Der Luzerner Arzt April 2019/2 Nr. 117 Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug - VZAG
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Der April 2019/2 Nr. 117 Luzerner Arzt Informationsblatt der Ärztegesellschaften der Kantone Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri, Zug
IMPRESSUM INHALTSVERZEICHNIS «Der Luzerner Arzt» erscheint viermal Editorial Wissen sie denn, was sie tun? Und wir? (Herbert Widmer) 3 jährlich (plus Spezialausgabe). Brief des Präsidenten: Medizin mit Augenmass, Verhandeln lohnt sich, 6 Verlag: Der Mensch im Mittelpunkt (Aldo Kramis) Ärztegesellschaft des Kantons Luzern Schwanenplatz 7, 6004 Luzern Radiojodtherapie zur Behandlung gutartiger Erkrankungen der Schilddrüse 10 Tel. 041 410 88 85 Fax 041 410 80 60 (Janusch Blautzik, Dorothee Rita Fischer, Stephan Pfister, Udo Schirp) Pflege zu Hause (Daniel Kuratli) 15 Redaktionsadresse: Dr. med. Herbert Widmer Fünf bisherige Stationen erhalten im Neubau Haus C … (Julius Kurmann) 16 Sonnbühlstrasse 15, 6006 Luzern Tel. 041 410 65 81 Hypofraktionierte Radiotherapie der Prostata (Gabriela Studer, Winfried Arnold, 18 Yousef Najafi, Christoph Glanzmann) Redaktion: Fortbildung 21 Dr. med. Herbert Widmer, Luzern (Redaktor) «Advance Care Planning»: Wird die konvent. Patientenverfügung (Gregor Schubiger) 22 Dr. med. Aldo Kramis, Emmenbrücke (Präsident) Mandatsträger / Sektionen 26 Adressliste Zentralschweizerische Chiropraktoren-Gesellschaft (ZSCG) 29 Inserate-Verkauf: Dr. med. Herbert Widmer Der Zuger Arzt 30 Sonnbühlstrasse 15 6006 Luzern Vorstand der Zuger Ärztegesellschaft 30 Tel: 041 410 65 81 E-Mail-Adressen und Telefon-Nummern der Zuger Ärzte 30 E-Mail: hcwidmer@bluewin.ch Der Urner Arzt 34 Mitarbeiter dieser Ausgabe: Vorstand Ärztegesellschaft Uri 34 Dr. med. univ. Winfried Arnold, LUKS (Hypofraktionierte Radiotherapie der Der Unterwaldner Arzt 35 Prostata) Vorstand Unterwaldner Ärztegesellschaft 35 PD Dr. med. Janusch Blautzik, Luzern (Radiojodtherapie gutartiger Hausärztefortbildung 35 Erkrankungen der Schilddrüse) Prof. Peter Dubsky, Klinik St. Anna Der Schwyzer Arzt 36 (Brustkrebschirurgie) Delegiertenliste Schwyzer Ärzte 36 PD Dr. med. Dorothee Rita Fischer, Luzern (Radiojodtherapie gutartiger Telefon-, Telefax- und E-Mail-Verzeichnis Spital Einsiedeln 38 Erkrankungen Schilddrüse) Telefon-, Telefax- und E-Mail-Verzeichnis Spital Lachen 40 Dr. med. Christoph Glanzmann, USZ (Hypofraktionierte Radiotherapie der E-Mail-Adressen, Fax- und Telefonnummern der Luzerner Ärzte 43 Prostata) Daniel Kuratli, Luzern Gesundheitspolitik: läuft wirklich alles rund? (Herbert Widmer) 52 (Pflege zu Hause) Dr. med. Julius Kurmann, Luzern «Ein Werkzeugkasten» für die Brustkrebs-Chirurgie (Peter Dubsky) 56 (Neubau Haus C lups) Prof. Dr. med. M. Maassen, Luzern Gegen die Überreglementierung (Marcus M. Maassen) 58 (Gegen die Überreglementierung) Dr. med. Yousef Najafi, LUKS Kommunikation von Medikamentenverordnungen zwischen Spitex und Hausarzt 60 (Hypofraktionierte Radiotherapie der Prostata) «Tarmed in früheren Zeiten» (Herbert Widmer) 63 Dr. med. Stephan Pfister, Luzern (Radiojodtherapie gutartiger Elektronisches Patientendossier: Kanton Luzern und Leistungserbringer treiben 67 Erkrankungen der Schilddrüse) Dr. med. Udo Schirp, Luzern gemeinsam Einführung voran (Radiojodtherapie gutartiger Erkrankungen der Schilddrüse) mfe: Gibt es den Haus- und Kinderarzt morgen noch? 68 Prof. Dr. med. Gregor Schubiger, Luzern («Advance Care Planning) Die EQUAM Stiftung feiert 20 Jahre der Qualitätsförderung in der ambulanten 69 Prof. Dr. med. Gabriela Studer, LUKS Medizin (Hypofraktionierte Radiotherapie der Prostata) Aus den Reihen unserer Mitglieder 71 Herstellung: SWS Medien AG Print Am Viehmarkt 1, 6130 Willisau Erscheinungsdatum / Redaktionsschluss für den Luzerner Arzt 2019/2020: info@swsmedien.ch Nr. 118 / Juli 2019 25. Mai 2019 Nr. 119 / November 2019 25. September 2019 Titelbild: Nr. 119 / Spezialheft / November 2019 05. Oktober 2019 Sternmagnolie, ein Zeichen des keimenden Frühlings. Nr. 120 / Januar 2020 15. Dezember 2019 (Foto: Herbert Widmer) Nr. 121 /April 2020 15. März 2020
EDITORIAL Wissen sie denn, was sie tun? Und wir? «Die Geschichte (Mär) von der klaren Linie in der Schweizerischen Gesundheitspolitik» Kennen Sie die Linie in der Schweize- Beruf gerät in eine immer grössere Ab- ser und wichtiger wäre, wenn die Parteien rischen Gesundheitspolitik? Nein, nicht hängigkeit von der «Politik», statt das Ge- Bundesrat Berset und seine Mannschaft die rote Linie, welche nicht überschritten genteil bewirkt diese bei uns eine immer dazu brächten, sich mit den Protagonisten werden darf; nein, ich meine die klare Li- grössere Unsicherheit und mangelnde des Gesundheitswesens an den runden nie, welche wir nach dutzenden von Jah- Klarheit. Oh ja, fast jeder Politiker, jede Tisch zu setzen, dort hierarchiefrei zu dis- ren mit Analysen, Expertisen, Gesprächen Partei weiss, was richtig wäre, nur betrach- kutieren und zu verhandeln (vgl. Harvard- u.a.m. gefunden haben sollten! Haben wir tet jede(r) eben etwas anderes als richtig. Prinzip) und echte Lösungen zu finden. XY aber noch nicht, verfolgen Sie doch die Der Ärzteschaft traut der durchschnittli- erklärte mir, BR Berset hätte eine Studie Diskussionen unter Parteien, Politikern, che Politiker wenig, die vertreten ja doch durchführen lassen, welche 43 Vorschläge «Gesundheitsexperten», Medien etc. Zu- nur die eigenen Interessen. Ja, da haben es – v.a. zur Kosteneindämmung im Gesund- gegeben, in anderen Ländern besteht die die Bauern halt doch besser! heitswesen – hervorgebracht hätte. Meine gleiche oder eine ähnliche Situation. In der Frage, ob der Expertenbericht unter der so genannten NERA-Studie hat man vor Führung von Alt-Ständerätin Verena Die- Jahren die Gesundheitssysteme und die ner mit 38 Lösungsvorschlägen gemeint sei geplanten Änderungen in diesem Bereich und ob XY diesen Bericht studiert hätte, in circa 35 Ländern verglichen. Quintes- wurde mit einem klaren NEIN beantwor- senz: Jedes Land plante ein Gesundheits- tet. XY hat die Studie nicht gelesen, argu- system einzuführen, welches in einem an- mentiert aber damit und entscheidet unter deren Land bereits gescheitert war! Diese diesen Voraussetzungen politisch mit! Und Studie füllte eine Menge von Ordnern, ist dazu passt die Frage aus dem Titel: Wissen heute aber weitgehend vergessen. sie denn, was sie tun? Zum Expertenbericht Diener ist zu sa- gen, dass von den 38 Vorschlagen recht vie- Als Erstes: Wir haben ein le schon umgesetzt sind, sich in Umsetzung befinden oder mehr oder weniger kurz da- sehr gutes Gesundheits vor stehen. Die Hauptaussage besteht da- system! Auch bezahlbar? rin, dass die Gesundheitskosten gedeckelt und Sanktionen ins Auge gefasst werden Bevor wir in die Abgründe der Gesund- sollen, wenn die «Leistungserbringer die heitspolitik eintauchen wollen, sollten wir Vorgaben nicht erfüllen». Dabei ist kein den Mut haben festzustellen, dass unser Weg aufgezeigt, wie etwa der medizinische Land ein sehr gutes Gesundheitswesen Fortschritt, neue Behandlungsmethoden, sein Eigen nennen darf. Dies zeigen auch neue Krankheiten abgegolten beziehungs- neutrale Vergleiche mit anderen Ländern Haben Sie schon erlebt, dass ein ech- weise in den Kostenanstieg einberechnet auf. Nicht fehlerfrei, keineswegs, aber es tes «Gesundheitskonzil» einberufen wur- werden sollen – wer kannte vor vierzig bietet unserer Bevölkerung im Rahmen de, hier im Sinne einer Versammlung von Jahren die enorme Kosten verursachende des Möglichen ein umfassendes Angebot. Gleichberechtigten, welche die Situation Krankheit AIDS oder die zunehmenden Viele, sehr viele Vertreterinnen und Ver- analysieren, Verbesserungsmöglichkeiten Kosten im Drogenbereich, wer kannte treter der blauen Berufe engagieren sich finden, Ziele und Wege zu diesen Zielen die enormen psychischen Probleme durch mit Kopf, Herz und körperlichem Einsatz festlegen, Probleme diskutieren und Mög- Überlastungen im Berufsbereich? Der für die Patienten. In Apotheken, Praxen, lichkeiten, diese Probleme aus dem Wege ganz einfache Schluss im Expertenbericht Spitälern, anderen Institutionen des Ge- zu räumen, einen ehrgeizigen aber erfüllba- bezüglich der Gründe für den Kostenan- sundheitswesens erhalten die Patientin- ren Zeitplan definieren etc.? Glauben Sie, stieg lautet: «Wir kennen diese nicht!». nen und Patienten Hilfe, Zuspruch, soweit dass Bundesrat, BAG und andere Zuständi- möglich Heilung. Wer weiss nicht, was zum ge dazu fähig wären, das Wissen anderer in Beispiel auch die Pflegeberufe leisten! die Entscheidungsfindung einzubeziehen, Und wir? Dennoch, auch unser Gesundheitswe- andere anzuhören, statt nur Massnahmen- sen krankt in gewissen Bereichen. Am pakete von eigenen Gnaden in die Welt zu Es stimmt, unser Berufsverband macht meisten wohl in der Tatsache, dass «wir» setzen, zu bestimmen und bei Nicht-Erfül- viel, wir können es gerade in dem heute nicht fähig sind, die Rahmenbedingungen lung dieser undemokratisch festgelegten Morgen eingetroffenen Geschäftsbericht für ein noch besseres Gesundheitssystem Bestimmungen mit Sanktionen zu drohen? der FMH lesen. Auch die Editorials in der zu erarbeiten und festzulegen. Zu nen- Glauben Sie das wirklich, der Gegenbeweis SAeZ aus der Feder des FMH-Präsidenten nen sind da die Arbeiten für ein neues fehlt bisher! Weil man aber eben nicht oder Jürg Schlup oder anderer Vorstandsmit- Tarifsystems, die Diskussionen über die zumindest viel zu wenig bereit ist, miteinan- glieder sind meist «träf und zutreffend». Gesundheitskosten, die interkantonale der zu sprechen, fehlt sehr oft in der Politik Die FMH leidet aber auch an der meist ein- Zusammenarbeit, die mühsamen – lange auch das Wissen! seitigen Übermittlung durch BR und BAG, fehlenden – Grundlagen für die Erarbei- an der ungenügenden Kommunikation tung von e-Health und vieles mehr. und Gesprächsbereitschaft, am Mangel ei- Als Beispiel eine kleine Be- nes runden Tischs in Bern und – das ist ein ernst gemeinter Tadel – an ungenügender Zumindest mitschuldig ist die gebenheit Öffentlichkeitsarbeit nach aussen, in den Medien. Warum nicht Mal ein grosses, ehr- Politik Kürzlich forderte mich Mitglied XY des liches, interessensarmes Inserat über das Bundesparlaments auf, den politischen Gesundheitswesen mit den Patientinnen Oh herrje, was hat denn die Politik mit Vorstoss der entsprechenden Partei zu un- und Patienten im Mittelpunkt einsetzen, unserem Beruf zu tun? Viel, viel! Unser terschreiben. Ich erwiderte XY, dass es bes- erschienen in den vier grössten schweizeri- Luzerner Arzt 116/2019 3
schen Tageszeitungen, am besten während tionen gegen die Leistungserbringer Ein Ziel: Patient im einer Session des Bundesparlaments publi- angedroht werden (Kostendeckelung, Mittelpunkt ziert, denn dann werden die Zeitungen am Globalbudget etc.)? intensivsten gelesen. Wir – der Vorstand • Was bringt es, wenn die gesamten Prä- Selbstverständlich gilt dies für sehr viele der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern mienkosten im Umfang gleich bleiben, unter uns: Der Patient soll im Mittelpunkt – haben dies vor einigen Jahren genau so die Belastung aber zum Mittelstand stehen. Er soll dies aber auch klar spüren mit einem recht grossen Inserat mit dem verschoben wird, zum Mittelstand, wel- und wissen, denn wenn dies von unserer Titel «Sie haben einen Hausarzt! Wie lan- cher bereits mehr Steuern bezahlt und Seite echt und glaubwürdig ist, steht er – ge noch?» durchgeführt. Die Reaktionen kaum von der Prämienverbilligung pro- der Patient – in vielem auch zu uns! Wenn – eben auch aus dem Parlament – waren fitiert? dies so ist, dürfen wir auch berechtigte erfreulich! Aktiv und proaktiv heissen die • Was bringt es, Expertenberichte zu ver- Forderungen – ich meine hier nicht ein- heute geläufigen Schlagworte! langen, wenn bereits im Auftrag dazu fach die finanziellen – stellen. mehr oder weniger klar ausgesagt wird, Dasselbe gilt aber auch für unsere Mit- wie die Aussage der Expertise lauten arbeiterinnen, für die MPA, für die Pfle- Und halt doch «Gesundheits- soll? geberufe und andere mehr. Uns fehlen • Was bringt es, wenn Parteien entspre- viele Mitstreiter in den Pflegeberufen, kosten» chende Positionspapiere erarbeiten, die recht viele wandern ab, weil sie den Stress, breitgefächerten Aussagen aber gestri- die zeitliche Arbeitsbelastung, mangelnde Ja, wir müssen in diesem Bereiche eini- chen und die Meinungen der Partei- Achtung für ihren Beruf nicht mehr er- ges tun. Nicht umfassend: spitze veröffentlicht werden, sodass die tragen. Nehmen Sie sich mal die Zeit und • Die Gründe des Kostenanstiegs tiefge- Arbeitsgruppenmitglieder das Papier sprechen Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen hend studieren und analysieren so nicht mehr erkennen? (Selbstver- und Mitarbeitern in Praxis und Spital! Es • Festlegen, welche Gründe, in welchem ständlich hypothetische Aussage, keine könnte sein, dass Sie erstaunt sein werden. Umfang, akzeptiert werden müssen bestimmte Partei gemeint). (Neue Krankheiten, neue Therapie- möglichkeiten (vertretbare), allgemei- Haben Sie nun den Eindruck, dass ich Und zum Schluss: Idealbild ner medizinischer Fortschritt, Bevölke- wüsste, was zu tun ist? Falsch, aber anders rungszunahme, Teuerung usw.) machen als wir dies momentan tun, dazu Politiker • Überprüfung des Leistungskatalogs käme mir einiges in den Sinn. Dazu müssten • Förderung der Prävention, ev. mit ei- wir Mails, Cc, Bcc, Wikipedia und Google Gestatten Sie mir, nach 24 Jahren Parla- nem gewissen Bonussystems zur Seite legen und uns an den runden Tisch mentstätigkeit, Ihnen mein subjektives (!) • Förderung der Selbstverantwortung mit 2-3 Flipcharts oder gar auf den Boden Idealbild einer Politikerin bzw. eines Po- (nicht als Entschuldigung, sich nicht um mit einem grossen Packpapier an der Wand litikers zu schildern bzw. auszusagen, was den anderen kümmern zu müssen!) (auf welchem man Ideen und einen Kon- ich von ihr/ihm erwarte: • Kampf gegen den massiv verteuernden zeptentwurf notieren könnte) setzen. • Engagement, mitdenken, sich einbringen «Tourismus auf die Notfallstationen» • Gründliche Aktenkenntnisse, wenn dies durch nicht Notfall-Fälle auch nicht für jede(n) in allen Bereichen • Förderung der smarter medicine Selbstverständlich gibt es möglich ist • Interkantonale Zusammenarbeit der • Bereitschaft, anders Denkende, andere Spitäler auch viele Hindernisse Parteien nicht von vorneherein als Geg- • Gründliche Analyse von Massnahmen- ner zu betrachten vorschlägen um nicht solche zu fördern, Hindernisse sind da, um aus dem Wege • Einsicht, dass auch andere vernünftige welche überhaupt keine Kosten sparen, geräumt zu werden, zugegeben nicht im- Ideen (Vorstösse) vorlegen können sondern nur zu Kostenverschiebungen mer einfach. Bei uns Ärztinnen und Ärz- • Bereitschaft, erst im vierten Jahr einer führen ten sind wohl allzu viele Eigeninteressen, Legislatur an die nächsten Wahlen zu • Förderung der digitalen Möglichkeiten, ein öfters fehlender Zusammenhalt zu denken. um Fehler in Medikation (Interaktio- nennen. Manchmal wohl auch ein zu ver- • Klare Bereitschaft der Exekutiv- und Le- nen), Behandlung etc. zu minimeren besserndes Engagement für das «Ganze» gislativvertreter, auch die Meinung ande- und anderes mehr. und die Bereitschaft, nicht nur im eigenen rer zu anerkennen – man muss sie ja nicht Bereich mitzudenken! teilen –, Kritik zu akzeptieren – man darf Viele der Vorschläge, welche heute auf ja anderer Meinung bleiben – und nicht dem Tisch liegen und für welche Initiati- Probleme ergeben sich wohl auch durch das Gefühl haben, man trage die einzige vunterschriften gesammelt werden taugen unseren oft positiven Föderalismus mit wahre Meinung in sich. Sie sind sich wohl wenig oder kaum etwas. allzu grossem «Kantönligeist». Über die im Klaren, dass dies Voraussetzungen für • Was bringt es, wenn wir die eigentlichen nicht immer förderliche Dominanz der eine echte Zusammenarbeit, für echte Kosten gar nicht senken, sondern nur Politik mit der Tendenz der Politikerinnen Verhandlungen, für gewinnbringende die Zahlungspflichten verschieben? und Politiker alles zu regeln und selbst Entscheidungen auch für die von uns • Was bringt es, wenn ohne die Gründe zu bestimmen, könnten wir stundenlange vertretene Bevölkerung sind! für den Kostenanstieg zu berücksichti- Gespräche führen (vgl, arztunabhängiges gen, das zur Verfügung gestellte Geld Qualitätszentrum). Dr. med. Herbert Widmer verringert wird und gleichzeitig Sank- Redaktor «Der Luzerner Arzt» LUKiS Das Luzerner Kantonsspital (LUKS) treibt die Realisierung des neuen Klinikinforma- tionssystems LUKiS voran Die Einführung ist im Herbst 2019 vorgesehen. Die neue digitale Plattform stärkt auch die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten. Dazu wird ein spezielles Zuweiserportal eingeführt. An den LUKiS-Tagen für die Mit- arbeitenden des LUKS haben auch die niedergelassenen Ärzte die Möglichkeit, einen Einblick in das System zu haben. Weitere Informationen folgen. Wenn Sie jetzt schon Interesse haben persönlich teilzunehmen, können Sie sich bei lukis@luks.ch melden. Jederzeit informiert: www.luks.ch/lukis Sobald das Detailprogramm steht, wird es Ihnen zugesandt. 4 Luzerner Arzt 116/2019
BRIEF DES PRÄSIDENTEN Medizin mit Augenmass Verhandeln lohnt sich Der Mensch im Mittelpunkt etwa um 7 Prozent. Medikamente distri- Es soll kein gegen-, sondern ein miteinan- buiert durch Apotheken um 3 Prozent und der sein. Spitalleistungen und Physiotherapien um 4-5 Prozent. Und bei all den Diskussionen geht lei- der meist vergessen, dass der Patienten Dabei gilt es die Fortschritte in der Di- im Mittelpunkt stehen soll. Es geht letzt- agnostik, neue Medikamente, neue The- lich um das Wohl jedes einzelnen Patien- rapieoptionen, neue Interventionen und ten. Und wer den Menschen ins Zentrum Patientenwünsche nach sofortiger Diag- stellt, der entscheidet in der Regel richtig. nostik zu berücksichtigen. Stellt sich die Frage, wer über die Therapie entscheiden soll. Die Politik? Das Volk an der Urne? Verhandeln lohnt sich Jede und jeder mit seinem Geldbeutel? Ein weiterer Fakt ist: Wir müssen ver- Gerade jetzt im Wahljahr 2019 strotzt handeln! Was früher als Tugend galt, die Politik nur so von Vorschlägen, Ideen, wird heute als Misserfolg interpretiert. einfachen Lösungsansätzen – alles unter In Verhandlungen muss man einen Kon- dem Motto Sparen. Diese hohen Kosten sens finden, Kompromisse eingehen. Wer müssten nicht sein, heisst es. Alles sei zu Kompromisse eingeht wird oft aber als teuer. Schlagworte wie Zweitklassenmedi- Verlierer eingestuft. Dem ist aber nicht so. zin, Prämiensenkung, Krankenkasse light dominieren die Schlagzeilen. Die KAEG LU hat sich zum Beispiel entschieden, den Taxpunktwert (TPW) Wir wissen, die Prämienlast drückt be- nicht zu kündigen, obwohl wir mit der Ver- Dr. med. Aldo Kramis. reits jetzt vielen Menschen aufs Porte- gütung 2018 nicht zufrieden sein können – monnaie. Und doch wollen die meisten, ein Kompromiss? Gleichzeitig verkündet wenn sie in der Rolle des Patienten sind, die Regierung, dass man im Gesundheits- Gesundheitskosten und die bestmögliche Versorgung, die wir mit wesen 5.6 Prozent gespart hat. Spitzenrei- politisches Wissen unserem Gesundheitssystem auch bieten ter ist Luzern! Die Gründe sind vielfältig. können. Einerseits greift die Strategie «ambulant Dieser Tage reden die Politiker nur von vor stationär», andererseits gibt es weni- Prämien, Prämienexplosion, ungerecht- ger stationäre Fälle und 3. wirkt sich der fertigten Prämienanstiegen, Abzockerei, Medizin mit Augenmass BR Tarifeingriff markant auf die Spezialis- bundesrätlichen Tarifeingriffen, Zwangs- tenvergütungen aus. Für die Hausärzte än- massnahmen zur Kostendämpfung. Also Das System soll mit Vernunft genutzt dert sich kaum etwas – so viel ist klar – sie im Grunde genommen wird über ein Glo- werden. Es gilt, gemeinsam die Verant- sind für die Kostenexplosion nur marginal balbudgets mit definierten maximalen wortung zu tragen, um die Kosten nicht mitverantwortlich. Kostenkorridoren diskutiert. weiter steigen zu lassen. In Frage kommen Rationierungen, Einschränkungen bei Verhandeln lohnt Sich? Ja immer, aber Die Politiker haben bis dato oft die Arzt- Therapiewahl, Spitalschliessungen, wie oft bemerkt, braucht es sehr differen- Hausärzte für die Kostensteigerung von Abbau von Zusatzdiensten, Limitationen zierte eigene Daten! Diese müssen sehr um- vier bis fünf Prozent verantwortlich ge- und Zulassungssteuerung, tiefere Franchi- fangreich und minutiös dokumentiert sein, macht. Wir würden zu viele Medikamente sen. In der Regel entscheidet die Politik um für eine « LOHN» = TPW-Erhöhun- verschreiben, zu viele Termine verordnen, darüber, wie gespart werden soll. Doch im gen zu kämpfen… Wir haben gesehen, man übertherapieren und «leichtfertig» Ar- Grunde sind in einer direkten Demokratie kann kündigen, aber anschliessend heisst beitsunfähigkeitszeugnisse ausstellen. die Stimmbürger gefragt. es: verhandeln, aushandeln, offenlegen, Transparenz schaffen, auf welcher Basis Ausser Acht gelassen wird dabei, dass Politisch kann man viel verkünden, aber und wie sieht die Realität aus? Denkt man die Kostenabrechnung via System minu- Umsetzen und den Patienten klarmachen weiter, werden sich die Leistungserbringer tiös kontrolliert wird. Zudem genehmigt – die sogenannte «Vollcasco-Mentalität» und die Kassen kaum einigen, aufgrund das BAG die Prämienanstiege und im (Gesundheitsleistungen: jederzeit – rund des unterschiedlichen Zahlenmaterials und «tiers garant» haben die Patienten immer um die Uhr – unbegrenzt und mit perfek- damit geht man in die Festsetzung mit Ziel Einsicht in die Rechnungen. Es ist einfach, ter Qualität – ohne Notfall oder Inkon- vor Bundesgericht zu landen?… Dabei den Grund des Kostenanstiegs bei den venienzpauschale) ist weder die Lösung, passiert 5 Jahre nichts!, Man kann in die- Ärzten zu verorten. noch sinnvoll und bezahlbar. Nur mit sen Fällen nicht mehr verhandeln und die shared decision making/smarter medicine Richter werden sich hüten, sich in Tarif- Gemäss der Informationen aus dem kann man individuell und abgestimmt auf streitigkeiten für eine Partei zu entscheiden. BAG scheint nämlich klar: Die Ärzte ver- die Lebenssituation des Einzelnen einen Richter werden sich höchstens festlegen, ursachen 2018 nur knapp 0.2% Kosten- gemeinsamen Entscheid treffen. Gemein- wenn es keine guten bisherigen Daten gibt, anstieg. Hingegen steigen die Kosten für sam und mit Augenmass sollten wir mehr- welches Datenmaterial zu berücksichtigen Zusatzdienste wie Transport und Rettung heitsfähige Lösungsstrategien entwickeln. sei und somit geht ein hin und her über Jah- 6 Luzerner Arzt 117/2019
re weiter? Mit Festsetzungen ist nichts ge- SVP und SP haben die Vorlage gekippt. die persönlichen und finanziellen Res- wonnen, nur hinausgezögert… Das heisst Man müsse die Ärzte disziplinieren und sourcen sind bei allen Leistungserbringen für uns WARTEN bis wir Zahlen aus dem ihnen Qualität via Bund aufdrücken. An- beschränkt. Praxisnavigator/MAS-Erhebungen oder statt auszuhandeln, was unser Gesund- vom BFS haben, um zu verhandeln…?! heitssystem braucht, wird nun wieder eine Wir sind verpflichtet, diese Probleme Qualitätskommission – mit Steuergeldern anzupacken! Dabei ist auch der Vorstand Vor kurzem hat der Nationalrat die Mo- finanziert und von Politikern beeinflusst – eingeladen, wenn nicht gar aufgefordert, tion von Olivier Feller-Thorens durchge- eingesetzt. Wir, die betroffen sind, haben konstruktive Vorschläge zu unterbreiten. winkt, die verlangt, dass eine unabhängige da offensichtlich nichts mehr zu melden. Organisation die Zahlen aller Leistungs- Die Löcher existieren, die Baustellen erbringer analysieren soll. Das Bundesamt Wenigstens in einem Punkt konnten die laufen auf Hochtouren. Fallen wir nicht für Statistik, mit dem die Ärzteschaft nun Leistungserbringer, FMH, H+, Curafutura hinein, sondern bauen wir mit, denn un- konstruktiv zusammenarbeitet, könnte und Santé Suisse unter Führung der GDK sere Erfahrungen und unser Wissen sind solche Daten liefern. Dann wäre endlich eine gemeinsame Allianz bilden, um die gefragt! Das Fundament können wir nur die gemeinsame Datenbasis geschaffen anstehende grossen Probleme anzupa- gemeinsam – mit allen Leistungserbrin- für Verhandlungen. cken. gern – bauen. An dieser Stelle möchten wir den rund Diese Gespräche umfassen neben der Auch 2019 braucht es viel Engagement, 500 Kolleginnen und Kollegen danken, die von der FMH gewünschten Revision des goodwill und konstruktive Lösungsvor- im Praxisnavigator respektive im BFS- ambulanten Tarifes v.a. Themen der GDK schläge!! MAS-Fragebogen ihre Leistungs- und und der Versicherer, wie die Zulassungs- Betriebsdaten deponiert und uns damit in steuerung und die einheitliche Finanzie- WIR machen MIT! eine hoffentlich gute Verhandlungsbasis rung inklusive der Pflegefinanzierung, Für die KAEG LU geschaffen haben. Kostencontrolling und Steuerungsinstru- aldo kramis mente. Wir haben nun während fünf Jahren verhandelt und zusammen mit der MTK Es hat zwar keiner die Lösung bereit, und Curafutura/HSK gerechnet, damit wir aber man bleibt diesbezüglich immerhin bis Ende Juni 2019 eine gemeinsame Tarif- in Kontakt. Auf Wunsch des LUKS struktur beim BR eingeben können. Der Aufwand ist und war immens. Das LUKS will in den nächsten Wo- Zeit-, Personalressourcen, Durchhalte- Den Menschen in den chen «First Responder» ausbilden. Falls willen und goodwill sind nötig, bis wir das Ihr interessierte Personen aus Eurer Pra- Vertragswerk zur Genehmigung an der Mittelpunkt stellen! xis (oder Umgebung) kennt, macht diese DV der FMH traktandieren und an der doch auf die erste Informationsveranstal- kommenden Ärztekammer verabschieden Nach all den anstehenden politischen tung vom Donnerstag, 23. Mai 2019, 19 können. Wir hoffen, das Verhandeln wird Vorstössen sollte man nicht vergessen, Uhr im Luzerner Kantonsspital aufmerk- sich letztlich auszahlen. nicht nur Prämien, Parteipolitik, Kosten- sam (Siehe dazu Seite 25). kontrolle, Finanzen-Ökonomie und Akti- Alternativen gibt es nicht, sonst kommt vismus ins Zentrum zu rücken. der dritte bundesrätliche Tarifeingriff. Wir hoffen sehr, der BR prüft ab Ende Juni Wir sind gut beraten, den Patienten ins den neuen TARDOC und hat den Mut die Zentrum zu stellen und über den gemein- Tarifstruktur in Kraft zu setzen (muss er samen Versorgungsauftrag zu diskutieren. aber nicht!!). Dies hat uns Prof Giovanni Maio anläss- lich der GV der AGLU eindrücklich auf- Santé Suisse hat keine Lösung präsen- gezeigt! tiert, nie partizipiert, sondern nur verhin- dert. Indem sie sich ausklinken, erhoffen Zudem gibt es viele Aktionen wie Men- sie sich, ihre eigene Lösung präsentieren schenmedizin, der Mensch im Zentrum zu können. und Medizin mit Augenmass. Allesamt haben das Ziel kranke Mitmenschen und Wir setzen auf die bundesrätliche Be- deren Bedürfnisse, Wünsche und Ängste urteilung der Tarifstruktur – Ziel: die die in den Fokus unseres Handelns zu stellen. verhandelt haben, legen ein gemeinsames Es liegt nun an uns, zu überlegen, wie Vertragswerk vor und jene, die nicht mit- der Fürsorgeauftrag lautet und wie die arbeiten, haben dies so zu akzeptieren. beste Versorgung für den Patienten ausse- hen soll. Wer hat den Lead und trägt die Verantwortung in der Versorgung unserer Wir haben aber auch Patienten? Generalversammlung Gemeinsam mit allen Leistungserbrin- verloren! gern werden wir verschiedene Versor- der Ärztegesellschaft gungslösungen anpacken. Auch möchten Wir haben aber auch verloren beim wir vermehrt diese Aspekte in die stan- des Kantons Luzern Qualitätsartikel. Diesmal haben KK, despolitischen Diskussionen einbringen: FMH und alle Leistungserbringer auf zusammen mit Departementsleitern, Mittwoch, 13. November 2019, privater Stufe eine Qualitätsorganisation Chefärzten und den praktizierenden Ärz- 17.00, s.t. aufbauen wollen, auf freiwilliger Basis, da ten. Auch gibt es politische Initiativen in schon sehr viel Qualitätsarbeit von Ärz- die Richtung neue Versorgungsstrukturen SPZ Nottwil ten, in Spitälern und Privatpraxen geleis- zielen. tet wird und die FMH hier mit der SAQM Probleme werden immer komplexer Wir erwarten auch Sie! federführend eine eigene Organisation und schwieriger zu lösen. Überall herrscht In Ihrer Agenda eintragen! aufgebaut hat. ein Mangel an Gesundheitspersonal und 8 Luzerner Arzt 117/2019
Radiojodtherapie zur Behandlung gutartiger Erkrankungen der Schilddrüse PD Dr. med. Janusch Peter Blautzik, PD Dr. med. Dorothee Rita Fischer, Dr. med. Stephan Pfister, Dr. med. Udo Schirp Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, Hirslanden Klinik St. Anna, Luzern Überblick Wirkprinzip und gesetzliche völkerung legt daher das Bundesamt für Vorgaben Gesundheit (BAG) fest, dass die Durch- Die Radiojodtherapie (RJT) ist ein seit führung aktivitätsabhängig in «speziell Jahrzehnten etabliertes und sicheres Ver- Die Schilddrüse stellt das einzige Or- abgeschirmten (…) Therapiezimmern»6 fahren zur Behandlung sowohl benigner gan dar, das Jod spezifisch anreichert, durchzuführen ist (Bild 1); die gesetzlich als auch maligner Schilddrüsenerkrankun- was eine sehr selektive Akkumulation vorgeschriebene stationäre Mindestauf- gen. Der erste Therapieversuch einer Hy- der Substanz sicherstellt5. Für die RJT enthaltsdauer beträgt 48 Stunden. Die perthyreose mit radioaktivem Jod erfolgte wird das radioaktive Jodisotop I131 ver- Entlassung erfolgt, wenn zusätzlich die bereits im Jahre 19411, die ersten Schild- wendet, im Normalfall in Form einer gemessene Dosisleistung in 1 Meter Ab- drüsenkarzinome wurden nur wenige Jah- Kapsel p.o., bei Bedarf auch als i.v. Ap- stand zum Patienten weniger als 10 μSv/h re später behandelt2. plikation. Die Substanz wird über den in beträgt6; dieser Wert stellt sicher, dass Per- der Zellmembran lokalisierten Natrium- sonen mit engem Kontakt zum Patienten Seit Ende des Jahres 2017 wird die RJT Jodid-Symporter in die Schilddrüsenzel- keiner Strahlung ausgesetzt werden, die auch am Institut für Radiologie und Nu- le aufgenommen und anschliessend in über die natürliche Hintergrundstrahlung klearmedizin der Klinik St. Anna erfolg- den Follikeln in Schilddrüsenhormone in der Schweiz hinausgeht. Die Erfahrung reich durchgeführt. Dieser Artikel möchte eingebaut. Entscheidend hierbei ist, dass lehrt, dass die meisten Patienten nach der Leserschaft des Luzerner Arztes ei- die Aufnahme in Abhängigkeit von der 3 bis 4 Tagen entlassen werden können. nen Überblick über die RJT bei benignen Hormonsynthese und damit dem Jodbe- Eine etwas längere Aufenthaltsdauer ist Schilddrüsenerkrankungen vermitteln. darf der Zelle stattfindet. So wird eine typischerweise bei sehr grossen Strumen Eine Übersicht über die RJT bei malignen hohe I131-Konzentration in erkrankten, zu erwarten, wo die verabreichten I131- Erkrankungen folgt in der kommenden d.h. autonomen, bzw. beim M. Basedow Aktivitäten höher liegen. Ausgabe. in vermehrt stimulierten Zellen erreicht, wohingegen die Akkumulation, und da- mit die Wirkung, im nicht betroffenen Morbus Basedow Indikationen Gewebe signifikant geringer ausfällt. Der M. Basedow stellt aufgrund der Indikationen für eine RJT bei benig- Der Wirkmechanismus des I131 basiert Komplikation einer endokrinen Orbito- nen Schilddrüsenerkrankungen umfassen auf einer β-Strahlung, die v.a. eine Schä- pathie (eO) eine besondere Entität dar. im Allgemeinen Entitäten, die mit einer digung der DNA und damit den Zell- Typischerweise wird die Erkrankung im Überfunktion des Organs aufgrund ver- untergang bewirkt. Die Reichweite der Initialstadium für die Dauer von 12 bis mehrter Hormonsynthese einhergehen, β-Partikel beträgt im Gewebe etwa 0.6 18 Monaten mit einem Thyreostatikum d.h. M. Basedow und uni-/multifokale bzw. – 2.0 mm, weshalb angrenzende Organe wie Carbimazol behandelt4. Persistiert disseminierte Autonomien. Eine weitere weitgehend geschont werden. Eine weite- oder rezidiviert anschliessend die Hyper- Indikation stellt die mechanisch beein- re Komponente des I131 bilden γ-Strahlen, thyreose, ist im Normalfall eine definitive trächtigende Struma mit dem Ziel einer die therapeutisch nicht relevant sind und Therapie mittels RJT oder Operation an- Volumenreduktion dar. die unmittelbare Patientenumgebung zustreben4. erreichen. Zum Strahlenschutz der Be- Wie das operative Vorgehen (Hemi-/ Thyreoidektomie) ist auch die RJT ein Ansatz zur definitiven Beseitigung der Hyperthyreose. Wann welches Verfah- ren, Operation oder RJT, durchgeführt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine Hilfestellung für die Entschei- dungsfindung bieten u.a. die Leitlini- en der American Thyroid Association (ATA)3, für den M. Basedow auch die Leitlinien der European Thyroid Asso- ciation (ETA)4. So stellen beispielsweise eine Schwangerschaft und Stillzeit abso- lute Kontraindikationen für die RJT dar; Komorbiditäten mit erhöhtem Operati- onsrisiko oder Voroperationen am Hals befürworten dagegen die Durchführung dieser Therapie3. Nicht zuletzt sind je- doch auch die Präferenzen des einzelnen Patienten in der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Bild 1: Therapiezimmer in der Klinik St. Anna. Für den Patienten sind die Strahlenschutz- massnahmen nicht ersichtlich. 10 Luzerner Arzt 117/2019
Tabelle 1: Therapeutische Optionen beim M. Basedow mit eO, angelehnt an die ETA- ten, führen wir bei allen Patienten eine Ab- Leitlinien von 20184. schlussuntersuchung in unserer Abteilung etwa 6 Monate nach der Therapie durch. Schweregrad & Aktivität der eO MED RJT Tx Mild, inaktiv ja ja* ja Mild, aktiv ja ja** ja Ergebnisse Moderat bis schwer, inaktiv ja ja* ja Moderat bis schwer, aktiv ja nein nein Beim M. Basedow wird heutzutage ge- Visus-bedrohend ja nein nein nerell ein ablatives Dosiskonzept verfolgt, das Mindestziel ist die Beseitigung einer eO: endokrine Orbitopathie, MED: thyreostatische Medikation, RJT: Radiojodtherapie, Hyperthyreose; je nach Literatur wird Tx: totale Thyreoidektomie. *Steroidprophylaxe in ausgewählten Fällen. **Steroidpro- dieses Ziel nach einer einzelnen Therapie phylaxe notwendig. bei mehr als 95 Prozent der Patienten er- reicht12 (Bild 2). Eine Autonomie wird in etwa 90 Prozent der Fälle beseitigt13 (Bild Die RJT beherbergt ein kleines Risiko, Bei Basedow-Patienten mit bestehen- 3). Falls die Hyperthyreose nach 6 Mona- eine bestehende eO zu aggravieren oder der eO ist eine Wiederherstellung der Eu- ten noch persistiert, kann eine Wiederho- deren de novo Entstehung zu begünsti- thyreose generell zwingend notwendig, da lung der RJT erfolgen3. gen7. Liegen entsprechende Risiken vor, so sich sowohl Hyper- als auch Hypothyreose hat sich eine peritherapeutisch niedrig-do- negativ auf die eO auswirken7. Als Folge der RJT resultiert eine teils sierte Gabe von Glukokortikoiden als sehr signifikante Volumenreduktion des Gewe- effektiv zur Vermeidung einer Neuent- Eine Thyreostase erhöht allerdings das bes; bei der Struma multinodosa sinkt das stehung/Progression dieser Komplikation Risiko eines Therapieversagens10. Daher Volumen auf etwa 30 bis 50 Prozent des erwiesen8,9. Das Vorliegen einer eO stellt wird sie bei Basedow-Patienten, falls kli- prätherapeutischen Wertes, beim M. Base- somit in den meisten Fällen keine Kontra- nisch vertretbar, kurz vor der RJT abge- dow und toxischen Adenomen gar auf nur indikation für die RJT dar (Tabelle 1). setzt und bei entsprechenden Risikopa- noch 10 bis 20 Prozent11. tienten anschliessend überbrückend bis In unserer Abteilung wird jeder Patient zum Wirkungseintritt der Therapie wieder mit M. Basedow vor der RJT um ein ent- angesetzt. Nebenwirkungen und sprechendes augenärztliches Konsil gebeten. Patienten mit einem erhöhten Risiko für die Bei Patienten mit Autonomien ist prin- Risiken der RJT Progression oder de novo Entwicklung einer zipiell ein therapeutischer TSH-Wert ≤ 0.3 eO erhalten mit Beginn der Therapie Glu- mU/l wünschenswert11, da in einer solchen Die RJT ist ein sicheres, nebenwir- kokortikoide in risikoadaptierter Dosierung Situation die I131-Aufnahme im gesunden kungsarmes und von den Patienten sehr für eine Dauer von bis zu 12 Wochen4,7. Parenchym und damit das Risiko einer gut toleriertes Verfahren. Als Komplika- Schädigung reduziert wird. Falls klinisch tion kann selten das Schilddrüsengewe- vertretbar, wird die Thyreostase bei diesen be infolge der Therapie anschwellen und Vorbereitung, Therapie und Patienten daher deutlich früher abgesetzt. Schmerzen verursachen (sog. «Strahlen- thyreoiditis»). Ein extrem seltenes Ereig- Nachsorge Anders als beim operativen Vorgehen nis ist die Entwicklung einer thyreotoxi- tritt der Effekt der RJT erst zeitverzögert schen Krise infolge des Gewebezerfalls. Vor Durchführung einer RJT bei beni- nach mehreren Wochen oder gar Monaten Längerfristig kann sich im Verlauf von gnen Schilddrüsenerkrankungen ist in der ein3. Nach Therapie sollten die Schilddrü- Jahren und Jahrzehnten bei Patienten, die Schweiz eine individuelle Aktivitätsbestim- senwerte generell alle 4 bis 6 Wochen für nach RJT zunächst in Euthyreose waren, mung vorgeschrieben6. In diese fliessen u.a. eine Dauer von 6 Monaten gemessen wer- eine substitutionspflichtige Hypothyreose Informationen über das Herdvolumen den oder so lange, bis eine stabil-euthyreo- entwickeln14,15. Schliesslich kann die RJT (je nach zugrundeliegender Erkrankung te Stoffwechsellage vorliegt3. Das TSH ist aufgrund des Einsatzes radioaktiver Stof- Grösse des autonomen Areals oder der in dieser Anfangsphase ein suboptimaler, fe theoretisch das zukünftige Malignomri- gesamten Schilddrüse, ermittelt mittels da langsam reagierender Marker, weswe- siko erhöhen. Nach derzeitigem Wissens- Ultraschall, ggf. mittels CT) und die pati- gen primär auf die peripheren Schilddrü- stand kann allerdings davon ausgegangen entenspezifische Jodkinetik, ermittelt mit senhormone geachtet werden sollte. Das werden, dass bei den geringen Aktivitäten, dem sog. Radiojodtest, ein. Die entspre- Ausschleichen einer etwaigen Betablocka- die bei benignen Schilddrüsenerkrankun- chenden Untersuchungen erfolgen ambu- de und Thyreostase empfiehlt sich, wenn gen eingesetzt werden, das Risiko ver- lant und werden bei uns zwei Wochen vor die peripheren Hormone den Normbereich nachlässigbar klein ist1. der eigentlichen Therapie durchgeführt. erreichen. Eine Levothyroxin-Substitution sollte eingeleitet werden, wenn das fT4 Sowohl beim M. Basedow als auch bei den unteren Normbereich unterschreitet; Zusammenfassung den verschiedenen Autonomie-Formen die Dosierung richtet sich hierbei nach der kann die RJT durch Zelldestruktion und fT4-Konzentration und sollte im Verlauf Der vorliegende Artikel gibt einen damit Freisetzung bereits produzierter angepasst werden. Beim M. Basedow spielt Überblick über die RJT in der Behand- Schilddrüsenhormone eine Exazerbation eine posttherapeutisch offenkundige Hy- lung gutartiger Schilddrüsenerkrankun- der Hyperthyreose verursachen. Daher pothyreose eine Rolle in der Progression gen. Weitere, umfangreichere Informatio- werden Patienten mit einem erhöhten Ri- der eO und sollte daher vermieden werden. nen zu diesem Thema können den zitierten siko für die Entwicklung von Komplikati- Anschliessend sind lebenslang Verlaufs- Leitlinien/Publikationen entnommen onen peritherapeutisch mit einem Betablo- kontrollen in zumindest jährlichen Abstän- werden. Insbesondere die Leitlinien der cker wie Propranolol behandelt. Gleichsam den anzustreben, bei klinischen Auffällig- ATA und ETA bieten dem behandelnden ist bei Patienten mit starker Hyperthyreose, keiten selbstverständlich jederzeit. Arzt eine Hilfestellung bei der Wahl der bei älteren Patienten und generell solchen für jeden Patienten individuell optimalen mit höherem Risiko für Komplikationen Die Nachsorge-Untersuchungen erfol- Therapie und unterstützen ihn auch beim infolge einer Hyperthyreose-Exazerbation gen typischerweise hausärztlicherseits, bzw. peri-/posttherapeutischen Vorgehen. Dar- eine Thyreostase zu erwägen3. bei Kolleginnen oder Kollegen der Endo- über hinaus steht Ihnen auch das Team der krinologie. Um eine Rückmeldung über Nuklearmedizin der Klinik St. Anna in al- die Qualität der eigenen Arbeit zu erhal- len Belangen der RJT beratend zur Seite. Luzerner Arzt 117/2019 11
Bild 2: A. Patientin mit M. Basedow. Prä- therapeutisch pathologisch erhöhte Auf- nahme des Radionuklids im gesamten Schilddrüsenparenchym. B. Nach ablativer Radiojodtherapie wie ge- wünscht nur noch residuelle Funktion des Gewebes. Die Patientin ist entsprechend auf eine Levothyroxin-Substitution ange- wiesen. Bild 3: A. Patient mit latenter Hyperthyre- ose. Szintigraphisch autonomes Adenom («heisser Knoten») im linken Schilddrü- senlappen mit relativer Suppression des übrigen Schilddrüsenparenchyms. B. Nach RJT Beseitigung der fokalen Au- tonomie mit nun an entsprechender Loka- lisation relativer Minderanreicherung des Radionuklids. Normalisierter Uptake des zuvor supprimierten Gewebes. Der Patient ist ohne Levothyroxin-Substitution euthy- reot. Literaturangaben: 7. Bartalena L, Baldeschi L, Boboridis K, et al. bei benignen Schilddrüsenerkrankungen (Ver- 1. Bonnema SJ, Hegedus L. Radioiodine therapy The 2016 European Thyroid Association/Eu- sion 5), Stand: 10/2015 – AWMF-Registernum- in benign thyroid diseases: effects, side effects, ropean Group on Graves› Orbitopathy Guide- mer: 031-003. and factors affecting therapeutic outcome. En- lines for the Management of Graves› Orbito- 12. Kobe C, Weber I, Eschner W, et al. Graves› di- docrine reviews 2012;33:920-80. pathy. European thyroid journal 2016;5:9-26. sease and radioiodine therapy. Is success of ab- 2. Seidlin SM, Marinelli LD, Oshry E. Radioac- 8. Acharya SH, Avenell A, Philip S, Burr J, Bevan lation dependent on the choice of thyreostatic tive iodine therapy: effect on functioning me- JS, Abraham P. Radioiodine therapy (RAI) for medication? Nuklearmedizin Nuclear medici- tastases of adenocarcinoma of the thyroid. J. Graves› disease (GD) and the effect on oph- ne 2008;47:153-6. Amer. Med. Ass. 1946;132:838. thalmopathy: a systematic review. Clinical en- 13. Dunkelmann S, Endlicher D, Prillwitz A, Ru- 3. Ross DS, Burch HB, Cooper DS, et al. 2016 docrinology 2008;69:943-50. dolph F, Groth P, Schumichen C. [Results of American Thyroid Association Guidelines for 9. Shiber S, Stiebel-Kalish H, Shimon I, Gross- TcTUs-optimized radioiodine therapy in mul- Diagnosis and Management of Hyperthyroi- man A, Robenshtok E. Glucocorticoid re- tifocal and disseminated autonomy]. Nuklear- dism and Other Causes of Thyrotoxicosis. Thy- gimens for prevention of Graves› ophthal- medizin Nuclear medicine 1999;38:131-9. roid: official journal of the American Thyroid mopathy progression following radioiodine 14. Holm LE, Lundell G, Israelsson A, Dahlqvist Association 2016;26:1343-421. treatment: systematic review and meta-analy- I. Incidence of hypothyroidism occurring long 4. Kahaly GJ, Bartalena L, Hegedus L, Leenhardt sis. Thyroid : official journal of the American after iodine-131 therapy for hyperthyroidism. L, Poppe K, Pearce SH. 2018 European Thyro- Thyroid Association 2014;24:1515-23. Journal of nuclear medicine : official publicati- id Association Guideline for the Management 10. Walter MA, Briel M, Christ-Crain M, et al. on, Society of Nuclear Medicine 1982;23:103-7. of Graves› Hyperthyroidism. European thyro- Effects of antithyroid drugs on radioiodi- 15. Ceccarelli C, Bencivelli W, Vitti P, Grasso L, id journal 2018;7:167-86. ne treatment: systematic review and meta- Pinchera A. Outcome of radioiodine-131 the- 5. Kaiho T. Iodine Chemistry and Applications, analysis of randomised controlled trials. Bmj rapy in hyperfunctioning thyroid nodules: a 20 2015, pp. 614-615. 2007;334:514. years› retrospective study. Clinical endocrino- 6. Wegleitung L-04-01 Radionuklidtherapie, 11. Dietlein M, Grünwald F, Schmidt M, Schneider logy 2005;62:331-5. Bundesamt für Gesundheit BAG, erstellt am P, Verburg FA, Luster M. DGN-Handlungs- 14.05.2018. empfehlung (S1-Leitlinie), Radioiodtherapie 12 Luzerner Arzt 117/2019
PD Dr. med. PD Dr. med. Dr. med. Dr. med. Dorothee Rita Fischer Janusch Peter Blautzik Stephan Pfister Udo Schirp SPORTMEDIZIN ST. ANNA IM BAHNHOF: IHR KOMPETENTER PARTNER RUND UM DEN BEWEGUNGSAPPARAT Die Hirslanden Klinik St. Anna verfügt im 5. Stock des Bahnhofs Luzern über grosszügige, modern eingerichtete Räumlichkeiten für Sportmedizin, Therapie und Training. Die enge interdisziplinäre Vernetzung von Sportmedizin, Orthopädie, Radiologie, Physiotherapie, Osteopathie, Massage und Leistungsdiagnostik garantiert eine optimale Betreuung der Patientinnen und Patienten von der Prävention über die Diagnostik bis hin zur Therapie. Sportmedizin St. Anna im Bahnhof, Zentralstrasse 1, 6003 Luzern www.hirslanden.ch/sportmedizin-stanna Luzerner Arzt 117/2019 13
Pflege zu Hause Die Kunst des Möglichen 85 Jahre in den «eigenen vier Wänden», und dann ab ins Heim? Das muss nicht sein und hängt von einigen Faktoren ab, welche gegeben sein müssen. cura-pflege ist seit 10 Jahren auf dem Markt. Wir bie- ten Pflege und Betreuung für ältere Men- schen zu Hause an. In der Zwischenzeit haben wir eine reiche Erfahrung in der Kunst des Möglichen. Nicht jeder Fall eig- net sich für die Betreuung zu Hause. Eini- ge Kriterien müssen erfüllt sein. Wenn ein Fall sich jedoch eignet, erweist sich die Lö- sung einer Betreuung zu Hause als finan- ziell gut machbar und gibt in vielen Fällen den Betreuten eine hohe Lebensqualität. Wer eignet sich für die Pflege und Betreuung Zuhause? Stadtwohnung. Wir schätzen es sehr, wenn Die Antworten auf Fragen nach der Be- die zu betreuende Person durch eine Per- findlichkeit und dem Grad der Eigenstän- Wenn ein Hausarzt gemeinsam mit ei- son ihres Vertrauens beim circa einstündi- digkeit bei den täglichen Verrichtungen nem Patienten überlegt, ob ein weiteres gen Gespräches unterstützt wird. entsprechen vielfach nicht der gelebten Verbleiben in den eigenen vier Wänden Realität. Die Diskrepanz zwischen Eigen- machbar ist, sollten vorerst folgende Fra- /Fremdwahrnehmung ist oft hoch. Daher gen geklärt werden: Die Bedarfsabklärung waren wir im oben geschilderten Fall sehr • Steht ein eigenes Zimmer für die Be- dankbar, dass diese Fakten aufgrund der treuerin zur Verfügung? Bei der Bedarfsabklärung werden die bisher erbrachten Spitex-Leistungen vor- • Kann die Zeit überbrückt werden, bis oben erwähnten Fragen (welche mit Vor- lagen. Aufgrund der vorgenommenen die Betreuung organisiert ist? Das dau- teil bereits auch mit dem Arzt geklärt Bedarfsabklärung konnten wir den Pati- ert in der Regel etwa 1-2 Wochen, je wurden) besprochen, welche noch ergänzt enten in die Betreuung übernehmen. Die nach den Umständen. werden durch nachstehende Themen: Bedarfsabklärung durch uns erfolgt ein- • Akzeptiert die zu betreuende Person malig und ist kostenlos. Die dabei erhal- einen dauernd anwesenden «fremden» • Tägliche Routine / Tagesverpflichtun- tenen Erkenntnisse dienen der weiteren Menschen in den eigenen vier Wänden? gen Planung und dem zukünftigen Einsatz, • Allgemeinzustand / Lebenssituation? • Grund-/Behandlungspflegebedarf (med. sofern dies dann erwünscht, aber auch re- Bei stark dementen Patienten oder Diagnosen und verordnete Medikamen- alisierbar ist. Senioren/Seniorinnen mit aggressivem te) Verhalten ist eine Betreuung Zuhause • Fremd-/Eigenwahrnehmung Eine rund-um-die-Uhr-Betreuung und nicht möglich. • Soziales Umfeld und Ansprechperson Pflege ist keine 1:1-Betreuung während • Stark suchtkranke Patienten eignen • Administrative Fragen (Sozialversiche- 24 Stunden. Ruhe- und Freizeit, Präsenz- sich oft nicht für eine Betreuung in den rungs-Nummer; Krankenversicherungs- sowie Einsatzzeiten der Betreuungsper- eigenen vier Wänden. Police) son sind gesetzlich geregelt. Diese und • Unterstützungsbedarf / Hilfestellung. • Hygienesituation häusliches Umfeld weitere Fragen in Bezug auf den konkre- Bei einem zu hohen Betreuungsauf- ten Einsatz sind ebenfalls Bestandteil der wand eignet sich unser Betreuungskon- Die Bedarfsabklärung bei dem 89-jäh- Bedarfsanalyse. Der Gesundheitszustand zept nicht. rigen alleinstehenden Mann ergab folgen- der zu betreuenden Person ist veränder- des Bild: Seine Gehbehinderung und seine lich. Einsatz-/Präsenzzeiten müssen gege- Sind die oben genannten Fragen im altersbedingten Gebrechen verunmöglich- benenfalls angepasst werden. Zusätzliche Grundsatz positiv zu beantworten, kön- ten ihm, weiterhin selbstständig mit nur Entlastungsdienste (lokale Spitex-Orga- nen weitere Abklärungen Klarheit schaf- punktueller Unterstützung durch die lo- nisation, Pro Senectute, Schweizerisches fen. Wenn es unsicher ist, ob die Betreu- kale Spitex in seiner Wohnung zu verblei- Rotes Kreuz) sind unsere möglichen Part- ung Zuhause für eine Person möglich ist, ben. Der Allgemeinzustand sowie die all- ner. lohnt sich die Kontaktaufnahme mit uns in gemeine Lebenssituation konnte vor Ort jedem Falle. Wir können aufgrund unserer durch die Pflegedienstleiterin in Augen- Erfahrung gut einschätzen, was machbar schein genommen werden. Der Haushalt Die Kosten ist. Ein erstes Beratungsgespräch mit uns war sauber geführt. Eine Grundreinigung vor Ort ist kostenlos. der Wohnung war hier nicht notwendig. Lassen Sie uns die Kosten anhand eines Vor Jahren wurde die Eigentumswohnung konkreten Beispiels aus der Praxis näher Kürzlich erhielten wir einen Anruf ei- seinen Bedürfnissen entsprechend (roll- betrachten: nes allgemein praktizierenden Arztes. Er stuhlgängig) eingerichtet. Der Unterstüt- wünschte sich eine raschmögliche Klärung zungsbedarf und das Wissen um seine täg- Eine alleinstehende 87-jährige Dame, der Machbarkeit einer sogenannten rund- liche Routine sind wichtige Erkenntnisse wohnhaft in einem Einfamilienhaus war um-die-Uhr-Betreuung und Pflege bei ei- für uns. Beim anschliessenden Gespräch, aufgrund rezidivierender Pneumonien nem seiner Patienten. Tags darauf erfolgte in Anwesenheit seiner Nichte, konnten hospitalisiert. Bis zum Spitaleintritt konn- das Gespräch mit der Pflegedienstleiterin detaillierte Einsichten über sein soziales te sie mit punktueller Hilfe der lokalen der cura-pflege und dem Senior in seiner Umfeld gewonnen werden. Spitex den Alltag zu Hause gestalten. Auf- 14 Luzerner Arzt 117/2019
grund des reduzierten Allgemeinzustan- Seriosität in einem zuneh- lukrativen Angeboten profitieren wollen. des war dies nun nicht mehr möglich. Der mend unseriösen Umfeld Dabei kann mit wenigen Mausklicken die involvierte Sozialdienst hat in Absprache «Spreu vom Weizen» bei Pflege- und Be- mit ihr sowie ihrem Sohn Kontakt mit Im Internet finden Sie Angebote für die treuungs-Organisationen in der Schweiz uns aufgenommen. Eine kostenlose Be- Pflege Zuhause durch Pflegende aus den getrennt werden. darfsanalyse erfolgte zeitnah. Aufgrund Oststaaten unter CHF 3’000.–! Ein super der Erkenntnisse konnte der Spitalaustritt Deal? Bei diesen Angeboten kann es sich Nachstehend finden Sie einige Kriteri- geplant werden und eine nahtlose Betreu- gar nicht um seriöse Anbieter handeln. en: ung zu Hause erfolgen. Das ist zu diesem Preis in der Schweiz aus • Die Organisation ist Krankenkassen rein rechtlichen Gründen schon gar nicht anerkannt Die von cura-pflege GmbH verrechne- möglich. Zumeist fehlt es hier an grund- • Der Firmensitz ist in der Schweiz (www. ten Leistungen für einen Monat betragen legenden Anforderungen. Oft hat ein In- zefix.ch) CHF 8’550.– für die Betreuung durch eine teressent nur einige Fragen übers Internet • Die Institution ist eine Spitex-Organisa- Person im eigenen Haushalt. Dies sind zu beantworten und schon wird eine Be- tion mit Bewilligung der Gesundheits- pro Tag CHF 285.–. Je nach Pflegeauf- treuungsperson aus dem Ausland gestellt. direktion des jeweiligen Kantons wand in der Grundlage nach KLV wird Doch es bleiben schwerwiegende Fragen: • Die Organisation verfügt über die not- eine Rückerstattung durch die Kranken- • Ist eine Verständigung in deutscher wendigen Bewilligungen für den Perso- versicherung von ca. CHF 3’500.– pro Sprache möglich? nalverleih sowie die Personalvermitt- Monat erfolgen. Voraussetzung dafür ist, • Sind die Arbeitsbewilligungen einge- lung (für 24-Std. Dienstleistungen und dass eine ärztliche Anordnung für Spitex- holt? Anbietern von Betreuungsleistung ist Leistungen nach einer Bedarfsabklärung • Werden die Arbeitgeberpflichten nach dies zwingende Grundvoraussetzung; für Spitex-Leistungen vorliegt. Ohne wei- Schweizerischem Recht erfüllt? (e.g. www.arbeit.swiss) tere Zusatzversicherungen bezahlt der Mindestlohn) • Die Ansprechperson sind namentlich Betroffene somit CHF 5’050.– pro Monat. • Ist die abgeordnete Person qualifiziert? bekannt und können kontaktiert wer- Besteht eine Zusatzversicherung, welche • Werden die Sozialversicherungen be- den für hauswirtschaftliche Leistungen auf- zahlt? • Können sämtliche Pflege- und Be- kommt, werden zusätzliche Kosten über- treuungsleistungen von derselben nommen und der Patient finanziert in der Bei der Betreuung alter und pflegebe- Organisation bezogen werden (weni- Regel ca. CHF 4’500.– pro Monat. dürftigen Menschen sind illegale Prakti- ger Koordinationsaufwand, weniger ken gang und gäbe. Das kann strafrechtli- Schnittstellen) che Konsequenzen haben, was sowohl für windige «Gschäftlimacher» gilt wie auch Daniel Kuratli für Personen, die von diesen vermeintlich Inhaber der cura-pflege GmbH BRUSTZENTRUM KLINIK ST. ANNA VON DER DIAGNOSE BIS ZUR NACHSORGE KOMPETENT BETREUT Ob bildgebende oder interventionelle Abklärung der Brust, ob Tumorchirurgie oder medizinische Onkologie, ob plastische Rekonstruktion oder psychoonkologische Betreuung – am BrustZentrum der Hirslanden Klinik St. Anna werden die komplexen Fragestellungen rund um Krankheitsbilder der Brust interdisziplinär besprochen und behandelt. Für optimale Antworten auf individuelle Fragen. www.hirslanden.ch/brustzentrum-stanna KOMPETENZ, DIE VERTRAUEN SCHAFFT. KLINIK ST. ANNA, ST. ANNA-STRASSE 32, 6006 LUZERN Luzerner Arzt 117/2019 15
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