu sind voraussichtlich ab Ende Juli erhältlich. Im Laufe des + Silent Fan: Die intelligente Lüftersteuerung stellt sicher, Augusts kommen dass die Lüfter zum einen zuverlässig funktionieren und zwei weitere KONTAKT zum anderen das Gerät so leise wie möglich effektiv ge- Mainboards auf Fujitsu Technology Solutions GmbH kühlt wird. Dank mehrerer Temperaturmesspunkte auf den Markt: das Mies-van-der-Rohe-Straße 8 dem Mainboard werden alle zentralen Komponenten ei- D3633-S und D-80807 München nes Industrie-Rechners, wie etwa der Prozessor und Spei- D3634-S. Tel. +49 89 62 06 00 chermedien, stets im optimalen Temperaturbereich be- www.fujitsu.com/de trieben. Auch eine mögliche Leistungsabnahme der Lüf- — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — WORKSHOP ZUR IDEEN- UND KOOPERATIONSFINDUNG MIT SCHWERPUNKT MEDICAL MATERIALS Der Medizintechnik-Cluster veranstaltet auch in diesem Jahr Seien Sie dabei beim Workshop zur Ideen- und Kooperations- einen Workshop zur Ideen- und Kooperationsfindung in der findung – Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! Medizintechnik. Das Schwerpunktthema: „Medical Materi- als“ – unterschiedliche Werkstoffe in der Medizintechnik. Im Sie wollen sich Ihre Gratisteilnahme sichern? Werden Sie interaktiven Workshop „MedTech.Transfer - business meets Sponsor und bewerben Sie Ihr Unternehmen! research“ fokussieren sich die Experten in Ihren Vorträgen auf die Materialien: Metall, Kunststoff, Knochen, Keramik und www.medizintechnik-cluster.at deren Anwendung in der Medizintechnik. www.med-eng.de 11 MEDengineering 5/2018
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland When safety matters Ursprünglich hatte sich das Unternehmen SASSE mit robus- Hand einer Gruppe privater Investoren, die dieses Geschäfts- ten Edelstahltastaturen für den Bereich der Automatisie- feld wieder verstärkt ausbauen wollen. Also back to the roots? rungstechnik einen Namen gemacht. Inzwischen liegt aber ei- Dr. Schnürer-Patschan: Durch die Übernahme rückt die Auto- ner der Produktschwerpunkte auf Funkfernbedienungen für matisierungstechnik tatsächlich wieder verstärkt in den Fo- medizintechnische Geräte. Dr. Christoph Schnürer-Patschan, kus. Der Schwerpunkt liegt aber nach wie vor auf dem Bereich der als Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung zuständig ist der Medizintechnik. Hier werden zunehmend kundenspezifi- für die strategische Geschäftsentwicklung, arbeitet seit zehn sche und äußerst robuste Eingabesysteme geordert. Während Jahren im Bereich der Medizintechnik. Der Gesprächspartner erste Computertastaturen lediglich mit ein oder zwei Einstell- der Redaktion hat während dieser Zeit an der Entwicklung di- rädern und evtl. mit einem zusätzlichen Knopf für bestimmte verser Funkbedienungen für Medizingeräte mitgewirkt. Bedienungen ausgerüstet waren, werden heute sehr dedizier- te Systeme nachgefragt. Kabellose Bedieneinheiten spielen MED: Herr Dr. Schnürer-Patschan, was zeichnet das Unter- dabei eine immer größere Rolle. Die von SASSE entwickelten nehmen SASSE aus? und auf Funkkommunikation basierenden Bediensysteme Dr. Schnürer-Patschan: SASSE ist kein Inverkehrbringer von kommen beispielsweise zur Handhabung bildgebender Syste- Medizingeräten, sondern vielmehr ein Entwickler und Ferti- me wie Röntgengeräte und CT-Systeme zum Einsatz. Dabei ger. Im Idealfall begleiten wir den Kunden von der Produkt- geht es um die Übertragung von Daten als auch um die Einbin- idee und der Entwicklung über die folgende Produktion und dung der Geräte in digitale Netzwerke. ggf. erforderliche Änderungen beispielsweise aufgrund regu- latorischer Verordnungen bis zum End of Live eines Produk- MED: Kabellose Systeme bieten mehr Bewegungsfreiheit und tes. Dabei können wir alles aus einer Hand bedienen. lassen sich leichter reinigen. Wichtige Vorteile im Bereich der Medizintechnik. Allerdings setzt sich die Technologie der funk- MED: Das Unternehmen Sasse war und ist für robuste Edel- basierten Bedienung hier nur zögerlich durch. Woran liegt das? stahltastaturen bekannt, die oftmals im Bereich der Automati- Dr. Schnürer-Patschan: Die Gründe hierfür sind meist in den sierungstechnik als HMI-Geräte (Human-Machine-Intervace) Anforderungen seitens des Risikomanagements und der funk- zum Einsatz kommen. Mittlerweile ist das Unternehmen in der tionalen Sicherheit zu finden. Gerade dort, wo eine Strahlung ausgelöst wird und wo bewegliche Teile wie etwa eine Patien- tenliege, ein Röntgengenerator, ein Röntgendetektor und Ro- boter vorkommen, sind bei der Bedienung der Systeme hohe Das anfängliche Kerngeschäft Sicherheitskriterien zu erfüllen. Kabellose Systeme sind au- des im Jahre 1946 unter dem Na- ßerdem mit speziellen Risiken verbunden. Beispielsweise liegt die typische Bitfehlerrate bei der einfachen Datenüber- men Sasse K.G. durch Dr. Eugen tragung durch Funk etwa im Bereich von 1 Promille. Das ist für Sasse gegründeten Unterneh- funktional sichere Bedienungseinheiten nicht ausreichend. mens war die Produktion unter- Die Fehlerrate einer sehr guten Datenleitung ist um ein Vielfa- ches geringer. Außerdem zeichnen sich kabelgebundene Sys- schiedlichster Schalter und teme naturgemäß durch eine unmittelbare Nähe zueinander Schauzeichen für die Fernmelde- aus. Eine Funkbedienung kann dagegen leicht entfernt wer- technik. Seit den 1990er Jahren den. Damit besteht das Risiko, ein Gerät versehentlich durch eine Wand oder eine Türe hindurch zu bedienen und damit ei- konzentriert sich der Systemliefe- ne unkontrollierte Strahlung oder eine unerwünschte Bewe- rant auf die Entwicklung und Fer- gung der Patientenliege auszulösen. Gleichwohl werden ka- tigung von hochwertigen Bedie- bellose Bediensysteme vermehrt nachgefragt. SASSE hat da- her begonnen, Funksysteme mit einem, der Medizintechnik nelementen, Komponenten und entsprechenden hohen Sicherheitslevel zu entwickeln. Geräten für die Medizintechnik. MED: Welche speziellen Standards sind in diesem Zusam- menhang einzuhalten? MEDengineering 5/2018 12 www.med-eng.de
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland Dr. Schnürer-Patschan: Um die speziellen Anforderungen zu verstehen, ist eine gute Zusammenarbeit mit dem Kunden er- forderlich. Vorteilhaft sind auch eine zusammen mit dem Kun- den durchgeführte Risikoanalyse und ein gemeinsam entwi- ckeltes Risikomanagement. Schließlich ist das Thema Sicher- heit sehr vielschichtig. Außerdem sind das Medizingerät und die Funkfernbedienung prinzipiell als Einheit zu sehen. Nur wenn sich Fernbedienung und Gerät einander eindeutig zuord- nen lassen, ist es beispielsweise möglich, eine ungewollte Kommunikation mit einem anderen Gerät zu vermeiden. Bild: Sasse Elektronik GmbH MED: Welche Leistungsmerkmale sind aus diesem Ansatz be- reits hervorgegangen? Dr. Schnürer-Patschan: Wir haben beispielsweise ein speziel- les Fernbedienungssystem mit einer zur Funkstrecke redun- danten Infrarotstrecke entwickelt. Dieses System funktioniert nur innerhalb des Raums, in dem sich das zu bedienende Ge- rät befindet. Auch werden hier Fehler mittels verschiedener Dr. Christoph Schnürer-Patschan, Mitglied der erweiterten Mechanismen ausgeschlossen bzw. erkannt, wodurch die Geschäftsleitung der Sasse Elektronik GmbH Erstfehlersicherheit des Gerätes garantiert ist. Informationen lassen sich dabei auf unterschiedliche Art und Weise gewin- tenpaketen sicherzustellen oder Daten redundant über zwei nen und miteinander vergleichen. Die Kommunikation der Kanäle zu übertragen. Geräte erfolgt darüber hinaus innerhalb einer kurzen Reich- weite. Das stellt eine klare Kopplung durch entsprechende Er- MED: Und wie sieht es mit der Hardwareseite aus? kennungen sicher. Dr. Schnürer-Patschan: Damit die Funkfernbedienung wider- standsfähig gegenüber Fremdeinwirkung ist, sind ein robus- MED: Es gilt, Daten korrekt und geschützt zu übertragen. Wel- tes Leiterplattendesign und belastbare Bauelemente erfor- che Maßnahmen werden diesbezüglich zugrunde gelegt? derlich. Funktionen, die einer Ausfallsicherung bedürfen, Dr. Schnürer-Patschan: Die Daten werden verschlüsselt. Hin- werden redundant ausgelegt. Zudem ist jedes Medizingerät zu kommen kundenspezifisch für ein Gerät erstellte, proprie- mit einem Notstoppsystem und Werkzeugen zur Fehlerüber- täre Protokolle. Diese Protokolle zeichnen sich durch einen wachung wie zum Beispiel einem Kollisionsschutz ausgestat- speziellen Charakter aus. Deshalb ist es nicht möglich die Da- tet. Nimmt beispielsweise ein Röntgengenerator eine be- ten sofort zu verstehen, auch wenn ein Datenstrom unberech- stimmte Position ein und droht dabei mit einem Gegenstand tigterweise entschlüsselt wird. Darüber hinaus kommt inner- oder einer Person zu kollidieren, erkennen Sensoren dies und halb der Kommunikationsprotokolle ein Schichtensystem stoppen das Gerät. Mittels Sensoren lässt sich übrigens auch zum Einsatz, wobei in der Applikationsschicht verschiedene feststellen, ob ein Tastendruck durch eine Person oder einen Protokolle entsprechend ihrer Bedeutung festgezurrt werden. eingeklemmten Gegenstand erfolgt. SASSE hat darüber hinaus in der Applikationsschicht eigene Softwarealgorithmen (Sicherheitsschichten) integriert. Diese MED: Noch ein Statement zum Schluss? Applikationsschicht unterliegt vollständig unserer Kontrolle, Dr. Schnürer-Patschan: Wenn man über Funkfernbedienungen wird von uns validiert und lässt sich mit den seitens des Kun- spricht, redet man nicht nur über Funk, sondern über das Ge- den in das System zu integrierenden Protokollen abstimmen. samtpaket. Wir bieten Gesamtpakete an, die die Funkbedie- nung und alle Aspekte rund um das Bedienen von Medizingerä- MED: Gibt es weitere Verfahren? ten beinhalten. Dabei ist es wichtig, die elektronischen, die Dr. Schnürer-Patschan: Damit die Datenübertragung fehler- mechanischen und die funktechnischen Dimensionen und As- frei erfolgen kann, ist beispielsweise die Länge der Datenpa- pekte wie Usability, Normen und die Biokompatibilität zu be- kete genau abzuwägen. Schließlich soll ein Tastendruck auf trachten. SASSE verfügt über das hierfür erforderliche Know- der Funkfernbedienung eine Aktion innerhalb einer akzepta- how. Zugleich können wir verfügbare und insbesondere neue blen Zeitspanne bis hin zu einer permanenten Kommunikati- Technologien frei on zwischen System und Fernbedienung auslösen. Um die wählen. Das erlaubt KONTAKT Übertragung falscher oder ungenügender Daten oder die Da- es uns die Möglich- Sasse Elektronik GmbH tenübertragung an einen falschen Empfänger zu verhindern, keiten zu nutzen, die Berliner Str. 12 lassen sich Informationen mittels Prüfalgorithmen auf ihre In- der Markt bietet! D-91126 Schwabach tegrität hin überprüfen. Ferner ist es möglich, einer Fernbe- Tel. +49 9122 97 80 dienung und einem Gerät eine eindeutige Kennung zuzuord- Das Interview führte www.sasse-elektronik.de nen. Das ermöglicht es, die vollständige Übertragung von Da- Carola Tesche www.med-eng.de 13 MEDengineering 5/2018
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland Bild: iStock/4X-Image Wer in der Medizinelektronik Marktanteile gewinnen will, kann sich nicht allein auf bewährte Lösungen im Produktportfolio verlassen. Der frühe Entwickler holt sich die Marktanteile D ie zunehmende Digitalisierung und der rasante Fort- Bestehendes Know-how bündeln und nutzen schritt in der Forschung machen Gerätehersteller zu „Dauer-Innovatoren“. Wer hier auf branchenübergrei- Erste Lösungen zur HPV-Diagnose steckten noch in der Ent- fendes Know-how im Industriedesign und Engineering zu- wicklung oder kamen gerade erst auf dem Markt. Auch ein rückgreift, kann neue Trends schneller in marktreife Produkte führender Hersteller im Bereich Healthcare und Life Sciences umwandeln. sah die Chance, eine innovatives System auf den Markt, mit dem die zerstörungsfreie Analyse (NDA) von Proben möglich Ein gutes Beispiel für die schnelle und innovative Realisie- wurde. Ziel war es, ein automatisiertes Probenvorbereitungs- rung eines Geräts stammt aus dem Bereich der HPV-Diagno- system zu entwickeln und dieses an ein bereits bestehendes se. Jährlich erkranken in Deutschland rund 4.600 Frauen Assay-System anzubinden. Die geplante Time-to-Market soll- an Gebärmutterhalskrebs. Die Früherkennung der Krank- te dabei nur 2-3 Jahre dauern. Für das Design und der Ent- heit umfasst zwei Typen von Screening-Tests, die unter der wicklung des Systems wurde schließlich der EMS-Dienstleis- Bezeichnung Pap- und HPV-Test (Humane Papillomviren) ter Plexus ins Boot geholt. bekannt sind. Beim Pap-Abstrich werden anomale Zellen entdeckt, die sich unbehandelt zu Krebs weiter entwickeln Zu den Kernanforderungen zählte neben Kosteneffizienz auch können. Bei der HPV-Diagnose lässt sich die Art der Infekti- die Verbesserung von Arbeitsvorgängen. Das wiederholte Öff- on frühzeitig erkennen, noch ehe es zu solchen Zellabnormi- nen und Schließen der Verschlusskapseln der Proben hatte bei täten kommt. HPV wird bei ungefähr 99% aller Gebärmut- Labortechnikern häufig zu einem Karpaltunnel-Syndrom ge- terhalskrebserkrankungen vorgefunden, wobei bestimmte führt. Das Gerät sollte daher über Decapping- und Recapping- HPV-Typen bekannt sind, die bei Frauen Zellabnormitäten Funktionen verfügen und die Probenvorbereitung automatisie- und Krebs verursachen. ren, wenig Stellfläche beanspruchen und die Mitarbeiter von MEDengineering 5/2018 14 www.med-eng.de
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland zeitraubenden Routine-Aufgaben be- freien. Beim Systemdesign und der Entwicklung konnte der Hersteller un- ter anderem auf das Design und die Er- fahrung von Plexus aus einem anderen Projekt bauen. So brachte der EMS- Partner nicht nur seine langjährige Er- fahrung bei der Zusammenarbeit mit Bilder: Plexus Darmstadt Design Center Healthcare- und Life Science-Anbie- tern mit ein, sondern auch Know-how aus anderen Branchen. Konzept verstehen und definieren Dementsprechend erfolgte auch die Konzept verstehen und definieren Zusammenarbeit abteilungsübergrei- fend: Plexus Experten aus dem Bereich Mechanik, Elektronik von Beginn an prüfen, Ideen des Kunden zur Optimierung von und Software stimmten sich mit den technischen Ingenieuren vorhandenen Design-Aspekten in das System einbringen und aus dem Design ab. Das Industriedesign-Team von Plexus so die Time-to-Market verkürzen. stand in direktem Kontakt mit dem Marketing des Kunden. Wöchentliche Besprechungen, Besuche beim Kunden vor Ort Bewährte Komponenten für innovatives Design sowie Treffen mit Endanwender führten zu einem umfassen- den Verständnis der nötigen Arbeitsvorgänge auf Anwender- Für das Design und die Entwicklung des Probenvorberei- seite, ehe mit der Automatisierung der Prozesse begonnen tungssystems nutzte Plexus im vollen Umfang sein Value- wurde. Gemeinsam konnten die Teams das Systemkonzept Stream-Service-Modell mit innovativen und aufeinander ab- » Tropfen für Tropfen höchste Präzision 12.-15.11.2018 Halle 8B Stand H07 Die zuverlässige und exakte Steuerung, Rege- lung und Dosierung von Fluiden und Gasen in der Medizintechnik ist lebensnotwendig. Wir entwickeln und fertigen hierfür passgenaue Systeme und Komponenten – auch für spezi- fische Fluidtechnik-Anwendungen. Erleben Sie selbst, wie Ihnen das tiefe Industrie- und Applikations-Know-How der Bürkert-Experten in unseren Systemhäusern bei Ihren individuellen Anwendungen hilft. We make ideas flow. www.buerkert.de
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland Design. So konnte das Produkt neu definiert werden und alle Anforde- rungen erfüllen. Mit Blick auf die straffe Zeitplanung arbeitete das Team aus Design- und Entwicklungs-, Fertigungs- sowie Supply Chain-Experten sehr eng mit dem Hersteller zusammen, um ein hohes Maß an Effizienz zu gewähr- leisten. Regelmäßige Treffen auf Ma- nagementebene sowie der enger Kon- takt zum Kunden-Team erlaubten ei- ne offene Kommunikation. Prototypen und Tests machten itera- tive Design-Verbesserungen möglich, sobald sich Möglichkeiten zur Opti- mierung boten oder sich Anforderun- gen änderten. Das direkte Feedback auf Prototypen trug zu mehr Bedien- komfort bei. Bestehendes Know-how bündeln Dank der eng aufeinander abge- gestimmten Dienstleistung. Die ehrgeizige Time-to-Market- stimmten Prozesse konnten alle Systemanforderung umge- Strategie bedeutete Einschränkungen hinsichtlich der setzt und das System sowie zugehörige Testlösungen in weni- eingesetzten Komponenten. Auf Grund des begrenzten Zeit- ger als drei Jahren in die Produktion überführen Das ermög- fensters setzte man im Systemdesign auf bewährte Bauteile, lichte dem Hersteller eine zeitgerechte Markteinführung deren Einbindung sich jedoch als komplex erwies. Insgesamt eines Diagnoseverfahren zum Nachweis von HPV und trug da- finden sich im System 29 Bewegungsachsen, integrierte Bar- zu bei, Marktanteile im Bereich HPV-Testsysteme zu gewin- code-Leser, Rüttler, Decappers, Pipettierer, Heizelemente nen. und Reagenzien sowie Handler für Pufferlösungen. Die Soft- waresteuerung des Systems basiert auf einer SPS (Speicher- Das System erfüllt alle regulatorischen Anforderungen, dar- programmierbare Steuerung), an die eine von Plexus entwi- unter EMC, elektrische Sicherheit sowie medizinische Gerä- ckelte grafische Bedienschnittstelle angeschlossen ist. Diese te-Software gemäß IEC62304 mit Softwaresicherheitsklassi- nutzt C# Code, XAML-Dateien sowie eine SQL-Server-Daten- fikation der Klasse B. Mit der Automatisierung vieler Funktio- bank. Universell einsetzbare Funktionstestsysteme erlauben nen kommt das System zudem den Wünschen der die Prüfung von zehn verschiedenen Unterbaugruppen. Da- Endanwender nach und trägt dazu bei, Verletzungen am Ar- durch ließen sich vor Ort austauschbaren Einheiten (FRUs) beitsplatz vorzubeugen und das Probenhandling zuverlässi- realisieren. Doppelt verfügbare Testsysteme ermöglichen zu- ger und schneller durchzuführen. dem die Durchführung paralleler Fertigungskontrollen. Herausforderung Supply Chain Management Autor: Die Komplexität des Produkts erforderte innovatives Supply Robert Frodl Director – DACH Region Customer Development for Enginee- Chain-Management. In einigen Fällen war es erforderlich, ring Solutions mehrere Zulieferer einzusetzen, um eigenes Ausgangsmate- Plexus Darmstadt Design Center rial bereitstellen und erforderliche Komponenten vormon- tieren zu können. Einige der Kernbestandteile waren vom Kunden vorgeschrieben. Um die technischen Anforderun- gen des Systems voll zu erfüllen, aktualisierte Plexus in en- KONTAKT ger Zusammenarbeit mit dem Kunden sowie den Zulieferern Plexus Darmstadt Design Center die Bauteilespezifikationen und konnte die Systemfunktio- Bratustraße 7 nalität so weiter gewährleisten. Die Anforderungen wurden D-64293 Darmstadt über den gesamten Entwicklungsprozess hinweg kontinuier- Tel. +49 61513 77 55 00 lich angepasst: Ergebnisse aus Zuverlässigkeitsprüfungen www.plexus.com/de-de flossen in die Entwicklung ein und sorgten für ein stabiles MEDengineering 5/2018 16 www.med-eng.de
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland Trends wie KI, neuronale Netze, Cloud Computing, Machine Learning, Deep Learning, Wearables und das Internet of Things (IoT) definieren eine neue technologische Ära. Ist hier mehr Hype als Substanz dabei? Die digitale Revolution im Gesundheitswesen D as derzeitige Gesundheitswesen besitzt sehr umfang- Der Blick auf das IoT-System reiche Patientendaten (medizinische Unterlagen, Bil- der, Videos und gemessene Vitaldaten). Sie werden für Die erste Sichtweise auf die Digitalisierung des Gesundheits- vorausschauende Analysesysteme verwendet, die lernen und wesens ist die des IoT-Systems. Ein IoT-Framework umfasst Trends erkennen können, um die Versorgung der Patienten zu im Allgemeinen drei wesentliche Elemente: verbessern. Neben der Sammlung medizinischer Daten in Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen können Inge- 1) Edge-Knoten nieure und Wissenschaftler zudem umfangreiche Daten von 2) ein Gateway oder einen Cloud-Aggregator tragbaren Medizingeräten (Wearables) erfassen, speichern 3) ein Datenanalysemodul im Back End, das die aggregierten und nutzen, wie es vor 10 Jahren noch nicht vorstellbar war. Daten für Trendanalysen, Anomalie-Erkennung usw. nutzt Diese riesigen Datenmengen in handlungsrelevante Erkennt- Edge-Knoten erfassen im Allgemeinen Rohdaten zum Gesund- nisse umzuwandeln, stellt jedoch eine schwierige Herausfor- heitszustand über verschiedene Sensoren. Wearable-Fitness- derung dar. Häufig müssen hierfür neueste Analysemethoden geräte und einige proprietäre vom Gesundheitsministerium zu- auf die Daten angewendet werden, um ein innovatives Pro- gelassene Geräte, wie Blutzuckersensoren und EKG-Monitore, dukt oder einen Service zu entwickeln, der den Patienten und sind Beispiele für Edge-Knoten in einem IoT-System. Von den dem wirtschaftlichen Wachstum nutzt. Eine weitere wesentli- Edge-Knoten erfasste Daten müssen verarbeitet werden, um che Herausforderung besteht darin, für Produkte oder Ser- sinnvolle Informationen daraus zu extrahieren. vices schnell eine Zulassung zu bekommen und die Marktein- führung umzusetzen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Be- Mit den richtigen Signal- oder Bildverarbeitungsalgorithmen wältigung dieser Herausforderungen sind wissenschaftliche für die Sensordaten, die per Streaming von den Edge-Knoten Software-Werkzeuge wie MATLAB, mit denen Ingenieure und übertragen werden, können Signalmerkmale extrahiert und so Forscher im Bereich der Medizingeräte ausgefeilte Algorith- in die Cloud übertragen werden, dass die Bandbreitenanfor- men in Prototypen ausprobieren und implementieren, große derungen dieser Wearables reduziert werden und ihre Ener- Mengen an Daten unterschiedlicher Arten schnell und effek- gieeffizienz optimiert wird. Letzteres ermöglicht kleinere Ge- tiv analysieren sowie neue Machine-Learning-Modelle entwi- räte und selteneres Aufladen. Die Merkmalsextraktions-Algo- ckeln und anwenden können, ohne sie von Grund auf neu zu rithmen können lokal auf dem energiesparenden programmieren. eingebetteten Prozessor ausgeführt werden. Dieser ermög- licht das regelmäßige Senden verarbeiteter oder komprimier- Betrachtung der Landschaft ter Informationen an die Cloud, wo sie dann für einen einzel- nen Patienten oder eine Gruppe von Patienten aggregiert wer- Um diese Big-Data-Herausforderung besser zu verstehen, den können. Vorausschauende Analysen können auf die kann diese neu entstehende Landschaft aus zwei unter- umfassenden Daten ausgeführt werden, die für zahlreiche Pa- schiedlichen Perspektiven betrachtet werden: einerseits aus tienten über lange Zeiträume erfasst werden, um Echtzeitbe- der Perspektive des IoT-Systems zusammen mit seiner zu- richte für Patienten und Ärzte zu erzeugen. grunde liegenden Infrastruktur und andererseits aus der Per- spektive der Datenanalyse (Machine Learning), also der intel- Die Identifizierung der richtigen Kombination von Algorith- ligenten Algorithmen, mit denen Ärzte und Patienten fundier- men für Vorverarbeitung und Merkmalsextraktion ist ein wich- tere, datenbasierte Entscheidungen treffen können. tiger Schritt in diesem Workflow und kann über die Effektivität » www.med-eng.de 17 MEDengineering 5/2018
Medizintechnik aus den Fokusregionen Deutschland Das Training des Modells erfolgt im Allgemeinen mithilfe um- fangreicher historischer Daten, die über lange Zeiträume hin- weg aufgezeichnet wurden. Dabei werden etablierte Metho- den der Datenverarbeitung verwendet. Das trainierte Modell kann dann auf neue, nicht getestete Daten angewendet wer- den, um Vorhersagen zu verschiedenen Parametern zu erzeu- gen. So dient es als fortschrittliche Diagnosehilfe für den Arzt und/oder die Patienten. Im Fall von Respiri wird ein Handheld-Gerät verwendet, um Audiosignale zu erfassen und vorzuverarbeiten, die über Blu- etooth an das Smartphone des Patienten gesendet werden. Ein intelligenter Algorithmus, der in MATLAB erstellt und mit- hilfe der automatischen C-Code-Generierung in einer Smart- phone-App implementiert wurde, analysiert das Spektralbild mittels Techniken aus der Bildverarbeitung und berechnet ei- Bild: MathWorks ne Atemgeräuschrate, mit der die Stärke der Atemgeräusche quantifiziert wird. Diese Informationen werden dann vom Smartphone aus an die Cloud gesendet, wo sie weiter aggre- Das derzeitige Gesundheitswesen besitzt sehr umfangreiche Patien- giert werden. Außerdem können dort die Trends der Atemge- tendaten räusche des Patienten an Ärzte weitergegeben werden. der gesamten Lösung für vorausschauende Analysen ent- Die Fähigkeit zum schnellen Evaluieren von Signalverarbei- scheiden. Außerdem kann es schwierig und zeitaufwendig tungsalgorithmen, während zudem Machine-Learning-Mo- sein, die richtige Partitionierung von Algorithmen herauszu- delle ausgewählt und mithilfe von C-Code-Generierungstech- finden, wenn die passenden Software-Werkzeuge für wissen- nologien auf einer Zielplattform implementiert werden, hilft schaftliche Aufgaben und für das Evaluieren von Algorithmen Unternehmen, die Entwicklung solcher komplexen Medizin- fehlen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Prozess von Respiri. geräte zu beschleunigen. Durch Entwicklung der Atmungsüberwachungs-Algorithmen, welche fortschrittliche Signal- und Bildverarbeitungstechni- In der heutigen Welt, in der datengesteuerte Analysen die ken nutzen, konnte Respiri ein Gerät herstellen, das die Stär- Grenzen des Möglichen verändern, wird die Digitalisierung ke von Asthma misst, indem es im Brustbereich gemessene des Gesundheitswesens die Personalisierung der Medizin vo- Atemgeräusche analysiert. Das Gerät sendet die verarbeiteten ranbringen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die vorbeugende Daten dann an den Patienten (oder bei Kindern an ein Eltern- und therapeutische Versorgung in absehbarer Zukunft von teil) und an den Arzt, damit Maßnahmen der Stärke gemäß un- vorausschauenden Analysen geleitet wird, welche von Wear- ternommen werden können. ables erfasst und durch Smartphones und persönliche Geräte weitergegeben werden. Diese Technologie wird ein besseres Der Blick auf die Datenanalysen Verständnis des Gesundheitszustands eines Patienten und ei- ne effektivere Diagnose von vielzähligen unterschiedlichen Die zweite Sichtweise, die uns das Verständnis dieser Land- physiologische Zuständen des Menschen ermöglichen und zu schaft erleichtert, bezieht sich auf die Machine-Learning-Al- einer gesünderen Gesellschaft führen. gorithmen, die dieses gesamte System intelligent werden las- sen und dazu beitragen, Daten in handlungsrelevante Er- kenntnisse umzuwandeln. Intelligente Algorithmen, die mit Machine-Learning-Techniken erstellt werden, ermöglichen Autor: die Extrahierung sinnvoller Informationen aus großen Mengen Arvind Ananthan, Medizinprodukteindustrie-Manager, MathWorks von Textdaten, Signalen, Bildern und Videos, um Diagnose- funktionen zu automatisieren und zu beschleunigen. Ein Machine-Learning-Algorithmus besitzt drei primäre Kom- KONTAKT ponenten: MathWorks Adalperostr. 45 1) Datenvorverarbeitung D-85737 Ismaning 2) Merkmalsextraktion Tel. +49 89 452 35 67 00 3) Entwicklung eines prädiktiven Modells, das dafür geeig- www.de.mathworks.com net ist, die Merkmale aus einem Trainingssatz zu lernen MEDengineering 5/2018 18 www.med-eng.de
Sie können auch lesen