Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur

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Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON

      Seismograph unserer Zeit

                                  www.a3kultur.de
Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
a3kultur Sonderveröffentlichung
                                                                                                                                                               II

Kunst ist ein Seismograph
der Gesellschaft
Jubiläumsschau
»20 Jahre Zeitsicht Art Award«
Halle 1 Glaspalast Augsburg
14. Januar bis 13. Februar 2020

       Systemisch Inspiriert
Ein Grußwort von Oberbürgermeisterin Eva Weber
       und Kulturreferent Jürgen Enninger

                    Im Jahr 2021 stand im Kontext
                     des 500-jährigen Jubiläums der
                       Fuggerei auch die ganz beson-
                         dere Augsburger Stiftungs-
                          geschichte im Fokus. Wir
                           freuen uns sehr, dass wir in
der Jubiläumsschau »Seismograph unserer Zeit. 20
Jahre Zeitsicht Art Award« einem zeitgemäßen, eben-
so kreativen wie vorbildlichen Stiftergeist begegnen
dürfen.

Seit 1989 ist die Augsburger Firma hauserconsulting
als Spezialist für die Entwicklung von Menschen und
Organisationen tätig. Seit dem Jahr 2002 stiftet hau-
serconsulting den Kunstpreis an aussichtsreiche
junge Künstlerinnen und Künstler. Systemisch inspi-
riert verbinden die Geschäftsführer Eberhard Hauser
und Martin Hagen ihren großen unternehmerischen
Erfolg mit dem Bewusstsein für die Übernahme ge-
sellschaftlichen Engagements und der Verantwor-
tung »fürs große Ganze«. Wie hochwertig dieser
Kunstpreis ist, zeigt nicht zuletzt die Idee, dass welt-
weit arrivierte Kunstschaffende wie unter anderem
Neo Rauch, Daniel Richter, Markus Lüpertz oder
Marina Abramović die Preisträgerinnen und Preisträ-
ger nominieren und im Rahmen der festlichen Verga-
be an fuggerstädtischen Kunstorten wie dem Schae-
zlerpalais, der Galerie im Höhmannhaus oder dem
H2–Zentrum für Gegenwartskunst unsere Kunst-
und Kulturstadt mit ihrer Präsenz beehren. Kein Wun-
der, dass sich die 16 ausgezeichneten Personen
seither bestens im Kunstbetrieb etablieren konnten.
Von ganzem Herzen gratulieren wir
hauserconsulting zum 20-jährigen
Jubiläum ihres Zeitsicht Art Awards
und hoffen auf die Chance, all die
Werke in Ruhe und vor Ort im
Augsburger Glaspalast be-
trachten zu können.

Herzlichst

Eva Weber und Jürgen Enninger

                                                           Begrüßung:                                         Öffnungszeiten:
                                                           Oberbürgermeisterin Eva Weber                      Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr
                                                                                                              Eintritt frei
                                                           Einführung:
                                                           Dr. Thomas Elsen (Leiter H2 – Zentrum für Gegen-   Während der Laufzeit der Ausstellung finden diverse
                                                           wartskunst im Glaspalast Augsburg)                 Workshops und Veranstaltungen direkt in den großzü-
Halle 1 im Glaspalast Augsburg                                                                                gigen Ausstellungsräumen statt.
Vernissage: Freitag 14. Januar 2022, 18:00 Uhr             Ein- und Ausblick:
                                                           Eberhard Hauser & Martin Hagen                     »www.zeitsicht.info«
                                                           Frühere Preisträger*innen werden anwesend sein.    »www.hauserconsulting.com«
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III                                                                                                                                                                                      INTRO

Der Zeitsicht Art Award                                                      hat sich in den zwanzig Jahren seines Bestehens als Karriere­
booster für junge Künstler*innen erwiesen. Anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens dieses Kunstpreises
                   sind in der Halle 1 im Augsburger Glaspalast Werke der Preisträger*innen zu sehen.

Die Jubiläumsschau »Seismograph unserer Zeit. 20 Jahre        auf dem Gebiet der Malerei eindeutig zu den auffallend          Entwicklungen sichtbar. In den mehr als vierzig ausgestell-
Zeitsicht Art Award« ist eine Bestandsaufnahme in mehr-       interessanten Positionen. Sie ist sehr eigenständig, sehr       ten Arbeiten, die seit der Jahrtausendwende entstanden,
fachem Sinne. Junge Kunst braucht Förderung. Seit             ernsthaft und trotzdem erheiternd.«                             spiegeln sich die Konflikte, Ängste und Sichtweisen einer
zwanzig Jahren stiftet das Augsburger Beratungsunter-                                                                         jungen Künstlergeneration in Zeiten sich stark verändern-
nehmen hauserconsulting den Zeitsicht Art Award, der an                                                                       der politischer und gesellschaftlicher Koordinaten. In der
vielversprechende junge Künstlerinnen und Künstler ver-
liehen wird. Die Schau in der Halle 1 im Glaspalast reflek-
                                                                   Bedeutende Künstler*­                                      Rückschau offenbart sich die hohe Sensibilität junger
                                                                                                                              Künstler für gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch
tiert nicht nur die Bedeutung von Kunstförderung. Sie          innen wie Marina Abramović,                                    die Breite der Ausdrucksmöglichkeiten zeitgenössischer
zeigt auch, dass der Zeitsicht Art Award für die Künstler                                                                     Kunst. Mit dem Peruaner Antonio Paucar nominierte Re-
und Künstlerinnen ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg          Neo Rauch oder Markus                                        becca Horn 2011 einen Performancekünstler, der mit
ihrer Karriere war.
Marina Abramović, die bedeutendste Performancekünst-
                                                                    Lüpertz wählen die                                        Symbolen und spirituellen Elementen kulturelle Differen-
                                                                                                                              zen auf poetische Weise interpretiert. Seine Arbeit »Altar«
lerin unserer Tage, ist dem Zeitsicht Art Award in beson-         Preisträger*­innen aus.                                     findet sich auf dem Titel dieser Publikation.
derer Weise verbunden. Im Jahr 2013 wurde sie gebeten,                                                                        Es sind in den zwei Jahrzehnten Bildwelten entstanden,
die Preisträger*innen zu nominieren. Ihre Wahl fiel auf                                                                       in denen die leisen Schwingungen der Zukunft mit dem
Lotte Lindner & Till Steinbrenner, deren Rauminstallatio-     Brömmel und Gronemeyer sind nur zwei Beispiele für              zeitlichen Abstand umso deutlicher zu spüren sind. Julia
nen den Betrachter als aktiven Teilnehmer einbeziehen.        die Sprungbrettfunktion des Zeitsicht Art Awards. Glei-         Wegat etwa hat 2006 mit ihrem Bilderzyklus »Fremde
                                                              che Erwartungen verknüpft hauserconsulting mit dem              Heimat«, in dem junge Männer mit Migrationshintergrund
Künstler nominieren Künstler                                  neuesten, 2019 gekürten Preisträger Jean Katambayi              vor zarten Blüten porträtiert sind, die immer noch aktuel-
                                                              Mukendi. Der Ingenieur, Zeichner und Installationskünst-        len Probleme zugewanderter Menschen berührt. Und
Die Besonderheit am Zeitsicht Art Award ist, dass die         ler, der in seiner Kunst auf subtile Art Mensch und Tech-       Michael Grudziecki, der mit heftig pastosem Pinselstrich
Preisträger*innen von bedeutenden Künstler*innen ausge-       nik zusammenführt und zugleich politische Fragen stellt,        ambivalente, moderne Architekturwelten entstehen lässt,
wählt werden. Zu diesem Kreis gehören neben Marina            lebt und arbeitet in der Republik Kongo. Mukendi setzt          thematisierte schon 2005 in seinen Arbeiten die digitale
Abramović unter anderem Neo Rauch, Katharina Siever-          sich in seinen Kunstwerken mit der Geschichte seines            Überwachung und erzählt in ihnen vom Spannungsver-
ding, Daniel Richter sowie Arnulf Rainer und Markus Lü-       Heimatlandes auseinander. Sein Hauptthema ist die               hältnis zwischen Kontrolle und Freiheit.
pertz. Die Prominenz der Entscheider*innen unterstreicht      globale Dekolonialisierung. Nominiert hat ihn der Docu-         Die Jubiläumsausstellung verdeutlicht die Bedeutung von
die Bedeutung des Preises. Er erhält dadurch sowohl eine      menta-Künstler Sammy Baloji.                                    Kunstförderung. Sie ist notwendig, um das Potenzial
starke persönliche Note als auch Renommee und kompe-          Baloji, ebenfalls Kongolese, ist heute eine der wichtigs-       junger Künstler und Künstlerinnen und ihre innovativen,
tentes Gewicht. Selten kommt die Anerkennung für jünge-       ten Stimmen der afrikanischen Kunstszene. Der interkul-         frischen und kritischen Positionen nicht ungehört und
re Künstler*innen so direkt aus den eigenen Reihen.           turelle Dialog ist für den Künstler unerlässlich, um den        ungesehen versiegen zu lassen.
Der Zeitsicht Art Award will Talente darin bestärken, sich    Blick für die Fragen der Gegenwart zu schärfen. Sammy
konsequent auf einen künstlerischen Entwicklungspro-          Baloji: »Kunst bietet andere Perspektiven als Politik. Sie
zess einzulassen, und er versteht sich als Sprungbrett in
die hürdenreiche professionelle Kreativszene. Wie wichtig
                                                              ermöglicht neue Debatten und schafft Denkräume.«
                                                                                                                                      Kreativität und
Preise für die nächste Generation am Anfang einer Karri-
ere sind, äußerte Neo Rauch im Zusammenhang mit der
                                                              Kunst schafft Denkräume                                              Inspiration, Mut und
Preisverleihung von 2010 an Mirjam Völker: »weil sie es       Kreativität und Inspiration, Mut und neues Denken – das              neues Denken – das
einfacher machen, sich rückhaltlos der Kunst zu widmen«.
Die Stifter – Eberhard Hauser und Martin Hagen – sind
                                                              sind die Berührungspunkte zwischen Kunst und einem
                                                              Beratungsunternehmen wie hauserconsulting. Dieses                    sind die Berührungs-
überzeugt, dass ihr Engagement der Bewahrung einer
vielseitigen, unabhängigen Kunstlandschaft dient, die als
                                                              gehört heute zu den führenden deutschen Adressen im
                                                              Bereich Coaching und Führungskräfteentwicklung. Zu
                                                                                                                                  punkte zwischen Kunst
Seismograph unserer Gesellschaft unersetzlich ist. Verlie-    seinen Kunden zählen unter anderem DAX-Unternehmen                  und hauserconsulting.
hen wird der Zeitsicht Art Award seit 2011 biennal, die       wie Munich Re oder Covestro, aber auch viele andere
Dotierung orientiert sich an den speziellen Erfordernissen    bekannte Unternehmen wie Rossmann, Schaeffler, Datev
der jeweiligen Preisträger*innen. Denn mit dem Preis ver-     oder PwC. Mit dem Zeitsicht Art Award hat die Augsbur-          »Es ist wichtig, dass dieser Preis auch weiterhin in seiner
bunden ist eine museale Ausstellung in Augsburg.              ger Firma, die seit 1989 anderen in Fragen von Unterneh-        Funktion als Baustein in ihrem Werdegang jungen Künst-
                                                              mensführung, Organisationsentwicklung und Change                lerinnen und Künstlern Mut, Kraft und erste Anerkennung
                                                              Management zur Seite steht, einen bemerkenswerten               vermittelt«, sagt Eberhard Hauser über die Zukunft die-
                                                              Beitrag in Sachen Kulturengagement geleistet.                   ses Preises, der weit über Augsburg hinausstrahlt.
      Der Zeitsicht Art Award                                 Eberhard Hauser und Martin Hagen sind als Geschäfts-
 ist für die Künstler*innen ein                               führer eines Beratungsunternehmens tagtäglich mit den
                                                              sich verändernden Anforderungen an menschliche Bezie-
   wichtiger Meilenstein auf                                  hungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft konfron-
                                                              tiert. Für sie ist es wichtig, Kunst als gesellschaftlich un-
    dem Weg ihrer Karriere.                                   abdingbaren Faktor in ihr professionelles Wirken zu
                                                              integrieren und sichtbar zu machen. Es geht ihnen um die
                                                              nachhaltige Förderung und Bewahrung des geistigen
                                                              Freiraums, den nur die Kunst bieten kann. »Uns war
Unübersehbarer Sprungbrettcharakter                           schnell klar, dass unsere professionelle Leidenschaft für
                                                              das Gestalten von Beziehungen, das einen wesentlichen
Die Weitsichtigkeit eines Preises ermisst sich aus dem        Aspekt unserer Arbeit darstellt, sich auch im Kunstpreis
späteren Werdegang der Ausgezeichneten. Die Erfolgs-          spiegeln sollte«, so Eberhard Hauser. Kunst beeinflusst
geschichte des Zeitsicht Art Awards spiegelt unter an-        das geistige Klima einer Gesellschaft. Sie kann neue
deren die Entwicklung des Fotografen Dirk Brömmel.            Denkräume schaffen, indem sie die Welt, aber auch ihre
2002 wurde er für seine eindringliche Fotoerzählung           eigene Definition ständig hinterfragt.
»Villa Tugendhat« ausgezeichnet. Ein Pseudoalbum vol-         Als Katharina Sieverding, Fotokünstlerin und einstige
ler Poesie und Eindringlichkeit. Brömmel hat die Metho-       Meisterschülerin von Joseph Beuys, 2015 den Preis an
de auch in seiner Serie »Kanzlerbungalow« von 2016            das Augsburger Grandhotel Cosmopolis übergab, wurde
angewendet, die in zahlreichen Ausstellungen gezeigt          erstmals das kreative, gesellschaftliche Engagement
wurde. Ein Motivsatz dieses Werkkomplexes wurde vom           eines Teams geehrt. Das Grandhotel Cosmopolis in
Kunstbeirat des Deutschen Bundestags für die hausei-          einem ehemaligen Seniorenheim ist eine gemeinnützige
gene Kunstsammlung angekauft.                                 Initiative, die zugleich eine Unterkunft für Asylbewerber
Auch Ellen Gronemeyer, Award-Gewinnerin von 2009,             als auch Hotel und Ort interkulturellen Agierens ist. Die
besitzt heute den Ruf eines Emerging Artist. Ihre kom-        Initiatoren beschreiben ihr Projekt als »Verhandlungszone
pakte, dichte Malerei zeigt Anklänge an die Art brut. Fi-     für die Anwendung einer kosmopolitischen Wirklichkeit«.
guren und Tiere posieren bei ihr vor wimmelnden Hinter-
gründen. Galeristen wie Johann König in Berlin und            Rückblick und Bestandsaufnahme
Jürgen Becker in Hamburg, Galerien wie Krobath in
Wien oder Greengrassi in London sind längst auf die           Die Ausstellung »Seismograph unserer Zeit. 20 Jahre
manchmal doppelbödigen Bilder aufmerksam geworden.            Zeitsicht Art Award« ist Rückblick und Bestandsaufnahme
Daniel Richter hat Gronemeyer nominiert. Der Maler war        zugleich. In der Gegenüberstellung von prämierten Arbei-
schon lange von ihr fasziniert: »Ellen Gronemeyer gehört      ten und aktuellen Werken werden nicht nur künstlerische         Die Stifter des Zeitsichts Art Award: Eberhard Hauser und Martin Hagen

                                                                                                                                                                                www.a3kultur.de
Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
a3kultur Sonderveröffentlichung
                                                                                                                                                                                                    IV
                                                           Dinge anders sehen
               »Die Zeit ist ein wunderbarer Spiegel dafür, welche Prioritäten wir uns im Leben setzen«, sagt Eberhard Hauser im Interview mit Jürgen Kannler.
     Anlass des Gesprächs ist die Jubiläumsausstellung des internationalen Kunstpreises Zeitsicht, den seine Beratungsfirma hauserconsulting seit zwanzig Jahren verleiht.

                                                                     GF-Kollegen Martin Hagen hatte ich da einen starken Un-            Können Sie das vielleicht an einem Beispiel verdeutlichen? Neh-
                                                                     terstützer dieser Idee an meiner Seite. Schließlich machen         men wir ein Gemälde von Salvadór Dali. Es trägt den Band-
                                                                     wir als Beratungsunternehmen ja seit dreißig Jahren genau          wurmtitel »Gala betrachtet das Mittelmeer, welches sich in
                                                                     das: Menschen helfen, Dinge auch einmal anders zu sehen,           30 m Entfernung in das Portrait Abraham Lincolns verwan-
                                                                     als sie es gewohnt sind.                                           delt«. Je nach Abstand des Betrachters sieht das Bild ganz
                                                                                                                                        anders aus: steht man ganz dicht davor, sieht man Jesus
                                                                     Kunst ermöglicht es, die Welt aus neuen Perspektiven zu betrach­   am Kreuz hängen, etwas weiter weg die nackte Gala am
                                                                     ten – und Sie geben nun etwas zurück an die Künstler? Kunst        Fenster stehen und von Ferne dann sieht man das Konterfei
                                                                     ist als Seismograph unserer Gesellschaft unersetzlich. In          von Abraham Lincoln mit dickem Bart. Das ist eine wunder-
                                                                     der aktuellen Jubiläumsschau wird das besonders deutlich.          bare Parabel. Gerade für Führungskräfte ist es sehr ein-
                                                                     Bei der Gegenüberstellung von prämierten Arbeiten und              drucksvoll zu erleben, weil viele glauben, dass es nur eine
                                                                     aktuellen Werken werden ja nicht nur künstlerische Ent-            Wahrheit gibt, die sie erkennen und andere doch bitte
                                                                     wicklungen sichtbar. In den Arbeiten, die seit der Jahrtau-        genauso sehen sollen. Und dann merken sie, dass ihnen
                                                                     sendwende entstanden, spiegeln sich die Konflikte, Ängste          ihre eigene Wahrnehmung einen Streich spielt. Menschen
                                                                     und Sichtweisen einer jungen Künstlergeneration wider –            konstruieren sich ihre Wirklichkeit selbst, das ist ein syste-
                                                                     und das in einer Zeit, in der sich die politischen und gesell-     mischer Grundgedanke. Dies so direkt zu erleben ist für
                                                                     schaftlichen Koordinaten stark verändern. Digitalisierung,         viele eine wichtige Erkenntnis und sehr hilfreich im Alltag.
                                                                     Naturzerstörung oder die Normierung des Individuums sind
                                                                     nur einige Stichworte dazu.
                                                                     In der Rückschau offenbart sich auffallend die hohe Sensi-
                                                                     bilität dieser Künstler für gesellschaftliche Entwicklungen,
                                                                     aber auch die Breite der Ausdrucksmöglichkeiten zeitge-
                                                                                                                                                Nichts muss so sein,
                                                                     nössischer Kunst.                                                         wie es ist. Alles kann
                                                                     Mit dem Zeitsicht Art Award möchten wir unseren Beitrag
                                                                     leisten, diese vielseitige, unabhängige Kunstlandschaft zu                 auch anders sein.
                                                                     bewahren und vielen zugänglich zu machen. Und wir wollen
                                                                     Talente dazu ermutigen, sich konsequent auf einen künstle-
                                                                     rischen Entwicklungsprozess einzulassen. Dass wir mit den          Was bedeutet die leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der
                                                                     Kunstsammlungen & Museen der Stadt Augsburg hier eine              Kunst nicht nur für das Geschäft und die Kund*innen, sondern
                                                                     starke Partnerin gefunden haben, war für den Erfolg des            auch für die Menschen, die länger oder weniger lang in den
                                                                     Projektes natürlich wichtig.                                       Teams arbeiten? Da werden ja auch viele mit einer Welt konfron­
a3kultur: Der Firmensitz von hauserconsulting erstreckt sich                                                                            tiert, die sie so vielleicht noch nicht kennen. Wir wollen an der
über die Beletage eines Gründerzeithauses in einem der gefrag­                                                                          Stelle die Kunst auch nicht überbewerten. Sie ist für uns ein
testen Quartiere Augsburgs. Die Atmosphäre ist freundlich. An
den hohen Wänden gibt es – natürlich – viel Kunst zu entdecken.            Paul Klee hat gesagt:                                        Medium für ein umfassenderes Verständnis der Welt. Wir
                                                                                                                                        leben in einer äußerst vielschichtigen und vielgestaltigen
Hauser: Die Beschäftigung mit Kunst ist eine gute Inspira-
tion und sehr hilfreiche Routine in unserer Arbeit geworden.
                                                                        »Die Kunst gibt nicht das                                       Zeit, in der der Konsens über Wahrheit und Wirklichkeit
                                                                                                                                        verloren gegangen ist. Wenn wir vorwärts kommen wollen
Wir schauen immer wieder auf einzelne Werke und fragen                  Sichtbare wieder, sondern                                       müssen wir lernen, in einen konstruktiven und aggressions-
uns: »Was sehe ich jetzt gerade?« – und es ist wie bei
einem Zauberspiegel, in dem wir immer wieder neue Pers-                    macht sichtbar.« Das                                         armen Austausch über unterschiedliche Wahrnehmungen
                                                                                                                                        und Sichtweisen einzutreten. Der respektvolle Dialog über
pektiven und oft auch Lösungswege entdecken können.                           ist großartig.                                            Unterschiede ist die große Chance in allen auftauchenden
                                                                                                                                        Spannungsfeldern, egal ob gesellschaftlich, politisch, unter-
                                                                                                                                        nehmerisch oder auch in der Familie.
      Als Beratungsunterneh-                                         Noch einmal zurück zur Rolle der Kunst in Ihrer Beratungs­         Ihr Unternehmen verleiht seit zwanzig Jahren den Kunstpreis
     men machen wir ja seit                                          arbeit. Wo ist da die Verbindung? Da muss ich jetzt ein biss-      »Zeitsicht«. Wie kam es denn zu diesem Begriff? »Zeitsicht« war
                                                                     chen weiter ausholen. Paul Klee hat gesagt: »die Kunst             ein Wort, das mir morgens unter der Dusche einfiel. Ich
    dreißig Jahren genau das:                                        gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sicht-              habe dann geschaut, ob das Wort im Duden steht und
     Menschen helfen, Dinge                                          bar«. Das ist großartig, weil das einerseits ein weiter
                                                                     Kunstbegriff ist, der nicht an ein Ausnahmetalent gebun-
                                                                                                                                        nichts gefunden. Die Verbindung von Zeit und Perspektive,
                                                                                                                                        die ja in dem Wort Zeitsicht steckt, war für mich sehr pas-
   anders zu sehen, als sie es                                       den ist. Andererseits ist aber ein hoher Anspruch dahin-
                                                                     ter, nämlich dass bei Kunst was Neues passieren soll, ein
                                                                                                                                        send für unser Anliegen. Fast überall ist heute Zeit eine kri-
                                                                                                                                        tische Komponente, die gerade im Beruf in der Regel als zu
          gewohnt sind.                                              Erkenntnisgewinn, eben: dass etwas auf andere Weise                knapp erlebt wird und in der sehr vieles gemessen wird.
                                                                     sichtbar wird.                                                     Gleichzeitig hat der Begriff »Zeitsicht« eine biographische
                                                                     Die Brücke zu unserer Arbeit ist da ganz schnell geschla-          Komponente: wie man zu einer bestimmten Zeit auf etwas
Wie fing das an, Ihr Interesse an Kunst und die Bereitschaft, sich   gen: im Coaching, in der Organisationsentwicklung, bei             blickt und auch, wie sich der Zeitbegriff im Verlauf eines
auf gesellschaftlicher Ebene für Gegenwartskunst zu engagie­         der Begleitung von Kulturprozessen sind wir diejenigen,            Lebens verändern kann. Ich merke zum Beispiel bei unse-
ren? Das sind Prozesse, die scheinbar unabhängig von-                die helfen sichtbar zu machen, was vielleicht noch nicht           ren Kindern, dass deren Zeit ganz anders gefüllt ist als
einander verliefen. Jetzt in der Rückschau verknüpfen sie            so bewusst ist. Wir schaffen ungewohnte Kontexte, die              meine.
sich miteinander. Ich hätte eigentlich gerne Kunst studiert,         es ermöglichen, auf andere Weise zu denken und zu kom-
aber konnte mir nicht vorstellen, damit jemals Geld verdie-          munizieren. Sei es in innovativen Begegnungsformaten, in           Hat die Zeit unser Leben zu stark im Griff? Die Zeit kann uns
nen zu können. Mir fehlte das letzte Stück Leidenschaft und          der Art und Weise wie man starke Teams entwickelt oder             überhaupt nicht im Griff haben. Sie ist ein Medium, das uns
sicherlich auch das Selbstvertrauen dazu. Ich habe mich              auch wie man im Alltag miteinander umgeht.                         erkennen lässt wie wir unser Leben verbringen, ein Spiegel
dann für eine Richtung entschieden, die mich ebenfalls                                                                                  dafür, welche Prioritäten wir setzen: wie viel Raum geben
sehr faszinierte: Psychologie. Das war gut und richtig so,           Die Teams von hauserconsulting arbeiten mit Manager*innen          wir den vermeintlichen Anforderungen im Außen? Und wie
und mein Beruf begeistert mich immer noch sehr. Aber                 weltweit zusammen. Wie reagieren Kund*innen auf diese Spezi­       stark hören wir auf unsere innere Stimme? Für all das ist
trotzdem habe immer etwas sehnsüchtig auf das – natür-               fika des Unternehmens? Spürt man Vorbehalte? Ich glaube das        Zeit ein Sehhilfe, aber keine Ursache.
lich idealisierte – Künstlertum geblickt. Mir ist erst viel spä-     ist wie ein großer Querschnitt durch die Bevölkerung.
ter klar geworden, auf was für ein hartes und                        Da gibt es welche die finden das irgendwie interessant,            Die Zeit zu nutzen ist eine Option – ist es auch eine Pflicht, sie zu
entbehrungsreiches Leben man sich einlässt, wenn man                 aber nicht wirklich wichtig. Andere finden es interessant          nutzen? Das alte römische Carpe Diem! Ich finde es schwer
sich voll der Kunst verschreibt.                                     und werden neugierig, und dann gibt es immer mehr, die             hier Verallgemeinerungen zu treffen. Für mich ist das Mes-
Für mich persönlich ist künstlerisches Arbeiten immer damit          verstehen, was wir machen und dies für Ihre eigene Arbeit          sen von Zeit eigentlich nur ein Hilfsmittel, um mir über meine
verbunden, mir viel Zeit nehmen zu dürfen, um aus der Tiefe          nutzen wollen.                                                     Prioritäten im Leben, im Handeln, im Tun klar zu werden.
zu schöpfen, um dann das Gefundene in irgendeiner Form               Ungleich stärkere Wirkung hat das allerdings bei uns im            Und mich immer wieder bewusst dafür zu entscheiden, das
zu verdichten und schließlich nach außen zu bringen. Das             Team, bei den Berater*innen, weil sie merken, dass wir von         zu tun, was ich gerade mache.
ist es übrigens auch, was mir an meiner heutigen Arbeit so           Künstlern eben viel lernen können. Die Vieldeutigkeit, die
gefällt, die natürlich keine Kunst ist, aber doch viele Elemen-      veränderbaren Wahrnehmungsmöglichkeiten und viel-                  Mich würde zum Schluss noch interessieren, was Eberhard Hau­
te künstlerischen Tuns enthält.                                      schichtigen Deutungsmöglichkeiten, die große Kunstwerke            ser im Umgang mit Kunst gelernt hat? Ich glaube das ist ganz
Da war es naheliegend, dass wir uns in unserer Beratungs-            eröffnen, sind eine phantastische Inspirationsquelle. In           einfach. Was ich am deutlichsten erlebt habe ist, dass
arbeit immer wieder Anregungen aus der Kunst geholt                  manchen unserer Schulungen und Führungskräftetrainings             nichts so sein muss, wie es ist. Alles kann auch anders sein.
haben, und hier vor allem: zu lernen, etwas auf neue                 lassen wir daher Kunstwerke betrachten, um den Blick für           Und das finde ich gerade in Krisenzeiten eine sehr ermuti-
Weise zu sehen und zu denken. Mit meinem Freund und                  die Vieldeutigkeit des Lebens zu schulen.                          gende Perspektive.

www.a3kultur.de
Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
V                                                                                                                                                    INTERVIEW/RAUMPLAN

                                                                                                              2007 JOSEF HOFER

                           2003 ANNA KLING
                                                                                                                               2013 LOTTE LINDNER & TILL STEINBRENNER

                                                    2002 DIRK BRÖMMEL

                                                                                                                                                                                                  2006 JULIA WEGAT
                                                                                                                                                        2002 KERSTIN BRAUN

        2009 ELLEN GRONEMEYER

                                                                                                                                                                                                  2017 NÈS JOËSSEL

2019 JEAN K. MUKENDI

                                                                                                                                                                                           2011 ANTONIO PAUCAR

2004 SVENJA MAASS

                                                                                                                                                                                         2008 ALEXANDER KNYCH

          2010 MIRJAM VÖLKER

                                           2015 GRANDHOTEL COSMOPOLIS
                                                                                                                                                                            2005 MICHAEL GRUDZIECKI

					                 IMPRESSUM – 20 Jahre Zeitsicht Art Award
  Sonderveröffentlichung »20 Jahre Zeitsicht Art Award« für a3kultur # 01 Januar 2022                         Redaktion: a3kultur | Projektleitung: Jürgen Kannler
        Herausgeber: hauserconsulting GmbH & Co. KG, www.hauserconsulting.com                                 Grafik & Satz: Stela Blagova, Andreas Holzmann | Verlag: studio a UG, Austraße 27, 86153 Augsburg,
                                                   Stettenstraße 12, 86150 Augsburg                           Tel. 0821 – 508 14 57, www.a3kultur.de | Schlussredaktion: Christiane Kühn | Druck: Mayer & Söhne, Aichach

  FOTOCREDITS
  Titel: Antonio Paucar »Altar« 2005, Courtesy by   Seite 6–7 FOTOS DER BEGEGNUNGEN:                          Cosmopolis Team, Vernissage (Fotos: W. Reichelt) |      thema«, »Rapunzel 4«, »Jasmin« | Michael
  the artist and Galerie Barbara Thumm, Berlin      2004 Mark Brand | 2005 Dietmar Liehr | 2006 hauser-       Lotte Lindner & Till Steinbrenner »NEEDS THAT           Grudziecki »JOURNEY JOURNAL 2«, »Seaforts
                                                    consulting | 2007 hauserconsulting | 2008 hauserconsul-   SPRING FROM FANCY I und II«, »Alternative Ge-           12«, »Victory 2« | Svenja Maas (Foto: Helge Mundt)
  Seite 2: Vernissage Lotte Lindner & Till          ting | 2009 hauserconsulting | 2010 hauserconsulting |    sellschaftsformen. Übung IV: Recht geben«,              »Lift (Foto: Helge Mundt)«, »Oton (Foto: Helge
  Steinbrenner, Foto: Sebastian Schlömmer           2011 hauserconsulting | 2013 Sebastian Schlömer |         »START SPREADING THE NEWS« | Antonio Paucar             Mundt)«, »Lichtung« | Anna Kling »Ranken I–III« |
  Eva Weber, Jürgen Enninger, Foto: o. H.           2015 Wolfgang Reiserer | 2017 Patrick Hübner | 2019       »Zentrifugalkraft«, »Choreography of the Dancers«,      Kerstin Braun »NOCTURA Heiligendamm«, »Japa-
                                                    zehntausendgrad                                           »Altar« Courtesy by the artist and Galerie Barbara      nische Herbstanemone«, | Dirk Brömmel »Villa
  Seite 3: Die Stifter des Zeitsicht Art Award,                                                               Thumm, Berlin | Mirjam Völker »Anschein«, »Zunder«,     Tugendhat Nr. 4«
  Foto: zehntausendgrad                             Seite 8–11 FOTOS DER KÜSTLER*INNEN UND                    »Torso (Foto: Uwe Walter)« | Ellen Gronemeyer
                                                    WERKE:                                                    »Schneeflöckchen Weißröckchen«, »Ringelchen« |          Seite 12: Grandhotel Cosmopolis Vernissage,
  Seite 4: Eberhard Hauser, Stifter Zeitsicht Art   Jean Katambayi Mukendi »Visafrolampe«, »Commerce          Alexander Knych »Ritter«, »Lamp« | Josef Hofer (Foto:   Foto: Wolfgang Reiserer
  Award, Foto: Ester Neumann                        angulaire« | Nès Joëssel 1–4 Ohne Titel | Grandhotel      Franz Murauer) 1–4 Ohne Titel | Julia Wegat »Chrysan-

                                                                                                                                                                                                www.a3kultur.de
Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
a3kultur Sonderveröffentlichung
                                                                                                                                VI
                  12   5                                                                      11                                     8

 8                     9                                                                      7                                      7

                   2                                       5                                  1    3

                                                           9   6

                  12                                                                                                                 1

                           ZEITSICHT ART AWARD 2002 – 2022
                           PREISTRÄGER*INNEN UND IHRE LAUDATOR*INNEN
                           2002 DIRK BRÖMMEL JURY
                           2002 KERSTIN BRAUN JURY
                           2003 ANNA KLING JURY
                           2004 SVENJA MAASS JURY      1

                           2005 MICHAEL GRUDZIECKI JURY        2

                           2006 JULIA WEGAT JURY   3
 4                                                                                                                                   11
                           2007 JOSEF HOFER ARNULF RAINER               4

                           2008 ALEXANDER KNYCH MARKUS LÜPERTZ                  5                                                    4

                           2009 ELLEN GRONEMEYER DANIEL RICHTER                 6

                           2010 MIRJAM VÖLKER NEO RAUCH            7

                           2011 ANTONIO PAUCAR REBECCA HORN                 8

                           2013 LOTTE LINDNER & TILL STEINBRENNER MARINA ABRAMOVI Ć 9
                           2015 GRANDHOTEL COSMOPOLIS KATHARINA SIEVERDING               10

                           2017 NÈS JOËSSEL DANIEL KNORR           11

                           2019 JEAN KATAMBAYI MUKENDI SAMMY BALOJI                 12

                  10

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VII                                                                                                             BEGEGNUNGEN

                            9                                  12                                       9   11

                            4    3                                                                          12

                                                                                                        8

                                                                                                                                12

                                                                                                            4

Zoom-Talk hauserconsulting Zeitsicht-Team mit Marina Abramović und Lotte Lindner & Till Steinbrenner.
Thema »the advantages and disadvantages of fame« am 8. Dezember 2021.

                           8    2                                                                       5

                                                                                                                                12

                           12    5                                                                  11      7

                                                                                                                     www.a3kultur.de
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a3kultur Sonderveröffentlichung
                                                                                                                                                                          VIII
                                                                                                                   2017
      Preisträger*innen und
Laudator*innen im Überblick
      Die Entscheidungen für den Zeitsicht Art Award traf bis 2006 eine Jury,
               danach erfolgte die Nominierung jeweils durch eine etablierte,
                                    international bedeutende Persönlichkeit.                                                                                        2015
                                                                  2019                 NÈS JOËSSEL
                                                                                       Die Kunst der 1969 geborenen Französin
                                                                                       ist leise und tiefsinnig. Sie näht farbige Tex-
                                                                                       tilien auf Leinwände, und schafft auf diese
                                                                                       Weise abstrakte Kompositionen. Die Aus-
                                                                                       stellung in der Neuen Galerie im Höhmann-
                                                                                       haus in Augsburg im Rahmen des Zeitsicht
                                                                                       Art Awards war ihre erste öffentliche Prä-        GRANDHOTEL COSMOPOLIS
                                                                                       sentation. Sie arbeitet und lebt in Berlin        Wenn eine soziale Plastik als Kunst definiert
                                                                                       und Paris. Für den Zeitsicht-Award vorge-         wird, die den Anspruch erhebt, auf die Ge-
                                                                                       schlagen wurde sie von Documenta-Teil-            sellschaft gestaltend einzuwirken, dann gilt
                                                                                       nehmer Daniel Knorr.                              diese Bezeichnung in besonderer Weise für
                                                                                                                                         das Augsburger Grandhotel Cosmopolis.
                                                                                                                                         Es ist seit 2011 ein Ort, der Asylbewerber
                                                                                                                                         beherbergt, Hotelgäste empfängt, Ateliers
                                                                                                                                         zur Verfügung stellt und im Café mit Preisen
                                                                                                                                         nach dem Freiwilligkeitsprinzip auf unkon-
                                                                                                                                         ventionelle Weise breiten Gesellschafts-
                                                                                                                                         schichten eine Teilhabe am öffentlichen
                                                                                                                                         Leben ermöglicht. Die Initiatoren bezeich-
                                                                                                                                         nen ihr Projekt als »Verhandlungszone für
                                                                                                                                         die Anerkennung einer kosmopolitischen
                                                                                                                                         Wirklichkeit«. Das Projekt hatte Katharina
                                                                                                                                         Sieverding nominiert.
                                        JEAN KATAMBAYI MUKENDI
                                        Der 1974 im kongolesischen Lubumbashi
                                        geborene Künstler hinterfragt in seinen
                                        Zeichnungen und Installationen postkoloni-
                                        ale Strukturen, indem er humane Formen
                                        und technische Zeichen bzw. Versatzstücke
                                        aus dem Alltag miteinander verbindet. Er ist
                                        Mitbegründer der Biennale de Lubumbashi
                                        und machte in Europa 2019 durch seine
                                        Installationen in der belgischen Facebook-
                                        Zentrale auf sich aufmerksam. Mukendi
                                        wird durch die Galerie Trampoline von
                                        Simon Delobel in Antwerpen vertreten. No-
                                        miniert wurde Mukendi von seinem Lands-
                                        mann Sammy Baloji.

www.a3kultur.de
Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
IX                                                                                               PREISTRÄGER*INNEN UND WERKE

                                                                                                                           2010
                                                                           2011
                           2013
                                                                                                                                                                            2009

                                                                                               MIRJAM VÖLKER
                                                                                               Mirjam Völker malt in realistischer Malweise
                                                                                               beängstigende Dystopien, die sie auch ins-
                                                ANTONIO PAUCAR                                 tallativ umsetzt. Thema ihrer surrealen Bild-
                                                Der Peruaner Antonio Paucar, Jahrgang          findungen ist der Konflikt zwischen Zivilisati-
                                                1972, führt mit spirituellen Elementen und     on und Natur. Die 1977 in Wiesbaden               ELLEN GRONEMEYER
                                                symbolischen Gesten in Zwischenwelten.         geborene Künstlerin war 2008 bis 2010             Die kompakte, dichte Malerei der Wahlberli-
                                                Seine Performances, die häufig in der Natur    Meisterschülerin von Neo Rauch. Sie wird          nerin zeigt Anklänge an die Art brut. Figuren
                                                stattfinden und auf Videos festgehalten        vertreten von der Galerie Eigen + Art Leip-       und Tiere posieren bei ihr vor wimmelnden
                                                werden, sind ergreifende Inszenierungen        zig/Berlin. Ihre Arbeiten waren zuletzt in der    Hintergründen. Anlässlich einer Ausstellung
LOTTE LINDNER & TILL STEINBRENNER               von Entfremdung und Entwurzelung. Pau-         Einzelausstellung »Abseite« in der Neuen          in der Greengrassi in London schrieb Eng-
Das Duo aus Hannover gehört heute zu den        cars Idee von Kunst wurde, bevor er in         Galerie Gladbeck zu sehen sowie in einer          lands führende Kunst-Zeitschrift Frieze:
innovativsten Künstlern, die Rauminterventio-   Berlin und London Kunst studierte, in den      Gruppenausstellung im Museum de Funda-            »Gronemeyer versorgt den Betrachter mit
nen und Performance miteinander verschrän-      Anden von den mystischen Skulpturen sei-       tie in Zwolle. Nominiert wurde sie von dem        einem Knäuel anarchistischer Cartoon-Sze-
ken. Die formal strengen Installationen schü-   nes Großvaters geprägt. Seine Arbeiten         Leipziger Maler Neo Rauch.                        nen, die reich an Anregungen sind, über
ren Erwartungen, die durch die aktive           waren in verschiedenen institutionellen Aus-                                                     viele Dinge nachzudenken«. Hintersinn, Hei-
Einbeziehung der Betrachter in eine andere      stellungen in Berlin zu sehen, sein Werk                                                         terkeit und eine gewisse Widerständigkeit
Richtung gelenkt werden. Lotte Lindner und      wird vertreten durch die Berliner Galerie                                                        liegen dicht nebeneinander in ihren Bildern.
Till Steinbrenner – Jahrgang 1971 und 1967      Barbara Thumm. Für den Zeitsicht Art                                                             Der Ausstellungstitel »Raw and Delirious« in
– studierten beide in Braunschweig. Ihre        Award nominierte ihn die Installations- und                                                      der Kunsthalle Bern, an der sie vor ein paar
Arbeiten waren unlängst in Wien und Bo-         Performancekünstlerin Rebecca Horn.                                                              Jahren teilnahm, passte bestens. Die heute
chum sowie in der Galerie Robert Drees in                                                                                                        42-Jährige wird vertreten von der Hambur-
Hannover zu sehen. Nominiert wurde das                                                                                                           ger Galeristin Karin Günther und der Anton
Duo von Marina Abramović.                                                                                                                        Kern Gallery in New York. Nominiert für den
                                                                                                                                                 Zeitsicht Art Award wurde sie von dem
                                                                                                                                                 Maler Daniel Richter.

                                                                                                                                                                      www.a3kultur.de
Seismograph unserer Zeit - EINE SONDERVERÖFFENTLICHUNG VON - a3kultur
a3kultur Sonderveröffentlichung
                                                                                                                                                                                       X
                                                                        2007                                             2006
                                                                                                                                                                          2005

                          2008
                                              JOSEF HOFER
                                              Der Österreicher ist ein Vertreter der soge-
                                              nannten Outsider-Art. Sein Medium ist die      JULIA WEGAT
                                              Zeichnung. Akribisch und zugleich bizarr       Thematisch provokant ist die Malerei von Julia
                                              ist sein Strich, mit dem er seine charakte-    Wegat bis heute geblieben. Die 1969 gebo-
                                              ristischen Figuren aufs Papier bringt. Der     rene Künstlerin interessiert sich für die ver-
                                              körperlich und geistig behinderte Künstler,    drängten Fragen unserer Gesellschaft. 2006
                                              Jahrgang 1945, wird seit 2008 von der          befasste sie sich mit der inneren Heimatlosig-
                                              Galerie Stein in Schärding, der Galerie        keit türkischer Jugendlicher, später stellte sie
                                              Christian Berst in Paris, der Galerie Cavin-   in ihren Porträts häufig die dunkle Seite
                                              Morris in New York und der Galerie Sund-       menschlicher Befindlichkeit dar. Aus Protest
                                              heimer in München vertreten. Er ist Mit-       gegen das richterlich sanktionierte Ausstel-
                                              glied der Collection de l’Art Brut in          lungsverbot eines ihrer Gemälde, hörte sie         MICHAEL GRUDZIECKI
                                              Lausanne und war in zahlreichen Muse-          2016 auf zu malen, bis zur Aufhebung dieses        Faszination und Bedrohlichkeit moderner
                                              umsausstellungen vertreten. Für den Zeit-      Beschlusses im Jahre 2019. Die Meister-            Architektur transformiert der 1977 im polni-
                                              sicht Art Award hatte ihn der österreichi-     schülerin von Gottfried Helnwein lebt und          schen Breslau geborene Künstler in seine
                                              sche Maler Arnulf Rainer vorgeschlagen.        arbeitet heute in Mücheln bei Leipzig. Nomi-       dynamischen und fast gestisch gemalten
                                                                                             niert wurde sie durch Jury-Entscheidung.           Bildwelten mit einem Schuss Fantastik.
ALEXANDER KNYCH                                                                                                                                 Grudziecki steht in der Tradition der »Neuen
»Alexandr Knych beherrscht das Spiel mit                                                                                                        Wilden«, die Anfang der 1980er-Jahre die
traditioneller Technik und moderner Auffas-                                                                                                     gegenständlichen Malerei wieder aufleben
sung von Inhalten großartig«, so Markus                                                                                                         ließen. Seine Werke wurden in zahlreichen
Lüpertz über den damals 36jährigen Bild-                                                                                                        thematischen Ausstellungen, unter anderem
hauer. Der in Berlin lebende Belarusse                                                                                                          im ZKM Karlsruhe und im Münchner Stadt-
suchte in seinen Skulpturen ästhetische                                                                                                         museum, gezeigt. Er ist heute fest verankert
Perfektion und Tiefsinn. Trotz eines hoff-                                                                                                      in der Kunst- und Galerieszene Münchens.
nungsvollen Starts hat er sich nach weni-                                                                                                       Nominiert wurde er von einer Jury.
gen Jahren aus der Kunstwelt zurückgezo-
gen und ist andere Wege gegangen. In den
Kreis der Zeitsicht-Preisträger brachte ihn
Markus Lüpertz.

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XI                                                                                            PREISTRÄGER*INNEN UND WERKE

                                                                       2003
                         2004
                                                                                                                     2002

                                                                                                                                                                     2002
SVENJA MAASS
Die Malerin ist bis heute ihrem Sujet treu
geblieben. Svenja Maaß, Jahrgang 1977,
schaut mit Ironie auf das Tier. Sie malt     ANNA KLING
Hasen, Rehe, Erdmännchen, um sie mit         Anna Kling ist eine vielseitige Künstlerin.
schrillen Farben und durch körperliche Me-   Sie bekam den Preis für ihre Fotos-Serie       KERSTIN BRAUN
tamorphosen zu verfremden. Dazu erfindet     »Ranken«, in der sie in überhöhten, digital    Kerstin Braun sucht in ihren Fotografien
sie phantastische Settings. Fabelhaft und    bearbeiteten Fotos das Thema Mensch und        nicht das Abbild, sondern den Sinn einer
technisch altmeisterlich brillant. Svenja    Natur thematisierte. Etappen ihres Werde-      Komposition. Klar gestaltet sind ihre Land-
Maaß hat in zahlreichen Off-Spaces ausge-    gangs sind die Bauhaus-Universität Wei-        schaften, malerisch im Sinne einer bewusst
stellt und wird von der Hamburger Galerie    mar und das College of Art and Desing in       komponierten Bildregie sind ihre freien Ar-
Gudberg Nerger vertreten. Für den Award      Minneapolis. Heute lebt Anna Kling, Jahr-      beiten entwickelt wie etwa der Tanz einer
wurde sie durch Jury ausgewählt.             gang 1969, in Australien und ist im künstle-   Seifenblase vor einer Ziegelmauer in ihrer
                                             risch angewandten Bereich tätig. Den Preis     2008 entstandenen Serie »Soap Opera«.
                                             erhielt sie durch Jury.                        Sie kann auf zahlreiche Ausstellungen zu-
                                                                                            rückblicken. Nach längeren Intermezzi in
                                                                                            Barcelona, Portugal und Indien lebt die
                                                                                            vielfach ausgezeichnete Fotografin heute
                                                                                            wieder in Deutschland. Die Verleihung des     DIRK BRÖMMEL
                                                                                            Zeitsicht Art Awards an Kerstin Braun war     Seine »Kanzlerbungalow«-Serie hat dem Fo-
                                                                                            eine Jury-Entscheidung.                       tografen zum Durchbruch verholfen. Die
                                                                                                                                          streng gestalteten Architekturaufnahmen
                                                                                                                                          des leer stehenden Sep-Ruf-Baus hat er mit
                                                                                                                                          dokumentarischen Fotografien von Politiker-
                                                                                                                                          treffen und Beratungen überblendet: eine
                                                                                                                                          Methode, mit der er bereits 2002 in der
                                                                                                                                          Serie »VillaTugendhat« experimentierte und
                                                                                                                                          überzeugte. Brömmels Fotos bestechen
                                                                                                                                          durch ihre erzählerische Note und die Klar-
                                                                                                                                          heit der Gestaltung, die sich auch in populä-
                                                                                                                                          reren Motiven widerspiegelt. Seine Arbeiten
                                                                                                                                          waren in zahlreichen Ausstellungen zu
                                                                                                                                          sehen. Große Resonanz erfuhren die Serien
                                                                                                                                          »Kopfüber« und »Schwimmende Märkte« auf
                                                                                                                                          den Messen Photo Basel und Positions Art
                                                                                                                                          Fair Berlin. Der Wiesbadener Künstler, Jahr-
                                                                                                                                          gang 1968, wird von der Hamburger Galerie
                                                                                                                                          Hengevoss-Dürkop und der Galerie Albert
                                                                                                                                          Baumgarten aus Freiburg vertreten. Die
                                                                                                                                          Wahl zum Zeitsicht-Förderpreisträger traf
                                                                                                                                          2002 eine Jury.

                                                                                                                                                               www.a3kultur.de
a3kultur Sonderveröffentlichung
                                                    XII

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