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FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS - & BUNDESTAGSWAHLEN 2021 Wohnungspolitische Forderungen an eine künftige Berliner Landesregierung 03 1. Mietendeckel-Aus: Bundesratsinitiative für eine wirksame Mietenregulierung...................................03 2. Wohnungswirtschaftsgesetz..........................................................................................................03 3. Gebäude-, Wohnungs- und Mietenkataster....................................................................................04 4. Städtischer Wohnungsbestand / Berliner Verfassung......................................................................04 5. Bewirtschaftung der landeseigenen Wohnungsunternehmen...........................................................04 6. Soziale Wohnraumförderung.......................................................................................................04 7. Sozialer Mietwohnungsbestand - gebaut bis 2013 / Miethöhen......................................................05 8. Modernisierungsförderung...........................................................................................................05 9. Berliner Liegenschaften................................................................................................................05 10. Grundsteuer als Bodenwertsteuer ................................................................................................05 11. Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum..............................................................................06 12. Verwahrlosung von Wohnraum....................................................................................................06 13. Planungsverfahren.......................................................................................................................06 14. Energiewendegesetz / Klimaschutz / Wärmewende......................................................................06 Forderungen an den Bund 07 Wohnungspolitik 07 1. Bodenpreise und Bodennutzung.............................................................................................07 2. Grundstücke der öffentlichen Hand........................................................................................07 3. Preislimitierte Vorkaufsrechte ................................................................................................08 4. Mietobergrenzen in Milieuschutzgebieten..............................................................................08 5. Spekulation verhindern: Baugebote, Entwicklungsmaßnahmen, etc...........................................08 6. Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.....................................................................09 7. Neubau für breite Schichten der Bevölkerung / Sozialwohnungen...........................................09 8. Stärkung des Gemeinwohls....................................................................................................09 9. Share Deals - Grunderwerbssteuer.........................................................................................09 10. Freier Kapitalverkehr – Art.63 Arbeitsweise der EU/AEUV......................................................09 11. Pariser Klimaschutzziele........................................................................................................ 10 Mietrecht/Mietpreisrecht 10 1. Mieterhöhungen stoppen....................................................................................................... 10 2. Mietpreisüberhöhung und Wirtschaftsstrafgesetz....................................................................10 3. Mietpreisbremse...................................................................................................................10 4. Mieterhöhung nach Modernisierung....................................................................................... 10 5. Barrierearmes und barrierefreies Wohnen.............................................................................. 11 6. Kündigungsschutz und Eigenbedarf........................................................................................ 11 7. Gewerbemieterschutz............................................................................................................ 11 8. CO2-Bepreisung und Betriebskostenverordnung....................................................................... 11 9. Grundsteuer und Betriebskostenverordnung ........................................................................... 11 02 FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021
WOHNUNGSPOLITISCHE FORDERUNGEN AN EINE KÜNFTIGE BERLINER LANDESREGIERUNG Der Berliner Mietendeckel hatte für Berlin eine Umkehr beim Mieterschutz vor überbordenden Vermieterforderungen hervorgebracht. Mieter und Mieterinnen wurden nach Jahren des massiven Mietanstiegs erheblich entlastet. Bedauer- licherweise hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts auf die Normenkontrollklage von Abgeordneten der CDU/ CSU- und der FDP-Fraktion und zwei Richtervorlagen hin das Mietendeckelgesetz als von Beginn an für nichtig erklärt, weil das Land Berlin keine Gesetzgebungskompetenz für öffentlich-rechtliche Mietregulierungen habe. Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wurde eine Nachzahlungspflicht für große Teile der Berliner Mieterschaft ausgelöst, die für zahlreiche Mieter und Mieterinnen, die während der Corona-Pandemie erhebliche Einkommensverluste haben, das Risiko eines Wohnungsverlustes bedeuten. Mit dem Ende des Berliner Mietendeckels wurde allerdings eine bundesweite Debatte über weitergehende Eingriffe zur Regulierung angespannter Märkte angestoßen. Eine spontane Demonstration mit mehr als 15.000 Teilnehmer:innen am Tag der Urteilsverkündung hat dem nun weitergehenden Protest der Mieter:innen einen starken Ausdruck verliehen. Soziale Wohnraumversorgung muss überwiegend im vorhandenen Wohngebäudebestand ge- löst werden. Eine wirksame Mietenregulierung reicht nicht aus. Es muss daher noch eine Antwort für das fehlende Angebot an leistbaren Mietwohnungen gefunden werden. Der Gemeinwohl-Wohnungsbestand muss deutlich erhöht werden. Das hat das letzte Jahrzehnt gezeigt, in dem sich die Wohnungspolitik weitgehend an privatwirtschaftlichen Renditeerwartungen orientiert hat. Staatliche Eingriffe und das finan- zielle Engagement der öffentlichen Körperschaften müssen stattdessen eine stärkere Bedeutung erlangen. Zivilgesellschaft- liches Engagement ist dabei aufzunehmen. 1. Der Berliner Senat wird aufgefordert, sich im petenz besitze. Mit dem Beschluss sind aber die Bundesrat für eine wirksame Mietenregulie- Probleme ungezügelten Mietenanstiegs in beste- rung einzusetzen. Diese soll umgehend für einen henden Mietverhältnissen und auch bei Wiederver- befristeten Mietenstopp sorgen und mittelfristig die mietung nicht beendet. Im Gegenteil, sie werden in Mieterhöhungen auf 1,5% pro Jahr begrenzen. den nächsten Monaten für viele Mieter:innen wie- Bei Wiedervermietungen muss die Miethöhe auf der zunehmen. Trotz der Schwierigkeiten mit dem Oberwerte begrenzt werden, die in Gebieten mit Zivilrecht und insbesondere mit dem System der erhöhtem Wohnbedarf grundsätzlich auch unter- ortsüblichen Vergleichsmiete muss nun über eine halb der Mietpreisbremsenkappung liegen sollten. Bundesratsinitiative um Nachbesserungen gerun- Mietsteigerungen nach Modernisierung sind auf gen werden. Gegen ein solches Verfahren spricht 4% der Modernisierungskosten jährlich und höchs- der Beschluss des BVerfG nicht, denn zur Eingriffs- tens 1,50 €/qm zu beschränken. Der Senat wird tiefe in die Eigentümerrechte hat sich der 2. Senat darüber hinaus aufgefordert zu prüfen, inwie- nicht geäußert. Gleichwohl steht aus, wie nunmehr weit nach dem Beschluss des Bundesverfassungs- zukünftig der beste Weg für einen wirksamen Mie- gerichts vom 15.4.2021 überhaupt öffentlich- terschutz gefunden werden kann. Deshalb hier die rechtliche Preisregulierungen im Wohnungswesen Prüfaufträge an den Senat. denkbar sind, ob Mietpreisregeln grundsätzlich aus der Kompetenz des Bundes herausgelöst werden sollten und inwiefern über Ermächtigungsnormen 2. Berlin braucht ein Wohnungswirtschaftsgesetz im BGB die Bundesländer zu adäquaten Mietpreis- aus der landesrechtlichen Kompetenz für das regeln jenseits des Systems der ortsüblichen Ver- Wohnungswesen, in dem für gewerbliche Ver- gleichsmiete kommen können. mieter unter anderem die Bildung ausreichender Instandhaltungsrücklagen und Bewirtschaftungs- Begründung: budgets verankert wird, Belegungsrechte für WBS- berechtigte Haushalte und besondere Bedarfsgrup- Mit dem Beschluss des 2. Senats des Bundesverfas- pen sowie Mitwirkungsrechte von Mieter:innen und sungsgerichts vom 15.4.2021 ist das Gesetz des Mieterbeiräten festgelegt und Mindestanforderun- Berliner Mietendeckels als „von Beginn an für nich- gen an die Transparenz der Gesellschafterstruktur tig“ erklärt worden, weil das Land Berlin für eine öf- definiert werden. fentlich-rechtliche Landesgesetzgebung keine Kom- FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021 03
Begründung: wohlbestand insgesamt erhöht werden. Soweit Ber- lin dazu die Kompetenzen hat, sollten sie genutzt „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich werden. dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ heißt es in In diesem Zusammenhang soll der Senat auch prü- Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes. Es erscheint not- fen, ob werksgebundener Neubau eine Unterstüt- wendig, auch über konkrete Mieterschutzregelun- zung darstellen kann. gen zur Begrenzung der Miethöhe und zum Schutz Der Senat muss zudem in der nächsten Legislatur vor Kündigungen hinaus, weitere Regelungen zur den Bau von 5.000 Wohnungen für Auszubildende Bewirtschaftung von Wohnraum für alle Anbieter und Studierende mittels Förderung durch die kom- festzulegen, da die zivilrechtliche Interessendurch- munalen Anbieter oder andere Gemeinwohlunter- setzung vielfach an Grenzen stößt. Öffentlich-recht- nehmen ermöglichen. liche Festlegungen für das „Wohnungswesen“ in den Ländern können hier eine sinnvolle Ergänzung darstellen. 5. Die kommunalen Wohnungsunternehmen müs- sen sich noch stärker sozialpolitisch engagieren, ggf. mit einer weiteren Unterstützung durch den 3. Im Rahmen seiner landesrechtlichen Kompetenzen Eigentümer, das Land Berlin. In die Mietenkonzep- soll der Berliner Senat ein Gebäude-, Wohnungs- tion der landeseigenen Wohnungsunternehmen und Mietenkataster aufbauen. ist daher die Mietenregulierung aus dem Mieten- WoG („Berliner Mietendeckel“) zu übernehmen. Begründung: Bei Neubauvorhaben sind vermehrt neue Bewirt- schaftungs- und Nutzungskonzepte auszupro- In Anlehnung an die Kataster in anderen Ländern bieren. Für den Gebäudebestand sind die Mitbe- (Schweden, Dänemark, Schweiz, etc.) soll Berlin stimmungs- bzw. Mitwirkungsmöglichkeiten der ein Gebäude- und Wohnungskataster auf Basis Mieter:innen zu erhöhen. Dafür ist das Wohn- der landesrechtlichen Kompetenz zum Wohnungs- raumversorgungsgesetz anzupassen. wesen aufbauen, das der Marktbeobachtung, der Preisregulierung, dem Wohnraumschutz und der Begründung: Transparenz über die rechtlich und wirtschaftlich Verfügungsberechtigten dienen soll. Mietänderun- Die städtischen Wohnungsunternehmen haben gen sind mit zu erfassen. bei der Wohnraumversorgung am Wohnungsmarkt benachteiligter Haushalte schon eine herausragen- de Bedeutung. Doch bis der Gemeinwohl-Bestand 4. Mittelfristig soll der Bestand an städtischen Woh- insgesamt gewachsen ist, wird es notwendig sein, nungen durch Neubau, Ankauf und ggf. Verge- dass die kommunalen Wohnungsunternehmen sich sellschaftung auf 500.000 Wohnungen erweitert noch stärker engagieren. Dies wird vielfach nur werden. In der Berliner Verfassung ist abzusi- mit einer Unterstützung des Eigentümers, des Lan- chern, dass Berlin als Eigentümer der kommunalen des Berlin, möglich sein. Das Bundesverfassungs- Wohnungsunternehmen dauerhaft an einer Ver- gericht hat zwar dem Land Berlin die Kompetenz äußerung gehindert ist. Der Berliner Senat soll Be- für ein Mietendeckel-Gesetz abgesprochen, sich dingungen schaffen, unter denen der Wohnungs- aber bezüglich der konkreten Regulierungen nicht bestand von Anbietern, die sich dem Gemeinwohl weiter geäußert. Deshalb kann Berlin als Eigentü- explizit verpflichten, auf 50% des gesamten Woh- mer die Mietendeckel-Regeln für seine Wohnungs- nungsbestandes steigt. unternehmen weiter anwenden. Der Neubau der kommunalen Wohnungsunternehmen ist von gro- Begründung: ßer Bedeutung, Schnelligkeit sollte aber nicht vor Qualität und Vielfalt stehen. Wohnungen sind sehr 1990 verfügte Berlin über fast 500.000 kommu- langfristige Güter. Gerade im Hinblick auf die Sta- nale Wohnungen, die ein Korrektiv auf dem über- bilität von Quartieren ist eine weitergehende Mit- wiegend privat organisierten Mietwohnungsmarkt bestimmung und ernsthafte Mitwirkungsmöglichkeit darstellten. Diese Wohnungsanzahl soll wieder er- der Mieter:innen sinnvoll. reicht werden. Die Privatisierung durch Berlin und der Verkauf von Wohnungen mittels Altschuldenhil- feregelung des Bundes waren ein schwerwiegender 6. Der Berliner Senat muss die soziale Wohnraum- Fehler. Um solche Fehler zukünftig auszuschließen, förderung durch Erhöhung des Fördervolumens ist der Veräußerungsausschluss in die Berliner Ver- noch verbessern, um kommunale Wohnungsunter- fassung aufzunehmen. nehmen zu stärken und um die Förderung für an- Der kommunale Wohnungsbestand soll jedoch dere Gemeinwohlanbieter attraktiver zu machen. nicht das einzige Marktkorrektiv darstellen. Aus Damit können auch die sonstigen Förderbedingun- diversen Erwägungen heraus muss der Gemein- gen zielgenauer gestaltet werden. 04 FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021
Begründung: grenzen verbindlich festgelegt. In der aktuellen Wohnungsmarktsituation wird die soziale Wohnraumförderung vorrangig von 8. Der Berliner Senat muss endlich eine die Bundes- kommunalen Wohnungsunternehmen in Anspruch förderung ergänzende Modernisierungsförde- genommen. Das ist aktuell nachvollziehbar, denn rung von mindestens 150 Mio. € pro Jahr aufle- auch nach Ablauf der Bindungen verbleiben die- gen, die im Hinblick auf die Ziele nicht hinter den se Wohnungen im Gemeinwohl-Bestand und sind alten in 2019 außer Kraft getretenen Richtlinien zu- nicht der privaten Verwertung ausgesetzt. Bezieht rückfallen darf. Dem BMV ist bewusst, dass der Er- man den Grundstückserwerb ein, ist aber auch folg einer solchen Förderung ganz wesentlich von nach der Neufassung der Förderrichtlinien in Berlin ergänzend zu schaffenden ordnungsrechtlichen die Wirtschaftlichkeit noch nicht hinreichend gege- Vorgaben abhängig ist. ben. Das Land Berlin muss daher das Fördervolu- men je Wohnung noch erhöhen, kann dafür aber auf Tilgungszuschüsse verzichten. Die Umwandlung Begründung: von Miet- in Eigentumswohnungen im Sozialen Es ist ein Armutszeugnis des Berliner Senats, dass es Wohnungsbau muss fördervertraglich ebenso aus- nicht gelungen ist, zeitgleich mit dem Inkrafttreten geschlossen werden wie die vorzeitige Rückzahlung des Mietendeckels ergänzend zur Bundesförderung von Darlehen. Die Fokussierung der sozialen Neu- eine neue Modernisierungsförderung aufzulegen, bauförderung auf die kommunalen Unternehmen nachdem die alte Förderung eingestellt wurde. Der wird aber nicht ausreichen, um das angestrebte Berliner Mieterverein warnt den Senat vor einer quantitative Ziel des Gemeinwohl-Bestands zu er- Missachtung der umweltpolitischen Ansprüche und reichen. Eine Reform der Wohnungsbauförderung sozialpolitischen Verantwortung. So bedarf es eines muss sich daher auch auf andere gemeinwohlori- Bindungszeitraums von 20 Jahren auch für die Be- entierte Anbieter ausrichten. legungsbindung. Die Umwandlung der geförderten Wohnungen zu Eigentumswohnungen muss ausge- schlossen werden. Das Förderprogramm benötigt 7. Für den sozialen Mietwohnungsbestand – ge- zudem klare Öko-Standards. fördert bis 2013 - muss zügig eine Mietenkorrektur vorgenommen werden, um die Ungereimtheiten des früheren Fördersystems aufzuheben und um 9. Die Liegenschaftspolitik des Senats muss einen die Belastung des Landeshaushalts zu verringern. größeren Beitrag für die soziale Stadtentwick- lung und den Neubau preisgünstigen Wohn- Begründung: raums leisten. Der aktuell sichergestellte Mietenstopp aus dem Ab- Begründung: bau der Degression kommt das Land Berlin teuer zu stehen. Daher müssen alle rechtlichen und finanz- Die Berliner Immobilien Management (BIM) muss technischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, den städtischen Wohnungsunternehmen oder im um die Eigentümer bei der Umstellung des Mieten- Konzeptverfahren auf Erbpachtbasis für andere ge- systems mit in die Verantwortung zu nehmen. Damit meinwohlorientierte Träger deutlich mehr Grund- soll gleichzeitig ein gerechteres Mietensystem ein- stücke zur Verfügung stellen. Die Grundstücke von geführt werden. Vorschläge liegen dazu auf dem anderen Berliner Landesunternehmen oder Verwal- Tisch, z.B. in Form der vom BMV vorgeschlagenen tungen sowie Einrichtungen müssen in die neue Lie- Richtsatzmiete. Die Bestimmung höchstzulässi- genschaftspolitik eingebunden werden. Als Einstieg ger Mieten könnte wie folgt vorgenommen wer- in eine vorausschauende Bodenbevorratungspolitik den: Zur Sicherung bezahlbarer Mieten im Bestand ist der jüngst vom Berliner Senat eingerichtete Bo- des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus denfonds eine gute Grundlage, die ausgebaut und darf die Wohnung in einem gemäß § 6 II. WoBauG verstärkt werden muss. mit öffentlichen Mitteln gefördertem Objekt bis zum Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ nicht gegen eine höhere als die höchstzulässige Miete vermietet werden. Dies gilt für bestehende Miet- verhältnisse und die Neuvermietung der Wohnung. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Ver- einbarung ist unwirksam. Die höchstzulässige Miete wird differenziert in Mietenklassen unter Berücksich- tigung des energetischen Zustandes des Gebäudes und der Einkommenshöhen auf der Grundlage der in § 9 Absatz 2 WoFG geregelten Einkommens- FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021 05
10. Der Berliner Senat soll die im Rahmen der Grund- steuerreform beschlossene Öffnungsklausel WAHL nutzen, um eine reine Bodenwertsteuer einzu- führen. Er soll sich zudem im Bund für eine He- rausnahme der Grundsteuer aus den Betriebs- 2021 kosten einsetzen. Begründung: Berlin scheint eine Grundsteuer auf Basis des Bun- desrechts einführen zu wollen. Damit wird eine Chance vertan. Denn eine auch auf das Gebäude bezogene Grundsteuer wäre ungerecht, da das in der Immobilie steckende Kapital und auch die Ar- beit doppelt besteuert würden, während die Boden- wertsteigerungen als leistungslose Gewinne des 12. Der Verwahrlosung von Wohnraum muss rasch Grundstückseigentümers weitgehend unbelastet und entschiedener entgegen getreten werden. Für blieben. Ein den verfassungsrechtlichen Vorgaben die Einsetzung von Treuhändern sind alle erfor- angepasste Grundsteuerberechnung kann grund- derlichen finanziellen und rechtlichen Rahmen- sätzlich wegen der Immobilienpreisentwicklung bedingungen zu schaffen. auch in den zentralen Lagen zu höherer Grund- steuer führen. Doch die Grundsteuer ist eigent- Begründung: lich eine Eigentümersteuer. Der Berliner Senat soll sich daher im Bund für eine Herausnahme der Es gibt vereinzelt Wohnraum, der seit Jahren leer Grundsteuer aus den Betriebskosten einsetzen und oder stark vernachlässigt ist, Bau- und Woh- nungsmängel aufweist. Bis jetzt ist es den Behörden nur sehr vereinzelt gelungen, diesen Wohnraum 11. Die zweckfremde Nutzung von Wohnungen wieder konkreten Wohnnutzungen zuzuführen. Das zu Ferienzwecken und für den Abriss von be- ist ein erbärmliches Ergebnis. Wenn die Bezirksäm- stehendem Wohnraum muss weiter eingeschränkt ter tatenlos sind, muss der Senat die Verfahren an werden. sich ziehen. Damit den Bezirken auch die Option bleibt, einen Treuhänder mit der Bewirtschaftung, Begründung: Sanierung und ggf. Wiederherstellung zu Wohn- zwecken einzusetzen, sind alle erforderlichen fi- Nach wie vor ist das Defizit an - vor allem leist- nanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu barem - Wohnraum groß. Deshalb muss eine Ver- schaffen. ringerung des Angebots an Wohnraum verhindert werden. Die Verfolgung der Zweckentfremdung von Wohnraum zugunsten von Ferienwohnungs- nutzungen ist jedoch immer noch nicht erfolgreich genug. Nach wie vor werden auf den Portalen von Airbnb, wimdu und Co. tausende Wohnungen als Ferienwohnungen von zumeist gewerblichen Unter- nehmen angeboten. Der Berliner Mieterverein ver- langt eine Task Force, gebildet aus den Senatsver- waltungen für Stadtentwicklung und Wohnen sowie Finanzen, Bezirksämtern und Steuerbehörden, um der unerlaubten Zweckentfremdung von Wohn- raum durch Ferienbeherbergung endlich ein Ende zu setzen. Die Anforderungen an den Ersatzwohn- raum müssen bei geplantem Abriss so gestellt wer- den, dass der neue Wohnraum dem Allgemeinwohl dient. Dazu sind auch Mietpreisregelungen vorzu- nehmen. 06 FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021
FORDERUNGEN AN DEN BUND Der aktuellen Bundesregierung ist es nicht gelungen, mittels gesetzlicher Regelungen sowie steuerlicher und direkter För- derung in der auslaufenden Legislatur der besonderen Bedeutung des Wohnens zur Miete Rechnung zu tragen. Die Ge- staltung der Rahmenbedingungen orientiert sich weiterhin deutlich stärker an den Interessen der Wohnungs- und Immobi- lienwirtschaft als an den Interessen der Mietenden. Dabei soll nicht verkannt werden, dass schrumpfende und wachsende Regionen mit unterschiedlichen Problemen und politischem Handlungsbedarf in Deutschland oft nicht weit voneinander entfernt sind. Die Politik muss aber die Bereitschaft haben, vor allem da Lösungen aufzuzeigen, wo die Wohn- und Miet- situation besonders dramatisch ist. Das sind vor allem die großen Städte und Wachstumsregionen. Hier steht die Bun- despolitik in der Pflicht, den Städten und Umlandregionen mit den Mitteln der Boden-, Bau- und Mietenpolitik sowie mit Förderungen zu helfen. Dabei geht es nicht nur um Masse, sondern um die Sicherung und Erweiterung eines für breite Schichten leistbaren Wohnungsangebots. Die unterschiedlichen Wohnungsmärkte dürfen aber nicht darüber hinwegtäu- schen, dass die zentralen Konfliktlinien zwischen einer an den privaten Verwertungsinteressen der Boden- und Immobi- lieneigner ausgerichteten Politik und den Bedürfnissen einer auf den Schutz eines sicheren Mietverhältnisses und einer im Verhältnis zum Einkommen leistbaren Wohnung, liegen. Dies ist ganz besonders wichtig im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID 19 – Pandemie. Für viele Mieterhaushalte wird sich die wirtschaftliche Situation aufgrund von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie der Aufzehrung von Erspartem und Altersvorsorgeanlagen zwecks Leistung von Wohnungsmieten deutlich verschlechtern. Inwiefern hier noch gegenzusteuern ist, muss die genaue Beobachtung der Ent- wicklung zeigen. Für wirksame mietpreisrechtliche Schutzvorschriften muss aktuell nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.4.2021 zum Berliner Mietendeckel auf eine Verbesserung des BGB gesetzt werden. Grundsätzlich werden aber für zu- künftige Regulierungen mehrere Wege zu prüfen sein, auch weil die Defizite des Systems der ortsüblichen Vergleichsmiete und aller darauf basierenden Instrumente offenkundig sind. 2. Wohnungspolitik Grundstücke der öffentlichen Hand dürfen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten nicht länger zum Höchstpreis veräußert werden, 1. Bodenpreise und Bodennutzung sind zu regu- sondern sind dort vorrangig an städtische Woh- lieren und stärker an das Gemeinwohl zu bin- nungsunternehmen, an Genossenschaften und den. Bodenwertsteigerungen haben dem Ge- gemeinwohlorientierte Wohnbauakteure auf Erb- meinwohl zu dienen, unbebautes Land in den pachtbasis und mit Konzept zu vergeben. Städten ist grundsätzlich höher zu besteuern. Begründung: Begründung: Die öffentliche Hand darf sich - egal ob es sich um Die enorm angestiegenen Bodenpreise machen BIMA-Grundstücke oder Flächen bundeseigener in zentralen Lagen teilweise die Hälfte der Erstel- Unternehmen handelt - nicht an der Preisspirale lungskosten im Neubau aus; sie verhindern den beteiligen, denn nur diese Grundstücke können Bau bezahlbarer Wohnungen für breite Bevölke- am Markt zu einer Preisdämpfung beitragen: Die rungsschichten und sorgen für einen massiven öffentlichen Grundstücke stellen vielfach die Reser- Preisanstieg auch beim Handel mit Gebäuden. Der ve für alle Nutzungen der Daseinsvorsorge dar und Umgang mit dem Boden ist der Schlüssel für eine sind zu sichern. nachhaltige, soziale und gerechte Stadtentwick- lung und Voraussetzung für den sozialen Frieden. Die Verfügung über Grund und Boden ist eine sehr wichtige Ressource des Staates. Die Privatisierung von leistungslosen Bodenwert- steigerungen steht im Widerspruch zur Sozial- pflichtigkeit (Art. 14 GG) des Eigentums und der sozialgerechten Bodennutzung wie sie das BauGB erfordert. FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021 07
3. Preislimitierte Vorkaufsrechte müssen gesetzlich Ausnahmeregelung trägt dann doch zu einer un- schärfer definiert und auf Objekte außerhalb von erwünschten Zusammensetzung der Wohnbevölke- Milieuschutz- und Entwicklungsgebieten ausgewei- rung bei und eröffnet Umgehungsmaßnahmen wie tet werden. Die Orientierung an einem spekula- dem Leerziehen durch Abfindungen neue Chancen. tionsgetriebenen Verkehrswert darf kein Maßstab für gemeinwohlorientiertes Bauen sein. Vielmehr soll der Vorkauf zu einem tragbaren nachhaltig 5. Der Spekulation mit Grund und Boden muss zu erwirtschaftenden Ertragswert erfolgen, der auf durch Entwicklungsmaßnahmen, handhabbare Belegungs- und Mietpreisbindungen basiert. Die Baugebote und Sozialwohnungsbauverpflich- Übertragbarkeit der Regulierungen des Grund- tung entgegengewirkt werden. Durch eine kürze- stücksverkehrsgesetzes für die Landwirtschaft („Zu- re Befristung der Baugenehmigung soll der Grund- weisung zu angemessenen Bedingungen“) ist zu stückshandel eingedämmt werden. prüfen. Die Ausübungsfrist des Vorkaufsrechts soll auf 6 Monate verlängert werden. Die Frist zur Ab- Begründung: gabe von Abwendungsvereinbarungen ist 2 Mona- te vor Ablauf der Vorkaufsrechtsfrist zu beenden. Die Kommunen benötigen ein neues planungs- rechtliches Instrument zur Steuerung der Boden- Begründung: preisentwicklung, das auch kleinteilig (z.B. auf § 34 BauGB-Grundstücken) anzuwenden ist. Durch eine Aufgrund mannigfacher Fehler und vorgeblich fi- das Gemeinwohl stärker berücksichtigende und nanzieller Erfordernisse wurden in der Vergangen- den Verfahrensaufwand sowie die Rechtssicher- heit Grundstücke, Wohnungsbaugesellschaften heit optimierende Ausgestaltung des Baugebotes und Immobilien der öffentlichen Hand verkauft. gem. § 176 BauGB, insbesondere für Städte und Um den Bestand an kommunalen Wohnungen Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt, oder weiterer Gemeinwohlanbieter nun wieder zu kann der Spekulation entgegengewirkt werden. erhöhen, bleibt realistischer Weise nur ein preisli- Dazu könnten z.B. in Betracht kommen: eine er- mitiertes Vorkaufsrecht. Nicht nur durch die Recht- leichterte städtebauliche Begründung insbesonde- sprechung wird dieses Instrument aber faktisch aus- re hinsichtlich des „dringenden Wohnbedarfes der gehöhlt. Eine gesetzgeberische Absicherung über § Bevölkerung“ gem. § 175 Abs. 2 BauGB und das 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist daher notwendig, denn Instrument der Innenentwicklung (IEM). Die Barrie- die Preisentwicklung beim Grundstücks- und Immo- ren zur Sozialwohnungsbauverpflichtung in Bebau- bilienhandel erfordert einen zu hohen finanziellen ungsplänen nach § 9 Abs. 1 Nr.7 BauGB sind zu Einsatz der Kommune oder lässt das aktuelle Vor- beseitigen. kaufsrecht zu einer Ausnahme verkommen. 6. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswoh- 4. Gemeinden müssen die Möglichkeit erhalten, in nungen ist bis auf wenige Ausnahmefälle einzu- Milieuschutzgebieten auch Mietobergrenzen schränken. verbindlich zu machen. Die gesetzlichen Ausnah- meregelungen für die Umwandlung von Miet- in Begründung: Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten sind weitestgehend aufzuheben. Die Eigentumsbildung im Wohngebäudebestand für breite Schichten der Bevölkerung als Alters- Begründung: vorsorge durch Selbstnutzung ist weitgehend eine Fiktion. Umwandlung ist ein Geschäftsfeld von In- Mit Gebieten der sozialen Erhaltungssatzung will vestoren. Am Ende wird der weit überwiegende die Kommune erreichen, dass die vorhandene Teil der umgewandelten Wohnungen vermietet und Wohnbevölkerung nicht mittels Baumaßnahmen dient als Kapitalanlage bzw. Altersvorsorge für hö- verdrängt wird. Durch die Rechtsprechung der here Einkommensschichten, während die in den Verwaltungsgerichtsbarkeit müssen sie dabei auf Wohnungen lebenden Mieter sich ständig unter Mietobergrenzen als Schwelle verzichten. Das ist dem Damoklesschwert der Eigenbedarfskündigung unsinnig und kontraproduktiv z.B. im Hinblick auf befinden. Mit Umwandlung wird zudem kein neu- erforderliche energetische Maßnahmen. Hier ist er Wohnraum geschaffen. Deshalb ist per BauGB der Gesetzgeber gefordert. oder WEG die Umwandlung weitgehend einzu- Trotz des kommunalen Genehmigungsvorbehalts schränken. der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnun- gen werden nach wie vor in Milieuschutzgebieten tausende von Mietwohnungen umgewandelt, weil der Eigentümer sich verpflichtet, binnen sieben Jahren nur an einen Mieter zu verkaufen. Diese 08 FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021
7. Der soziale und preisgünstige Wohnungsneu- Begründung: bau ist deutlich auszuweiten. Bund und Länder müssen jährlich zweckgebundene Fördermittel für Es ist nicht hinnehmbar, dass etwa der Erwerb eines mindestens 100.000 leistbare Wohnungen bereit- Eigenheims mit Grunderwerbsteuer belastet wird, stellen. Die Fördersystematik ist hin zu langfristigen während die Übertragung von großen Gewerbeim- und dauerhaften Bindungen umzubauen. mobilien oder umfangreichen Wohnungsbeständen nicht selten unter Umgehung der Grunderwerbsteu- Begründung: er gestaltet wird. Es ist davon auszugehen, dass sich hierdurch Steuermindereinnahmen in erheblichem Allein mit mehr Fördermitteln und für Anbieter luk- Umfang für die Haushalte der Länder ergeben. rativeren Förderbedingungen wird es nicht zu mehr preisgünstigen Wohnungen kommen. Aber ohne sie ist es auch nicht möglich. Im Gegenteil. Wenn 10. Das 1985 mit dem Binnenmarktprogramm ver- Unternehmen, Wohnanlagen oder Wohnungen ankerte Verbot jeglicher Eingriffe in den freien wieder unter eine am Gemeinwohl orientierte Be- Kapitalverkehr zwischen den EU-Staaten und zwi- wirtschaftung fallen sollen, wird es zu Beginn ohne schen der EU und Drittländern (Art 63, Abs. 1 Ver- massive öffentliche Investitionen kaum gehen. trag zur Arbeitsweise der EU/AEUV) für den Immo- bilienbereich muss eingeschränkt werden. Das kann durch ein Bundesgesetz oder Änderungen 8. Gemeinwohlorientierte Eigentümer und Ver- im europäischen Recht – wie bei den Maastrichter mieter müssen gestärkt werden. Dazu ist eine Sonderregelungen für Dänemark – erfolgen. Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit einzuführen. staatliche Finanzierung gemeinwirtschaftlich agierender Unternehmen und Wohnungsbe- Begründung: stände, die dauerhaft für gemeinwirtschaftliche Zwecke gebunden sind, muss in Deutschland Aktuell ist es das erhebliche Defizit an Wohnungen wie in allen EU-Ländern wieder ungehindert in Ballungszentren und Universitätsstädten, das den durch EU-Vorschriften möglich sein und durch Wohnungsbau und die Wohnungspolitik wieder in geeignete gesetzliche Regelungen und Finan- den Fokus gerückt hat. Von ebenso großer Bedeu- zierungsformen unterstützt werden. tung - gerade auch im Sinne einer längerfristigen Betrachtung – ist aber die ausreichende Versorgung Begründung: mit bezahlbarem Wohnraum. Es sind staatliche För- derinstrumente notwendig, die dauerhaft preiswer- Auf der europäischen Ebene hat die deutsche Poli- ten Wohnungsbestand schaffen bzw. erhalten und tik wesentlich dazu beigetragen, dass der Spekula- dauerhaft für diejenigen Haushalte zur Vermietung tion mit Immobilien in den europäischen Metropol- anbieten, die besondere Schwierigkeiten auf dem regionen Tür und Tor geöffnet wurden. Es ist nicht Wohnungsmarkt haben. Die 1990 aufgehobene hinnehmbar, dass nationale und internationale Fi- Wohnungsgemeinnützigkeit sicherte bei ca. 3,3 nanzanleger die Grundstückspreise in deutschen Mill. Wohnungen gegen Steuervorteile für die zuge- Städten so hochtreiben, dass ein Wohnungsbau hörigen Unternehmen eng festgeschriebene Miet- durch sozial verpflichtete Unternehmen und mit be- preisbegrenzungen. Im Gegensatz zur befristeten zahlbaren Mieten wirtschaftlich unmöglich ist. Objektförderung des Sozialen Wohnungsbaus gab Die staatliche Finanzierung gemeinwirtschaftlich es hier einen umfangreichen Wohnungsbestand, agierender Unternehmen und Wohnungsbestän- der auf einer Unternehmensbindung beruhte und de, die dauerhaft für gemeinwirtschaftliche Zwe- dessen Bindung als Dauerregelung konzipiert war. cke gebunden sind, wird durch das Wettbewerbs- recht der EU behindert. Wohnen gehört aber klar zur Daseinsvorsorge. Jedes EU-Mitgliedsland muss 9. Share Deals sind weiter als bisher geplant ein- deshalb ohne Gefahr eines Verstoßes gegen die zuschränken, statt der aktuell vorgesehenen, die Wettbewerbsvorschriften und ohne Auflagen bei Grunderwerbssteuer auslösenden Schwelle von der Eingrenzung der Zielgruppen „seine“ sozialen 90% Beteiligung, soll eine Grundsteuerpflicht be- Institutionen der Wohnungsversorgung aufbauen reits ab einer Beteiligungsgrenze von 50% bis 75% und erweitern können. entstehen. FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021 09
11. Die Klimaschutzziele von Paris sind auch woh- gen. Zur Miete wohnen ist so zu einem Armutsri- nungspolitisch umzusetzen. Wirksame, prakti- siko geworden. Ursache dafür ist das für Mieten- kable und sozialverträgliche Lösungen sind zu ent- dämpfung unzureichende System der ortsüblichen wickeln und umzusetzen. Ressourcenschonendes Vergleichsmiete. Hohe Mietsteigerungen nach Mo- Bauen, sparsame Flächennutzung, Stadtgrün und dernisierung sowie bei Wiedervermietung sind der Naturschutz am Bau sind zu stärken. Eine sozial- Mietpreistreiber auch für „normale“ Mietsteigerun- verträgliche Wärmewende braucht neben einer gen gemäß Mietspiegel. weitergehenden Kappung der Mietsteigerungs- 2. Das Wirtschaftsstrafgesetz ist so zu ändern, möglichkeiten mehr Beteiligungsmöglichkeiten der dass eine Mietpreisüberhöhung verfolgt werden Mieter:innen bei Planung und Durchführung, die kann, ohne dass die Ausnutzung eines geringen An- Verpflichtung für Gebäudeeigentümer zur Umset- gebots im Einzelfall vom Mieter belegt werden muss. zung von Maßnahmen in 5-Jahresstufen für die je- weils schlechtesten Gebäude im Hinblick auf CO2- Begründung: Emissionen und Endenergieverbrauch sowie eine verstärkte und verbesserte Förderung. Durch die Rechtsprechung des BGH ist die An- wendung des Wirtschaftsstrafrechts bei Mietpreis- Begründung: überhöhung lahm gelegt worden. Mietsenkungen sind auf diesem Wege aktuell nicht möglich, weil Das Energiekonzept der Bundesregierung weist subjektive Tatbestände bei der Ausnutzung des ge- darauf hin, dass „die energetische Sanierung des ringen Angebots dargelegt werden müssen, was Gebäudebestands der zentrale Schlüssel zur Mo- weder dem Mieter noch der Behörde aktuell ge- dernisierung der Energieversorgung und zum Errei- lingen kann. chen der Klimaschutzziele ist. In Städten stammen rund 50% der CO2-Emissionen aus dem Gebäude- bestand. Das Ziel muss deshalb sein, den Wärme- 3. Es ist eine dauerhaft wirksame Mietpreisbrem- bedarf des Gebäudebestandes drastisch um bis zu se zur Kappung der Mieten bei Wiederver- 40% bis 2030 zu senken, damit bis 2050 nahezu mietung zu schaffen. Wirksam bedeutet: volle ein klimaneutraler Gebäudebestand besteht. Klima- Transparenz der Miethöhe vor Vertragsabschuss neutral heißt, dass die Gebäude nur noch einen sehr und Abschaffung der Ausnahmen, bis auf die Un- geringen Energiebedarf aufweisen und der verblei- anwendbarkeit bei Neubauten. bende Energiebedarf überwiegend durch erneuer- bare Energien gedeckt wird. Dafür ist die Erhöhung Begründung: der energetischen Sanierungsrate auf mindestens 2 % pro Jahr erforderlich. Mit den aktuellen Strategien Auch die letzten Änderungen an der Mietpreisbrem- von Information, Beratung und Förderangeboten ist se haben nur dazu geführt, dass Mieter:innen im das nicht zu erreichen. Wirksamkeit wird ohne neue Einzelfall ihre Ansprüche auf Reduzierung der Miete ordnungsrechtliche Vorgaben nicht erzielt werden. besser durchsetzen können, an der weitgehenden Unwirksamkeit der Bremse aufgrund der Ausnah- Mietrecht/ meregelungen und der Bestandssicherung für über- höhte Vormieten hat sich nichts geändert, wie die Auswertung der Immobilienportale zeigt. Mietpreisrecht 1. Mieter:innen brauchen eine Verschnaufpause. Des- 4. Die Umlage nach Modernisierung in ihrer jetzi- halb sind für die nächsten 6 Jahre Mieterhöhungen gen Form ist abzuschaffen, mindestens aber auf auszuschließen - ohne Betriebskosten und moderni- 4% der Investition zu beschränken und bei 1,50 sierungsbedingte Steigerungen. Für gemeinwohlori- €/qm im Monat innerhalb von 8 Jahren kappen. entierte Anbieter mit unterdurchschnittlichen Miethö- Energetische Maßnahmen sollen möglichst warm- hen sind Steigerungen bis zu gesetzlich festgelegten mietenneutral sein. Oberwerten zulässig, maximal jedoch jährlich um die Steigerung der Lebenshaltungskosten. Begründung: Begründung: Die Beschränkung der Mieterhöhung nach Moder- nisierung durch das Mietrechtsanpassungsgesetz In den letzten Jahren sind die Mieterhöhungen in zum 1.1.2019 hat zwar Teilen der renditeorientier- bestehenden Mietverhältnissen zu einer massiven ten Anbieter „das Geschäft vermasselt“, für Mie- sozialen Belastung geworden. Die Angebotserwei- ter:innen mit unterdurchschnittlichen Einkommen terung durch Neubau konnte und kann daran bis- sind aber die zugebilligten Mieterhöhungen von lang wenig ändern. Die Wohnkostenbelastung ist 2,- bzw. 3,- €/qm im Monat immer noch zu hoch. gerade für Haushalte mit unterdurchschnittlichem Eine 8%ige Verzinsung ist weiterhin durch nichts zu Einkommen auf ein oft unerträgliches Maß gestie- rechtfertigen. 10 FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021
5. Zur Stärkung des barrierearmen und barriere- verschwindet. Darunter leiden auch Wohnungs- freien Wohnens sind die gesetzlichen Vorausset- mieter:innen, die auf wohnortnahe Versorgungen zungen für Mieter:innen-Maßnahmen zu verbes- angewiesen sind. Es bedarf daher vor allem einer sern. Die Vermieterzustimmung muss grundsätzlich Gewerbemietpreisbremse, verbindlicher lokaler erteilt werden. Nur in Ausnahmefällen darf es zu Gewerbemietspiegel sowie einer gesetzlichen Op- einer Rückbauverpflichtung oder Sicherheitsleis- tion auf Vertragsverlängerung nach Ablauf der ers- tung kommen. ten Vertragszeit. Begründung: Auch die kürzlich erfolgte Änderung des BGB wird 8. Die Betriebskostenverordnung ist dahingehend aller Voraussicht nach das mietrechtliche Hemmnis zu ändern, dass die Lasten aus der CO2-Beprei- zur Durchsetzung barrierearmer oder barrierefreier sung bei den Vermietern bleiben, damit dies Gestaltung der Wohnung durch Mieter:innen nicht für sie einen Anreiz zur energetischen Verbes- beseitigen. Solange die Rückbauverpflichtung oder serung darstellt. die finanzielle Absicherung des Rückbaus durch Mieter:innen nicht auf spezifische Einzelfälle (Aus- Begründung: nahmen) beschränkt ist, wird mittels Modernisie- rung durch Mieter:innen kaum nutzungsgerechter Die seit 1.1.21 gültige CO2-Bepreisung auf fossile Wohnraum geschaffen. Energieträger verteuert das Heizen für MieterInnen durch Abwälzung im Rahmen der Betriebskosten. Doch die gewünschten CO2-Reduktionen können nicht durch sparsames Heizen der Mieter:innen er- 6. Der Kündigungsschutz muss grundsätzlich und zielt werden, sondern vorrangig durch Umstellung insbesondere bei Eigenbedarf verstärkt werden. der Heizanlagen oder Verringerung des Wärmever- lustes im Gebäude, wofür die Anbieter zuständig Begründung: sind. Die Betriebskostenverordnung ist daher so zu Versäumnisurteile ohne Anhörung der betroffenen ändern, dass die CO2-Bepreisung im vermieteten Mieter und Mieterinnen dürfen nicht zum Verlust der Wohnungsbestand von den Vermietern zu tragen Wohnung führen. Die Beschränkung der Heilung ist. Bei Gasetagenheizungen und individuellen durch Schonfristzahlung einzig bei fristloser Kündi- Kohleheizungen sind analoge Regeln zu treffen. gung muss aufgehoben werden. Mietverhältnisse dürfen deshalb erst bei gerichtlich festgestellter Ver- tragsverletzung und fortgesetzter Nichtzahlung be- 9. Die Grundsteuer – erst recht eine zu fordernde endet werden. Die Nachzahlung der Mietschulden reine Bodensteuer – ist eine Eigentümersteuer innerhalb der Schonfrist muss nicht nur die fristlose, und soll nicht mehr in den Betriebskosten auf die sondern auch die ordentliche Kündigung wieder Mieter:innen abgewälzt werden dürfen. Es muss heilen. Der Räumungsschutz ist zu verbessern. anderenfalls sichergestellt werden, dass Mieter:in- nen ein Einsichtsrecht in sämtliche der Grundsteuer Die Möglichkeit, Eigenbedarf geltend zu machen, zugrunde liegende Unterlagen einschließlich Mess- ist erheblich einzuschränken, etwa durch den Aus- bescheid und Einheitswertbescheid erhalten. schluss von Eigenbedarf für bei Erwerb vermiete- ten Wohnraum. Ebenso soll für Wohnraum, in dem Mieter:innen mit einem Alter von über 70 Jahren Begründung: leben oder bei dem das Mietverhältnis schon min- Die Grundsteuer macht einen erheblichen Teil der destens 10 Jahre besteht, der Eigenbedarf ausge- Betriebskosten aus, der nach der gültigen Rechtslage schlossen werden. Vorgetäuschter Eigenbedarf ist von den Mieter:innen zu tragen ist. Doch diese Ab- stärker zu sanktionieren. wälzbarkeit ist nicht nachvollziehbar. Gerade durch die Neufassung der Grundsteuer infolge der Ver- fassungswidrigkeit der (ur-) alten Bemessung kann 7. Der Mieterschutz für Gewerbemieter:innen ist es zu einer weiteren Belastung für die Mietenden zu stärken. kommen. Die Grundsteuer ist aber – wie der Name schon sagt – eine Steuer auf den Grund bzw. Bo- Begründung: den. Von dessen Wertsteigerung profitiert der Eigen- tümer, während den Mieter:innen hohe Mietpreise Die Aufwertung vor allem innenstadtnaher Wohn- auferlegt werden. Es ist daher nur folgerichtig, wenn gebiete hat auch das (Klein-) Gewerbe unter Druck die Grundsteuer aus den umlegbaren Betriebskos- gesetzt. Die in der Regel befristeten Mietverträge ten herausgenommen wird. werden oft nicht verlängert oder zu Konditionen an- geboten, die das nutzende Gewerbe nicht finan- Stand: 28. April 2021, zieren kann. Monostrukturen entstehen, die Vielfalt V.i.S.d.P.: Reiner Wild, Berliner Mieterverein, Spichernstr.1, 10777 Berlin FORDERUNGEN ZU DEN ABGEORDNETENHAUS- & BUNDESTAGSWAHLEN 2021 11
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