Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG

 
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Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
Kantonsspital Frauenfeld
          Kantonsspital Münsterlingen
          Psychiatrische Dienste Thurgau
          Klinik St. Katharinental

          Geschäftsbericht
2015       2017
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Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
E DITORIAL
Stark in gelebter E
                  ­ igenständigkeit                                                            1

S PI TA L T H U R GAU
Organe der Spital Thurgau                                                                      2
Zufrieden mit dem Geschäftsjahr 2017                                                           3
Altersmedizin in der Spital Thurgau                                                            7
Wer gut bleiben will, darf nicht aufhören besser zu werden                                    11
Sich ändernde Berufsbilder erfordern neue Konzepte                                            15
Die Bedeutung der Informations- und Kommunikations-Technologie (ICT) im Spital                19
Nachhaltiges Immobilienmanagement und effizienter Nutzen                                      23

DA S JA H R 2 017 I N Z A H L E N
Lagebericht                                                                                   29
Bilanz                                                                                        31
Erfolgsrechnung                                                                               32
Geldflussrechnung                                                                             33
5-Jahres-Übersicht                                                                            34
Anhang zur Jahresrechnung                                                                     35
Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinnes                                                 35
Erläuterungen zur Jahresrechnung                                                              36
Bericht der Revisionsstelle                                                                   42
Patientenstatistiken                                                                          44
Qualitätsbericht                                                                              50
Personalstatistiken                                                                           56
Erfolgreiches Geschäftsjahr 2017 für die thurmed Gruppe                                       59

FAC H KO M PE T E N Z E N D E R S TA N D O R T E
Kantonsspital Frauenfeld, Kantonsspital Münsterlingen                                         64
Klinik St. Katharinental, Psychiatrische Dienste Thurgau                                      65
Zentrale Medizinische Dienste, Zentrale Dienste und Eigenständige, nahestehende Unternehmen   66

Geschlechtsneutrale Bezeichnungen
Wenn auf diesen Seiten die weibliche Form nicht der männlichen
Form beigestellt ist, so ist der Grund dafür allein die bessere Lesbarkeit.
Wo sinnvoll, ist selbstverständlich immer auch die weibliche Form
gemeint.
Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG


Stark in gelebter E
                  ­ igenständigkeit

von lic. iur. Robert Fürer, Verwaltungsratspräsident Spital Thurgau

A
         m 24. April 1997 erteilte der Regierungsrat       wenn sie nach privatwirtschaftlichen Regeln
         des Kantons Thurgau einer Projektgruppe           geführt werden. Diese Regeln verlangen auch,
         den Auftrag, Vorschläge auszuarbeiten,            dass die Verantwortlichkeiten exakt festgelegt
wie die als unselbstständige Anstalten geführten           werden. Und das heisst auch, dass, wer verant-
öffentlichen Gesundheitseinrichtungen in eine              wortlich ist, seine Verantwortung beansprucht.
Organisationsform überführt werden können, wel-            Und dass, wer nicht in Verantwortung steht, jene
che auf lange Sicht Sicherheit und Erfolg garan-           des Verantwortlichen respektiert. In seiner Eigen-
tiere.                                                     tümerstrategie hat der Regierungsrat festgelegt,
                                                           dass die Leistungserbringung bedarfsgerecht
Die Projektgruppe leitete am 14. April 1998 dem            und qualitativ hochstehend zu erfolgen habe
Regierungsrat ihren Bericht zu. Dieser empfahl,            und dass sich die Kosten im schweizerischen Ver-
das Kantonsspital Frauenfeld, das Kantonsspital            gleich im besten Drittel bewegen sollen. Diese
Münsterlingen, die Psychiatrischen Dienste Thur-           Ziele haben wir Jahr für Jahr erreicht. Vorausset-
gau und die Klinik St. Katharinental in eine Akti-         zung dafür bildete die Akzeptanz der Grün-
engesellschaft nach den Regeln des Schweize-               dungsidee, der gelebten Eigenständigkeit. War
rischen OR zu überführen und in einer einzigen             dies anfänglich noch selbstverständlich, erken-
Gesellschaft nach privatwirtschaftlichen Regeln            ne ich mehr und mehr Versuche, operative Fra-
zu führen. Die Regierung ist dieser Empfehlung             gen zum Gegenstand politischer Debatten zu
gefolgt und hat im Herbst 1999 die Spital Thurgau          machen. Das besorgt mich.
AG gegründet.
                                                           Erfolg ist nicht nur eine Folge richtiger Organisa-
Wenn ich heute nicht nur auf das Geschäftsjahr             tion, sondern ebenso das Ergebnis systemati-
2017 zurückblicke, sondern alle 18 Jahre, in de-           scher, verantwortungsvoller und transparenter
nen ich dem Verwaltungsrat unseres Unterneh-               Personalführung. Und so sind es letztlich unsere
mens angehören durfte, Revue passieren lasse,              Mitarbeitenden, die die Erfolgsgeschichte wäh-
so hat dies seinen Grund im Umstand, dass ich              rend bald 20 Jahren geschrieben haben. Die
im Herbst 2018 als Präsident der Spital Thurgau            Spital Thurgau hat einen weitsichtigen Verwal-
abgelöst werde. Was der Kanton Thurgau vor                 tungsrat, eine ausgezeichnete Geschäftsleitung,
zwanzig Jahren schuf, war eine Pioniertat, die             hervorragende Kliniken und Institute, fachkun-
im Verlaufe der Jahre vielerorts kopiert wurde.            diges, motiviertes Personal – unser Kanton darf
Es hat sich schweizweit die Ansicht durchgesetzt,          stolz sein, dass in der thurmed Gruppe gegen
dass sich öffentliche Spitäler in einem stets              4’000 Mitarbeitende täglich ihr Bestes geben.
schwierigeren Umfeld nur behaupten können,                 Ihnen gebührt unser aller Dank.
                                                                                                            ❚

1
Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
SPITAL THURGAU, GESCHÄFTSBERICHT 2017

Organe der Spital Thurgau

                                        ➔ ➔V E R WA LT U N G S R AT
                                           (von links nach rechts)
                                           Dr. med. Bruno Haug
                                           Prof. Dr. oec. Urs Brügger
                                           Prof. Dr. oec. Michèle Sutter-Rüdisser
                                           Prof. Dr. med. Markus von Flüe
                                           Christa Thorner-Dreher
                                           lic. iur. Robert Fürer, Präsident
                                           Dr. oec. Anna-Katharina Klöckner, Vizepräsidentin
                                           lic. iur. Carlo Parolari

                                        ➔ ➔G E S C H Ä F T S L E I T U N G
                                           (von links nach rechts)
                                           Dr. med. Adrian Forster, Spitaldirektor Klinik St. Katharinental (bis 30.11.2017)
                                           Dr. oec. publ. Peter Heri, MPH, CFO
                                           Agnes König, Pflegedirektorin Kantonsspital Münsterlingen
                                           PD Dr. med. Dipl. Psych. Dipl. Soz. Gerhard Dammann, MBA,
                                           Spital­d irektor Psychiatrische Dienste Thurgau
                                           Dr. sc. techn. Marc Kohler, CEO
                                           Dr. oec. publ. Christian Schatzmann, CIO
                                           Norbert Vetterli, Spitaldirektor Kantonsspital Frauenfeld/
                                           Verwaltungs­d irektor Klinik St. Katharinental
                                           PD Dr. med. Thomas Neff, Ärztlicher Direktor Kantonsspital Münsterlingen
                                           PD Dr. med. Stefan Duewell, Ärztlicher Direktor Kantonsspital Frauenfeld
                                           Stephan Kunz, MBA, Spitaldirektor Kantonsspital Münsterlingen/­
                                           Verwaltungsdirektor Psychiatrische Dienste Thurgau

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Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
Zufrieden mit
dem Geschäftsjahr 2017

von Dr. sc. techn. Marc Kohler, CEO Spital Thurgau

D
        as Geschäftsjahr 2017 der Spital Thurgau     (–1,3 % in der Akutmedizin KSF und KSM, ca.
        war geprägt durch die Vorbereitung auf       +2,8 % in der Psychiatrie und +2,6 % in der Klinik
        schwierige deutliche Veränderungen in        St. Katharinental) und einem ambulanten
den Rahmenbedingungen ab 1. 1. 2018. Sie wur-        Wachstum von ca. 2,5 % (ambulanter Umsatz in
den erst ab Oktober 2017 genau erkennbar, was        etwa konstant aufgrund der Taxpunktwertreduk-
zu erheblichen Unsicherheiten und grossem            tion um Rp. 2 per 1.1. 2017) und einem weiter eher
Aufwand (Szenarien-Planung) für die notwendi-        leicht sinkenden Zusatzversichertenanteil von
gen Prozessanpassungen führte. Gleichzeitig          total rund 14,5 % blieb der Gesamtumsatz in der
galt es, die anerkannt hohen Levels von Patien-      Spital Thurgau auf Vorjahresniveau. Die Auslas-
tensicherheit, Qualität, Freundlichkeit unserer      tungsschwankungen innerhalb des Jahres nah-
Mitarbeitenden im Umgang mit Patientinnen,           men aber zu, was auch die Vorhaltekosten et-
Patienten und Angehörigen zu halten und mög-         was erhöhte. Weitere Kostenfaktoren wie Löhne,
lichst noch zusätzlich auszubauen – natürlich        medizinischer Bedarf und administrative Auf-
parallel dazu unter weiteren Optimierungen und       wände, letztere primär via seit Jahren stetig stei-
Effizienzsteigerungen, um die fast überall stei-     gender qualitativer und statistischer Anforde-
genden Kosten soweit möglich zu dämpfen.             rungen, erhöhten sich im «gewohnten» Mass.
Erfreulicherweise ist es gelungen, auch das Jahr     Das führte auch in der Spital Thurgau zu einem
2017 in allen Bereichen qualitativ positiv und       massiv erhöhten internen Kostendruck, um das
auch finanziell erfolgreich mit einem Jahreser-      Jahresergebnis positiv zu halten – dabei ist der
gebnis von Fr. 4,593 Mio. abzuschliessen.            (politische) externe Druck auf die Gesundheits-
                                                     kostenentwicklung seit Jahren ja schon enorm.
Erstmals seit vielen Jahren sank die Nachfrage
nach stationären Leistungen in der Schweiz im        In diesem Umfeld wurden die «schon üblichen»
Jahr 2017 marginal, und auch das ambulante           Veränderungen in der Versorgung, welche pri-
Wachstum lag deutlich unter den «gewohnten»          mär die Zentrumsspitäler treffen, noch verstärkt
Raten der Vorjahre. Das war für fast alle Schwei-    spürbar: einerseits die Mixverschiebungen hin
zer Spitäler eine neue und unerwartete Heraus-       zu finanziell weniger attraktiven Fällen («Rosinen-
forderung. Ob das ein einmaliges Phänomen            picken» durch andere Leistungsanbieter), mehr
oder der Beginn einer Trendwende ist, bleibt         aber noch die heute immer schwieriger und
heute noch offen. Diese neue Situation galt es       teurer zu bewältigenden Nacht- und Wochen-
auch in der Spital Thurgau zu bewältigen: Mit        enddienste, die – gerade bei jüngeren Mitarbei-
quasi konstanten medizinischen Leistungen            tenden – wenig beliebt sind und die Personalre-

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Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
SPITAL THURGAU, GESCHÄFTSBERICHT 2017

              krutierung alles andere als erleichtern. Wir wol-        Versorgungsauftrag in der Schweiz. Das wirkt
              len aber klarstellen: Aus Sicht der Gesamtversor-        sich auch positiv auf Gesundheitskosten aus:
              gung ist es sicher besser, wenn die schwierigen,         Auch deshalb sind die Krankenkassenprämien
              oft komplexen und weniger beliebten Aufgaben             in den letzten 10 Jahren im Kanton von deutlich
              bei der Spital Thurgau erbracht werden – und             überdurchschnittlich zu deutlich unterdurch-
              wir machen das gerne und gut, für alle Patien-           schnittlich im Schweizer Vergleich gesunken.
              tinnen und Patienten, 24 Stunden pro Tag und           • Die Aus- und Weiterbildung für Gesundheitsbe-
              365 Tage im Jahr. Wir wünschen uns einfach,              rufe im Kanton liegt mehrheitlich bei der Spital
              dass diese stark unterschiedliche Leistungser-           Thurgau via insgesamt ca. 420 Ausbildungsstel-
              bringung auch in den Tarifen abgebildet wird.            len und zahlreichen Weiterbildungsangeboten.
                                                                       Es profitieren aber alle Leistungsanbieter.
              Neben der vorgeschriebenen Jahresberichter-            • Arbeitsplätze: Insgesamt werden in der thur-
              stattung werden deshalb in diesem Geschäfts-             med Gruppe rund 4’200 Personen beschäftigt,
              bericht auch massgebliche Aufträge und Auf-              die Gruppe ist damit ein ganz wichtiger wirt-
              gaben für die Thurgauer Allgemeinheit vorge-             schaftlicher Faktor.
              stellt – und mit welchen strategischen Ansätzen        • Immobilien: Viele Kantone unterstützen ihre Spi-
              und Erfolgsfaktoren sie umgesetzt werden. Es             täler nach wie vor massiv via günstige Bauten,
              geht dabei um die zentrale und nicht immer               bei uns liegt deren gesamte Finanzierung und
              einfache oder attraktive Rolle in der Gesund-            Realisierung bei der Spital Thurgau – oft mit teu-
              heitsversorgung des Kantons Thurgau:                     ren Zusatzauflagen (Ökologie etc.). Diese Auf-
              • Zentrumsversorgung in der Akutmedizin und              gabe hat durchaus spannende und wertvolle
                 der Psychiatrie (Grund- und Spezialversorgung         Seiten (z. B. bedarfsgerechtes Bauen, r­asche
                 in der Rehabilitation), 365 × 24 Stunden, über        Umsetzung, Image), die kantonalen Rahmen-
                 praktisch alle Fachgebiete der Medizin – mit          bedingungen sind im heutigen kostengetrie-
                 allen dafür notwendigen Vorhalteleistungen.           benen Umfeld jedoch meist eine deutliche
              • Eine Studie der Universität Basel von 2017 zeigt,      Zusatzbelastung.
                 dass der Kanton TG «seine» Spitäler für die Vor-
                 halteleistungen und auch insgesamt nur extrem       Aber wir wollen ja nicht jammern: Die Spital Thur-
                 bescheiden, konkret am zweitwenigsten von           gau ist und bleibt medizinisch fortschrittlich und
                 allen Kantonen, unterstützt.                        sehr hochwertig, findet im Vergleich zu anderen
              • Die Spital Thurgau liegt trotzdem tariflich in der   Spitälern in der Region nach wie vor gut die not-
                 Gruppe der günstigsten Spitäler mit breitem         wendigen, kompetenten und motivierten Mitar-

4
Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG


beitenden und die Fluktuationsrate bleibt im         Einsatz unserer Mitarbeitenden (Effizienz) stan-
Quervergleich zu anderen Spitälern tief und sinkt    den deshalb schon 2017 im Vordergrund, und
weiter. Ganz wichtig ist uns auch, dass die Spital   dieses Ziel hat auch 2018 Priorität. Parallel dazu
Thurgau – dank steten und nachhaltigen Effizi-       fordern die laufenden Grossprojekte, speziell
enzverbesserungen – auch finanziell erfolgreich      «Horizont» in Frauenfeld, und die zahlreichen
und stabil bleibt. Geprägt durch das erwähnte        weiteren Bauvorhaben an allen Standorten
Umfeld, waren im 2017 ganz besondere Anstren-        ganz besonders. Aber: Wir wollen, ja müssen in
gungen und einige schwierige Entscheide not-         die Zukunft der Spitalversorgung in der Region
wendig, welche aber bereits frühzeitig ab Früh-      investieren, und wir können es auch – inhaltlich,
ling 2017 getroffen wurden. Die Leistungszahlen      organisatorisch wie finanziell. Und wir sind über-
mit der hohen Auslastung der Anlagen, die            zeugt, dass wir so auch in Zukunft gute Ergebnis-
Qualität der medizinischen Ergebnisse und die        se abliefern werden. Allen Mitarbeitenden der
konsequente Umsetzung des seit Jahren sorgfäl-       Spital Thurgau wie auch den unterstützenden
tig gelebten Kostenbewusstseins, führten zum         Behörden und allen Fachgremien danken wir
sehr erfreulichen Jahresergebnis 2017. Die so        ganz herzlich für ihren unermüdlichen Einsatz
erreichte Stetigkeit, die damit verbundene Ver-      und ihre kompetenten Leistungen im Geschäfts-
lässlichkeit, das positive Image und die interes-    jahr 2017.
santen Entwicklungschancen sind bei potenziel-
len Mitarbeitenden in der Region sehr wohl be-       Die Organisationsform, die privatwirtschaftlich
kannt, geschätzt und bilden damit eine wesent-       gelebte Eigenständigkeit der thurmed Gruppe
liche Basis für eine positive Weiterentwicklung      und der Spital Thurgau ermöglichen längerfristig
der Spital Thurgau.                                  viele zukunftsorientierte, unternehmerisch sinn-
                                                     volle Entscheide und eine starke Stellung im Spi-
Ausblick                                             talmarkt Schweiz. Diese strategische Ausrich-
Das Geschäftsjahr 2018 bringt massive Tarifkür-      tung, die konsequente und sorgfältige Umset-
zungen für das Gros der ärztlichen Leistungen        zung und nicht zuletzt die erfreulichen Ergebnis-
(TARMED, weitere Tarifwerke, total >Fr. 10 Mio. im   se der thurmed Gruppe werden wahrgenommen
Jahr). Selbstverständlich sollen die medizinische    und sehr anerkannt – speziell ausserhalb des
Qualität und die Services trotzdem möglichst         Kantons Thurgau. Es wäre kaum positiv für die
unvermindert auf dem heutigen, hohen Niveau          Bevölkerung des Kantons Thurgau, wenn die
bleiben. Neubauten und gezielte medizinische         Gruppe nicht in diesem Sinne weiter gestärkt
Investitionen, aber auch der weiter optimierte       und unterstützt würde.                         ❚

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Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
▲▲ Dr. med. Jacques Schaefer im Gespräch
   mit einer Geriatrie-Patientin
Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
Altersmedizin in der
Spital Thurgau

von PD Dr. med. Thomas Neff, Ärztlicher Direktor Kantonsspital Münsterlingen, PD Dr. med. Dipl. Psych. Gerhard
Dammann, Spitaldirektor Psychiatrische Dienste Thurgau, Dr. med. Holger Frauendorf, Chefarzt Klinik St. Katha-
rinental, und Dr. med. Jacques Schaefer, Leitender Arzt Akutgeriatrie Spital Thurgau

B
      edingt durch die demografische Bevölke-            auf- und ausgebaut werden sollen, sind im Fol-
      rungsentwicklung ist die Altersmedizin zu          genden dargestellt.
      einer grossen gesundheitspolitischen Her-
ausforderung geworden.                                   Akutgeriatrie
                                                         Im Frühjahr 2016 wurde am Kantonsspital Müns-
Die Anzahl der über 80-jährigen Menschen in              terlingen eine akutgeriatrische Bettenstation in
der Schweiz wird bis zum Jahr 2030 um 65 % zu-           Betrieb genommen. Zusammen mit dem dort
nehmen. Davon ist zwar nur ein kleinerer Teil            ab Oktober 2017 angegliederten Assessment-
unselbstständig und auf Hilfe angewiesen, er             und Triage-Zentrum (ATZ) steht ein zukunftsori-
nimmt mit steigendem Alter aber stetig zu. Le-           entiertes Akutversorgungskonzept zur Verfü-
ben etwa 10 % der 80-jährigen in Alters- und             gung. Unabhängig von Versorgungsort und
Pflegeheimen, so sind es bei den 85-jährigen             Versorgungszeitpunkt wird damit eine interdiszi-
bereits 20 % und bei den 90-jährigen 40 %. Kür-          plinäre und interprofessionelle Abklärung sowie
zere Liegedauern im Spitalbereich haben den              übergeordnete und patientengerechte Triage,
Druck auf jene geriatrischen Institutionen zu-           Koordination und Behandlungssteuerung geri-
sätzlich erhöht, welche den Akutkliniken vor-            atrischer Patienten gewährleistet. Durch geeig-
und nachgelagert sind. Darum ist es unabding-            nete Assessment-Instrumente können frühzeitig
bar, möglichst rasch Strukturen aufzubauen,              Risiken und Problemsituationen, welche die
welche in einem noch mehrheitlich auf die                ­Autonomie und Selbstständigkeit betagter Pa­
Bedürfnisse jüngerer, autonomer Menschen                  tienten gefährden können, erkannt werden.
ausgerichteten Gesundheitssystem auch der                 Beeinträchtigungen von Kognition, Verhalten,
Behandlung und Betreuung betagter Menschen                Kontinenz, Mobilität inkl. Sturzgefährdung etc.
gerecht werden. Mit der Verabschiedung des                werden erfasst und hinsichtlich ihrer Alltags- und
Thurgauer Geriatrie- und Demenzkonzeptes im               Behandlungsrelevanz beurteilt. Unter bedarfs-
Jahre 2015 wurde dafür der Grundstein gelegt.             gerechtem Einbezug weiterer Fachbereiche in
Die Altersmedizin ist ein strategischer Schwer-           Diagnoseprozess und Behandlungsplanung kön-
punkt unseres Unternehmens, das dazu ver-                 nen schliesslich individuelle Empfehlungen zur
schiedene kantonale Leistungsaufträge erhal-              bestmöglichen Behandlung inklusive Weiterbe-
ten hat.                                                  handlung an den Hausarzt und zuweisende In-
                                                          stitutionen abgegeben werden. Die Leistungen
Dahin gehende Angebote und Projekte, welche               stellt das ATZ zunächst in Form einer ambulanten
in allen vier Betrieben der Spital Thurgau ge-            Sprechstunde sowie eines internen Konsiliar-
schaffen und in den kommenden Jahren weiter               dienstes, einschliesslich einer Beratungs- und

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Geschäftsbericht 2017 2015 - Spital Thurgau AG
SPITAL THURGAU, GESCHÄFTSBERICHT 2017

              Vermittlungstätigkeit, zur Verfügung. In einem      file gerecht zu werden. Speziell in der geriatri-
              nächsten Schritt ist eine mobile Equipe – «Geri-    schen Rehabilitation stehen die bedrohte Selbst-
              atrie-Plus» – vorgesehen, welche das genannte       ständigkeit in den Alltagsfunktionen (ADL und
              Angebot den Betroffenen im häuslichen Umfeld        IADL), eine eingeschränkte Mobilität inklusive
              oder Pflegeheim zur Verfügung stellt.               erhöhtem Sturzrisiko sowie eine vielfach beein-
                                                                  trächtigte Kognition im Vordergrund und sind
              Geriatrische Rehabilitation                         entscheidende Stellgrössen bei der gewünschten
              Neben den bestehenden rehabilitativen Aktivi-       Rückkehr in das häusliche Umfeld. Deshalb ist die
              täten wurde in der Klinik St. Katharinental per     Einbindung des Sozialdienstes sowie der Ange-
              Oktober 2017 neu ein geriatrisches Rehabilita­      hörigen ein zentrales Element im Austritts- und
              tionsangebot ins Leben gerufen. In Abstimmung       Nachsorgemanagement, welches möglichst
              mit dem ATZ als übergeordnete geriatrische          frühzeitig ausgelöst werden muss. Zur erfolgrei-
              Struktur konnte die geforderte Verzahnung von       chen Umsetzung der geriatrischen Rehabilitati-
              Akutspital, Rehabilitation und ambulanter Be-       on, einschliesslich der geforderten Qualitäts- und
              treuung sowohl innerhalb der Spital Thurgau als     Leistungskriterien, wurden neben der Schulung
              auch mit den niedergelassenen Ärzten verstärkt      des gesamten Personals hinsichtlich spezifischer
              werden. Das geriatrische Rehabilitationskonzept     geriatrischer Fragestellungen auch der ärztliche
              basiert auf den klassischen, diagnoseorientierten   Dienst um einen Facharzt mit Geriatrischem
              Angeboten, ergänzt um verschiedene geriatrie-       Schwerpunkt ergänzt. Zudem wurde, als weiteres
              spezifische Elemente. Insbesondere sind im Kon-     und wichtiges Element für eine ­erfolgreiche ger-
              zept auch Zuweisungskriterien enthalten. Die        iatrische Rehabilitation, eine Logopädie inklusive
              geriatrische Rehabilitation orientiert sich also    Dysphagie-Abklärung etabliert.
              nicht nur an (ICD-10-)Diagnosen, sondern auch
              an allgemeineren geriatrischen Syndromen wie        Alterspsychiatrie
              Fragilität, Polypharmazie und Multimorbidität       Die letzte Berufsphase und Pensionierung mar-
              inklusive kognitiver Einschränkungen. Auch der      kieren den Übertritt in eine neue Lebensphase.
              Eintritts- und Behandlungsprozess trägt der oft-    Hier können zunehmende körperliche Beschwer-
              mals eingeschränkten Belastbarkeit bei gleich-      den, eine Abnahme der geistigen Leistungs-
              zeitig vorhandenen Gesundheitsproblemen             fähigkeit und Verlusterlebnisse Krisen auslösen,
              Rechnung. Insbesondere der Tagesablauf und          welche über ein spezifisches alterspsychiatri-
              das multidisziplinäre Therapieangebot erfordern     sches Angebot gelöst werden müssen. Die Psy-
              individuelle Anpassungen, um den Ansprüchen         chiatrischen Dienste Thurgau bieten dazu eine
              der verschiedenen geriatrischen Patientenpro-       umfassende interdisziplinäre und interprofessio-

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nelle Abklärung und Behandlung an, welche              Diese sind die ambulante Abklärungsstelle Me-
sich an den individuellen Bedürfnissen des Pati-       mory Clinic für Patienten ab dem 50. Lebensal-
enten orientiert. Dabei werden Angehörige und          ter mit Verdacht auf Hirnleistungsstörungen und
Bezugspersonen in den therapeutischen Prozess          Menschen mit demenziellen Syndromen, eine
mit einbezogen. Erklärtes Ziel ist es, dem Betrof-     Alterstagesklinik in Weinfelden mit einem Ange-
fenen so lange wie möglich ein selbstständiges         bot für ältere Menschen mit Depressionen oder
und unabhängiges Leben in vertrauter Lebens-           anderen psychischen Störungen und ein Konsil-
situation zu ermöglichen.                              und Liaisondienst für zu Hause oder in Alters- und
                                                       Pflegeeinrichtungen lebende Menschen. Letz-
Die Alterspsychiatrie und Alterspsychotherapie         terer arbeitet sowohl aufsuchend als auch in den
haben in den Psychiatrischen Diensten Thurgau          Institutionen und bietet Abklärungen und Be-
grosse Bedeutung erlangt. Dazu wurden diverse          handlungen für Menschen ab 60 Jahren. Und
stationäre und ambulante Einrichtungen und             schliesslich werden drei der fünf beratenden und
Angebote sukzessive auf- und ausgebaut. Die            aufsuchenden kantonalen Demenz-Beratungs-
gesamte Alters­psychiatrie weist heute sieben          stellen (in Kreuzlingen, Frauenfeld und Weinfel-
Organisationseinheiten auf. In der Psychiatri-         den) von der Spital Thurgau betrieben. Die Sum-
schen Klinik Münsterlingen sind es drei Stationen.     me der beschriebenen Angebote bildet den
Dabei handelt es sich zum einen um die Station         medizinischen Kompetenzbereich Alterspsychia­
für Neurokognitive Störungen zur Behandlung            trie, welcher in Anerkennung der vielfältigen
von Menschen mit mittel- bis schweren Demenz­          Angebote mit einer Weiterbildungsermächti-
erkrankungen. In Vorbereitung ist dort auch die        gung für den FMH-Schwerpunkt «Alterspsychia-
Eröffnung eines «Demenzgartens». Zum andern            trie und -psychotherapie» ausgestattet ist. Die
gibt es die Station für Akutpsychiatrie im höheren     Angebote sind eng mit den Kantonsspitälern,
Lebensalter für Menschen mit akuten psychoti-          insbesondere der Geriatrie am Kantonsspital
schen Störungen, Abhängigkeitserkrankungen,            Münsterlingen und in der Klinik St. Katharinenthal
Depressionen sowie Selbst- und/oder Fremdge-           vernetzt, und es besteht eine enge Kooperation
fährdung. Und als dritte Einheit ist die Station für   mit dem neu etablierten transdisziplinären As-
Psychotherapie im höheren Lebensalter für Men-         sessment- und Triage-Zentrum Geriatrie Thurgau
schen mit Krisen, Depressionen, Persönlichkeits-       (ATZ) der Spital Thurgau.
störungen, Ängsten und funktionellen Störungen                                                         ❚
zu erwähnen.
In der Ambulanten Erwachsenenpsychiatrie
existieren weitere vier Behandlungseinheiten.

9
▲▲ Erfolgreich bei der kantonalen
  Berufsmeisterschaft FaGe: v.l.n.r.
  Ramona Meyerhans (Rang 3),
  Yael Brauchli (Rang 2) und
  Tanja Kellenberger (Rang 1)


Wer gut bleiben will, darf nicht
aufhören besser zu werden

von Peter Büsser, Leiter Human Resources Management Spital Thurgau

I
    n erster Linie geht es uns um die Patientinnen     basieren auf der Investition in eine moderne In-
    und Patienten. Unsere Anforderungen werden         frastruktur, in die kontinuierliche Prozessoptimie-
    massgeblich durch die Veränderungen in Ge-         rung und insbesondere in die Kommunikation.
sellschaft und Demografie und durch die allge-         Die Spital Thurgau investiert zwischen 2012 und
meinen, gesundheitspolitischen Herausforderun-         2020 rund Fr. 450 Mio. in eine ausgezeichnete
gen geprägt. Behandlungen gehen mehrheitlich           Infrastruktur. In der Gesundheitsversorgung wird
über einen längeren Zeitraum und finden im             jedoch der Faktor Mensch, heute wie in Zukunft,
Wechsel zwischen ambulant und stationär statt.         das Zünglein an der Waage spielen und einen
Behandlungsteams sind mit einer Zunahme von            relevanten Hauptaspekt für die Patientenzufrie-
Patienten konfrontiert, die chronisch oder mehr-       denheit ausmachen. Entsprechend bilden un-
fach erkrankt sind und einen grösseren Bedarf an       sere Mitarbeiter das höchste und wichtigste Gut.
Therapie, Pflege und Betreuung haben. Es gilt,         Diesem Gut tragen wir Sorge und schenken dem
Patientensituationen rasch zu erfassen, die indi-      Verhalten und der Kompetenz unserer Mitarbei-
viduellen Risiken vollständig einzuschätzen und        ter besonderes Augenmerk. Es ist das kompe-
eine an die Patientensituation angepasste Diag-        tente Handeln in den Alltagssituationen, die
nostik, Behandlung und Pflege zukommen zu las-         Fähigkeit, Patienten mit ihren individuellen, ge-
sen.                                                   sundheitlichen Problemen zu erfassen, das an-
                                                       schliessend folgerichtige Handeln, begleitet von
Diesen Anforderungen tragen wir in der tägli-          einem menschlichen Umgang und Anteilnah-
chen Arbeit Rechnung und sind überzeugt, die           me, die den Wert einer guten Behandlung aus-
vielfältigen Leistungen in einer hervorragenden        machen.
Qualität mit kompetenten, freundlichen Mitar-
beitenden kosteneffizient und zu einer grossen         Wir suchen laufend gute und motivierte
Zufriedenheit unserer Patienten zu erbringen. In       Mitarbeitende
diesen Erkenntnissen werden wir durch verschie-        Um die besten Dienstleistungen erbringen zu
dene Hinweise unterstützt, die wir z. B. aus Statis-   können, benötigen wir die besten Mitarbeiten-
tiken über Behandlungsergebnisse, aus Befra-           den. Das meinen wir genauso und versuchen
gungen über die Patientenzufriedenheit oder            auch täglich so zu handeln. Die Spital Thurgau
aus Rückmeldungen weiterer Anspruchsgrup-              verfolgt deshalb das Ziel, mit einer wirkungsvol-
pen gewinnen. Trotzdem können und müssen               len Personalentwicklung die Attraktivität für alle
wir jedes Jahr besser werden. Echte, spürbare          Berufsgruppen zu erhalten und zu fördern. Ob
Verbesserungen zu Gunsten unserer Patienten            das tatsächlich flächendeckend sichergestellt

11
SPITAL THURGAU, GESCHÄFTSBERICHT 2017

              ist, fragen Sie sich? Wohl kaum. Auch das sehen      eingehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass
              wir als eine Aufgabe, der ein kontinuierlicher       auch wir Mitarbeitende ziehen lassen müssen.
              Prozess zugrunde liegt. Wir arbeiten daran, set-     Es kommt aber häufig vor, dass Mitarbeitende,
              zen diesbezüglich Ziele und definieren Massnah-      die sich ausserhalb der Spital Thurgau ein Bild
              men. Mit dem Begriff erfolgreicher Personalent-      gemacht haben, gerne wieder zu uns zurück-
              wicklung verbinden wir die vorausschauende           kehren. Dieser Entscheid wird mit der hervorra-
              Ermittlung von künftigen Anforderungen und die       genden Betriebskultur und den bereits erwähn-
              davon ausgehende Planung gezielter Entwick-          ten Aspekten für die Arbeitsplatzattraktivität
              lung. Das bedeutet, dass wir unsere Mitarbeiter      begründet. Und es lässt sich im Thurgau durch-
              für die permanenten Herausforderungen des            aus gut wohnen und leben. Das bestätigen ehe-
              Wettbewerbs vorbereiten, sie in ihrem professi-      mals ausserhalb der Kantonsgrenzen wohnende
              onellen Verhalten stärken und fit halten. Bei Füh-   Mitarbeitende, die sich von der herrlichen Viel-
              rungspersonen achten wir auf die Ausgewogen-         fältigkeit im Kanton, vom Bodensee und der
              heit von Managementkompetenzen und Lea-              Nähe zu Konstanz überzeugten und ihren Wohn-
              dershipfähigkeiten.                                  sitz in den Thurgau verschoben haben.

              Wir sind überzeugt, dass gute Leute weitere gute     Insbesondere im Kampf gegen den drohenden
              Leute anziehen. Das hat in den letzten Jahren        Fachkräftemangel engagieren wir uns in ausge-
              in der Spital Thurgau ausgezeichnet funktioniert.    sprochenem Mass für die Ausbildung von jungen
              Interessante, abwechslungsreiche und gleich-         Berufsleuten. Über 12 % des gesamten Personal-
              zeitig auch herausfordernde Arbeitsplätze sind       bestandes befindet sich in der Ausbildung oder
              dafür die wichtigste Voraussetzung. Die langfris-    im Studium. Dazu kommen rund 200 Assistenz-
              tigen Investitionen, das Engagement in die Kom-      ärzte, welche die Weiterbildung zu einem Fach-
              petenz unserer Mitarbeitenden und die beste-         arzttitel absolvieren. Wir betrachten das Enga-
              henden Betriebsgrössen, in der sich Patienten,       gement in eine gute Ausbildung als wichtige
              Besucher und Mitarbeitende gut zurechtfinden,        Investition in die Zukunft. Entsprechend stellt der
              machen uns attraktiv. Mit Blick auf das Leistungs-   Anspruch, als Ausbildungsbetrieb eine gute und
              angebot können wir uns mit grossen Zentrums-         qualitativ hochstehende Qualität zu leisten, ein
              spitälern vergleichen, sind medizinisch kompe-       weiteres wichtiges Unternehmensziel dar. Erfolg-
              tent, weisen eine fachliche Breite auf und           reiche Ausbildungsabschlüsse nehmen wir ger-
              bleiben dabei überschaubar und können ent-           ne als Indikator dafür, dass wir diese Aufgabe
              sprechend auf viele individuelle Bedürfnisse         gut machen. In nahezu jedem Ausbildungsjahr

12


schliessen Lernende aus der Spital Thurgau mit      Dabei stehen mit unseren akutsomatischen, psy-
Bestnoten ihre Ausbildung ab. 2017 fand erstma-     chiatrischen und rehabilitativen Bereichen sowie
lig im Kanton Thurgau die kantonale Berufsmeis-     mit vielen weiteren Disziplinen, ergänzt durch
terschaft der Fachfrauen/Fachmänner Gesund-         die verschiedenen Unternehmen der thurmed
heit (FaGe) statt. Zwei Tage lang stellten diese    Gruppe, breite Möglichkeiten zur persönlichen
Fachpersonen ihr Können unter Beweis. Die ers-      Laufbahnentwicklung offen.
ten drei Ränge wurden von drei jungen Damen,
die alle ihre Ausbildung in der Spital Thurgau      Diese Dienstleistungsbandbreite innerhalb nur
absolviert haben, eingenommen (Bild S. 10). Jun-    einer Firmengruppe, die auch noch kurze Wege
ge Berufsleute begleiten und integrieren zu kön-    kennt, ist in der Schweiz womöglich einmalig. Für
nen, bedeutet für uns einen doppelten Nutzen.       junge Menschen mit Willen, Kompetenz und
Erstens kennen sie unsere Abläufe und Strukturen.   dienstleistungsorientierten Macherqualitäten
Dank dem bisherigen und oftmals weiterbeste-        ein attraktives Betätigungsfeld, welches Chan-
henden Austausch mit Schul-/Studienkollegen         cen bietet. Dass wir dazu auch durchaus ange-
sind sie in der Lage, Bisheriges regelmässig zu     messene und in der Gesamtbetrachtung attrak-
hinterfragen, neueste Überlegungen aus der          tive Löhne zahlen, gehört dazu. Nach unserer
Lehre in die Abteilungen und Stationen einflies-    Einschätzung und ganz im Sinne unserer ge-
sen zu lassen und so indirekt ein stetes Ideenma-   schätzten Mitarbeitenden verstehen wir es als
nagement zu betreiben, zusammen mit unseren         wichtige Aufgabe, möglichst sichere Arbeits-
Experten vor Ort. Wir lassen dies zu und unter-     plätze zu erhalten und bedarfsgerecht neue zu
stützen eine zündende Idee auch mal ganz            schaffen. Dies ist somit eines unserer nachhal-
pragmatisch. Schliesslich geschehen Verände-        tigsten Ziele. Mit Blick darauf, dass unsere Mitar-
rungen und Optimierungen nur dort, wo ent-          beitenden das «höchste Gut» sind, bleibt dies
sprechende Ideen und Konzepte auf fruchtba-         ein erfolgskritischer Aspekt. Nicht nur für die
ren Boden treffen.                                  nächsten paar Jahre, sondern mit einem weit
                                                    längeren zeitlichen Horizont. Das haben wir in
Sich auf einem guten Niveau auszuruhen, ent-        den letzten Jahren jeweils erfolgreich realisieren
spricht auch im Bereich der Personalführung         können und setzen alles daran, den damit ver-
nicht der Philosophie unserer unternehmerisch       bundenen anspruchsvollen Aufgaben auch in
geprägten Kultur. Wir bieten unseren Mitarbei-      Zukunft gerecht werden zu können.
tenden Perspektiven und investieren gezielt in                                                       ❚
deren anforderungsgerechte Weiterbildung.

13
▲▲ Dr. med. Michael Kroemer, Geschäftsführer der
  Praxisgemeinschaft Storchen AG,
  Stein am Rhein im Patientengespräch


Sich ändernde Berufsbilder erfordern
neue Konzepte

von Norbert Vetterli, Spitaldirektor Kantonsspital Frauenfeld und PD Dr. med. Stefan Duewell,
Ärztlicher Direktor Kantonsspital Frauenfeld

V
       iele stellen spätestens bei einem Wohn-            Entsprechend ist es in den vergangenen Jahren
       ortswechsel fest, dass es immer schwieri-          zu einem deutlichen Rückgang der Anzahl Haus-
       ger wird, am neuen Wohnort einen Haus-             ärzte gekommen. Rund ein Drittel der praktizie-
arzt zu finden. Entweder bekommt man keinen               renden Hausärzte sind über 60 Jahre alt und es
Termin, da der Arzt völlig ausgebucht ist, oder –         fehlt der Nachwuchs.
noch schlimmer – am neuen Wohnort gibt es gar
keine Hausarztpraxis mehr.                                Notfallpraxen als vorgelagerte Triagestelle in den
                                                          Spitälern – eine Win-win-Situation
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschich-         Vor rund 10 Jahren haben verschiedene Spitäler
tig: Viele Ärzte sind nicht mehr bereit, ihr Leben        in der Schweiz reagiert und gemeinsam mit den
weitgehend ihrem Beruf unterzuordnen. Das fängt           Hausärzten die Notfallversorgung neu organisiert,
in der Familie an, welche andere Ansprüche stellt         indem auf den Notfallabteilungen der Spitäler
als vor 30 Jahren. Auch haben sich die Vorstellun-        Notfallpraxen eröffnet wurden, in denen die
gen von der persönlichen Lebensgestaltung ge-             Hausärzte am Abend und am Wochenende ein-
ändert: Der Begriff «Life-Work-Balance» gewinnt           fachere Notfälle versorgen. Nachts und tagsüber,
zunehmend an Bedeutung. Hinzu kommt, dass                 wenn die Hausarztpraxen geöffnet sind und ent-
der Bund seit 1998 mit dem numerus clausus eine           sprechend weniger Bagatellfälle im Notfall ein-
sehr restriktive Ausbildungspolitik betreibt, welche      treffen, werden diese auch durch die Spitalärzte
dazu führt, dass zu wenig Ärzte ausgebildet wer-          betreut. Die Hausärzte hatten Interesse an dieser
den. Zum anderen wählen viele junge Ärzte nach            neuen Lösung, weil sich durch die Abnahme der
dem Staatsexamen eine Weiterbildung in einer              Anzahl Hausärzte die Dienstbelastung für die ver-
Spezialarztdisziplin. Auch dafür gibt es viele Grün-      bleibenden Kollegen erhöhte und die Spitäler
de: Die Medizin ist in den letzten 30 Jahren kom-         ihrerseits waren interessiert, weil deren Notfallab-
plexer geworden und viele Ärzte fühlen sich si-           teilungen infolge des Hausarztmangels und des
cherer, wenn sie nur für einen Teil dieses Wissens        veränderten Patientenverhaltens zunehmend mit
die Verantwortung übernehmen müssen, als dass             Bagatellfällen blockiert wurden.
sie sich als primären Ansprechpartner für alle me-
dizinischen Probleme zur Verfügung stellen. Hinzu         Im März 2009 eröffnete das Kantonsspital Frauen-
kommt, dass gewisse Facharztdisziplinen bessere           feld als eines der ersten Spitäler der Schweiz eine
Verdienstmöglichkeiten bieten und je nach Fach-           Notfallpraxis, welche gemeinsam mit den Haus-
richtung auch mit einer geringen bis fehlenden            ärzten betrieben wird. Im Kantonsspital Münster-
Dienstbelastung gerechnet werden kann.                    lingen erfolgte die Eröffnung auf Anfang 2013.

15
SPITAL THURGAU, GESCHÄFTSBERICHT 2017

              Damit positionierten sich die öffentlich-rechtli-    • operativer Betrieb unter der Leitung von Haus-
              chen Spitäler klar auf der Seite der Hausärzte, um     ärzten;
              gemeinsam die medizinische Grundversorgung           • Abfederung des finanziellen Risikos durch einen
              der Bevölkerung zu sichern.                            starken Partner und Entlastung der Hausärzte
                                                                     von administrativen Tätigkeiten;
              Das ursächliche Problem – die durch die sinken-      • gemeinsame Weiterbildung von Assistenzärz-
              de Anzahl an Hausärzten fehlende Grundversor-          ten, um auch zukünftig immer wieder neue
              gung der Bevölkerung, vor allem in ländlichen          Kollegen für die Praxistätigkeit als Hausarzt vor-
              Gebieten – ist damit noch nicht gelöst.                zubereiten und zu begeistern;
                                                                   • gesicherte Ferienvertretungen durch das Ärz-
              Gemeinsamer Betrieb von Hausarztpraxen und             teteam der Spital Thurgau, damit die Patienten
              Förderung der Hausarztmedizin                          auch bei Ferienabwesenheiten gut versorgt
              Im Juli 2014 übernahm die Spital Thurgau die           werden können;
              Hausarztpraxis von Dr. Georg Schlatter in Stein      • gemeinsamer Einkauf von Materialien und Ge-
              am Rhein. Dieser hatte während rund 2 Jahren           räten, um die Betriebskosten weiter zu optimie-
              erfolglos einen Nachfolger gesucht, aber nie-          ren;
              mand wollte die gut etablierte Praxis mit gros-      • gemeinsame Nutzung der Informatik der Spital
              sem Patientenstamm übernehmen. Um zu ver-              Thurgau, um eine hochstehende Systemvernet-
              hindern, dass eine weitere Lücke in der bevöl-         zung zu gewährleisten, was im Gesundheitswe-
              kerungsnahen Grundversorgung entsteht, rea-            sen zukünftig unumgänglich sein wird.
              lisierte die Spital Thurgau zusammen mit den
              Hausärzten ein zukunftweisendes Betriebskon-         Dieses Betriebskonzept – ausgearbeitet und ko-
              zept für eine Gemeinschaftspraxis. Seit Juli 2014    ordiniert zwischen den beteiligten Hausärzten
              darf die neue «Praxis-Gemeinschaft Storchen»         und der Spital Thurgau – ermöglicht es, auch
              wie schon unter ihrem Vorgänger auf einen er-        unter den immer schwieriger werdenden Rah-
              folgreichen Betrieb und zufriedene Patienten         menbedingungen gleichzeitig eine erfolgreiche
              zurückblicken. Folgende Erfolgsfaktoren haben        Hausarztpraxis zu führen und damit die medizi-
              dazu beigetragen, dass eine Hausarztpraxis           nische Grundversorgung der lokalen Bevölke-
              auch unter den aktuellen und zukünftigen Rah-        rung auf hohem Niveau zu gewährleisten und
              menbedingungen erfolgreich betrieben werden          den praktizierenden Hausärzten eine ausgegli-
              kann:                                                chene Work-Life-Balance zu ermöglichen.

16


Weitere Potenziale hinsichtlich integrierter         aktiv. Mehrere Kaderpersonen und Fachärzte
Versorgung                                           engagieren sich in kantonalen Arbeitsgruppen,
Dieses Modell einer Zusammenarbeit zwischen          um gemeinsam mit anderen Institutionen die
Hausarztpraxen und Spital ist sicher ein wichtiger   Strukturen einer integrierten Versorgung zu festi-
Schritt für eine weiterhin hochstehende und          gen. Innerbetrieblich hat die Spital Thurgau zu-
auch mittelfristig stabile Grundversorgung. Es       dem ihre ICT-Systeme vorausschauend geplant
werden sich aber sicherlich noch weitere Opti-       und so vorbereitet, dass zukünftige Schnittstellen
mierungsmöglichkeiten finden, welche es zu           mit anderen Gesundheitsbetrieben einfach re-
nutzen gilt. Auch die anderen Leistungserbringer     alisierbar sind. Das in der Spital Thurgau schon
im Gesundheitswesen müssen in den kommen-            seit längerem eingeführte elektronische Patien-
den Jahren Schritt für Schritt in solche Netzwer-    tendossier ist ein Kernelement dazu.
ke miteinbezogen und im Interesse des Patienten
prozessual integriert werden. Spitex, Pflegehei-     Die Patienten profitieren von der starken
me und weitere niedergelassene Ärzte, um nur         Vernetzung der Spital Thurgau
einige zu nennen, sind mittelfristig innerhalb des   Als Patient ist man froh, wenn sich die einzelnen
Behandlungspfades des Patienten zu koordinie-        Leistungserbringer bei seiner Behandlung koor-
ren. Man spricht von einem Case Management,          dinieren. Die Spital Thurgau geht mit einigen gu-
welches insbesondere bei komplexen Patienten         ten Beispielen voran und zeigt Wege auf, wie die
wirkungsvoll greifen muss, will man diese, resp.     Grundversorgung zum Wohle des Patienten und
deren Angehörige, nicht sich selbst überlassen.      im Sinne einer kostenbewussten Medizin auf ho-
Auch die Eigenverantwortung des Patienten ist        hem Niveau sichergestellt werden kann.
ein wichtiger Basisfaktor für seine erfolgreiche
Behandlung. Diese wahrzunehmen ist jedoch            Bestens ausgebildete und motivierte Fachperso-
nicht jedem gleich gut möglich resp. ist er des-     nen, eine leistungsfähige, hochmoderne Infra-
sen auch nicht immer willens. Dies aus Gründen       struktur und eine weitsichtige Betriebsführung
einer noch unzureichenden Patientenedukation         tragen dazu bei, dass der Kanton Thurgau nicht
oder aber auch aufgrund eines fehlenden Kos-         nur über eine qualitativ hochstehende medizini-
tenbewusstseins.                                     sche Grundversorgung verfügt, sondern diese
                                                     auch noch zu schweizweit sehr tiefen Kosten an-
Die Spital Thurgau ist auch auf dem Gebiet der       bieten kann.
Vernetzung mit anderen Leistungserbringern sehr                                                   ❚

17
▲▲ Unerlässlich für die optimale Behandlung
   und Überwachung von Patienten:
   ICT in der Spital Thurgau
▲▲ Dies ist der Beispieltext für eine Bildlegende.
   Sie läuft immer nur über zwei Zeilen.


Die Bedeutung der Informations-
und Kommunikations-Technolo-
gie (ICT) im Spital

von Dr. oec. publ. Christian Schatzmann, CIO Spital Thurgau

E
      in Spital wie die Spital Thurgau mit ihren vie-   mit verbundenen Abläufe waren eher schwer-
      len Mitarbeitenden, mehreren Standorten           fällig und kompliziert und hatten zur Folge, dass
      und vielfältigen medizinischen Disziplinen        die Patientenakte jeweils nur gerade an einem
ist ohne ICT heute nicht mehr funktionsfähig. Vie-      Ort zur Einsicht und zur Bearbeitung verfügbar
le Abläufe sind derart auf die Verfügbarkeit der        war.
Computersysteme ausgerichtet, dass ein Ausfall
dieser Systeme zu grossen Behinderungen führt           Vom computergestützten Berichtswesen zur
und eine eigentliche Betriebsstörung darstellt.         integrierten Patientenakte
                                                        Mit der Einführung und Integration von medizi-
Es ist aber noch gar nicht so lange her, da prä-        nischen Informationssystemen (z. B. Klinikinfor-
sentierte sich die Situation ganz anders. Noch          mationssystem, Laborinformationssystem etc.)
vor zehn Jahren beschränkte sich der Einsatz von        und elektronischen Archiven hat sich die Situa-
Informatikmitteln im Wesentlichen auf die admi-         tion grundlegend gewandelt. Die gesamte me-
nistrativen Bereiche wie Buchhaltung, Personal-         dizinische und administrative Dokumentation
wesen, Patientenadministration oder Perso-              einer Patientin oder eines Patienten wird digital
naleinsatzplanung des Spitals. Nur in einzelnen         an einem Ort geführt und ist bei Bedarf und mit
medizinischen Disziplinen wie z. B. der Radiologie      den entsprechenden Zugriffsberechtigungen
waren digitale Systeme bereits im Einsatz und           jederzeit für das behandelnde Personal verfüg-
bei der ärztlichen Berichtsschreibung waren die         bar. Dank mobil einsetzbaren Computern kann
Abläufe zwischen Arzt und Sekretariat weitge-           die Behandlungsdokumentation kontinuierlich
hend computergestützt. Für die Sprechstunden-           und überall im Spital durchgeführt werden, z. B.
planung wurde vielleicht ein elektronischer Ka-         während der täglichen Visite im Patientenzim-
lender verwendet, häufiger kamen jedoch Pa-             mer oder im Untersuchungszimmer während
pierversionen zum Einsatz. Laboraufträge erfolg-        einer ambulanten Konsultation. Gleichzeitig kön-
ten auf Papier und die Resultate wurden vor Ort         nen z. B. die Röntgenbilder in einem standort-
auf Druckern ausgegeben. Die eigentliche Pa-            übergreifenden, interdisziplinären Rapport ein-
tientenakte mit den Untersuchungsberichten,             gesehen und besprochen werden, bei Bedarf
Anästhesiedokumentationen, Operationsbe-                sogar unter Beizug von externen Experten.
richten, Vitaldatenaufzeichnungen etc. bestand
aus Papierdokumenten, welche bei jeder Be-              Viele medizinische Geräte wie z. B. Vitaldaten-
handlung aus dem Archiv bestellt, nachgeführt           monitore, CTG im Gebärsaal oder Ultraschall-
und wieder abgelegt werden mussten. Die da-             geräte im Notfall liefern ihre Daten und Bilder

19
SPITAL THURGAU, GESCHÄFTSBERICHT 2017

              direkt in die medizinischen Informationssysteme,     Damit die klinischen Informationssysteme ein-
              so dass manuelle Aufzeichnungen und Übertra-         wandfrei funktionieren, sind hohe Investitionen
              gungen nicht mehr nötig sind. Die Organisation       in die ICT-Infrastruktur notwendig. Die flächen-
              eines operativen Eingriffs erfolgt von der Sprech-   deckende Verfügbarkeit von drahtlosen Netz-
              stundenplanung und -durchführung über die            werken wird nicht nur für die Telefonie benötigt,
              Operationsplanung und -durchführung bis zur          sondern auch für die vielen mobilen Geräte wie
              Bettendisposition und Nachbehandlung auf der         Notebooks, Tablets und Medizinalgeräte. Zudem
              Station in einem einzigen Informationssystem mit     müssen Schnittstellen zwischen den Systemen
              direktem Zugriff auf die notwendigen Patienten-      eingerichtet und betrieben werden, damit die
              daten. Bei operativen Eingriffen in der Orthopä-     benötigten Patientendaten jederzeit und überall
              die lassen sich Implantate mit Hilfe von Röntgen-    im Spital verfügbar sind.
              bildern und entsprechender Planungssoftware
              im Voraus einpassen, so dass die Operation           Die integrierten medizinischen Informationssys-
              optimal vorbereitet werden kann. Die Bilder aus      teme haben unbestreitbar viele Vorteile bezüg-
              der dermatologischen Sprechstunde werden             lich Behandlungseffizienz und Patientensicher-
              unmittelbar von der Kamera in die Patientenak-       heit. Allerdings stellen sie für die Spitäler auch
              te gespeichert, dasselbe geschieht mit den           eine grosse Herausforderung dar, weil viele Pro-
              Röntgenaufnahmen oder CT-Bildern. Die Labor-         zesse nur eingeschränkt funktionieren, wenn die-
              verordnung wird online erstellt, nach der Analy-     se Systeme nicht zur Verfügung stehen. Mit Hilfe
              se der Proben werden die Resultate über eine         von regelmässig geübten Ausfallszenarien kön-
              digitale Schnittstelle vom Laborsystem in die        nen die für Patienten unmittelbar kritischen Ab-
              Patientenakte geliefert. Allfällige Medikamen-       läufe in einem Spital auch ohne digitale Systeme
              tengaben werden vom Arzt im klinischen Infor-        aufrechterhalten werden, allerdings mit wesent-
              mationssystem verordnet und von der Pflege           lich mehr Aufwand. Weniger kritische Aufgaben
              nach deren Verabreichung quittiert. Nach Ab-         müssen bei einem Systemausfall zurückgestellt
              schluss der Behandlung im Spital werden wich-        und später nachgeholt werden. Deshalb werden
              tige Dokumente wie z. B. Austrittsberichte, Re-      grosse Anstrengungen unternommen, um mittels
              zepte, Röntgenbilder etc. den zuweisenden            vorbereiteten Ausfallszenarien, Systemredundan-
              Ärzten über sichere E-Mail-Verbindungen oder         zen, Notstromversorgungen etc. das Ausfallrisiko
              via Webportal digital zur Verfügung gestellt, da-    der zentralen Systeme zu minimieren.
              mit die Behandlung nach dem Spitalaustritt op-
              timal weitergeführt werden kann.

20


Institutionsübergreifender Datenaustausch und         Aufbau von institutionsübergreifenden Aus-
elektronisches Patientendossier                       tauschplattformen und elektronischen Patien-
Viele Spitäler verfügen heute über integrierte,       tendossiers noch einige Zeit in Anspruch neh-
digitale Patientenakten und sind dadurch in der       men. Daneben entwickeln sich aber auch die
Lage, ihre Prozesse effizient und effektiv abzuwi-    klinischen Systeme rasch weiter. Immer mehr
ckeln. Zur weiteren Verbesserung der Patienten-       Anwendungen sind bereits heute in der Lage,
sicherheit und zur Verhinderung von unnötigen         die eigentliche medizinische Behandlungstätig-
Untersuchungen und Behandlungen wird die              keit zu unterstützen, z. B. bei der Überprüfung von
digitale Vernetzung zwischen den medizinischen        Medikamenteninteraktionen und -dosierungen,
Institutionen ausgebaut. Die gesamte Behand-          bei der Analyse von Röntgenbildern, bei der In-
lung soll vom Hausarzt über Spezialisten, Spitäler    terpretation von Laborresultaten oder bei der
und Rehakliniken elektronisch dokumentiert wer-       Überwachung von Patientinnen und Patienten
den. Während heute bereits der digitale Daten-        während einer Operation oder auf der Intensiv-
austausch zwischen Spitälern und den nachbe-          pflegestation. Dabei liefern die Systeme wichtige
handelnden Hausärzten realisiert ist, werden in       diagnostische und therapeutische Hinweise oder
Zukunft auch Zuweisungen von niedergelasse-           alarmieren bei Bedarf das medizinische Perso-
nen Ärzten und Überweisungen zwischen Spitä-          nal. Durch die weitere Verbreitung von tragbaren
lern mit Hilfe von digitalen Plattformen durchge-     Computern in Form von Tablets und Smartphones
führt. Dabei werden die behandlungsrelevanten         stehen die entsprechenden Applikationen und
Patientendaten ohne zeitliche Verzögerungen           Informationen dem behandelnden Personal
schnell und sicher von einem Arzt zum anderen         auch unabhängig von festen Arbeitsplätzen je-
übergeben und allfällig zusätzlich benötigte Un-      derzeit zur Verfügung und erleichtern damit eine
terlagen können auf einfache Art und Weise            schnelle und zeitnahe Kommunikation. Mit die-
nachgeliefert werden. Dieselben digitalen Platt-      sen Entwicklungen steigen zwar die Anforderun-
formen dienen auch als Grundlage für die Be-          gen an die Verfügbarkeit der Infrastruktur und
lieferung der individuellen Patientendossiers, wie    an die Personen, die mit diesen Instrumenten
sie im Eidgenössischen Patientendossier-Gesetz        arbeiten, gleichzeitig stellen sie aber auch eine
vorgesehen sind.                                      spürbare Erleichterung und Unterstützung der
                                                      täglichen Arbeit dar und leisten so einen wichti-
Während die Digitalisierung und die Integration       gen Beitrag zur Behandlungsqualität und Patien-
der Behandlungsdokumentation innerhalb eines          tensicherheit.
Spitals bereits weit fortgeschritten sind, wird der                                                    ❚

21
▲▲ Grossprojekt HORIZONT,
                                 Frauenfeld

▲▲ Dies ist der Beispieltext für eine Bildlegende.
   Sie läuft immer nur über zwei Zeilen.


Nachhaltiges Immobilien­
management und effizienter
Nutzen

von Stephan Kunz, Spitaldirektor Kantonsspital Münsterlingen

D
        ie Erneuerung und Optimierung der Im-            betont werden, dass die Infrastrukturkosten «le-
        mobilien beschäftigt uns in der thurmed          diglich» rund 15 % der gesamten Betriebskosten
        Gruppe intensiv. Die mit der neuen Spital-       in Schweizer Spitälern ausmachen. Wenn wir in
finanzierung 2012 eingeführte finanzielle Verant-        der thurmed Gruppe im Zeitraum von 2012 bis
wortung der Spitäler für die Finanzierung ihrer          2020 rund Fr. 450 Mio. investieren (nach einem
Immobilien und die 2015 erfolgte Übertragung der         weitgehenden Investitionsmoratorium zwischen
Bauten vom Kanton an die thurmed Immobilien              1990 und 2008), ist dies weniger als der jährliche
AG haben das Immobilienmanagement wesent-                Umsatz von über Fr. 500 Mio. Ein Verzicht auf –
lich verändert. Gleichzeitig haben aber auch die         wohlbemerkt sorgfältig geplante – Optimierun-
Einführung der Fallpauschalen und die damit ver-         gen in die Infrastruktur kann sehr rasch zu einer
bundene «Prozesskostensicht», der politisch ge-          deutlichen Verschlechterung der Betriebsergeb-
wollte Spitalwettbewerb und die sich laufend ent-        nisse führen und somit zu einer Negativentwick-
wickelnde Ambulantisierung erhebliche Auswir-            lung, welche die Eigentümer sehr teuer zu stehen
kungen auf die Anforderungen, welche ein mo-             kommt (jährliche Verluste oder entgangene
derner Spitalbetrieb an seine Infrastruktur stellt.      Optimierungsgewinne und später wahrschein-
                                                         lich höhere Investitionskosten).
In den meisten Kantonen übernimmt nach wie
vor der Kanton die gesamte Planung, Ausfüh-              Die Kunst besteht also darin, rechtzeitig und rich-
rung und auch die Finanzierung der Bauten für            tig zu investieren, die wertvollen Immobilien
die Kantonsspitäler – und vermietet dann die             auch effizient zu nutzen und ein nachhaltiges
Immobilien zu günstigen Konditionen an «seine»           Immobilienmanagement zu betreiben. Ich
Spitäler (z.B. SG, SO, BE, Westschweiz). Das ist im      wage zu behaupten, dass wir diesbezüglich in
Kanton Thurgau anders: Die Spital Thurgau trägt          der thurmed Gruppe gut unterwegs sind, die
die gesamte Last und Verantwortung für ihre              Verantwortlichen mit der Schaffung der thur-
Immobilien (Ausnahme St. Katharinental). «Wett-          med Immobilien gute Rahmenbedingungen
rüsten der Spitäler» ist die negative Sichtweise         geschaffen haben und es in den letzten Jahren
auf die zugegebenermassen hohen Investitio-              gelungen ist, viel Know-how aufzubauen, wie
nen, welche viele Spitäler in der Schweiz in den         wir unsere Spitäler und Ambulatorien möglichst
letzten und kommenden Jahren tätigten resp.              kosteneffizient fit für die Zukunft machen.
tätigen werden. Sicherlich besteht das Risiko,
dass Investitionen in die Erneuerung von Spital­         Die folgende Übersicht über unsere zahlreichen
immobilien getätigt werden, welche strukturell           Bauprojekte mag viele Leser sicherlich davon zu
nicht sinnvoll sind. Es muss aber immer wieder           überzeugen, dass hinter den meisten dieser Pro-

23
▲▲ Visualisierung Haus K auf dem
  Gelände der Psychiatrischen
  Klinik Münsterlingen


jekte sorgfältig erarbeitete Businesspläne und         (z.B. eine zentrale Patientenanmeldung mit an-
sorgfältig abgewogene unternehmerische Ent-            gegliedertem interdisziplinärem Ambulatorium,
scheide stehen. Hinter den übrigen Projekten           thurmed Kommunikationssysteme u.v.a.m.).
steht die übernommene Verantwortung, die zum
Teil denkmalgeschützten Bauten an die laufend          Dass diese weitgehende Totalerneuerung des
steigenden gesetzlichen Anforderungen (Brand-          Kantonsspitals Frauenfeld ohne nennenswerte
schutz, Arbeitssicherheit, Statik, Energie etc.) an-   Provisoriumsbauten innerhalb von rund 4 Jahren
zupassen und so zu unterhalten, dass kein Inves-       realisiert werden kann, ist bestechend. Voraus-
titionsstau entsteht, auch wenn sich diese Unter-      sichtlich ab dem 3. Quartal 2019 werden Patien-
haltskosten nicht «rentabilisieren» lassen.            ten und Mitarbeiter von dieser modernen Infra-
                                                       struktur profitieren können. Sämtliche Arbeiten
Grossprojekt HORIZONT, Frauenfeld                      werden im 2021 vollständig abgeschlossen sein.
Nach jahrelanger Vorbereitung und der Verga-
be des Generalunternehmerauftrages konnte              OPI (Optimierung Psychiatrie Infrastruktur) –
die Grundsteinlegung des Neubaus im Kantons-           Erneuerung Häuser U und K
spital Frauenfeld im Mai 2017 gefeiert werden.         In der Psychiatrischen Klinik konnte anfangs 2018
Die wichtigen Entscheide zu Ausführungsanpas-          die umfassende Renovation des Hauses U nach
sungen, zur Realisierung von Teilobjekten, welche      knapp 2 ½-jähriger Bauzeit abgeschlossen wer-
als Optionen in der GU-Ausschreibung vorgese-          den. Obwohl eine Station in ein Modulbaupro-
hen waren und zu Materialisierungen wurden             visorium auf dem Areal ausgelagert wurde, war
2017 gefällt. Die Auftragsvergaben für die gros-       die Sanierung dieses Gebäudes unter laufen-
sen Lose sind weitgehend an lokal oder regional        dem Betrieb für Patienten und Mitarbeitende
bekannte Unternehmen erfolgt. Die kritischsten         eine grosse Belastung und für die Planer und
«Ressourcen» bei diesem komplexen Bauvorha-            Unternehmer eine Herausforderung. Die Sanie-
ben sind aber kompetente Projekt- und Bauleiter,       rung dieser unter Denkmalschutz stehenden
Fachplaner und Unternehmer. Fehlen solche              Gebäude aus der Jahrhundertwende war auch
oder müssen sie während des Projekts «ausge-           architektonisch anspruchsvoll. Der Kostenauf-
wechselt» werden, steigt das Risiko von Fehlern        wand war mit rund Fr. 7 Mio. erheblich. Das Resul-
und/oder Verzögerungen deutlich. Das Bauen             tat darf aber als gelungen bezeichnet werden.
in einem 365 × 24-h-Spitalbetrieb fordert alle Be-
teiligten heraus. Wichtige Betriebsoptimierungs-       Die Erkenntnisse der Renovation des Hauses U
projekte wurden vorangetrieben, um den Bau             führten die Architekten dazu, die Sanierung des
auf die Anforderungen von morgen auszurichten          Hauses K nochmals kritisch zu hinterfragen. Mit

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