2020 EINKOMMENSRUNDE Sonderausgabe - dbb beamtenbund und tarifunion
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EINKOMMENSRUNDE
2020
Das Magazin zur Einkommensrunde
mit Bund und Kommunen
Sonderausgabe
August 2020
Inhalt Editorial
Liebe Kolleginnen,
Editorial 2 liebe Kollegen!
xxx
Systemrelevanz 3 Kürzlich sprach ich mit
einem Journalisten über
Forderung 4 die anstehende Einkom-
mensrunde mit Bund
und Kommunen. Natür-
Rahmendaten 6
lich war er interessiert, zu
erfahren, in welche Rich-
Beamte 10 tung unsere lineare For-
derung gehen würde. Er
Interview 12 garnierte seine Frage mit
dem Hinweis, dass wir in
Jugend 14 diesem Jahr doch sicher-
lich „vernünftig und
Einkommensrunde 2020 – zurückhaltend“ fordern
Für wen eigentlich? 14 würden. Ich habe ihn
zurückgefragt, wann wir
je eine unvernünftige For-
Arbeitskampf 15
derung erhoben hätten.
Jetzt hat unsere Bundestarifkommission beschlossen, 4,8 Prozent linear zu fordern.
Wer wollte das unvernünftig nennen wollen? Diese Forderung ist vielleicht nicht
Redaktionsschluss: zurückhaltend, aber vernünftig ist sie allemal.
25. August 2020 Und sie passt auch in die Zeit. Corona war zunächst eine medizinische Herausforde-
rung, es ist längst auch eine ökonomische und nicht weniger ist es auch eine gesell-
schaftliche Aufgabe. Zweierlei ist hier zu berücksichtigen:
Erstens: Wir müssen alle drei Aspekte – medizinisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich
– gleichermaßen im Blick haben, wenn wir erfolgreich sein wollen. Zweitens: Wir
müssen dafür sorgen, dass wir nicht nur „irgendwie“ mit einem blauen Auge durch
die Krise kommen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die richtigen Konsequenzen
ziehen und unseren öffentlichen Dienst dort stärken, wo Corona uns gezeigt hat,
dass es Schwachstellen gibt.
Wenn nämlich Deutschland sich rühmt, die Krise – bis heute – im Vergleich zu vie-
len seiner Nachbarn ordentlich bewältigt zu haben, so zeigte dieser europäische und
weltweite Vergleich oftmals, dass die Länder besonders große Probleme hatten und
haben, die ihre öffentlichen Strukturen schon am weitesten privatisiert oder zurück-
gefahren haben. Diesen unguten Trend gibt es jedoch auch in Deutschland und er
muss im Licht der jetzt gemachten Erfahrungen neu bewertet werden. Die Erwar-
tungen der Bundesbürger an ihren öffentlichen Dienst waren schon immer hoch, sie
sind im Zusammenhang mit der Pandemie nochmals gestiegen.
Diese Erwartungen können natürlich nicht losgelöst von der Ökonomie diskutiert
werden. Aber sie stehen eben auch nicht unter einem Primat der Ökonomie.
Impressum Wenn es um gutes Personal geht, steht der öffentliche Dienst weiterhin in der Kon-
Herausgeber: dbb beamtenbund und tarifunion, kurrenz mit der Privatwirtschaft. In diesem Sinne spielt die Ökonomie auch in der
Bundesleitung, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin,
Verantwortlich: Volker Geyer, Fachvorstand Tarifpolitik vor uns liegenden Einkommensrunde eine Rolle, nur nicht als Totschlagargument,
Redaktion: Ulrich Hohndorf, Arne Goodson, Andreas
Schmalz wie die kommunalen Arbeitgeber sie bei einigen Gesprächen zuletzt einsetzen woll-
Gestaltung und Satz: Jacqueline Behrendt ten.
Bildnachweis: Titel: dbb, Robert Kneschke (AdobeStock),
S.2: dbb, S.3: dbb, S.4-5: Marco Urban, dbb, S.6: Gerd Alt- Wir haben also durchaus vernünftig gefordert und jetzt müssen wir uns auch ver-
mann (Pixabay), S.10: Friedhelm Windmüller, S.12: dbb,
S.14: Jürgen Brandt, S.15: dbb nünftig dafür einsetzen, dass wir unser Ziel erreichen. Vernunft setzt sich leider
Fax: 030. 40 81 - 43 99 nicht von alleine durch.
E-Mail: tacheles@dbb.de, Internet: www.dbb.de
Verlag: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165,
10117 Berlin, Telefon 030. 726 19 17 - 0
Anzeigen: dbb verlag GmbH, Mediacenter, Mit freundlichen Grüßen
Dechenstraße 15 A, 40878 Ratingen,
Telefon: 02102. 740 23 - 0, Fax: 02102. 740 23 - 99,
mediacenter@dbbverlag.de
Anzeigenleitung: Petra Opitz-Hannen,
Telefon: 02102. 740 23 - 715
Anzeigenverkauf: Christiane Polk,
Telefon: 02102. 740 23 - 714
Preisliste 18, gültig ab 1. Oktober 2018 Volker Geyer
Seite 2 · EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIAL
Stichwort Systemrelevanz des Gemeinwesen geht. Jetzt, in der Krise,
Konjunktur der Worte
ist diese Bedeutung nicht neu entstanden,
sondern lediglich neu sichtbar geworden.
Sytemrelevanz
Und da wir nicht so tun können, als sei der
ganze Spuk schon bald vorbei und werde
Auch Worte haben Konjunktur – oder auch dest was die Systemrelevanz des öffent- sich niemals wiederholen, stellt sich eher
Flaute. Es gibt Begriffe, die sind urplötz- lichen Dienstes angeht. Jetzt sind nicht die Frage: Wo müssen wir nachbessern?
lich in aller Munde, während andere Rost mehr die Leistungen systemrelevant, die Wo brauchen wir mehr Personal? In die-
ansetzen. In den letzten Monaten hat bei- die Arbeitnehmenden und Beamtinnen sem Kontext mal eben ein ‚Kürzertreten‘
spielsweise das Wort von der Systemrele- und Beamten des öffentlichen Dienstes zu fordern, ist völlig daneben.“ Vielmehr
vanz einen ungeahnten Höhenflug erlebt, erbracht haben, sondern einzig und allein brauchen wir auch in Zukunft einen star-
mit dem es noch zum Jahreswechsel nicht das Sparpotential, das man in ihnen zu ken öffentlichen Dienst, denn die aktu-
rechnen durfte. Wikipedia tut sich noch sehen meint. Anders gesagt: Aktuell sol- elle Krise macht deutlich, was im Negati-
schwer, die neue Bedeutung darzustel- len die öffentlich Beschäftigten als Spar- ven möglich ist, und die nächste Krise kann
len, und berichtet unter dem Stichwort schwein systemrelevant sein. einen völlig anderen Ursprung haben.
Systemrelevanz lieber lang und breit über Da ist zunächst VKA-Chef Mädge, der sich
marode Bankunternehmen („Lehman von den Beschäftigten in den Kommunen Diskutieren in Paralleluniversen
Brothers“), die „too big to fail“ (zu groß eine Lohnrunde wünscht, in der es bei lan-
zum Scheitern) seien und deshalb geret- ger Laufzeit maximal einen Inflationsaus- Das Dilemma ist: Über den öffentlichen
tet werden mussten. Von den systemre- gleich geben soll. Faktisch wäre das eine Dienst wird in zwei Paralleluniversen dis-
levanten Leistungen der Beschäftigten, Nullrunde. Und da ist der Präsident des kutiert. In der einen Welt geht es darum,
auch und vor allem des öffentlichen Diens- Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Daniel welche Aufgaben dieser öffentliche Dienst
tes während der Corona-Pandemie ist nur Felbermayr, der, wie das Handelsblatt am zu lösen hat und welche neu hinzugekom-
ganz am Ende zu lesen, dass der erstmals 16. Juli 2020 berichtete, anregte, „dass men sind oder hinzukommen sollen, und in
„2007 aufgetauchte Begriff“ während der Beamte kürzertreten sollten, um die Belas- der anderen Welt ist der öffentliche Dienst
Pandemie auf Berufsgruppen angewandt tung der Staatshaushalte zu mildern“. lediglich ein Unkostenfaktor, den es zu
wurde, „deren Tätigkeit für ein funktio- Schließlich ist da noch Thüringens Finanz- minimieren gilt. Das Handelsblatt schaffte
nierendes Gemeinwesen unerlässlich ist“. ministerin Heike Taubert, die schon im Mai es Mitte Juli sogar, beide Universen in
Das ist nicht viel. Aber man könnte gleich- äußerte, „möglicherweise können wir die einem Artikel („Teurer Beamten-Boom“)
wohl denken, mit der knappen Definition Gehaltserhöhung ein Jahr aussetzen. Das unterzubringen, ohne dass sich beide Wel-
ist alles gesagt. Doch in unserer dynami- ist natürlich eine Option.“ ten inhaltlich begegnet wären. Es wird
schen Gesellschaft könnte es sein, dass der lapidar festgestellt, dass der „starke Staat
Begriff schon bald eine neue Bewertung Melken und Schlachten geht nicht nicht billig“ sei. Was für eine Erkenntnis!
erfährt. Denn mittlerweile gibt es starke gleichzeitig! Wichtiger wäre, zu (hinter-)fragen, was ist
Tendenzen, den Sinn des Wortes abermals gewollt, was wird gebraucht und was hat
umzudeuten. Inzwischen mutet es fast „Ohne drastisch klingen zu wollen“, kon- sich durch Corona vielleicht verändert?
schon naiv an, zu glauben, Systemrelevanz tert dbb Tarifchef Volker Geyer, „diese Daraus ergibt sich die Systemrelevanz. Die
meine die oben erwähnte „Tätigkeit für Sonderopferrhetorik führt komplett in besaß der öffentliche Dienst auch schon
ein funktionierendes Gemeinwesen“, wie die Irre. Welcher Bauer würde seine Kuh vor Corona und die besitzt er heute erst
sie oftmals von Beschäftigten des öffent- nicht gerne zugleich melken und schlach- recht. In ihn muss auch nicht investiert
lichen Dienstes erbracht wurde und wird. ten? Jeder Bauer, der das schon mal pro- werden, weil er „too big to fail“ ist. In
biert haben sollte, hat recht bald ein Pro- ihn muss investiert werden, weil viele der
Ist nur das Sparpotential blem bekommen. Das ist im öffentlichen Aufgaben, die unsere Gesellschaft in den
systemrelevant? Dienst nicht anders. Der öffentliche Dienst nächsten Monaten zu lösen hat, eben nicht
wird seit Jahren – und nicht erst mit Aus- von der unsichtbaren Hand des Marktes,
Die Pandemie, der der Begriff Systemrele- bruch der Pandemie – massiv in Anspruch sondern von einem gut strukturierten
vanz seinen Höhenflug verdankt, ist noch genommen. Das ist ja auch grundsätzlich öffentlichen Dienst zu leisten sein werden.
längst nicht vorbei, da werden bereits mas- ok, denn wir sind tatsächlich von zentraler Dabei stellt die Arbeit im Gesundheitsbe-
sive Umdeutungen vorgenommen, zumin- Bedeutung, wenn es um ein funktionieren- reich nur den offensichtlichsten Aspekt
dar. Sicherheit, Bildung, Kultur, Verwaltung
werden in den nächsten Monaten unter
erschwerten Bedingungen wichtig bleiben,
um unser Land vor Schaden zu bewahren.
Vor diesem Hintergrund wirken die oben
zitierten Zwischenrufe eifriger Sparfüchse
fehl am Platze. Gleichwohl werden sie zum
Start der Einkommensrunde überall zu
hören sein. Wir müssen dann lauter sein,
so auch der Spruch auf den Mund-Nase-
Masken, die wir zur Einkommensrunde
2020 in Umlauf bringen werden: „Trotz-
dem laut!“
EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIAL · Seite 3
Forderung
Ulrich Silberbach, dbb Bundesvorsitzender, auf der Pressekonferenz nach der Forderungsfindung
am 25. August 2020
dbb Gremien beschließen 4,8 %
Von Abstand und Anstand!
„Hinter uns liegen Wochen mit spannen- nem Unmut gegenüber der Presse am
den Diskussionen, die heute zu unserer 25. August 2020 in Berlin Luft.
4,8-Prozent-Forderung geführt haben.
Vor uns liegen Wochen mit kontrover- Bewertung
sen Verhandlungen. Für uns sind dabei
zwei Dinge maßgeblich: Abstand und „Wir haben heute in der Bundestarif-
Anstand!“ So fasste dbb Chef Ulrich Sil- kommission lange abgewogen“, fasste
berbach Diskussion und Beschluss der dbb dbb Tarifchef Volker Geyer die Situation
Gremien zusammen, die am 25. August zusammen, „und sicherlich hätten wir bach: „Vielleicht gibt es im Herbst etwas
2020 erstmals auf digitalem Weg einen anders gefordert, wenn die Pandemie der- abgespeckte Feiern zum 30. Jahrestag der
Forderungsbeschluss für eine Einkom- zeit nicht unser Leben bestimmen würde. Deutschen Einheit. Aber es wird genug
mensrunde gefasst haben. „Abstand hal- Aber letztlich ist zum Beispiel eine Forde- Raum geben, dass sich die Politik selbst
ten ist ein Gebot der Stunde. Dass wir rung nach einer Verbesserung der Arbeits- auf die Schultern klopft. Aber will wirklich
als dbb die Verhandlungen in Potsdam und Entgeltbedingungen im Kranken- jemand sagen, es sei nicht möglich gewe-
und mögliche Aktionen im Land corona- hausbereich jetzt erst recht ein Gebot der sen, nach 30 Jahren deutscher Einheit, die
gerecht durchführen werden, versteht Stunde. Der öffentliche Dienst ist system- Arbeitszeit im Osten an die im Westen
sich von selbst. Anstand wahren, ist unser relevant. Also muss er deutlich attraktiver anzugleichen? Hier gibt es keine Ausreden
Appell an die öffentlichen Arbeitgeber werden. Das galt schon vor Corona und mehr, hier muss eine klare Zusage her.“
und hier namentlich an VKA-Chef Ulrich das gilt jetzt erst recht. Unsere Forderun-
Mädge.“ Dieser hatte bei Vorgesprächen gen erheben wir also nicht trotz Corona, Aktionsbereit
vor einigen Wochen nicht einmal darü- sondern wegen Corona. Die Krise ist noch
ber diskutieren wollen, ob es sinnvoll sein längst nicht rum, und wer jetzt Signale Signale der Verständigungsbereitschaft
könnte, die Einkommensrunde in Zeiten aussendet, am öffentlichen Dienst sparen haben die Arbeitgeber und hier vor allem
der Pandemie zu verschieben. Stattdes- zu wollen, hat die Krise und die Notwen- die Kommunen bislang nicht ausgesen-
sen hatte Mädge sich für extrem lange digkeiten, mit denen sie überwunden wer- det. Deshalb bereitet sich der dbb auf eine
Laufzeiten ausgesprochen und gleichzeitig den kann, nicht verstanden. Es wird am umkämpfte Einkommensrunde vor. „Im
als „Einkommenserhöhung“ einen Inflati- Ende in maßgeblicher Weise der öffentli- Juli und August haben wir zahlreiche digi-
onsausgleich angeboten. „Da die Inflati- che Dienst sein, der die Krise bewältigt – tale Branchentage mit den betroffenen
onsrate im Juli -0,1 Prozent betrug, müss- medizinisch, sozial, logistisch.“ Fachgewerkschaften durchgeführt. Das
ten die Beschäftigten dann sogar noch Speziell mit Blick auf die Forderung nach neue Format hat sich gleich bewährt“,
Geld mitbringen“, machte Silberbach sei- Ost-West-Angleichung ergänzte Silber- erklärte dbb-Vize Geyer. „Neben einer qua-
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Forderung
Ulrich Silberbach, dbb Bundesvorsitzender, Frank Werneke, ver.di Bundesvorsitzender
lifizierten Forderungsdiskussion haben wir für den Bund billige Lösung auf Kosten der
dort natürlich auch über die Möglichkeit Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten
diskutiert, Arbeitgebern, die diktieren und wurde, hat sich das Unrecht vergrößert –
nicht verhandeln wollen, mit spürbaren und in der Folge die Unzufriedenheit unse-
Aktionen zu begegnen. Gemeinsam haben rer Kolleginnen und Kollegen.“ Im Herbst
wir vielfältige, coronagerechte und trotz- 2004 wurde die Arbeitszeit der Bundes-
dem auch nachdrückliche Aktionsformen beamten von 38,5 zunächst auf 40 und
gefunden. Ob wir diese brauchen werden, im Frühjahr 2006 auf 41 Wochenstunden
liegt jetzt am Arbeitgeber.“ erhöht. Eigentlich hätte das Ganze 2014
enden sollen. „Spätestens seit 2015 hat der
„41 Stunden sind ungerecht!“ Bund bei seinen Beschäftigten ein Glaub-
würdigkeitsproblem. Das sollten wir jetzt
Jenseits der tariflichen Forderungen sowie zeitnah lösen“, fordert Schäfer.
der zeitgleichen und systemgerechten
Übertragung des Volumens auf die Bun- Wie geht’s weiter?
desbeamten erwartet der dbb vom Ver-
handlungsführer des Bundes, Bundes- Am 1. September 2020 beginnen in Pots-
innenminister Horst Seehofer, „dass die dam die Verhandlungen, werden am 19. /
41-Stunden-Marke endlich fällt“, wie es 20. September dort fortgesetzt, um am
Friedhelm Schäfer, Fachvorstand Beam- 22. / 23. Oktober ebenfalls in Potsdam zu
tenpolitik im dbb, am 25. August formu- enden. Selbstverständlich wird der dbb
lierte. „41 Stunden sind ungerecht. Sie darüber immer zeitnah auf seinen Sonder-
waren es von Anfang an. Aber mit jedem seiten unter www.dbb.de/einkommens-
Jahr, mit dem aus einer Notlösung eine runde berichten.
Die Forderungen im Detail
- Erhöhung der Tabellenentgelte um der Arbeits- und Entgeltbedingungen
4,8 Prozent, mindestens 150 Euro, im Pflegebereich
bei einer Laufzeit von 12 Monaten - Verlängerung und Verbesserung des
- Erhöhung der Ausbildungs- und Tarifvertrags zur Gewährung von Al-
Praktikantenentgelte um 100 Euro tersteilzeit
sowie eine verbindliche Zusage zur - Der öffentliche Dienst braucht Entlas-
Übernahme der Azubis tung. Das gilt nicht erst seit der Corona-
- Einbeziehung der praxisorientierten Krise. Deshalb fordern wir zusätzliche
Dualstudiengänge in den TVSöD freie Tage für den öffentlichen Dienst.
- Nahverkehrsticket für alle Azubis
Weiter wollen wir - Zeitgleiche und systemgerechte Über-
- Angleichung der Arbeitszeit Ost an tragung des Volumens auf den Bereich
West im kommunalen Bereich der Bundesbeamten sowie eine Redu-
- Einrichtung eines „Verhandlungs- zierung der 41-Stunden-Woche im
tisches Pflege“ zur Verbesserung Bereich der Bundesbeamten
EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIAL · Seite 5
Rahmendaten
Wirtschaftliche Rahmendaten besserung unserer Fernstraßen oder der
Geiz ist geil! Euer Ernst?
Gewährleistung der öffentlichen Sicher-
heit: Jeder und jede Einzelne ist system-
relevant und einmalige Prämien sorgen
nicht dafür, dass wir unsere Nachwuchs-
„Nicht zu geben, findet der Geizige immer Nichtsdestotrotz: Die Beschäftigten im sorgen in den Griff bekommen.
Ursachen“ – dieses alte deutsche Sprich- öffentlichen Dienst leisten einen entschei-
wort ist aktueller denn je. denden Beitrag zur Stabilisierung des Lan- Systemrelevanz
War es in den vergangenen Jahren die des. Sie halten trotz aller Widrigkeiten die (Gablers Wirtschaftslexikon)
„schwarze Null“ der öffentlichen Haus- Verwaltungsinfrastruktur am Laufen, sor-
halte, deren Erreichen uns die Tarifver- gen dafür, dass wir uns auf unseren Stra- Systemrelevanz ist die Bedeutsamkeit
handlungen erschwert hatte, kann davon ßen sicher fühlen, dass unsere Kinder eine oder Wichtigkeit in einem bestimm-
in Zeiten von Corona-Finanzspritzen in gute Schulbildung genießen und dass wir ten Zusammenhang, die Staaten, Orga-
schwindelerregenden Milliardenhöhen im Falle einer Erkrankung auf qualitativ nisationen, Unternehmen, Produkte,
keine Rede mehr sein. höchstem Niveau behandelt werden. Dienstleistungen oder Berufsgruppen
Statt Leistung zu honorieren und Mitar- für den Betrieb und die Aufrechterhal-
beitende zu motivieren, stehen erneut Systemrelevant tung eines Systems, etwa eines Wirt-
zähe Verhandlungsrunden bevor. Denn schafts- oder Gesundheitssystems oder
klar ist: Eine Ursache für „Tarifgeiz“ fin- Erinnern wir uns: Auf dem Höhepunkt der der Grundversorgung haben.
det sich immer. Die „schwarze Null“ hat ersten Corona-Welle wurde unser medi-
ausgedient, nun sind es eben gerade die zinisches Personal besungen. Die da-
unvorstellbaren Milliardenbeträge, die per rauf folgende kontroverse Debatte über Frage an die Arbeitgeber
Gießkannenprinzip über Deutschland und Corona-Prämien für Pflegekräfte und die
die europäischen Mitgliedsstaaten ausge- unterschiedliche Bereitschaft, eine sol- Hat denn der Wecker immer noch nicht
schüttet werden. che zu zahlen, waren jedoch alles andere geklingelt? Nicht verschlafen! Es fehlt
Wenn man nicht gerade ein Fertighaus als förderlich. Natürlich wurde gerade im an Nachwuchs! Macht endlich unsere
oder ein neues Auto kauft, spürt man von kurativen Bereich Großes geleistet – und Arbeitsplätze attraktiver und bezahlt uns
der befristeten Mehrwertsteuersenkung das muss selbstverständlich ohne Wenn anständig!
herzlich wenig im Portemonnaie. Natür- und Aber honoriert werden. Nicht unter Die deutsche Wirtschaft hat im zweiten
lich sind die Steuermilliarden, die beispiels- den Tisch fallen dürfen aber auch die Quartal wegen der Corona-Krise ein his-
weise im Zuge der explodierenden Kurzar- anderen Beschäftigten im öffentlichen torisches Tief erlitten. Das Bruttoinlands-
beiterzahlen fließen, ebenso gut angelegt Dienst, die – jeder für sich – ebenfalls produkt (BIP) fiel von April bis Juni um 10,1
wie die Finanzhilfen für die Krankenhäu- systemrelevant sind. Egal ob in der Ver- Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Das
ser und die Finanzierung der Corona-Tests. waltung, den Schulen, Kitas, bei der Aus- ist der stärkste Rückgang der Wirtschaft
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seit Beginn der Quartalsberechnungen für über dem Vorjahr. Im Juli 2020 könnte ben geschultert worden. Und das ist nur
Deutschland im Jahr 1970. Die Maßnah- es sogar zu einer negativen Entwicklung eine von zahlreichen Hilfsmaßnahmen,
men zur Eindämmung der Pandemie hat- der Preise kommen. Allerdings dürfte dies um Menschen und Wirtschaft zu stützen.
Rahmendaten
ten weite Teile der Wirtschaft fast völlig auf die vorübergehende Umsatzsteuerab- Insofern können sich die Arbeitgeber jetzt
lahmgelegt. Sowohl die Exporte als auch senkung zurückzuführen sein. Die weitere nicht aus der Verantwortung stehlen. Die
die Importe von Waren und Dienstleistun- Entwicklung für 2020 ist auch aufgrund milliardenschweren Rettungspakete, die
gen brachen in diesem Zeitraum drastisch der Corona-Krise noch nicht sicher abseh- geschnürt wurden und werden, haben alle
ein. Erschwerend hinzu kamen stark sin- bar. Insofern schwanken die Voraussagen ihre Berechtigung, nur wollen wir in die-
kende private Ausgaben und Investitionen der Ökonomen zwischen 0,3 und 1,4 Pro- ser Tarifrunde nicht hören, dass für den
der Unternehmen. Einzige Stütze waren zent. Für 2021 erwartet der Sachverstän- öffentlichen Dienst nun kein Geld mehr
die staatlichen Konsumausgaben. digenrat jedenfalls wieder einen kräftige- vorhanden ist. Lobende Worte sind gut
Zwar war dieser aktuelle Rückgang noch ren Anstieg der Inflationsrate in Höhe von und schön, aber eine kräftige Erhöhung
deutlich stärker als während der Finanz- 1,6 Prozent. der Gehälter ist ebenfalls notwendig.
markt- und Wirtschaftskrise vor elf Jahren, Nicht zuletzt um den stotternden Kon-
allerdings zeigt sich mittlerweile wieder Sozialversicherungsbeiträge junkturmotor wieder in Gang zu bringen.
ein Silberstreif am Horizont. So erwarten
die Ökonomen für das nun laufende dritte Die Corona-Krise wird auch Auswirkun- Schnäppchenjäger?
Quartal wieder ein Wachstum. Das Deut- gen auf die Sozialversicherungsbeiträge
sche Institut für Wirtschaftsforschung haben. Egal ob Arbeitslosenversicherung Pünktlich zur Einkommensrunde von Bund
(DIW) sagt beispielsweise ein Plus von drei oder Kranken- und Pflegeversicherung: und Kommunen beschleicht einen jedoch
Prozent voraus. Das Münchner Ifo-Institut Die steigenden Ausgaben im Gesundheits- das Gefühl, die Arbeitgeber seien unter die
rechnet für das dritte Quartal sogar mit sektor und im Bereich der Arbeitsmarkt- Schnäppchenjäger gegangen. Wir lesen es
einem Wirtschaftswachstum von 6,9 Pro- politik könnten die Beiträge künftig stei- täglich in den Werbeanzeigen der Tages-
zent. Für das vierte Quartal gehen die Öko- gen lassen. zeitungen: „Mehrwertsteuersenkung, wir
nomen des Instituts von einem Wachstum Vor diesem Hintergrund darf nun nicht legen noch mal zwei Prozent Extrarabatt
von 3,8 Prozent aus. beim öffentlichen Dienst gespart wer- drauf!“, „Mehrwertsteuer geschenkt“ oder
Die Bundesregierung hat für die Jahre den. Dieser hat in schwerer Zeit bewiesen, „billich will ich“. Aber eines muss klar sein:
2020 und 2021 ein insgesamt 130 Milliar- wie man schnell und unbürokratisch han- Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst
den Euro schweres Konjunkturpaket auf- delt, um den entstehenden Schaden zu haben nichts zu verschenken!
gelegt. Unter anderem wurde die Mehr- minimieren. Viele freiwillige Überstunden Ganz im Gegenteil: „Geiz ist geil“ hat aus-
wertsteuer vom 1. Juli 2020 an für ein wurden geleistet, auch an Wochenenden gedient! Es besteht bei den Beschäftigten
halbes Jahr gesenkt. Das soll den Konsum wurde vielfach durchgearbeitet. Es wur- eine ganz klare Erwartungshaltung. Zudem
als wichtige Stütze der Konjunktur ankur- den Menschenleben gerettet, es wurde ist kaum vermittelbar, dass Milliarden und
beln. Auch steigen die wirtschaftlichen versucht, durch staatliche Hilfen Existen- Abermilliarden zur Stützung von „system-
Indikatoren (GFK-Konsumklima und Ifo- zen zu retten und und und … relevanten Unternehmen“ ausgegeben
Geschäftsklimaindex) wieder an. werden, für die Beschäftigten im öffentli-
Sicher ist aber auch, dass die erwartete Zwei nüchterne Zahlen chen Dienst aber nichts vom Kuchen übrig-
Erholung den Einbruch in der ersten Jah- bleiben soll, obwohl ohne sie nichts läuft!
reshälfte nicht wird ausgleichen können. Der Staat und damit auch die Mitarbeite- Mit einem ordentlichen Schluck aus der
Insgesamt könnte die deutsche Wirt- rinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Tarifpulle haben die Arbeitgeber gerade in
schaftsleistung demnach im Vergleich zu Dienstes haben in der Corona-Krise ins- der aktuellen Situation die Chance und die
2019 um 6,7 Prozent sinken. gesamt 2,28 Millionen Hilfsanträge für Pflicht, die Arbeitsplätze im öffentlichen
Kleinunternehmen und Soloselbständige Dienst attraktiver zu machen und dem
Besserung im kommenden Jahr bearbeitet, hiervon wurden fast 1,9 Milli- Nachwuchs gute Argumente zu liefern,
onen Anträge bewilligt. Diese Aufgaben sich für einen Job im öffentlichen Dienst
Der Blick ins kommende Jahr verheißt sind zusätzlich zu den regulären Aufga- zu entscheiden.
Besserung. Für 2021 rechnet das Ifo-Ins-
titut mit einem kräftigen Wachstum von Kredite und Garantien der Bundesregierung in der Corona-Krise (in Mrd. Euro)
6,4 Prozent. Somit könnte die deutsche
Wirtschaft Ende 2021 wieder ihre Leis-
tung von Ende 2019 erreicht haben. Der Garantierahmen für die KfW
Sachverständigenrat zur Begutachtung
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Wirtschaftsstabilisierungsfonds:
ist etwas pessimistischer, rechnet für das Garantien
Jahr 2021 aber auch mit einem Wachstum Wirtschaftsstabilisierungsfonds:
in Höhe von annähernd fünf Prozent. Kreditermächtigungen
Im Gegensatz zum Auf und Ab beim Wirt-
schaftswachstum herrscht bei der Ent- Nettokreditaufnahme
im Bundeshaushalt
wicklung der Verbraucherpreise nach wie
vor Unsicherheit. Die Verbraucherpreise
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
entwickeln sich uneinheitlich. Im Juni 2020
lag der Anstieg bei 0,9 Prozent gegen- Quelle: Bundesregierung
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Wertschätzung
Anspruch auf monetäre Anerkennung
der Leistungen
Beamte
Jede Beamtin und jeder Beamte hat nach zu Lasten der Beamtinnen und Beamten Länder
der Verfassung gegenüber seinem Dienst- vor, indem sie die wöchentliche Arbeits-
herrn einen Anspruch auf Erhalt einer zeit einseitig ohne Kompensation für Demgegenüber haben die Länder ihre
amtsangemessenen Alimentation. Wie die Beamtinnen und Beamten anhoben. Besoldungsgesetzgebungskompetenz in-
diese ausgestaltet ist, kann der Gesetz- Gerade diese einseitige Maßnahme, die tensiv dazu genutzt, in zahlreichen Varian-
geber im Rahmen seines weiten Gestal- immerhin seit 2006 eine Arbeitszeit von ten von den Tarifabschlüssen der Länder für
tungsspielraums selbst festsetzen. Der wöchentlich 41 Stunden zur Folge hat, den öffentlichen Dienst abzuweichen. So
Bund hat diese Ausgestaltung durch wird seitens der Beamtinnen und Beam- wurden bereits die Tarifabschlüsse 2011 /
Erlass des Bundesbesoldungsgesetzes ten nicht mehr akzeptiert, zumal sie in 2012 sowie 2013 / 2014 nur noch verein-
vorgenommen, das er regelmäßig den den vergangenen Jahren wirtschaftlich in zelt von den Ländern übernommen, da
tatsächlichen Gegebenheiten anpasst. keinster Weise (mehr) gerechtfertigt war. alle Übrigen Abstriche in Form von zeitli-
Dadurch nehmen die Beamtinnen und Der Bund übersieht seit Jahren, dass das chen Verschiebungen, Staffelungen nach
Beamten gemäß § 14 BBesG an der allge- Miteinander der Statusgruppen aufgrund Besoldungsgruppen oder sogar Nullrun-
meinen finanziellen und wirtschaftlichen annähernd vergleichbarer Einkommens- den – für einzelne Besoldungsgruppen –
Entwicklung teil. Gleichzeitig bringt damit entwicklungen und Beschäftigungsbe- vornahmen. Diese Tendenz hätte sich ver-
der Dienstherr seine Wertschätzung für dingungen wesentlicher Bestandteil und mutlich fortgesetzt, wenn sie nicht durch
die erbrachten Leistungen zum Ausdruck. Garant für einen funktionierenden öffent- die Rechtsprechung des Bundesverfas-
In der Praxis orientiert sich die Höhe der lichen Dienst mit motivierten und enga- sungsgerichts zur so genannten A- und
Anpassung jeweils am Tarifabschluss des gierten Mitarbeiterinnen und Mitarbei- R-Besoldung im Jahr 2015 sowie zur Ver-
öffentlichen Dienstes, auch wenn es kei- tern ist – gleich welcher Statusgruppe. fassungswidrigkeit der verspäteten Anpas-
nen Rechtsanspruch auf Gleichbehand- sung der „höheren“ Besoldungsgruppen
lung von Beamten und Tarifbeschäftigten Besoldungsentwicklung im Rahmen der Anpassung der „Ost- an die
im Hinblick auf die Erhöhung der Bezüge von 2010 bis 2020 Westbesoldung“ gestoppt worden wäre.
gibt. Durch die im Wesentlichen zeit- und Ab dem Jahr 2017 übertrugen nämlich
systemgerechte Übertragung des finan- Bund fast wieder alle Bundesländer den Tarif-
ziellen Volumens des Tarifabschlusses abschluss der Länder zeit- und wirkungs-
auf die Beamtinnen und Beamten wird Im Bundesbereich gelang es in den ver- gleich auf Landes- und Kommunalbe-
dem Gebot des ordentlichen und fairen gangenen Jahren, das finanzielle Volumen amtinnen und -beamte. Dadurch konnte
Umgangs mit allen Mitarbeiterinnen und der Tarifabschlüsse des Bundes und der endlich einem weiteren Auseinanderdrif-
Mitarbeitern Rechnung getragen. Kommunen zeit- und wirkungsgleich auf ten der Besoldung zumindest der Höhe
Bedingt durch die seit September 2006 die Beamtinnen und Beamten zu übertra- nach entgegengewirkt werden.
eigenständigen Besoldungsrunden in gen. Damit konnte – zumindest in diesem
Bund und Ländern im Anschluss an die Bereich – ein Gleichklang der Beschäftig- Einkommensrunde 2020 / 2021
jeweiligen Tarifrunden mit Bund und tengruppen und damit die gleiche Teil- im Bundesbereich
Kommunen einerseits und den Län- habe an der finanziellen und wirtschaftli-
dern andererseits, ist es zu einer deut- chen Entwicklung erreicht werden. Der gesamte öffentliche Dienst leistet
lichen Auseinanderentwicklung sowohl So erhielten alle Tarifbeschäftigten und mit allen seinen Beschäftigten – gleich
des Besoldungsgefüges, als auch und ins- Beamtinnen und Beamten im Jahr 2016 / welcher Statusgruppe – einzigartige
besondere der Besoldungshöhe gekom- 2017 unter Einbeziehung der gesetzlichen Dienstleistungen für die Bevölkerung der
men. Verstärkt wurde dies neben den Regelung zur Versorgungsrücklage (ein- Bundesrepublik Deutschland. Er trägt ent-
unterschiedlich hohen Linearanpassun- malige Verringerung der Linearanpassung scheidend dazu bei, dass das Gemein-
gen noch durch zeitliche Verschiebun- um 0,2 Prozentpunkte) zum 1. März 2016 wesen dauerhaft – auch und gerade in
gen oder Sonderregelungen für einzelne eine (Besoldungs-)Erhöhung von 2,2 Pro- Krisenzeiten – funktions- und leistungs-
Besoldungsgruppen. zent sowie eine weitere Erhöhung um 2,35 fähig ist und bleibt sowie überall und in
Die Dienstherren nahmen ihre Besol- Prozent ab 1. Februar 2017. Auch durch das allen Bereichen auch unter schwierigs-
dungskompetenz größtenteils bedauer- Bundesbesoldungs- und Versorgungsan- ten Gesamtumständen funktioniert. Die
licher Weise zum Anlass, auf nicht dem passungsgesetz 2018 / 2019 / 2020 und noch nicht überstandene Corona-Krise ist
Schutz der Verfassung unterliegende den darin enthaltenen Besoldungsanpas- neben der in der Vergangenheit bewäl-
Besoldungsbestandteile – wie zum Bei- sungen von 2,99 Prozent zum 1. März 2018, tigten Flüchtlingskrise das beste Beispiel
spiel die Sonderzahlung – einseitig und 3,09 Prozent zum 1. April 2019 sowie von dafür und dies wird von der Bevölkerung
ohne Kompensation zuzugreifen und 1,06 Prozent zum 1. März 2020 fand eine auch positiv wahrgenommen.
diese zu kürzen oder ganz zu streichen. zeitgleiche und systemgerechte Übertra- Der Bund ist mit seinen circa 500.000
Zusätzlich nahmen die Dienstherren auch gung des finanziellen Volumens des ent- Beschäftigten einer der größten „Einzel-
noch strukturelle Verschlechterungen sprechenden Tarifabschlusses statt. arbeitgeber“ in der Bundesrepublik. Ihm
Seite 10 · EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIALobliegt daher eine besondere gesamt- menen Anhebungen der wöchentlichen verdichtung und ständig wachsenden
gesellschaftliche Verantwortung. Der Arbeitszeit auf 41 Stunden zu nennen. Die Anforderungen und Änderungen bei der
Umgang mit den Beamtinnen und Beam- Rücknahme dieser einseitigen Benachtei- Diensterbringung unterliegen. Dieses gilt
ten des Bundes hat daher Signalwir- ligung der Beamtinnen und Beamten, für es, wieder auf ein „normales Maß“ zurück-
kung und Vorbildcharakter für die nächs- die keine Rechtfertigung (mehr) gegeben zuführen und gesundheitliche Beeinträch-
Beamte
ten Jahre – auch für andere Arbeitgeber ist, wäre gerade in Zeiten des demogra- tigungen aufgrund ständiger Überlastun-
und Dienstherren. Die anstehende Besol- fischen Wandels – neben der zum Aus- gen zu vermeiden.
dungsrunde wird zeigen, ob der Dienstherr druck kommenden Wertschätzung – ein Letztlich gilt es auch, für vorhandene und
Bund seiner Verantwortung nachkommen nicht zu vernachlässigendes Personalbin- zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitar-
wird und ihnen eine entsprechende Wert- dungs- und Personalgewinnungsinstru- beiter ausreichende Personalentwick-
schätzung für die von ihnen geleistete ment. Dass dies für die Zukunft immer lungsmöglichkeiten zu schaffen. Dazu
Arbeit, für ihren Einsatz und ihre Treue wichtiger wird, hat der Bund zwar erkannt gehört der Ausbau von Beförderungsmög-
zukommen lässt. und ein entsprechendes Besoldungsstruk- lichkeiten, die Flexibilisierung des Lauf-
Dabei wird nicht verkannt, dass sich die turmodernisierungsgesetz verabschiedet, bahnrechts und das Schließen der seit Jah-
derzeitige finanzielle Situation aufgrund jedoch wurde darin die Arbeitszeit nicht ren bestehenden Schere zwischen der
der Coronakrise schwierig gestaltet. verändert. Das kann in dieser Besoldungs- Stellensituation und den tatsächlich wahr-
Jedoch stehen dem Bund zahlreiche finan- runde unproblematisch nachgeholt wer- genommenen Funktionen.
zielle und auch strukturelle Maßnahmen den, zumal es dem Bund mit seinem Per-
zur Verfügung, um seinen Beamtinnen sonalkostenanteil von unter zehn Prozent Fazit
und Beamten eine angemessene Anerken- finanziell möglich ist.
nung zukommen zu lassen. Dies ist nicht Dem Bund muss daran gelegen sein, eine Als Zeichen der Anerkennung und Wert-
allein von den finanziellen Anpassungen langfristige Personalentwicklung ein- schätzung für die täglichen Leistungen
des Tarifabschlusses mit dem Bund und zuleiten, um den bestehenden und sich der Beamtinnen und Beamten des Bundes
den Kommunen abhängig. abzeichnenden größer werdenden Per- sowie zur langfristigen Personalentwick-
Vielmehr bietet sich dem Bund jetzt die sonalproblemen bereits jetzt wirkungs- lung sind im Rahmen der Einkommens-
Möglichkeit, nicht nur monetär, sondern voll zu begegnen. Dazu gehört unstrei- runde 2020 / 2021 folgende Maßnahmen
gerade auch durch strukturelle Maßnah- tig – neben den in den letzten Jahren in unabdingbar:
men als attraktiver Dienstherr wahrge- anerkennenswerter Zahl vorgenomme- - angemessene Anpassung der Besoldung
nommen zu werden und damit den sich nen Neueinstellungen –, die vorhandenen - Rücknahme der Anhebung der Wochen-
abzeichnenden demografischen Heraus- Beamtinnen und Beamten wieder in dem arbeitszeit auf 41 Stunden sowie
forderungen wirkungsvoll zu begegnen. Umfang Dienst verrichten zu lassen, wie - Schaffung von ausreichenden Perso-
Als eines der effektivsten Mittel ist dabei auch die übrigen Beschäftigten. Dies gilt nalgewinnungs- und Personalentwick-
die längst überfällige Rücknahme der in umso mehr, als dass die Beschäftigten in lungsmaßnahmen zur Bewältigung der
den Jahren 2004 und 2006 vorgenom- den letzten Jahren immer höherer Arbeits- Folgen des demografischen Wandels
Das Foto wurde vor der Corona-Pandemie und dem Inkrafttreten der Abstandsregelungen aufgenommen
EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIAL · Seite 11Ulrich Silberbach, Volker Geyer und Friedhelm Schäfer Nullrunde und einer langen Laufzeit, um
„Verantwortung mit
„Ruhe im Laden“ zu haben. Geld sei ohne-
hin keines vorhanden. Weder Wertschät-
zung, noch die Einsicht, dass es auch aus
Interview
Sensibilität wahrnehmen!“
Arbeitgebersicht Verhandlungsbedarf ge-
ben sollte, waren hier erkennbar. Die Ver-
handlungen im September bekommen die
Arbeitgeber jetzt, aber „Ruhe im Laden“
Interview mit dem dbb Bundesvorsitzen- Sympathiepunkte, sondern angemessene ganz bestimmt nicht.
den Ulrich Silberbach, dem Stellvertreten- Einkommenssteigerungen.
den Vorsitzenden und dbb Fachvorstand dbb SPEZIAL: Wie hat der dbb eigentlich
Tarifpolitik Volker Geyer sowie dem Zwei- dbb SPEZIAL: Die vielerorts beschworene die Meinungsbildung zur Forderungsfin-
ten Vorsitzenden und dbb Fachvorstand Systemrelevanz ist also kein Argument dung in der Corona-Zeit organisiert?
Beamtenpolitik Friedhelm Schäfer zur Ein- für die anstehenden Tarifverhandlungen?
kommensrunde 2020: Geyer: Die Zeit des Lockdowns haben wir
Geyer: Ein Argument schon, aber eben genutzt, um uns inhaltlich und technisch
dbb SPEZIAL: Tarifverhandlungen in Zei- kein Selbstläufer. Das haben wir gemerkt, vorzubereiten. Das hat sich jetzt ausge-
ten der Pandemie – was wird anders als wir mit dem kommunalen Arbeitgeber- zahlt. Wir haben intensive Diskussionen
ablaufen, was wird wie immer sein? verband darüber gesprochen haben, ob es geführt, über die Forderung selbst, aber
Sinn machen könnte, die Verhandlungen auch über Tarifpolitik in Zeiten der Pan-
Silberbach: Wir werden nichts geschenkt in eine Zeit zu verschieben, in der die Fol- demie. Dabei war die politische und men-
bekommen. Das wird auf jeden Fall wie gen der Krise klarer absehbar sind, in der tale Vorbereitung anspruchsvoller als die
immer sein. Bei Tarifverhandlungen für auch schon analysiert wurde, wo überall technische. In beiden Bereichen haben wir
den öffentlichen Dienst hat die öffentliche im öffentlichen Dienst wir nachlegen müs- jetzt Synergien erzielt, die uns auch nach
Meinung schon stets eine besondere Rolle sen, weil in der Krise deutlich wurde, wo Corona bleiben.
gespielt. Diese Bedeutung wird eher noch dort überall schon zu viel gespart wurde, In den letzten Jahren haben wir in den
zunehmen. Leider wird es nicht so sein, und in der auch unter gesundheitlichen Betrieben und Dienststellen viele Dis-
dass die hohe Bedeutung, die der öffent- und gesellschaftlichen Aspekten leichter kussionen direkt mit unseren Mitglie-
liche Dienst bisher schon bei der Bewäl- zu verhandeln sein würde. Mit den Kom- dern geführt. Da das aktuell nicht geht,
tigung der Corona-Krise hatte, uns auto- munen war darüber leider nicht vernünf- haben wir die Diskussionen ins Netz ver-
matisch gute Karten bei der anstehenden tig zu reden. legt und mit unseren digitalen Branchen-
Einkommensrunde beschert. Letztlich tagen einen guten Weg gefunden, über
müssen wir uns klarmachen: Die äuße- dbb SPEZIAL: Warum nicht? die Forderung und unser Vorgehen in der
ren Umstände während der Einkommens- Einkommensrunde zu diskutieren. Dabei
runde werden widrig sein. Aber letztlich Silberbach: Ich sage es mal pointiert: Die sind wir natürlich auf ganz unterschiedli-
geht es um Verteilungskämpfe. Dem müs- Kommunen wollen im September rasche che Stimmungslagen getroffen. Aber auch
sen wir uns stellen. Wir wollen auch keine Tarifverhandlungen, am liebsten mit einer weil allen klar war, die VKA will den Kon-
v.l.n.r.: Friedhelm Schäfer, Ulrich Silberbach und Volker Geyer
Seite 12 · EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIALflikt und sie will ihn jetzt, war letztlich auch im Interesse unserer Gesellschaft. dbb SPEZIAL: Ihr befürchtet nicht, dass
allen klar, dass wir uns der Einkommens- Und es ist schlichtweg auch eine Frage der die Gesellschaft Streiks im öffentlichen
runde offensiv stellen müssen. Niemand Gerechtigkeit. Zwischen zweiter und drit- Dienst in Pandemiezeiten grundsätzlich
bei uns denkt, dass wir für die tolle Arbeit ter Verhandlungsrunde wird am 3. Oktober negativ gegenübersteht?
Interview
der Kolleginnen und Kollegen während der das 30jährige Jubiläum der deutschen Ein-
Hochzeit der Pandemie eine Belohnung heit gefeiert. Wollen Bund und Kommu- Silberbach: Das ist nicht gesagt. Wir waren
bekommen. Der Applaus ist längst ver- nen dieses Jubiläum ernsthaft feiern und noch nie eine Gewerkschaft, die den Streik
klungen. Für ein gutes Ergebnis werden gleichzeitig die Arbeitszeit der Beschäftig- um des Streiks willen vom Zaun bricht.
wir kämpfen müssen. ten im öffentlichen Dienst davon abhängig Wenn wir dazu aufrufen, kann auch die
machen, ob sie ihre Arbeit in Magdeburg Öffentlichkeit sicher sein, dass wir vorher
dbb SPEZIAL: Corona-Prämien wird es also oder in Hannover erledigen? die „friedlichen Mittel“ komplett ausge-
nicht in der Einkommensrunde geben? reizt haben. Die VKA wollte Verhandlun-
dbb SPEZIAL: Friedhelm, Arbeitszeit spielt gen im September um jeden Preis. Tarif-
Schäfer: Nicht als gewerkschaftliche For- auch bei den Bundesbeamten eine wich- autonome Verhandlungen funktionieren
derung. Der ganze öffentliche Dienst war tige Rolle. jedoch nur, wenn zumindest die Option
und ist systemrelevant, nicht nur ein paar des Streiks möglich ist. Ich bin zuversicht-
ins Auge fallende Berufsgruppen. Natür- Schäfer: Genau. Natürlich erwarten wir lich, dass wir das auch der Öffentlichkeit
lich standen die Beschäftigten in den auch die zeitgleiche und systemgerechte vermittelt bekommen, wenn es soweit ist.
Krankenhäusern im Fokus und sie haben Übertragung des Volumens auf den
auch einen tollen Job gemacht. Aber die Bereich der Bundesbeamten. Aber das dbb SPEZIAL: Vor einem schlechten Ergeb-
vergleichsweise gute Situation in unse- reicht uns nicht. Dort werden nämlich seit nis nach der dritten Verhandlungsrunde
rem Land haben auch die Mitarbeiterin- langer – seit viel zu langer – Zeit 41 Stun- Ende Oktober hast du also keine Angst?
nen und Mitarbeiter in den Ordnungsäm- den in der Woche gearbeitet. Ursprünglich
tern sichergestellt oder die Beschäftigten sollte damit ein Engpass befristet über- Silberbach: Tarifverhandlungen sind keine
der Bundesagentur für Arbeit bei der rei- brückt werden. Das ist längst geschehen Inszenierung, sondern offene Veranstal-
bungslosen Bearbeitung von Anträgen zur und jetzt wird schlicht auf dem Rücken der tungen. Demokratische Gremien stimmen
Kurzarbeit. In diesem Sinne liegen unsere Bundesbeamten Geld gespart. Hier brau- demokratisch ab, Belegschaften streiken
Forderungen im Interesse des ganzen Lan- chen wir dringend eine Reduzierung, gerne oder auch nicht, Arbeitgeber sind konsens-
des. Ein gut funktionierender öffentlicher Schritt für Schritt, aber erste Schritte müs- orientiert oder auch nicht. Das ist niemals
Dienst ist nicht billig, aber ein schlechter sen in diesem Herbst gemacht werden. vorhersagbar und in diesem Jahr gilt das
öffentlicher Dienst ist viel teurer. besonders. Von daher spielt Angst in den
dbb SPEZIAL: Nochmal zurück zu Corona nächsten Wochen keine Rolle.
dbb SPEZIAL: Jetzt wird es Menschen und der Gewerkschaftsarbeit in Zeiten
geben, die eine 4,8-Prozent-Forderung der Pandemie. Wie habt Ihr eigentlich die Geyer: Das sehe ich auch so. Angst ist
auch nur als das Interesse einer einzelnen Meinungsbildung in dieser Zeit organi- kein Faktor. Vielmehr spielt Verantwor-
Gruppe abtun … siert und wie werdet Ihr mögliche Aktio- tung eine große Rolle. Auch die haben
nen durchführen, wenn es am Verhand- wir als Tarifpartner immer, nicht nur jetzt.
Silberbach: Friedhelm Schäfer hat ja nicht lungstisch nicht glatt läuft? Diese Verantwortung haben wir zunächst
zufällig zwischen Interessen und Egois- gegenüber unseren Mitgliedern, aber wir
men unterschieden. Interesselose Men- Geyer: Das war und ist eine echte Her- haben sie auch gegenüber der Gesell-
schen gibt es nicht, auch nicht im öffent- ausforderung. Allerdings bin ich auch schaft. Die Corona-Pandemie sorgt nun
lichen Dienst. Wir sind überzeugt, unsere der Meinung, dass wir dabei viel lernen dafür, dass wir diese Verantwortung mit
Interessen, also in diesem Fall unsere For- und unsere Möglichkeiten grundsätzlich besonderer Sensibilität wahrnehmen
derungen sind angemessen und sie sind erweitern, auch für die Zeit nach der Pan- müssen. Das haben wir zum Beispiel schon
sogar im Sinne eines funktionierenden demie. Natürlich ist es normalerweise getan, als wir mit den Kommunen den TV
öffentlichen Dienstes. Natürlich ist auch wichtig, vor Ort zu sein, wenn es um die COVID zur Kurzarbeit verhandelt haben.
uns klar, dass wir aktuell in einer schwieri- Meinungsbildung vor einem Forderungs-
gen Situation sind. Das gilt für unser gan- beschluss geht. Aber mit unseren digitalen dbb SPEZIAL: Laut VKA-Chef Mädge war
zes Land. Aber daraus zu schließen, jetzt Branchentagen haben wir hier mehr als das aber eine Vorleistung der Arbeitge-
sei deshalb nicht die Zeit für Investitionen, nur eine Notlösung gefunden. Wir haben ber, die sie jetzt in der Einkommensrunde
ist ein fundamentaler Irrtum. Schon jetzt in den letzten Wochen intensiv mitein- gegengerechnet bekommen wollen …
ist wieder feststellbar, dass gut ausgebil- ander diskutiert. Das war beeindruckend.
dete Fachleute verstärkt nachgefragt wer- Was unsere Aktionsbereitschaft angeht, Schäfer: Als Volker in der BTK-Sitzung vom
den. Die sind mit Nullrundenrhetorik nicht so ist natürlich klar, dass Großdemos der- 18. Juni diese Sicht der VKA vorgetragen
erfolgreich zu werben. zeit nicht vorstellbar sind. Streikmaßnah- hat, ging ein Sturm der Empörung durch
men jedoch sind logistisch und rechtlich die BTK. Obwohl wir digital getagt haben,
Geyer: Neben der zentralen 4,8-Prozent- kein Problem. Wir würden es bevorzugen, war das gut vernehmbar. Die VKA hat im
Forderung haben wir auch eine Anglei- ohne solche Maßnahmen auszukommen, Vorfeld wenig getan, die vertrauensvolle
chung der Arbeitszeit Ost an die Arbeits- aber letztlich hängt das vom Arbeitgeber Sozialpartnerschaft zu stärken, hoffen wir,
zeit West gefordert. Natürlich liegt die im ab. Auf jeden Fall haben wir uns in Abstim- dass sie bis zum 1. September noch die
Interesse unserer Mitglieder zwischen Ros- mung mit unseren Fachgewerkschaften Kurve kriegen. Die Beschäftigten hätten
tock und Zwickau. Aber sie liegt unbedingt einiges einfallen lassen. es verdient!
EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIAL · Seite 13Wertschätzung nach Kassenlage? in den nächsten Monaten große Heraus-
Mit der Jugend
forderungen vor uns liegen, die bewäl-
tigt werden müssen, um auch weiterhin
so gut auf derartige Situationen reagie-
auf allen Kanälen
ren zu können. Dazu bedarf es motivier-
Jugend
ter Mitarbeitender. Diese bekommt man
jedoch nicht, wenn man nach dem Motto
„Wertschätzung nach Kassenlage“ unsere
Nun also doch! Da die Arbeitgeber statt Land am Laufen zu halten; kämpfen für berechtigten Forderungen ablehnt. Viel-
mit Wertschätzung nur mit Verweige- all die Kolleginnen und Kollegen, die für mehr bedarf es guter Einkommens- und
rung auf die Leistungen der Beschäftig- die Gesundheit der Menschen im Land an Beschäftigungsbedingungen für unsere
ten in Bund und Kommunen reagiert ihre Grenzen gegangen sind; kämpfen für Beschäftigten.
haben, steht für den dbb und die dbb die, die dazu beigetragen haben, dass wir
jugend fest, dass sie trotz der Einschrän- vergleichsweise gut durch diese schwere Forderungen der Jugend
kungen durch die Coronakrise kämpfen Krise gekommen sind.
werden – kämpfen für die jungen Kolle- Wir alle wissen, dass die Anforderun- Daher fordert der dbb für die Auszubil-
ginnen und Kollegen, die in den letzten gen an die Beschäftigten im öffentlichen denden sowie Schülerinnen und Schüler:
Monaten alles gegeben haben, um das Dienst weiter bestehen, und dass auch - Erhöhung der Ausbildungs- und Prakti-
kantenentgelte um 100 Euro sowie eine
verbindliche Zusage zur Übernahme der
Azubis
- Einbeziehung der praxisorientierten
Dualstudiengänge in den TVSöD
Weiter wollen wir ein Nahverkehrsti-
cket für alle Azubis. Natürlich werden wir
unsere Forderungen trotz Corona – im
Rahmen der Möglichkeiten – ganz klas-
sisch durch Aktionen auf der Straße unter-
mauern. Aber die Einkommensrunde fin-
det längst auch bei Instagram, facebook
und Co statt. Deshalb folgt uns und lasst
uns auch dort gemeinsam kämpfen! Ihr
findet uns unter folgenden Adressen:
Instagram: Instagram.com/dbbjugend
Facebook: facebook.com/dbbjugend
Karoline Herrmann, Vorsitzende der dbb jugend (Bund) Twitter: twitter.com/dbbjugend
Homepage: www.dbbj.de
Tarifbeschäftigte und Beamte
Wer ist von der Einkommensrunde 2020 betroffen?
Vom Tarifvertrag für den öffentli- auf die der Tarifabschluss übertragen wer- rung, die Tarifverträge für die Träger der
chen Dienst von Bund und Kommu- den soll. Die wirkungsgleiche Übertragung Deutschen Gesetzlichen Unfallversiche-
nen (TVöD) sind insgesamt etwa 2,5 betrifft hier nur die Bundesbeamten, da rung, die Tarifverträge für die Bundes-
Millionen Beschäftigte direkt oder die Kommunalbeamtinnen und -beamten bank, den TV-Fleischuntersuchung und
indirekt betroffen: rund 2,3 Millionen (in etwa 187.600) wie auch die Landesbe- den TV-V sowie den TV-AVH. Außerdem
Arbeitnehmende des Bundes und der amtinnen und -beamten nach den jewei- sind die Tarif-Beschäftigten der Nahver-
Kommunen und weiterer Bereiche, ligen Landesgesetzen besoldet werden. kehrs-Tarifverträge (TV-N) in Hessen,
für die der TVöD direkte Auswirkun- Diese orientieren sich in der Regel an den Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,
gen hat, Auszubildende (TVAöD-BBiG Tarifabschlüssen zum TV-L. Baden-Württemberg und Niedersachsen
und -Pflege), Praktikantinnen und Mittelbar hat die Einkommensrunde betroffen. Sollten nach der Einkommens-
Praktikanten (TVPöD) sowie Studie- auch für weitere Bereiche des öffent- runde einzelne oder alle Tabellenwerte
rende in ausbildungsintegrierten dua- lichen Dienstes Relevanz: Neben dem der TVöD-Tabelle oberhalb der Werte der
len Studiengängen (TVSöD) und auch TVöD betrifft sie auch die Tarif-Mitglie- Tabelle des Manteltarifvertrags für die
rund 225.000 Bundesbeamtinnen der im Bereich der Bundesagentur für Autobahn GmbH des Bundes (MTV Auto-
und Bundesbeamte sowie Anwär- Arbeit (TV-BA), die Tarifverträge für die bahn) liegen, so gelten die Werte auch für
terinnen und Anwärter beim Bund, Träger der Deutschen Rentenversiche- die Beschäftigten der Autobahn GmbH.
Seite 14 · EINKOMMENSRUNDE 2020 · SPEZIALAufmerksamkeit erzeugen zu tragen. Letzteres kann oftmals bereits
Aktionen und Arbeitskampf
eine Auflage der Versammlungsbehörde
sein, die dann ohne Einschränkungen zu
beachten ist. Dass es 16 Bundesländer mit
Arbeitskampf
in Corona-Zeiten
16 verschiedenen Corona-Verordnungen
gibt, macht die Sache nicht leichter. Da sich
die Regelungen ständig ändern, muss von
der oder dem Verantwortlichen vor Ort
Wenn am 1. September 2020 die Verhand- Vorbereitung für eine mögliche vor jeder Aktion zwingend geschaut wer-
lungen zur Einkommensrunde 2020 star- Eskalation den, ob es Neuerungen gibt, die zu berück-
ten, wird auffallen, dass aktuell keine sichtigen sind.
großen Menschenmassen ungeschützt Bis zur verabredeten dritten Verhand-
nebeneinander demonstrieren. Um Auf- lungsrunde Ende Oktober werden alle Tipps zur Vorbereitung und
merksamkeit für ihre berechtigten Forde- begleitenden Maßnahmen von den Arbeit- Durchführung
rungen zu erlangen, müssen Beschäftigte nehmenden in aller Regel im Rahmen von
und Gewerkschaften kreativ werden. befristeten Streikaktionen durchgeführt Wichtig ist, dass für die Anmeldung jeder
werden, die höchstens einen Tag andauern. Veranstaltung mehr Vorlaufzeit einge-
Systemrelevant Es kann aber nicht gänzlich ausgeschlos- plant wird, da es umfangreichere Vor-
sen werden, dass in der letzten Verhand- gaben oder Rückfragen seitens der Ver-
Die öffentlich Beschäftigten sind system- lungsrunde kein tragfähiger Kompromiss sammlungsbehörde geben kann. Ebenso
relevant! Es muss gelingen, auch die Bür- gefunden wird. Dann müsste eine Eska- sind für die Veranstaltung selbst mehr Zeit
gerinnen und Bürger des Landes davon lation in Form eines unbefristeten Streiks und Personal (Ordner) einzuplanen, um
zu überzeugen, dass die Forderungen der erfolgen. Darauf sind die Gewerkschaften beispielsweise Personenströme zu kon-
Beschäftigten und ihrer Gewerkschaf- vorbereitet. Erstrebenswerter ist es jedoch, trollieren oder den Versammlungsort zu
ten zur Verbesserung der Situation für die die Arbeitgeber vorher zum Einlenken zu reinigen. Auf Essen oder Getränke vor Ort
Beschäftigten des Bundes und der Kom- bewegen. Dafür muss dann aber während sollte verzichtet werden, ebenso wie auf
munen angemessen und nachvollziehbar der Verhandlungen ausreichend spürba- das Anreisen mit Bussen. Sinnvoll kann
sind. Je mehr Verständnis und Unterstüt- rer und öffentlicher Druck erzeugt werden. es sein, mit dem Aufruf zu der geplan-
zung in der Öffentlichkeit für die Argu- ten Aktion den Teilnehmenden im Vorfeld
mente der Arbeitnehmerseite erzeugt Worauf muss aktuell ein Informationsblatt über die einzuhal-
werden können, umso größer wird das geachtet werden? tenden Hygienevorschriften sowie über
positive Echo in den Medien sein. Zutritts- und Teilnahmeverbote bei Krank-
Bei allen geplanten Veranstaltungen und heit zuzusenden.
Coronagerechte Aktionsformen Aktionen müssen coronabedingte Vorga-
ben und Hygienevorschriften zwingend Durchsetzen der Corona-Vorgaben
Damit es über den gesamten Zeitraum der eingehalten werden. So ist davon auszu-
Einkommensrunde gelingt, die Aufmerk- gehen, dass die allgemein geltenden AHA- Problematisch ist, dass die Akzeptanz von
samkeit der Bevölkerung zu halten, müssen Regeln uns auch noch in der Phase der Corona-Schutzmaßnahmen in der Bevölke-
unterschiedliche Aktionsformen genutzt Einkommensrunde und darüber hinaus rung sinkt. Die / Der Versammlungsleiter /
werden. Großveranstaltungen mit meh- begleiten werden. Das bedeutet also, den -in sollte sich jedoch nicht auf diesbezüg-
reren tausend Demonstranten sind aktu- Abstand von mindestens 1,5 m zwischen liche Diskussionen einlassen, sondern auf
ell nicht durchführbar. Um nicht aktiv an den Teilnehmenden einzuhalten. Des staatliche Vorgaben und die Gefahr, dass
der Ausbreitung des Corona-Virus mitzuar- Weiteren sind Hygiene-Regeln zu beach- bei Verstößen Bußgelder verhängt wer-
beiten, müssen wir auf viele kleinere Akti- ten, wie zum Beispiel die „Niesetikette“, den können, verweisen. Zudem ist es im
onen in den Dienststellen zurückgreifen. keine Umarmungen oder Händeschütteln. Interesse jeder Fachgewerkschaft und des
Deshalb sind in diesem Jahr umso mehr die Immer dort, wo der Mindestabstand nicht dbb, einen möglichen Imageschaden durch
regionalen und örtlichen Gewerkschafts- eingehalten werden kann, ist eine Alltags- Zuwiderhandlungen abzuwenden. Dies
funktionäre aufgerufen, mit kleineren und maske in Form eines Mund-Nase-Schutzes sollte allen Teilnehmenden bewusst sein.
zeitlich beschränkten Formaten die Kolle-
ginnen und Kollegen vor Ort zu mobilisie-
ren. Insbesondere ist es aus Sicht des dbb,
der die Einkommensrunden stets als ganz-
heitliche Aufgabe für alle Statusgruppen
begreift, wünschenswert, wenn sich auch
die beamteten Kolleginnen und Kollegen,
beispielsweise während ihrer Mittagspau-
sen oder in der Freizeit, solidarisch an den
Maßnahmen beteiligen. Durch die Forde-
rung der Übertragung der Ergebnisse des
Tarifabschlusses auf den (Bundes-)Beam-
tenbereich, sind auch sie von der Einkom-
mensrunde betroffen.
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