Klima-Zeitung - anja kollmuss
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Klima-Zeitung September 2021 Ein zwei-monatlicher Newsletter für Menschen, die sich zum Klimawandel informieren möchten. Zusammengestellt von Anja Kollmuss und Thomas Schenk. Schweiz on von rund 26% gegenüber 1990. Im Ver- gleich: Die EU will ihre Emissionen bis 2030 um 55% senken. Welche Rolle spielte die jüngere Bevölkerung beim Nein zum CO2- Weiterhin sollen Importeure fossiler Treibstoffe Gesetz? einen Teil der durch den Strassenverkehr ver- ursachten Emissionen mit Auslandzertifikaten Kurz nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes kompensieren (der maximale Zuschlag soll pro erklärte Tamedia auf der Basis einer Nachwahl- Liter Treibstoff bei 5 Rp. begrenzt bleiben). befragung, die unter 35-Jährigen hätten am Auch die CO2-Abgabe auf Heizöl und Erdgas soll deutlichsten Nein gesagt. Die Vox- weiterhin erhoben werden (mehr dazu weiter Nachbefragung des Marktforschungsinstituts unten), und Unternehmen in energieintensiven gfs.bern kommt nun zum entgegengesetzten Branchen können sich weiterhin von der CO2- Schluss. Gemäss dieser stimmten die 18- bis 29- Abgabe befreien lassen. Eine Flugticketabgabe Jährigen der Vorlage mit 62% und die 30- bis will die UREK vorderhand nicht einführen. 39-Jährigen mit 58% klar zu. Ab 60 Jahren betrug die Zustimmungsrate noch etwas über Im Anschluss an diese Übergangslösung soll 40%. Dass die Befragungen zu anderen Ergeb- gemäss der UREK 2025 ein umfassenderes nissen kommen, erklären Fachleute mit metho- Klimapaket in Kraft treten. Was den Inhalt be- dischen Unterschieden. Hauptgrund für die trifft, gehen die Ideen der Parteien auseinander. Ablehnung war laut der Vox-Analyse die starke Mehr dazu hier. Mobilisierung auf dem Land durch die beiden Der Präsident der Grünen Partei, Balthasar Agrarinitiativen. Dabei waren finanzielle Grün- Glättli, regt nach der Ablehnung des CO2- de wichtig, konkret die befürchtete Erhöhung Gesetzes die Schaffung eines Klimarats an. Der der Benzinpreise. Wer das Gesetz ablehnte, hat durch das Los zusammengesetzte 200-köpfige gemäss der Nachwahlbefragung weder in Um- Bürgerrat soll als Institution rasch mehrheitsfä- weltverbände noch in Klimaforscher*innen hige Lösungen für den Klimaschutz erarbeiten. Vertrauen. Mehr dazu hier. In Frankreich hat ein solches Gremium Vorschläge zur Klimapolitik gemacht, Wie geht es nach dem Nein zum CO2- die im Parlament allerdings erheblich verwäs- Gesetz weiter? sert wurden. Mehr dazu hier. Die Frage, wie die Schweizer Klimapolitik nach Die Jungen Grünen haben Ende August die der Ablehnung des CO2-Gesetzes wieder Umweltverantwortungsinitiative lanciert. Bis Schwung aufnehmen soll, beschäftigt die Politik im Februar 2023 haben sie Zeit, die erforderli- weiter. Die Schweiz ist nun, zusammen mit der chen 100'000 Unterschriften zu sammeln. Mit Türkei und einigen Balkan-Staaten, eines der der Initiative soll die Schweiz dazu verpflichtet ganz wenigen europäischen Länder, das kein werden, die Umweltbelastung innerhalb von gesetzlich verankertes 2030-Klimaziel hat. zehn Jahren so zu reduzieren, um einen gerech- Die Kommissionen für Umwelt, Raumplanung ten Beitrag dazu zu leisten, dass die planetaren und Energie (UREK) des Nationalrats hat be- Grenzen eingehalten werden. Das betrifft die schlossen, dass die Schweiz bis Ende 2024 ihre Bereiche Klimaerwärmung, Biodiversitätsver- Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 jähr- lust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie lich um 1,5% vermindern soll. Drei Viertel der Stickstoff- und Phosphoreintrag. Reduktionen sollen im Inland erzielt werden. Die SP kündigte an ihrem Parteitag die Lancie- Bis 2030 entspräche dies einer Inlandsredukti- rung einer Volksinitiative zum Schweizer Fi- Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 1
nanzplatz an, die sicherstellen soll, dass Banken sowie die Bedürfnisse von Armee, Polizei und und Versicherungen nicht mehr in Geschäfte Rettungsdienste in der Verfassung berücksichti- investieren können, die das Klima zerstören. gen. Umwelt- und Energieministerin Simonetta Die Reaktionen auf die Botschaft waren gröss- Sommaruga hat in einem Interview mit der tenteils negativ. Die Initiant*innen bemängeln, Rundschau bereits klar gemacht, dass die künf- dass der Bundesrat auf den konsequenten Aus- tige Klimapolitik ohne neue Abgaben auf fossile stieg aus den fossilen Energien verzichten wolle Energieträger auskommen müsse. Sie will da- und mit der wirtschaftlichen Tragbarkeit argu- mit «Rücksicht nehmen» auf die gerade bei der mentiere. Die Schweizerische Energie-Stiftung Landbevölkerung sehr grosse Sensibilität. Statt- stuft die Haltung des Bundesrats als lethargisch dessen will Sommaruga die Bevölkerung mit und ungenügend ein, um die kurzfristig anste- Anreizen beim Klimaschutz unterstützen, etwa henden Aufgaben zu bewältigen. Der Wirt- beim Ersatz von Ölheizungen. Mehr dazu hier. schaftsverband swisscleantech hält den Verzicht auf ein Ablaufdatum für fossile Energieträger Wie stark wirken finanzielle Anreize über- für inkonsequent und weist darauf hin, dass bis haupt? Das lässt sich im Kanton Zürich beim 2050 marktreife und erschwingliche technische Heizungsersatz beobachten. Seit Sommer 2020 Lösungen vorhanden sein werden, um eine übernimmt der Bund bei Einbau einer Erdson- Energieversorgung ohne fossile Brenn- und den-Wärmepumpe in einem Einfamilienhaus Treibstoffe sicherzustellen. Auch die politischen rund einen Sechstel der Kosten. Auch für den Parteien ausser der FDP – kritisierten den Einbau einer Luft/Wasser-Wärmepumpe gibt es Bundesrat. Mehr dazu hier. substanzielle Entschädigungen. Dennoch ersetzt mehr als die Hälfte die fossile Heizung wieder Die Initiant*innen der Gletscherinitiative laden mit einer Öl- oder Gasheizung. Ein Grund dafür am 12. September zu diversen Wanderungen in sind auf kurzfristige Sicht höhere Investitionen, der Schweiz ein. Hier geht’s zum Programm. auch wenn Wärmepumpen über den gesamten Lebenszyklus gesehen meist wirtschaftlicher Klimaexperte*innen fordern drastische sind als fossile Heizungen. Mehr dazu hier Klimaschutz-Massnahmen (Paywall). Damit die Schweiz ihr Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht, sind radikale Schritte nötig. Dies zeigt CO2-Abgabe wird Anfang 2022 erhöht ein im Auftrag des Bundes erstellter Bericht des Die CO2-Emissionen von Heizöl und Erdgas beratenden Organs in Fragen der Klimaände- lagen 2020 31% tiefer als 1990. Das in der CO2- rung (OcCC). Die Klimafachleute schlagen sechs Verordnung vorgeschriebene Reduktionsziel Massnahmen vor, unter anderem ein persönli- von 33% wurde dadurch verfehlt. Aus diesem ches CO2-Budget, eine umfassende CO2-Abgabe Grund wird die CO2-Abgabe per 1. Januar 2022 mit vollständiger Rückerstattung an die Bevöl- automatisch von 96 auf 120 CHF pro Tonne CO2 kerung und neue Regeln für den Finanzmarkt, erhöht. Diese Erhöhung wird vom Verband der damit Geldanlagen und die Vergabe von Kredi- Brennstoffhändler und der SVP kritisiert. Mehr ten und Versicherungen mit den Zielen des dazu hier. Pariser Klimaabkommens vereinbar sind. Bun- desrätin Simonetta Sommaruga lässt das Man- Bundesrat will fossile Energieträger dat des Gremiums, dem unter anderem Klima- nicht verbieten forscher Thomas Stocker von der Universität Der Bundesrat hat die Botschaft für einen direk- Bern und Umweltökonom Philippe Thalmann ten Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative ver- von der ETH Lausanne angehören, Ende Jahr abschiedet. Darin soll das Netto-Null-Ziel für auslaufen. Mehr dazu hier (Paywall). Treibhausgasemissionen bis 2050 verankert werden. Im Gegensatz zur Initiative will der Pro Jahr 2% der Wirtschaftsleistung investieren, um klimaneutral zu werden Bundesrat aber auf ein Verbot fossiler Energie- träger verzichten. Zudem soll die Schweizer Gemäss einer Studie der Schweizerische Banki- Klimapolitik neben der Sozialverträglichkeit ervereinigung und des Beratungsunternehmens auch die Situation der Berg- und Randgebiete Boston Consulting Group muss die Schweiz bis Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 2
2050 jährlich rund 13 Milliarden CHF investie- den Fall als dringlich ein und haben den Bun- ren, damit die zehn Sektoren, welche am meis- desrat verpflichtet, zur Klage Stellung zu neh- ten Emissionen verursachen, klimaneutral wer- men. Gemäss der Antwort des Bundesrats, sei den. Dazu zählen unter anderem der Strassen- die Beschwerde unzulässig. Die Klimaseniorin- verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie die nen könnten keinen kausalen Zusammenhang Energie- und Zementindustrie. Dies entspricht aufzeigen zwischen den angeblichen Unterlas- rund 2% des Bruttoinlandprodukts der sungen der Schweiz und einem erhöhten Ge- Schweiz. Ein Grossteil der erforderlichen Inves- sundheitsrisiko für ältere Frauen. Völkerrechts- titionen entfällt auf die beiden Sektoren Stras- expert*innen halten es hingegen für plausibel, senverkehr und Gebäude. dass der Europäische Gerichtshof die Klage für zulässig erachte und dass die Schweiz die Die externen Kosten durch den Verkehr Schutzpflicht gegenüber den Seniorinnen miss- nehmen zu achtet habe. Mehr dazu hier (Paywall). Die Umwelt- und Gesundheitskosten in der Klimaaktivistin verurteilt, doch Schweiz, die nicht von den Verursacher*innen getragenen werden, haben 2018 13,7 Milliarden Protestaktionen gehen weiter CHF betragen. Ein Zürcher Einzelrichter Das sind 2% hat eine Klimaaktivistin mehr als im wegen Nötigung verur- Vorjahr. Zu teilt. Sie hatte zusammen den externen mit anderen Demonst- Kosten gehö- rant*innen der Klimabe- ren unter wegung Extinction Rebel- anderem ge- lion im Sommer 2020 die sundheitliche Zürcher Quaibrücke blo- Beeinträchti- ckiert. Der Richter sah die gungen, die gewaltfreie Sitzblockade durch Luftver- nicht durch einen Not- schmutzung stand gerechtfertigt. Ähn- und Lärm lich hatte bereits das Bun- verursacht desgericht diesen Frühling werden, sowie entschieden und darauf Schäden, die hingewiesen, es gebe an- durch den ARE: Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz dere geeignete Mittel, um Klimawandel auf die Umweltproblema- oder den Biodiversitätsverlust entstehen. Fast tik aufmerksam zu machen. Mehr dazu hier. drei Viertel der externen Kosten werden vom Ebenfalls in Zürich blockierten Aktivist*innen motorisierten Individualverkehr verursacht. An der Bewegung «Rise Up for Change» die Ein- zweiter Stelle liegt der Flugverkehr mit 1,5 Mil- gänge der Grossbanken UBS und Credit Suisse liarden CHF. Der externe Nutzen des Fuss- und am Paradeplatz und demonstrierten vor der Veloverkehrs nahm gegenüber dem Vorjahr Nationalbank. Sie kritisierten, dass der Finanz- leicht zu und betrug 2018 1,4 Milliarden CHF. platz Schweiz noch immer mit Milliardenbeträ- Mehr dazu hier. gen die Kohle-, Erdöl- und Erdgas-Industrie mitfinanziert. Mehr dazu hier. Klage der Klimaseniorinnen gegen die Schweiz hat Chancen Wie lässt sich der steigende 2016 hatte der Verein Klimaseniorinnen die Strombedarf klimaneutral bewältigen? Schweiz wegen ungenügender Klimapolitik Damit Gebäude und Verkehr bis 2050 klima- angeklagt. Nachdem das Bundesgericht 2020 neutral werden, müssen sie elektrifiziert wer- die Klage abgelehnt hatte, zogen Klimaseniorin- den. Bis 2050 wird eine Zunahme des Strom- nen ihre Klage an den Europäischen Gerichtshof verbrauchs um 50% erwartet. Damit dies kli- für Menschenrechte weiter. Die Richter stuften Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 3
maneutral bewältigt werden kann, muss sich Hier einige der wichtigsten Themen: das Schweizer Energiesystem umfassend wan- Der Europäische Emissionshandel (ETS) – deln. Dies hält das Schweizer Kompetenzzent- der die Strom- und Industriesektoren und somit rum für Energieforschung im «Bericht Strom- knapp 45% der EU-Emissionen erfasst – soll die bereitstellung im Jahr 2050» fest. Weil gleich- Emissionen bis 2030 um 61% unter das Niveau zeitig der Wegfall der Kernkraftwerke zu kom- von 2005 senken. Um die EU-Industrie zu pensieren ist, müsse das Angebot erneuerbarer schützen, soll gleichzeitig ein CO2- Energien nahezu verdoppelt werden. Die Pro- Grenzausgleich geschaffen werden: Gewisse duktion von Solarstrom soll um den Faktor 10 Importe aus Ländern ohne CO2-Preis oder ETS erhöht werden. Zudem müssten die Potenziale sollen besteuert werden. Die EU-Kommission der anderen Erneuerbaren wie Wind, Wasser- schlägt vor, dass für den Strassenverkehr und kraft, Biomasse und Geothermie besser genutzt für den Gebäudesektor ab 2026 ein eigenes werden. Auch negative Emissionen seien unab- Emissionshandelssystem aufgebaut werden soll. dingbar, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Mehr dazu hier. Emissionen aus der Schifffahrt sollen ab 2026 in den Emissionshandel eingeschlossen werden. Klimarelevante Entscheide von Mehr dazu vom Öko-Institut. Weiterhin sollen Bundesrat und Parlament nur Flüge innerhalb Europas Teil des ETS sein. Internationale Flüge müssen weiterhin keinen Der Bundesrat hat Eckwerte zur Klimabericht- CO2-Preis bezahlen. Mehr zur ETS-Reform von erstattung von grossen Schweizer Unternehmen der NGO Sandbag. Die Autoindustrie muss CO2- beschlossen. Firmen, die mehr als 500 Mitarbei- Emissionen bis 2030 um 55% senken und ab tenden beschäftigen, sollen künftig offenlegen, 2035 CO2-frei sein. welches finanzielle Risiko sie durch klimarele- vante Tätigkeiten eingehen. Zudem müssen sie Die Debatte zur Überarbeitung der EU- darlegen, welche Auswirkungen die Geschäfts- Klimaschutzverordnung wird ebenfalls zentral tätigkeit des Unternehmens auf das Klima hat. sein. Diese regelt die Emissionen ausserhalb des Bis im Sommer 2022 soll das Eidgenössische Emissionshandels – das sind zurzeit rund 60% Finanzdepartement eine Vernehmlassungsvor- der gesamten EU-Emissionen. Jeder Mitglieds- lage erarbeiten, die Umsetzung soll voraussicht- staat hat für diese Sektoren ein nationales Re- lich ab 2024 mittels einer separaten Voll- duktionsziel. Die ärmeren Staaten haben ein zugsverordnung zum Gegenvorschlag zur Kon- weniger ambitioniertes Ziel als die reicheren zernverantwortungsinitiative erfolgen, der Ende EU-Länder. Mehr dazu hier. 2020 vom Volk angenommen worden war. Mehr dazu hier. Europäer*innen sehen den Klimawandel als grösstes Problem für die Welt an Europäische Klimapolitik Laut der neusten Eurobarometer-Umfrage sind europäische Bürger*innen sehr besorgt über Zentrale Gesetzesentwürfe für das - den Klimawandel. Mehr als neun von zehn Be- 55%-Klimaziel der EU veröffentlicht fragten halten den Klimawandel für ein ernstes Problem (93%), wobei fast acht von zehn Die EU hatte im Dezember beschlossen, ihr (78%) ihn als sehr ernst erachten. Auf die Frage 2030 Klimaziel deutlich zu verschärfen und auf nach dem grössten Problem in der Welt nann- mindestens minus 55% zu senken statt bisher ten über ein Viertel (29%) entweder den Kli- minus 40%. Im Juli hat nun die EU- mawandel (18%), die Zerstörung der Natur Kommission ihr Legislativ-Paket «Fit für 55» (7%) oder Gesundheitsprobleme aufgrund von vorgelegt. Dieses Paket ist der Startschuss für Umweltverschmutzung (4%). Neun von zehn eine der wichtigsten EU-Debatten der nächsten Europäerinnen und Europäern (90%) darin Jahre. Im Herbst werden die Verhandlungen einig, dass die Treibhausgasemissionen auf ein zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen Minimum reduziert und die verbleibenden Europäischem Rat, Europaparlament und Emissionen kompensiert werden sollten, um in Kommission beginnen. Mehr dazu von den der EU bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. NGOs Germanwatch und EEG. Fast neun von zehn Europäer*innen (87%) Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 4
halten es für wichtig, dass sich die EU ehrgeizi- die Stromnachfrage in Deutschland aufgrund ge Ziele setzt, um verstärkt erneuerbare Ener- der Elektrifizierung von Gebäude, Industrie und gien zu nutzen und die Energieeffizienz zu ver- Verkehr. bessern. Nach sechs Jahren am Netz wird deutsches Kohlekraftwerk stillgelegt Deutschland Das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg war Deutschlands Klimawahl am 26.9. von Anfang an umstritten. Gerade einmal sechs Jahre war Die Bundestagswahlen vom 26. es am Netz. September werden entscheidend Es galt als dafür sein, wie und ob in Deutsch- eine der land ausreichend auf die Klimakrise modernsten reagiert wird. Dazu der Klimawis- Anlagen in senschaftler Stefan Rahmsdorf: „Es Deutsch- ist unfassbar, dass im Jahr 2021 land. Nun immer noch Parteien mit dem Ver- wurde es sprechen Wahlkampf machen, die endgültig Subventionierung von Billigflügen stillgelegt. und dem Fahren mit Verbren- Die Strom- nungsmotoren beizubehalten“. Die produktion Wahl wird auch die EU Klimapolitik hat sich für beeinflussen, denn Deutschland ist den Kraft- eines der einflussreichsten EU Län- werksbe- der. Hier weitere Infos zum Thema treiber Vat- Klimawahl: tenfall nie https://www.klimawahl2021.net/ gelohnt, Video: Die wichtigsten Fragen zur nicht zu- Klimakrise mit Stefan Rahmstorf letzt wegen Rezos Video zur Bundestagswahl der steigen- Welche Ziele verfolgen die Parteien und wie viel Klimaschutz steckt in den CO2- den Wahlprogrammen? Dazu eine Preisen im Studie des Deutschen Instituts für europäi- Wirtschaftsforschung und einen Beitrag des schen Emissionshandel. Für die Stilllegung wird ZDFs. Vattenfall im Zuge des Kohleausstiegs entschä- WWF Zukunftswahl-Check zur Bundestagswahl digt Mehr dazu hier. 2021 Bundestagswahl 2021 - klimareporter° Internationale Eine vollständige erneuerbare Klimapolitik Energieversorgung ist möglich Bereits in 10 bis 15 Jahren kann Deutschland Bidens Plan für erneuerbare Energie gemäss einer Studie des Deutschen Instituts für könnte über 300’000 Menschenleben Wirtschaftsforschung (DIW) seinen Energiebe- retten darf ausschliesslich mit erneuerbaren Energie- Der US-Präsident Joe Biden will, dass bis 2030 trägern decken. Gemäss den Autor*innen lässt 80% des Stroms in den USA aus erneuerbaren sich die Versorgungssicherheit mit Photovoltaik, Quellen stammt. Von den verschiedenen klima- Windkraft und anderen Erneuerbaren sichern. politischen Instrumenten, die der US-Regierung Voraussetzung dafür ist, dass die Wind- und die zur Verfügung stehen, würde gemäss einer Solarenergie deutlich schneller ausgebaut wer- neuen Studie eine Quote für erneuerbare Ener- den. Denn bei vollständiger Versorgung mit gie den grössten Nutzen bringen. Eine Quote erneuerbaren Energieträgern verdoppelt sich würde die Stromversorger dazu verpflichten, Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 5
die Menge an erneuerbarem Strom sukzessive Kipppunkte bald überschritten werden oder zu erhöhen. Die Regierung Biden wollte eine dies bereits geschehen sei. solche Quote in ihr grosses Infrastrukturgesetz aufnehmen, doch diese wurde von den Republi- kaner*innen abgelehnt. Der Weltklimarat warnt Die Studie zeigt, dass eine Quote für erneuerba- deutlicher als je zuvor re Energie in den nächsten 30 Jahren in den Anfang August hat der Weltklimarat (IPCC) USA schätzungsweise 317’500 Menschenleben seinen 6. Bericht zu den wissenschaftlichen retten könnte, da die Luftverschmutzung durch Grundlagen des Klimawandels veröffentlicht die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas deutlich (die zwei nächsten Berichte, die Anfang 2022 zurückgehen würde. Allein im Jahr 2030 wür- erscheinen sollen, befassen sich mit den Fragen, den 9’200 vorzeitige Todesfälle vermieden. Die wie die Menschheit sich an die Auswirkungen Umstellung auf erneuerbaren Strom würde bis anpassen und die schlimmsten Szenarien ver- 2050 rund 342 Milliarden $ kosten. Durch bes- hindern kann). sere Luftqualität würden jedoch insgesamt 1,13 Der fast 4000 Seiten lange Bericht fasst die Billionen $ an Gesundheitskosten eingespart. physikalischen Grundlagen des Klimawandels Mehr dazu im Guardian. zusammen und bündelt die Ergebnisse von mehr als 14’000 Studien. Der letzte Bericht G20 Staaten bleiben unverbindlich dieser Art wurde 2013 veröffentlicht, seither hat G20 Staaten können sich nicht zu einer ambiti- sich die Qualität von Klimamodellen und - onierten Klimapolitik durchringen. Beim Tref- beobachtungen noch einmal deutlich verbessert. fen der Energie- und Umweltminister*innen im Die Wissenschaftler*innen warnen deutlicher Juli bekannten sich die G20-Staaten zwar zu als je zuvor: Es steht inzwischen zweifelsfrei den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Doch fest, dass der Mensch das Klima erwärmt hat auf eine konkrete Formulierung, die Erderwär- und auch für jüngsten Klima- und Wetterext- mung möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen – wie reme mitverantwortlich ist. Die CO2- im Paris-Abkommen von 2015 vereinbart –, Konzentration in der Atmosphäre ist heute so konnten sie sich nicht einigen. China und Indien hoch wie seit mindestens zwei Millionen Jahren lehnten ein konkretes Klimaneutralitätsziel ab, nicht mehr. Die Temperatur, die dem CO2- berichtet Klimareporter. Gehalt immer ein paar Jahrzehnte hinterher- Forscher*innen warnen vor dem Klima- hinkt, ist bereits höher als in den letzten Notstand 125’000 Jahren. Bereits vor rund zwei Jahren riefen über 11‘000 Wissenschaf- ter*innen den weltwei- ten «Klima-Notstand» aus. Nun haben rund 14‘000 Forscher*innen diesen Aufruf wieder- holt. Sie verlangen so- fortige Veränderungen. Es gäbe immer mehr Beweise dafür, dass bei kritischen Teilen des Erdsystems wie dem westantarktischen und dem grönländischen Eisschild oder dem Amazonas-Regenwald Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 6
Wir fassen die wichtigsten Ergebnisse etwas scher, die Erwärmung und die Versauerung der ausführlicher zusammen, fügen die neusten Ozeane sind. Erstmals bestätigt der Weltklima- Erkenntnisse dazu und liefern Quellen für wei- rat auch, dass der Anteil starker Hurrikans tere Informationen: zugenommen hat. Mit verbesserten Modellen sind die Wissenschaftler*innen nun in der Lage 1. Das 1,5 °C Ziel werden wir bis 2040 zu quantifizieren, um wie viel wahrscheinlicher überschreiten, egal was wir tun oder intensiver spezifische extreme Wetterer- Die Welt hat sich gegenüber dem vorindustriel- eignisse aufgrund des Klimawandels waren. So len Niveau bereits ca. 1,1 °C erwärmt, wobei die zeigen neue Studien, dass die sibirische Hitze- Erwärmung über Land (1,6 °C) grösser ist als welle im Jahr 2020 und die extreme Hitze in über den Ozeanen (0,9 °C). Die Temperatur in Asien 2016 ohne den vom Menschen verursach- der Schweiz ist rund doppelt so stark angestie- ten Klimawandel nicht eingetreten wären. gen wie das globale Mittel (Meteo Schweiz). Die fortschreitende Erwärmung wird global zu Der Weltklimarat stellt verschiedene Emissions- häufigeren und intensiveren Hitzewellen und szenarien vor: Die einen gehen davon aus, dass Starkniederschlägen führen. In einigen Regio- wir die Treibhausgasemissionen global rasch nen wird es häufigere und extremere Trocken- und ambitioniert senken, bei anderen nehmen phasen geben. Je höher die Erwärmung, desto die Emissionen weiter zu. Doch unabhängig mehr Regionen werden davon betroffenen sein. davon, welches Szenario man betrachtet: Für Diese Auswirkungen betreffen auch die Schweiz die nahe Zukunft läuft es fast immer darauf und wurden in den Schweizer Klimaszenarien hinaus, dass die Erderwärmung in den nächsten CH2018 bereits detailliert unter die Lupe ge- zwei Jahrzehnten voraussichtlich 1,5 °C oder 1,6 nommen. °C erreichen wird. Im Lauf dieses Jahrhunderts wird sich die globale Temperatur also weiter 3. Wir wissen mehr über regionale erhöhen. Mit konsequentem Klimaschutz könn- Klimaauswirkungen te der globale Temperaturanstieg jedoch bis Die Klimamodelle haben sich seit dem letzten zum Ende des Jahrhunderts auf unter 2 °C be- IPCC-Bericht verbessert, sodass Wissenschaft- grenzt werden. Bei weiterhin ungebremsten ler*innen die aktuellen und prognostizierten Treibhausgasemissionen muss man jedoch von Temperatur- und Wasserextreme auf regionaler einer deutlich stärkeren Erwärmung ausgehen. Ebene analysieren und verstehen können, wie die globalen Klimaauswirkungen in verschiede- 2. Menschliche Aktivitäten sind die nen Teilen der Welt aussehen werden. Ursache für extreme Wetterlagen Die Arktis und der hohe Norden erwärmen sich Es ist nun eindeutig, dass menschliche Aktivitä- schneller als andere Regionen. Die Temperatu- ten die Hauptursache für häufigere oder inten- ren werden sich dort zwei- bis viermal so stark sivere Hitzewellen, das Abschmelzen der Glet- erhöhen wie im globalen Durch- schnitt. Quelle: Der Spiegel Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 7
4. Wir sind nähern uns irreversiblen 5. Methanemissionen sind ein wichtiger Kipppunkten Hebel Der Bericht schlägt Alarm wegen möglicher Zum ersten Mal widmet der Klimarat den kurz- irreversibler Veränderungen des Klimas, die oft lebigen Klimaverursachern wie Feinstaub und als Kipppunkte bezeichnet werden. So könnten Methan ein ganzes Kapitel. Der Methangehalt in beispielsweise die Wälder bei steigenden Tem- der Atmosphäre ist heute höher als je zuvor in peraturen absterben und weniger CO2 aufneh- den letzten 800’000 Jahren. Methan ist zurzeit men, was zu einer weiteren Erwärmung führen für fast ein Viertel der globalen Erwärmung würde. Ausserdem werden CO2-Senken (Ozeane verantwortlich. Es kommt aus Kohleminen, aus und Wälder) ineffizienter, je höher die Emissio- der Landwirtschaft sowie aus Öl- und Gaswer- nen sind, das heisst, es verbleibt mehr CO2 in ken. Methan ist wesentlich klimawirksamer als der Atmosphäre. Oder die antarktischen Eis- CO2, verbleibt aber nur wenige Jahre in der schilde könnten destabilisiert werden, was zu Atmosphäre. Das heisst, kurz- und mittelfristig einem raschen Anstieg des Meeresspiegels füh- bringt eine Methanreduktion viel. Eine schnelle ren würde. Reduktion der Methanemissionen würde auch die Luftqualität verbessern, denn Methan führt zu Bildung von Ozon. 6. Der Meeresspiegel steigt weiter Der Meeresspiegel ist seit 1900 rascher gestiegen als seit 3’000 Jahren oder mehr. Der Anstieg beschleunigt sich – in den vergangenen 15 Jahren stieg der Meeresspiegel drei- mal so schnell wie vor 1971. Schmelzender Eisschild Grönlands. (Photo: NA- Bei einem 1,5-Grad-Szenario SA/Goddard/Maria-José Viñas/Flickr) könnte der weitere Anstieg bis 2100 wahr- scheinlich auf unter einen halben Meter be- grenzt werden. Doch bei weiter steigenden Der Golfstrom wird sich dem Bericht zufolge im Emissionen ist bis 2100 ein Anstieg um bis zu Laufe des Jahrhunderts sehr wahrscheinlich zwei Meter und bis 2150 gar um fünf Meter abschwächen. Der IPCC formuliert etwas vage, möglich. Der Meeresspiegel wird sehr lange er habe »mittleres Vertrauen«, dass es vor 2100 unaufhaltsam steigen: Selbst bei einer Erwär- nicht zu einem abrupten Kollaps kommt. Eine mung von 1,5 °C steigt er über die kommenden ganz neue Studie (die vom IPCC nicht mehr 2000 Jahre um zwei bis drei Meter. Mehr dazu berücksichtigt werden konnte) weist darauf hin, von Stefan Rahmstorf im Spiegel. dass das Strömungssystem heute so schwach sei wie nie in den vergangenen 1’000 Jahren. Dies 7. Interaktiver Klimaatlas bedeute wahrscheinlich das Herannahen einer Mit seinem neusten Bericht hat der Weltklima- kritischen Schwelle jenseits derer das Zirkulati- rat erstmals auch einen interaktiven Atlas ver- onssystem zusammenbrechen könnte. Ein völli- öffentlicht, der alle Daten verfügbar macht, die ger Zusammenbruch der Atlantikströmung Forscher für ihre Prognosemodelle verwenden. würde die regionalen Wettermuster stören, die Eine Weltreise mit sechs Erkenntnissen und afrikanischen und asiatischen Monsune schwä- dazu passenden Karten offeriert die Republik. chen und die Trockenperioden in Europa ver- stärken, warnt der Weltklimarat. Mehr dazu im Spiegel. Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 8
Quellen und weitere Informationen Kanada kommt zum Schluss, dass der Klima- wandel die Hitzewelle mindestens 150-mal wahrscheinlicher gemacht hat. Die Analyse zeigt Interaktiver Atlas mit allen Grafiken: auch, dass in der Region eine solche Hitzewelle https://interactive-atlas.ipcc.ch alle fünf bis zehn Jahre auftreten kann, falls die globale Erwärmung auf 2 °C ansteigen sollte; Newsletter der Gletscherinitiative mit vielen Infos (Berichte, Visualisierung, Einordnungen etc.) gemäss aktueller Schätzungen sollte dies nur Meteo Schweiz: Der neue IPCC-Bericht: Hauptaussagen einmal alle 1’000 Jahre auftreten. Hier wird die und Blick in die Schweiz Methode der Attributionsforschung kompakt Climate Change News: Five takeaways from the und anschaulich erklärt, hier eine Analyse von IPCC’s 2021 climate science report klimafakten.de, hier eine Einordnung der Scien- tists for Future, hier ein ausführlicher Bericht Carbon Brief’s in-depth Q&A der Republik. Carbon brief: IPCC: How the IPCC summary compares to its predecessor Eine Studie rechnet damit, dass anhaltender Starkregen bis zu 14-mal häufiger auftreten Neues über den kann als heute. Zum einen kann wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen. Zum andern zeigen Klimawandel Simulationen der Forscher*innen, dass sich extreme Sturmtiefs bei höheren Temperaturen 2020 war es in Europa so heiss wie nie langsamer bewegen und lokal noch mehr Was- seit Messbeginn ser abregnen können. Eine aktuelle Studie un- Im letzten Jahr lag die durchschnittliche Tem- tersucht die Regenfälle vor den Fluten im Juli peratur in Europa 1,9 °C höher als in der Ver- 2021 in Deutschland und Belgien. Die Wahr- gleichsperiode 1981 bis 2010. Damit war 2020 scheinlichkeit, dass ein solches Ereignis eintritt, das wärmste Jahr in Europa seit Beginn der ist aufgrund der Erwärmung um 1,2 °C gegen- Aufzeichnungen. Die fünf heissesten Jahre in über der vorindustriellen Zeit um den Faktor 1,2 Europa sind alle seit 2014 registriert worden. bis 9 gestiegen. Mehr dazu hier. Mehr dazu hier. Beunruhigend ist auch das Ergebnis einer Stu- die der ETH, wonach extreme Hitze-Ereignisse Extreme Niederschläge, Rekordhitze in Zukunft die bisherigen Rekorde pulverisieren und der Einfluss des Klimawandels könnten. Je schneller der Klimawandel fort- Dieser Sommer war durch extreme Wetterbe- schreite, umso deutlicher können alte Hitzere- dingungen rund um den Globus gekennzeich- korde übertroffen werden. Die Forscher*innen net: einerseits Hitzewellen in Süd- und Nordeu- geben zu bedenken, dass Wetterdaten aus der ropa, Sibirien sowie im Westen der USA und in Vergangenheit nicht mehr dazu geeignet seien, Kanada, die verheerende Waldbrände auslösten, sich auf kommende Hitzewellen vorzubereiten. andererseits todbringende Überschwemmungen Mehr dazu hier und hier. in Europa, Indien und China, die durch extreme Seit den 1970er Jahren hat sich die Zahl der Regenfälle ausgelöst wurden. Gute Zusammen- erfassten Stürme, Überflutungen und Dürren fassungen über die extremen Wetterereignisse verfünffacht. Darauf weist die Weltwetterorga- finden sich hier, hier, hier. und hier. nisation WMO in einer Studie hin. Zwischen Schon lange weiss man, dass solche Extremer- 1970 und 2019 wurden insgesamt 11’000 wet- eignisse im Durchschnitt durch die Klimaer- ter- und klimabedingte Katastrophen regis- wärmung häufiger auftreten beziehungsweise triert; in den 1970er Jahren waren es rund 700, extremer werden. Nun kann die Wissenschaft zwischen 2000 und 2009 mehr als 3’500. auch den Klimaeinfluss auf einzelne Ereignisse Grund für den deutlichen Anstieg sind der Kli- berechnen. Die sogenannte attribution science mawandel und häufigere Extremwetterereig- quantifiziert den Einfluss menschlicher Aktivi- nisse. Auch verbesserte Erfassung wird als mög- täten auf bestimmte Hitzewellen, Dürren und licher Grund aufgeführt. Hingegen sind die Überschwemmungen. Eine Attribution-Studie Todesfälle durch wetter- und klimabedingte zur Hitzewelle im Nordwesten der USA und Katastrophen um einen Drittel zurückgegangen. Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 9
In den 1970er Jahren starben noch mehr als «Blauer» Wasserstoff schadet dem eine halbe Million Menschen aufgrund der er- Klima fassten Katastrophen, von 2010 bis 2019 waren es noch 186’000. Die WMO erklärte den Rück- Wasserstoff wird als wichtiger Brennstoff für gang mit besseren Warnsystemen und Kata- die Energiewende angesehen. Eine neue Studie strophenmanagement. Mehr dazu hier. zeigt, dass der sogenannte blaue Wasserstoff dazu nicht taugt. Bei dessen Herstellung wird CO2 aus der Luft filtern geht - Erdgas verwendet und die CO2-Emissionen und ist sehr teuer eingefangen. Dieser Prozess ist sehr energiein- tensiv und es entweichen beträchtliche Mengen an Methan. Die Treibhausgasbilanz von blauem Die weltweit grösste Anlage, die CO2 aus der Wasserstoff ist mehr als 20% grösser, als wenn Luft filtert (Direct-Air-Capture (DAC), auf Erdgas zur Wärmeerzeugung eingesetzt wird. Deutsch wunderschön: Kohlenstoffabschei- Der Hauptautor der Studien sagt: Blauen Was- dungsanlage) wurde in Island in Betrieb ge- serstoff als emissionsfreien Kraftstoff zu be- nommen. Sie kann jährlich so viel CO2 abschei- zeichnen, sei völlig falsch. Sie hätten vielmehr den, wie die Menschheit momentan in 3 Sekun- aufgezeigt, dass es sich nicht einmal um einen den ausstösst. Kosten tut das bis zu Fr 1000 pro emissionsarmen Kraftstoff handelt. Tonne CO2. Das macht deutlich: DAC ist eine wichtige Technologie (denn ohne wird’s nicht mehr gehen), aber auch wenn die Kosten dafür noch dramatisch sinken und viele neue DACs Anlagen gebaut werden, sie können nur einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Hauptaufgabe bleibt der rasche Verzicht auf alle fossilen Energien. DAC Anlage von Climeworks in Island. (Foto: Árni Sæberg/Helena Group Wikimedia Commons) Danke und herzliche Grüsse von Anja und Thomas! Die Klimazeitung darf gerne weitergeleitet werden. Falls du noch nicht auf dem Verteiler bist, schreib einfach ein kurzes Mail an: climate@anjakollmuss.com Klima Zeitung: Schweizer Ausgabe September 2021 10
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