30 Jahre Fledermausschutz im Aargau
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U M W E LT AAR G AU 30 Jahre Fledermausschutz im Aargau U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 Sondernummer 50 November 2018 1
IMPRESSUM Herausgeber: Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Landschaft und Gewässer Konzept, Inhalt: Andres Beck, Bruno Schelbert Redaktion, Gestaltung, Satz: Büro Brugg GmbH, Brugg Fotos: A. Beck: S. 15 links, 15 rechts, 16 unten, 17. R.Güttinger/RGBlick.com: S. 15 Mitte, 21, 28, 34, 38 unten. E. Soder: S. 3 oben, 19. Übrige Fotos: Oekovision GmbH, Widen. Infografiken: Daniel Karrer Druck: Kasimir Meyer AG, Wohlen Zitiervorschlag: Beck, A., Schelbert, B.: 30 Jahre Fleder- mausschutz im Aargau, Sondernummer 50, Umwelt Aargau, Departement Bau, Verkehr und Umwelt, 2018 Bezugsquelle und Copyright: Kanton Aargau, Departe- ment Bau, Verkehr und Umwelt, Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau, November 2018 DANK Das heutige Wissen über Fledermausarten im Aargau kam in diesem Umfang nur dank Mitwirkung der Bevölkerung zustande, die Fledermausquartiere oder Funde von Einzeltieren gemeldet hat. Ein besonderer Dank gilt all jenen Personen, die sich mit grossem Engagement über Jahre oder gar Jahrzehnte freiwillig für die Fledermäuse einsetzen und Kolonien überwachen oder betreuen. Die Erhebung des vorliegenden Datenmaterials und die realisierten Schutzmassnahmen der vergangenen 30 Jahre wurden durch die Abteilung Landschaft und Gewässer des Departements Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau und das Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bern, finanziert. HINWEISE WILLKOMMEN Obwohl inzwischen viele Quartiere erfasst wurden, sind neue Hinweise aus der Bevölkerung nach wie vor interes- sant. Meldungen an: Abteilung Landschaft und Gewässer, Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau, Telefon 062 835 34 50, alg@ag.ch www.ag.ch/fledermäuse (Life-Blick in eine Wochenstube) FLEDERMAUS-EXKURSIONEN Das Naturama Aargau bietet Fledermaus-Exkursionen an. www.naturama.ch 2 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Fledermausschutz im Aargau – aktueller denn je! Dr. Norbert inzwischen gefährdet. Zwar sind Fle- INHALTSVERZEICHNIS Kräuchi, Leiter dermäuse in der Schweiz seit gut 50 Abteilung Jahren bundesrechtlich geschützt, Landschaft und doch der rechtliche Schutz alleine Gewässer reicht nicht aus, die Bestandesab- nahme vieler Arten aufzuhalten. Der Kanton Aargau realisiert derzeit un- ter dem Titel «Natur 2020» ein breit angelegtes Programm von Massnah- «Fu» ist chinesisch und heisst zu- men zum Schutz von Natur und gleich «Glück» und «Fledermaus». Landschaft sowie der Artenvielfalt; Denn in China gilt die Fledermaus viele dieser Massnahmen kommen Grosser Abendsegler als Glücksbringer. Die europäische auch den Lebensräumen der Fleder- Mythologie dagegen schreibt Fleder- mäuse zugute. Leben im Verborgenen mäusen eher negative und oft dämo- Ein Bilderbogen Seite 4 Ein erstes Inventar über das Vorkom- nische Eigenschaften zu. Dracula men der Fledermäuse im Aargau hat lässt grüssen! Eine Zukunft für die Fledermäuse die Abteilung Landschaft und Ge- 30 Jahre Erfassung und Schutz Doch lassen wir die Mythen Mythen wässer bereits 1988 erstellt. Das In- der Fledermäuse im Aargau. sein und wenden uns der objektive- ventar wird seither nachgeführt, und Gefährdungen – Bedeutung des ren Naturbeobachtung zu. Kommen der vorliegende Bericht dokumen- Aargaus für Fledermäuse – Bisher wir ins Staunen, wenn wir mehr und tiert nun die Erhebungsmethoden, getroffene Schutzmassnahmen – mehr über die Fledermäuse, das ein- die erfassten Fledermausarten, ihre Öffentlichkeitsarbeit – Schutz- zige flugfähige Säugetier, erfahren. bevorzugten Lebensräume sowie de- konzept – Fazit und Ausblick Rund 1000 Arten wurden bisher klas- ren Bestand und Verbreitung im Seite 14 sifiziert, die kleinste wiegt etwa zwei Aargau. Gramm, die grösste 200 Gramm. Die bisherigen Erfahrungen verdeut- Einzigartig ist ihr Echoortungssys- lichen, dass zwei Massnahmen die tem. Mit dessen Hilfe bestimmen die nachhaltigsten Erfolge zeitigen: a) die Fledermäuse ihre Flugbahn und fin- lokale Betreuung der Quartiere und den ihre Beute. Die Ultraschallrufe b) die fledermausspezifischen Bera- erreichen Frequenzen bis 200 kHz – tungen bei Renovationsarbeiten. In für unser Gehör sind nur Frequenzen beiden Bereichen gilt es konsequent bis etwa 18 kHz wahrnehmbar. aktiv zu bleiben, damit die Fleder- Obwohl Fledermäuse wenige natür- mäuse auch im Aargau eine gesi- liche Feinde haben, sind viele Arten cherte Zukunft haben. Von den 30 in der Schweiz festgestellten Fledermausarten konnten Graues Langohr im Kanton Aargau bisher 21 nachgewiesen werden. Anzahl Arten nach Gefährdungskriterien: Aargauer Fledermausinventar vom Aussterben bedroht Datenlage ungenügend 2 Methodik – Resultate 1988 1 bis 2017 – Beschriebe von 22 Arten stark gefährdet mit Verbreitungskarten nicht gefährdet 2 4 Seite 21 Literaturverzeichnis Seite 43 potenziell gefährdet 5 verletzlich 7 Titelbild: Grosses Mausohr, Kolonie Quelle: Rote Liste Schweiz 2011 (Bohnenstengel et al. 2014) in Wil (Foto: Oekovision GmbH) U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 3
Vom Aussterben bedroht: Graues Langohr und Grosse Hufeisennase Beide Arten leben im Aargauer Jura. Sie benötigen warme Dachstöcke für die Jungenaufzucht und eine strukturreiche Kulturlandschaft mit blumenreichen Wiesen, Weiden und Obstgärten zur Nahrungssuche. Den Winter verschlafen sie in Höhlen und Stollen. Für das Überleben dieser beiden Arten trägt der Aargau eine besondere Verantwortung.
Über dem Wasser schwirrt abends ein leckeres Mahl Der gewässerreiche Aargau bietet vielen Fledermausarten ergiebige Jagdgründe. 13 Arten ernähren sich zeitweise oder sogar ausschliesslich von Insekten, die sich als Larven im Wasser entwickeln und ausgewachsen über dem Wasser fliegen. Zu den Flussjägern unter den Fledermäusen zählt beispielsweise der Grosse Abendsegler. Er zählt zu den am häufigsten nachgewiesenen Arten im Kanton Aargau. Reuss bei Bremgarten
Im Hotel Wald geniesst das Grosse Mausohr Vollpension Zehn Fledermausarten, zum Beispiel die Wasserfledermaus, nutzen Baumhöhlen als Quartiere. 15 Arten suchen im Wald oder am Waldrand nach Nahrung. So macht etwa das Grosse Mausohr auf dem Boden von Buchenhallenwäldern Jagd nach flugunfähigen Laufkäfern.
Kloster Gnadenthal, Niederwil
Bei Fledermäusen herrscht Bauboom Gebäude sind für Fledermäuse wie künstliche Höhlen und Felswände. Von 19 Arten sind Quartiere in und an Gebäuden und Brücken bekannt. Durch Sanierungen sind diese Schlafplätze aber gefährdet. Dank fledermaus- spezifischen Renovationsberatungen blieben in den letzten 30 Jahren die meisten Quartiere erhalten.
Grosse Hufeisennase mit Jungem
Eine Zukunft für die Fledermäuse Parallel zur Erfassung des Bestands analysiert der Kanton Aargau seit 1988 die Gefährdung der vorkommenden Fledermausarten und setzt Schutzmassnahmen um. Der Erhalt extensiv bewirtschafteter Naturflächen und freier Flussläufe wie auch grosse Rücksicht bei Eingriffen an Gebäuden bleiben wichtig, um den Fledermäusen im Aargau eine Zukunft zu sichern. Fledermäuse sind durch das Bundes- Fledermäuse haben wenige zungen oder gar Abbrüchen betrof- gesetz über den Natur- und Heimat- natürliche Feinde – etwa fen. Dies ist einer der grössten Ge- schutz (NHG, 1966) geschützt; der Eulen, Falken oder Marder. fährdungsfaktoren. Seit 1988 wurden Vollzug liegt bei den Kantonen. Mit Gefährdet sind vielmehr im Aargau 25% der 600 erfassten dem vorliegenden Inventar sind die ihre Lebensräume durch Quartiere in Gebäuden und Brücken aktuellen Vorkommen und die Ge- Nutzungen und Aktivitäten durch bauliche Massnahmen verän- fährdungssituationen bekannt. Viele des Menschen. dert. In den Quartieren von nationa- konkrete Schutzmassnahmen wur- ler und kantonaler Bedeutung (vgl. den während der letzten 30 Jahre Fledermaus-Schutzkonzept, Seite 19) im Auftrag der Abteilung Landschaft stelle hat deshalb für den künftigen fanden sogar an 71% der Objekte und Gewässer des Departements Fledermausschutz ein klares Ziel ge- Gebäudesanierungen statt. Sanie- Bau, Verkehr und Umwelt realisiert. setzt: Die Vielfalt der Fledermausar- rungen zum falschen Zeitpunkt und Dank systematischem und entschie- ten und ihrer Bestände soll im Kan- ohne Massnahmen zum Erhalt der denem Vorgehen konnte der Arten- ton Aargau erhalten und wo nötig Quartiere können für die (Jung-)Tiere und/oder Individuenrückgang in die- entsprechend gefördert werden. Die tödlich sein oder führen zur Abwan- ser Zeitperiode nicht nur gestoppt, Grundlagen für ein zielgerichtetes derung der Kolonie. sondern bei einigen Arten konnte Handeln sind im Fledermaus-Schutz- • Schwindendes Nahrungsangebot. sogar wieder eine Zunahme festge- konzept festgehalten. Verschwinden im Kulturland Obst- stellt werden. Die Situationsanalyse gärten, Hecken und Feldgehölze, ver- zeigt aber, dass ohne permanentes, Gefährdungen lieren viele Arten ideale Jagdgebiete zielgerichtetes Handeln die Vielfalt und Flugkorridore. Auch der Acker- der Fledermausarten und Vorkom- • Verbaute Quartiere. Da viele Fle- bau mit Einsatz von Insektiziden be- men im Aargau bald wieder starke dermausarten Gebäude als Schlaf- einflusst das Nahrungsangebot der Einbussen erleiden würden. Die zu- und Wochenstubenquartiere nutzen, Fledermäuse stark. Nach neueren ständige kantonale Naturschutzfach- sind sie von Sanierungen, Umnut- Studien sind in den letzten Jahrzehn- Das Umbrechen von Wiesen und Insektizide beeinflussen das Nah- Durch Gebäudesanierungen zum Weiden verringert das Nahrungs- rungsangebot auch von Fledermäu- falschen Zeitpunkt können nicht angebot jener Fledermäuse, die sich sen. In ihren Körpern können sich nur die Quartiere zerstört werden, vorwiegend von Nachtfaltern und die Giftstoffe anlagern, kumulieren sondern auch die Tiere direkt zu Maikäfern ernähren. und letztlich zum Tod führen. Schaden kommen. U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 15
ten die Bestände verschiedener In- sektengruppen um 75% geschrumpft (Hallmann et al. 2017). Überdies kön- nen sich Insektizide in den Fleder- mäusen anlagern und letztlich sogar zum Tod führen. • Lichtverschmutzung. Zunehmende nächtliche Beleuchtung im Sied- lungsraum hat ebenfalls einen Ein- fluss auf das Nahrungsangebot. Sie kann zudem Fledermäuse aus ihren Quartieren vertreiben oder sie veran- lassen, ihre angestammten Flugrou- ten oder Jagdgebiete aufzugeben. Zum Beispiel hat die Beleuchtung Braunes Langohr des Schlosses Hallwyl dazu geführt, dass Fledermäuse im beleuchteten Zur Biologie der Fledermäuse Schlossgrabenbereich nicht mehr auf Jagd nach Insekten gehen, son- Bei den Fledermäusen hat sich Wochenstubenkolonien dern nur noch den dunklen Bereich weltweit mit über 1000 Arten eine Die Weibchen schliessen sich für nutzen. grosse Artenvielfalt entwickelt. In die Geburt und Aufzucht der Jung- • Verkehrsunfälle. Tieffliegende Fle- der Schweiz wurden bisher 30 Ar- tiere im Sommer zu sogenannten dermausarten können auf Flugrou- ten festgestellt, was rund einem Wochenstuben zusammen. Dabei ten, die von ihrem Wohnquartier ins Drittel der einheimischen Säuge- können sich in solchen Wochenstu- Jagdgebiet führen, beim Queren von tierarten entspricht. benquartieren Kolonien mit mehre- Strassen mit Fahrzeugen kollidieren. In unseren Breitengraden sind Fle- ren hundert Weibchen bilden. Im Überwachungen mit Kameras für dermäuse im Sommerhalbjahr ak- Wochenstubenquartier bringt das tiv, im Winter sind sie im Winter- Weibchen im Juni nach mehreren schlaf. Ihr Echoorientierungssys- Wochen Tragzeit ein einziges Jun- tem mit Ultraschallrufen ermöglicht ges zur Welt. Wenige Arten haben es ihnen, während der Nacht nach auch Zwillinge. Die Jungen werden Nahrung zu suchen. Sie ernähren etwa vier bis sechs Wochen ge- sich vorwiegend von Insekten. säugt, bis sie flugfähig sind und sel- ber nach Nahrung suchen können. Winter- und Sommerquartiere Die Nahrung wird ausserhalb der Die einheimischen Fledermausar- Quartiere in Jagdgebieten gesucht. ten verbringen den grössten Teil Diese können nahe dem Quartier ihres Lebens im Schutz von Quar- oder mehrere Kilometer entfernt Der beleuchtete Schlossgraben- tieren, in denen sie tagsüber schla- liegen. Einige Arten nutzen Flug- bereich beim Schloss Hallwyl wird fen, die Jungen aufziehen und den routen, um in die Jagdgebiete zu von Fledermäusen auf der Jagd Winterschlaf halten. Im Winterhalb- gelangen. Dabei fliegen sie tief ent- nach Insekten gemieden. Sie nutzen jahr werden Winterquartiere aufge- lang von Landschaftsstrukturen wie nur noch den dunklen Bereich. sucht. Die meisten Arten überwin- Waldrändern, Hecken, Bachläufen, tern in unterirdischen, frostsicheren Baumreihen und Obstbäumen. und feuchten Räumen wie Höhlen, Stollen und Felsspalten. Nur weni- Grosse Standorttreue ge Arten überwintern in Baum- Die meisten Fledermausarten bei höhlen, Gebäudespalten und Holz- uns sind standorttreu. Die Wechsel beigen. Im Sommerhalbjahr wech- zwischen Sommer- und Winterquar- seln die Tiere in ihre Sommerquar- tier finden nur in einem begrenzten tiere. Einige Arten nutzen dazu geographischen Raum statt. Einige Dachstöcke und Hohlräume in Brü- wenige ziehende Arten hingegen cken, andere suchen enge Spalten unternehmen Distanzflüge von Hauskatzen erbeuten auch Fleder- von Zwischendächern, Wandver- mehreren hundert Kilometern und mäuse, besonders Gebäude schalungen, Rollladenkästen oder sind daher in gewissen Jahreszei- bewohnende Arten werden gefan- Baumhöhlen auf. ten bei uns kaum vertreten. gen. Katzenopfer weisen typische Flügelverletzungen auf. 16 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Wildtiere haben gezeigt, dass Klein- quartiere für die Jungenaufzucht statt. Schon in der Planungsphase tierdurchlässe auch von Fledermäu- und blumenreiche, extensiv genutzte flossen die art- und objektspezifi- sen genutzt werden und so das Un- Wiesen und Weiden mit vielen Insek- schen Schutzmassnahmen in diese fallrisiko reduziert wird. ten sowie Obstbäume zum Jagen. Bauvorhaben ein, indem Grund- • Hauskatzen. Hauskatzen erbeuten Vom Grossen Mausohr sind im auch Fledermäuse, besonders Ge- Aargau noch 12 Wochenstubenquar- Der Schwerpunkt im Fleder- bäude bewohnende Arten. Katzen- tiere bekannt, so viele wie in keinem mausschutz galt bisher opfer weisen typische Flügelverlet- anderen Kanton. Die Erhaltung die- der Erfassung und der zungen auf. ser Quartiere ist daher zentral beim Erhaltung von Quartieren. Schutz dieser verletzlichen Art. Weiter stellt der Aargau für den eigentümer, Architekten, Projektlei- Die Bedeutung des Aargaus Grossen Abendsegler ein wichtiges ter und Handwerker instruiert wur- für Fledermäuse Überwinterungsgebiet dar. Alljähr- den. Während des Baus wurden die lich überwintern hier Tausende von Massnahmen auf der Baustelle über- Seit 1988 wurden im Aargau 21 Fle- Tieren. Die Erhaltung der Winter- prüft und in den folgenden Jahren dermausarten nachgewiesen, das quartiere mit individuenreichen Win- Erfolgskontrollen durchgeführt. So sind 70% der in der gesamten terschlafgruppen ist für den Schutz liess sich feststellen, inwieweit die Schweiz festgestellten Arten. Von 15 dieser potenziell gefährdeten Art Schutzvorkehrungen von den Tieren Arten wurden Gebäudequartiere re- entscheidend. akzeptiert wurden. Am erfolgreichs- gistriert. Da Fledermäuse äusserst ten funktionierten Massnahmen, bei standorttreu sind und ihre Quartiere denen das Quartier in seiner ur- oft über Jahrzehnte nutzen und die Bisher getroffene sprünglichen Form erhalten werden meisten Arten jährlich nur ein Jun- Schutzmassnahmen konnte und die Bauarbeiten während ges aufziehen, ist dem Schutz der der Abwesenheit der Tiere erfolgten. Jungenaufzuchtquartiere allergröss- Bei 25% der 600 erfassten Quartiere Bei Gebäudeabbrüchen oder neuen tes Gewicht beizumessen. 12 Arten in Gebäuden und Brücken fanden Fassadendämmungen lassen sich haben ihre Quartiere in Baumhöh- seit 1988 bauliche Veränderungen die Quartiere von Spalten nutzenden len. 15 Arten suchen Wälder oder Waldränder zum Jagen auf. Diese Arten benötigen altholzreiche Laub- waldbestände, wobei die Buche von Eine besondere Verantwor- tung trägt der Aargau beim Schutz der beiden vom Aussterben bedrohten Arten Grosse Hufeisennase und Graues Langohr. Die von Grossen Mausohren Bei der Estrichsanierung der Kirche allen Baumarten die wichtigste Rolle benutzte Einflugöffnung an der Mandach wurden die Firstziegel spielt. 13 Arten ernähren sich teilwei- Dachunterseite konnte während der vermörtelt, um das Mikroklima im se oder ausschliesslich von Insekten Estrichsanierung des Schulhauses Dachstock für die Wochenstube der wie Köcherfliegen und Zuckmücken, Zuzgen erhalten werden. Grauen Langohren zu verbessern. die sich im Wasser entwickeln und als ausgewachsene Tiere über Ge- wässern fliegen. Der gewässerreiche Aargau bietet daher ideale Jagdge- biete für diese Fledermausarten. Von der Grossen Hufeisennase sind heute in der Schweiz nur noch drei Fortpflanzungskolonien bekannt, eine davon im Aargau. Das Graue Lang- ohr ist in den westlichen und nörd- lichen Landesteilen verbreitet. Im Das Spaltquartier von Bartfleder- Schilder in den Dachstöcken weisen Aargau ist es ein typischer Jura- mäusen und Grossen Abendseglern auf ein Fledermausvorkommen bewohner. Beide Arten sind vom am Unterwerk Muri wurde bei der hin. Sie sind das Signal, dass die Aussterben bedroht und benötigen Sanierung wieder nachgebildet empfindlichen Bewohner nicht in ihrem Lebensraum warme Estrich- (linke Bildhälfte). gestört werden sollten. U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 17
Arten nicht immer in ihrer ursprüng- lichen Form erhalten. In solchen Fäl- len wurden erstmals Ersatzquartiere ausprobiert, indem grosse Fleder- mauskästen an der Fassade oder auf dem Dachrand montiert und ange- boten wurden (Beck & Schelbert, 1999b). Die ersten Ersatzmassnah- men gelangen beim Grossen Abend- segler. Inzwischen sind im Aargau an sieben Gebäuden und einer Brücke grosse Fledermauskästen ange- bracht worden, in denen insgesamt jährlich gegen 2000 Grosse Abend- segler überwintern. Auch für die Kleine Bartfledermaus, die Fransen- fledermaus und die Zweifarbenfle- dermaus gelangen mit grossen Fle- dermauskästen erfolgreiche Ansied- lungen. Öffentlichkeitsarbeit Fledermäuse leben oft in Nähe zu Menschen. Dennoch ist über ihre Le- bensweise und ihre Vorkommen in der Allgemeinheit wenig bekannt. Fehlendes Wissen kann auch zu Stö- In den letzten 30 Jahren wurden im Aargau für Vereine und Schulklassen Hunderte von Exkursionen durchgeführt und Vorträge gehalten mit mehreren tausend Teilnehmern. Während der Fassadensanierung wurde ein Fledermauskasten auf dem rungen oder gar Zerstörungen von Dachrand eines Gebäudes in Baden montiert, als Ersatz für die ehemaligen Quartieren führen. Deshalb zählen Winterschlafquartiere von Grossen Abendseglern in Rollladenkästen (oben). zu den Schutzmassnahmen auch die Brücken sind ideale Bauwerke, um neue Quartiere für verschiedene Fleder- Sensibilisierung und Information mausarten anzubieten. breiter Bevölkerungskreise sowie das kostenlose Angebot fachspezifischer Bauberatungen und -begleitungen. Es hat sich rasch gezeigt, dass das Interesse der Bevölkerung an Fleder- mäusen gross ist. Besonders beliebt sind abendliche Exkursionen in der freien Natur, wo freilebende Tiere zu sehen und zu hören sind. Um die anhaltend grosse Nachfrage nach Fledermausexkursionen zu bewälti- Damit Fledermäuse ungestört In der Surbbrücke Tegerfelden leben gen, wurden ExkursionsleiterInnen den Winter verschlafen können, Wasserfledermäuse. Während der ausgebildet. Das Naturama Aargau wurde dieser ehemalige Militär- Sanierung konnten die bestehenden vermittelt sie. Ausserdem besteht stollen in Frick mit einem Gittertor Spaltquartiere erhalten und zusätz- ein Fledermausexkursionsführer mit verschlossen. lich neue geschaffen werden. Beschrieben geeigneter Routen. So 18 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Fledermausexkursion des Naturama Aargau beim Schloss Hallwyl können insbesondere Lehrpersonen len Wissen über die einheimischen bedrohten Grossen Hufeisennase mit ihren Klassen Exkursionen selber Arten und mit den Erfahrungen aus und des Grauen Langohrs sowie des durchführen. Inklusive Fledermaus- den bisher getroffenen Schutzmass- verletzlichen Grossen Mausohrs. koffer mit Ultraschalldetektor, Ta- nahmen lassen sich heute die Diese Quartiere befinden sich alle in schenlampe und Informationsmate- Schutzvorkehrungen festlegen, mit Gebäudedachstöcken. Beim Sanie- rial (Ausleihe über das Naturama denen die Quartiere langfristig gesi- ren des Dachstockes müssen folgen- Aargau). chert und Renovationsarbeiten den- de Punkte beachtet werden: In den vergangenen 30 Jahren er- noch umgesetzt werden können. • Bereits bei der Planung des Bauvor- schienen rund 100 Fachartikel in Zei- Je nach Fledermausart, nach Funkti- habens ist eine fledermauskundige tungen und Zeitschriften sowie Ra- on des Quartiers und des Quartier- Fachperson beizuziehen. Sie beglei- dio- und Fernsehbeiträge, um breite typs sind unterschiedliche Massnah- tet und überprüft die Bauarbeiten. Bevölkerungskreise für die Thematik men notwendig. Die Empfehlungen • Während der Anwesenheit der Tie- zu sensibilisieren. Gleichzeitig wurde sind in drei Kategorien zusammen- re von Mitte April bis Mitte Septem- die Öffentlichkeit aufgerufen, bisher gefasst, welche durch die unter- ber dürfen keine Bauarbeiten am unbekannte Fledermausquartiere zu schiedlichen Gefährdungsstufen der Estrich durchgeführt werden. melden. betroffenen Arten und durch die Be- • Das Mikroklima im Estrich muss deutung der Kolonien für den Aargau zwingend erhalten werden. begründet sind. Sie basieren auf den • Die Ein- und Ausflugöffnungen Fledermaus-Schutzkonzept artspezifischen Ansprüchen der Tiere müssen weiterbestehen. an ihre Quartiere. Die Aufteilung der • Holzschutzbehandlungen sind nur Fledermäuse benutzen oft über Jah- Quartiere in diese drei Kategorien mit fledermausverträglichen Mitteln re oder gar Jahrzehnte die gleichen kann gleichzeitig als Vorschlag für auszuführen. Sie müssen einen Mo- Quartiere, welche die verschiedenen eine Gliederung in die drei Stufen nat vor Rückkehr der Tiere abge- Ansprüche der Tiere an Mikroklima nationale, kantonale oder lokale schlossen sein. und Schutz erfüllen. Ohne eine klare Bedeutung betrachtet werden. Die Leitlinie, die sich über Jahre hin um- Einstufung erfolgte aufgrund der Schutzkategorie 2 – kantonale setzen lässt, ist ein gezieltes Handeln geltenden Roten Liste Schweiz (Boh- Bedeutung im Fledermausschutz kaum denkbar. nenstengel et al. 2014) und der aktu- Zu dieser Kategorie zählen die Wo- Um das Hauptziel zu erreichen – die ellen Verbreitungs- und Bestandes- chenstubenquartiere des Braunen Vielfalt der Fledermausarten und ih- situation im Aargau. Langohrs, der Bartfledermaus, der rer Bestände im Aargau zu erhalten Fransen-, Wasser- und Mückenfle- und wo nötig zu fördern –, spielt die Schutzkategorie 1 – nationale dermaus, alle Quartiere der Zweifar- Erhaltung bestehender Quartiere, Bedeutung benfledermaus sowie Winterquar- insbesondere der Wochenstuben, Zur Kategorie 1 zählen die Wochen- tiere des Grossen Abendseglers mit eine zentrale Rolle. Mit dem aktuel- stubenquartiere der vom Aussterben grossen Schlafgruppen. All diese U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 19
Quartiere befinden sich in oder an Fazit und Ausblick sen. Heute bestehen leider immer Gebäuden und Brücken. Beim Sanie- noch Wissenslücken über genutzte ren dieser Quartiere sind folgende Ein Rückgang der Gebäude bewoh- Jagdgebiete, Flugrouten und Baum- Punkte zu beachten: nenden Fledermäuse konnte im höhlen bewohnende Fledermausar- • Bereits bei der Planung des Bauvor- Aargau in den vergangenen 30 Jah- ten. In Zukunft sollen daher verstärkt habens ist eine fledermauskundige ren durch gezielte Schutzmassnah- auch Erhebungen ausserhalb des Fachperson beizuziehen. Sie beglei- men vermieden werden. Dieser Er- Siedlungsraumes insbesondere im tet und überprüft die Bauarbeiten. folg war nur zu verzeichnen, weil alle Wald durchgeführt werden. • Während der Anwesenheit der Tie- wichtigen Fledermauskolonien seit Neben den Auswirkungen lebhafter re (der Zeitraum ist je nach Art und Jahren betreut und überwacht wer- Bautätigkeit sind Fledermäuse zu- Quartier verschieden) dürfen keine den. Fast jede bauliche Veränderung nehmend neuen Herausforderungen Bauarbeiten durchgeführt werden. an den Quartieren wurde so rechtzei- ausgesetzt. Veränderungen in der • Die Quartiere müssen in ihrer ur- tig bemerkt. Bauherren und Planer Land- und Forstwirtschaft beein- sprünglichen Form erhalten bleiben. zeigten in den meisten Fällen gros- flussen grossflächig das Insektenan- Ist dies nicht möglich, ist für einen ses Verständnis und boten Hand zu gebot, die Hauptnahrungsquelle un- adäquaten Ersatz am Bauwerk zu einer einvernehmlichen Lösung. Bei serer einheimischen Fledermäuse. sorgen, zum Beispiel mit einem Fle- frühzeitigem Einbezug der Fachstelle Jüngere Technologien wie zum Bei- dermauskasten. wurde das Bauvorhaben durch die • Holzschutzbehandlungen sind nur Schutzmassnahme weder verteuert Neben den Auswirkungen mit fledermausverträglichen Mitteln noch verzögert. Nur in Einzelfällen lebhafter Bautätigkeit sind auszuführen. Sie müssen einen Mo- waren spezielle Vorrichtungen nötig, Fledermäuse zunehmend nat vor Rückkehr der Tiere abge- welche durch Bund und Kanton fi- neuen Herausforderungen schlossen sein nanziert oder mindestens grosszügig ausgesetzt. mit Beiträgen unterstützt wurden. Schutzkategorie 3 – lokale Bisher beschränkten sich die Schutz- spiel Windkraftanlagen können in Bedeutung massnahmen vorwiegend auf Ge- traditionellen Flugkorridoren oder Zu dieser Kategorie zählen alle übri- bäude und Kunstbauten im Sied- Zugrouten einen Einfluss auf die gen Quartiere. Damit diese Quartiere lungsraum. Dort sind die Aktivitäten Mortalität der Tiere haben. Zudem erhalten oder ersetzt werden kön- am grössten und die Fledermaus- sind die Folgen der Zunahme nächt- nen, müssen folgende Punkte beach- quartiere potenziell am stärksten ge- licher Beleuchtung oder elektromag- tet werden: fährdet. Je mehr Bauten saniert wer- netischer Funkwellen wie auch des • Bereits bei der Planung einer Ver- den, desto grösser wird der fleder- Klimawandels und damit verbunde- änderung muss eine fledermauskun- mausspezifische Beratungsaufwand. ner Veränderungen in der Landschaft dige Fachperson zugezogen werden. Aus diesem Grunde bleibt es sehr noch nicht abschätzbar. • Während der Anwesenheit der Tie- wichtig, dass für die Bauherren eine Der Druck auf die Natur, die Tier- und re (der Zeitraum ist je nach Art und kostenlose Beratung permanent zur Pflanzenwelt wird weiter steigen. Quartier verschieden) dürfen keine Verfügung steht. Umso wichtiger wird es, dass die Bauarbeiten durchgeführt werden. Aus methodischen Gründen sind Jungenaufzuchtquartiere der Fleder- Fledermäuse ausserhalb des Sied- mäuse bekannt sind und langfristig lungsraumes schwierig nachzuwei- geschützt bleiben. Kleintierdurchlässe für Wildtiere Auch Neubauten können fleder- Die Erhaltung und Förderung von werden auch von Fledermäusen mausfreundlich sein. Hier sind in altholzreichen Laubwaldbeständen, gern genutzt. So entgehen sie Spalten zwischen Mauer und Balken insbesondere der Buche, ist für viele Kollisionen mit Fahrzeugen. Zwergfledermäuse eingezogen. Fledermausarten wichtig. 20 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Aargauer Fledermausinventar Bestandesfeststellungen 1988–2017 U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 21
Aargauer Fledermausinventar Methodik, Resultate, nachgewiesene Arten 1988–2017 Fledermäuse benötigen eine vielfältige, strukturreiche Landschaft mit artenreichen Wiesen, Obstgärten, Hecken, Wäldern und Flüssen sowie Quartieren für die Jungenaufzucht (Beispiel Wil). Seit 1988 erfasst der Kanton der Bevölkerung überprüft. Um zu erhalten, wurden auch Funde von Aargau die Fledermaus- Quartiere in Dachstöcken zu finden, einzelnen Tieren ausserhalb der bestände auf Kantonsgebiet wurden gezielt über 1000 Estriche Quartiere gesammelt. Bis 2017 wur- systematisch. Der Nachweis von alten und historischen Gebäu- den von der Bevölkerung über 2000 umfasst 21 Arten. den nach Fledermäusen abgesucht. Einzeltiere aufgefunden und gemel- So sind im Aargau inzwischen fast det, davon wurden 500 lebende oder Aus der Zeit vor 1988 existieren nur alle Dachstöcke von Kirchen, Kapel- tote Tiere bestimmt. wenige Angaben zu Fledermäusen len, Schlössern, Klöstern, Schul- und In verschiedenen Lebensräumen wie aus dem Aargau (Bronner 1844, Fi- Gemeindehäusern kontrolliert wor- über Kleingewässern, in Wäldern scher-Sigwart 1911, Steinmann 1953, den. Ebenfalls überprüft wurden oder Obstanlagen wurden Stellnetz- Furrer 1957, Stutz 1979, Gebhard Hohl- und Spalträume von verschie- fänge durchgeführt, womit der Nach- 1983). Systematische Erhebungen denen Brücken. Um Winterquartiere weis von Einzeltieren gelang. Heute fehlen gänzlich. Es war darum bis zu erfassen, wurden gegen 150 un- können Fledermäuse auch mit leich- dahin nicht bekannt, welche Arten terirdische Hohlräume wie Höhlen, ten Miniatursendern versehen und im Kanton aktuell überhaupt noch Stollen und Keller nach winterschla- anschliessend mit einer Handricht- vorkommen. Damit fehlte auch die fenden Tieren abgesucht. antenne verfolgt werden. Zusätzlich Grundlage für den Schutz dieser Während der Wochenstubenzeit zei- wurden im Rahmen von Forschungs- Tiergruppe. gen die Tiere ein auffälliges arbeiten oder Spezialuntersuchun- Ab 1988 wurden daher verschiedene Schwärmverhalten bei der mor- gen einzelne Tiere verschiedener Ar- Methoden angewandt, um die Fle- gendlichen Rückkehr in ihre Wo- ten besendert und beringt. Daraus dermausarten und ihre Vorkommen chenstubenquartiere, was für eine resultierten zusätzliche wertvolle In- im Kanton systematisch zu erfassen gezielte Suche genutzt werden kann. formationen zu Quartieren und Jagd- (Beck & Schelbert 1994). Mittels Transekten – einer Serie von gebieten. Messpunkten entlang der festge- Bei rund 50 Quartieren wurden re- stellten Routen – wurden ganze gelmässige Zählungen der anwesen- Erfassungsmethoden Siedlungsräume in über 50 Gemein- den Tiere durchgeführt, um Angaben den mit kompakten Dorfkernen und über die Bestandsentwicklung zu er- Der Schwerpunkt galt der Erfassung alter Bausubstanz kartiert. halten. Die Wochenstubenkolonien von Fledermausquartieren. Seit 1988 Um einen aktuellen Überblick über der seltenen und bedrohten Arten wurden gegen 500 Meldungen aus den Fledermausbestand im Aargau wurden jährlich überwacht. Diese 22 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Seite Fledermausart Status Jungen- Gefährdungsgrad im Aargau aufzucht 24 Grosse Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) selten + vom Aussterben bedroht 25 Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros) ausgestorben (vor 1980) stark gefährdet 26 Bartfledermaus (Myotis mystacinus) regelmässig + nicht gefährdet 26 Brandtfledermaus (Myotis brandtii) selten + verletzlich 27 Fransenfledermaus (Myotis nattereri) selten + potenziell gefährdet 28 Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) selten stark gefährdet 28 Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) selten + verletzlich 29 Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) häufig + potenziell gefährdet 30 Grosses Mausohr (Myotis myotis) häufig + verletzlich 32 Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) häufig + nicht gefährdet 32 Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) häufig nicht gefährdet 32 Weissrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) regelmässig + nicht gefährdet 34 Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) selten + potenziell gefährdet 34 Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri) regelmässig + potenziell gefährdet 36 Grosser Abendsegler (Nyctalus noctula) häufig + potenziell gefährdet 37 Riesenabendsegler (Nyctalus lasiopterus) selten unbekannt 38 Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii) selten + verletzlich 38 Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) selten verletzlich 39 Zweifarbenfledermaus (Vespertilio murinus) regelmässig + verletzlich 40 Braunes Langohr (Plecotus auritus) häufig + verletzlich 41 Graues Langohr (Plecotus austriacus) regelmässig + vom Aussterben bedroht 42 Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) selten (vor 1980) stark gefährdet Kontrollen führten hauptsächlich Tieren oder des Kotes erfolgten. Heu- mer noch mit einer gewissen Unsi- freiwillig engagierte Personen durch. te können zwar auch Ultraschallrufe cherheit verbunden sind, wurden sie Über das mittlerweile rund 30 Frei- von Fledermäusen aufgezeichnet, nicht verwendet, mit Ausnahme ei- willige zählende Netzwerk von Quar- analysiert und daraus bestimmte Ar- nes Nachweises der Mopsfleder- tierbetreuerinnen und -betreuern ten oder Artengruppen identifiziert maus, die durch ihre Rufe eindeutig bleibt zudem der gute Kontakt zu den werden. Da diese Analysen aber im- erkennbar ist. Gebäudebesitzern erhalten, was den optimalen Schutz dieser bedeuten- den Quartiere ermöglicht. Fledermaus-Datenbank Alle bisherigen 1127 Nachweise so- wie sämtliche Zählungen sind in der speziell entwickelten Datenbank der Abteilung Landschaft und Gewässer des Departements Bau, Verkehr und Umwelt enthalten. Es wurden nur si- Fledermausschutz geht nicht ohne Quartierbetreuer kontrollieren die chere Artnachweise verwendet, die Öffentlichkeitsarbeit. Auch im Kolonie regelmässig und zählen ihre entweder über das Vermessen von Aargau wurden verschiedene Schützlinge. So werden Bestandes- toten oder lebenden Einzeltieren Publikationen zur Sensibilisierung veränderungen erfasst und oder durch DNA-Analysen von toten der Bevölkerung erstellt. Störungen frühzeitig entdeckt. U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 23
Grosse Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) Jungtiere der Grossen Hufeisennase Grosse Hufeisennase im Winterschlaf Die Grosse Hufeisennase zählt heute benquartier in Wegenstetten (Beck & grösse kritisch. Weil es nur noch drei in West- und Mitteleuropa zu den sel- Schelbert, 1999a). Seit 1995 blieb die Wochenstuben dieser Art in der tensten und gefährdetsten Fleder- Koloniegrösse im Wochenstuben- Schweiz gibt, trägt der Aargau für mausarten. Seit Mitte des 20. Jahr- quartier auf tiefem Niveau konstant, die Kolonie in Wegenstetten eine be- hunderts sind grosse Bestandesrück- mit rund 10 Tieren ist die Bestandes- sondere Verantwortung. gänge zu verzeichnen (z. B. Helver- sen et al. 1987). Auch in der Schweiz ist die Art vom Aussterben bedroht. Das Vorkommen beschränkt sich heute auf die nordwestliche Jura- region des Kantons. Die letzten Vor- ( ! kommen im Mittelland in Jonen sind X ( !( ! X Ende der 1980er-Jahre erloschen ( ! ( ! ! # * (Beck & Schelbert, 1994). Ein besen- X dertes Tier aus einer Höhle in Wölf- X linswil führte 1995 zum Wochenstu- X ( ! Das Jagdgebiet der Grossen Huf- eisennase sind extensiv genutzte Wei- den, Wiesen und Obstgärten. Wichtig Verbreitung der Grossen Hufeisennase im Aargau. sind Warten wie unterweidete Wald- ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, ränder, wo sie ansitzen können. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis 24 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros) Grosse Hufeisennasen nutzen im Sommer Dachstöcke und im Winter Höhlen und Stollen als Quartiere. Für ihre Ernährung sind die Tiere auf extensiv genutzte Wiesen und Wei- den angewiesen. Hier und in Obst- bäumen, Hecken, Ufergehölzen und an Waldrändern machen sie Jagd und erbeuten hauptsächlich grosse Insekten wie Falter, Schnaken, Mai-, Juni-, Dung- und Mistkäfer. Der langfristige Erhalt des Wochen- stubenquartiers in Wegenstetten ist für den Schutz dieser Art zentral. Pro Natura Aargau hat das Gebäude in- zwischen erworben und plant eine Kleine Hufeisennase. Schloss Liebegg in Gränichen beherbergte einst eine fledermausgerechte Sanierung. Um Wochenstubenkolonie dieser im Aargau ausgestorbenen Art. auch den Jagdlebensraum zu schüt- zen, sollen unter Federführung des Juraparks Aargau im Umkreis von Die Kleine Hufeisennase zählte bis lang kein einziger Nachweis dieser 5 Kilometern um das Wochenstu- Mitte des 20. Jahrhunderts im Aargau auffälligen Art. Sie dürfte im Aargau benquartier Dauerwiesen und -wei- zu den häufigsten Fledermausarten. bereits in den 1970er-Jahren ausge- den, Hochstammobstbäume, Hecken Furrer (1957) stellte 15 Fundorte im storben sein. Insgesamt sind die Be- und Ufergehölze erhalten und geför- Kanton zusammen und führte im standsrückgänge und Arealverluste dert werden. Rahmen seiner Dissertation Beob- dieser Art im mitteleuropäischen achtungen an einer Wochenstuben- Raum und in der Schweiz drastisch kolonie mit bis zu 60 Tieren im (z. B. Roer 1984, Stutz & Haffner, Entwicklung der Wochenstubenkolonie der Grossen Hufeisennase im Aargau Schloss Liebegg durch. Seit 1980 ge- 1984a). Anzahl Alttiere Jungtiere 0 2 4 6 8 10 12 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 X 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Verbreitung der Kleinen Hufeisennase im Aargau. 2017 ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis X U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 25
Bartfledermaus (Myotis mystacinus) " ! ( ! ( " " " " " * # # * " " " ! " " " " Bartfledermaus ! ( " Die Bartfledermaus wurde seit 1988 " " regelmässig, aber nicht häufig nach- " gewiesen, wobei in der südlichen ( ! " " " " ! Kantonshälfte deutlich mehr Nach- weise gelangen. Durch ihre Spalten " " bewohnende, heimliche Lebenswei- " " " se ist die Bartfledermaus schwierig ! ( " ! !! " " zu erfassen, es dürften daher noch weitere Quartiere dieser Art im Kan- " ! " " ! ( ! ton existieren. " ! " Die neun erfassten Wochenstuben- ! quartiere befinden sich alle in Spal- ten von Gebäuden, in Zwischen- dächern, hinter Wandverschalungen Verbreitung der Bartfledermaus im Aargau. und Fensterläden. Die Kolonie- ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, grössen lagen bei 6 bis 78 Weibchen. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis Brandtfledermaus (Myotis brandtii) ! ( Brandtfledermaus Ein Nachweis der Brandtfledermaus ist im Aargau bisher erst zweimal ge- lungen. Der Fund eines Weibchens, das gesäugt hatte, weist auch auf die Fortpflanzung im Aargau hin. Quar- tiere dieser Art sind aber wie bei der " verwandten Bartfledermaus metho- disch schwierig zu erfassen. Es dürf- ten daher weitere Standorte im Kan- ton vorhanden sein. Auf jeden Fall muss die Brandtfledermaus zu den Verbreitung der Brandtfledermaus im Aargau. seltensten Fledermausarten im ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, Aargau gezählt werden. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis 26 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Wochenstubenkolonie von Fransenfledermäusen zwischen Dachbalken Fransenfledermaus (Myotis nattereri) Die Fransenfledermaus wurde bisher Quartieren wurden bisher maximal Viehställen von Decken und Wänden selten nachgewiesen, da die Erfas- 17 bzw. 50 Weibchen gezählt. Fran- wegfangen. In verschiedenen Vieh- sung wegen der Lebensweise dieser senfledermäuse ernähren sich haupt- ställen im Kanton konnten lebende Art schwierig ist. Weitere Vorkom- sächlich von tagaktiven Fliegen, die Tiere befreit werden, die an Fliegen- men sind zwar wahrscheinlich, aber sie nachts von der Vegetation oder in leimschnüren klebten. dennoch zählt die Fransenfleder- maus zu den seltenen Arten im Kanton. Die beiden registrierten Wochen- stubenquartiere befinden sich im Reusstal, eines in einem Estrich in " ( ! Spalten der Balkenkonstruktion und " das andere in einem Fledermauskas- ( ! ten an einer Fassade. In den beiden " ! " " " " ! In der Kirche Auw siedelt eine Verbreitung der Fransenfledermaus im Aargau. Wochenstubenkolonie der Fransen- ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, fledermaus. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 27
Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) X Wimperfledermaus Die Spalten und Baumhöhlen be- wohnende Wimperfledermaus ist schwierig zu entdecken. Bisher ist nur ein einziger Nachweis aus dem Aargau bekannt: Ein Tier, das für eine Forschungsarbeit in Süddeutschland besendert wurde, jagte in Möhlin in einem Wald am Rhein und bezog dort auch kurzfristig ein Schlafquar- tier in einer Baumhöhle (Steck, mdl. Mitt.). Obwohl weitere vereinzelte Vorkommen der Wimperfledermaus Verbreitung der Wimperfledermaus im Aargau. im Aargau zu erwarten sind, zählt sie ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, zu den seltensten Arten. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) " " " ! ( " X " " " Bechsteinfledermaus Die seltenen Nachweise dieser Art stammen vorwiegend aus der nord- westlichen Juraregion. Der Fund ei- X nes frisch flugfähigen Jungtiers be- legt auch die Jungenaufzucht. Die ( ! Bechsteinfledermaus nutzt vorwie- gend Baumhöhlen als Wochenstu- benquartiere und jagt bevorzugt im Wald und an Waldrändern. Beson- ders Eichen werden von dieser Art Verbreitung der Bechsteinfledermaus im Aargau. zum Jagen aufgesucht (Güttinger & ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, Burkhard, 2013). X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis 28 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) Wasserfledermaus im Winterschlaf Flugroute ins Jagdgebiet Die Wasserfledermaus wurde im ge- samten Kanton häufig nachgewie- sen. Die bekannten Wochenstuben- quartiere befinden sich allerdings alle in der Nähe von Gewässern. Im Grösste bekannte Wochenstubenkolonie von Wasserfledermäusen mit über Sommer nutzt diese Art vorwiegend 200 Weibchen im Hohlraum einer Brücke über die Sissle und die A3 Baumhöhlen als Quartiere und ist daher schwierig zu erfassen. Es ist zu vermuten, dass von dieser Art viel ! ( mehr Quartiere bestehen, insbeson- " " " dere im südlichen Kantonsteil. " " ! ! ( Winterquartiere wurden in Stollen " ! ( ! X " " registriert, Sommer- und Wochen- " ! ! ! ( X * ! *# X # " X ! ( stubenquartiere in Baumhöhlen, Fle- " # * dermauskästen, Spalten und Hohl- #* * # " ! ! ( räumen von Gebäuden, Brücken, ! ( Röhren und Bachdurchlässen. Die grösste Wochenstubenkolonie mit " über 200 Weibchen wurde in einer Brücke entdeckt, welche sich über " die Autobahn A3 und die Sissle spannt. Wasserfledermäuse nutzen " im Sommer abendliche Flugrouten, um von ihren Quartieren in die Jagd- gebiete zu gelangen. Dabei fliegen ( ! ( ! sie entlang von Waldrändern, He- cken und Ufergehölzen. Knapp über der Wasseroberfläche von grösseren Gewässern jagen sie vorwiegend nach Zuckmücken, die sich im Was- ser entwickeln. Der gewässerreiche Verbreitung der Wasserfledermaus im Aargau. Aargau bietet deshalb ideale Voraus- ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, setzungen für diese Fledermausart. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 29
Grosses Mausohr (Myotis myotis) Gemäss Literaturangaben zählte das Grosse Mausohr bereits früher zu den am häufigsten angetroffenen Ar- ten im Aargau. Fischer-Sigwart (1911) bezeichnet sie sogar als die «häufigs- te» Fledermaus. Seit den 1950er-Jah- ren sind zwar starke Bestandesrück- gänge für Mitteleuropa und die Schweiz verzeichnet worden (z.B. Roer 1981, Stutz & Haffner 1984b). Dennoch zählt das Grosse Mausohr seit Beginn der Inventararbeiten 1988 zu den am häufigsten nachgewiese- nen Fledermausarten im Aargau. Trotz flächendeckender Verbreitung waren 2017 nur noch 12 Wochenstu- benquartiere besetzt. In fünf dieser Quartiere fanden sich individuenrei- che Kolonien mit 200 bis 850 Weib- chen, in den anderen sieben Kolo- nien waren jeweils deutlich weniger als 150 Weibchen anwesend. 10 der insgesamt 22 seit 1988 erfassten Wo- chenstubenquartiere sind während der letzten 30 Jahre aus unbekannten Gründen aufgegeben worden. Trotz- dem hat sich der Gesamtbestand in den Mausohrkolonien innert 30 Jah- ren verdreifacht und liegt heute bei rund 3000 Weibchen. Diese Zunahme Jedes Jahr versammeln sich Hunderte von Weibchen des Grossen Maus- Grosses Mausohr ohrs im Dachstock der Kapelle Wil zur Wochenstube. im Winterschlaf 30 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
# * !X ( ! ( erfolgte bis Ende der 1990er-Jahre X ! ( X ! ( ( X ! ! "( X " deutlich schneller als danach. X #X * X ! !(! ! ( XX !( Alle Wochenstubenquartiere befin- ! X X " ! ( "( X ! ( ! X ! ( " X X XX " " den sich in Dachstöcken. Sommer- " "! X X " ! ( ! X( ! ( " X # * X #*# * #X X X ! ( ! ! ( ! X "X X X "* " X X X ! ( quartiere wurden auch in Zwischen- ! ( !X ( ! ( X ! (! ( " X !X (! X X " ! X ( " X X X dächern, hinter Wandverschalungen, !! (X " X ! * #* #X X *# #* X* X X X "" X " X ( ! # X X # * ! (X # * X " in Rollladenkästen, Brückenhohlräu- X ! ( X X" ! ( # * X X X men, Baumhöhlen und Fledermaus- X # * ! ( X! ( X! ( * " X ! # X # * " kästen festgestellt. Überwinternde ! ( " X " " ! ( X Tiere wurden in Höhlen, Stollen und ! ( X "! ( X " ! X ( X " ! ! ( X ( ! Kellern registriert. " X " X( ! " ! ( Grosse Mausohren nutzen abendli- X #X * XX X ( ! che Flugrouten, um von ihren Quar- X XX " " ! ( X ! ( " ( ! X tieren in die Jagdgebiete zu gelan- X !( !*#" # * X ! ! X " X X X X " gen. Dabei fliegen sie aus dem X X ! ( X ! ( (X ! ! X X X* #" Siedlungsraum oft knapp über dem ! "( X X " X X ! ( X Boden entlang dunkler, nicht be- ! ! ( X"" ! ( X X ! leuchteter Korridore mit Mauern, X " ! ! ( ! ( X X Gärten, Hecken, Ufergehölzen und X ! X Obstbäumen. Auf dem Weg zu ihren X ! ( Jagdgebieten legen Grosse Maus- X ( ! ohren teilweise grössere Distanzen X Verbreitung des Grossen Mausohrs im Aargau. zurück. Besenderte Weibchen aus ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, X der grossen Kolonie in Veltheim X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis suchten Jagdgebiete in 2 bis 25 Kilo- meter Entfernung auf. am Boden erbeuten. Die Tiere jagen fen die Wälder keine Kraut- und Grosse Mausohren ernähren sich in Wäldern, bevorzugt in Buchen- Strauchschicht aufweisen, und die hauptsächlich von flugunfähigen hallenwäldern und über Wiesen und Wiesen und Weiden müssen frisch Laufkäfern, aber auch von Grillen, Weiden. Damit die Tiere am Boden geschnitten oder abgeweidet sein Heuschrecken und Schnaken, die sie ihre Beutetiere fangen können, dür- (Güttinger, 1997). Grosses Mausohr: Kolonien im Aargau Veltheim Sulz Wil Zuzgen Mühlau Rest Total Maximale Anzahl Tiere Summe der Tiere im Quartier (Säulen) über alle Kolonien (Linie) 1200 4000 3500 1000 3000 800 2500 600 2000 1500 400 1000 200 500 0 0 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Entwicklung der 12 Wochenstubenkolonien des Grossen Mausohrs im Aargau U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 31
Zwergfledermaus Rauhautfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) (Pipistrellus nathusii) Rauhautfledermaus Zur Rauhautfledermaus bestehen viele Nachweise, und sie ist im ge- samten Aargau verbreitet. Allerdings stammt der Grossteil der Nachweise Zwergfledermaus aus dem Winterhalbjahr. Quartier- hinweise von Mai bis August fehlen Die Zwergfledermaus ist heute die Zwergfledermaus den Kanton zum gänzlich. Aus diesen Sommermona- am häufigsten nachgewiesene Fle- Überwintern verlässt. ten stammen nur drei Einzelfunde dermausart im Aargau. Von dieser Quartiere der Zwergfledermaus fin- von männlichen Tieren. Die Rauhaut- Art wurden auch deutlich am meis- den sich hauptsächlich an Gebäuden fledermaus ist also ein Wintergast ten Wochenstubenquartiere festge- in Spalten von Zwischendächern, und verlässt den Aargau für die Jun- stellt. Die Koloniegrössen liegen zwi- Rollladenkästen, Wandverschalun- genaufzucht. Dies belegen auch schen 50 und 275 Weibchen. Aller- gen, Mauerspalten und Dachrand- mehrere im Aargau aufgefundene dings wurde seit 1988 kein einziges abschlüssen. Wenige Nachweise lie- Winterquartier nachgewiesen. Dies gen aus Fledermauskästen vor. könnte darauf hindeuten, dass die Weissrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) ! ! ! !! ! ! ! ! ( Die Weissrandfledermaus war früher ! ! ! ! ! in der Schweiz nur südlich der Alpen ! " ! ! X " verbreitet. Seit den 1980er-Jahren ! ! !!(! X !(! ! !! ! " ! ! wird sie zunehmend nördlich der Al- !! ! ( ! pen registriert (Haffner et al. 1991). ! !! " ( ! ! " ! So auch im Aargau. 1988 gelangen ! ( ! ( !" " " erste Einzelnachweise, 1993 wurde ! ! ( ! ! !* # die erste Wochenstube entdeckt. Seit ! (! ! ! ! ! " ! ! ! der Jahrtausendwende häufen sich !! !! ("! ! ( !! ( ! ! die Funde. Die Art breitet sich im ( ! ! ! !! " ( ! !!(! ! " Kanton ständig weiter aus, und es (! ! !! ! ! ( ! ! !( " zeichnet sich eine klare Bestandeszu- " ( ! ( ! ! ! ! ! " !! ! ( " nahme ab. Die Koloniegrössen in den (" ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! " ( ! " ! ! ! ( ! ( ! ! ! ! " ! ( ! " ( ! !! ! ! ! ! ! Verbreitung der Zwergfledermaus im Aargau. ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, ( ! X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis Weissrandfledermaus 32 Sondernummer 50 November 2018 U M W E LT A A R G A U
" "! ( ! ( Einzeltiere, die in Ostdeutschland be- " ringt wurden. So wurde in Koblenz " # * ! ( # * ein Tier gefunden, das im 750 Kilo- " meter entfernten deutschen Prenzlau " " "# * markiert wurde (Aellen, 1983). ! ( # *! ( # * " !# ( * " " " " # * "# * Die Rauhautfledermaus nutzt ein # * !# ( " *""! ( " " breites Quartierspektrum. Nachweise ! ( " ! ( gelangen aus Spalten von Gebäuden " # * # * in Zwischendächern, Wandverscha- # * " " " " " ( ! " lungen, Dachrandabschlüssen, Mau- # * " " " erspalten, Rollladenkästen, Fenster- " # * läden und aus Brücken. Ausserdem # * # * " " sucht die Rauhautfledermaus Baum- " " # * höhlen, Spalten hinter Baumrinden " " und Fledermauskästen auf. Winter- " schlafende Tiere wurden zudem häu- " fig in Holzbeigen entdeckt. " # * " # * Die festgestellten Quartiere befinden sich in der Nähe grösserer Flüsse. Diese Art ernährt sich wie die Was- serfledermaus vorwiegend von Zuck- Verbreitung der Rauhautfledermaus im Aargau. mücken, die über Gewässern fliegen ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, " und sich im Wasser entwickeln. X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis " ! Wochenstubenquartieren liegen bei ! ( 15 bis 35 Tieren. Insgesamt ist die Weissrandfledermaus aber immer noch deutlich seltener als die nahe " " ! " ! ! (" ! verwandte Zwergfledermaus. " # *" " Quartiere der Weissrandfledermaus " wurden an Gebäuden in Spalten von ! " Zwischendächern, Rollladenkästen, hinter Wandverschalungen und ! " Dachrandabschlüssen beobachtet. In einem Fall nutzten Weibchen einen " ( ! " Fledermauskasten an einer Fassade " für die Jungenaufzucht. ! Verbreitung der Weissrandfledermaus im Aargau. ! Wochenstube, ! Sommerquartier, # Winterquartier, Wochenstube unter Dachabschluss X unbestimmtes Quartier, " Einzelnachweis U M W E LT A A R G A U Sondernummer 50 November 2018 33
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