102 Beurteilen von Gefährdungen und Belastung BGHM-Information 102

 
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                            BGHM-Information 102

BGHM-Information 102

Beurteilen von Gefährdungen und Belastung
Anleitungshilfe zur systematischen Vorgehensweise,
sichere Schritte zum Ziel

Oktober 2021


Impressum

Herausgeberin:
Berufsgenossenschaft Holz und Metall

Isaac-Fulda-Allee 18
55124 Mainz

Telefon: 		     06131 802 0
Fax:		          06131 802-20800
Internet:       www.bghm.de

Eine entgeltliche Veräußerung oder eine andere gewerbliche Nutzung bedarf der schriftlichen Einwilligung der BGHM.

Ausgabe: Oktober 2021


Beurteilen von Gefährdungen und Belastung
Anleitungshilfe zur systematischen Vorgehensweise,
sichere Schritte zum Ziel

BGHM-Information 102
Inhaltsverzeichnis

Vorwort.....................................................................................................................................................................7

1      Notwendigkeit von Gefährdungsbeurteilungen .................................................................................................8

2      Ziel und Nutzen einer Gefährdungsbeurteilung..................................................................................................8

3      Verantwortung der Unternehmer für die Durchführung.......................................................................................9

4      Zeitpunkt der Durchführung..............................................................................................................................9

5      Umfang der Gefährdungsbeurteilung...............................................................................................................10

6      Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen..............................................................................................................11

7      Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung....................................................................................................12
       7.1      Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten..................................................................................... 12
       7.2      Ermitteln der Gefährdungen................................................................................................................... 13
       7.3      Beurteilen der Gefährdungen................................................................................................................. 16
       7.4      Setzen von Schutzzielen......................................................................................................................... 18
       7.5      Entwickeln von Maßnahmenalternativen................................................................................................ 18
       7.6      Auswählen einer oder mehrerer Maßnahmen.......................................................................................... 18
       7.7      Durchführen der Maßnahmen................................................................................................................. 19
       7.8      Wirksamkeit ausgewählter Maßnahmen prüfen...................................................................................... 20
       7.9      Dokumentieren...................................................................................................................................... 20
       7.10 Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung............................................................................................. 20

8      In der Praxis....................................................................................................................................................21

9      Literaturverzeichnis........................................................................................................................................26

10     Anhang...........................................................................................................................................................27
       10.1 Anhang 1: Organisations-Check.............................................................................................................. 27
       10.2 Anhang 2: Gefährdungs-Check............................................................................................................... 31
       10.3 Anhang 3: Ausführungen zu psychischen Faktoren................................................................................. 52
       10.4 Anhang 4: Vorlage für Gefährdungsbeurteilungen................................................................................... 61

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Vorwort

Die vorliegende Informationsschrift soll dem Unterneh-      Gefährdungen sind zum Teil sehr unternehmensspezi-
mer und den Verantwortlichen helfen, ihre Aufgaben im       fisch. Die speziellen Gefährdungen können nur im jewei-
Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz zu erfüllen. Die        ligen Unternehmen ermittelt werden. Sie können nicht
Gefährdungsbeurteilung dient in diesem Zusammen-            allgemeingültig und abschließend in einer Informations-
hang als wichtiges Instrumentarium. Dafür ist diese In-     schrift aufgeführt und behandelt werden. Die in dieser
formationsschrift eine Anleitungshilfe.                     Informationsschrift beschriebene Vorgehensweise kann
                                                            in den meisten Unternehmen eingesetzt werden; die ge-
Die Zielgruppen der Informationsschrift sind primär klei-   nannten Gefährdungen sind für eine große Mehrheit der
ne und mittlere Unternehmen. Großunternehmen erhal-         Unternehmen typisch.
ten Anhaltspunkte für ihre Arbeit.
                                                            Sollten im Unternehmen weitergehende Fragen beste-
Die in dieser Informationsschrift beschriebene Vorge-       hen, die intern nicht abschließend bearbeitet werden
hensweise ist rechtlich nicht vorgeschrieben. Die Ge-       können, wird empfohlen, sich an die für das Unterneh-
fährdungsbeurteilung kann auch auf eine andere Art und      men zuständige Aufsichtsperson bei der Berufsgenos-
Weise vorgenommen werden. Die Informationsschrift           senschaft zu wenden.
gibt jedoch eine praxisgerechte Hilfestellung zur Erfül-
lung der gesetzlich vorgeschriebenen Forderungen.

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1        Notwendigkeit von Gefährdungsbeurteilungen

Ein wichtiges Unternehmensziel ist es, wirtschaftlich zu han-      Zusammengefasst bedeutet dies:
deln und zu produzieren. Als gleichberechtigtes Ziel sollte gel-   Jeder Arbeitgeber hat eine Gefährdungsbeurteilung
ten, gute Arbeitsbedingungen für die Sicherheit und den Ge-        durchzuführen.
sundheitsschutz der Beschäftigten zu erreichen. In diesem
Zusammenhang ist das Arbeitsschutzgesetz 1996 verabschie-          Viele weitere Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln usw.
det worden.                                                        nehmen die Forderung nach einer Gefährdungsbeurteilung auf
                                                                   und konkretisieren sie teilweise. Hierzu zählen unter anderem:
Das Arbeitsschutzgesetz ist für alle Arbeitgeber in Deutschland
verpflichtend. Vergleichbare Vorschriften gibt es in allen EU-     – Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Ländern, in denen ebenfalls die europäische Rahmenrichtlinie       – Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
„Arbeitsschutz“ 89/391/EWG umgesetzt wurde. Das Arbeits-           – Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
schutzgesetz fordert (siehe §§ 5 und 3 Arbeitsschutzgesetz         – Biostoffverordnung (BioStoffV)
(ArbSchG)):                                                        – Lärm-Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
                                                                     (LärmVibrationsArbSchV)
1. Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der Arbeitsbe-       – Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV)
   dingungen die Gefährdungen zu ermitteln, die auf die Be-        – Technische Regeln für Betriebssicherheit – Gefährdungs-
   schäftigten einwirken können.                                     beurteilung und sicherheitstechnische Bewertung
2. Darauf aufbauend hat er abzuleiten, welche Maßnahmen              (TRBS 1111).
   des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
3. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maß-       Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Maß-
   nahmen des Arbeitsschutzes zu treffen.                          nahmen des Arbeitsschutzes eine Gefährdungsbeurteilung
4. Er hat die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit           voraussetzen.
   hin zu prüfen.
                                                                   Die Gefährdungsbeurteilung ist die Basis für sämtliches
                                                                   Handeln im Arbeits- und Gesundheitsschutz.

2        Ziel und Nutzen einer Gefährdungsbeurteilung
Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist es, Arbeitsunfälle und           ßige Unterweisung ableiten; sie bildet die Basis für eine
arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten und eine             verantwortungsvolle Unterweisung.
menschengerechte Gestaltung der Arbeit zu gewährleisten.           – Die Kosten als Folge von Unfällen und Erkrankungen kön-
                                                                     nen verringert werden.
Dieses Ziel wird erreicht, wenn bestehende Gefährdungen ge-        – Die Krankheitsrate der Beschäftigten wird reduziert.
zielt und systematisch ermittelt, bewertet und daraus geeigne-     – Der Unternehmer erhält wichtige Aussagen im Rahmen
te Maßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden.                        von Auditierungen.

Der Nutzen einer Gefährdungsbeurteilung:                           Verschiedene internationale Untersuchungen haben sich mit
– Unternehmer kommen ihrer allgemeinen Fürsorgepflicht             der Wirtschaftlichkeit des Arbeitsschutzes beschäftigt. Verein-
  nach.                                                            facht lässt sich sagen:
– Unternehmer erhalten ein weiteres Führungsinstrumenta-
  rium für verantwortungsvolles Handeln.                           Unternehmer, die 1 Euro in die Sicherheit investieren, erhal-
– Es werden wichtige Informationen und Hinweise über not-          ten 2 Euro zurück.
  wendige technische und organisatorische Schutzmaßnah-
  men sowie über den erforderlichen Einsatz persönlicher
  Schutzausrüstung (PSA) festgeschrieben.
– Die Beschäftigten werden bei einer sinnvollen Beteiligung
  motiviert und ihre positive Einstellung zur Arbeitssicher-
  heit und zur Gesundheit wird gefördert.
– Aus der Gefährdungsbeurteilung lassen sich wichtige An-
  haltspunkte für die gesetzlich vorgeschriebene regelmä-

8
3        Verantwortung der Unternehmer für die Durchführung

Der Gesetzgeber hat klar geregelt, wer für die Gefährdungsbe-      Schutzausrüstung (PSA) oder um arbeitsmedizinische Abläufe
urteilung zuständig ist:                                           handelt, ist der Betriebsarzt /die Betriebsärztin Ansprechperson.

Die Unternehmer sind für die Durchführung der Gefährdungs-         Bei sehr spezifischen Fragen können externe Fachleute hinzu-
beurteilung und der folgenden Schritte verantwortlich.             gezogen werden. Dazu zwei Beispiele:
                                                                   1. Sind Fragen zu Hebezeugen zu klären, können Hersteller
Wenn Unternehmer die Gefährdungsbeurteilung nicht selber              von Ketten Informationen geben.
durchführen können, sind sie verpflichtet, sich unterstützen zu    2. Besteht Klärungsbedarf zum Einsatz von Kühlschmierstof-
lassen. Die wichtigste Unterstützung erfolgt durch Vorgesetzte        fen, können Lieferanten von Kühlschmierstoffen helfen.
im Rahmen ihrer Führungsaufgabe, da sie die zu untersuchen-
den Bereiche sehr genau kennen.                                    Wenn Hersteller und Lieferanten ausfallen, besteht immer die
                                                                   Möglichkeit, Fachleute der Berufsgenossenschaften zu Rate
Die Beschäftigten führen die einzelnen Tätigkeiten in ihren ver-   zu ziehen.
schiedenen Facetten regelmäßig aus. Indem sie einbezogen
werden, können ihr großer Erfahrungsschatz genutzt und ihre        Außerdem gehört es zur Aufgabe des Betriebsrates, den Unter-
Motivation gesteigert werden.                                      nehmer in Fragen des Arbeitsschutzes zu unterstützen und die-
                                                                   sen auch aktiv weiterzuentwickeln. Er kennt das Unternehmen,
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist nicht für die Durchfüh-    Arbeits- und Produktionsabläufe und ist deshalb eine wichtige
rung von Gefährdungsbeurteilungen verantwortlich, wie oft ver-     Informationsquelle in Sachen Arbeitssicherheit. Unabhängig
mutet wird. Sie ist durch ihre Beratung vielmehr eine wertvolle    davon hat er nach Betriebsverfassungsgesetz das Recht, hin-
Unterstützung, da sie im Rahmen ihrer Aus- und Fortbildung         zugezogen zu werden.
bei der Berufsgenossenschaft einschlägige Kenntnisse erwor-
ben hat. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit weiß, wo und wie
weitere Informationen erhältlich sind. Dabei geht es u. a. um
gesetzliche Regeln, um bereits ausgearbeitete Informationen         Unternehmer sollten folgende Personen in die
wie Broschüren, aber auch um die richtigen Ansprechperso-           Gefährdungsbeurteilung einbeziehen:
nen. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist bei der Durchfüh-
rung der Gefährdungsbeurteilung unersetzlich.                       –   Vorgesetzte
                                                                    –   betroffene Beschäftigte
Die Berufsgenossenschaft hat aber auch weitere Personen aus-        –   Fachkräfte für Arbeitssicherheit
gebildet. Unternehmer sollten deshalb das Wissen aller Sicher-      –   Sicherheitsbeauftragte
heitsbeauftragten nutzen. Jedes Unternehmen mit mehr als 20         –   Betriebsärzte und Betriebsärztinnen
Versicherten hat mindestens einen Sicherheitsbeauftragten.          –   externe Fachleute
                                                                    –   Fachleute der Unfallversicherungsträger
Wenn es um menschengerechte oder ergonomische Gestal-               –   Betriebsrat
tung der Arbeit geht, wenn es sich um Fragen zur Persönlichen

4        Zeitpunkt der Durchführung
Es stellt sich immer wieder die Frage: „Wann wird eine Gefähr-     Die Gefährdungsbeurteilung ist bei relevanten Veränderun-
dungsbeurteilung durchgeführt?“ Die Anlässe sind vielfältig:       gen im Betrieb fortzuschreiben und entsprechend zu ergänzen
                                                                   z. B. bei Änderungen in den Bereichen:
Bei jeder Neu-Erstellung – zum Beispiel beim Kauf einer An-        – Maschinen und Anlagen
lage – muss eine Erstbeurteilung erfolgen. Diese kann recht        – Arbeitsmittel
umfangreich ausfallen. In diesem Zusammenhang ist es hilf-         – Arbeitsstoffe
reich, auf die Unterlagen des Maschinenherstellers – wie zum       – Arbeitsverfahren
Beispiel die Konformitätserklärung – zurückzugreifen. Aber         – Tätigkeitsablauf
die Konformitätserklärung allein reicht nicht aus, weil die Um-    – Arbeitsorganisation
gebungsbedingungen bei der CE-Vergabe noch nicht bekannt           – Arbeitsumgebung
sind und somit auch nicht berücksichtigt werden. Deshalb wird      – Personalwechsel
empfohlen, mit der Gefährdungsbeurteilung bei großen Inves-
titionen bereits in der Planungsphase zu beginnen.

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Zeitpunkt der Durchführung

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss nach einem Un-            dennoch durchgeführt (und dokumentiert) werden, soweit es
fall oder nach einer Berufskrankheit überprüft werden, ob alle      die Gesetzesänderungen erfordern.
notwendigen Vorgaben des Gesetzgebers, der BG usw. einge-
halten worden sind. Die Gefährdungsbeurteilung kann auch            Ein Anlass für eine Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung be-
ergeben, dass im Unternehmen, aufgrund der Umstände im Be-          steht auch, wenn sich der Stand der Technik weiterentwickelt.
trieb, weitergehende Maßnahmen getroffen werden müssen.             Technischer Fortschritt kann dazu führen, dass bessere Schutz-
Es kann beispielsweise angezeigt sein, dass ein Schutzgitter        maßnahmen möglich sind. Ein neuer Stand der Technik kann
zusätzlich zu installieren ist oder z. B. der Kühlschmierstoff      aber auch zur Folge haben, dass neue Gefahren für Beschäf-
durch einen anderen ersetzt werden sollte, um einen weiteren        tigte entstehen. Technische Neuerungen werden zumeist über
Unfall oder eine erneute Erkrankung zu vermeiden. Das gilt          Fachzeitschriften, das Internet und auf Messen oder Fachta-
auch für sonstige Störfälle im Betrieb.                             gungen veröffentlicht.

Die Gefährdungsbeurteilung ist auch fortzuschreiben und ggf.        Um keinen dieser Anlässe zu verpassen, empfiehlt es sich,
entsprechend zu ergänzen, wenn sich die Gesetzeslage geän-          die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig zu überprüfen und
dert hat. Es kann sein, dass sich aus der Gefährdungsbeurtei-       gegebenenfalls zu wiederholen – bei Maschinen mit höherem
lung keine neuen Maßnahmen ableiten lassen; aber sie muss           Gefährdungspotential in kürzeren Abständen.

5        Umfang der Gefährdungsbeurteilung
Das Arbeitsschutzgesetz gibt an, wie umfangreich eine Gefähr-       ob es sich um die gleichen oder zumindest um vergleichbare
dungsbeurteilung sein muss:                                         Geräte handelt.

Eine Gefährdungsbeurteilung ist für jede ausgeübte Tätigkeit        Drei weitere Beispiele aus der Instandhaltung verdeutlichen
erforderlich.                                                       den Umfang der Gefährdungsbeurteilungen:

Die Betonung liegt auf Tätigkeit. Eine Arbeitsaufgabe gliedert-     In einem fiktiven Unternehmen sind folgende Tätigkeiten not-
sich fast immer in einzelne Tätigkeiten auf.                        wendig:
                                                                    – Auswechseln von Leuchten in Büroräumen in 2,80 m Höhe
Beispiel a):                                                        – kurzzeitige Instandsetzung an einer Presse in 3,20 m Höhe
Die Person an der Gesenkbiegepresse legt einen Blechzu-             – Abschmieren einer Drehmaschine in 2,50 m Höhe
schnitt in die Maschine ein. Zuvor wird sie den Zuschnitt von ei-   – umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an einer Fräsma-
nem Stapel gehoben haben. Es wird zu klären sein, wie schwer           schine in 2,70 m Höhe
der Zuschnitt ist. Anschließend könnte die Person das gekan-        – Instandsetzung an einer Kranbahn in 7,00 m Höhe
tete Teil auf einer Palette ablegen. Es entsteht wahrscheinlich
eine unterschiedliche Gefährdung, wenn sie das erste Teil auf       Für die beschriebenen Fälle reicht es vielleicht aus, wenn ei-
einer Palette in Höhe des Bodens ablegen muss und wenn sie          ne allgemeine Gefährdungsbeurteilung „Arbeiten in Höhe bei
das letzte Teil in einer Höhe von ca. 1,80 m auflegt.               Instandhaltungsarbeiten“ erstellt wird. Es sind hier jedoch
                                                                    u. a. differenzierte Randbedingungen festzuhalten, z. B. wann
Vielleicht holt dieselbe Person die Zuschnitte mit einem Hand-      folgende Hilfsmittel eingesetzt werden:
hubwagen aus einer anderen Abteilung. Dann muss die Tätig-
keit „Transport“ ebenfalls berücksichtigt werden.                   – Leitern
                                                                    – Gerüste
Sind jedoch gleichartige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen         – PSA gegen Absturz
vorhanden, reicht in der Regel die Beurteilung nur einer Tätig-
keit aus. Oft trügen aber solche vermeintlich „gleichartigen“       Andere Voraussetzungen führen bei folgender Arbeitsaufgabe
Situationen: Vergleicht man zwei Bildschirmarbeitsplätze, die       zu einem anderen Ergebnis:
sich in benachbarten Räumen befinden, sind nur einige Be-           – Ein Lüftungsmotor von 40 kg Gewicht wird auf einer La-
dingungen gleich. Stehen die Bildschirme an unterschiedli-             ckierkabine in 3,00 m Höhe ausgewechselt. Das Dach der
chen Positionen im Raum, sind sie auch den Lichtquellen auf            Lackierkabine ist nicht durchtrittsicher.
unterschiedliche Weise zugewandt. Dann stellt sich die Frage,

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Umfang der Gefährdungsbeurteilung

Hier erfolgt in jedem Fall eine spezielle Gefährdungsbeurtei-      Voraussetzungen für zwei „gleichartige“ Tätigkeiten könnten
lung. Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen:              sein:
                                                                   – gleichartiger Tätigkeitsablauf
–   Heben und Tragen bzw. Hilfsmittel (siehe 40 kg)                – gleichartige Randbedingungen bzw. Verhältnisse
–   Gefahrstoffe (siehe Lack)                                      – keine zu hohe Komplexität der Arbeitsaufgabe
–   Absturzsicherung (siehe 3,00 m)                                – gleichartige Gefährdungshöhe
–   Dachbelag bzw. Hilfsmittel (nicht durchtrittsicher)
–   Qualifikation der Beschäftigten (elektrisches Ab- und          Für „gleichartige“ Tätigkeiten müssen alle genannten Voraus-
    Anklemmen des Motors).                                         setzungen vorliegen. Wird nur eine Voraussetzung nicht erfüllt,
                                                                   handelt es sich nicht um „gleichartige“ Tätigkeiten.
Beispiel b):
Folgende Arbeitsaufgabe wird zweimal im Jahr ausgeführt: Es        Spezielle Gefährdungsbeurteilungen sind insbesondere für
ist ein 15 cm dicker und 3 m langer Stab quer durchzubrennen,      Tätigkeiten durchzuführen:
wobei sich an der einen Seite des Stabes eine Scheibe mit ei-      – mit hohem Unfallrisiko
nem Durchmesser von 2 m befindet. Es besteht u. a. die Gefahr,     – mit für Beschäftigte nicht vorhersehbaren Gefährdungen
dass der abgebrannte Stab in das abgeschmolzene und noch           – bei denen verschiedene Gefährdungen zusammenwirken
flüssige Material fällt, dieses hochspritzt und den Mitarbeiter    – bei denen komplexe technische Zusammenhänge vorliegen
von unten an jenen Stellen trifft, die durch das unten offene
Visier zu erreichen sind. Bei einer vergleichbaren Tätigkeit hat   Gefährdungsbeurteilungen sind nicht nur für die „üblichen“
ein Mitarbeiter sein Augenlicht verloren. Außerdem besteht         Betriebszustände durchzuführen. Im Rahmen der Gefähr-
für die Beschäftigten Gefahr durch die umfallende Scheibe.         dungsbeurteilung werden ebenfalls Arbeiten nach typischen
                                                                   Störungen sowie im Rahmen der Instandhaltung analysiert.
Für das gewählte Beispiel reicht eine allgemeine Gefährdungs-      Diese Arbeiten beinhalten ein wesentlich höheres Gefähr-
beurteilung „Abbrennen“ nicht aus. Die beschriebenen Tätig-        dungspotential als Arbeiten bei den üblichen Betriebszustän-
keiten werden zwar nicht so häufig durchgeführt; das mögliche      den. Das höhere Gefährdungspotential ergibt sich deshalb,
Ausmaß der Unfallfolge ist jedoch hoch einzustufen, und die        weil im Rahmen der Instandhaltung mehr tödliche Arbeitsun-
Gefährdungslage ist gegenüber üblichen Brennarbeiten un-           fälle zu verzeichnen sind als im Rahmen des restlichen Her-
gewöhnlich. Hier ist eine spezielle Gefährdungsbeurteilung         stellungsprozesses, obwohl in der Instandhaltung – je nach
durchzuführen.                                                     Unternehmen – nur 2 – 5 %, in Großbetrieben evtl. 10 % der
                                                                   Belegschaft arbeiten.

6        Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen
Sollten Personen ihren Pflichten nicht nachkommen, kann dies       Betroffene können sogar bestraft werden, wenn es zu keinem
rechtliche Folgen haben nach:                                      Schadensereignis gekommen ist. Ein Bußgeld ist auch mög-
– Strafrecht                                                       lich, wenn nur ein fahrlässiger Verstoß gegen eine bußgeldbe-
– Ordnungswidrigkeitsrecht                                         wehrte Vorschrift vorliegt. Ein Bußgeld kann ebenfalls die Folge
– Arbeitsrecht                                                     sein, wenn die Verantwortlichen gegen eine Einzelanordnung
– Zivilrecht                                                       verstoßen. Eine Gefährdungsbeurteilung kann z. B. vom Amt
                                                                   für Arbeitsschutz oder von der Gewerbeaufsicht angeordnet
Nach einem Unfall kommt das Strafrecht zur Anwendung: Bei          werden. Die Geldbuße beträgt bei einem Verstoß gegen eine
einer fahrlässigen Körperverletzung kann der Staatsanwalt ge-      Anordnung bis zu 25.000 €.
gen die verursachende Person ermitteln. Je nach Umständen
rechnet man für die verursachende Person mit einer Freiheits-      Aufgrund einer Pflichtverletzung im Arbeitsschutz besteht nach
strafe von bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe. Kommt es zu      arbeitsrechtlichen Grundsätzen die Möglichkeit, Personen ab-
einer Körperverletzung mit Todesfolge, muss der Staatsanwalt       zumahnen oder zu entlassen.
ermitteln. Die Freiheitsstrafe kann in diesem Fall sogar bis zu
5 Jahre betragen und die Geldstrafe entsprechend höher aus-        Das Zivilrecht eröffnet der Berufsgenossenschaft zum Beispiel
fallen.                                                            bei grober Fahrlässigkeit die Möglichkeit, die Auslagen bei den
                                                                   Betroffenen einzufordern.

                                                                                                                                 11
7        Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung in einzelnen Schritten: Den Un-          Bevor man die Arbeitsbedingungen vor Ort genauer untersucht,
ternehmern bzw. den Verantwortlichen steht mit den „Hand-           sollte man jedoch prüfen, ob Ursachen für Unfälle und Berufs-
lungsschritten Gefährdungsbeurteilung“ ein praktikables und         krankheiten in der betrieblichen Organisation begründet sind.
effektives Werkzeug zur Verfügung, die gesetzlichen Vorgaben
zu erfüllen. Dieser Weg orientiert sich an der „Leitlinie Gefähr-   Nicht angepasste Arbeit, falsche Unterweisung, ungenügende
dungsbeurteilung und Dokumentation“ (siehe [2]), die im Rah-        Aufsicht und fehlende persönliche Schutzausrüstung können
men der „Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie               zu Unfällen und Erkrankungen führen. Das sind augenfällige
– GDA“ von der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz durch fol-         Schwachstellen der betrieblichen Organisation. Es handelt
gende Institutionen erstellt wurde:                                 sich dabei um Managementfehler.
– Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
– Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstech-            Die betriebliche Organisation kann mithilfe eines Organisa-
   nik (LASI)                                                       tions-Checks analysiert werden. Ein geeigneter Organisations-
– Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)                    Check befindet sich in Anhang 1. Passend ist auch der „GDA-
                                                                    ORGAcheck“; mehr hierzu siehe www.gda-orgacheck.de.
Diese Vorgehensweise wird im Weiteren als „Handlungsschrit-
te Gefährdungsbeurteilung“ bezeichnet. Die einzelnen Schritte
im Überblick (siehe auch Bild 7.1):                                 7.1      Festlegen von Arbeitsbereichen und
– Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten                             Tätigkeiten
– Ermitteln der Gefährdungen
– Beurteilen der Gefährdungen                                       Im ersten Abschnitt der „Handlungsschritte Gefährdungsbeur-
– Setzen von Schutzzielen                                           teilung“ ist der Untersuchungsbereich sorgfältig festzulegen,
– Entwickeln von Maßnahmenalternativen                              damit alle Gefährdungen beachtet werden.
– Auswählen einer oder mehrerer Maßnahmen
– Durchführen der Maßnahmen                                         Größere Untersuchungsbereiche bildet ein Organigramm über-
– Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen                          sichtlich ab. Vielleicht dienen auch Arbeitsplatz- oder Maschi-
– Dokumentieren                                                     nen-Nummern mit den dazugehörigen Arbeitsbereichen der
– Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung                          Übersicht. Die einzelnen Arbeitsbereiche sind so weit zu analy-
                                                                    sieren, dass alle Tätigkeiten gelistet sind. Mehr zu dem Thema
                                                                    „Tätigkeit“ finden Sie in Kapitel 5.

                                          Dokumentieren             Festlegen von
                                                                    Arbeitsbereichen
                                                          Fort‑     und Tätigkeiten
                       Überprüfen                         schrei‑                            Ermitteln
                     der Wirksamkeit                      ben                                   der
                     der Maßnahmen                                                         Gefährdungen

                 Durchführen
                                                 Handlungs-                                      Beurteilen
                     der
                 Maßnahmen                        schritte                                           der
                                                                                                Gefährdungen

                               Auswählen                                           Setzen
                                  einer                   Entwickeln                 von
                              oder mehrerer                  von                 Schutzzielen
                               Maßnahmen                 Maßnahmen-
                                                         alternativen
Bild 7.1 Handlungsschritte
Gefährdungsbeurteilung [7]

12
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

Bei der Festlegung einer Tätigkeit reicht es jedoch nicht aus,     Das Unternehmen muss für jede Tätigkeit die existierenden
beispielsweise nur „Schweißen“ anzugeben, wenn im Unter-           Gefährdungen notieren. Insgesamt unterscheidet man 11 Ge-
suchungsbereich verschiedene Schweißarten vorkommen. Die           fährdungsgruppen, definiert von der Nationalen Arbeitsschutz-
Tätigkeit wäre ausreichend definiert, wenn man sie als „WIG-       konferenz (siehe [2]):
Schweißen“, „MIG-/MAG-Schweißen“ oder „Gasschweißen“
angibt. Das zu verschweißende Material muss ebenfalls be-          –   mechanische Arbeitsstoffe
rücksichtigt werden. Bei jeder dieser Schweißarten gibt es un-     –   elektrische Gefährdungen
terschiedliche Gefährdungen.                                       –   Gefahrstoffe
                                                                   –   biologische Gefährdung
In vielen Fällen wird diese Art der Tätigkeitsfestlegung aus-      –   Brand- und Explosionsgefährdungen
reichen. In Bereichen ohne feste Arbeitsplätze, z. B. in der In-   –   thermische Gefährdungen
standhaltung, ist diese Art der Betrachtung nicht optimal. Hier    –   Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen
sollte analysiert werden, welche Tätigkeiten die einzelnen Be-     –   Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen
rufsgruppen ausführen, unabhängig davon, wo diese im Be-           –   physische Belastung / Arbeitsschwere
trieb vorkommen.                                                   –   psychische Faktoren
                                                                   –   sonstige Gefährdungen
Die Tätigkeiten sind auch danach zu unterscheiden, welche
Personengruppen sie ausführen. Folgende Personengruppen            Aufgrund der Bedeutung psychischer Faktoren befinden sich
sind ggf. gesondert zu betrachten:                                 in Anhang 3 dieser Informationsschrift weitere Ausführungen.

– Jugendliche und Arbeitsplatz-Neulinge, die nicht so viel         Jede der einzelnen Gefährdungsgruppen lässt sich noch stärker
  Erfahrung haben                                                  differenzieren, wie Bild 7.2 (Seite 14 und 15) zeigt (Basis [2]).
– Frauen, die z. B. weniger heben und tragen dürfen als
  Männer oder für die andere Gefahrstoffgrenzwerte gelten          Der Anwender muss alle Gefährdungen zusammenstellen, die
– werdende und stillende Mütter                                    im Unternehmen vorkommen. Um die Arbeit zu erleichtern,
– leistungsgeminderte Menschen, ggf. auch ältere Arbeit-           werden in Anhang 2 Gefährdungen für typische Tätigkeiten –
  nehmer / Arbeitnehmerinnen                                       insbesondere für den Metallbereich – aufgeführt. Verwenden
– Beschäftigte ohne ausreichende Deutschkenntnisse                 Sie den Gefährdungs-Check!
– Leiharbeitpersonal
                                                                   Gefährdungen können nicht allgemeingültig und abschließend
                                                                   in einer Informationsschrift aufgeführt und behandelt werden.
7.2      Ermitteln der Gefährdungen                                Gefährdungen sind zum Teil sehr unternehmensspezifisch.
                                                                   Die speziellen Gefährdungen können nur im jeweiligen Un-
Jede Tätigkeit muss im zweiten Abschnitt der Handlungsschrit-      ternehmen ermittelt werden. Die in dieser Informationsschrift
te auf mögliche Gefährdungen untersucht werden.                    genannten Gefährdungen sind jedoch für eine große Mehrheit
                                                                   der Unternehmen typisch.
Eine Gefährdung ist die Möglichkeit des Eintritts eines Scha-
dens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne be-
stimmte Aussage über Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlich-
keit (siehe [2]).

                                                                                                                                  13
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

Bild 7.2: Gefährdungsgruppen mit Unterteilung

                                                1.1 ungeschützt          1.2 Teile mit gefährli-   1.3 bewegte Trans-
          mechanische                           bewegte Maschinen-       chen Oberflächen          portmittel, bewegte
     1    Gefährdungen                          teile                                              Arbeitsmittel

                                                2.1 elektrischer         2.2 Lichtbögen            2.3 elektrostatische
          elektrische                           Schlag                                             Aufladungen
     2    Gefährdungen

                                                3.1 Hautkontakt mit      3.2 Einatmen von          3.3 Verschlucken von
                                                Gefahrstoffen            Gefahrstoffen             Gefahrstoffen
     3    Gefahrstoffe

                                                4.1 Infektionsgefähr-    4.2 sensibilisierende
          biologische                           dung durch pathoge-      und toxische Wirkun-
     4    Arbeitsstoffe                         ne Mikroorganismen       gen von Mikroorga-
                                                                         nismen

                                                5.1 brennbare Fest-      5.2 explosionsfähige      5.3 Explosivstoffe
          Brand- und                            stoffe, Flüssigkeiten,   Atmosphäre
     5    Explosionsgefährdungen                Gase

                                                6.1 heiße Medien /       6.2 kalte Medien /
          thermische                            Oberflächen              Oberflächen
     6    Gefährdungen

                                                7.1 Lärm                 7.2 Ultraschall ,         7.3 Ganzkörper-
          Gefährdungen durch spezielle                                   Infraschall               vibrationen
     7    physikalische Einwirkungen

                                                8.1 Klima                8.2 Beleuchtung,          8.3 Ersticken,
          Gefährdungen durch                    (z. B. Hitze, Kälte)     Licht                     Ertrinken
     8    Arbeitsumgebungsbedingungen

                                                9.1 schwere              9.2 einseitige dyna-      9.3 Haltungsarbeit
          physische                             dynamische Arbeit        mische Arbeit, Kör-       (Zwangshaltung)
     9    Belastung / Arbeitsschwere                                     perbewegung               Haltearbeit

                                                10.1 ungenügend          10.2 ungenügend           10.2 ungenügend
          psychische                            gestaltete Arbeits-      gestaltete Arbeitsor-     gestaltete soziale
     10   Faktoren                              aufgabe                  ganisation                Bedingungen

                                                11.1 durch Menschen      11.2 durch Tiere          11.3 durch Pflanzen
          sonstige                                                                                 und pflanzliche
     11   Gefährdungen                                                                             Produkte

14
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

1.4 unkontrolliert       1.5 Sturz, Ausrut-      1.6 Absturz
bewegte Teile            schen, Stolpern,
                         Umknicken

3.4 physikalisch-
chemische Gefähr-
dungen

7.4 Hand-Arm-            7.5 optische Strah-     7.6 ionisierende         7.7 elektromagneti-    7.8 Unter- oder Über-
Vibrationen              lung (z. B. UV-, IR-,   Strahlung (z. B. Rönt-   sche Felder            druck
                         Laserstrahlung)         gen-,Gamma-,
                                                 Teilchenstrahlung)

9.4 Kombination aus
statischer und dyna-
mischer Arbeit

10.4 ungenügend ge-
staltete Arbeitsplatz-
und Arbeitsumge-
bungsbedingungen

                                                                                                                                      15
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

                  7.3            Beurteilen der Gefährdungen                          Ein Risiko lässt sich jedoch auch weitgehend quantifizieren.
                                                                                      Das Risiko ist abhängig von der „Schwere des möglichen Scha-
                  Nachdem in Kapitel 7.2 die Gefährdungen mit Hilfe der Defi-         dens“ sowie von der „Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines
                  nition von [2] ermittelt wurden, müssen diese Gefährdungen          Körperschadens“. Die „Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines
                  beurteilt werden. Die Beurteilung der Gefährdungen erfolgt          Körperschadens“ hängt wiederum von der „Wahrscheinlichkeit
                  über das Kriterium des vorhandenen Risikos: Ein hohes Risi-         des Eintritts eines Gefährdungsereignisses“ (auch ohne Per-
                  ko bedeutet Gefahr, aber ein niedriges Risiko wird oft mit Si-      sonenschaden) ab, von der „Häufigkeit und Dauer der Gefähr-
                  cherheit gleichgesetzt. Dabei sind hoch und niedrig relativ.        dungsexposition“ sowie von der „Wirksamkeit der Begrenzung
                  Sie müssen bewertet werden. Als Bewertungsgrundlage kann            eines Körperschadens“ (siehe Bild 7.4).
                  man das „höchste akzeptable Risiko“ heranziehen (Bild 7.3).
                                                                                      Unter Körperschäden werden nicht nur Verletzungen nach ei-
                  Das „höchste akzeptable Risiko“ legen die Unternehmer un-           nem Unfall, wie ein gebrochener Arm, oder Berufskrankheiten
                  ter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben fest, unterstützt von       verstanden, sondern auch Gesundheitsgefahren aufgrund von
                  einer Personengruppe, die – wie in Kapitel 3 beschrieben – im       psychischer Belastung.
                  Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung hinzugezogen werden
                  kann. Die Unternehmer stellen damit sicher, dass möglichst
                  alle relevanten Einschätzungen berücksichtigt werden. Da             Risiko    abhängig von
                  die Verantwortung beim Unternehmer / bei der Unternehme-             				  Schwere des                      Wahrscheinlichkeit
                  rin liegt, muss er / sie, z. B. im Fall eines Gerichtsverfahrens,    						möglichen Schadens             		Eintritt Personenschaden
                  erklären können, wie er / sie das „höchste akzeptable Risiko“
                  definiert hat.                                                              erweitert
                                                                                       Risiko    abhängig von
                  In vielen Fällen können zur Bewertung Vorgaben aus Gesetzen,
                  Verordnungen und Technischen Regelwerken herangezogen                				  Schwere des                      Wahrscheinlichkeit
                                                                                       						möglichen Schadens             		Eintritt Gefährdungsereignis
                  werden, z. B. Expositionsgrenzwerte für Vibrationen aus der
                                                                                                                            		(auch ohne Personenschaden)
                  LärmVibrationsArbSchV oder Arbeitsplatzgrenzwerte für Ge-
                  fahrstoffe in der TRGS 900.
                                                                                                                              Häufigkeit und Dauer
                                                                                                                            		Gefährdungsexposition
                  Dabei wurde das mit den entsprechenden Gefährdungen durch
                  Expositionen verbundene Gesundheitsrisiko gemäß dem Stand
                                                                                                                              Mögliche Begrenzung
                  der wissenschaftlichen Erkenntnisse bewertet und im Vor-
                                                                                                                            		Personenschaden
                  schriften- und Regelwerk festgelegt. Die Unternehmerin / der
                  Unternehmer muss (Gesetz oder Verordnung) oder kann (staat-
                                                                                      Bild 7.4: Elemente zur Risikobestimmung [7]
                  liche Technische Regeln mit Vermutungswirkung) dieses Re-
                  gelwerk direkt übernehmen (Grenzwert eingehalten ja / nein).
                  Wählt der Unternehmer / die Unternehmerin andere Maßnah-            Auf die Einzelbegriffe wird im Weiteren noch einmal eingegan-
                  men als in staatlichen Technischen Regeln vorgesehen, muss          gen. Das zu beurteilende Risiko ist höher, wenn die „Wahr-
                  er / sie dasselbe Schutzniveau nachweisen.                          scheinlichkeit des Eintritts eines Gefährdungsereignisses“
Risiko                                                                                hoch ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte von ei-
                       Sicherheit                              Gefahr                 nem Teil getroffen und verletzt werden, ist höher, je häufiger
                                                                                      z. B. ein Teil ungeschützt aus einem Arbeitsraum herausfliegt.
                   Risiko niedriger                         Risiko höher              Ein anderes Beispiel aus dem Bereich psychische Belastung
                     als höchstes                           als höchstes              wäre, wenn an vielen Maschinen die Bedienelemente unklar
                  akzeptables Risiko                     akzeptables Risiko           beschriftet wären.

                                             höchstes                                 Zusätzlich ist das Risiko für Beschäftigte höher, je häufiger
                                         akzeptables Risiko                           oder länger sie sich im Gefahrenbereich aufhalten – bezie-
                                                                                      hungsweise, je häufiger die Beschäftigten an den oben ge-
                                                                                      nannten Maschinen mit schlecht gekennzeichneten Bedien­

                                 R IS IK O
                       niedrig

                                                                         hoch

                                                                                      elementen arbeiten müssen.

Quelle: Hartung 2016
                                                                                      Die verschiedenen Beschäftigten können das Risiko unter-
032 INSTO 05 PPS 0001                                                  ID 035076
                                                                                      schiedlich beeinflussen: Ausgebildete Fachleute haben durch
                  Bild 7.3: Risiko [7]
                                                                                      ihre Erfahrung die Möglichkeit, das Risiko zu begrenzen. Set-
                                                                                      zen Unternehmer beispielsweise ungelernte Beschäftigte ein,
                  16
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

sind ihnen die Gefahren nicht geläufig, und damit steigt das               Das Verfahren lässt sich verfeinern, wenn man innerhalb der
Risiko. Unternehmer sind dann gefordert, das Risiko weiter zu              Risikogruppe eine Unterdifferenzierung vornimmt, z. B. durch
reduzieren.                                                                eine Punktwertung von 1 bis 8.

Jede Gefährdung einer Person lässt sich mit Hilfe dieser Definiti-         Im Rahmen dieser Methode lassen sich auch psychische Be-
on beurteilen. Bei wichtigen Fragestellungen sollte so detailliert         lastungsfaktoren berücksichtigen. Mehr zu psychischen Belas-
wie beschrieben vorgegangen werden.                                        tungsfaktoren siehe auch Anhang 3 (Abschnitt 10.3).

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Ermittlung des Risikos,             Wenn es Vorgaben durch den Gesetzgeber gibt oder bewährte
die effizienter und praxisgerechter sind.                                  Beurteilungshilfen vorliegen, müssen die Gefährdungsmatrix
                                                                           oder andere Methoden zur Bestimmung des Risikos nicht an-
Es hat sich in vielen Unternehmen bewährt, das Risiko mit Hilfe            gewandt werden. Hier hat es der Unternehmer im Rahmen der
einer Matrix zu bestimmen. In Bild 7.5 ist ein Beispiel für eine           Bestimmung des Risikos wesentlich leichter. Es wird zum Teil
solche Gefährdungsmatrix abgebildet.                                       explizit vorgegeben, wann ein geringes Risiko, wann ein mitt-
                                                                           leres Risiko und wann ein hohes Risiko vorliegt. Desweiteren
Bei dieser Vorgehensweise schätzen Vorgesetzte oder die                    werden einige Möglichkeiten kurz vorgestellt:
Gruppe das mögliche Schadensausmaß einer Gefährdung
ein, z. B.: leichter, bleibender Schaden. Unter Schäden wer-               Muss ein Unternehmer beurteilen, wie hoch das Risiko durch
den nicht nur körperliche Schäden verstanden, sondern auch                 Lärm für die Beschäftigten ist, braucht er nur die Lärm- und
Schäden aufgrund von psychischer Belastung. Darüber hin-                   Vibrations-Arbeitsschutzverordnung [9] heranzuziehen. Hier
aus muss die „Wahrscheinlichkeit eines Personenschadens“                   werden unter anderem für den Tages-Lärmexpositionspegel
eingeschätzt werden, z. B.: Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist            ein so genannter unterer Auslösewert (80 dB(A)) und ein obe-
selten. In der Matrix lässt sich dann die Risikoeinschätzung ab-           rer Auslösewert (85 dB(A)) aufgeführt. Unterhalb des unteren
lesen. Das Risiko wird bei dieser Vorgehensweise in vier Grup-             Auslösewerts ist das Risiko gering. Oberhalb des oberen Aus-
pen unterteilt, ausgedrückt durch die Farben Blau, Gelb, Rot               lösewerts ist das Risiko hoch. Der Unternehmer / die Unterneh-
und Dunkelrot. Im genannten Beispiel ergibt sich ein „mittle-              merin kann der Verordnung entnehmen, welche Maßnahmen
res Risiko 2“.                                                             bei welchem Risiko notwendig oder angebracht sind; mehr zur
                                                                           Ermittlung der Maßnahmen in Kapitel 7.5.
Eine Anmerkung zu diesem Verfahren: Das Risiko 1, das hier
hellblau markiert ist, bedeutet nicht, dass keine Maßnahmen                Die im vorherigen Absatz genannte Verordnung ist ebenfalls
notwendig sind. Es mag sein, dass die Maßnahmen für die Ri-                heranzuziehen, wenn der Unternehmer / die Unternehmerin
siken 4, 3 und 2 zuerst realisiert werden. Die Maßnahmen für               das Risiko von Hand-Arm-Vibrationen, z. B. von Schleifmaschi-
das Risiko 1 dürfen jedoch nicht vergessen werden – es gilt für            nen, bestimmen muss. Hier gibt es eine obere zu beachtende
alle Maßnahmen das Minimierungsgebot.                                      Schwelle (5 m / s2), Expositionsgrenzwert genannt, und eine un-
                                                                           tere zu beachtende Schwelle (2,5 m / s2), Auslösewert genannt.
                                                                           Durch die beiden Schwellen ergeben sich wieder drei Risikobe-

 WP                                                                  Schadensausmaß (physisch / psychisch)
 Wahrscheinlichkeit
                                           ohne                    mit             leichter            schwerer          katastrophal
 Personenschaden
                                       Arbeitsausfall         Arbeitsausfall      bleibender          bleibender           inkl. Tod
                                                                                   Schaden             Schaden
                                              I                      II               III                  IV                  V

 häufig                         A             1                      2                 3                  4                    4

 gelegentlich                   B             1                      2                 3                  3                    4

 selten                         C             1                      2                 2                  3                    4

 unwahrscheinlich               D             1                      2                 2                  2                    4

 praktisch unmöglich            E             1                      1                 1                  2                    4

Bild 7.5: Beispiel für eine Gefährdungsmatrix [7] (verändert nach [8])

                                                                                                                                         17
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

reiche. In der zur Verordnung gehörenden Technischen Regel        Ziele könnten zum Beispiel sein:
(www.baua.de / trlv) werden die drei Risikobereiche auch roter    – Verhinderung der Kontaktmöglichkeit zwischen Bohrspin-
Bereich, gelber Bereich und grüner Bereich genannt.                  deln und Arbeitskleidung, während die Maschine läuft
                                                                  – Verhinderung des Einklemmens von Fingern
Für die Beurteilung krebserzeugender Gefahrstoffe definiert die   – Verhinderung ständiger Bückbewegungen
TRGS 910 [6] Bereiche hohen, mittleren und niedrigen Risikos,     – Verhinderung von Gefährdungen durch Transportarbeiten
die durch Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen voneinan-           während des Bedienens der Maschine
der abgegrenzt werden. Auch unterhalb der Akzeptanzkonzen-
tration (Bereich niedrigen Risikos) ist im Rahmen der Verhält-
nismäßigkeit das Minimierungsgebot zu beachten                    7.5     Entwickeln von Maßnahmenalternativen

Für bestimmte Gefährdungen bieten sich spezielle zum Teil         Im nächsten Abschnitt der „Handlungsschritte Gefährdungs-
standardisierte Beurteilungshilfen an. Beim Heben, Halten         beurteilung“ gilt es, mögliche Maßnahmen – das heißt Maß-
und Tragen von Lasten kann beispielsweise die Leitmerkmal-        nahmenalternativen – zu benennen, mit denen man das an-
Methode (LMM) eingesetzt werden (siehe [4]). Bei dieser Me-       gestrebte Ziel erreichen kann.
thode werden die objektiv vorhandenen Arbeitsbelastungen          Um die Alternativen zu finden, können verschiedene Kreati-
bezüglich der folgenden vier Leitmerkmale erfasst:                vitätstechniken eingesetzt werden. Diese Techniken liefern
– Zeitdauer / Häufigkeit                                          rasch viele neue Grundideen. Gruppen fördern eine gewünsch-
– Lastgewicht                                                     te Kreativität, Gruppen führen zu gegenseitiger Inspiration.
– Körperhaltung                                                   Typische Kreativitätskiller wie Zeitdruck, schlechte Rahmen-
– Ausführungsbedingungen                                          bedingungen, Erwartungsdenken, Rückversicherungsdenken,
                                                                  Belohnung, Konkurrenzdruck, Sprunghaftigkeit sollten jedoch
Anschließend wird für jedes Leitmerkmal ein Punktwert ver-        vermieden werden.
geben. Diese Werte werden dann miteinander verrechnet. Je
nach Gesamtpunktwert ergibt sich einer von mehreren Risi-         Zu den Kreativitätstechniken gehören (siehe [7]):
kobereichen.                                                      – Brainstorming
                                                                  – Methode 635 / Brainwriting
Weitere Verfahren haben sich im praktischen Einsatz bewährt.      – Brainwalking
Ihre zuständige Aufsichtsperson berät Sie bei betrieblichen       – Collective-Notebook
Fragestellungen zu geeigneten Verfahren der Gefährdungsbe-        – Mind Mapping
urteilung.                                                        – Kartentechnik / Metaplan-Technik
                                                                  – mentale Provokation
                                                                  – morphologischer Kasten
7.4      Setzen von Schutzzielen                                  – Delphi-Methode; (d. h. Nutzung des Fachwissens von
                                                                     Fachleuten aus dem Betrieb und der Unfallversicherungs-
In der Praxis ist immer wieder zu sehen, dass Unternehmen            träger).
zunächst die vorhandenen Gefährdungen genau ermitteln und
beurteilen. Danach wird jedoch ad hoc eine Maßnahme, z. B.        Mehr zu den einzelnen Techniken siehe Internet.
die Einzäunung der Gefahrenquelle, festgelegt und umgesetzt.
Diese rein intuitive Vorgehensweise hat zwar den Erfolg, dass
das Problem schnellstmöglich aus dem Sinn kommt, häufig ist       7.6     Auswählen einer oder mehrerer
die getroffene Maßnahme aber nur bedingt zielführend.                     Maßnahmen
Daher gilt:                                                       Aus dem Ergebnis des vorherigen Abschnitts der „Handlungs-
Es ist ein klares Schutzziel festzulegen!                         schritte Gefährdungsbeurteilung“ gehen häufig viele Maßnah-
                                                                  men hervor. Aus dieser Vielzahl wird eine Maßnahme oder
Ohne ein klares Schutzziel ist kein ergebnisorientiertes Ar-      ein „Maßnahmen-Paket“ ausgewählt, um das Schutzziel zu
beiten möglich. Ohne ein klares Schutzziel wird kein Best-        erreichen. Diese Auswahl erfolgt über zum Beispiel folgende
wert erzielt. Nur mit einem klaren Schutzziel ist ein optimales   Kriterien:
Preis-Leistungs-Verhältnis erreichbar. Um diese Probleme zu       – Praktikabilität
vermeiden, wird zuerst ein Schutzziel gesetzt, danach seine       – Wirksamkeit
Umsetzung geplant.                                                – Akzeptanz
                                                                  – Platzbedarf
                                                                  – betriebliche Gegebenheiten

18
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

                                                                                    Bild 7.6: Maßnahmenhierarchie – Rangfolge [7]

–   Anschaffungskosten                                            spielsweise darf eine Atemschutzmaske nur eingesetzt wer-
–   laufende Kosten                                               den, wenn ein Gefahrstoff (z. B. gefährliches Reinigungsmit-
–   Vermeiden neuer Gefährdungen                                  tel) nicht substituiert werden kann und eine Absaugung nicht
–   Erfüllungsgrad der Vorschriften                               möglich ist.

Bei der Auswahl einer oder mehrerer Maßnahmen ist jedoch          Verhaltensbezogene Maßnahmen sind der letzte Weg, wenn
eine, in der Sicherheitstechnik vorgeschriebene, Maßnahmen-       die anderen Maßnahmen nicht möglich oder nicht ausreichend
hierarchie zu berücksichtigen (Bild 7.6). Im ersten Schritt ist   wirksam sind. Ein Hinweisschild auf eine Gefahr hilft nur sehr
zu prüfen, ob eine Gefährdung beseitigt oder auf ein unschäd-     bedingt gegen einen Unfall. Zum Teil kommen verhaltensbe-
liches Maß reduziert werden kann. Diese Maßnahmen wären           zogene Maßnahmen nur als Ergänzung zu anderen Maßnah-
jene mit der höchsten Wirksamkeit.                                men in Frage.

Ist diese Vorgehensweise nicht möglich, können sicherheits-       Verhaltensbezogene Maßnahmen können jedoch flankierend
technische Maßnahmen zum Einsatz kommen. Auch zwischen            zu den anderen Maßnahmen eingesetzt werden. Sie können
den verschiedenen sicherheitstechnischen Maßnahmen gibt           zum Beispiel unterstützen, dass die Beschäftigten eine Per-
es eine festgelegte Rangfolge der Wirksamkeit:                    sönliche Schutzausrüstung korrekt tragen.
a) Eine Verkleidung ist wirksamer als eine Umzäunung (z. B. mit
zwei Stäben, die leicht überwunden werden können).
b) Ein Not-Halt-Schalter ist nicht so wirksam wie eine Zwei-      7.7      Durchführen der Maßnahmen
Hand-Schaltung.
                                                                  Bei der Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen innerhalb ei-
In der Praxis kommen die sicherheitstechnischen Maßnah-           nes Unternehmens verhält es sich wie bei anderen Investiti-
men am häufigsten vor. Ist eine solche nicht möglich, können      onsvorhaben auch: Man bildet ein Umsetzungsmanagement
organisatorische Maßnahmen zum Einsatz kommen: Es muss            und legt fest, wer für die Durchführung verantwortlich ist. Es
in einer Halle ein sehr großes Werkstück lackiert werden; die     empfiehlt sich, einen Termin zu vereinbaren, an dem die Durch-
Kundschaft gibt die Art der Farbe vor; das Werkstück passt        führung abgeschlossen sein soll. Während umfangreicherer
nicht in die vorhandene Lackierkabine; in der Halle arbeitet      Projekte berichten die Verantwortlichen, ob der Terminplan
eine große Zahl von Beschäftigten. In diesem Fall kann keine      eingehalten werden kann.
geeignete sicherheitstechnische Maßnahme getroffen werden.
Es ist jedoch möglich, dass die notwendigen Arbeiten vom La-
ckierpersonal nach Schichtende (mit PSA) ausgeführt werden.
Während dieser organisatorischen Maßnahme wird ein großer         7.8      Wirksamkeit ausgewählter Maßnahmen
Teil der Beschäftigten nicht gefährdet.                                    prüfen
Deutlich weniger Wirksamkeit haben persönliche Schutz-            Im achten Abschnitt der „Handlungsschritte Gefährdungsbe-
ausrüstungen. Persönliche Schutzausrüstungen dürfen nur           urteilung“ muss geprüft werden, ob die getroffenen Maßnah-
eingesetzt werden, wenn die bisher genannten Maßnahmen            men ausreichend sind. Wenn der Unternehmer nicht weiß, ob
nicht möglich, nicht ausreichend oder nicht sinnvoll sind. Bei-   die von ihm getroffenen Maßnahmen wirksam sind, könnte es

                                                                                                                                    19
Handlungsschritte Gefährdungsbeurteilung

sein, dass die bisherigen Anstrengungen ihren Sinn verfehlen.         geführt wurden und welche Maßnahmen diesbezüglich
Das gesetzte Ziel wäre nicht erreicht.                                festgelegt und realisiert worden sind.
                                                                    – Sie hilft dem Unternehmer bzw. den Verantwortlichen zu
Sind die Maßnahmen nicht wirksam, sollten die Handlungs-              kontrollieren, ob die getroffenen Maßnahmen wirksam
schritte ab Abschnitt 5 oder 6 wiederholt werden.                     sind.
                                                                    – Der Unternehmer kann nachweisen, dass er den gesetzli-
Auch aus rechtlicher Sicht ist dieser Schritt von Bedeutung.          chen Vorschriften nachgekommen ist, wenn zum Beispiel
Denn vor Gericht wird man der Frage nachgehen, ob Unterneh-           die Gewerbeaufsicht danach fragt.
mer oder Verantwortliche alle Möglichkeiten ausgeschöpft ha-        – Wenn Unternehmer oder Verantwortliche nach einem Un-
ben. Dies wäre nicht der Fall, wenn die getroffenen Maßnah-           fall oder einer Erkrankung vor Gericht stehen, können sie
men nicht ausreichend waren.                                          belegen, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergriffen
                                                                      haben, um die Gefahr, die zu Unfall oder Erkrankung ge-
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen:                                 führt hat, so gering wie möglich zu halten.
Es geht um die Sicherheit beim „MIG-/MAG-Schweißen“. Hier
besteht die Hauptgefahr im Einatmen von gefährlichen Stäu-          Das Arbeitsschutzgesetz und die DGUV Vorschrift 2 verlangen
ben und Gasen, vor denen Schweißer geschützt werden müs-            die Dokumentation. Die Art und Weise der Dokumentation sind
sen. Eine Substitution der Tätigkeit „Schweißen“ ist nicht mög-     nicht festgelegt. Der Unternehmer kann bestimmen, wie die
lich; es soll abgesaugt werden. Um die Gefahrstoffe an der Ent-     Dokumentation zweckmäßigerweise für sein Unternehmen
stehungsstelle absaugen zu können, wird ein Saugrüssel an           aussehen soll.
einem Schwenkarm installiert. Es müssen zum Teil sehr große
Gestelle geschweißt werden. Während ein Unternehmer die             Folgendes sollte aus der Dokumentation hervorgehen:
Wirksamkeit der Maßnahmen prüft, stellt er fest, dass Beschäf-      • Gefährdungen, die bei der betroffenen Tätigkeit vorliegen
tigte den Saugrüssel zwischen den einzelnen Schweißungen            • die Beurteilung der Gefährdungen
nicht nachziehen. Auch eine Nachschulung der Beschäftigten          • die getroffenen Maßnahmen, die das Gefährdungsrisiko
bringt keine Verbesserung, das gesetzte Ziel wird nicht erreicht,      verringern und vermeiden
die getroffenen Maßnahmen sind nicht wirksam. Die Beschäf-          • Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen kontrollieren,
tigten sind verpflichtet, den Rüssel zwischen den einzelnen            weiterführende Maßnahmen treffen, um das Schutzziel zu
Schweißungen nachzuziehen. Kommt ein Beschäftigter die-                erreichen
ser Verpflichtung nicht nach, muss der Arbeitgeber mit aller
Konsequenz für die Einhaltung sorgen. Im Zweifel würde ein          Die Dokumentation muss schriftlich erfolgen. Dies basiert auf
Gericht fragen, ob auch die letztmöglichen Konsequenzen ein-        den Ausführungen in § 6 Arbeitsschutzgesetz [1]. Eine Möglich-
geleitet wurden.                                                    keit der Dokumentation wird in Kapitel 8 vorgestellt.

Die Beschäftigten unterschreiben zu lassen, dass sie geschult
und informiert worden sind, reicht in diesem Fall ebenso wenig      7.10 Fortschreiben der Gefährdungs-
aus, wie die Unterschrift von Beschäftigten, in Zukunft eigen-           beurteilung
verantwortlich zu arbeiten. Wenn der Unternehmer die letzte
Konsequenz nicht einleiten möchte, kann er dieses dadurch           Wie im Kapitel 4 dieser Informationsschrift beschrieben, gibt
lösen, dass er eine wirksamere Methode ermittelt und umsetzt.       es Anlässe, eine Gefährdungsbeurteilung fortzuschreiben.
                                                                    Wird eine Gefährdungsbeurteilung erneut durchgeführt, muss
Die Durchführung der Wirksamkeitsprüfung ist ein elemen-            überlegt werden, ob diese exakt wie beim vorherigen Mal ab-
tarer Bestandteil der „Handlungsschritte Gefährdungsbeur-           laufen oder der Ablauf weiterentwickelt bzw. fortgeschrieben
teilung“                                                            werden soll.

7.9      Dokumentieren

Die Durchführung, die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu
dokumentieren, bietet folgende Vorteile:
– Die Dokumentation bietet eine Übersicht, für welche Tätig-
   keiten in welchem Jahr Gefährdungsbeurteilungen durch-

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