Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
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a3kultur Sonderveröffentlichung II Kunst ist ein Seismograph der Gesellschaft Jubiläumsschau »20 Jahre Zeitsicht Art Award« Halle 1 Glaspalast Augsburg 14. Januar bis 13. Februar 2020 Systemisch Inspiriert Ein Grußwort von Oberbürgermeisterin Eva Weber und Kulturreferent Jürgen Enninger Im Jahr 2021 stand im Kontext des 500-jährigen Jubiläums der Fuggerei auch die ganz beson- dere Augsburger Stiftungs- geschichte im Fokus. Wir freuen uns sehr, dass wir in der Jubiläumsschau »Seismograph unserer Zeit. 20 Jahre Zeitsicht Art Award« einem zeitgemäßen, eben- so kreativen wie vorbildlichen Stiftergeist begegnen dürfen. Seit 1989 ist die Augsburger Firma hauserconsulting als Spezialist für die Entwicklung von Menschen und Organisationen tätig. Seit dem Jahr 2002 stiftet hau- serconsulting den Kunstpreis an aussichtsreiche junge Künstlerinnen und Künstler. Systemisch inspi- riert verbinden die Geschäftsführer Eberhard Hauser und Martin Hagen ihren großen unternehmerischen Erfolg mit dem Bewusstsein für die Übernahme ge- sellschaftlichen Engagements und der Verantwor- tung »fürs große Ganze«. Wie hochwertig dieser Kunstpreis ist, zeigt nicht zuletzt die Idee, dass welt- weit arrivierte Kunstschaffende wie unter anderem Neo Rauch, Daniel Richter, Markus Lüpertz oder Marina Abramović die Preisträgerinnen und Preisträ- ger nominieren und im Rahmen der festlichen Verga- be an fuggerstädtischen Kunstorten wie dem Schae- zlerpalais, der Galerie im Höhmannhaus oder dem H2–Zentrum für Gegenwartskunst unsere Kunst- und Kulturstadt mit ihrer Präsenz beehren. Kein Wun- der, dass sich die 16 ausgezeichneten Personen seither bestens im Kunstbetrieb etablieren konnten. Von ganzem Herzen gratulieren wir hauserconsulting zum 20-jährigen Jubiläum ihres Zeitsicht Art Awards und hoffen auf die Chance, all die Werke in Ruhe und vor Ort im Augsburger Glaspalast be- trachten zu können. Herzlichst Eva Weber und Jürgen Enninger Begrüßung: Öffnungszeiten: Oberbürgermeisterin Eva Weber Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr Eintritt frei Einführung: Dr. Thomas Elsen (Leiter H2 – Zentrum für Gegen- Während der Laufzeit der Ausstellung finden diverse wartskunst im Glaspalast Augsburg) Workshops und Veranstaltungen direkt in den großzü- Halle 1 im Glaspalast Augsburg gigen Ausstellungsräumen statt. Vernissage: Freitag 14. Januar 2022, 18:00 Uhr Ein- und Ausblick: Eberhard Hauser & Martin Hagen »www.zeitsicht.info« Frühere Preisträger*innen werden anwesend sein. »www.hauserconsulting.com« www.a3kultur.de
III INTRO Der Zeitsicht Art Award hat sich in den zwanzig Jahren seines Bestehens als Karriere booster für junge Künstler*innen erwiesen. Anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens dieses Kunstpreises sind in der Halle 1 im Augsburger Glaspalast Werke der Preisträger*innen zu sehen. Die Jubiläumsschau »Seismograph unserer Zeit. 20 Jahre auf dem Gebiet der Malerei eindeutig zu den auffallend Entwicklungen sichtbar. In den mehr als vierzig ausgestell- Zeitsicht Art Award« ist eine Bestandsaufnahme in mehr- interessanten Positionen. Sie ist sehr eigenständig, sehr ten Arbeiten, die seit der Jahrtausendwende entstanden, fachem Sinne. Junge Kunst braucht Förderung. Seit ernsthaft und trotzdem erheiternd.« spiegeln sich die Konflikte, Ängste und Sichtweisen einer zwanzig Jahren stiftet das Augsburger Beratungsunter- jungen Künstlergeneration in Zeiten sich stark verändern- nehmen hauserconsulting den Zeitsicht Art Award, der an der politischer und gesellschaftlicher Koordinaten. In der vielversprechende junge Künstlerinnen und Künstler ver- liehen wird. Die Schau in der Halle 1 im Glaspalast reflek- Bedeutende Künstler* Rückschau offenbart sich die hohe Sensibilität junger Künstler für gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch tiert nicht nur die Bedeutung von Kunstförderung. Sie innen wie Marina Abramović, die Breite der Ausdrucksmöglichkeiten zeitgenössischer zeigt auch, dass der Zeitsicht Art Award für die Künstler Kunst. Mit dem Peruaner Antonio Paucar nominierte Re- und Künstlerinnen ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg Neo Rauch oder Markus becca Horn 2011 einen Performancekünstler, der mit ihrer Karriere war. Marina Abramović, die bedeutendste Performancekünst- Lüpertz wählen die Symbolen und spirituellen Elementen kulturelle Differen- zen auf poetische Weise interpretiert. Seine Arbeit »Altar« lerin unserer Tage, ist dem Zeitsicht Art Award in beson- Preisträger*innen aus. findet sich auf dem Titel dieser Publikation. derer Weise verbunden. Im Jahr 2013 wurde sie gebeten, Es sind in den zwei Jahrzehnten Bildwelten entstanden, die Preisträger*innen zu nominieren. Ihre Wahl fiel auf in denen die leisen Schwingungen der Zukunft mit dem Lotte Lindner & Till Steinbrenner, deren Rauminstallatio- Brömmel und Gronemeyer sind nur zwei Beispiele für zeitlichen Abstand umso deutlicher zu spüren sind. Julia nen den Betrachter als aktiven Teilnehmer einbeziehen. die Sprungbrettfunktion des Zeitsicht Art Awards. Glei- Wegat etwa hat 2006 mit ihrem Bilderzyklus »Fremde che Erwartungen verknüpft hauserconsulting mit dem Heimat«, in dem junge Männer mit Migrationshintergrund Künstler nominieren Künstler neuesten, 2019 gekürten Preisträger Jean Katambayi vor zarten Blüten porträtiert sind, die immer noch aktuel- Mukendi. Der Ingenieur, Zeichner und Installationskünst- len Probleme zugewanderter Menschen berührt. Und Die Besonderheit am Zeitsicht Art Award ist, dass die ler, der in seiner Kunst auf subtile Art Mensch und Tech- Michael Grudziecki, der mit heftig pastosem Pinselstrich Preisträger*innen von bedeutenden Künstler*innen ausge- nik zusammenführt und zugleich politische Fragen stellt, ambivalente, moderne Architekturwelten entstehen lässt, wählt werden. Zu diesem Kreis gehören neben Marina lebt und arbeitet in der Republik Kongo. Mukendi setzt thematisierte schon 2005 in seinen Arbeiten die digitale Abramović unter anderem Neo Rauch, Katharina Siever- sich in seinen Kunstwerken mit der Geschichte seines Überwachung und erzählt in ihnen vom Spannungsver- ding, Daniel Richter sowie Arnulf Rainer und Markus Lü- Heimatlandes auseinander. Sein Hauptthema ist die hältnis zwischen Kontrolle und Freiheit. pertz. Die Prominenz der Entscheider*innen unterstreicht globale Dekolonialisierung. Nominiert hat ihn der Docu- Die Jubiläumsausstellung verdeutlicht die Bedeutung von die Bedeutung des Preises. Er erhält dadurch sowohl eine menta-Künstler Sammy Baloji. Kunstförderung. Sie ist notwendig, um das Potenzial starke persönliche Note als auch Renommee und kompe- Baloji, ebenfalls Kongolese, ist heute eine der wichtigs- junger Künstler und Künstlerinnen und ihre innovativen, tentes Gewicht. Selten kommt die Anerkennung für jünge- ten Stimmen der afrikanischen Kunstszene. Der interkul- frischen und kritischen Positionen nicht ungehört und re Künstler*innen so direkt aus den eigenen Reihen. turelle Dialog ist für den Künstler unerlässlich, um den ungesehen versiegen zu lassen. Der Zeitsicht Art Award will Talente darin bestärken, sich Blick für die Fragen der Gegenwart zu schärfen. Sammy konsequent auf einen künstlerischen Entwicklungspro- Baloji: »Kunst bietet andere Perspektiven als Politik. Sie zess einzulassen, und er versteht sich als Sprungbrett in die hürdenreiche professionelle Kreativszene. Wie wichtig ermöglicht neue Debatten und schafft Denkräume.« Kreativität und Preise für die nächste Generation am Anfang einer Karri- ere sind, äußerte Neo Rauch im Zusammenhang mit der Kunst schafft Denkräume Inspiration, Mut und Preisverleihung von 2010 an Mirjam Völker: »weil sie es Kreativität und Inspiration, Mut und neues Denken – das neues Denken – das einfacher machen, sich rückhaltlos der Kunst zu widmen«. Die Stifter – Eberhard Hauser und Martin Hagen – sind sind die Berührungspunkte zwischen Kunst und einem Beratungsunternehmen wie hauserconsulting. Dieses sind die Berührungs- überzeugt, dass ihr Engagement der Bewahrung einer vielseitigen, unabhängigen Kunstlandschaft dient, die als gehört heute zu den führenden deutschen Adressen im Bereich Coaching und Führungskräfteentwicklung. Zu punkte zwischen Kunst Seismograph unserer Gesellschaft unersetzlich ist. Verlie- seinen Kunden zählen unter anderem DAX-Unternehmen und hauserconsulting. hen wird der Zeitsicht Art Award seit 2011 biennal, die wie Munich Re oder Covestro, aber auch viele andere Dotierung orientiert sich an den speziellen Erfordernissen bekannte Unternehmen wie Rossmann, Schaeffler, Datev der jeweiligen Preisträger*innen. Denn mit dem Preis ver- oder PwC. Mit dem Zeitsicht Art Award hat die Augsbur- »Es ist wichtig, dass dieser Preis auch weiterhin in seiner bunden ist eine museale Ausstellung in Augsburg. ger Firma, die seit 1989 anderen in Fragen von Unterneh- Funktion als Baustein in ihrem Werdegang jungen Künst- mensführung, Organisationsentwicklung und Change lerinnen und Künstlern Mut, Kraft und erste Anerkennung Management zur Seite steht, einen bemerkenswerten vermittelt«, sagt Eberhard Hauser über die Zukunft die- Beitrag in Sachen Kulturengagement geleistet. ses Preises, der weit über Augsburg hinausstrahlt. Der Zeitsicht Art Award Eberhard Hauser und Martin Hagen sind als Geschäfts- ist für die Künstler*innen ein führer eines Beratungsunternehmens tagtäglich mit den sich verändernden Anforderungen an menschliche Bezie- wichtiger Meilenstein auf hungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft konfron- tiert. Für sie ist es wichtig, Kunst als gesellschaftlich un- dem Weg ihrer Karriere. abdingbaren Faktor in ihr professionelles Wirken zu integrieren und sichtbar zu machen. Es geht ihnen um die nachhaltige Förderung und Bewahrung des geistigen Freiraums, den nur die Kunst bieten kann. »Uns war Unübersehbarer Sprungbrettcharakter schnell klar, dass unsere professionelle Leidenschaft für das Gestalten von Beziehungen, das einen wesentlichen Die Weitsichtigkeit eines Preises ermisst sich aus dem Aspekt unserer Arbeit darstellt, sich auch im Kunstpreis späteren Werdegang der Ausgezeichneten. Die Erfolgs- spiegeln sollte«, so Eberhard Hauser. Kunst beeinflusst geschichte des Zeitsicht Art Awards spiegelt unter an- das geistige Klima einer Gesellschaft. Sie kann neue deren die Entwicklung des Fotografen Dirk Brömmel. Denkräume schaffen, indem sie die Welt, aber auch ihre 2002 wurde er für seine eindringliche Fotoerzählung eigene Definition ständig hinterfragt. »Villa Tugendhat« ausgezeichnet. Ein Pseudoalbum vol- Als Katharina Sieverding, Fotokünstlerin und einstige ler Poesie und Eindringlichkeit. Brömmel hat die Metho- Meisterschülerin von Joseph Beuys, 2015 den Preis an de auch in seiner Serie »Kanzlerbungalow« von 2016 das Augsburger Grandhotel Cosmopolis übergab, wurde angewendet, die in zahlreichen Ausstellungen gezeigt erstmals das kreative, gesellschaftliche Engagement wurde. Ein Motivsatz dieses Werkkomplexes wurde vom eines Teams geehrt. Das Grandhotel Cosmopolis in Kunstbeirat des Deutschen Bundestags für die hausei- einem ehemaligen Seniorenheim ist eine gemeinnützige gene Kunstsammlung angekauft. Initiative, die zugleich eine Unterkunft für Asylbewerber Auch Ellen Gronemeyer, Award-Gewinnerin von 2009, als auch Hotel und Ort interkulturellen Agierens ist. Die besitzt heute den Ruf eines Emerging Artist. Ihre kom- Initiatoren beschreiben ihr Projekt als »Verhandlungszone pakte, dichte Malerei zeigt Anklänge an die Art brut. Fi- für die Anwendung einer kosmopolitischen Wirklichkeit«. guren und Tiere posieren bei ihr vor wimmelnden Hinter- gründen. Galeristen wie Johann König in Berlin und Rückblick und Bestandsaufnahme Jürgen Becker in Hamburg, Galerien wie Krobath in Wien oder Greengrassi in London sind längst auf die Die Ausstellung »Seismograph unserer Zeit. 20 Jahre manchmal doppelbödigen Bilder aufmerksam geworden. Zeitsicht Art Award« ist Rückblick und Bestandsaufnahme Daniel Richter hat Gronemeyer nominiert. Der Maler war zugleich. In der Gegenüberstellung von prämierten Arbei- schon lange von ihr fasziniert: »Ellen Gronemeyer gehört ten und aktuellen Werken werden nicht nur künstlerische Die Stifter des Zeitsichts Art Award: Eberhard Hauser und Martin Hagen www.a3kultur.de
a3kultur Sonderveröffentlichung IV Dinge anders sehen »Die Zeit ist ein wunderbarer Spiegel dafür, welche Prioritäten wir uns im Leben setzen«, sagt Eberhard Hauser im Interview mit Jürgen Kannler. Anlass des Gesprächs ist die Jubiläumsausstellung des internationalen Kunstpreises Zeitsicht, den seine Beratungsfirma hauserconsulting seit zwanzig Jahren verleiht. GF-Kollegen Martin Hagen hatte ich da einen starken Un- Können Sie das vielleicht an einem Beispiel verdeutlichen? Neh- terstützer dieser Idee an meiner Seite. Schließlich machen men wir ein Gemälde von Salvadór Dali. Es trägt den Band- wir als Beratungsunternehmen ja seit dreißig Jahren genau wurmtitel »Gala betrachtet das Mittelmeer, welches sich in das: Menschen helfen, Dinge auch einmal anders zu sehen, 30 m Entfernung in das Portrait Abraham Lincolns verwan- als sie es gewohnt sind. delt«. Je nach Abstand des Betrachters sieht das Bild ganz anders aus: steht man ganz dicht davor, sieht man Jesus Kunst ermöglicht es, die Welt aus neuen Perspektiven zu betrach am Kreuz hängen, etwas weiter weg die nackte Gala am ten – und Sie geben nun etwas zurück an die Künstler? Kunst Fenster stehen und von Ferne dann sieht man das Konterfei ist als Seismograph unserer Gesellschaft unersetzlich. In von Abraham Lincoln mit dickem Bart. Das ist eine wunder- der aktuellen Jubiläumsschau wird das besonders deutlich. bare Parabel. Gerade für Führungskräfte ist es sehr ein- Bei der Gegenüberstellung von prämierten Arbeiten und drucksvoll zu erleben, weil viele glauben, dass es nur eine aktuellen Werken werden ja nicht nur künstlerische Ent- Wahrheit gibt, die sie erkennen und andere doch bitte wicklungen sichtbar. In den Arbeiten, die seit der Jahrtau- genauso sehen sollen. Und dann merken sie, dass ihnen sendwende entstanden, spiegeln sich die Konflikte, Ängste ihre eigene Wahrnehmung einen Streich spielt. Menschen und Sichtweisen einer jungen Künstlergeneration wider – konstruieren sich ihre Wirklichkeit selbst, das ist ein syste- und das in einer Zeit, in der sich die politischen und gesell- mischer Grundgedanke. Dies so direkt zu erleben ist für schaftlichen Koordinaten stark verändern. Digitalisierung, viele eine wichtige Erkenntnis und sehr hilfreich im Alltag. Naturzerstörung oder die Normierung des Individuums sind nur einige Stichworte dazu. In der Rückschau offenbart sich auffallend die hohe Sensi- bilität dieser Künstler für gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch die Breite der Ausdrucksmöglichkeiten zeitge- Nichts muss so sein, nössischer Kunst. wie es ist. Alles kann Mit dem Zeitsicht Art Award möchten wir unseren Beitrag leisten, diese vielseitige, unabhängige Kunstlandschaft zu auch anders sein. bewahren und vielen zugänglich zu machen. Und wir wollen Talente dazu ermutigen, sich konsequent auf einen künstle- rischen Entwicklungsprozess einzulassen. Dass wir mit den Was bedeutet die leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kunstsammlungen & Museen der Stadt Augsburg hier eine Kunst nicht nur für das Geschäft und die Kund*innen, sondern starke Partnerin gefunden haben, war für den Erfolg des auch für die Menschen, die länger oder weniger lang in den Projektes natürlich wichtig. Teams arbeiten? Da werden ja auch viele mit einer Welt konfron a3kultur: Der Firmensitz von hauserconsulting erstreckt sich tiert, die sie so vielleicht noch nicht kennen. Wir wollen an der über die Beletage eines Gründerzeithauses in einem der gefrag Stelle die Kunst auch nicht überbewerten. Sie ist für uns ein testen Quartiere Augsburgs. Die Atmosphäre ist freundlich. An den hohen Wänden gibt es – natürlich – viel Kunst zu entdecken. Paul Klee hat gesagt: Medium für ein umfassenderes Verständnis der Welt. Wir leben in einer äußerst vielschichtigen und vielgestaltigen Hauser: Die Beschäftigung mit Kunst ist eine gute Inspira- tion und sehr hilfreiche Routine in unserer Arbeit geworden. »Die Kunst gibt nicht das Zeit, in der der Konsens über Wahrheit und Wirklichkeit verloren gegangen ist. Wenn wir vorwärts kommen wollen Wir schauen immer wieder auf einzelne Werke und fragen Sichtbare wieder, sondern müssen wir lernen, in einen konstruktiven und aggressions- uns: »Was sehe ich jetzt gerade?« – und es ist wie bei einem Zauberspiegel, in dem wir immer wieder neue Pers- macht sichtbar.« Das armen Austausch über unterschiedliche Wahrnehmungen und Sichtweisen einzutreten. Der respektvolle Dialog über pektiven und oft auch Lösungswege entdecken können. ist großartig. Unterschiede ist die große Chance in allen auftauchenden Spannungsfeldern, egal ob gesellschaftlich, politisch, unter- nehmerisch oder auch in der Familie. Als Beratungsunterneh- Noch einmal zurück zur Rolle der Kunst in Ihrer Beratungs Ihr Unternehmen verleiht seit zwanzig Jahren den Kunstpreis men machen wir ja seit arbeit. Wo ist da die Verbindung? Da muss ich jetzt ein biss- »Zeitsicht«. Wie kam es denn zu diesem Begriff? »Zeitsicht« war chen weiter ausholen. Paul Klee hat gesagt: »die Kunst ein Wort, das mir morgens unter der Dusche einfiel. Ich dreißig Jahren genau das: gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sicht- habe dann geschaut, ob das Wort im Duden steht und Menschen helfen, Dinge bar«. Das ist großartig, weil das einerseits ein weiter Kunstbegriff ist, der nicht an ein Ausnahmetalent gebun- nichts gefunden. Die Verbindung von Zeit und Perspektive, die ja in dem Wort Zeitsicht steckt, war für mich sehr pas- anders zu sehen, als sie es den ist. Andererseits ist aber ein hoher Anspruch dahin- ter, nämlich dass bei Kunst was Neues passieren soll, ein send für unser Anliegen. Fast überall ist heute Zeit eine kri- tische Komponente, die gerade im Beruf in der Regel als zu gewohnt sind. Erkenntnisgewinn, eben: dass etwas auf andere Weise knapp erlebt wird und in der sehr vieles gemessen wird. sichtbar wird. Gleichzeitig hat der Begriff »Zeitsicht« eine biographische Die Brücke zu unserer Arbeit ist da ganz schnell geschla- Komponente: wie man zu einer bestimmten Zeit auf etwas Wie fing das an, Ihr Interesse an Kunst und die Bereitschaft, sich gen: im Coaching, in der Organisationsentwicklung, bei blickt und auch, wie sich der Zeitbegriff im Verlauf eines auf gesellschaftlicher Ebene für Gegenwartskunst zu engagie der Begleitung von Kulturprozessen sind wir diejenigen, Lebens verändern kann. Ich merke zum Beispiel bei unse- ren? Das sind Prozesse, die scheinbar unabhängig von- die helfen sichtbar zu machen, was vielleicht noch nicht ren Kindern, dass deren Zeit ganz anders gefüllt ist als einander verliefen. Jetzt in der Rückschau verknüpfen sie so bewusst ist. Wir schaffen ungewohnte Kontexte, die meine. sich miteinander. Ich hätte eigentlich gerne Kunst studiert, es ermöglichen, auf andere Weise zu denken und zu kom- aber konnte mir nicht vorstellen, damit jemals Geld verdie- munizieren. Sei es in innovativen Begegnungsformaten, in Hat die Zeit unser Leben zu stark im Griff? Die Zeit kann uns nen zu können. Mir fehlte das letzte Stück Leidenschaft und der Art und Weise wie man starke Teams entwickelt oder überhaupt nicht im Griff haben. Sie ist ein Medium, das uns sicherlich auch das Selbstvertrauen dazu. Ich habe mich auch wie man im Alltag miteinander umgeht. erkennen lässt wie wir unser Leben verbringen, ein Spiegel dann für eine Richtung entschieden, die mich ebenfalls dafür, welche Prioritäten wir setzen: wie viel Raum geben sehr faszinierte: Psychologie. Das war gut und richtig so, Die Teams von hauserconsulting arbeiten mit Manager*innen wir den vermeintlichen Anforderungen im Außen? Und wie und mein Beruf begeistert mich immer noch sehr. Aber weltweit zusammen. Wie reagieren Kund*innen auf diese Spezi stark hören wir auf unsere innere Stimme? Für all das ist trotzdem habe immer etwas sehnsüchtig auf das – natür- fika des Unternehmens? Spürt man Vorbehalte? Ich glaube das Zeit ein Sehhilfe, aber keine Ursache. lich idealisierte – Künstlertum geblickt. Mir ist erst viel spä- ist wie ein großer Querschnitt durch die Bevölkerung. ter klar geworden, auf was für ein hartes und Da gibt es welche die finden das irgendwie interessant, Die Zeit zu nutzen ist eine Option – ist es auch eine Pflicht, sie zu entbehrungsreiches Leben man sich einlässt, wenn man aber nicht wirklich wichtig. Andere finden es interessant nutzen? Das alte römische Carpe Diem! Ich finde es schwer sich voll der Kunst verschreibt. und werden neugierig, und dann gibt es immer mehr, die hier Verallgemeinerungen zu treffen. Für mich ist das Mes- Für mich persönlich ist künstlerisches Arbeiten immer damit verstehen, was wir machen und dies für Ihre eigene Arbeit sen von Zeit eigentlich nur ein Hilfsmittel, um mir über meine verbunden, mir viel Zeit nehmen zu dürfen, um aus der Tiefe nutzen wollen. Prioritäten im Leben, im Handeln, im Tun klar zu werden. zu schöpfen, um dann das Gefundene in irgendeiner Form Ungleich stärkere Wirkung hat das allerdings bei uns im Und mich immer wieder bewusst dafür zu entscheiden, das zu verdichten und schließlich nach außen zu bringen. Das Team, bei den Berater*innen, weil sie merken, dass wir von zu tun, was ich gerade mache. ist es übrigens auch, was mir an meiner heutigen Arbeit so Künstlern eben viel lernen können. Die Vieldeutigkeit, die gefällt, die natürlich keine Kunst ist, aber doch viele Elemen- veränderbaren Wahrnehmungsmöglichkeiten und viel- Mich würde zum Schluss noch interessieren, was Eberhard Hau te künstlerischen Tuns enthält. schichtigen Deutungsmöglichkeiten, die große Kunstwerke ser im Umgang mit Kunst gelernt hat? Ich glaube das ist ganz Da war es naheliegend, dass wir uns in unserer Beratungs- eröffnen, sind eine phantastische Inspirationsquelle. In einfach. Was ich am deutlichsten erlebt habe ist, dass arbeit immer wieder Anregungen aus der Kunst geholt manchen unserer Schulungen und Führungskräftetrainings nichts so sein muss, wie es ist. Alles kann auch anders sein. haben, und hier vor allem: zu lernen, etwas auf neue lassen wir daher Kunstwerke betrachten, um den Blick für Und das finde ich gerade in Krisenzeiten eine sehr ermuti- Weise zu sehen und zu denken. Mit meinem Freund und die Vieldeutigkeit des Lebens zu schulen. gende Perspektive. www.a3kultur.de
V INTERVIEW/RAUMPLAN 2007 JOSEF HOFER 2003 ANNA KLING 2013 LOTTE LINDNER & TILL STEINBRENNER 2002 DIRK BRÖMMEL 2006 JULIA WEGAT 2002 KERSTIN BRAUN 2009 ELLEN GRONEMEYER 2017 NÈS JOËSSEL 2019 JEAN K. MUKENDI 2011 ANTONIO PAUCAR 2004 SVENJA MAASS 2008 ALEXANDER KNYCH 2010 MIRJAM VÖLKER 2015 GRANDHOTEL COSMOPOLIS 2005 MICHAEL GRUDZIECKI IMPRESSUM – 20 Jahre Zeitsicht Art Award Sonderveröffentlichung »20 Jahre Zeitsicht Art Award« für a3kultur # 01 Januar 2022 Redaktion: a3kultur | Projektleitung: Jürgen Kannler Herausgeber: hauserconsulting GmbH & Co. KG, www.hauserconsulting.com Grafik & Satz: Stela Blagova, Andreas Holzmann | Verlag: studio a UG, Austraße 27, 86153 Augsburg, Stettenstraße 12, 86150 Augsburg Tel. 0821 – 508 14 57, www.a3kultur.de | Schlussredaktion: Christiane Kühn | Druck: Mayer & Söhne, Aichach FOTOCREDITS Titel: Antonio Paucar »Altar« 2005, Courtesy by Seite 6–7 FOTOS DER BEGEGNUNGEN: Cosmopolis Team, Vernissage (Fotos: W. Reichelt) | thema«, »Rapunzel 4«, »Jasmin« | Michael the artist and Galerie Barbara Thumm, Berlin 2004 Mark Brand | 2005 Dietmar Liehr | 2006 hauser- Lotte Lindner & Till Steinbrenner »NEEDS THAT Grudziecki »JOURNEY JOURNAL 2«, »Seaforts consulting | 2007 hauserconsulting | 2008 hauserconsul- SPRING FROM FANCY I und II«, »Alternative Ge- 12«, »Victory 2« | Svenja Maas (Foto: Helge Mundt) Seite 2: Vernissage Lotte Lindner & Till ting | 2009 hauserconsulting | 2010 hauserconsulting | sellschaftsformen. Übung IV: Recht geben«, »Lift (Foto: Helge Mundt)«, »Oton (Foto: Helge Steinbrenner, Foto: Sebastian Schlömmer 2011 hauserconsulting | 2013 Sebastian Schlömer | »START SPREADING THE NEWS« | Antonio Paucar Mundt)«, »Lichtung« | Anna Kling »Ranken I–III« | Eva Weber, Jürgen Enninger, Foto: o. H. 2015 Wolfgang Reiserer | 2017 Patrick Hübner | 2019 »Zentrifugalkraft«, »Choreography of the Dancers«, Kerstin Braun »NOCTURA Heiligendamm«, »Japa- zehntausendgrad »Altar« Courtesy by the artist and Galerie Barbara nische Herbstanemone«, | Dirk Brömmel »Villa Seite 3: Die Stifter des Zeitsicht Art Award, Thumm, Berlin | Mirjam Völker »Anschein«, »Zunder«, Tugendhat Nr. 4« Foto: zehntausendgrad Seite 8–11 FOTOS DER KÜSTLER*INNEN UND »Torso (Foto: Uwe Walter)« | Ellen Gronemeyer WERKE: »Schneeflöckchen Weißröckchen«, »Ringelchen« | Seite 12: Grandhotel Cosmopolis Vernissage, Seite 4: Eberhard Hauser, Stifter Zeitsicht Art Jean Katambayi Mukendi »Visafrolampe«, »Commerce Alexander Knych »Ritter«, »Lamp« | Josef Hofer (Foto: Foto: Wolfgang Reiserer Award, Foto: Ester Neumann angulaire« | Nès Joëssel 1–4 Ohne Titel | Grandhotel Franz Murauer) 1–4 Ohne Titel | Julia Wegat »Chrysan- www.a3kultur.de
a3kultur Sonderveröffentlichung VI 12 5 11 8 8 9 7 7 2 5 1 3 9 6 12 1 ZEITSICHT ART AWARD 2002 – 2022 PREISTRÄGER*INNEN UND IHRE LAUDATOR*INNEN 2002 DIRK BRÖMMEL JURY 2002 KERSTIN BRAUN JURY 2003 ANNA KLING JURY 2004 SVENJA MAASS JURY 1 2005 MICHAEL GRUDZIECKI JURY 2 2006 JULIA WEGAT JURY 3 4 11 2007 JOSEF HOFER ARNULF RAINER 4 2008 ALEXANDER KNYCH MARKUS LÜPERTZ 5 4 2009 ELLEN GRONEMEYER DANIEL RICHTER 6 2010 MIRJAM VÖLKER NEO RAUCH 7 2011 ANTONIO PAUCAR REBECCA HORN 8 2013 LOTTE LINDNER & TILL STEINBRENNER MARINA ABRAMOVI Ć 9 2015 GRANDHOTEL COSMOPOLIS KATHARINA SIEVERDING 10 2017 NÈS JOËSSEL DANIEL KNORR 11 2019 JEAN KATAMBAYI MUKENDI SAMMY BALOJI 12 10 www.a3kultur.de
VII BEGEGNUNGEN 9 12 9 11 4 3 12 8 12 4 Zoom-Talk hauserconsulting Zeitsicht-Team mit Marina Abramović und Lotte Lindner & Till Steinbrenner. Thema »the advantages and disadvantages of fame« am 8. Dezember 2021. 8 2 5 12 12 5 11 7 www.a3kultur.de
a3kultur Sonderveröffentlichung VIII 2017 Preisträger*innen und Laudator*innen im Überblick Die Entscheidungen für den Zeitsicht Art Award traf bis 2006 eine Jury, danach erfolgte die Nominierung jeweils durch eine etablierte, international bedeutende Persönlichkeit. 2015 2019 NÈS JOËSSEL Die Kunst der 1969 geborenen Französin ist leise und tiefsinnig. Sie näht farbige Tex- tilien auf Leinwände, und schafft auf diese Weise abstrakte Kompositionen. Die Aus- stellung in der Neuen Galerie im Höhmann- haus in Augsburg im Rahmen des Zeitsicht Art Awards war ihre erste öffentliche Prä- GRANDHOTEL COSMOPOLIS sentation. Sie arbeitet und lebt in Berlin Wenn eine soziale Plastik als Kunst definiert und Paris. Für den Zeitsicht-Award vorge- wird, die den Anspruch erhebt, auf die Ge- schlagen wurde sie von Documenta-Teil- sellschaft gestaltend einzuwirken, dann gilt nehmer Daniel Knorr. diese Bezeichnung in besonderer Weise für das Augsburger Grandhotel Cosmopolis. Es ist seit 2011 ein Ort, der Asylbewerber beherbergt, Hotelgäste empfängt, Ateliers zur Verfügung stellt und im Café mit Preisen nach dem Freiwilligkeitsprinzip auf unkon- ventionelle Weise breiten Gesellschafts- schichten eine Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglicht. Die Initiatoren bezeich- nen ihr Projekt als »Verhandlungszone für die Anerkennung einer kosmopolitischen Wirklichkeit«. Das Projekt hatte Katharina Sieverding nominiert. JEAN KATAMBAYI MUKENDI Der 1974 im kongolesischen Lubumbashi geborene Künstler hinterfragt in seinen Zeichnungen und Installationen postkoloni- ale Strukturen, indem er humane Formen und technische Zeichen bzw. Versatzstücke aus dem Alltag miteinander verbindet. Er ist Mitbegründer der Biennale de Lubumbashi und machte in Europa 2019 durch seine Installationen in der belgischen Facebook- Zentrale auf sich aufmerksam. Mukendi wird durch die Galerie Trampoline von Simon Delobel in Antwerpen vertreten. No- miniert wurde Mukendi von seinem Lands- mann Sammy Baloji. www.a3kultur.de
IX PREISTRÄGER*INNEN UND WERKE 2010 2011 2013 2009 MIRJAM VÖLKER Mirjam Völker malt in realistischer Malweise beängstigende Dystopien, die sie auch ins- ANTONIO PAUCAR tallativ umsetzt. Thema ihrer surrealen Bild- Der Peruaner Antonio Paucar, Jahrgang findungen ist der Konflikt zwischen Zivilisati- 1972, führt mit spirituellen Elementen und on und Natur. Die 1977 in Wiesbaden ELLEN GRONEMEYER symbolischen Gesten in Zwischenwelten. geborene Künstlerin war 2008 bis 2010 Die kompakte, dichte Malerei der Wahlberli- Seine Performances, die häufig in der Natur Meisterschülerin von Neo Rauch. Sie wird nerin zeigt Anklänge an die Art brut. Figuren stattfinden und auf Videos festgehalten vertreten von der Galerie Eigen + Art Leip- und Tiere posieren bei ihr vor wimmelnden werden, sind ergreifende Inszenierungen zig/Berlin. Ihre Arbeiten waren zuletzt in der Hintergründen. Anlässlich einer Ausstellung LOTTE LINDNER & TILL STEINBRENNER von Entfremdung und Entwurzelung. Pau- Einzelausstellung »Abseite« in der Neuen in der Greengrassi in London schrieb Eng- Das Duo aus Hannover gehört heute zu den cars Idee von Kunst wurde, bevor er in Galerie Gladbeck zu sehen sowie in einer lands führende Kunst-Zeitschrift Frieze: innovativsten Künstlern, die Rauminterventio- Berlin und London Kunst studierte, in den Gruppenausstellung im Museum de Funda- »Gronemeyer versorgt den Betrachter mit nen und Performance miteinander verschrän- Anden von den mystischen Skulpturen sei- tie in Zwolle. Nominiert wurde sie von dem einem Knäuel anarchistischer Cartoon-Sze- ken. Die formal strengen Installationen schü- nes Großvaters geprägt. Seine Arbeiten Leipziger Maler Neo Rauch. nen, die reich an Anregungen sind, über ren Erwartungen, die durch die aktive waren in verschiedenen institutionellen Aus- viele Dinge nachzudenken«. Hintersinn, Hei- Einbeziehung der Betrachter in eine andere stellungen in Berlin zu sehen, sein Werk terkeit und eine gewisse Widerständigkeit Richtung gelenkt werden. Lotte Lindner und wird vertreten durch die Berliner Galerie liegen dicht nebeneinander in ihren Bildern. Till Steinbrenner – Jahrgang 1971 und 1967 Barbara Thumm. Für den Zeitsicht Art Der Ausstellungstitel »Raw and Delirious« in – studierten beide in Braunschweig. Ihre Award nominierte ihn die Installations- und der Kunsthalle Bern, an der sie vor ein paar Arbeiten waren unlängst in Wien und Bo- Performancekünstlerin Rebecca Horn. Jahren teilnahm, passte bestens. Die heute chum sowie in der Galerie Robert Drees in 42-Jährige wird vertreten von der Hambur- Hannover zu sehen. Nominiert wurde das ger Galeristin Karin Günther und der Anton Duo von Marina Abramović. Kern Gallery in New York. Nominiert für den Zeitsicht Art Award wurde sie von dem Maler Daniel Richter. www.a3kultur.de
a3kultur Sonderveröffentlichung X 2007 2006 2005 2008 JOSEF HOFER Der Österreicher ist ein Vertreter der soge- nannten Outsider-Art. Sein Medium ist die JULIA WEGAT Zeichnung. Akribisch und zugleich bizarr Thematisch provokant ist die Malerei von Julia ist sein Strich, mit dem er seine charakte- Wegat bis heute geblieben. Die 1969 gebo- ristischen Figuren aufs Papier bringt. Der rene Künstlerin interessiert sich für die ver- körperlich und geistig behinderte Künstler, drängten Fragen unserer Gesellschaft. 2006 Jahrgang 1945, wird seit 2008 von der befasste sie sich mit der inneren Heimatlosig- Galerie Stein in Schärding, der Galerie keit türkischer Jugendlicher, später stellte sie Christian Berst in Paris, der Galerie Cavin- in ihren Porträts häufig die dunkle Seite Morris in New York und der Galerie Sund- menschlicher Befindlichkeit dar. Aus Protest heimer in München vertreten. Er ist Mit- gegen das richterlich sanktionierte Ausstel- glied der Collection de l’Art Brut in lungsverbot eines ihrer Gemälde, hörte sie MICHAEL GRUDZIECKI Lausanne und war in zahlreichen Muse- 2016 auf zu malen, bis zur Aufhebung dieses Faszination und Bedrohlichkeit moderner umsausstellungen vertreten. Für den Zeit- Beschlusses im Jahre 2019. Die Meister- Architektur transformiert der 1977 im polni- sicht Art Award hatte ihn der österreichi- schülerin von Gottfried Helnwein lebt und schen Breslau geborene Künstler in seine sche Maler Arnulf Rainer vorgeschlagen. arbeitet heute in Mücheln bei Leipzig. Nomi- dynamischen und fast gestisch gemalten niert wurde sie durch Jury-Entscheidung. Bildwelten mit einem Schuss Fantastik. ALEXANDER KNYCH Grudziecki steht in der Tradition der »Neuen »Alexandr Knych beherrscht das Spiel mit Wilden«, die Anfang der 1980er-Jahre die traditioneller Technik und moderner Auffas- gegenständlichen Malerei wieder aufleben sung von Inhalten großartig«, so Markus ließen. Seine Werke wurden in zahlreichen Lüpertz über den damals 36jährigen Bild- thematischen Ausstellungen, unter anderem hauer. Der in Berlin lebende Belarusse im ZKM Karlsruhe und im Münchner Stadt- suchte in seinen Skulpturen ästhetische museum, gezeigt. Er ist heute fest verankert Perfektion und Tiefsinn. Trotz eines hoff- in der Kunst- und Galerieszene Münchens. nungsvollen Starts hat er sich nach weni- Nominiert wurde er von einer Jury. gen Jahren aus der Kunstwelt zurückgezo- gen und ist andere Wege gegangen. In den Kreis der Zeitsicht-Preisträger brachte ihn Markus Lüpertz. www.a3kultur.de
XI PREISTRÄGER*INNEN UND WERKE 2003 2004 2002 2002 SVENJA MAASS Die Malerin ist bis heute ihrem Sujet treu geblieben. Svenja Maaß, Jahrgang 1977, schaut mit Ironie auf das Tier. Sie malt ANNA KLING Hasen, Rehe, Erdmännchen, um sie mit Anna Kling ist eine vielseitige Künstlerin. schrillen Farben und durch körperliche Me- Sie bekam den Preis für ihre Fotos-Serie KERSTIN BRAUN tamorphosen zu verfremden. Dazu erfindet »Ranken«, in der sie in überhöhten, digital Kerstin Braun sucht in ihren Fotografien sie phantastische Settings. Fabelhaft und bearbeiteten Fotos das Thema Mensch und nicht das Abbild, sondern den Sinn einer technisch altmeisterlich brillant. Svenja Natur thematisierte. Etappen ihres Werde- Komposition. Klar gestaltet sind ihre Land- Maaß hat in zahlreichen Off-Spaces ausge- gangs sind die Bauhaus-Universität Wei- schaften, malerisch im Sinne einer bewusst stellt und wird von der Hamburger Galerie mar und das College of Art and Desing in komponierten Bildregie sind ihre freien Ar- Gudberg Nerger vertreten. Für den Award Minneapolis. Heute lebt Anna Kling, Jahr- beiten entwickelt wie etwa der Tanz einer wurde sie durch Jury ausgewählt. gang 1969, in Australien und ist im künstle- Seifenblase vor einer Ziegelmauer in ihrer risch angewandten Bereich tätig. Den Preis 2008 entstandenen Serie »Soap Opera«. erhielt sie durch Jury. Sie kann auf zahlreiche Ausstellungen zu- rückblicken. Nach längeren Intermezzi in Barcelona, Portugal und Indien lebt die vielfach ausgezeichnete Fotografin heute wieder in Deutschland. Die Verleihung des DIRK BRÖMMEL Zeitsicht Art Awards an Kerstin Braun war Seine »Kanzlerbungalow«-Serie hat dem Fo- eine Jury-Entscheidung. tografen zum Durchbruch verholfen. Die streng gestalteten Architekturaufnahmen des leer stehenden Sep-Ruf-Baus hat er mit dokumentarischen Fotografien von Politiker- treffen und Beratungen überblendet: eine Methode, mit der er bereits 2002 in der Serie »VillaTugendhat« experimentierte und überzeugte. Brömmels Fotos bestechen durch ihre erzählerische Note und die Klar- heit der Gestaltung, die sich auch in populä- reren Motiven widerspiegelt. Seine Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen. Große Resonanz erfuhren die Serien »Kopfüber« und »Schwimmende Märkte« auf den Messen Photo Basel und Positions Art Fair Berlin. Der Wiesbadener Künstler, Jahr- gang 1968, wird von der Hamburger Galerie Hengevoss-Dürkop und der Galerie Albert Baumgarten aus Freiburg vertreten. Die Wahl zum Zeitsicht-Förderpreisträger traf 2002 eine Jury. www.a3kultur.de
a3kultur Sonderveröffentlichung XII www.a3kultur.de
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